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Alexander von Humboldt: „Ueber die Höhe von Bergen von Hindostan (Nach d. Franz. frei bearbeitet und mit Zusätzen von Gilbert)“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1816-Sur_l_Elevation-2> [abgerufen am 20.04.2024].

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Titel Ueber die Höhe von Bergen von Hindostan (Nach d. Franz. frei bearbeitet und mit Zusätzen von Gilbert)
Jahr 1817
Ort Leipzig
Nachweis
in: Annalen der Physik 26:1 (1817), S. 1–41.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Antiqua (mit lang-s); Auszeichnung: Kursivierung, Sperrung; Fußnoten mit Asterisken und Kreuzen; Schmuck: Initialen.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: III.32
Dateiname: 1816-Sur_l_Elevation-2
Statistiken
Seitenanzahl: 41
Zeichenanzahl: 60625

Weitere Fassungen
Sur l’Elévation des montagnes de l’Inde (Paris, 1816, Französisch)
Ueber die Höhe von Bergen von Hindostan (Nach d. Franz. frei bearbeitet und mit Zusätzen von Gilbert) (Leipzig, 1817, Deutsch)
Extrait d’un Mémoire de M. Humboldt, inséré dans les Annales de Chimie et de Physique, tome III (Paris, 1818, Französisch)
Inde (Élévation des montagnes de l’) (Paris, 1823, Französisch)
|[1]|

Ueber die Höhe von Bergen in Hindoſtan, von Alexander Freiherrn von Humboldt. (Nach d. Franz. frei bearbeitet und mit Zuſätzen von Gilbert.)


1. Nachrichten von den Meſſungen. Die Höhen von Bergen, deren Gipfel nicht zu er-ſteigen ſind, mit Genauigkeit zu meſſen, hat vielSchwieriges, weil die Gegenden in der Nähe um ſieher ſelbſt ſchon bedeutend hoch über dem Meereliegen. Denn in der Regel ſind die Plateaus, aufwelchen ſich die Bergketten erheben, zu weit vonden Küſten entfernt, als daß ſich ihre Höhe überdem Spiegel des Meers durch Beobachtung der De-preſſions-Winkel oder durch geometriſches Nivel- |[2]| liren beſtimmen ließe, daher die Meſſung faſt jedeshohen Berges, zum Theil eine barometriſche, zumTheil eine trigonometriſche iſt. Ganz in der Näheder zu meſſenden Berggipfel, iſt zwar der nachthei-lige Einfluß der Strahlenbrechung weniger zu be-fürchten, als in größern Entfernungen, da die Hö-hen-Winkel dann größer ſind; ſehr ſelten eignetſich aber dort der Boden zum Meſſen einer Grund-linie. Die Höhe des Standpunkts über dem Meerekann in dieſem Falle leicht ein Drittel oder ſelbſtdie Hälfte der ganzen Berghöhe betragen. Aufdem Plateau von Tapia in Südamerika, welcheszum Meſſen der Höhe des Chimborazo ganz beſon-ders günſtig liegt, erſcheint ſo zum Beiſpiel dieSpitze dieſes Bergs nur noch unter einem Höhen-Winkel von 6° 40′, und doch beträgt die Höhe die-ſes Plateau über der Südſee 2890 Meter; vom Chim-borazo iſt es 30437 Meter, oder 16′ 27″ im Bogenentfernt. Hätte ich meine Grundlinie am Fuße desChimborazo, in den durch ihren vulkaniſchen Säu-len-Porphyr berühmten Ebenen von Sisgun ge-meſſen, ſo würde die Grundlinie über dem Meere eineHöhe von 3900 Meter, der durch geometriſche Mittelbeſtimmte Theil des Bergs aber nur 2630 Meter Höhegehabt haben. Da es nun ſehr viel ſchwieriger iſt,Barometer mit ſich herum zu tragen, als Winkel-meſſer, ſo pflegen ſich Reiſende entweder damit zubegnügen, blos die Höhe der Berggipfel über einPlateau trigonometriſch zu meſſen, ohne von derHöhe dieſes Plateau über dem Meere etwas zu ſagen, |[3]| oder damit eine trigonometriſche Meſſung in der Nä-he der Meeresküſten zu verbinden, alſo aus Ent-fernungen, in welchen das veränderliche Spielder irdiſchen Strahlenbrechung bedeutende Fehlerin dem Reſultate hervorbringen kann. An dieſen und ähnlichen Schwierigkeiten lag es,daß uns bisher eine genaue Kenntniß von der Höheder größten Berge Hindoſtan’s fehlte: das iſt derer,welche in der ungeheuern Gebirgskette ſtehn, die ſichunter den Namen Hindu-Kuſch *) und Himâlaya **) von Herat und Kabul im Weſten des Indus, bisüber den Buramputer hinaus zieht. Den öſtlichen
*) Hindu-Kuſch, [oder wie die Engländer ihn ſchreiben, Hindoo-Cooſh] oder Hindo-Kho (Hindo-Kouh, ſchwar-zer Berg, auf perſiſch) liegt weſtlich vom Indus in 34° 35′bis 35° nördl. Breite: er iſt der Indiſche Kaukaſus der Al-ten. Von einem einzelnen Pic im Meridian von Kabul iſtdieſer Name auf die ganze Gebirgskette übertragen worden.Weſtlich nach Herat zu (im Paropamiſus) wird das Gebirgeniedriger. Da nach dem Berichte des Lieutenant Macartney [der bei der engliſchen Geſandtſchaft Elphinſtone’s nachKabul war] der Hindu-Kuſch die Gränze des ewigen Schneeweſtlich von 66° Länge nicht mehr erreicht, ſo kann dieſesweſtliche Ende des Gebirgs keine größere Höhe als höchſtensvon 3250 Meter haben. v. H. **) Hemâlleh, Himäleh, Hemmalech (der Imaus der Alten);der wahre Name iſt Himalaya, Aufenthalt des Schnees, da im Sanſcrit hima Reif oder Schnee (himarat ſchneeig,Schnee-beſitzend) und alaya Wohnung, Aufenthalt be-deuten. v. H.
|[4]| Theil dieſes Himâlaya ſieht man von den Ebenenvon Bengalen aus, in einem Abſtande von 150 engl.Meilen; er muß alſo wenigſtens eine Höhe von2020 Toiſen über dieſen Ebenen haben *).
Der Oberſt Crawford ſchätzte die Höhe ei-nes ſehr hohen Pics in der Kette des Himalaya, denman von Patna **) aus erkennt, auf 20000 engl.Fuß über den Ebenen von Nepaul; und dieſen Ebe-nen giebt er eine Höhe von 5000 Fuß über dem Mee-re; die Gründe aber, auf denen dieſe erſte Meſſungeines Berges in dem Gränzgebirge Indiens beruht,
*) Herr Elphinſtone glaubt, der Himalaya müſſe bisauf 250 engl. Meilen Abſtand ſichtbar ſeyn (Voyage to Cau-bul p. 95.); dieſes würde aber, wenn man ihn vom Mee-re aus ſähe, die ungeheure Höhe von 10900 Meter über demNiveau des Meeres vorausſetzen. Sieht man von der Strah-lenbrechung ab, ſo kann der Pic auf Teneriffa bei einerHöhe von 1904 Toiſen aus einem Abſtande im Bogen einesgrößten Kreiſes von 1° 57′ 22″, der Montblanc bei einerHöhe von 2440 Toiſen aus einem Abſtande von 2° 13′ 0″,und der Chimborazo bei einer Höhe von 3350 Toiſen auseinem Abſtande von 2° 35′ 30″ geſehen werden. Durch diemittlere Strahlenbrechung von 0,08 wird dieſer Abſtand beimChimborazo nur um 14 engl. Meilen (Milles) vergrößert.Das auffallendſte Beiſpiel von Sichtbarkeit eines Berges ausder Ferne, welches man bis jetzt kennt, giebt der Picder Sandwich-Inſeln, der den Namen Mowna-Roa führt,und den der Kapitän Marchand verſichert aus einer Ent-fernung von 53 Lieues (2° 33′) geſehen zu haben. v. H. **) Der Hauptſtadt Bahars am Ganges. Gilb .
|[5]| ſind in England nicht bekannt geworden *).Nicht mit Unrecht vermuthete man ſchon ſeit lan-gen Zeiten, daß die Gebirge Hindoſtan’s dieCordillieren von Quito an Höhe gleich kommenoder ſie noch übertreffen.
