Ueber die Gesetze, welche man in der Vertheilung der Pflanzenformen beobachtet. — Auszug einer am 5. Febr. 1816. in der Sitzung des Par. Instituts vorgelesenen Abhandlung . — Von A. von HUMBOLDT. Aus dem Franz. der Ann. de Chemie et de Physique, Mars 1816. übersetzt vom Dr. Martius. Man s. das Detail über diesen Gegenstand in den Prolegomena de distributione geogr. plantarum, welche Humboldt seinem neuerlich erschienenen Werke: Nova genera et species plantarum vorangeschickt hat. Die Botanik, lange Zeit bloß auf die Beschreibung der äußeren Formen der Pflanzen und auf ihre künstliche Classification beschränkt, bietet gegenwärtig mehrere Arten von Studien dar, welche sie in innigere Berührung mit den andern Zweigen der Naturwissenschaft bringen. Hieher gehört die Anordnung der Gewächse nach einer natürlichen Methode, welche auf die Gesammtheit des Baues gegründet ist, hieher die Pflanzenphysiologie, welche die innere Organisation zum Gegenstande ihrer Untersuchung macht, und die Pflanzengeographie, welche jeder Gewächsgruppe ihre Höhe, ihre Grenzen und Klimate bestimmt. Die Worte: Alpenpflanzen, Pflanzen heißer Länder, Meerpflanzen finden sich in allen Sprachen, selbst in denen der wildesten Völker am Orinocko. Sie beweisen, daß die Aufmerksamkeit der Menschen beständig auf die Vertheilung der Pflanzen und auf deren letzteren Beziehungen zu der Temperatur der Luft, die Erhebung des Bodens und die Natur des von ihnen bewohnten Landstriches gerichtet war. Es bedurfte keines großen Scharfsinns, um zu bemerken, daß an dem Abhang der hohen Gebürge von Armenien Pflanzen verschiedener Breiten auf einander folgen, so wie dort verschiedene Klimate übereinander liegen. Diese Idee Tournefort’s, welche von Linné in zwei interessanten Dissertationen (Stationes et coloniae plantarum) entwickelt wurde, enthält den Keim der Lehre von der Geographie der Pflanzen. Menzel, Verfasser einer ungedruckten Flora von Japan, empfahl den Reisenden dringend Untersuchungen in Beziehung auf die Verbreitung der Pflanzen über die verschiedenen Gegenden des Erdballs an. Er bezeichnete sogar das Resultat solcher Untersuchungen mit dem Namen der Pflanzengeographie. Auf’s Neue und beinahe zu derselben Zeit, wurde dieser Name im Jahre 1783 von dem Abbé Giraud-Soulavie und dem berühmten Verfasser der Etudes de la nature angewendet. Dieses Werk enthält unter einer großen Menge unstatthafter Ideen über die Natur der Erde, einige tiefe und scharfsinnige Ansichten von den Formen, den gegenseitigen Beziehungen und den Eigenthümlichkeiten der Pflanzen. Abbé Giraud-Soulavie beschäftigt sich vorzugsweise mit den cultivirten Pflanzen; er unterscheidet die Klimate des Oelbaums, des Weinstocks, der Kastanie. Er giebt einen Durchschnitt des Mont-Mezin, welchem er eine Anzeige der verschiedenen Stände des Quecksilbers im Barometer beifügt, weil er allen Resultaten barometrischer Messungen mißtrauet. Nach der Geographie des plantes de la France méridionale erschien Stromeyers Tentamen historiae geographicae vegetabilium Goett. 