Bemerkungen über das gelbe Fieber, und deſſen Zuſammenhang mit der Temperatur, von Alexander von Humboldt . Nach deſſen Eſſai politique ſur le Roy. de la Nouvelle Espagne, Paris 1811. 8. t. 4. p. 477—564, und nach der Bibl. britann. 1811 frei dargeſtellt von Gilbert. 1. Das gelbe Fieber, oder, wie die Spanier es nennen, das ſchwarze Erbrechen (vomito prieto oder negro), herrſcht faſt alle Jahre an der flachen Oſtküſte Neu-Spaniens, und man hält die Stadt Vera Cruz für den hauptſächlichſten Sitz deſſelben. Dieſe berühmte Seeſtadt wird von 16000 Menſchen bewohnt , iſt der einzige für Kriegsſchiffe brauchbare Hafen, den es an der Oſtküſte von Neuſpanien giebt, und auf die Befeſtigung deſſelben ſind von der Regierung 50 Millionen Piaſter verwendet worden. Und dennoch iſt es ſeit dem Jahre 1801 mehrmals in Anregung gekommen, dieſe Stadt als den Hauptſitz des gelben Fiebers, zu ſchleifen, und die Einwohner nach der 20 franz. Meilen entfernten Stadt Xalapa zu verſetzen, welche auf der Höhe der Cordilleren-Ebne liegt, und einen ewigen Frühling genießt. Nach der Schätzung von Don Quiros, welche Hr. von Humboldt in den Zuſätzen nachträgt, hatte Vera Cruz im J. 1806 beſtändige Einwohner 20000, Matroſen und Seeleute 3640, Maulthiertreiber aus dem Innern zum Handel mit dem Innern, der 49139 Maulthiere beſchäftigte, 7370, Fremde, Reiſende und Soldaten 4500, zuſammen 35,510 Seelen. G. Wenn ſich der Typhus, den man das gelbe Fieber nennt, zuerſt in dieſem Theile Amerikas gezeigt hat, iſt ſchwer auszumachen. Der Abt Clavigero giebt in ſeiner Geſchichte von Mexico das Jahr 1725 an; in Vera Cruz und in Mexico herrſcht aber unter den Einwohnern allgemein die Sage, die alte Stadt Vera Cruz, welche jetzt nur noch als Dorf Namens la Antigua vorhanden iſt, ſey am Ende des 16ten Jahrhunderts wegen der Krankheit verlaſſen worden, von der dort die Europäer weggerafft wurden. Der portugieſiſche Arzt Juan Ferreyra de Roſa beſchreibt ſchon das gelbe Fieber in ſeinem zu Liſſabon 1694 gedruckten Tractat über die Peſt in Fernambuk; er hatte es zu Olinda in Braſilien beobachtet, wo es ſeit 7 Jahren wüthete, und bald nachdem eine portugieſiſche Armee Fernambuk von den Holländern erobert hatte, ausbrach. Wir wiſſen ferner mit Gewißheit, daß das gelbe Fieber 1691 auf der Inſel Barbados unter dem Namen Fieber von Kendal herrſchte; daß es durch Schiffe von Fernambuk dorthin gebracht worden ſey, daran fehlt es ganz an Beweiſen. Zu St. Martha und zu Carthagena in Südamerika ſcheint dieſe Krankheit indeß erſt ſeit 1729 oder 1730, und zu Guayaquil ſeit 1740 bekannt zu ſeyn. Seitdem hat es ſich wiederholt auch außerhalb der Antillen und des ſpaniſchen Amerika gezeigt, am Senegal, in den vereinigten Staaten Nordamerikas (1741, 47, 62 und ſeit 1793 faſt alle Jahre), zu Malaga (1741, 1803, 4), zu Cadix (1731, 33, 34, 44, 46, 64 und von 1800 bis 1803), zu Livorno und ſelbſt auf Minorca. Daß das gelbe Fieber dieſer Orte ein anderes ſey, als das zu Vera Cruz, oder daß es von den afrikaniſchen Küſten nach der Inſel Granada und von dort nach Philadelphia eingeführt worden ſey, ſind völlig grundloſe