Hr. Elphinſtone erzählt in ſeinem wichtigenWerke über das Reich Kandahar oder Kabul, derLieutenant Macartney habe mehrere Berggipfeldes Hindu-Kuſch in der Provinz Caufriſtaun 20493engliſche Fuß hoch gefunden. Aber über welchesThal, über welches Plateau? Wäre das über denEbenen um Peſhawer zu verſtehen, wo das Ther-mometer (wahrſcheinlich im Sonnenſchein, oderin Lagen, wo die Sonnenſtrahlen darauf zurückge-worfen werden) auf 112° F. oder 44° C. ſteht, ſodürfte zu dieſer Höhe wenig hinzuzuſetzen ſeyn,um die Höhe des von Herrn Macartney gemeſſe-nen Pics über der Meeresfläche zu haben **). „Ich
*) Dieſe Angaben ſcheinen Näherungen zu ſeyn, die ſich ver-muthlich auf einen gemeſſenen Höhen-Winkel und eine ge-ſchätze Entfernung gründen. In einigen Werken findet mandie 25000 engliſche Fuß auf Toiſen gebracht, wodurch die-ſe Schätzung in runden Zahlen das Anſehen eines Reſultatsgenauer Meſſungen erhielt. v. H. [Weiterhin wird man die Gründe dieſer Angaben finden, dieallerdings auf genauen Meſſungen beruhen. G.]**) Zu Kairo iſt die mittlere Temperatur des Monats Auguſt, nachſehr guten Beobachtungen Nonet’s, im Schatten, außer-halb dem Reflex der Mauern, 29°, 9 C. — Beauchamp fand
|[6]| habe, ſagt dieſer Officier, die Entfernung mehrererſehr hoher Berghörner (Pics) durch ſich durchkreu-zende Meſſungen (by croſs bearings) †) beſtimmt,und den Höhen Winkel, unter welchem ſie in ei-nem Abſtande von 100 engl. Meilen erſchienen, miteinem Theodoliten 1° 30′ gefunden; dieſes gibt fürſie ſenkrechte Höhen von 20493 engl. Fußen. Dochläßt ſich in eine Meſſung, die aus einer ſo großen Ent-fernung und mit ſo kleinen Winkeln gemacht iſt,kein großes Zutrauen ſetzen. Mein Inſtrument warindeß ſo gut adjuſtirt, daß die Breite, welche ichdurch Beobachtungen mit dem Theodolite fand, bisauf zwei Minuten mit der zuſammenſtimmte, dieder Sextant gegeben hatte. Die Entfernungwurde aus einer Grundlinie von 45 engl. Meilengeſchloſſen.“
Es war ſehr zu wünſchen, daß die Höhen der
in Bagdad die mittlere Temperatur im Mai 34°,4 ſeinThermometer ſtand aber, wenn auch im Schatten, dochin der Strahlung einer zu nahen Mauer. — In Egyp-ten hat man bei Ombos, im Thale der Gräber der Köni-ge, und bei Edfou das Thermometer im Schatten auf 45°dauernd ſtehen ſehen. Ich glaube in den dürren Steppenvon Calabozo bemerkt zu haben, daß der in der Luftſchwebende Sand großen Antheil an der dort ſehr hohenTemperatur der Atmoſphäre hat. v. H. †) Das heißt wahrſcheinlich, durch Winkelmeſſung von ver-ſchiedenen Standpunkten aus, von denen zwei ihrer Entfer-nung nach bekannt oder gemeſſen waren. Gilb.
|[7]| Berge Hindoſtan’s endlich durch unmittelbare undgenaue Meſſungen beſtimmt würden; und dieſesſcheint vor Kurzem wirklich geſchehen zu ſeyn.Herr Webb, Lieutenant im Bengaliſchen Infante-riecorps, derſelbe, dem wir eine genauere Kennt-niß vom Laufe des Ganges verdanken *), erhielt von
*) Im Jahr 1807 hatte der Oberſt-Lieutenant Colebroo-ke, der an der Spitze der Land-Vermeſſungen ſtand (Sur-veyor general) und ſich damals mit Vermeſſung des neu-erworbenen Rohilkhands beſchäftigte, ermuntert von demPräſidenten der Gelehrten Geſellſchaft zu Kalkutta, H.M. Colebrooke Esq., dem General-Gouverneureinen Plan zur Unterſuchung des noch unerforſchten undſehr zweifelhaften Laufs des Ganges in den nördlichſten Ge-birgsprovinzen, zur Aufſuchung der Quellen des Gangesund des Jumna vorgelegt, und war von der Regierung mitdieſem Unternehmen beauftragt worden. Die Krankheit, anwelcher er ſpäterhin ſtarb, machte ihm die Ausführung un-möglich. Er ſchlug daher den Lieutenant Webb, der un-ter ihm vermaß (Surveyor) zur Ausführung des Unterneh-mens vor, und dieſer erhielt zugleich die Inſtruction, diegeographiſche Lage der Städte, Oerter und ausgezeichnetſtenBerggipfel, zu welchen ſie gelangen würden, zu beſtimmen,die Höhe dieſer Berggipfel mit einem Theodolite zu meſ-ſen, das Profil derſelben zu zeichnen, und von dem Landemöglichſt viel aufzunehmen. Es begleiteten ihn der Kapi-tän Raper, welcher den intereſſanten Bericht ſchrieb, derim 11. Bande der Aſiatic reſearches p. 446—563 abgedrucktiſt, (Narrative of a ſurvey for the purpoſe of discoveringthe ſource of the Ganges) und der Kapitän Hearſay, dervormals in den Dienſten Madhaji Sendhiah’s geſtanden hatte.
|[8]| der Regierung zu Kalkutta, nach dem mit dem Rajavon Nepaul geſchloſſenen Frieden, den Auftrag,eine Karte von der [in dieſem Frieden neuerlang-
Der Reiſebericht fängt an in Haridwar (29° 57′ 9″ Breiteund 78° 8′ 30″ Länge von Greenw.), wo der Ganges ausden Bergländern in die ebenen Gegenden Hindoſtans tritt,und wo damals die Beſitzungen der Engländer ſich endigtenund die des Raja von Gurk’ha anfingen, der ſich Nepaul,Sirinagar und das ganze nördliche Gebirgsland bis an dasPanjab unterworfen hatte. (Nachdem die Gurk’has Kumaon (Al-mora) mit dem was davon abhing, erobert hatten, griffen ſie denRaja von Sirinagar an, der eine Armee von 20000 Mann un-terhielt; ein Einbruch der chineſiſchen Tatarn in Nepaulrettete dieſen zwar, aber im J. 1803 verlor er in einemGefecht mit ihnen das Leben, und Sirinagar mit ſeinen84 Diſtrikten (Perganahs) gehörte ſeitdem zum Reiche derGurkhali, deren 12000 Mann ſtarke Armee nun weiter weſt-lich zog, um ſich das ganze Gebirgsland bis Kaſchmir zuunterwerfen. Der Raja von Cangra in Panjab (20 Cos weſtl.vom Beyah) leiſtete ihnen aber in ſeiner dem Königsſteinähnlichen Bergfeſte mehrere Jahre lang unüberwindlichenWiderſtand, und rief endlich die Sikhs zu Hülfe, durch wel-che ſie zurückgetrieben wurden.)Die Reiſegeſellſchaft traf ein am 1. April 1808 in Haridwar, zur Zeit der großen jährlichen Pilgerſchaft und des dabei ge-haltenen Jahrmarkts, und kehrte bei Almora, einer größern Stadtals Sirinagar und damals dem Sitze des Nepaul’ſchen Gouver-neurs von Kumaon, vorbei, nach Rampur in Rohilkhand zurück,wo ſie den 27. Jun. eintraf. Der Ganges entſteht, ihren Nachrich-ten zu Folge, aus der Vereinigung zweier Ströme bei der alten,heiligen, von Braminen bewohnten Stadt Devaprayaga (von
|[9]| ten] Provinz Kumaon und von Nepaul aufzuneh-men, und er benutzte ſeine trigonometriſchen Meſ-ſungen, um zugleich die Höhen der ausgezeichnet-
250 Häuſern, mit einem großen uralten Tempel, in 30°8′ 6″ Br.) nicht weit oſtnordöſtlich von Haridwara. Dergrößere, tiefere, hier 140 engl. Fuß breite, ruhig fließende Alcananda, kömmt von Oſten, von Sirinagar, her, und ſchwilltwährend der Regenzeit 46 bis 47 Fuß hoch über ſein Ni-veau in der trockenen Zeit an; der in ſüdlicher Richtungvon dem Schneegebirge brauſend herabſtrömende Bhagirathi iſt hier nur 112 Fuß breit, und ſchwillt während der Re-genzeit um 40 Fuß an. Beide fließen zwiſchen ſenkrechtenFelſenufern und ſtoßen unter einem rechten Winkel zuſam-men. Der durch ihre Vereinigung entſtehende Ganges hathier in der trockenen Jahrszeit eine Breite von 240 engl. Fuß.Ueber zum Theil ſehr ſchmale hoch ſchwebende u. gefährlicheGebirgspfade kam die Reiſegeſellſchaft am 20. April nach demkleinen Dörfchen Lallari (30°33′32″ Br.) weſtl. vom Bhagi-rathi, der hier nur 40 engl. Meil. vom Jumna entfernt iſt.„Wir waren bis 1 Uhr allmählig immer höher geſtiegen,(heißt es in dem Berichte), als wir auf ein kleines Plateauankamen, und das größte und erhabenſte Gemählde erblick-ten. Wir befanden uns auf dem Gipfel eines der höch-ſten Berge der Gegend, deſſen ſenkrechte Höhe von ſeinemFuße an nicht weniger als 4000 Fuß betragen konnte, undwir erblickten über 7 oder 8 deutlich zu erkennende weitge-dehnte Bergketten, die eine hinter der andern aufſtiegen,hinweg, den Himalaya oder das Schneegebirge mit ſeinemWolkenhute. Alle dieſe Bergreihen liefen einander ziemlichparallel von NW. nach SO. Die ausgezeichnetſten Pics derSchneekette ſind die mit dem Namen Gangautri und Ja-
|[10]| ſten Schneeberge mit Genauigkeit zu beſtimmen.Lord Moira, General-Gouverneur des engli-ſchen Hindoſtan’s, hat von ihm zugeſchickt erhal-
