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Alexander von Humboldt: „Über eine Karte von Neuspanien herausgegeben von Hrn. Arrowsmith, im J. 1810“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1811-xxx-Lettre_a_l-5> [abgerufen am 20.04.2024].

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https://humboldt.unibe.ch/text/1811-xxx-Lettre_a_l-5
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Titel Über eine Karte von Neuspanien herausgegeben von Hrn. Arrowsmith, im J. 1810
Jahr 1812
Ort Gotha
Nachweis
in: Monatliche Correspondenz zur Beförderung der Erd- und Himmels-Kunde 25 (März 1812), S. 265–272.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Antiqua (mit lang-s); Auszeichnung: Kursivierung, Sperrung; Fußnoten mit Asterisken; Schmuck: Initialen.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: III.11
Dateiname: 1811-xxx-Lettre_a_l-5
Statistiken
Seitenanzahl: 8
Zeichenanzahl: 10893

Weitere Fassungen
[Lettre à l’éditeur du Moniteur] (Paris, 1811, Französisch)
[Lettre à l’éditeur du Moniteur] (London, 1811, Englisch)
[Lettre à l’éditeur du Moniteur] (London, 1811, Englisch)
[Lettre à l’éditeur du Moniteur] (London, 1811, Englisch)
Über eine Karte von Neuspanien herausgegeben von Hrn. Arrowsmith, im J. 1810 (Gotha, 1812, Deutsch)
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Über eine KartevonNeuſpanien herausgegeben von Hrn. Arrowsmith, im J. 1810von Alexander von Humboldt.


Ich habe mich vier Jahre lang mit Zuſammenſetzungeiner Karte von Mexico beſchäftigt, die zu Parisim September 1809 erſchienen iſt, und zwey Blät-ter meines großen geographiſchen und phyſiſchenAtlaſſes vom Königreich Neuſpanien ausmacht. Die-ſe Karte, von mir zuerſt 1803 in Mexico gezeichnet,iſt in Paris von Aubert dem Vater und Barrière ge-ſtochen worden; ihr Titel iſt: Carte générale duroyaume de la Nouvelle-Espagne, dreſſée ſur desobſervations aſtronomiques et ſur l’enſemble des ma-tériaux qui exiſtoient à Mexico au commencementde l’année 1804, par Alexandre de Humboldt. Die aſtronomiſchen Beobachtungen, geodätiſchenMeſſungen, barometriſchen Höhenbeſtimmungen,welche ich während meiner Reiſe in den Aequino-ctial-Gegenden der neuen Welt von 1799 bis 1803gemacht habe, befinden ſich in dem zweyten Theilmeines mit Herrn Oltmanns gemeinſchaftlich her-ausgegebenen Recueil d’obſervations aſtronomiques. |266| Die zahlreichen, im Publicum nicht bekannten Ma-terialien, die den zwanzig im Mexicaniſchen Atlasenthaltenen Karten zu Grundlagen gedient haben,ſind dargelegt und beurtheilt in der Analyſe raiſon-née, die meinem Eſſai politique ſur la nouvelle Es-pagne (bey Friedr. Schöll, Paris 2 Vol. in 4to)vorausgeht. *) Diese große und mühevolle Arbeit hat Hr. Ar-rowsmith — ſo unvollkommen ſie dem Verfaſſer auchſelbſt ſcheint — ſich ganz zugeeignet; er hat meine Carte générale du Mexique getreu copirt, und ſie zuLondon den 5. Oct. 1810 herausgegeben, ehe nochdie engliſche Überſetzung meines Eſſai politique bey Longmann, Hurſt und Orme erſchienen war; erhat dabey ſeinen Namen an die Stelle des meini-gen geſetzt. Der Titel heißt: A New Map of Me-xico, compiled from original documents, by Arrow-ſmith. Die Lage der Städte, Dörfer und Bergwer-ke, die Gränzen der Intendanzen, die Umriſſe derGebirge, die Anzeige der Höhen in Toiſen, die An-merkungen über die Wanderungen der Azteken undzur Geſchichte der Schiffahrt, die kleinen bey meh-reren Flüſſen angegebenen Pfeile; Alles, ſogar dieRichtung der Schraffirung, die im Original mehrmalszu unſicher angegeben iſt, findet ſich in Herrn Ar-rowsmiths Copie wieder. Ich war genöthigt gewe-ſen, mich hie und da neuer Zeichen zu bedienen,zum Beyſpiel zwey gekreuzter Hämmer, um denHauptort eines Provinzial-Bergwerks-Raths anzu-
*) S. Monatl. Correſpondenz XVIII. S. 116, 164, 201, 313.XIX. 518. XX, 395. XXI, 493. XXIV, 51. XXV.