1800. unter der Form einer Dissertation. Aber dieser Versuch giebt vielmehr den Plan eines künftigen Werkes, und zeichnet die zu berücksichtigenden Schriftsteller auf, als daß er die Grenzen der Höhen nachwiese, welche die wildwachsenden Pflanzen in verschiedenen Klimaten erreichen. Auch Treviranus in seiner Biologie spricht sehr philosophische Ansichten über diesen Gegenstand aus. Man findet dort allgemeine Betrachtungen, jedoch keine Höhenmessungen, keine Anzeigen der Thermometerstände, welche die Stützen einer Lehre von der Geographie der Pflanzen sind. Erst seitdem man angefangen hat, die Höhenmessungen durch barometrische Nivellements und die Bestimmungen der mittleren Temperatur zu vervollkommnen oder, — was für die Entwicklung der Vegetation von besonderer Wichtigkeit ist, — die Unterschiede zwischen der Temperatur des Sommers und des Winters, so wie der Tage und Nächte genauer anzugeben, hat sich das Studium der Pflanzengeographie zu dem Rang einer Wissenschaft erhoben. Wenige Studien haben in neuester Zeit schnellere Fortschritte gemacht, indem man, nach jenen frühsten Versuchen, kürzlich durch die vereinigten Arbeiten vieler Reisenden schon dahin gekommen, ist die Vegetationslinie in Lappland, den Pyrenäen, auf dem Rücken der Alpen, am Caucasus und in den Cordillieren Amerika’s zu bestimmen. St. Pierre. Die Pflanzen, welche über die Oberfläche unserer Erde verbreitet sind, bieten, wenn man sie nach Klassen oder natürlichen Familien betrachtet, auffallende Unterschiede dar, in Beziehung auf die Vertheilung der Formen. Die Gesetze dieser Vertheilung sind es, welchen ich neuerlich meine Untersuchungen widmete. Wenn man sich hierin auf die Länder beschränkt, deren Pflanzenarten genau gekannt sind, und die ganze Anzahl in die Gruppen der Spelzblüthigen , der Hülsentragenden, der Zweilippigen, der Zusammengesetzten (Glumaceae, Leguminosae, Labiatae, Compositae) u. s. f. eintheilt, so findet man Zahlenverhältnisse, welche sehr regelmäsige Reihen bilden. Man sieht gewisse Formen gemeiner werden vom Aequator gegen den Pol hin, wie die Farrenkräuter, die Glumaceae, die Ericineae, die Rhododendra. Andere Formen dagegen werden häufiger, je näher man von den Polen nach dem Aequator kömmt; sie können in unserer Hemisphäre wie mittägliche Formen angesehen werden: so die Rubiaceae, die Malvaceae, Euphorbiaceae, Leguminosae, Compositae . Frankreich, Lappland, England u. s. w. nach den Beobachtungen der Hrn. Wahlenberg, Buch, Ramond, Decandolle und Smith. Die Glumaceae enthalten 3 Familien: Gramineae, Cyperaceae und Juncaceae. Wir nennen hier für Physiker, welche mit der beschreibenden Botanik weniger bekannt sind, einige Pflanzen, die den Typus der wichtigsten Familien an sich tragen: Glamaceae: Cyperngras, Lolch, Binse; Orchideae: Knabenkraut, Vanille; Labiatae: Salbey; Ericineae: Heidekraut; Compositae: Sternblume, Huflattich; Bubiaceae: Färberöthe, China; Umbellatae: Fenchel: Cruciferae: Rettig, Kohl; Malvaceae: Pappel, Baumwolle; Leguminosae: Färbegiester, Klee, Mimose: Euphorbiaceae: Wolfsmilch; Amentaceae: Weiden, Eiche, Ulme; Coniferae: Tanne, Eibenbaum, Wacholder. Andere dagegen erreichen ihr Maximum in der gemäsigten Zone selbst, und nehmen gleichmäsig ab gegen den Aequator, so wie gegen die Pole: solche sind die Labiatae, Amentaceae, Cruciferae und Umbellatae. Solche Erscheinungen sind schon längst den Reisenden und denen, welche Herbarien durchgesehen haben, aufgefallen. Man weiß, daß die Cruciferae und die Umbelliferae fast gänzlich in den Ebenen der heißen Zone verschwinden, und daß keine Malvacea sich jenseits des Polarcirkels befindet. Es geht in der Pflanzengeographie, wie in der Meteorologie; die Resultate dieser Wissenschaften sind so einfach, daß man immer nur allgemeine Ueberblicke erhielt. Aber nur durch mühsame Untersuchungen und nach der Vereinigung und Zusammenstellung