Ueber die Höhe von Bergen in Hindostan, von Alexander Freiherrn von Humboldt. (Nach d. Franz. frei bearbeitet und mit Zusätzen von Gilbert.) 1. Nachrichten von den Messungen. Die Höhen von Bergen, deren Gipfel nicht zu ersteigen sind, mit Genauigkeit zu messen, hat viel Schwieriges, weil die Gegenden in der Nähe um sie her selbst schon bedeutend hoch über dem Meere liegen. Denn in der Regel sind die Plateaus, auf welchen sich die Bergketten erheben, zu weit von den Küsten entfernt, als daß sich ihre Höhe über dem Spiegel des Meers durch Beobachtung der Depressions-Winkel oder durch geometrisches Nivelliren bestimmen ließe, daher die Messung fast jedes hohen Berges, zum Theil eine barometrische, zum Theil eine trigonometrische ist. Ganz in der Nähe der zu messenden Berggipfel, ist zwar der nachtheilige Einfluß der Strahlenbrechung weniger zu befürchten, als in größern Entfernungen, da die Höhen-Winkel dann größer sind; sehr selten eignet sich aber dort der Boden zum Messen einer Grundlinie. Die Höhe des Standpunkts über dem Meere kann in diesem Falle leicht ein Drittel oder selbst die Hälfte der ganzen Berghöhe betragen. Auf dem Plateau von Tapia in Südamerika, welches zum Messen der Höhe des Chimborazo ganz besonders günstig liegt, erscheint so zum Beispiel die Spitze dieses Bergs nur noch unter einem Höhen- Winkel von 6° 40', und doch beträgt die Höhe dieses Plateau über der Südsee 2890 Meter; vom Chimborazo ist es 30437 Meter, oder 16' 27" im Bogen entfernt. Hätte ich meine Grundlinie am Fuße des Chimborazo, in den durch ihren vulkanischen Säulen-Porphyr berühmten Ebenen von Sisgun gemessen, so würde die Grundlinie über dem Meere eine Höhe von 3900 Meter, der durch geometrische Mittel bestimmte Theil des Bergs aber nur 2630 Meter Höhe gehabt haben. Da es nun sehr viel schwieriger ist, Barometer mit sich herum zu tragen, als Winkelmesser, so pflegen sich Reisende entweder damit zu begnügen, blos die Höhe der Berggipfel über ein Plateau trigonometrisch zu messen, ohne von der Höhe dieses Plateau über dem Meere etwas zu sagen, oder damit eine trigonometrische Messung in der Nähe der Meeresküsten zu verbinden, also aus Entfernungen, in welchen das veränderliche Spiel der irdischen Strahlenbrechung bedeutende Fehler in dem Resultate hervorbringen kann. An diesen und ähnlichen Schwierigkeiten lag es, daß uns bisher eine genaue Kenntniß von der Höhe der größten Berge Hindostan's fehlte: das ist derer, welche in der ungeheuern Gebirgskette stehn, die sich unter den Namen Hindu-Kusch und Himalaya von Herat und Kabul im Westen des Indus, bis über den Buramputer hinaus zieht. Den östlichen Theil dieses Himalaya sieht man von den Ebenen von Bengalen aus, in einem Abstande von 150 engl. Meilen; er muß also wenigstens eine Höhe von 2020 Toisen über diesen Ebenen haben . Hindu-Kusch, [oder wie die Engländer ihn schreiben, Hindoo-Coosh] oder Hindo-Kho (Hindo-Kouh, schwarzer Berg, auf persisch) liegt westlich vom Indus in 34° 35' bis 35° nördl. Breite: er ist der Indische Kaukasus der Alten. Von einem einzelnen Pic im Meridian von Kabul ist dieser Name auf die ganze Gebirgskette übertragen worden. Westlich nach Herat zu (im Paropamisus) wird das Gebirge niedriger. Da nach dem Berichte des Lieutenant Macartney [der bei der englischen Gesandtschaft Elphinstone's nach Kabul war] der Hindu-Kusch die Gränze des ewigen Schnee westlich von 66° Länge nicht mehr erreicht, so kann dieses westliche Ende des Gebirgs keine größere Höhe als höchstens von 3250 Meter haben. v. H. Hemalleh, Himäleh, Hemmalech (der Imaus der Alten); der wahre Name ist Himalaya, Aufenthalt des Schnees, da im Sanscrit hima Reif oder Schnee (himarat schneeig, Schnee-besitzend) und alaya Wohnung, Aufenthalt bedeuten. v. H. Herr Elphinstone glaubt, der Himalaya müsse bis auf 250 engl. Meilen Abstand sichtbar seyn (Voyage to Caubul p. 95.); dieses würde aber, wenn man ihn vom Meere aus sähe, die ungeheure Höhe von 10900 Meter über dem Niveau des Meeres voraussetzen. Sieht man von der Strahlenbrechung ab, so kann der Pic auf Teneriffa bei einer Höhe von 1904 Toisen aus einem Abstande im Bogen eines größten Kreises von 1° 57' 22", der Montblanc bei einer Höhe von 2440 Toisen aus einem Abstande von 2° 13' 0", und der Chimborazo bei einer Höhe von 3350 Toisen aus einem Abstande von 2° 35' 30" gesehen werden. Durch die mittlere Strahlenbrechung von 0,08 wird dieser Abstand beim Chimborazo nur um 14 engl. Meilen (Milles) vergrößert. Das auffallendste Beispiel von Sichtbarkeit eines Berges aus der Ferne, welches man bis jetzt kennt, giebt der Pic der Sandwich-Inseln, der den Namen Mowna-Roa führt, und den der Kapitän Marchand versichert aus einer Entfernung von 53 Lieues (2° 33') gesehen zu haben. v. H. Der Oberst Crawford schätzte die Höhe eines sehr hohen Pics in der Kette des Himalaya, den man von Patna aus erkennt, auf 20000 engl. Fuß über den Ebenen von Nepaul; und diesen Ebenen giebt er eine Höhe von 5000 Fuß über dem Meere; die Gründe aber, auf denen diese erste Messung eines Berges in dem Gränzgebirge Indiens beruht, sind in England nicht bekannt geworden . Nicht mit Unrecht vermuthete man schon seit langen Zeiten, daß die Gebirge Hindostan's die Cordillieren von Quito an Höhe gleich kommen oder sie noch übertreffen. Der Hauptstadt Bahars am Ganges. Gilb . Diese Angaben scheinen Näherungen zu seyn, die sich vermuthlich auf einen gemessenen Höhen-Winkel und eine geschätze Entfernung gründen. In einigen Werken findet man die 25000 englische Fuß auf Toisen gebracht, wodurch diese Schätzung in runden Zahlen das Ansehen eines Resultats genauer Messungen erhielt. v. H. [Weiterhin wird man die Gründe dieser Angaben finden, die allerdings auf genauen Messungen beruhen. G.] Hr. Elphinstone erzählt in seinem wichtigen Werke über das Reich Kandahar oder Kabul, der Lieutenant Macartney habe mehrere Berggipfel des Hindu-Kusch in der Provinz Caufristaun 20493 englische Fuß hoch gefunden. Aber über welches Thal, über welches Plateau? Wäre das über den Ebenen um Peshawer zu verstehen, wo das Thermometer (wahrscheinlich im Sonnenschein, oder in Lagen, wo die Sonnenstrahlen darauf zurückgeworfen werden) auf 112° F. oder 44° C. steht, so dürfte zu dieser Höhe wenig hinzuzusetzen seyn, um die Höhe des von Herrn Macartney gemessenen Pics über der Meeresfläche zu haben . "Ich habe, sagt dieser Officier, die Entfernung mehrerer sehr hoher Berghörner (Pics) durch sich durchkreuzende Messungen (by cross bearings) bestimmt, und den Höhen Winkel, unter welchem sie in einem Abstande von 100 engl. Meilen erschienen, mit einem Theodoliten 1° 30' gefunden; dieses gibt für sie senkrechte Höhen von 20493 engl. Fußen. Doch läßt sich in eine Messung, die aus einer so großen Entfernung und mit so kleinen Winkeln gemacht ist, kein großes Zutrauen setzen. Mein Instrument war indeß so gut adjustirt, daß die Breite, welche ich durch Beobachtungen mit dem Theodolite fand, bis auf zwei Minuten mit der zusammenstimmte, die der Sextant gegeben hatte. Die Entfernung wurde aus einer Grundlinie von 45 engl. Meilen geschlossen." Zu Kairo ist die mittlere Temperatur des Monats August, nach sehr guten Beobachtungen Nonet's, im Schatten, außerhalb dem Reflex der Mauern, 29°, 9 C. -- Beauchamp fand in Bagdad die mittlere Temperatur im Mai 34°,4 sein Thermometer stand aber, wenn auch im Schatten, doch in der Strahlung einer zu nahen Mauer. -- In Egypten hat man bei Ombos, im Thale der Gräber der Könige, und bei Edfou das Thermometer im Schatten