|267| deuten; indem Herr Arrowsmith meine Bezeich-nungsweiſe angenommen hat, hat er auch meineErklärung davon gegeben, und dieſe hat er abge-ſchrieben, ohne ſie zu überſetzen und ohne ein ein-ziges Wort darin zu verändern; auf ſeine engliſcheKarte hat er dieſe Erklärung in franzöſiſcher Spra-che ſtechen laſſen; doch hat er das Zeichen wegge-nommen, welches die Orte angibt, an denen ichaſtronomiſche Beobachtungen angeſtellt habe. Suchtman meinen Namen auf der Copie meiner großenKarte, ſo wird man ihn nur auf einem von den dreyAusſchnitten finden, welche ebenfalls ſo viel ausmeinem mexicaniſchen Atlas entlehnte Skizzen ent-halten. Dieſe kleinen Ausſchnitte enthalten die hy-drographiſchen Grundriſſe der Häfen von Veracruzund Acapulco, und die Karte des Thals von Mexico;und nach den Worten Valley of Mexico, iſt hinzu-geſetzt: From M. Humboldts Map. Und gerade das,was allein Hr. Arrowsmith ſich nicht zueignen will,gehört auch mir nicht an. Er konnte in meinem mexicaniſchen Atlas und in der geographiſchen Ein-leitung leſen wie folgt: ”Plan de la Vera Cruz,”dreſſé par Don Bernard de Orta, d’après le”plan publié par le Depoſito Hidrografico ”de Madrid; Plan d’Acapulco (inédit), dreſſé par”les Officiers embarqués dans les corvettes la Des-”cubierta et l’Atrevida; Carte de la vallée de”Mexico (inédite), esquiſſée ſur les lieux en 1804,”par Don Luis Martin, rédigée et corrigée en”1807, d’après les opérations trigonométriques deDon Joacquim de Velasquez, et les obſer- |268| ”vations aſtronomiques et les méſures barométriques”de M. de Humboldt par J. Oltmanns.
Herr Arrowsmith hat meine Karte in vier Blät-tern herausgegeben, und dabey einen Maaßſtab an-genommen, der faſt um den vierten Theil größer iſtals der meinige. Er hat in den benachbarten Län-dern einige Längengrade mehr gegeben, und in demnördl. Theil des californiſchen Buſens, wie auch zwi-ſchen den Ebenen von Nabajoa und dem See Teguayoeine kleine Anzahl von Namen hinzugefügt. Dieeinzelnen Angaben für die Gegenden zwiſchen Ve-racruz, Mexico und Acapulco, ſind aus den KartenNr. 5 und Nr. 9 meines mexicaniſchen Atlaſſes ge-nommen, von welchen die erſtere von mir ſelbſt ge-zeichnet, und die letztere auf die trigonometriſchenArbeiten der H. H. Garcia-Conde und Coſtanzo gegründet worden iſt. Da der Überſetzer die KarteNr. 2 in meinem Atlas, die von Port St. Françoisbis nach Philadelphia reicht, nicht gekannt hat; ſofehlt auf ſeiner Karte eine ganze Provinz: Neu-Ca-lifornien: Er hat ſie im Allgemeinen mit dem Na-men Neu-Albion bezeichnet, und hat noch einenTheil der Nordweſtküſte nach Vancouver’s ſchönenBeobachtungen daran geſetzt. Die Halbinſel Califor-nien iſt ohne Rückſicht auf die koſtbaren Nachrich-ten gezeichnet, welche die Expedition von Malaspi-na, und der gelehrte Herausgeber des Viage al Estre-cho de Fuca verſchafft haben. Einige Veränderungen habe ich gefunden, inder Geſtalt einer Erdzunge neben dem Buſen vonTamiagua, in der kleinen Inſel Socorro, und in derAusdehnung von Neuſpanien, zwiſchen Acapulco |269| und Vera Cruz. Aber dieſe Ausdehnung paßt we-der auf Ferrer’s Beobachtungen, noch auf die mei-nigen, noch auf Espinoſas Rechnungen, die 1809zu Madrid in den Memorias de los Navegantes Es-pannoles bekannt gemacht wurden. Dieſes ſind dieeinzigen Veränderungen, die ich nach Unterſuchungvon drey bis vierhundert Ortsbeſtimmungen im In-nern von Mexico habe wahrnehmen können. Manbraucht meine Karte nur einige Minuten lang mitder des Hrn. Arrowsmith zu vergleichen, um zu be-merken, daß die eine von der andern genommeniſt. Dabey iſt die Überſetzung, wie bey allen in derEile gemachten Nachſtichen, incorrect. Man findetdarauf — um nur Namen anzuführen, die denenbekannt ſind, die Robertſons claſſiſches Werk gele-ſen haben — Tezuco ſtatt Tezcuco, die Republik Tlascaca ſtatt Tlascala, Gholula ſtatt Cholula, u. ſ.w. Hier und da (und daran erkennt man ebennicht, daß die Karte aus Original- alſo ſpaniſchenund mexicaniſchen — Quellen zuſammen gebracht iſt) hier und da iſt franzöſiſch und engliſch untereinander gemengt: ſo lieſt man ganz ausgeſchrie-ben, wie auf meiner Karte, forêts