einer beträchtlichen Menge von Beobachtungen, gelangt man zu der Kenntniß der hier herrschenden Zahlenverhältnisse und der partiellen Ausnahmen, welche das Gesetz der Vertheilung der Pflanzenformen erleidet. Eine allgemeine Tabelle, die wir weiter unten geben wollen, weiset dieses Gesetz in sechzehn Pflanzenfamilien nach, welche in der heißen, der gemäsigten und der kalten Zone verbreitet sind. Man sieht hier, wie in der organischen Natur die Formen constante Verhältnisse unter denselben Wärmeparallelen (paralleles isothermes); das heißt unter Bögen, welche durch Puncte der Erde gezogen werden, die einer gleichen Wärme genießen — offenbaren. Die grasartigen Pflanzen machen in England [Formel] , in Frankreich [Formel] , in Nordamerika [Formel] der Gesammtzahl aller dort einheimischen Phanerogamisten aus. Die Pflanzen mit Spelzblüthen (glumaceae) machen in Deutschland [Formel] , in Frankreich [Formel] , in Nordamerika und, nach den schönen Beobachtungen Brown’s, auch in Neuholland ebenfalls [Formel] der daselbst bekannten Phanerogamen aus. Auf der andern Seite bilden die Leguminosae in Deutschland [Formel] , in Frankreich [Formel] , in Nordamerika [Formel] der gesammten Bevölkerung von phanerogamischen Gewächsen. Die Pflanzen mit zusammengesetzten Blumen nehmen in der nördlichsten Hälfte des neuen Continentes etwas zu; denn nach der neuen Flora von Pursh machen sie zwischen den Parallelen von Georgien und von Boston [Formel] , in Deutschland dagegen [Formel] und in Frankreich [Formel] der allgemeinen Zahl der offenblüthigen aus. In der ganzen gemäsigten Zone bilden die Glumaceae und die Compositae zusammengenommen ohngefähr [Formel] , die Glumaceae, Compositae, Cruciferae und Leguminosae zusammengenommen [Formel] des Ganzen (die Cryptogamen ausgeschlossen). Es geht aus diesen Untersuchungen hervor, daß die Formen der organisirten Wesen in einer gegenseitigen Abhängigkeit von einander stehen, und sich nach constanten und leicht aufzufindenden Gesetzen begrenzen. Wenn man auf irgend einem Punct der Erde die Zahl der Arten kennt, welche daselbst aus einer der großen Familie der Glumaceae, Compositae, Cruciferae, Leguminosae u. s. w. wild wachsen, so kann man mit großer Wahrscheinlichkeit die Gesammtzahl der Phanerogamen und die Zahl der Arten einzelner Hauptgruppen angehen. So kann man von der Kenntniß der Zahl von Cyperaceis und Compositis unter der gemäsigten Zone auf die der Gräser und Hülsenpflanzen schließen . Die Zahl der beschriebenen oder doch in den europäischen Herbarien befindlichen Pflanzenarten beläuft sich auf 44,000, wovon 6,000 geschlechtslos sind. In dieser Summe sind schon die 3,000 neuen Arten phanerogamischer Pflanzen begriffen, welche durch Hrn. Bonpland und mich aus Amerika herübergebracht worden sind. Frankreich zählt, nach Hrn. Decandolle, 3,645 Phanerogamen, wovon 460 Glumaceae, 490 Compositae, 230 Leguminosae u. s. w. In Lappland giebt es nur 497 Pflanzen mit deutlichem Geschlecht, unter welchen 124 Glumaceae, 38 Compositae, 14 Leguminosae, 23 Amentaceae sind u. s. f. Man vergl. darüber mein Essai sur la Geographie des plantes, auquel est joint le tableau physique des regions équinoxiales, der dem Institut 1804. vorgelegt und 1806. gedruckt wurde, und wovon jetzt eine neue Ausgabe gemacht wird. Pflanzengruppen nach der Analogie der Formen. Verhältniß zu der Gesammtzahl der Phanerogamen in der Bemerkungen. heißen Zone (Mittlere Wärme 27°) gemäsigten Zone (Mittlere Wärme 10 — 14°) kalten Zone (Mittlere Wärme 0° — 1°) Geschlechtslose von bloß zelligem Bau (Agames cellulaires) 1 : 5 1 : 2 1 : 1 Moose, Flechten, Pilze, Schwämme. Farrenkräuter .... 