mautri (weil man meint, der Ganges und der Jamuna hät-ten an ihnen ihre Quellen) bezeichneten Gipfel. Den erſtenfand Lieuten. Webb hier in N. 46° 3′ O., den zweiten inN. 18° 34′ O. liegen; jener erſchien unter einem Höhenwinkelvon 3° 1′, dieſer von 3° 17′. Sie ſchienen die höchſten Picsder ganzen Kette zu ſeyn, und der erſtere, den die Einge-bornen Mahadeva calinga nennen, hat die Geſtalt einerPyramide, mit einer breiten Baſis und abgeplatteten Spitze.Nach den beſten Schätzungen konnte die Schneekette nichtüber 30 engl. Meilen von uns entfernt ſeyn; nach der Rech-nung der Eingebornen ſollten wir 12 Tagereiſen von demGangautri entfernt ſeyn; bei der Beſchaffenheit der Gegendwiderſpricht das jener Schätzung nicht.“Sie kamen den Bhagirathi hinauf nicht weiter als 4 engl.Meilen hinter das Dorf Bat’heri (30° 45′ 15″), welches et-was über dem Städtchen Barahat, (30° 45′ Br.) hinausliegt. In dieſem Städtchen geht eine Brücke über den ungefähr150 engl. Fuß breiten und ſehr reißenden Strom, und diePilger nach Gangotri verſehen ſich dort auf 12 bis 14 Tage mitLebensmitteln. Ein Erdbeben hatte 1803 den Ort verwüſtet,wie auch Desprayag und Sirinagar. Von hier hat man nach Gangotri 7, nach Jamautri 5, nach Cedara-Naith 12,und nach Sirinagar 5 Tagereiſen; am gefährlichſten iſt derWeg nach Jamantri. Die Schwierigkeiten des Weges wurdenendlich für ſie unüberſteiglich, dabei aber auch die Ueber-zeugung zur Gewißheit, daß der Ganges am ſüdlichen Ab-hang des Himalaya entſpringe, und daß die Sage von dem Kuhmaul in ſo fern eine Fabel ſey, als man es für eine Höh-
|[11]| ten, die Höhen-Beſtimmungen von 27 mit ewigemSchnee bedeckten Berghörnern in der großen Ket-te der Schneeberge, welche von Kumaon, ſüdöſt-
le ausgiebt, aus der der Ganges hervorſtürze, indem er un-ter dem Schneegebirge wegſtröme und ſeine wahre Quelle ineinem See in Thibet habe. Zwar lag Gangotri, der Ort,wo der Ganges aus dem Himalaya hervortritt, nur noch16 bis 18 engliſche Meilen in gerader Linie ab, ſie hättenaber 6 bis 7 Tage bedurft, um dahin zu gelangen, undhätten alle ihr Gepäck zurück laſſen müſſen. Herr Webb unterrichtete den gewandtſten ſeiner Hindus im Gebrauch derBouſſole, und ſchickte ihn mit Pilgern nach Gangotri; nachden Nachrichten, welche dieſe Pilger zurückbrachten, iſtder Weg auf Herrn Webb’s Karte dargeſtellt. Gangotri iſtein 10 Fuß hoher Tempel mit 3 Götzenbildern und 3 Baſ-ſins (Cundas) im Fluſſe, zum Baden der Pilger, denenzugeſagt iſt, das heilige Waſſer des Ganges zu Gangotriwerde alle ihre Verunreinigungen abſpülen. Der Fluß iſtdort nur noch 45 bis 60 Fuß breit, nicht über eine halbeMenſchenlänge tief, fließt ruhig, und läßt ſich noch einigeengliſche Meilen weiter hinauf verfolgen, bis man an un-überſteiglichen Schnee kömmt, aus dem er hervortritt. [Erkömmt alſo wahrſcheinlich aus einem Gletſcher, oder einemſogenannten Eismeer hervor; die abgeſchickten Hindus hattenes noch nie ſchneien ſehen, und wußten alſo noch wenigeretwas von Gletſchern]. Das ſogenannte Kuhmaul (Gau-muc-’hi) iſt ein Felsblock, der in der Mitte des Flußbettes2 engl. Meilen jenſeits Gangotri liegt. Nackte und wildeGebirge ſind um Gangotri; der Mahadeva-calinga ſtehtnördlich davon. Von einem Berge ſüdlich von Dhunga (30° 27′ Br.) ſahen ſie die Kette der Schneeberge von
|[12]| lich von Sirinagur aus, ſichtbar ſind. Von die-ſen Pics hat der niedrigſte eine Höhe von 15733,der höchſte von 25669 engl. Fuß, (4012 Toiſen oder
N. 24° 12′ W. bis N. 7° 40′ O. ſich ziehen, und die letztereRichtung ergab ſich als die nach dem Jamautri.Aehnliche heilige Oerter als der hier beſchriebene, ſinddie Tempel von Bhadri-Nath nahe bei den Quellen des Alcananda, und der von Cedara-Nath an den Quellendes Cali-Ganga, (oder Mandacini) eines anſehnlichen amSchneeberge Cedar entſpringenden Bergſtroms. (Rudrapraya-ga iſt der Name des Zuſammenfluſſes beider Ströme).Herr Webb giebt als von ihm mit Zuverläſſigkeit be-ſtimmt an:
Gangotri 310 4′ n. Br. 78° 59′ öſtl. Länge von Greenw
Jamoutri 31 23 78 31
Cedar-Nath 30 53 79 19
Bhadri-Nath 30 43 79 38
Desprayag 30 9 78 31
Sirinagar 30 11 78 43
Die Reiſegeſellſchaft ging über die jetzt verarmte und verödeteStadt Sirinagar den Alcananda hinauf, der in 30° 16′ Breite denvon Südoſt kommenden Bergſtrom Pindar (beim Dorfe Carna-prayaga) aufnimmt. In dieſer Gegend ſind 3 Cos ſüdlich vomStrome die Blei- und Kupfergruben von Dhanpur, welche für4000 Rupien jährlich verpachtet waren und 300 Berg- undHüttenleute beſchäftigten, (das Erz ſoll in Lettenlagern undin Gängen vorkommen, und im Mittel 50 Procent Kup-fer geben) und gegenüber 4 Cos nördlich vom Stromedie noch reichern Kupfergruben von Nagpur, welche jetztim Stillſtande ſind. Die Reiſenden empfanden hier an einem
|[13]| 24072 pariſ. Fuß) und ihrer 20 ſind über 20000 engl.Fuß hoch. Herr Webb verſichert, die Grundli-nien und die auf ſie ſich gründenden Entfernungen
ſehr ſchwülen Tage bald nach 3 Uhr Nachmittags ein leich-tes Erdbeben, das 6 bis 7 Sekunden dauerte und von einemrollenden Getöſe, gleich entferntem Donner, begleitet war.„Die Beweiſe, ſagen ſie, welche wir von den Zerſtörungenſolcher Erdconvulſionen in den Hügeln täglich vor Augenſahen, machten uns nicht wenig beſorgt; gerade vor uns lagein Tempel mit ſeiner durch das Erdbeben von 1803 einge-ſtürzten Kuppel und Decke.“ Südlich vom Dorfe Panc’he-ſer (30° 37′ 51″ Br.) wo ein niedlicher dem Viſhnu gewei-heter Tempel ſteht, bei Viſhnu prayaga vereint ſich der100 bis 120 Fuß breite und reißende von SO. kommende Dauli oder Leti, mit dem von Norden ſtrömenden 75 bis 90Fuß breiten Alcananda, der hier auſwärts den Namen Vi-ſhnu-Ganga führt. Längs des Dauli läuft eine der Haupt-ſtraßen nach Thibet. Zwei Tage ſpäter, am 30. Mai, er-reichten ſie endlich den Tempel und das nur in den ſechsSommermonaten bewohnte Städtchen Bhadri-Nath (30°42′ 28″ Br. und 80° 18′ 22″ öſtl. Länge), das in der Mitteeines 4 engl. Meilen langen Thals, unweit der Quelle desAlcananda liegt, und aus 20 von Tempeldienern bewohntenHütten beſteht. „Den letzten Tag, ſagen ſie, ging der Wegüber mehrere hart gefrorne Schneelagen, von denen einigewenigſtens 80 Fuß dick waren, und manche den Fluß ganzunter ſich verbargen. Alle Berggipfel umher waren weißvon ewigem Schnee, der untere Theil der Abhänge mitgrünen Matten und kleinen Bäumen bedeckt.“ Der 200 Fußhohe Waſſerfall Barſu Dhara iſt die letzte Gränze für dieindiſchen Pilger, von denen in jenem Jahre 50000 nach
|[14]| mit der größten Sorgfalt berichtigt zu haben, undführt zum Beweiſe der Genauigkeit ſeiner Trian-gulirung an, daß die Breite der Stadt Pilibhit,
Bhadri-Nath gewallfahrtet waren; noch geht das Thal eineengl. Meile weiter in NO. Richtung, der Alcananda iſt aberin der ganzen Länge deſſelben von ungeheuren Schneemaſſenbedeckt, die hier ſeit vielen Menſchenaltern liegen. [Alſowar auch hier das Eismeer erreicht, deſſen Abfluß der Al-cananda iſt.] Die Waſſerfälle haben hier am Fuße Eis-decken, aus denen das Waſſer aus Höhlen (Eisgewölben)hervortritt. Der Tempel iſt der reichſte in dieſem TheileIndiens; er ſoll 700 Dörfer beſitzen, die unter der Juris-diction des hohen Prieſters ſtehen, und vorzüglich wohlha-bend ſind. Auch gehört dem Tempel die wohlhabende, et-was nordöſtlicher liegende Handelsſtadt Manah, von 200 Häu-ſern und 1500 Einwohnern, welche ſich von den Hindusdurch Anſehen und Schönheit unterſcheiden, und TatariſchenUrſprungs zu ſeyn ſcheinen, (mit breiten Geſichtern, kleinen Au-gen und leicht olivenfarbig). Im Winter liegt die ganze Stadtunter Schnee, daher die Einwohner dann nach den ſüdlichergelegenen Dörfern im Thale des Alcananda ziehen. Es wirdvon hier bedeutender Handel mit Thibet getrieben; wenngegen Ende Julis der Schnee geſchmolzen iſt, ziehen Kara-vanen von 100 bis 150 Menſchen mit Waaren, vorzüglichmit Korn, auf Schafen und Ziegen geladen, über den Hi-malaya, über welchen aus Kumaon (Almora) und Gerwal(Sirinagar) 4 Päſſe (G’hatis) führen, nach Gertokh, demHauptmarkt der Gegend, von wo die Schawl Wolle nach Lehdac (einem unabhängigen Lande, dem ſog. kleinen Thi-bet) und von da weiter nach Kaſchmir (jedes 13 Tagereiſenvom andern entfernt) und die Producte Thibets (Goldſtaub,
|[15]| [in dem nordöſtlichen Theile von Rohilkhand]wenn man ſie blos aus der Lage der Berghörner,wie er ſie beſtimmt hat, durch Rechnung ableitet,