auf 45° dauernd stehen sehen. Ich glaube in den dürren Steppen von Calabozo bemerkt zu haben, daß der in der Luft schwebende Sand großen Antheil an der dort sehr hohen Temperatur der Atmosphäre hat. v. H. Das heißt wahrscheinlich, durch Winkelmessung von verschiedenen Standpunkten aus, von denen zwei ihrer Entfernung nach bekannt oder gemessen waren. Gilb. Es war sehr zu wünschen, daß die Höhen der Berge Hindostan's endlich durch unmittelbare und genaue Messungen bestimmt würden; und dieses scheint vor Kurzem wirklich geschehen zu seyn. Herr Webb, Lieutenant im Bengalischen Infanteriecorps, derselbe, dem wir eine genauere Kenntniß vom Laufe des Ganges verdanken , erhielt von der Regierung zu Kalkutta, nach dem mit dem Raja von Nepaul geschlossenen Frieden, den Auftrag, eine Karte von der [in diesem Frieden neuerlangten] Provinz Kumaon und von Nepaul aufzunehmen, und er benutzte seine trigonometrischen Messungen, um zugleich die Höhen der ausgezeichnetsten Schneeberge mit Genauigkeit zu bestimmen. Lord Moira, General-Gouverneur des englischen Hindostan's, hat von ihm zugeschickt erhalten, die Höhen-Bestimmungen von 27 mit ewigem Schnee bedeckten Berghörnern in der großen Kette der Schneeberge, welche von Kumaon, südöstlich von Sirinagur aus, sichtbar sind. Von diesen Pics hat der niedrigste eine Höhe von 15733, der höchste von 25669 engl. Fuß, (4012 Toisen oder 24072 paris. Fuß) und ihrer 20 sind über 20000 engl. Fuß hoch. Herr Webb versichert, die Grundlinien und die auf sie sich gründenden Entfernungen mit der größten Sorgfalt berichtigt zu haben, und führt zum Beweise der Genauigkeit seiner Triangulirung an, daß die Breite der Stadt Pilibhit, [in dem nordöstlichen Theile von Rohilkhand] wenn man sie blos aus der Lage der Berghörner, wie er sie bestimmt hat, durch Rechnung ableitet, bis auf 5 Sekunden mit der von Herrn Reuben- Burrow durch astronomische Beobachtungen gefundenen Breite übereinstimme. Das nächste dieser Berghörner ist von der großen Moschee von Pilibhit 98000 Faden oder 112 engl. Meilen entfernt. Herr Webb bemerkt, der 14te dieser Pics, welcher eine Höhe über dem Meere von 25669 engl. Fußen hat, sey um eine engl. Meile höher als der Chimborazo, welchem Hutton's mathem. und physikal. Wörterbuch nur eine Höhe von 19595 engl. Fußen oder 3014 Toisen giebt, [die aber bedeutend zu klein ist] . Folgendes sind die Höhen der 4 höchsten Berghörner des Himalaya, welche Herr Webb gemessen hat: Im Jahr 1807 hatte der Oberst-Lieutenant Colebrooke, der an der Spitze der Land-Vermessungen stand (Surveyor general) und sich damals mit Vermessung des neuerworbenen Rohilkhands beschäftigte, ermuntert von dem Präsidenten der Gelehrten Gesellschaft zu Kalkutta, H. M. Colebrooke Esq., dem General-Gouverneur einen Plan zur Untersuchung des noch unerforschten und sehr zweifelhaften Laufs des Ganges in den nördlichsten Gebirgsprovinzen, zur Aufsuchung der Quellen des Ganges und des Jumna vorgelegt, und war von der Regierung mit diesem Unternehmen beauftragt worden. Die Krankheit, an welcher er späterhin starb, machte ihm die Ausführung unmöglich. Er schlug daher den Lieutenant Webb, der unter ihm vermaß (Surveyor) zur Ausführung des Unternehmens vor, und dieser erhielt zugleich die Instruction, die geographische Lage der Städte, Oerter und ausgezeichnetsten Berggipfel, zu welchen sie gelangen würden, zu bestimmen, die Höhe dieser Berggipfel mit einem Theodolite zu messen, das Profil derselben zu zeichnen, und von dem Lande möglichst viel aufzunehmen. Es begleiteten ihn der Kapitän Raper, welcher den interessanten Bericht schrieb, der im 11. Bande der Asiatic researches p. 446--563 abgedruckt ist, (Narrative of a survey for the purpose of discovering the source of the Ganges) und der Kapitän Hearsay, der vormals in den Diensten Madhaji Sendhiah's gestanden hatte. Der Reisebericht fängt an in Haridwar (29° 57' 9" Breite und 78° 8' 30" Länge von Greenw.), wo der Ganges aus den Bergländern in die ebenen Gegenden Hindostans tritt, und wo damals die Besitzungen der Engländer sich endigten und die des Raja von Gurk'ha anfingen, der sich Nepaul, Sirinagar und das ganze nördliche Gebirgsland bis an das Panjab unterworfen hatte. (Nachdem die Gurk'has Kumaon (Almora) mit dem was davon abhing, erobert hatten, griffen sie den Raja von Sirinagar an, der eine Armee von 20000 Mann unterhielt; ein Einbruch der chinesischen Tatarn in Nepaul rettete diesen zwar, aber im J. 1803 verlor er in einem Gefecht mit ihnen das Leben, und Sirinagar mit seinen 84 Distrikten (Perganahs) gehörte seitdem zum Reiche der Gurkhali, deren 12000 Mann starke Armee nun weiter westlich zog, um sich das ganze Gebirgsland bis Kaschmir zu unterwerfen. Der Raja von Cangra in Panjab (20 Cos westl. vom Beyah) leistete ihnen aber in seiner dem Königsstein ähnlichen Bergfeste mehrere Jahre lang unüberwindlichen Widerstand, und rief endlich die Sikhs zu Hülfe, durch welche sie zurückgetrieben wurden.) Die Reisegesellschaft traf ein am 1. April 1808 in Haridwar, zur Zeit der großen jährlichen Pilgerschaft und des dabei gehaltenen Jahrmarkts, und kehrte bei Almora, einer größern Stadt als Sirinagar und damals dem Sitze des Nepaul'schen Gouverneurs von Kumaon, vorbei, nach Rampur in Rohilkhand zurück, wo sie den 27. Jun. eintraf. Der Ganges entsteht, ihren Nachrichten zu Folge, aus der Vereinigung zweier Ströme bei der alten, heiligen, von Braminen bewohnten Stadt Devaprayaga (von 250 Häusern, mit einem großen uralten Tempel, in 30° 8' 6" Br.) nicht weit ostnordöstlich von Haridwara. Der größere, tiefere, hier 140 engl. Fuß breite, ruhig fließende Alcananda, kömmt von Osten, von Sirinagar, her, und schwillt während der Regenzeit 46 bis 47 Fuß hoch über sein Niveau in der trockenen Zeit an; der in südlicher Richtung von dem Schneegebirge brausend herabströmende Bhagirathi ist hier nur 112 Fuß breit, und schwillt während der Regenzeit um 40 Fuß an. Beide fließen zwischen senkrechten Felsenufern und stoßen unter einem rechten Winkel zusammen. Der durch ihre Vereinigung entstehende Ganges hat hier in der trockenen Jahrszeit eine Breite von 240 engl. Fuß. Ueber zum Theil sehr schmale hoch schwebende u. gefährliche Gebirgspfade kam die Reisegesellschaft am 20. April nach dem kleinen Dörfchen Lallari (30°33'32" Br.) westl. vom Bhagirathi, der hier nur 40 engl. Meil. vom Jumna entfernt ist. "Wir waren bis 1 Uhr allmählig immer höher gestiegen, (heißt es in dem Berichte), als wir auf ein kleines Plateau ankamen, und das größte und erhabenste Gemählde erblickten. Wir befanden uns auf dem Gipfel eines der höchsten Berge der Gegend, dessen senkrechte Höhe von seinem Fuße an nicht weniger als 4000 Fuß betragen konnte, und wir erblickten über 7 oder 8 deutlich zu erkennende weitgedehnte Bergketten, die eine hinter der andern aufstiegen, hinweg, den Himalaya oder das Schneegebirge mit seinem Wolkenhute. Alle diese Bergreihen liefen einander ziemlich parallel von NW. nachSO. Die ausgezeichnetsten Pics der Schneekette sind die mit dem Namen Gangautri und Jamautri (weil man meint, der Ganges und der Jamuna hätten an ihnen ihre Quellen) bezeichneten Gipfel. Den ersten fand Lieuten. Webb hier in N. 46° 3' O., den zweiten in N. 18° 34' O. liegen; jener erschien unter einem Höhenwinkel von 3° 1', dieser von 3° 17'. Sie schienen die höchsten Pics der ganzen Kette zu seyn, und der erstere, den die Eingebornen Mahadeva calinga nennen, hat die Gestalt einer Pyramide, mit einer breiten Basis und abgeplatteten Spitze. Nach den