1 : 60 1 : 25 In Deutschl. [Formel] in Frankr. [Formel] . Monocotyledonen ... 1 : 6 1 : 4 1 : 3 — — u. — — [Formel] Nordam [Formel] . Binsengewächse .... 1 : 400 1 : 90 1 : 25 — — [Formel] — — [Formel] . Cyperngrasartige .... 1 : 60 1 : 30 1 : 9 — — [Formel] — — [Formel] . Gräser ....... 1 : 15 1 : 12 1 : 10 — — [Formel] — — [Formel] . Spelzblüthige ..... 1 : 11 1 : 8 1 : 4 Diese enthalten die 3 vorhergehenden. Lippenblumen .... 1 : 40 1 : 25 1 : 70 Deutschl. [Formel] Frankr. [Formel] Nordam. [Formel] . Heidenartige und Rhododendra 1 : 130 1 : 100 1 : 25 — [Formel] — [Formel] — [Formel] . Zusammengesetztblüthige . 1 : 6 1 : 8 1 : 13 — [Formel] — [Formel] — [Formel] . Rubiaceae ...... 1 : 29 1 : 60 1 : 80 — [Formel] — [Formel] . Doldenpflanzen .... 1 : 2000 1 : 30 1 : 60 Frankr. [Formel] Nordamer. [Formel] . Kreuzblüthig ..... 1 : 3000 1 : 18 1 : 24 — [Formel] Deutschl. [Formel] Nordam. [Formel] . Malvenblüthige .... 1 : 50 1 : 200 0 — [Formel] — [Formel] — [Formel] . Hülsentragende .... 1 : 12 1 : 18 1 : 35 — [Formel] — [Formel] — [Formel] . Wolfsmilchartige .... 1 : 35 1 : 80 1 : 500 — [Formel] — [Formel] . Kätzchentragende .... 1 : 800 1 : 45 1 : 20 — [Formel] — [Formel] — [Formel] . Um die Verschiedenheiten zu erklären, welche in den Verhältnissen der Vegetation Deutschlands, Frankreichs und Nordamerika’s Statt finden, muß man auf die Klimate der Länder Rücksicht nehmen. Frankreich erstreckt sich von 42 [Formel] ° bis zum 51° N. B. In diesem Reich ist die mittlere jährliche Temperatur 16,7° bis 11°, und die mittlere Wärme der Sommermonate ist 24° — 19°. Deutschland, zwischen dem 46° und 54° nördl. Br. hat an seinen Grenzen die mittlere Wärme von 12°,5 und 8°,5. Die mittlere Wärme der Sommermonate beläuft sich auf 21° und 18°. Nordamerika bietet bei seiner ungeheueren Ausdehnung mehrere Klimate dar. Pursh lehrt uns 2,900 Phanerogamen kennen, welche zwischen den Breitenparallelen des 35sten und 44sten Grades, also in einer mittleren jährlichen Temperatur von 16° und 7° wachsen. Die Flora Nordamerika’s ist aus mehreren verschiedenen Floren zusammengesetzt. Die südlichen Gegenden geben ihr einen Ueberfluß an Malvenblumen und zusammengesetzten Blumen, die nördlichen, welche viel kälter sind als die europäischen Länder unter denselben Breiten, bereichern sie dagegen mit Rhododendris, kätzchentragenden Pflanzen und Zapfenbäumen. Die Nelkenfamilie, die Doldengewächse und die Kreutzblüthigen sind im Allgemeinen seltener in Nordamerika, als in der gemäsigten Zone des alten Continents. Diese constanten Verhältnisse, welche wir in den Ebenen vom Aequator bis zum Pole finden, begegnen uns auch an der Grenze des ewigen Schnees auf den Gipfeln der Gebürge. Man kann im Allgemeinen annehmen, daß auf den Cordilleras der heißen Zone die nördlichen Formen gemeiner werden. So sieht man in Quito, auf dem Rücken der Andes, die Heiden, die Rhododendra und die Gräser vorherrschen. Im Gegentheil werden die Lippenblumen, die Rubiaceae, Malven und Wolfsmilcharten daselbst so selten, als sie in Lappland sind. In Rücksicht auf die Compositas aber und auf die Farren tritt kein ähnliches Verhältniß ein. Die ersteren sind häufig auf dem Rücken der Andes, während die letztern sich allmählig verliehren, wenn man über 1,800 Toisen in