Meinungen. Auf ähnliche Weiſe glaubte man ehemals, eine von Siam kommende Flotte habe das ſchwarze Erbrechen nach Amerika gebracht. Pringle, Lind und einige andere berühmte Aerzte ſind der Meinung geweſen, die galligten Krankheiten, welche ſich bei uns im Sommer und im Herbſte einfinden, ſeyen der erſte Grad des gelben Fiebers . In der That haben die von Lanciſi, Torti und neuerlich von dem berühmten Frank beſchriebenen bösartigen intermittirenden Fieber, welche in Italien herrſchen, eine geringe Aehnlickeit mit dem gelben Fieber; in der Gegend um Rom will man ſelbſt von Zeit zu Zeit Einzelne haben ſterben ſehn, mit faſt allen pathognomiſchen Kennzeichen dieſes Typhus, Gelbſucht, Erbrechen, Blutflüſſen u. dergl. Solche Aehnlichkeiten ſind aber nur zufällig, und man kann das gelbe Fieber überall, wo es den Charakter einer epidemiſchen Krankheit hat, als einen Typhus eigner Art betrachten, welchen Franck mit dem Namen febris gaſtrico-nervoſa bezeichnet. Daher ſind die ſtationairen Gallen- und bösartigen intermittirenden Fieber, welche an den Ufern des Oronoco, an der Seeküſte von Cumana bis Cap Codera, im Thale des Magdalenenfluſſes, zu Acapulco und in vielen andern feuchten und ungeſunden Gegenden, welche ich auf meiner Reiſe beſucht habe, herrſchen, weſentlich verſchieden von dem vomito prieto oder dem gelben Fieber, das die weſtindiſchen Inſeln, Neu-Orleans und Vera-Cruz verheert. Lind üb. die Krankh. der Europaer in den heißen Ländern S. 14, und Berthe Précis hiſtor. de la malad. qui a regné en Andalouſie en 1800. p. 17. De curandis hominum morbis t. 1. p. 150. Es iſt von Einigen, doch ohne allen Grund, behauptet worden, das gelbe Fieber habe ſich nie in der ſüdlichen Hemiſphäre gezeigt, und ſie haben die Urſache davon in der größern Kälte dieſer Halbkugel geſucht. Zwar iſt um den Südpol unſtreitig mehr Eis als um den Nordpol gelagert, der Einfluß deſſelben erſtreckt ſich aber ſchwerlich bis über 48° Breite herab. Der in der temperirten Zone liegende Theil Südamerikas hat das Klima einer nach Süden zu ſich verengernden Halbinſel; die Sommer ſind dort minder heiß und die Winter minder ſtrenge, als unter gleichen Breiten in den Ländern der nördlichen Halbkugel, welche nach Norden zu immer breiter werden. Die Temperatur in Buenos Ayres iſt kaum von der in Cadix verſchieden. In den erſten Jahren des gegenwärtigen Jahrhunderts wüthete aber das gelbe Fieber ſelbſt in dem wegen ſeiner Geſundheit ſonſt ſo berühmten Monte Video. Ueberall wo Menſchen, welche in einem kalten Klima geboren ſind, ſich in die niedrigen Gegenden der heißen Zone, oder andre ſehr heiße Küſten begeben, und die von Miasmen angeſteckte Luft täglich zu athmen gewagt haben, ſcheint das gelbe Fieber ausbrechen zu können. Seit etwa ſechzig Jahren iſt Panama faſt der einzige Ort an den Küſten der Südſee, wo ſich das gelbe Fieber eingefunden hat. Hier, wie zu Callao (dem Hafen von Lima in Peru), treten die großen Epidemieen oft mit der Ankunft von Schiffen aus Chili zuſammen. Nicht daß ſie aus dieſem Lande, einem der geſegnetſten und geſundeſten auf der Erde, mitgebracht würden, (dort