Silberbarren, Muskus, Pelzwerk, Juften, Schawle, Por-cellain, Thee, Salz, Borax, Droguereiwaaren und kleine Pfer-de) nach Nepaul und Hindoſtan ausgeführt werden. Cedar-Nath iſt nur 14 bis 15 engl. Meilen WNWlich ingerader Linie von Bhadri-Nath entfernt, das Gebirge zwi-ſchen beiden iſt aber unzugänglich, und die Reiſe durch dieThäler des Alcananda und des Cedar-Ganga dauert 8 bis9 Tage. Die Pilger beſuchen zuerſt Cedra-Nath; der Wegdahin führt über Schneelager die mehrere Meilen lang ſind,und jährlich ſollen einige hundert Pilger dort vor Kälte undAnſtrengung umkommen.Auf dem Rückwege von Bhadri-Nath nach Rampur erreichtendie Reiſenden am 12. Juni das Dorf Chiring unweit des Pin-dar-Stroms (30° 6′ 13″ Br.) wo der nördlich liegendeäußerſt rauhe Diſtrict Gerwal, der bis Manah und dieGränze von Thibet reicht, und der ſanftere ſüdlicher liegen-de Diſtrict Kumaon zuſammen gränzen. Den folgendenTag kamen ſie an den Gaumat’hi, nicht weit weſtlich vonBaheſer, wo er in den Gogra (G’hagra) oder Sarju-Stromfällt; ſelbſt nimmt er den Cauſila auf, an deſſen öſtlichemUfer Almora, die Hauptſtadt des Diſtricts Kumaon liegt. Den27. Juni erreichten ſie endlich Rampur, die engliſche Gränz-ſtadt in Rohilkhand, wo ſich damals der vertriebene Rajavon Kumaon Lal Sinh, in brittiſchen Dienſten angeſtellt,aufhielt. Nach Herrn Webb’s genauen Beobachtungen liegen: Almora in 29° 36′ Br. und 79° 42′ Länge, Bagheswar, wo durch die Vereinigung der beiden Flüſſe der Gogra ent-ſteht, in 29° 55′ Br. und 79° 52′ Länge, und die Quelle des
|[16]| bis auf 5 Sekunden mit der von Herrn Reuben-Burrow durch aſtronomiſche Beobachtungen ge-fundenen Breite übereinſtimme. Das nächſte dieſer
Ram-Ganga in 30° 7′ Br. und 79° 42′ Länge öſtl. vonGreenwich.Daß die Quellen des Ganges ſüdlich vom SchneegebirgeHimalaya ſind, ſieht Herr Webb als durch dieſe Reiſe voll-kommen bewieſen an, weil erſtens überall in dieſen Gebir-gen durch die ausnehmend vielen Zuflüſſe von allen Seitenher, die kleinſten Bäche ſich während eines Laufs von 8 bis10 engl. Meilen, in anſehnliche und mächtige Ströme ver-wandeln, der Bhagirat’hi aber bis wo er faſt nur ein ſtehen-der Teich, und der Alkananda bis wo er nur noch ein klei-ner Bergſtrom war, von ſchmelzendem Schneewaſſer geſpeiſt,aufwärts verfolgt worden ſind; weil zweitens kein Paß durchdas Gebirge in der Richtung dieſer Ströme geht, der Hima-laya vielmehr an dieſen Stellen und in dieſen Richtungenvöllig unzugänglich iſt; und weil drittens, nach Ausſagen zu-verläſſiger Eingebornen die in Handelsgeſchäften jenſeits desHimalaya geweſen ſind, dort nördlich von hier nur ein ein-ziger Strom iſt, der Saturuz (Satalaj) und dieſer erſt ſichim Weſten von Jamoutri ſüdlich wendet. Nicht minder liegendie Quellen des Gogra und des Jumna ſüdlich vom SchneegebirgeHimalaya, welches an Höhe die andern Gebirge der Erde zu über-treffen ſcheint, die Quellen des letztern nicht weit von denendes Ganges. Der Sampoo oder Bramahputer dagegen, und diein ihn ſich ergießenden Ströme, ſcheinen wirklich am nörd-lichen Abhange des Himalaya zu entſpringen; ihre Quellenſind wahrſcheinlich blos durch die Schneehörner von denendes Ganges und ſeiner Zuflüſſe getrennt.Was ich meinen Leſern hier mitgetheilt habe, macht ei-
|[17]| Berghörner iſt von der großen Moſchee von Pi-libhit 98000 Faden oder 112 engl. Meilen entfernt.Herr Webb bemerkt, der 14te dieſer Pics, wel-cher eine Höhe über dem Meere von 25669 engl.Fußen hat, ſey um eine engl. Meile höher als derChimborazo, welchem Hutton’s mathem. und phy-ſikal. Wörterbuch nur eine Höhe von 19595 engl.Fußen oder 3014 Toiſen giebt, [die aber bedeutendzu klein iſt] **). Folgendes ſind die Höhen der
nen ziemlich vollſtändigen Auszug des phyſikaliſch und geo-graphiſch Merkwürdigen aus dem Reiſeberichte des KapitänRaper und aus der Einleitung des Präſidenten Colebrookezu demſelben aus. Schwerlich werde ich mich in der Mei-nung geirrt haben, daß ſie an dieſen zuverläſſigen Nachrich-ten eben ſo lebhaften Antheil nehmen würden, als ihn dieſeNachrichten mir eingeflößt haben. Gilbert. **) De la Condamine giebt dem Chimborazo eine Höhe von3217, und Don George Juan von 3380 Toiſen. Bei denMeſſungen dieſer gelehrten Reiſenden, betrugen die Höhen-Winkel der Bergſpitze nicht über 4° 19′. Daß man aus den-ſelben Elementen ſo verſchiedene Reſultate hat ziehen kön-nen, darf nicht Wunder nehmen, da ſie ſehr verwickelt ſind,indem die Fehler der Depreſſions-Winkel, und die Fehlerin den Höhen des Plateau von Quito und des Iliniza insgeſammtEinfluß auf das Reſultat der Meſſung haben. Meine Meſſung,welche ich von dem Plateau von Tapia aus, (bei Riobam-ba-Nuevo und dem eingeſtürzten Berge l’Altar, von demdie Eingebornen die Sage haben, daß er höher als der Chim-borazo geweſen ſey,) unternommen habe, und deren Detailman in der Einleitung meines Recueil d’obſervations aſtro-
|[18]| 4 höchſten Berghörner des Himalaya, welche HerrWebb gemeſſen hat:
engl. Fuß Toiſen Meter
der 14te Pic 25669 = 4013 (24078 par. F.) = 7821
der 12te Pic 23263 = 3637 (21822 —) = 7088
der 3te Pic 22840 = 3571 (21426 —) = 6959
der 23ſte Pic 22727 = 3553 (21318 —) = 6925
Da das Detail der wichtigen Meſſungen desHrn. Webb noch unbekannt iſt, *) ſo läßt ſich nichtbeurtheilen, wie groß die Ungewißheit iſt, welchedas Spiel der Strahlenbrechung in einer nördli-chen Breite von 30° bis 32°, in dieſen Angaben be-gründe. Nehmen wir an, daß die Ebene, auf wel-cher die Höhenwinkel genommen worden ſind,1500 Meter über dem Niveau des Meeres liege, unddaß die Entfernung 1° 30′ im Bogen eines größtenKreiſes geweſen ſey, ſo muß die Spitze des höch-ſten dieſer Berghörner unter einem Höhen-Win-kel von 2° 17′ erſchienen ſeyn, angenommen, diemittlere Strahlenbrechung habe 0,08 des Bogenszwiſchen dem Berghorne und dem Standorte in der
nomiques t. 1. p. 74. findet, hat mir die Höhe des Chimbo-razo zu 6530 Meter [3350 Toiſen oder 20100 pariſ. Fuß G.]gegeben. v. H. *) Herr von Humboldt erklärt am Ende ſeines Aufſatzes,daß Herr Webb dieſe Nachrichten von ſeiner Meſſung desHimalaya, einem der Directoren der Engliſch-OſtindiſchenCompagnie, Herrn Davis, zugeſchickt habe, und daß er(Herr von Humboldt) die Mittheilung derſelben der Güteeines Herrn Sullivan verdanke. Gilb.
|[19]| Ebene betragen. Wollte man dieſem Pic keinegrößere Höhe über der Meeresfläche als von 6800Meter, (das iſt nur um 270 Meter oder 830 Fußmehr, als dem Chimborazo nach meiner Meſſung)einräumen, ſo müßte der Coefficient der irdi-ſchen Strahlenbrechung 0,30, ſtatt 0,08 des zwi-ſchen beiden Orten enthaltenen Bogen eines größ-ten Kreiſes betragen haben, welches nach allem,was wir von der Strahlenbrechung in der heißenZone wiſſen, ganz unwahrſcheinlich iſt.
Die Meſſungen des Herrn Webb müſſen umſo mehr Zutrauen einflößen, als er in dem Briefean Herrn Colebrooke, welcher in dem eilftenBande der Aſiatic reſearches p. 469. abgedruckt iſt,von ſeinen erſten Verſuchen, die er im Jahr 1808gemacht hat, die hohen Gipfel des Himalaya (den Gangautri oder Mahadeva-Calinga und den Ja-mautri) zu meſſen, ſich mit der größten Be-ſcheidenheit und Vorſicht über dieſen Verſuch aus-drückt. „Die größten Höhen der Berghörner desHimalaya, ſagt er, ſind noch nicht bekannt *);aus einem Mittel aus ſehr viel Höhen-Winkeln ei-nes [von Rohilkhand aus] in die Augen fallendenPics, die ich zu verſchiedenen Stunden des Tagesmit einem vortrefflichen Inſtrumente genommenhabe, und aus der durch Beobachtungen an denEndpunkten einer hinlänglich langen in den Ebenen
*) The extreme height of the Himalaya is yet a deſideratum (Aſiat. reſ. t. II. p. 444.) Gilb.
|[20]| von Rohilkhand *) mit Genauigkeit gemeſſenenGrundlinie zuvor ausgemittelten Entfernung deſſel-ben, finde ich, daß er eine Höhe von 21000 engl.Fußen über dieſe Ebenen hat, wobei ich für dieStrahlenbrechung \( \frac{1}{8} \) des Bogens zwiſchen beidenStellen gerechnet habe, welches mehr iſt, als dieirdiſche Strahlenbrechung im Mittel beträgt.“ Diebeiden Barometer, welche man damals von Kal-kutta Herrn Webb zugeſchickt hatte, waren lei-der unter Weges zerbrochen worden, (Aſiat. reſ. t. 11. p. 448.), daher die Höhe der Ebenen vonRohilkhand über dem Meere nicht beſtimmt wer-den konnte. Vermuthlich hat bei der neuernMeſſung, deren Reſultate hier mitgetheilt ſind,Herr Webb die Höhe ſeiner Grundlinie über demMeere durch barometriſche Meſſungen beſtimmt.