die Höhe steigt. Auch ist das Klima der Andes dem des nördlichen Europa’s nur in Beziehung auf die mittlere Temperatur des Jahres ähnlich. Die Vertheilung der Wärme in den verschiedenen Jahreszeiten ist ganz anders und von mächtigern Einfluß auf die Phänomene der Vegetation. Im Allgemeinen sind, nach meinen Untersuchungen, diejenigen Formen, welche unter den Alpenpflanzen herrschen in der heißen Zone die Gräser (Aegopogon, Podosaemum, Deyeuxia, Avena); die Compositae (Calcitium, Espeletia, Aster, Baccharis), und die Nelkenfamilie (Arenaria, Stellaria). In der gemäsigten Zone herrschen: die Compositae (Senecio, Leontodon, Aster, Hieracium); die Nelkenblumen (Cerastium, Cherleria, Silene), und die Kreuzblumen (Draba, Lepidium, Sisymbrium); — in der kalten Zone dagegen die Nelken (Stellaria, Alsine); die Heidenartigen (Andromeda) und Ranunkelartigen. Diese Untersuchungen über das Gesetz der Verbreitung der Formen führten natürlich auf die Frage: ob es Gewächse giebt, welche den beiden Continenten gemeinschaftlich zukommen? Diese Frage erregt um so mehr Interesse, als sie unmittelbar eines der wichtigsten Probleme der Zoonomie berührt. Man weiß seit langer Zeit, und dieß ist eines der schönsten Resultate der Geographie der Thiere, daß kein Quadruped, kein Landvogel, und wie es sich aus den Untersuchungen Latreille’s zu ergeben scheint, kaum irgend ein Insect, den Aequatorialgegenden der beiden Continente gemein ist. Cuvier hat sich durch treffende Beobachtungen überzeugt, daß diese Regel selbst in Bezug auf die Reptilien Statt findet. Er hat erwiesen, daß die wahre Boa constrictor nur Amerika eigenthümlich ist, und daß die Boae der alten Welt Pythonen sind. Was die Gegenden ausserhalb der Wendekreise betrifft, hat Buffon die Zahl der Thiere, welche Amerika, Europa und dem nördlichen Asien gemeinschaftlich eigen sind, über das wahre Verhältniß vermehrt angegeben. Es ist gewiß, daß der Auerochs, der Hirsch und das Reh von Amerika, sowie das Kaninchen, die Moschusratte, der Fischotter, der Maulwurf, die Spitzmaus, der Bär, die Fledermäuse, der Marder und die Wiesel dieses Welttheiles von den europäischen Arten verschieden sind, obgleich Buffon das Gegentheil behauptete. Es bleiben nur der Vielfraß, der Wolf, der weiße Bär, der rothe Fuchs und vielleicht auch das Rennthier und das Elenthier übrig, die sich durch keine hinreichenden Charaktere von den europäischen Arten unterscheiden. Unter den Pflanzen muß man einen Unterschied machen zwischen den Geschlechtslosen und denen mit Keimlappen und die letztern muß man nach ihrer Hauptabtheilung als Monocotyledonen oder Dicotyledonen betrachten. Es ist kein Zweifel, daß sich viele Moose und Flechten (Funaria hygrometrica, Lichen hirtus, Sticta tomentosa, crocata u. s. w.) zugleich im tropischen Amerika und in Europa finden; unsere Herbarien beweisen dieß. Jedoch verhält es sich anders bei den geschlechtslosen Pflanzen mit Spiralgefäßen, als bei denen von bloß zelligem Bau. Die Farren und die Gewächse aus der Familie des Lycopodium sind nicht denselben Gesetzen der Vertheilung unterworfen, welche wir bei den Moosen und Flechten wahrnehmen. Die ersteren vorzüglich zeigen nur sehr wenige weit verbreitete Arten und die in dieser Hinsicht citirten Beispiele sind oft zweifelhaft. Was die phanerogamischen Pflanzen betrifft (die Rhizophora, die Avicennia und einige andere Uferpflanzen ausgenommen), so scheint das Gesetz Buffon’s in Beziehung auf die