besten Schätzungen konnte die Schneekette nicht über 30 engl. Meilen von uns entfernt seyn; nach der Rechnung der Eingebornen sollten wir 12 Tagereisen von dem Gangautri entfernt seyn; bei der Beschaffenheit der Gegend widerspricht das jener Schätzung nicht. Sie kamen den Bhagirathi hinauf nicht weiter als 4 engl. Meilen hinter das Dorf Bat'heri (30° 45' 15"), welches etwas über dem Städtchen Barahat, (30° 45' Br.) hinaus liegt. In diesem Städtchen geht eine Brücke über den ungefähr 150 engl. Fuß breiten und sehr reißenden Strom, und die Pilger nach Gangotri versehen sich dort auf 12 bis 14 Tage mit Lebensmitteln. Ein Erdbeben hatte 1803 den Ort verwüstet, wie auch Desprayag und Sirinagar. Von hier hat man nach Gangotri 7, nach Jamautri 5, nach Cedara-Naith 12, und nach Sirinagar 5 Tagereisen; am gefährlichsten ist der Weg nach Jamantri. Die Schwierigkeiten des Weges wurden endlich für sie unübersteiglich, dabei aber auch die Ueberzeugung zur Gewißheit, daß der Ganges am südlichen Abhang des Himalaya entspringe, und daß die Sage von dem Kuhmaul in so fern eine Fabel sey, als man es für eine Höhle ausgiebt, aus der der Ganges hervorstürze, indem er unter dem Schneegebirge wegströme und seine wahre Quelle in einem See in Thibet habe. Zwar lag Gangotri, der Ort, wo der Ganges aus dem Himalaya hervortritt, nur noch 16 bis 18 englische Meilen in gerader Linie ab, sie hätten aber 6 bis 7 Tage bedurft, um dahin zu gelangen, und hätten alle ihr Gepäck zurück lassen müssen. Herr Webb unterrichtete den gewandtsten seiner Hindus im Gebrauch der Boussole, und schickte ihn mit Pilgern nach Gangotri; nach den Nachrichten, welche diese Pilger zurückbrachten, ist der Weg auf Herrn Webb's Karte dargestellt. Gangotri ist ein 10 Fuß hoher Tempel mit 3 Götzenbildern und 3 Bassins (Cundas) im Flusse, zum Baden der Pilger, denen zugesagt ist, das heilige Wasser des Ganges zu Gangotri werde alle ihre Verunreinigungen abspülen. Der Fluß ist dort nur noch 45 bis 60 Fuß breit, nicht über eine halbe Menschenlänge tief, fließt ruhig, und läßt sich noch einige englische Meilen weiter hinauf verfolgen, bis man an unübersteiglichen Schnee kömmt, aus dem er hervortritt. [Er kömmt also wahrscheinlich aus einem Gletscher, oder einem sogenannten Eismeer hervor; die abgeschickten Hindus hatten es noch nie schneien sehen, und wußten also noch weniger etwas von Gletschern]. Das sogenannte Kuhmaul (Gaumuc-'hi) ist ein Felsblock, der in der Mitte des Flußbettes 2 engl. Meilen jenseits Gangotri liegt. Nackte und wilde Gebirge sind um Gangotri; der Mahadeva-calinga steht nördlich davon. Von einem Berge südlich von Dhunga (30° 27' Br.) sahen sie die Kette der Schneeberge von N. 24° 12' W. bis N. 7° 40' O. sich ziehen, und die letztere Richtung ergab sich als die nach dem Jamautri. Aehnliche heilige Oerter als der hier beschriebene, sind die Tempel von Bhadri-Nath nahe bei den Quellen des Alcananda, und der von Cedara-Nath an den Quellen des Cali-Ganga, (oder Mandacini) eines ansehnlichen am Schneeberge Cedar entspringenden Bergstroms. (Rudraprayaga ist der Name des Zusammenflusses beider Ströme). Herr Webb giebt als von ihm mit Zuverlässigkeit bestimmt an: Die Reisegesellschaft ging über die jetzt verarmte und verödete Stadt Sirinagar den Alcananda hinauf, der in 30° 16' Breite den von Südost kommenden Bergstrom Pindar (beim Dorfe Carnaprayaga) aufnimmt. In dieser Gegend sind 3 Cos südlich vom Strome die Blei- und Kupfergruben von Dhanpur, welche für 4000 Rupien jährlich verpachtet waren und 300 Berg- und Hüttenleute beschäftigten, (das Erz soll in Lettenlagern und in Gängen vorkommen, und im Mittel 50 Procent Kupfer geben) und gegenüber 4 Cos nördlich vom Strome die noch reichern Kupfergruben von Nagpur, welche jetzt im Stillstande sind. Die Reisenden empfanden hier an einem sehr schwülen Tage bald nach 3 Uhr Nachmittags ein leichtes Erdbeben, das 6 bis 7 Sekunden dauerte und von einem rollenden Getöse, gleich entferntem Donner, begleitet war. "Die Beweise, sagen sie, welche wir von den Zerstörungen solcher Erdconvulsionen in den Hügeln täglich vor Augen sahen, machten uns nicht wenig besorgt; gerade vor uns lag ein Tempel mit seiner durch das Erdbeben von 1803 eingestürzten Kuppel und Decke." Südlich vom Dorfe Panc'heser (30° 37' 51" Br.) wo ein niedlicher dem Vishnu geweiheter Tempel steht, bei Vishnu prayaga vereint sich der 100 bis 120 Fuß breite und reißende vonSO. kommende Dauli oder Leti, mit dem von Norden strömenden 75 bis 90 Fuß breiten Alcananda, der hier auswärts den Namen Vishnu-Ganga führt. Längs des Dauli läuft eine der Hauptstraßen nach Thibet. Zwei Tage später, am 30. Mai, erreichten sie endlich den Tempel und das nur in den sechs Sommermonaten bewohnte Städtchen Bhadri-Nath (30° 42' 28" Br. und 80° 18' 22" östl. Länge), das in der Mitte eines 4 engl. Meilen langen Thals, unweit der Quelle des Alcananda liegt, und aus 20 von Tempeldienern bewohnten Hütten besteht. "Den letzten Tag, sagen sie, ging der Weg über mehrere hart gefrorne Schneelagen, von denen einige wenigstens 80 Fuß dick waren, und manche den Fluß ganz unter sich verbargen. Alle Berggipfel umher waren weiß von ewigem Schnee, der untere Theil der Abhänge mit grünen Matten und kleinen Bäumen bedeckt." Der 200 Fuß hohe Wasserfall Barsu Dhara ist die letzte Gränze für die indischen Pilger, von denen in jenem Jahre 50000 nach Bhadri-Nath gewallfahrtet waren; noch geht das Thal eine engl. Meile weiter in NO. Richtung, der Alcananda ist aber in der ganzen Länge desselben von ungeheuren Schneemassen bedeckt, die hier seit vielen Menschenaltern liegen. [Also war auch hier das Eismeer erreicht, dessen Abfluß der Alcananda ist.] Die Wasserfälle haben hier am Fuße Eisdecken, aus denen das Wasser aus Höhlen (Eisgewölben) hervortritt. Der Tempel ist der reichste in diesem Theile Indiens; er soll 700 Dörfer besitzen, die unter der Jurisdiction des hohen Priesters stehen, und vorzüglich wohlhabend sind. Auch gehört dem Tempel die wohlhabende, etwas nordöstlicher liegende Handelsstadt Manah, von 200 Häusern und 1500 Einwohnern, welche sich von den Hindus durch Ansehen und Schönheit unterscheiden, und Tatarischen Ursprungs zu seyn scheinen, (mit breiten Gesichtern, kleinen Augen und leicht olivenfarbig). Im Winter liegt die ganze Stadt unter Schnee, daher die Einwohner dann nach den südlicher gelegenen Dörfern im Thale des Alcananda ziehen. Es wird von hier bedeutender Handel mit Thibet getrieben; wenn gegen Ende Julis der Schnee geschmolzen ist, ziehen Karavanen von 100 bis 150 Menschen mit Waaren, vorzüglich mit Korn, auf Schafen und Ziegen geladen, über den Himalaya, über welchen aus Kumaon (Almora) und Gerwal (Sirinagar) 4 Pässe (G'hatis) führen, nach Gertokh, dem Hauptmarkt der Gegend, von wo die Schawl Wolle nach Lehdac (einem unabhängigen Lande, dem sog. kleinen Thibet) und von da weiter nach Kaschmir (jedes 13 Tagereisen vom andern entfernt) und die Producte Thibets (Goldstaub, Silberbarren, Muskus, Pelzwerk, Juften, Schawle, Porcellain, Thee, Salz, Borax, Droguereiwaaren und kleine Pferde) nach Nepaul und Hindostan ausgeführt werden. Cedar-Nath ist nur 14 bis 15 engl. Meilen WNWlich in gerader Linie von Bhadri-Nath entfernt, das Gebirge zwischen beiden ist aber unzugänglich, und die Reise durch die Thäler des Alcananda und des Cedar-Ganga dauert 8 bis 9 Tage. Die Pilger besuchen zuerst Cedra-Nath; der Weg dahin führt über Schneelager die mehrere Meilen lang sind, und jährlich sollen einige hundert Pilger dort vor