2. Ueber die Höhe der Berge des Himalaya von H. M. Cole-brooke, Präſid. der Gel. Geſ. zu Kalkutta; im Auszuge **). Die Kette des Himalaya ſieht man von Patna,der Hauptſtadt der brittiſchen Provinz Behar, am
*) Südöſtlich von Pilibhit in einer nördl. Breite zwiſchen28° und 29°. v. H. **) Herr von Humboldt kannte dieſen Aufſatz, der ſich im12ten Bande der Aſiatic reſearches findet, noch nicht, als dasgedruckt wurde, was ich meinen Leſern bisher mitgetheilthabe; noch zeitig genug kam ihm indeß ein in No. 4. desJournals der Royal Inſtitution zu London, eingerückterAuszug daraus in die Hand, um ihn der Hauptſache nach
|[21]| ſüdlichen Ufer des Ganges aus als eine zuſammen-hängende und gut begränzte Linie weißer Klippen,welche ſich durch eine Länge von mehr als zweiStriche des Compaſſes hinzieht. Von hier aus iſt ſiemehr als 60 franzöſiſche Meilen (leagues) entfernt;ein Abſtand, in welchem man von den Andes nurdie höchſte Spitze, den Chimborazo, als einenPunkt, von der übrigen Cordilliere aber nichtsſiehet *). Der Pic von Chamalaſi, bei welchemder Kapitän Turner auf ſeiner Reiſe nach Thi-bet vorbei kam, bald nachdem er über die Gränzewar, iſt an verſchiedenen Stellen Bengalens ſicht-bar in einem Abſtande von 232 engl. Meilen. Die-ſes ſetzt eine Höhe von 28000 engl. Fußen voraus,bei einem mittlern Zuſtand der Atmoſphäre in Hin-ſicht der Strahlenbrechung. — Ein anderes Berg-horn des Himalaya erſcheint nach des Präſidenteneigener Meſſung, gewöhnlich unter einem Höhen-
ſeiner Abhandlung anhängen zu können. Hier dieſenengliſchen Auszug nach meiner freien Bearbeitung. DerHerausgeber des Journals ſagt zu Anfange deſſelben:„Wir hören, daß der Held in den Naturwiſſenſchaf-ten, der unermüdliche Humboldt, zur Abſicht hat, dieſeGebirgskette zu unterſuchen, und harren voll Ungeduld aufdie Reſultate ſeines Unternehmens. Inzwiſchen wird unſereLeſer ein kurzer Abriß des Verfahrens erfreuen, wie dieHöhe dieſer Berge berechnet worden iſt, und welche Reſul-tate die Berechnung gegeben hat.“ Gilb. *) Das heißt unſtreitig, abgeſehen von der irdiſchen Strahlen-brechung und ihrer Veränderlichkeit. Gilb.
|[22]| Winkel von 1° 1′ an einem Orte in Bengalen, dernach Rennell’s Karte wenigſtens 150 engliſche Mei-len davon entfernt iſt; die Höhe deſſelben überdem Spiegel des Meeres beträgt daher wenigſtens26000 engl. Fuß. — Der Oberſt-Lieut. Colebrooke hat an zwei Standpunkten in Rohilkhand, (zu Pi-libhit und Jet’hpur) Höhenwinkel eines Schneegip-fels genommen, und durch ſie gefunden, daß wennman die Strahlenbrechung zu \( \frac{1}{11} \) annimmt, (wel-ches nach Delambre, Legendre und Maskelynemehr als genug iſt), der Pic eine Höhe von22291 engl. Fußen über den Ebenen von Rohilkhand,und von ungefähr 22800 engl. Fußen über dem Spie-gel des Meers haben müſſe. Nach einigen Beob-achtungen des Oberſten Lambton beträgt indeßin dem Klima von Indien die irdiſche Strahlenbre-chung im Mittel \( \frac{1}{8} \), und variirt zwiſchen \( \frac{1}{4} \) und \( \frac{1}{18} \) des Bogens zwiſchen zwei Orten; und nach dieſenbeiden und andern Größen derſelben, ſind die fol-genden Höhen berechnet worden.
Noch genauere Meſſungen als dieſe, ſind demPräſidenten von dem Oberſten Crawford mitge-theilt worden, welcher ſie im Jahr 1802 zu Cat’h-mandu *) gemacht, und von noch mehreren wahr-ſcheinlich ſchon Nachricht nach Europa geſchickthat. Herr Crawford hatte zu vier wiederholten
*) Der Hauptſtadt von Nepal, welche um mehr als 5 Län-gengrade weiter öſtlich als Almora liegt, und von wo ausman daher einen ganzen andern Theil des Schneegebirgesals von den Diſtricten Kumaon und Gerwal aus überſieht. G.
|[23]| Malen eine Grundlinie von 852\( \frac{3}{4} \) Fuß mit der größ-ten Sorgfalt gemeſſen, und ſie mittelſt einer andern1582 Fuß langen zwei Mal gemeſſenen Grundlinieberichtigt; ſie legte er einer Triangulirung in demThale von Nepal zum Grunde, und an den Spitzender von ihr ausgehenden Dreiecke, folglich an aus-gewählten Standorten, deren Abſtand von einanderganz genau bekannt war, nahm er die Höhenwin-kel der Berghörner des Himalaya. Die Lage der-ſelben Berghörner hat er durch Beobachtungen inden Ebenen der Provinz Behar, welche ſich unterden zuletzt angeführten befinden, beſtimmt. — ZuFolge der dem Präſidenten mitgetheilten Beobach-tungen hat der Berg Dhaibun 20140 engl. Fuß ſenk-rechte Höhe über Cat’hmandu, welches ſelbſt mehrals 4500 engl. Fuß über dem Spiegel des Meeres liegt.Die Höhen anderer Berghörner finden ſich: 17819,20025 und 18662 engl. Fuß über Cat’hmandu. Siealle ſind von Patna aus ſichtbar, und die Entfernungdes nächſten dieſer Berghörner von Patna beträgt170, die des entfernteſten 226 engliſche Meilen.
Den Dhawalagiri, das heißt weißen Berg, (alſo den Mont-Blanc des Himalaya) von dem manglaubt, daß er bei der Quelle des Fluſſes Glandacliege, und für den Herr Webb Entfernungs-Meſ-ſungen an 4 verſchiedenen Standpunkten gemacht,und Höhenwinkel an 3 Standpunkten genommenhat, findet man, je nachdem die irdiſche Strahlen-brechung \( \frac{1}{8} \) oder \( \frac{1}{11} \) des Bogens zwiſchen ihm unddem Auge gleichgeſetzt wird, 26784 oder 27551 engl.Fuß hoch. Selbſt wenn man die Beobachtungsfehler |[24]| und die Irrung wegen der Strahlenbrechung mög-lichſt groß und die Höhe vermehrend annähme, ſowürde doch immer noch für den Pic von Dhawal-agiri eine Höhe von 26462 engl. Fuß über der Ebenevon Gorakhpur, und von 26862 engl. Fuß über demNiveau des Meers übrig bleiben. Es werden zugleich Barometer-Meſſungen meh-rerer Gipfel einer Bergkette mitgetheilt, welchezwiſchen dem Himalaya und den nächſten zugäng-lichen Bergen liegt, und deren man ſich zur Berech-nung der Höhen des Himalaya bedient hat. Folgende Meſſungen giebt der Präſident als ſol-che an, welche der Wahrheit nahe kommen:
Höhe des Dhawalagiri oder Dhólágir über Gorakhpur, welches der Schätzung nach 400 engl. Fuß über demSpiegel des Meeres liegt: engl. Fuß
nach einem Mittel aus den beiden nächſten Beobach-tungen, und der Berechnungsart, welche die klein-ſte Höhe giebt 26462 *)
nach einem Mittel aus 3 Beobachtungen und nachder mittlern Strahlenbrechung berechnet 27677**)
welches für die Höhe dieſes Berges über der Mee-resfläche giebt, wenigſtens 26862
Höhe des Yamunávátári oder Jamautri über dem Gipfeldes Nagunghati 20895

*) Das heißt unſtreitig nach der Hypotheſe berechnet, daßdie Strahlenbrechung die größte, welche Oberſt Lambtonbeobachtet hat, d. i. \( \frac{1}{4} \) des Bogens zwiſchen dem Pic unddem Auge gleich, geweſen ſey. Gilb. **) Das iſt unſtreitig nach der Hypotheſe, die Strahlenbre-chung ſey nur auf \( \frac{1}{8} \) jenes Bogens geſtiegen. Gilb.