Dicotyledonen zuzutreffen. Es ist durchaus falsch, was man so oft bejahte, daß die Gebirgsplatten der Cordilleren von Peru, deren Klima einige Aehnlichkeit mit dem von Frankreich oder Schweden hat, denen der letztern Länder ähnliche Pflanzen hervorbringen. Die Eichen, die Tannen, die Eibenbaumarten, die Ranunkel, Rosen, Sinauarten (Alchemilla), die Valerianen, Meiricharten (Stellariae) und die Hungerblumen (Drabae) der peruvianischen und mexikanischen Anden haben ohngefähr dieselbe Physiognomie wie die Arten der nämlichen Gattungen, welche im nördlichen Amerika, in Sibirien und Europa vorkommen. Aber alle diese Alpenpflanzen der Cordilleren, unterscheiden sich, ohne Ausnahme in einer Anzahl von 3000 — 4000, welche wir untersucht haben, wesentlich von den ähnlichen Arten der gemäsigten Zone des alten Continentes. Im Allgemeinen sind von den Pflanzen, welche das tropische Amerika bewohnen, nur Monocotyledonen und von diesen fast ausschließlich nur die Cyperngräser und die wahren Gräser beiden Welttheilen gemein. Diese beiden Familien machen daher eine Ausnahme von dem so eben erörterten allgemeinen Gesetz: daß die organisirten Wesen der Aequatorialgegenden in beiden Continenten specifisch von einander verschieden sind, welches für die Geschichte der Katastrophen unseres Planeten von großer Wichtigkeit ist. In den Prolegomenis habe ich eine genaue Anzeige derjenigen Monocotyledonen gegeben, welche den Ufern des Orinoko, Deutschland und Ostindien gemeinschaftlich zukommen. Ihre Anzahl steigt kaum über 20—24. Ich führe hier deren nur einige als hinreichend an: Cyperus mucronatus, C. Hydra, Hypaelyptum argenteum, Poa Eragrostis, Andropogon Allionii u. s. w. In demjenigen Theile von Nordamerika, welcher außerhalb des Wendekreises liegt, ist beinahe ein Siebentheil der Gesammtzahl der Mono- und Dicotyledonen den beiden Continenten gemein. Unter 2,900 Arten, welche Pursh’s Flora aufzählt, sind 390 europäische. Zwar darf man einigen Zweifel hegen, sowohl in Bezug auf die Anzahl der Pflanzen, welche den Anbauern der einen Hemisphäre aus der andern folgten, als auf diejenigen Arten, welche, nach genauerer Untersuchung, als neu und vorher noch unbeschrieben erkannt werden möchten; doch ist es unmöglich, daß sich diese Ungewißheit auf alle erstrecke , und es ist vielmehr anzunehmen, daß, selbst nach eindringenden Forschungen, die Zahl der Pflanzenarten, welche der gemäsigten Zone beider Continente gemeinschaftlich zugehören, noch sehr beträchtlich bleiben wird. R. Brown hat neuerlich ähnliche Untersuchungen über die Pflanzen von Neuholland angestellt. Von allen Monocotyledonen, welche bisher in diesem Continent entdeckt wurden, ist ein Achtundzwanzigtheil England, Frankreich und Deutschland gemein. Bei den Dicotyledonen ist das Verhältniß wie 1 zu 200; ein neuer Beweiß, daß die Gräser und die Cyperaceae, wegen der großen Schmiegsamkeit ihrer Organisation am meisten in den beiden Hemisphären verbreitet sind. Es wäre zu wünschen, daß Zoologen auf ähnliche Weise versuchten, die Zahlenverhältnisse, die in der Vertheilung der Thiere über die Erde herrschen, auszumitteln. In der südlichen Hemisphäre erstrecken sich die Pflanzenformen der heißen Zone weiter gegen den Pol hinab, als in der nördlichen. Die baumartigen Farren gehen in Asien und Amerika kaum über den Wendekreis des Krebses hinaus, während in der südlichen Hälfte unseres Planeten die Dicksonia antarctica, deren Stamm sich zu einer Höhe von sechs