Kälte und Anstrengung umkommen. Auf dem Rückwege von Bhadri-Nath nach Rampur erreichten die Reisenden am 12. Juni das Dorf Chiring unweit des Pindar-Stroms (30° 6' 13" Br.) wo der nördlich liegende äußerst rauhe District Gerwal, der bis Manah und die Gränze von Thibet reicht, und der sanftere südlicher liegende District Kumaon zusammen gränzen. Den folgenden Tag kamen sie an den Gaumat'hi, nicht weit westlich von Baheser, wo er in den Gogra (G'hagra) oder Sarju-Strom fällt; selbst nimmt er den Causila auf, an dessen östlichem Ufer Almora, die Hauptstadt des Districts Kumaon liegt. Den 27. Juni erreichten sie endlich Rampur, die englische Gränzstadt in Rohilkhand, wo sich damals der vertriebene Raja von Kumaon Lal Sinh, in brittischen Diensten angestellt, aufhielt. Nach Herrn Webb's genauen Beobachtungen liegen: Almora in 29° 36' Br. und 79° 42' Länge, Bagheswar, wo durch die Vereinigung der beiden Flüsse der Gogra entsteht, in 29° 55' Br. und 79° 52' Länge, und die Quelle des Ram-Ganga in 30° 7' Br. und 79° 42' Länge östl. von Greenwich. Daß die Quellen des Ganges südlich vom Schneegebirge Himalaya sind, sieht Herr Webb als durch diese Reise vollkommen bewiesen an, weil erstens überall in diesen Gebirgen durch die ausnehmend vielen Zuflüsse von allen Seiten her, die kleinsten Bäche sich während eines Laufs von 8 bis 10 engl. Meilen, in ansehnliche und mächtige Ströme verwandeln, der Bhagirat'hi aber bis wo er fast nur ein stehender Teich, und der Alkananda bis wo er nur noch ein kleiner Bergstrom war, von schmelzendem Schneewasser gespeist, aufwärts verfolgt worden sind; weil zweitens kein Paß durch das Gebirge in der Richtung dieser Ströme geht, der Himalaya vielmehr an diesen Stellen und in diesen Richtungen völlig unzugänglich ist; und weil drittens, nach Aussagen zuverlässiger Eingebornen die in Handelsgeschäften jenseits des Himalaya gewesen sind, dort nördlich von hier nur ein einziger Strom ist, der Saturuz (Satalaj) und dieser erst sich im Westen von Jamoutri südlich wendet. Nicht minder liegen die Quellen des Gogra und des Jumna südlich vom Schneegebirge Himalaya, welches an Höhe die andern Gebirge der Erde zu übertreffen scheint, die Quellen des letztern nicht weit von denen des Ganges. Der Sampoo oder Bramahputer dagegen, und die in ihn sich ergießenden Ströme, scheinen wirklich am nördlichen Abhange des Himalaya zu entspringen; ihre Quellen sind wahrscheinlich blos durch die Schneehörner von denen des Ganges und seiner Zuflüsse getrennt. Was ich meinen Lesern hier mitgetheilt habe, macht einen ziemlich vollständigen Auszug des physikalisch und geographisch Merkwürdigen aus dem Reiseberichte des Kapitän Raper und aus der Einleitung des Präsidenten Colebrooke zu demselben aus. Schwerlich werde ich mich in der Meinung geirrt haben, daß sie an diesen zuverlässigen Nachrichten eben so lebhaften Antheil nehmen würden, als ihn diese Nachrichten mir eingeflößt haben. Gilbert. Gangotri 310 4' n. Br. 78° 59' östl. Länge von Greenw Jamoutri 31 23 78 31 Cedar-Nath 30 53 79 19 Bhadri-Nath 30 43 79 38 Desprayag 30 9 78 31 Sirinagar 30 11 78 43 De la Condamine giebt dem Chimborazo eine Höhe von 3217, und Don George Juan von 3380 Toisen. Bei den Messungen dieser gelehrten Reisenden, betrugen die Höhen- Winkel der Bergspitze nicht über 4° 19'. Daß man aus denselben Elementen so verschiedene Resultate hat ziehen können, darf nicht Wunder nehmen, da sie sehr verwickelt sind, indem die Fehler der Depressions-Winkel, und die Fehler in den Höhen des Plateau von Quito und des Iliniza insgesammt Einfluß auf das Resultat der Messung haben. Meine Messung, welche ich von dem Plateau von Tapia aus, (bei Riobamba-Nuevo und dem eingestürzten Berge l'Altar, von dem die Eingebornen die Sage haben, daß er höher als der Chimborazo gewesen sey,) unternommen habe, und deren Detail man in der Einleitung meines Recueil d'observations astronomiques t. 1. p. 74. findet, hat mir die Höhe des Chimborazo zu 6530 Meter [3350 Toisen oder 20100 paris. Fuß G.] gegeben. v. H. engl. Fuß Toisen Meter der 14te Pic 25669 = 4013 (24078 par. F.) = 7821 der 12te Pic 23263 = 3637 (21822 --) = 7088 der 3te Pic 22840 = 3571 (21426 --) = 6959 der 23ste Pic 22727 = 3553 (21318 --) = 6925 Da das Detail der wichtigen Messungen des Hrn. Webb noch unbekannt ist, so läßt sich nicht beurtheilen, wie groß die Ungewißheit ist, welche das Spiel der Strahlenbrechung in einer nördlichen Breite von 30° bis 32°, in diesen Angaben begründe. Nehmen wir an, daß die Ebene, auf welcher die Höhenwinkel genommen worden sind, 1500 Meter über dem Niveau des Meeres liege, und daß die Entfernung 1° 30' im Bogen eines größten Kreises gewesen sey, so muß die Spitze des höchsten dieser Berghörner unter einem Höhen-Winkel von 2° 17' erschienen seyn, angenommen, die mittlere Strahlenbrechung habe 0,08 des Bogens zwischen dem Berghorne und dem Standorte in der Ebene betragen. Wollte man diesem Pic keine größere Höhe über der Meeresfläche als von 6800 Meter, (das ist nur um 270 Meter oder 830 Fuß mehr, als dem Chimborazo nach meiner Messung) einräumen, so müßte der Coefficient der irdischen Strahlenbrechung 0,30, statt 0,08 des zwischen beiden Orten enthaltenen Bogen eines größten Kreises betragen haben, welches nach allem, was wir von der Strahlenbrechung in der heißen Zone wissen, ganz unwahrscheinlich ist. Herr von Humboldt erklärt am Ende seines Aufsatzes, daß Herr Webb diese Nachrichten von seiner Messung des Himalaya, einem der Directoren der Englisch-Ostindischen Compagnie, Herrn Davis, zugeschickt habe, und daß er (Herr von Humboldt) die Mittheilung derselben der Güte eines Herrn Sullivan verdanke. Gilb. Die Messungen des Herrn Webb müssen um so mehr Zutrauen einflößen, als er in dem Briefe an Herrn Colebrooke, welcher in dem eilften Bande der Asiatic researches p. 469. abgedruckt ist, von seinen ersten Versuchen, die er im Jahr 1808 gemacht hat, die hohen Gipfel des Himalaya (den Gangautri oder Mahadeva-Calinga und den Jamautri) zu messen, sich mit der größten Bescheidenheit und Vorsicht über diesen Versuch ausdrückt. "Die größten Höhen der Berghörner des Himalaya, sagt er, sind noch nicht bekannt; aus einem Mittel aus sehr viel Höhen-Winkeln eines [von Rohilkhand aus] in die Augen fallenden Pics, die ich zu verschiedenen Stunden des Tages mit einem vortrefflichen Instrumente genommen habe, und aus der durch Beobachtungen an den Endpunkten einer hinlänglich langen in den Ebenen von Rohilkhand mit Genauigkeit gemessenen Grundlinie zuvor ausgemittelten Entfernung desselben, finde ich, daß er eine Höhe von 21000 engl. Fußen über diese Ebenen hat, wobei ich für die Strahlenbrechung [Formel] des Bogens zwischen beiden Stellen gerechnet habe, welches mehr ist, als die irdische Strahlenbrechung im Mittel beträgt." Die beiden Barometer, welche man damals von Kalkutta Herrn Webb zugeschickt hatte, waren leider unter Weges zerbrochen worden, (Asiat. res. t. 11. p. 448.), daher die Höhe der Ebenen von Rohilkhand über dem Meere nicht bestimmt werden konnte. Vermuthlich hat bei der neuern Messung, deren Resultate hier mitgetheilt sind, Herr Webb die Höhe seiner Grundlinie über dem Meere durch barometrische Messungen bestimmt. The extreme height of the Himalaya is yet a desideratum (Asiat. res. t. II. p. 444.) Gilb. Südöstlich von Pilibhit in einer nördl. Breite zwischen 28° und 29°. v. H. 2. Ueber die Höhe der Berge des Himalaya von H. M. Colebrooke, Präsid. der Gel. Ges. zu Kalkutta; im Auszuge . Herr von Humboldt kannte