|[25]|
engl. Fuß
die Höhe dieſes Gipfels über dem Spiegel des Meereswird geſchätzt gegen 5000
alſo iſt die Höhe des Jamautri über der Meeresflächeüber 25500
Höhe eines Berges, von dem man glaubt, daß er der Dhaibun ſey, über Cat’hmandu 20140
und da Cat’hmandu nach einer Barometer-Meſſungwenigſtens 4600 Fuß über dem Spiegel des Meers liegt: beträgt die Höhe dieſes Berges über dem Meere 24740
Höhe eines zu Pilibhit und zu Jet’hpur ſichtbaren nichtgenannten Berghorns, über die Ebenen von Rohilk-hand, nach einem Mittel der Beobachtungen an bei-den Oertern 22268
und da die Höhe der in Rohilkhand gemeſſenenGrundlinie über dem Meere auf 500 engl. Fuß zuſchätzen iſt: eine Höhe über dem Meere von 22768
Ein anderer nicht genannter Berg, den man zu Cat’h-mandu in der Richtung von Calabhairavi ſieht, hateine Höhe über dem Meere von 24625
wenn man dem Thal von Népal, in welchem meh-rere Grundlinien gemeſſen worden ſind, eine Höheüber dem Spiegel des Meeres giebt von 4600
Noch zwei andere Berge, nahe bei dieſem, haben Höhenvon 18662 und 18452 engl. Fuß über dem Thal vonNépal, und alſo Höhen über dem Meere von 23263 u. 23052

So weit der Auszug in dem engliſchen Jour-nale. Herr von Humboldt fügt noch hinzu:„Der höchſte Berggipfel des Himalaya hat nachHerrn Webb eine Höhe von 4013 Toiſen(24078 par. Fuß) oder von 7821 Metres, dagegennach der Berechnung des Präſidenten der Geſell- |[26]| ſchaft der Wiſſenſchaften zu Kalkutta (ob ſie neueriſt, wird nicht geſagt) von 4201 Toiſen (25206 par.Fuß) oder von 8187 Meter. Sollte dieſes blos in derVerſchiedenheit der Annahmen über die irdiſcheStrahlenbrechung und der zur Berechnung gebrauch-ten barometriſchen Formel ſeinen Grund haben?“*) 3. Noch einige Bemerkungen. Die ſenkrechte Höhe des mit ewigem Schneebedeckten Theils des Mont-Blanc beträgt 2085 M.,und des Chimborazo 1735 Meter. Hat die höchſteder von Herrn Webb gemeſſenen Höhen des Hi-malaya wirklich eine Höhe von 7821 Meter überdem Meere, ſo muß der im Sommer mit ewigemSchnee bedeckt bleibende Theil deſſelben, wenig-ſtens eine ſenkrechte Höhe von 4271 Meter haben;denn die Gränze des ewigen Schnees läßt ſich unter31° bis 32° Breite in eine Höhe von 3550 Meter überdem Spiegel des Meeres ſetzen. Die Frage liegt ſehr nahe, ob nicht hinter derKette des Himalaya noch eine höhere Gebirgsketteſtehe? Seit der intereſſanten Reiſe des Hrn. Moor-
*) Iſt der engl. Fuß gleich 0,304796 Meter, ſo ſind 25669 engl.Fuß = 7824 Meter, und 26862 engl. Fuß = 8187 Meter = 4200Toiſen. Erſtere Höhe giebt Hr. Watt in den dem Direct. Davisüberſchickten Nachrichten als die Höhe ſeines 14. Pics an, undſie iſt wahrſcheinlich über der Ebene von Gorakhpur zu ver-ſtehen; letztere Höhe berechnet der Präſid. für den Dhawalagiri als die aller geringſte über dem Meere, die ſich aus den Beob-achtungen des Hrn. Webb folgern läßt. Wahrſcheinlicher iſt dievon 26784 engl. F. über der Ebene von Corakhpur u. 27184 e. F.(= 8309 Met. = 4262 Toiſ. = 25572 par. F.) über dem Meere. G.
|[27]| croft *) iſt uns das Profil dieſer Cordillieren beſſerbekannt, als es uns die Karten bisher kennen ge-lehrt hatten. Dieſer muthige Reiſende hat den Hi-malaya überſtiegen, indem er von Coſſipoor durchdie Provinz Kumaon nach Gurwalko ging. Nach-dem er 28 Tage lang in Bergſchluchten und überSchneeberge aufwärts geſtiegen war, kam er aufdas Plateau von Netée. Von dieſer erſten Berg-ebene ſtieg er noch 5 Tage lang, quer durch dieCentralkette des Himalaya, zu dem großen Plateauhinauf, auf welchem die Stadt Dleapa liegt; undhier fand er, als er den nördlichen Abhang herab-ſtieg, der nach Dleapa führt, den Yak (Bos grun-niens) und die Schawl-Ziege, deren Haar die La-tak’ſchen Tataren nach Kaſchmir verkaufen. Indieſer Stadt, welche nach den HH. Elphinſtone undStrachey 200000 Einwohner hat, verfertigt manjährlich 80000 Schawls; die beſte Schawlwolle ſolldie von Rodauk ſeyn, und der Turruk (12 Pfund)ſolcher Wolle in Kaſchmir 10 bis 20 Rupien ko-ſten **).

*) Der Bericht William Moorcroft’s, Esq., von die-ſer ſeiner „Reiſe nach dem See Manaharovara in Un-dés, einer Provinz von Klein-Thibet“ [aus welchem nach denfabelhaften Sagen der Hindus der Ganges entſpringen ſoll,]findet ſich in demſelben Bande der Schriften der GelehrtenGeſellſchaft zu Kalkutta, aus welchem die vorſtehenden Nach-richten von der Höhe des Himalaya-Gebirges entlehnt ſind. G. **) Im J. 1715 haben die beiden Miſſionarien P. Deſideri und P. Freyere die Reiſe von Kaſchmir über den Berg Kantel nach Ladak gemacht, wo ſie ſich beinahe 2 Monate,
|[28]| Die Gebirgskette der Andes in dem neuen Con-tinent iſt durch die außerordentliche Länge ausge-zeichnet, in welcher ſie ſich ununterbrochen hin-zieht, und die von Nord nach Süd 120 Breitengra-de beträgt. Ihre Breite, das heißt ihre Ausdeh-nung in Richtungen ſenkrecht auf ihre Längenaxe,beträgt im Allgemeinen kaum 2 bis 3, und nur ſel-ten 4 bis 5 Grade. Die Breite einer Gebirgskettedarf man jedoch nicht da meſſen, wo ein Seitenaſt
(vom 25. Juni bis 17. Auguſt) aufhielten. „Groß Thibet,berichten ſie, fängt auf der Höhe eines ſchrecklichen, ganzmit Schnee bedeckten Berges an, den man Kantel nennt.Die eine Seite deſſelben gehört zu Kaſchmir, die andere zuThibet. Wir waren von der Hauptſtadt Kaſchmir am 17. Maiabgereiſt, und am 30. betraten wir Thibet, auf dieſem Ber-ge ſelbſt, über friſch gefallenen Schnee. Bis Leh oder Ladak, die Veſte, in welcher der König wohnt, geht der Weg zwi-ſchen Bergen, die ein Bildniß der Traurigkeit, des Schreckensund des Todes ſelbſt ſind. Einer ſteht über dem andern und ſieſind einander ſo nahe, daß ſie nur von Bergſtrömen mit betäu-benden Waſſerſtürzen getrennt werden. Der Weg geht an denſteilen Abhängen und iſt ſo eng, daß man kaum Platz genug hat,den Fuß zu ſetzen; beim kleinſten Fehltritt rollt man in den Ab-grund herab, und dabei brachen einige unſerer Gefährten Armeoder Beine. Die Berge ſind ganz nackt, ohne Strauch undohne einen Grashalm, an die man ſich halten könnte. Umvon einem Berg zu einem andern zu kommen, muß manüber reißende Bergſtröme auf einigen ſchmalen und ſchwe-benden Brettern, oder über einige Stricke, zwiſchen welchenfriſche Zweige gewunden ſind, gehen. Das Klima iſt äu-ßerſt rauh, und faſt das ganze Jahr über herrſcht Winter.Zu allen Zeiten ſind die Gipfel der Berge mit Schnee be-
|[29]| aus ihr abgeht, wie das mit den Andes in Peru un-weit Oruro und Potoſi der Fall iſt, von wo ſich die Schneegebirge von Santa-Cruz, von la Sierra, undvon Chiquitos nach Oſten ziehen, und ſich den Ge-birgen Braſiliens nähern. Nahe bei Caxamarca, in 7° ſüdl. Breite, wo ich zum vierten Male, näm-lich auf der Reiſe von den Ebenen des Amazonen-ſtroms nach den Ufern des ſtillen Meers, über dieAndes kam, habe ich die Gebirgskette nur 23 Lieuesbreit gefunden, 20 auf den Grad gerechnet *). Das
deckt. (Lettres édif. t. 12. p. 440.)“ Dieſe Beſchreibungſtimmt genau mit dem Bilde überein, welches die brittiſchenReiſenden von den Wegen und den Gebirgen vor Gangotriund um Bahdri-Nath entwarfen. Nach der erdichtetenKarte der Lama’s, welche wir durch die Jeſuiten in Chinaund D’Anville erhalten haben, ſoll Ladak an dem Gangesliegen, der dann den Himalaya in unterirdiſchem Laufedurchbreche; davon ſagen aber die beiden Miſſionarien keinWort. Gilb. *) Dieſe Schätzung beruht auf Längenbeſtimmungen mittelſtdes Chronometers, welche wir gegeben haben, die Längevon Tomependa 80° 56′, von Guayaquil 82° 18′ und von Truxillo 81° 23′, während der Paß über die Cordillieren zwi-ſchen Querocotillo und Cascas liegt. Die Ebenen des Ama-zonenfluſſes, welche den öſtlichen Fuß der Andes bilden,haben nach meinen Barometermeſſungen noch eine ſenkrech-te Höhe von 350 bis 400 Meter über dem Spiegel des Oceans;und doch ſind es wahre Ebenen, in welchen man nur hierund da kleine einzeln ſtehende Hügel von Alpenkalkſteinfindet. Sie haben einen nicht zu merkenden Abhang nachdem Pongo von Manſeriche. v. H.