Metre (19 F.) erstreckt, bis zum Van Diemens Land in der Breite von 42°, hinabwandert; ja sie ist sogar in Neuseeland, in der Dasky-Bay, unter der Parallele von Lyon, gefunden worden. Andere, nicht weniger prachtvolle Formen, welche man für ausschließliches Eigenthum der Aequatorialflora halten möchte, die parasitischen Orchideen, Epidendra, Dendrobia u. s. w. finden sich, zwischen baumartigen Farren, weit über den Wendekreis des Steinbocks hinaus, mitten in der gemäsigten Zone der südlichen Erdhälfte. Diese Erscheinungen in der Geographie der Pflanzen beweisen, wie schwankend das ist, was man gewöhnlich über die beträchtliche Verminderung der Temperatur in der südlichen Hemisphäre gesagt hat, ohne zwischen den vom Pol mehr oder weniger entfernten Parallelen zu unterscheiden und auf die Vertheilung der Wärme während der verschiedenen Jahreszeiten Rücksicht zu nehmen. Diese Gegend, gegen welche sich die Aequatorial-Formen hinerstrecken, haben, wegen der ungeheueren Ausdehnung der sie umgebenden Meere, ein wahres Inselklima. Vom Wendekreis des Steinbocks bis zu den Parallelen von 34°, und vielleicht noch weiter, ist die mittlere jährliche Wärme, d. h. die Menge Wärme, welche ein Punct der Erdkugel erhält, nicht sehr beträchtlich verschieden in den beiden Hemisphären. Werfen wir einen Blick auf die drei Continente von Neuholland, Afrika und Amerika, so finden wir, daß die mittlere jährliche Wärme zu Port-Jackson (in 33° 51′ s. B.) 19°,3 des hunderttheiligen Thermometers; auf dem Cap der g. H. (in 33° 35′ s. B.) 19°,4, und zu Buenos-Ayres (in 34° 36′ s. Br.) 19°,7 ist. Mit Recht kann man sich über diese große Gleichheit in der Vertheilung der Wärme in diesen südlichen Breiten wundern. Noch genauere meteorologische Beobachtungen beweisen, daß man in der nördlichen Hemisphäre unter derselben Breite von 34° eine mittlere jährliche Wärme von 19°,8 findet. Gegen den Südpol hin, vielleicht selbst bis zu der Parallele von 57° weichen die Temperaturen der beiden Hemisphären weniger im Winter als im Sommer von einander ab. Die Maluinen in der südl. Breite von 51 [Formel] ° haben weniger heftige Winterfröste, als man in London empfindet. Die mittlere Temperatur von Van-Diemensland scheint 10 Grad zu seyn, es friert daselbst im Winter, jedoch nicht stark genug, um die Farrenbäume und die parasitischen Orchideen zu zerstören. Capitän Cook hat in den benachbarten Meeren in einer Breite von 42° mitten im Winter, im July, das Thermometer nicht unter + 6°,6 fallen sehen. Auf diese sehr gelinden Winter folgen Sommer von einer außerordentlich kühlen Temperatur. An der Südspitze von Neuholland (Breite 42° 41′) erhebt sich die Temperatur der Luft selten, im Sommer und zur Mittagsstunde, über 12° bis 14°; und an der Küste von Patagonien, sowie im benachbarten Ocean (Br. 48° — 58°) ist die mittlere Temperatur des wärmsten Monates nur + 7 bis 8°, während sie in der nördlichen Hemisphäre zu Petersburg und Umeo (Br. 59° 56′ und 63° 50′) 17° bis 19° und mehr ist. Das milde Insularklima, welches in den südlichen Ländern zwischen dem 30° und 40° der s. Breite herrscht, erlaubt den tropischen Pflanzenformen über den Wendekreis des Steinbocks hinauszugehen. Sie verschönern einen großen Theil der gemäsigten Zone, und aus den Gattungen, welche der Bewohner der nördlichen Hemisphäre als ausschließliches Eigenthum der tropischen Klimate betrachtet, finden wir viele Arten in der südlichen Breite zwischen dem 35° und 38°.