diesen Aufsatz, der sich im 12ten Bande der Asiatic researches findet, noch nicht, als das gedruckt wurde, was ich meinen Lesern bisher mitgetheilt habe; noch zeitig genug kam ihm indeß ein in No. 4. des Journals der Royal Institution zu London, eingerückter Auszug daraus in die Hand, um ihn der Hauptsache nach seiner Abhandlung anhängen zu können. Hier diesen englischen Auszug nach meiner freien Bearbeitung. Der Herausgeber des Journals sagt zu Anfange desselben: "Wir hören, daß der Held in den Naturwissenschaften, der unermüdliche Humboldt, zur Absicht hat, diese Gebirgskette zu untersuchen, und harren voll Ungeduld auf die Resultate seines Unternehmens. Inzwischen wird unsere Leser ein kurzer Abriß des Verfahrens erfreuen, wie die Höhe dieser Berge berechnet worden ist, und welche Resultate die Berechnung gegeben hat." Gilb. Die Kette des Himalaya sieht man von Patna, der Hauptstadt der brittischen Provinz Behar, am südlichen Ufer des Ganges aus als eine zusammenhängende und gut begränzte Linie weißer Klippen, welche sich durch eine Länge von mehr als zwei Striche des Compasses hinzieht. Von hier aus ist sie mehr als 60 französische Meilen (leagues) entfernt; ein Abstand, in welchem man von den Andes nur die höchste Spitze, den Chimborazo, als einen Punkt, von der übrigen Cordilliere aber nichts siehet . Der Pic von Chamalasi, bei welchem der Kapitän Turner auf seiner Reise nach Thibet vorbei kam, bald nachdem er über die Gränze war, ist an verschiedenen Stellen Bengalens sichtbar in einem Abstande von 232 engl. Meilen. Dieses setzt eine Höhe von 28000 engl. Fußen voraus, bei einem mittlern Zustand der Atmosphäre in Hinsicht der Strahlenbrechung. -- Ein anderes Berghorn des Himalaya erscheint nach des Präsidenten eigener Messung, gewöhnlich unter einem Höhen- Winkel von 1° 1' an einem Orte in Bengalen, der nach Rennell's Karte wenigstens 150 englische Meilen davon entfernt ist; die Höhe desselben über dem Spiegel des Meeres beträgt daher wenigstens 26000 engl. Fuß. -- Der Oberst-Lieut. Colebrooke hat an zwei Standpunkten in Rohilkhand, (zu Pilibhit und Jet'hpur) Höhenwinkel eines Schneegipfels genommen, und durch sie gefunden, daß wenn man die Strahlenbrechung zu [Formel] annimmt, (welches nach Delambre, Legendre und Maskelyne mehr als genug ist), der Pic eine Höhe von 22291 engl. Fußen über den Ebenen von Rohilkhand, und von ungefähr 22800 engl. Fußen über dem Spiegel des Meers haben müsse. Nach einigen Beobachtungen des Obersten Lambton beträgt indeß in dem Klima von Indien die irdische Strahlenbrechung im Mittel [Formel] , und variirt zwischen [Formel] und [Formel] des Bogens zwischen zwei Orten; und nach diesen beiden und andern Größen derselben, sind die folgenden Höhen berechnet worden. Das heißt unstreitig, abgesehen von der irdischen Strahlenbrechung und ihrer Veränderlichkeit. Gilb. Noch genauere Messungen als diese, sind dem Präsidenten von dem Obersten Crawford mitgetheilt worden, welcher sie im Jahr 1802 zu Cat'hmandu gemacht, und von noch mehreren wahrscheinlich schon Nachricht nach Europa geschickt hat. Herr Crawford hatte zu vier wiederholten Malen eine Grundlinie von 852 [Formel] Fuß mit der größten Sorgfalt gemessen, und sie mittelst einer andern 1582 Fuß langen zwei Mal gemessenen Grundlinie berichtigt; sie legte er einer Triangulirung in dem Thale von Nepal zum Grunde, und an den Spitzen der von ihr ausgehenden Dreiecke, folglich an ausgewählten Standorten, deren Abstand von einander ganz genau bekannt war, nahm er die Höhenwinkel der Berghörner des Himalaya. Die Lage derselben Berghörner hat er durch Beobachtungen in den Ebenen der Provinz Behar, welche sich unter den zuletzt angeführten befinden, bestimmt. -- Zu Folge der dem Präsidenten mitgetheilten Beobachtungen hat der Berg Dhaibun 20140 engl. Fuß senkrechte Höhe über Cat'hmandu, welches selbst mehr als 4500 engl. Fuß über dem Spiegel des Meeres liegt. Die Höhen anderer Berghörner finden sich: 17819, 20025 und 18662 engl. Fuß über Cat'hmandu. Sie alle sind von Patna aus sichtbar, und die Entfernung des nächsten dieser Berghörner von Patna beträgt 170, die des entferntesten 226 englische Meilen. Der Hauptstadt von Nepal, welche um mehr als 5 Längengrade weiter östlich als Almora liegt, und von wo aus man daher einen ganzen andern Theil des Schneegebirges als von den Districten Kumaon und Gerwal aus übersieht. G. Den Dhawalagiri, das heißt weißen Berg, (also den Mont-Blanc des Himalaya) von dem man glaubt, daß er bei der Quelle des Flusses Glandac liege, und für den Herr Webb Entfernungs-Messungen an 4 verschiedenen Standpunkten gemacht, und Höhenwinkel an 3 Standpunkten genommen hat, findet man, je nachdem die irdische Strahlenbrechung [Formel] oder [Formel] des Bogens zwischen ihm und dem Auge gleichgesetzt wird, 26784 oder 27551 engl. Fuß hoch. Selbst wenn man die Beobachtungsfehler und die Irrung wegen der Strahlenbrechung möglichst groß und die Höhe vermehrend annähme, so würde doch immer noch für den Pic von Dhawalagiri eine Höhe von 26462 engl. Fuß über der Ebene von Gorakhpur, und von 26862 engl. Fuß über dem Niveau des Meers übrig bleiben. Es werden zugleich Barometer-Messungen mehrerer Gipfel einer Bergkette mitgetheilt, welche zwischen dem Himalaya und den nächsten zugänglichen Bergen liegt, und deren man sich zur Berechnung der Höhen des Himalaya bedient hat. Folgende Messungen giebt der Präsident als solche an, welche der Wahrheit nahe kommen: Höhe des Dhawalagiri oder Dholagir über Gorakhpur, welches der Schätzung nach 400 engl. Fuß über dem Spiegel des Meeres liegt: engl. Fuß nach einem Mittel aus den beiden nächsten Beobachtungen, und der Berechnungsart, welche die kleinste Höhe giebt 26462 nach einem Mittel aus 3 Beobachtungen und nach der mittlern Strahlenbrechung berechnet 27677 welches für die Höhe dieses Berges über der Meeresfläche giebt, wenigstens 26862 Höhe des Yamunavatari oder Jamautri über dem Gipfel des Nagunghati 20895 engl. Fuß die Höhe dieses Gipfels über dem Spiegel des Meeres wird geschätzt gegen 5000 also ist die Höhe des Jamautri über der Meeresfläche über 25500 Höhe eines Berges, von dem man glaubt, daß er der Dhaibun sey, über Cat'hmandu 20140 und da Cat'hmandu nach einer Barometer-Messung wenigstens 4600 Fuß über dem Spiegel des Meers liegt: beträgt die Höhe dieses Berges über dem Meere 24740 Höhe eines zu Pilibhit und zu Jet'hpur sichtbaren nicht genannten Berghorns, über die Ebenen von Rohilkhand, nach einem Mittel der Beobachtungen an beiden Oertern 22268 und da die Höhe der in Rohilkhand gemessenen Grundlinie über dem Meere auf 500 engl. Fuß zu schätzen ist: eine Höhe über dem Meere von 22768 Ein anderer nicht genannter Berg, den man zu Cat'hmandu in der Richtung von Calabhairavi sieht, hat eine Höhe über dem Meere von 24625 wenn man dem Thal von Nepal, in welchem mehrere Grundlinien gemessen worden sind, eine Höhe über dem Spiegel des Meeres giebt von 4600 Noch zwei andere Berge, nahe bei diesem, haben Höhen von 18662 und 18452 engl. Fuß über dem Thal von Nepal, und also Höhen über dem Meere von 23263 u. 23052 Das heißt unstreitig nach der Hypothese berechnet, daß die Strahlenbrechung die größte, welche Oberst Lambton beobachtet hat, d. i. [Formel] des Bogens zwischen dem Pic und dem Auge gleich, gewesen sey. Gilb. Das ist unstreitig nach der Hypothese, die Strahlenbrechung sey nur auf [Formel] jenes Bogens gestiegen. Gilb. So weit der Auszug in dem englischen Journale. Herr von Humboldt fügt noch hinzu: "Der höchste