|[30]| Plateau von Los Paſtos, (die ausgedehnteſte undam höchſten liegende unter den Bergebenen, die ichin Südamerika geſehen habe,) welches gleich denMexikaniſchen Plateau’s, von dem Rücken der An-des ſelbſt gebildet wird, und da, wo ſich zwiſchender Stadt Paſto und dem Paramo del Boliche diegroßen Vulkane von Cumbal und von Chiles überdemſelben erheben, auf einer Ausdehnung von85 Quadrat-Lieues (zwiſchen 0° 40′ und 1° 10′ nörd-licher Breite) noch beinahe 3000 Meter Höhe überder Meeresfläche behält, und außerordentlich kaltiſt, — hat nur eine Breite von 22 Lieues *), undzwar in der Richtung von SO. nach NW., da dieGebirgskette (Cordilliere) unter dieſem Parallel-kreiſe eine Richtung von SSW. nach NNO. hat.Dieſe Berggruppe von Los Paſtos läßt ſich in geogno-ſtiſcher Hinſicht für einen Knoten der Gebirgskette nehmen. Von dieſem Knoten ab theilen ſich dieAndes ſüdlich, im Königreich Quito, in zwei, undnördlich, zwiſchen Popayan und Santa-Fé de Bo-gota, in drei einander parallele Bergketten. Die-ſer Veräſtelung, und den beiden zwiſchen den dreinördlichen Ketten liegenden Längenthälern, (wel-che das eine 370, das andere 950 Meter über derMeeresfläche erhaben ſind,) iſt es zuzuſchreiben,
*) Die große centrale Gebirgskette Europa’s iſt um \( \frac{1}{5} \) breiter,wenn man ihre Breite in Graubünden in der Richtung vonSO. nach NW., und in Tyrol in der Richtung von S. nachN. nimmt. v. H.
|[31]| daß hier die Andes eine Breite von 5° oder 100 Lieueshaben, nach der Richtung einer geraden Linie,welche durch das Paramo von Chingaſa, die Pro-vinz Antioquia, und das Choco geht *). Die Me-
*) Da das Gebilde der Andes in 4° bis 6° nördl. Breite nochſehr wenig bekannt iſt, ſo muß ich bemerken, daß die öſt-liche Kette, das iſt die, welche die Ebenen des Meta vondem Thale des Magdalenenfluſſes trennt, gebildet wird vonden Paramos von Suma-Paz, von Chingaſa und von Chi-ta. Die mittlere Kette liegt zwiſchen den Thälern des Mag-dalenenfluſſes und des Cauca, und ſchließt in ſich die Schnee-gebirge (Nevados) von Quindio (die 5613 Meter Höhe ha-ben), von Ervé und von Ruiz. Die weſtliche Kette, anwelche das Thal des Cauca und die Küſten der Südſeegränzen, ſchließt die Bergkette des Choco und die Berge von Avidi in ſich, und hat von allen die geringſte Höhe. Aufihrem weſtlichen Abhange, in einem nur wenig ausgedehn-ten Landſtrich, (im Partido de Barbacoa und im Choco, zwiſchen Quibdo und Novita,) findet ſich allein Platin, imganzen ſpaniſchen Amerika. Herr Caldar hat durch Ba-rometermeſſungen gefunden, daß es im Choco eine ZoneGold- und Platinführenden Erdreichs giebt, deren unterſteGränze in 80 bis 100, und deren obere Gränze in 800 Me-ter Höhe über dem Meere liegt, und daß dieſe Zone aufge-ſchwemmten Landes (zone de terrain de rapport) am Gold-reichſten iſt zwiſchen 1° 30′ und 6° nördlicher Breite. Von1° 30′ nördl. Breite nach dem Aequator zu nimmt ihrReichthum allmählig immer mehr ab. Dieſes merkwürdigeörtliche Verhalten, kann vielleicht einiges Licht über den
|[32]| xikaniſchen Cordillieren (la Sierra Madre) habeneine gleiche Breite unter dem Parallelkreiſe vonDurango.
Dem erſten Anblick nach ſcheinen die Gebirgein dem centralen Theile Aſiens ein einziges unge-heures Maſſen-Gebirge (un Maſſif immenſe) zubilden, deſſen Oberfläche Neuholland an Ausdeh-nung nicht nachſteht, indem man von Daurien bis zum Berlour-tagh, von Oſt nach Weſt, 47 Län-gengrade, und vom Altai bis zum Himalaya, vonNord nach Süd, 20 Breitengrade hat *). DieſesMaſſen-Gebirg iſt es, was man auf eine ſehr ſchwan-kende Weiſe das Plateau der Tartarei zu nennenpflegt, obſchon es, beſonders am weſtlichen Ende,von ſehr ungleicher Höhe ſeyn muß, wie ſich ausdem ſchließen läßt, was wir von den Productenund dem Klima der Songarey, der kleinen Bucha-rey, des Turfan und des durch ſeine Weintraubenberühmten Hami (Chamul, Chamil) wiſſen. Höchſtwahrſcheinlich beſteht dieſes ſogenannte Plateaukeineswegs aus einer zuſammenhängenden Gebirgs-maſſe, ſondern hat in mehr als einem Drittel ſei-ner Ausdehnung nur eine geringe Höhe über demSpiegel des Meers.
Urſprung des angeſchwemmten Platinhaltenden Erdreichsverbreiten. v. H. *) Oder vielmehr eine Breite, öſtlich von 55° bis 28°, und weſt-lich von 50° bis 34° nördl. Breite. v. H.
|[33]| Seit dem wir durch die ſchätzbaren Arbeitenund Meſſungen der Herren Crawford, Macart-ney, Colebrook und Webb die außerordent-liche Höhe des Himalaya mit Gewißheit kennen ge-lernt haben, wird die Frage doppelt intereſſant, obes nicht nördlich von dem Himalaya andere nochhöhere Gebirgsketten gebe? Denn keine Analogienöthigt uns anzunehmen, daß von mehreren Ge-birgsketten, welche einander parallel laufen, dieinnern höher als die äußern ſeyen. So weit ſichnach der äußerſt unvollkommenen Kenntniß, wel-che wir bis jetzt von dieſer ungeheuren Gebirgs-gruppe haben, urtheilen läßt, beſteht ſie aus dreioder vier verſchiedenen Reihen, die einander zumTheil parallel ſind, und die im Ganzen ungefährvon Oſt nach Weſt laufen. Sie ſind folgende: Erſtens. Die Kette des Himalaya. Sie führtweſtlich vom Indus den Namen Hindu-Kuſch, ſcheint dort zwiſchen Herat (Heraut) und Mu-ſchid an die Gebirge des Khoraſan zu ſtoßen *), undhängt wahrſcheinlich durch die Kette des Elburz (zwiſchen Teheran und dem Kaspiſchen Meere) **),mit dem Ararat, dem Kaukaſus, dem Taurus undden Gebirgsketten Klein-Aſiens zuſammen. DasLand Kaſchmir bildet ein Plateau am ſüdlichen
*) Siehe Macdonal Kinneir, geographical Memoir on Perſia p. 171. v. H. **) Die höchſte Bergſpitze des Elburz iſt der Pic von Dema-vund in NNO. von Teheran. v. H.
|[34]| Fuße des Himalaya, auf ähnliche Art, wie in Süd-amerika die Ebenen von Bogota ein 2650 Meterüber der Meeresfläche erhabenes Plateau am Fußedes Chiagaſa. Dieſes Gebirge befindet ſich untereiner nördlichen Breite von 28° bis 34°.
Zweitens. Die Kette des Mustag (Mouz-tagh),heißt auf Türkiſch Eis-Berge), oder das Ge-birge Karakurrum, der Sioue-chan oder Tien-chan der Chineſen *). In Turkiſtan ſcheint dasGebirge Parmer eine Fortſetzung des Muſtag nachSogdiana (Samarkand und Bokhara), der Heimathalter Civiliſation, zu bilden. Es iſt unbekannt, obder Muſtag, welcher nördlich von Ladac, nach demGebirge Kentaiſſe zu, eine öſtliche Richtung an-nimmt, bis zu dem Meridian von Laſſa fortgeht,oder nicht. Breite 38 bis 39°. Drittens. Die Berge von Alak, von Argdjun und von Bogdo, welche ſich durch den Bogdo mitder folgenden Gebirgskette vereinigen, und vondenen Aeſte nach SO. abgehen. Ob wohl der Chan-gai, der Ungan-tagh und der Muſſart eine Fort-ſetzung dieſer Kette ſind? Alle dieſe Gebirge ſindſehr wenig bekannt; ſie ſind das Himmelsgebirge (montagne céleſte) der Chineſen, und der Tengri-tagh der Hiongnu. Breite 44°. Viertens. Die Kette des Altai **) und des
*) Deguignes Hiſt. des Huns, t. 1. p. 2. p. 12. v. H. **) Nach Laxmann hat der kleine Altai eine Höhe von
|[35]| Chatai (Kutt), deren weſtliches Ende der Ulugh-tagh iſt; Breite 48 bis 54°.
Dieſe drei oder vier Hauptketten ſtoßen nachWeſten zu, in 70° öſtl. Länge, an einen Querwall,welcher von Norden nach Süden läuft, und an demſie ſich zum Theil endigen. Dieſer Querwall iſtder Belurtagh (Belur-tagh heißt auf UiguriſchBerge von Wolken eingehüllt *)); durch ſeineRichtung erinnert er an das große Knie, welchesdie Alpen vom Mont-Blanc ab bis an die Küſten-Alpen machen. Herr Elphinſtone hält die Ber-ge Solimaun, die ſich ſüdlich vom Hindu-Kuſchhinziehen, für eine Verlängerung des Belurtagh.Vielleicht bildet der Muſſart einen andern Quer-wall zwiſchen dem Mustagh und dem Bogdo. Dernördliche Theil des Belurtagh führt die Namendes Iimblai und des Kiziktagh. Die zwiſchen dieſen drei oder vier Hauptkettenliegenden Bergebenen (Plateaux) oder Thäler, wel-che wie die Ketten, von Oſt nach Weſt laufen, ſindfolgende: 1. Zwiſchen dem Himalaya und dem Muſtaghbefindet ſich das Plateau von Thibet (Klein-Thi-bet, Ladac oder Ladauk, Groß-Thibet). Ziehtſich der Muſtagh nicht in Oſten bis an den Meri-
2130 Meter. Bogdo-Oola bedeutet auf Mongoliſch la mon-tagne auguſte. v. H. *) Nach Pinkerton ſoll Belurtagh, Berg von Kryſtall, be-deuten. v. H.
|[36]| dian von Laſſa, wie das mehrere Erdbeſchreiberglauben, ſo könnte das Plateau von Groß-Thibetſehr wohl mit dem Plateau der Mongolei zuſam-menhängen. Ich finde, daß nach den Thermome-ter-Beobachtungen des Herrn Turner, die mitt-lere Temperatur des Monats Oktober zu Tiſſulum-bo (29° nördl. Breite) ungefähr 5°,7 C. betragenhabe. Da nun in dieſer Breite die jährliche mitt-lere Temperatur der Ebenen 21° iſt, und im Hoſpizdes St. Gotthard die mittlere Temperatur des Ok-tobers ein wenig niedriger als die mittlere Tempe-ratur des ganzen Jahres iſt, ſo läßt ſich, dem Ge-ſetze entſprechend, nach welchem die Wärme mitzunehmender Höhe abnimmt, annehmen, daß dasPlateau von Groß-Thibet an Höhe über dem Spie-gel des Meeres dem Plateau der Provinz Los Paſtosin den Andes nicht nachſtehe.