de Tarifa, pontd’Istla, lac de la Trinité. An andern Stellen ver-ſucht Herr A. das Franzöſiſche ins Spaniſche zu über-ſetzen, und das mit einer ſo merkwürdigen Einfalt,daß er nur einige Vocale ändert. So iſt aus minesde charbon de terre gemacht: minas de charbon deterra. In der Skizze des Thals von Mexico, dieeine der großen leeren Stellen der Copie ausfüllt,findet man nicht ohne Erſtaunen das Wort Océan auf der Höhe der Cordilleren ſelbſt. Herr A. hat ſich |270| nicht die Mühe genommen, einen Satz ganz zu über-ſetzen. Das Original hat: Le plateau de Toluca eſtélevé de 1400 Toiſes au deſſus du niveau de l’ Océan. Da nun das letzte Wort auf meinem Atlas eine Zeileallein bildete, ſo ſcheint es der Stecher für den Na-men einer Stadt oder eines Dorfes gehalten zu ha-ben. Ich hatte in meinem Eſſai politique ſur la Nouv.Eſp. Th. I. p. XXVI. da ich mehreren unter Hrn. Ar-rowsmiths Namen erſchienenen Karten gerechtes Lobertheilte, beklagt, daß auf ſeiner Chart of the Weſt-Indies and Spanish Dominions in North-America, von welcher Hr. Poirſon die kleine Skizze des SeesNicaragua (T. IV. Nr. 6) entlehnt hat, die Namenvon Mexico bis Vera Cruz wie auf gut Glück hinge-worfen ſeyen; daß der Pic v. Orizaba, deſſen La-ge vor mir ſchon ſehr gut durch Ferrer und Iſas-virivil beſtimmt worden, auf eine für die Schifferſehr gefährliche Weiſe eingetragen, und daß dieBreite der Hauptſtadt Mexico um 32 Minuten fehler-haft ſey. Damals war ich weit entfernt zu glauben,daß Hr. A. einſt meine Arbeit im Ganzen ſich aneig-nen würde, und ich wünſche recht ſehr, daß ermir nicht Anlaß zu neuen Reclamationen gebenmöge, wenn ich in Kurzem die Karten vom Orenocound Caſſiquiare, vom Rio Negro, vom Magdalenen-fluß und von der Provinz Jaën de Bracamoros her-ausgebe, die ich an Ort und Stelle aufgenommen ha-be. Ich weiß nicht, ob ein Reiſender Urſache hatſich zu beſchweren, wenn ein Theil ſeiner Arbeitin eine Karte verwebt wird, die einen ganzen Erd-theil darſtellt. Es würde mir nicht aufgefallen ſeyn, |271| wenn Herr A. ohne ſeine Quellen zu nennen, eineKarte von Nord-America herausgegeben, und dievereinigten Staaten nach Hutchin und Ellicot, Loui-ſiana nach Lafon, Neuſpanien nach meinem mexica-niſchen Atlas, und das Königreich Guatimala nachder 1805 von Espinoſa und Bauza entworfenen Kar-te, darin aufgenommen hätte; denn ſolches Ver-ſchweigen der Quellen iſt faſt hergebracht unter dergroßen Zahl von Geographen, die ihre Karten nichtmit kritiſchen Erörterungen begleiten, obgleich ih-nen mehrere mit Recht berühmte Gelehrte zumBeyſpiel für ein entgegengeſetztes Benehmen hättendienen können, wie D’Anville, Dalrymple, Fleu-rieu, Rennell, und neuerlich d’Arcy de la Rochette mit ſeiner ſchönen Karte von Columbia prima, die Faden herausgegeben hat. Aber dann müſſen dieReclamationen eines Reiſenden für gerecht erkanntwerden, wenn man ſchlichte Copien ihrer Arbeitenunter fremden Namen verbreitet. Kurze Zeit darauf, als mir die Karte des Hrn. A. bekannt worden war, erhielt ich aus Philadelphiadie Reiſe des Major Pike, der bey ſeiner Expeditionnach dem Plata- und Arkanſaw-Fluß, und nachden Bergen nördlich von Neu-Mexico ſo viel edelnMuth gezeigt hat. Dieſer Officier hat eine intereſ-ſante Karte vom weſtlichen Louiſiana geliefert; aberdie Karten von Mexico, die unter Herrn Pike’s Na-men erſchienen, ſind nur Reductionen meiner gro-ßen Karte von Neuſpanien, auf welche der Reiſendeſeinen Weg von Santa Fé über Cohahuila nach Na-cochdocher gezeichnet, und eine kleine Anzahl Ortehinzugefügt hat, durch welche er kam, und von |272| welchen einige auf der im Jahr 1804 in dem Staats-Secretariat zu Washington niedergelegten Skizze mei-ner Karte fehlten. Die Namen ſind auf eine entſtel-lende Weiſe angegeben: man findet da: la Parcon-ception de Calora, ſtatt: la Puriſſima conceptionde Catorce; le Volcan d’Ozullo, ſtatt: Jorullo;Panami des Surfurcas, ſtatt: Piramides Sulfureas;le lac de la Trinité (ganz Franzöſiſch ausgeſchrie-ben) u. ſ. w. Das Zeichen der gekreuzten Hämmerbey den Bergwerken hat Herr Pike für das Zeichenvon Feſtungen, fortified Towns, angeſehen.

Alexander v. Humboldt.