Berggipfel des Himalaya hat nach Herrn Webb eine Höhe von 4013 Toisen (24078 par. Fuß) oder von 7821 Metres, dagegen nach der Berechnung des Präsidenten der Gesellschaft der Wissenschaften zu Kalkutta (ob sie neuer ist, wird nicht gesagt) von 4201 Toisen (25206 par. Fuß) oder von 8187 Meter. Sollte dieses blos in der Verschiedenheit der Annahmen über die irdische Strahlenbrechung und der zur Berechnung gebrauchten barometrischen Formel seinen Grund haben?" Ist der engl. Fuß gleich 0,304796 Meter, so sind 25669 engl. Fuß = 7824 Meter, und 26862 engl. Fuß = 8187 Meter = 4200 Toisen. Erstere Höhe giebt Hr. Watt in den dem Direct. Davis überschickten Nachrichten als die Höhe seines 14. Pics an, und sie ist wahrscheinlich über der Ebene von Gorakhpur zu verstehen; letztere Höhe berechnet der Präsid. für den Dhawalagiri als die aller geringste über dem Meere, die sich aus den Beobachtungen des Hrn. Webb folgern läßt. Wahrscheinlicher ist die von 26784 engl. F. über der Ebene von Corakhpur u. 27184 e. F. (= 8309 Met. = 4262 Tois. = 25572 par. F.) über dem Meere. G. 3. Noch einige Bemerkungen. Die senkrechte Höhe des mit ewigem Schnee bedeckten Theils des Mont-Blanc beträgt 2085 M., und des Chimborazo 1735 Meter. Hat die höchste der von Herrn Webb gemessenen Höhen des Himalaya wirklich eine Höhe von 7821 Meter über dem Meere, so muß der im Sommer mit ewigem Schnee bedeckt bleibende Theil desselben, wenigstens eine senkrechte Höhe von 4271 Meter haben; denn die Gränze des ewigen Schnees läßt sich unter 31° bis 32° Breite in eine Höhe von 3550 Meter über dem Spiegel des Meeres setzen. Die Frage liegt sehr nahe, ob nicht hinter der Kette des Himalaya noch eine höhere Gebirgskette stehe? Seit der interessanten Reise des Hrn. Moorcroft ist uns das Profil dieser Cordillieren besser bekannt, als es uns die Karten bisher kennen gelehrt hatten. Dieser muthige Reisende hat den Himalaya überstiegen, indem er von Cossipoor durch die Provinz Kumaon nach Gurwalko ging. Nachdem er 28 Tage lang in Bergschluchten und über Schneeberge aufwärts gestiegen war, kam er auf das Plateau von Netee. Von dieser ersten Bergebene stieg er noch 5 Tage lang, quer durch die Centralkette des Himalaya, zu dem großen Plateau hinauf, auf welchem die Stadt Dleapa liegt; und hier fand er, als er den nördlichen Abhang herabstieg, der nach Dleapa führt, den Yak (Bos grunniens) und die Schawl-Ziege, deren Haar die Latak'schen Tataren nach Kaschmir verkaufen. In dieser Stadt, welche nach den HH. Elphinstone und Strachey 200000 Einwohner hat, verfertigt man jährlich 80000 Schawls; die beste Schawlwolle soll die von Rodauk seyn, und der Turruk (12 Pfund) solcher Wolle in Kaschmir 10 bis 20 Rupien kosten . Der Bericht William Moorcroft's, Esq., von dieser seiner "Reise nach dem See Manaharovara in Un-des, einer Provinz von Klein-Thibet" [aus welchem nach den fabelhaften Sagen der Hindus der Ganges entspringen soll,] findet sich in demselben Bande der Schriften der Gelehrten Gesellschaft zu Kalkutta, aus welchem die vorstehenden Nachrichten von der Höhe des Himalaya-Gebirges entlehnt sind. G. Im J. 1715 haben die beiden Missionarien P. Desideri und P. Freyere die Reise von Kaschmir über den Berg Kantel nach Ladak gemacht, wo sie sich beinahe 2 Monate, (vom 25. Juni bis 17. August) aufhielten. "Groß Thibet, berichten sie, fängt auf der Höhe eines schrecklichen, ganz mit Schnee bedeckten Berges an, den man Kantel nennt. Die eine Seite desselben gehört zu Kaschmir, die andere zu Thibet. Wir waren von der Hauptstadt Kaschmir am 17. Mai abgereist, und am 30. betraten wir Thibet, auf diesem Berge selbst, über frisch gefallenen Schnee. Bis Leh oder Ladak, die Veste, in welcher der König wohnt, geht der Weg zwischen Bergen, die ein Bildniß der Traurigkeit, des Schreckens und des Todes selbst sind. Einer steht über dem andern und sie sind einander so nahe, daß sie nur von Bergströmen mit betäubenden Wasserstürzen getrennt werden. Der Weg geht an den steilen Abhängen und ist so eng, daß man kaum Platz genug hat, den Fuß zu setzen; beim kleinsten Fehltritt rollt man in den Abgrund herab, und dabei brachen einige unserer Gefährten Arme oder Beine. Die Berge sind ganz nackt, ohne Strauch und ohne einen Grashalm, an die man sich halten könnte. Um von einem Berg zu einem andern zu kommen, muß man über reißende Bergströme auf einigen schmalen und schwebenden Brettern, oder über einige Stricke, zwischen welchen frische Zweige gewunden sind, gehen. Das Klima ist äußerst rauh, und fast das ganze Jahr über herrscht Winter. Zu allen Zeiten sind die Gipfel der Berge mit Schnee bedeckt. (Lettres edif. t. 12. p. 440.)" Diese Beschreibung stimmt genau mit dem Bilde überein, welches die brittischen Reisenden von den Wegen und den Gebirgen vor Gangotri und um Bahdri-Nath entwarfen. Nach der erdichteten Karte der Lama's, welche wir durch die Jesuiten in China und D'Anville erhalten haben, soll Ladak an dem Ganges liegen, der dann den Himalaya in unterirdischem Laufe durchbreche; davon sagen aber die beiden Missionarien kein Wort. Gilb. Die Gebirgskette der Andes in dem neuen Continent ist durch die außerordentliche Länge ausgezeichnet, in welcher sie sich ununterbrochen hinzieht, und die von Nord nach Süd 120 Breitengrade beträgt. Ihre Breite, das heißt ihre Ausdehnung in Richtungen senkrecht auf ihre Längenaxe, beträgt im Allgemeinen kaum 2 bis 3, und nur selten 4 bis 5 Grade. Die Breite einer Gebirgskette darf man jedoch nicht da messen, wo ein Seitenast aus ihr abgeht, wie das mit den Andes in Peru unweit Oruro und Potosi der Fall ist, von wo sich die Schneegebirge von Santa-Cruz, von la Sierra, und von Chiquitos nach Osten ziehen, und sich den Gebirgen Brasiliens nähern. Nahe bei Caxamarca, in 7° südl. Breite, wo ich zum vierten Male, nämlich auf der Reise von den Ebenen des Amazonenstroms nach den Ufern des stillen Meers, über die Andes kam, habe ich die Gebirgskette nur 23 Lieues breit gefunden, 20 auf den Grad gerechnet . Das Plateau von Los Pastos, (die ausgedehnteste und am höchsten liegende unter den Bergebenen, die ich in Südamerika gesehen habe,) welches gleich den Mexikanischen Plateau's, von dem Rücken der Andes selbst gebildet wird, und da, wo sich zwischen der Stadt Pasto und dem Paramo del Boliche die großen Vulkane von Cumbal und von Chiles über demselben erheben, auf einer Ausdehnung von 85 Quadrat-Lieues (zwischen 0° 40' und 1° 10' nördlicher Breite) noch beinahe 3000 Meter Höhe über der Meeresfläche behält, und außerordentlich kalt ist, -- hat nur eine Breite von 22 Lieues , und zwar in der Richtung vonSO. nach NW., da die Gebirgskette (Cordilliere) unter diesem Parallelkreise eine Richtung von SSW. nach NNO. hat. Diese Berggruppe von Los Pastos läßt sich in geognostischer Hinsicht für einen Knoten der Gebirgskette nehmen. Von diesem Knoten ab theilen sich die Andes südlich, im Königreich Quito, in zwei, und nördlich, zwischen Popayan und Santa-Fe de Bogota, in drei einander parallele Bergketten. Dieser Verästelung, und den beiden zwischen den drei nördlichen Ketten liegenden Längenthälern, (welche das eine 370, das andere 950 Meter über der Meeresfläche erhaben sind,) ist es zuzuschreiben, daß hier die Andes eine Breite von 5° oder 100 Lieues haben, nach der Richtung einer geraden Linie, welche durch das Paramo von Chingasa, die Provinz Antioquia, und das Choco geht . Die Mexikanischen Cordillieren (la Sierra Madre) haben eine gleiche Breite unter dem Parallelkreise von Durango. Diese Schätzung beruht