2. Zwiſchen dem Muſtagh und dem Bogdo liegtdas Plateau der Mongolei, (die kleine Bucharei mit den Städten Coten und Hyarkan oder Yar-kand, das Land Caſchgar, über deſſen Lage derMajor Rennel gelehrte Forſchungen angeſtellt hat;das Land Tangut, das Land Turfan und die mon-goliſche Wüſte von Schamo oder Gobi.) Manglaubt gewöhnlich, die Wüſte von Schamo ſey dashöchſte Plateau unſerer Erde; eine Ebene indeß,die unter 42 bis 44° Breite liegt und nicht Jahr ausJahr ein mit Schnee bedeckt iſt, kann keine grö-ßere Höhe über dem Meere haben, als das Thal |[37]| von Quito in der neuen Welt *). In der WüſteSchamo findet man nicht nur Gräſer, ſondern aucheinzeln ſtehendes Strauchwerk. Der höchſte Punktderſelben liegt, (nach Herrn Barrow) zwiſchenden Quellen des Selinga, des Amur und des gelbenFluſſes. Der ganze große Landſtrich zwiſchen demMuſtagh und dem Bogdo kann unmöglich ein ein-ziges zuſammenhängendes Plateau ausmachen; viel-mehr giebt es hier viele Thäler, welche nicht über600 bis 800 Meter Höhe über dem Meere haben.Denn man bauet in der kleinen Bucharei bei Yar-kand und Coten, unter denſelben Breiten, in wel-chen Murcia und Valencia liegen, Wein, und viel-leicht ſelbſt Baumwolle, wie aus Marco Polo’sNachrichten hervorzugehen ſcheint. 3. Zwiſchen dem Bogdo und der Kette des Altaibefinden ſich die Steppen der Songarey. Da derBogdo ſich nach NNO. wendet und unter 98° öſtl.Länge, weſtlich von Irkutzk, mit dem Altai verei-nigt, ſo iſt die Songarey von den hohen Ebenender Gobi wie durch einen Querwall getrennt.
*) Die Höhe dieſes auf den Cordillieren liegenden Plateauüber dem Meere beträgt 2900 Meter. Die große Ebene desAntiſana in den Andes von Quito hat eine Höhe von4101 Meter über dem Meere. Ueber die Höhe der Schnee-gränze zwiſchen 37\( \frac{1}{2} \)° und 42\( \frac{1}{2} \)° Breite, auf dem Aetna, imKaukaſus, und in den Pyrenäen, ſehe man nach meine Prolegomena de diſtributione geogr. plantarum, p. 124. v. H.
|[38]| Geht man die Beſchreibungen durch, die wirſeit Strahlenberg und Pallas von den wenigbekannten Gegenden zwiſchen dem Altai und demHimalaya erhalten haben, ſo zeigt ſich, daß manan die Stelle der alten Vorſtellung von einem Cen-tral-Stock oder Knoten (noeud central) von wel-chem Bergreihen, wie Strahlen, nach allen Rich-tungen ausgehen ſollten, die Vorſtellung von einan-der beinahe parallelen Bergketten (chainons) ge-ſetzt hat. Muſtagh, Muſſart, Belurtagh, Bogdo,Ulugtagh ſind eigentlich nur Namen einzelner Berg-gipfel, welche man auf ganze Ketten übertragenhat. Sie erinnern durch ihre Bedeutung in denSprachen der Tartarei an die unbeſtimmten Namen Sierra Nevada, Sierra Nublada, Sierra Grande, die in dem ſpaniſchen Amerika ſo gewöhnlich ſind.Die Plateaux des mittleren Aſiens ſcheinen großen-theils weder hochliegende Längenthäler, die vonzwei Bergreihen eingeſchloſſen ſind, zu ſeyn, wiedie Thäler von Quito und Quenca, noch kreisförmigegeſchloſſene Becken, wie die von Bogota und von Caxa-marca, ſondern ungeheure Ebenen, welche von demRücken der Cordillieren ſelbſt gebildet werden,gleich dem Plateau Neu-Spaniens. Man darf ſichdaher über die wenige Regelmäßigkeit nicht wun-dern, welche ſich in der Lage der Berggipfel zeigt,die auf den hochliegenden Ebenen ſtehen. Die Cor-dillieren Mexiko’s haben eine Richtung von SSO.nach NNW., die Berge aber, welche wie Gruppenvon Inſeln mitten auf dem Central-Plateau ſtehen, |[39]| und bis zu Höhen von 4500 Meter anſteigen, zeigenganz andere Richtungen. Wo die Pics der Andesaus Baſalt, aus Dolerit oder aus Trapp-Porphyr(Trachyt) beſtehen, findet man ſie oft in geraderLinie neben einander, ſo daß man glauben ſoll-te, ſie wären aus breiten Spalten, die quer durchdas Plateau gingen, herausgekommen oder heraufgehoben worden, und in der Lage der höchſtenGipfel läßt ſich die allgemeine Richtung der Cor-dilliere ſchwerlich erkennen. Dieſen Anblick ha-ben die Andes, der Muſtagh Amerika’s, überall,wo ihre Breite ſehr groß iſt. Genau genommen darf man die Höhe einerBergkette nicht blos nach der Höhe der höchſtenBergſpitzen derſelben beurtheilen. Ein Pic des Hi-malaya übertrifft an Höhe den Chimborazo um1300 Meter, der Chimborazo den Mont-Blanc um1700 Meter, und der Mont-Blanc den Mont-Per-du um 1300 Meter. Dieſe Unterſchiede geben unsaber nicht das Verhältniß der mittlern Höhe derBergketten ſelbſt, das will ſagen, die Höhe der Bergrücken, über welche die Pics, die Aiguilles,die Pyramiden und die abgerundeten Gipfel (do-mes) anſteigen. Die Theile der Gebirgsrücken,welche die Päſſe (paſſages) über die Andes, die Al-pen und die Pyrenäen bilden, geben uns ein ſehrgenaues Maaß des Minimum der Höhe, welche die-ſe Bergketten erreichen. Eine Vergleichung aller meiner Meſſungen mitdenen Sauſſure’s und Ramond’s läßt mich die mitt- |[40]| lere Höhe des Rückens der Andes in Peru und Qui-to und in Neu-Granada auf 3600 Meter, und dieder Rücken der Alpen und der Pyrenäen auf2300 Meter ſchätzen. Es iſt alſo der Unterſchiedder mittlern Höhen der Cordillieren der Andes undder Alpen um 500 Meter geringer, als der Höhen-unterſchied ihrer höchſten Bergſpitzen. Es würdebelehrend ſeyn, wenn wir die mittlere Höhe derKette des Himalaya zwiſchen den Meridianen vonPatna und von Lahore in dieſer Bedeutung kenn-ten. Je mehr wir der Beobachtungen aus verſchie-denen Erdſtrichen erhalten, zu deſto richtigerenVorſtellungen werden wir über die Structur unddie Configuration der Gebirge gelangen. Für denGeognoſten, den das Studium der Formationen be-ſchäftigt, und der die Natur im Großen zu ſehengewohnt iſt, hat die abſolute Höhe der Berge kei-ne beſondere Wichtigkeit, und es überraſcht ihnnicht, wenn es ſich findet, daß der Himalaya dieAndes faſt um eben ſo viel, als dieſe die Alpen derSchweiz an Höhe übertreffen. Die untere Gränze des ewigen Schnees findetſich in den Andes unweit des Aequators in einer Hö-he von 4800 Meter über dem Spiegel des Meers; indem Himalaya unter 30° nördl. Breite, ſteigt ſiewahrſcheinlich bis zur Höhe von 3700 Meter überdem Meere herab. Die Vegetation verbreitet ſichdaher in der Neuen-Welt höher hinauf als in denCordillieren Hindoſtans. Da in den gemäßigtenZonen der Schnee im Winter friert und erhärtet |[41]| indeß er in den Andes von Quito ſtets locker bleibt,ſo läßt ſich wahrſcheinlich auf den Schneedeckendes Himalaya gehen und über die Gebirgsrückenhinwegkommen, ohne daß man gezwungen iſt, (wiees Bonpland und ich in der Kette der Andes wa-ren,) bald einem, bald dem andern ſchmalen Fel-ſengrathe zu folgen, die von weitem ſich wie ſchwar-ze Striche zeigen, mitten in dem ewigen Schnee.Solche mühſelige Wanderungen pflegen zwar dasIntereſſe des Publikums zu erregen, jedoch nur zuwenig Reſultaten, welche die Wiſſenſchaft weiterbringen, zu führen; denn dem Reiſenden wird aufihnen der Anblick des Bodens durch die Eisdeckeentzogen, die Miſchung der ihn hier umgebendenLuft, iſt von der Luft in den Ebenen nicht ver-ſchieden, und die Umſtände erlauben es ihm nicht,feine Verſuche mit der erforderlichen Genauigkeitanzuſtellen *).


*) Man vergleiche meine Vues des Cordillieres et Monumensameriques etc., t. 1. p. 286. v. H.