auf Längenbestimmungen mittelst des Chronometers, welche wir gegeben haben, die Länge von Tomependa 80° 56', von Guayaquil 82° 18' und von Truxillo 81° 23', während der Paß über die Cordillieren zwischen Querocotillo und Cascas liegt. Die Ebenen des Amazonenflusses, welche den östlichen Fuß der Andes bilden, haben nach meinen Barometermessungen noch eine senkrechte Höhe von 350 bis 400 Meter über dem Spiegel des Oceans; und doch sind es wahre Ebenen, in welchen man nur hier und da kleine einzeln stehende Hügel von Alpenkalkstein findet. Sie haben einen nicht zu merkenden Abhang nach dem Pongo von Manseriche. v. H. Die große centrale Gebirgskette Europa's ist um [Formel] breiter, wenn man ihre Breite in Graubünden in der Richtung vonSO. nach NW., und in Tyrol in der Richtung von S. nach N. nimmt. v. H. Da das Gebilde der Andes in 4° bis 6° nördl. Breite noch sehr wenig bekannt ist, so muß ich bemerken, daß die östliche Kette, das ist die, welche die Ebenen des Meta von dem Thale des Magdalenenflusses trennt, gebildet wird von den Paramos von Suma-Paz, von Chingasa und von Chita. Die mittlere Kette liegt zwischen den Thälern des Magdalenenflusses und des Cauca, und schließt in sich die Schneegebirge (Nevados) von Quindio (die 5613 Meter Höhe haben), von Erve und von Ruiz. Die westliche Kette, an welche das Thal des Cauca und die Küsten der Südsee gränzen, schließt die Bergkette des Choco und die Berge von Avidi in sich, und hat von allen die geringste Höhe. Auf ihrem westlichen Abhange, in einem nur wenig ausgedehnten Landstrich, (im Partido de Barbacoa und im Choco, zwischen Quibdo und Novita,) findet sich allein Platin, im ganzen spanischen Amerika. Herr Caldar hat durch Barometermessungen gefunden, daß es im Choco eine Zone Gold- und Platinführenden Erdreichs giebt, deren unterste Gränze in 80 bis 100, und deren obere Gränze in 800 Meter Höhe über dem Meere liegt, und daß diese Zone aufgeschwemmten Landes (zone de terrain de rapport) am Goldreichsten ist zwischen 1° 30' und 6° nördlicher Breite. Von 1° 30' nördl. Breite nach dem Aequator zu nimmt ihr Reichthum allmählig immer mehr ab. Dieses merkwürdige örtliche Verhalten, kann vielleicht einiges Licht über den Ursprung des angeschwemmten Platinhaltenden Erdreichs verbreiten. v. H. Dem ersten Anblick nach scheinen die Gebirge in dem centralen Theile Asiens ein einziges ungeheures Massen-Gebirge (un Massif immense) zu bilden, dessen Oberfläche Neuholland an Ausdehnung nicht nachsteht, indem man von Daurien bis zum Berlour-tagh, von Ost nach West, 47 Längengrade, und vom Altai bis zum Himalaya, von Nord nach Süd, 20 Breitengrade hat . Dieses Massen-Gebirg ist es, was man auf eine sehr schwankende Weise das Plateau der Tartarei zu nennen pflegt, obschon es, besonders am westlichen Ende, von sehr ungleicher Höhe seyn muß, wie sich aus dem schließen läßt, was wir von den Producten und dem Klima der Songarey, der kleinen Bucharey, des Turfan und des durch seine Weintrauben berühmten Hami (Chamul, Chamil) wissen. Höchst wahrscheinlich besteht dieses sogenannte Plateau keineswegs aus einer zusammenhängenden Gebirgsmasse, sondern hat in mehr als einem Drittel seiner Ausdehnung nur eine geringe Höhe über dem Spiegel des Meers. Oder vielmehr eine Breite, östlich von 55° bis 28°, und westlich von 50° bis 34° nördl. Breite. v. H. Seit dem wir durch die schätzbaren Arbeiten und Messungen der Herren Crawford, Macartney, Colebrook und Webb die außerordentliche Höhe des Himalaya mit Gewißheit kennen gelernt haben, wird die Frage doppelt interessant, ob es nicht nördlich von dem Himalaya andere noch höhere Gebirgsketten gebe? Denn keine Analogie nöthigt uns anzunehmen, daß von mehreren Gebirgsketten, welche einander parallel laufen, die innern höher als die äußern seyen. So weit sich nach der äußerst unvollkommenen Kenntniß, welche wir bis jetzt von dieser ungeheuren Gebirgsgruppe haben, urtheilen läßt, besteht sie aus drei oder vier verschiedenen Reihen, die einander zum Theil parallel sind, und die im Ganzen ungefähr von Ost nach West laufen. Sie sind folgende: Erstens. Die Kette des Himalaya. Sie führt westlich vom Indus den Namen Hindu-Kusch, scheint dort zwischen Herat (Heraut) und Muschid an die Gebirge des Khorasan zu stoßen , und hängt wahrscheinlich durch die Kette des Elburz (zwischen Teheran und dem Kaspischen Meere) , mit dem Ararat, dem Kaukasus, dem Taurus und den Gebirgsketten Klein-Asiens zusammen. Das Land Kaschmir bildet ein Plateau am südlichen Fuße des Himalaya, auf ähnliche Art, wie in Südamerika die Ebenen von Bogota ein 2650 Meter über der Meeresfläche erhabenes Plateau am Fuße des Chiagasa. Dieses Gebirge befindet sich unter einer nördlichen Breite von 28° bis 34°. Siehe Macdonal Kinneir , geographical Memoir on Persia p. 171. v. H. Die höchste Bergspitze des Elburz ist der Pic von Demavund in NNO. von Teheran. v. H. Zweitens. Die Kette des Mustag (Mouz-tagh), heißt auf Türkisch Eis-Berge), oder das Gebirge Karakurrum, der Sioue-chan oder Tienchan der Chinesen . In Turkistan scheint das Gebirge Parmer eine Fortsetzung des Mustag nach Sogdiana (Samarkand und Bokhara), der Heimath alter Civilisation, zu bilden. Es ist unbekannt, ob der Mustag, welcher nördlich von Ladac, nach dem Gebirge Kentaisse zu, eine östliche Richtung annimmt, bis zu dem Meridian von Lassa fortgeht, oder nicht. Breite 38 bis 39°. Deguignes Hist. des Huns, t. 1. p. 2. p. 12. v. H. Drittens. Die Berge von Alak, von Argdjun und von Bogdo, welche sich durch den Bogdo mit der folgenden Gebirgskette vereinigen, und von denen Aeste nachSO. abgehen. Ob wohl der Changai, der Ungan-tagh und der Mussart eine Fortsetzung dieser Kette sind? Alle diese Gebirge sind sehr wenig bekannt; sie sind das Himmelsgebirge (montagne celeste) der Chinesen, und der Tengritagh der Hiongnu. Breite 44°. Viertens. Die Kette des Altai und des Chatai (Kutt), deren westliches Ende der Ulughtagh ist; Breite 48 bis 54°. Nach Laxmann hat der kleine Altai eine Höhe von 2130 Meter. Bogdo-Oola bedeutet auf Mongolisch la montagne auguste. v. H. Diese drei oder vier Hauptketten stoßen nach Westen zu, in 70° östl. Länge, an einen Querwall, welcher von Norden nach Süden läuft, und an dem sie sich zum Theil endigen. Dieser Querwall ist der Belurtagh (Belur-tagh heißt auf Uigurisch Berge von Wolken eingehüllt ); durch seine Richtung erinnert er an das große Knie, welches die Alpen vom Mont-Blanc ab bis an die Küsten- Alpen machen. Herr Elphinstone hält die Berge Solimaun, die sich südlich vom Hindu-Kusch hinziehen, für eine Verlängerung des Belurtagh. Vielleicht bildet der Mussart einen andern Querwall zwischen dem Mustagh und dem Bogdo. Der nördliche Theil des Belurtagh führt die Namen des Iimblai und des Kiziktagh. Nach Pinkerton soll Belurtagh, Berg von Krystall, bedeuten. v. H. Die zwischen diesen drei oder vier Hauptketten liegenden Bergebenen (Plateaux) oder Thäler, welche wie die Ketten, von Ost nach West laufen, sind folgende: 1. Zwischen dem Himalaya und dem Mustagh befindet sich das Plateau von Thibet (Klein-Thibet, Ladac oder Ladauk, Groß-Thibet). Zieht sich der Mustagh nicht in Osten bis an den Meridian von Lassa, wie das mehrere Erdbeschreiber glauben, so könnte das Plateau von Groß-Thibet sehr wohl mit dem Plateau der Mongolei zusammenhängen. Ich finde, daß nach den Thermometer-Beobachtungen des Herrn Turner, die mittlere Temperatur des Monats Oktober zu Tissulumbo (29° nördl. Breite) ungefähr 5°,7 C. betragen habe. Da nun in dieser Breite die jährliche mittlere Temperatur der Ebenen 21° ist, und im Hospiz des St. Gotthard die mittlere Temperatur des Oktobers ein wenig niedriger als die mittlere Temperatur des ganzen Jahres ist, so läßt sich, dem Gesetze entsprechend, nach welchem die Wärme mit zunehmender Höhe abnimmt, annehmen, daß das Plateau von Groß-Thibet an Höhe über dem Spiegel des Meeres dem Plateau der Provinz Los Pastos in den Andes nicht nachstehe. 2. Zwischen dem Mustagh und dem Bogdo liegt das Plateau der Mongolei, (die kleine Bucharei mit den Städten Coten und Hyarkan oder Yarkand, das Land Caschgar, über dessen Lage der Major Rennel gelehrte Forschungen angestellt hat; das Land Tangut, das Land Turfan und die mongolische Wüste von Schamo oder Gobi.) Man glaubt gewöhnlich, die Wüste von Schamo sey das höchste Plateau unserer Erde; eine Ebene indeß, die unter 42 bis 44° Breite liegt und nicht Jahr aus Jahr ein mit Schnee bedeckt ist, kann keine größere Höhe über dem Meere haben, als das Thal von Quito in der neuen Welt . In der Wüste Schamo findet man nicht nur Gräser, sondern auch einzeln stehendes Strauchwerk. Der höchste Punkt derselben liegt, (nach Herrn Barrow) zwischen den Quellen des Selinga, des Amur und des gelben Flusses. Der ganze große Landstrich zwischen dem Mustagh und dem Bogdo kann unmöglich ein einziges zusammenhängendes Plateau ausmachen; vielmehr giebt es hier viele Thäler, welche nicht über 600 bis 800 Meter Höhe über dem Meere haben. Denn man bauet in der kleinen Bucharei bei Yarkand und Coten, unter denselben Breiten, in welchen Murcia und Valencia liegen, Wein, und vielleicht selbst Baumwolle, wie aus Marco Polo's Nachrichten hervorzugehen scheint. Die Höhe dieses auf den Cordillieren liegenden Plateau über dem Meere beträgt 2900 Meter. Die große Ebene des Antisana in den Andes von Quito hat eine Höhe von 4101 Meter über dem Meere. Ueber die Höhe der Schneegränze zwischen 37 [Formel] ° und 42 [Formel] ° Breite, auf dem Aetna, im Kaukasus, und in den Pyrenäen, sehe man nach meine Prolegomena de distributione geogr. plantarum, p. 124. v. H. 3. Zwischen dem Bogdo und der Kette des Altai befinden sich die Steppen der Songarey. Da der Bogdo sich nach NNO. wendet und unter 98° östl. Länge, westlich von Irkutzk, mit dem Altai vereinigt, so ist die Songarey von den hohen Ebenen der Gobi wie durch einen Querwall getrennt. Geht man die Beschreibungen durch, die wir seit Strahlenberg und Pallas von den wenig bekannten Gegenden zwischen dem Altai und dem Himalaya erhalten haben, so zeigt sich, daß man an die Stelle der alten Vorstellung von einem Central-Stock oder Knoten (noeud central) von welchem Bergreihen, wie Strahlen, nach allen Richtungen ausgehen sollten, die Vorstellung von einander beinahe parallelen Bergketten (chainons) gesetzt hat. Mustagh, Mussart, Belurtagh, Bogdo, Ulugtagh sind eigentlich nur Namen einzelner Berggipfel, welche man auf ganze Ketten übertragen hat. Sie erinnern durch ihre Bedeutung in den Sprachen der Tartarei an die unbestimmten Namen Sierra Nevada, Sierra Nublada, Sierra Grande, die in dem spanischen Amerika so gewöhnlich sind. Die Plateaux des mittleren Asiens scheinen großentheils weder hochliegende Längenthäler, die von zwei Bergreihen eingeschlossen sind, zu seyn, wie die Thäler von Quito und Quenca, noch kreisförmige geschlossene Becken, wie die von Bogota und von Caxamarca, sondern ungeheure Ebenen, welche von dem Rücken der Cordillieren selbst gebildet werden, gleich dem Plateau Neu-Spaniens. Man darf sich daher über die wenige Regelmäßigkeit nicht wundern, welche sich in der Lage der Berggipfel zeigt, die auf den hochliegenden Ebenen stehen. Die Cordillieren Mexiko's haben eine Richtung von SSO. nach NNW., die Berge aber, welche wie Gruppen von Inseln mitten auf dem Central-Plateau stehen, und bis zu Höhen von 4500 Meter ansteigen, zeigen ganz andere Richtungen. Wo die Pics der Andes aus Basalt, aus Dolerit oder aus Trapp-Porphyr (Trachyt) bestehen, findet man sie oft in gerader Linie neben einander, so daß man glauben sollte, sie wären aus breiten Spalten, die quer durch das Plateau gingen, herausgekommen oder herauf gehoben worden, und in der Lage der höchsten Gipfel läßt sich die allgemeine Richtung der Cordilliere schwerlich erkennen. Diesen Anblick haben die Andes, der Mustagh Amerika's, überall, wo ihre Breite sehr groß ist. Genau genommen darf man die Höhe einer Bergkette nicht blos nach der Höhe der höchsten Bergspitzen derselben beurtheilen. Ein Pic des Himalaya übertrifft an Höhe den Chimborazo um 1300 Meter, der Chimborazo den Mont-Blanc um 1700 Meter, und der Mont-Blanc den Mont-Perdu um 1300 Meter. Diese Unterschiede geben uns aber nicht das Verhältniß der mittlern Höhe der Bergketten selbst, das will sagen, die Höhe der Bergrücken, über welche die Pics, die Aiguilles, die Pyramiden und die abgerundeten Gipfel (domes) ansteigen. Die Theile der Gebirgsrücken, welche die Pässe (passages) über die Andes, die Alpen und die Pyrenäen bilden, geben uns ein sehr genaues Maaß des Minimum der Höhe, welche diese Bergketten erreichen. Eine Vergleichung aller meiner Messungen mit denen Saussure's und Ramond's läßt mich die mittlere Höhe des Rückens der Andes in Peru und Quito und in Neu-Granada auf 3600 Meter, und die der Rücken der Alpen und der Pyrenäen auf 2300 Meter schätzen. Es ist also der Unterschied der mittlern Höhen der Cordillieren der Andes und der Alpen um 500 Meter geringer, als der Höhenunterschied ihrer höchsten Bergspitzen. Es würde belehrend seyn, wenn wir die mittlere Höhe der Kette des Himalaya zwischen den Meridianen von Patna und von Lahore in dieser Bedeutung kennten. Je mehr wir der Beobachtungen aus verschiedenen Erdstrichen erhalten, zu desto richtigeren Vorstellungen werden wir über die Structur und die Configuration der Gebirge gelangen. Für den Geognosten, den das Studium der Formationen beschäftigt, und der die Natur im Großen zu sehen gewohnt ist, hat die absolute Höhe der Berge keine besondere Wichtigkeit, und es überrascht ihn nicht, wenn es sich findet, daß der Himalaya die Andes fast um eben so viel, als diese die Alpen der Schweiz an Höhe übertreffen. Die untere Gränze des ewigen Schnees findet sich in den Andes unweit des Aequators in einer Höhe von 4800 Meter über dem Spiegel des Meers; in dem Himalaya unter 30° nördl. Breite, steigt sie wahrscheinlich bis zur Höhe von 3700 Meter über dem Meere herab. Die Vegetation verbreitet sich daher in der Neuen-Welt höher hinauf als in den Cordillieren Hindostans. Da in den gemäßigten Zonen der Schnee im Winter friert und erhärtet indeß er in den Andes von Quito stets locker bleibt, so läßt sich wahrscheinlich auf den Schneedecken des Himalaya gehen und über die Gebirgsrücken hinwegkommen, ohne daß man gezwungen ist, (wie es Bonpland und ich in der Kette der Andes waren,) bald einem, bald dem andern schmalen Felsengrathe zu folgen, die von weitem sich wie schwarze Striche zeigen, mitten in dem ewigen Schnee. Solche mühselige Wanderungen pflegen zwar das Interesse des Publikums zu erregen, jedoch nur zu wenig Resultaten, welche die Wissenschaft weiter bringen, zu führen; denn dem Reisenden wird auf ihnen der Anblick des Bodens durch die Eisdecke entzogen, die Mischung der ihn hier umgebenden Luft, ist von der Luft in den Ebenen nicht verschieden, und die Umstände erlauben es ihm nicht, feine Versuche mit der erforderlichen Genauigkeit anzustellen . Man vergleiche meine Vues des Cordillieres et Monumens ameriques etc., t. 1. p. 286. v. H.