ſind ſie unbekannt); ſondern weil die Einwohner deſſelben, wenn ſie ſich in die heiße Zone verſetzen, den ſchädlichen Einfluß ausnehmend heißer, mit Ausflüſſen aus faulenden Körpern beladener Luft nicht weniger als die Nordländer empfinden. Panama liegt auf einer dürren Pflanzenleeren Landzunge, wo bei der Ebbe jedesmal eine große Strecke der Bucht aus dem Waſſer hervortritt. Die Seepflanzen und gallertartigen Mollusken, mit der dieſe bedeckt bleibt, zerſetzen ſich in der Gluth der Sonne ſehr ſchnell, und es ſteigen aus ihnen Miasmen hervor, welche auf die Eingebornen faſt ohne Einwirkung ſind, aber in kälteren Gegenden Amerikas und in Europa Geborne mächtig ergreifen. Zu Portobelo, welches an der Weſtſeite der Landenge von Panama liegt, ſteigen die fauligen Ausflüſſe, welche die hier herrſchenden intermittirenden Gallenfieber erzeugen, nicht aus dem Meere hervor, denn hier ſind Ebbe und Fluth kaum merklich, ſondern aus den Wäldern, die ſich vor wenigen Jahren noch bis dicht an die Thore von Portobelo zogen, und erſt vor Kurzem rund um die Stadt ausgerodet worden ſind, um ihr geſundere Luft und Schutz vor den Affen zu verſchaffen, von denen ſich Nachts ganze Schaaren in die Gärten ſchlichen und die Früchte ſtahlen. Schon lange vor Cortez wurde Neuſpanien von einer oft wiederkehrenden peſtartigen Epidemie verheert; einem Gallenfieber, welches noch jetzt dort häufig wüthet, und in ſeinen Complicationen manches Aehnliche mit dem gelben Fieber hat, ſich von dieſem jedoch darin weſentlich unterſcheidet, daß es die Eingebornen oder die kupferfarbne Race ergreift, und im Innern des Landes wüthet, in 7200 bis 7800 par. Fuß Höhe über dem Meere, wo das Thermometer am Tage nur auf 10 oder 12° C. ſteht; indeß das gelbe Fieber blos an den Küſten herrſcht, und allein diejenigen ergreift, welche nicht an das brennende und ungeſunde Klima der niedrigen Küſten gewöhnt ſind, und nicht die Eingebornen dieſer Küſtengegend. Nie verbreitet es ſich weiter vom Meere, als höchſtens 10 franz. Meilen Landeinwärts, und der Pachthof l’Encero, der 5568 par. Fuß über dem Meere unweit Vera Cruz liegt, iſt die obere Gränze, bis zu welcher das ſchwarze Erbrechen hinaufgeht. In dieſer Höhe iſt zugleich die untere Gränze der mexikaniſchen Eiche, welche in der zur Entwickelung jenes Krankheitsſtoffs nöthigen Wärme nicht ausdauert. Wer in Vera Cruz geboren und erzogen iſt, iſt in dieſer Stadt vor dem gelben Fieber ſicher; etwas Aehnliches gilt von Havannah. Wohl aber hat man geſehen, daß Kaufleute aus der Inſel Cuba während des Auguſts oder Septembers in Vera Cruz vom gelben Fieber ergriffen wurden, und daß Eingeborne des ſpaniſchen Amerika zu Havannah, in Jamaica und in den vereinigten Staaten am ſchwarzen Erbrechen ſtarben. Doch ſind das eben ſo ſeltene Fälle, als daß Neger an dieſer Krankheit ſterben. Die Eingebornen, welche von ihrer erſten Kindheit an an der großen Hitze der Küſten von Mexico, und an den Miasmen gewöhnt ſind, mit denen die Luft um Vera Cruz erfüllt iſt, erreichen häufig ein hohes Alter. Es darf uns nicht wundern, daß ein Fieber, welches die Nicht-Acclimatiſirten in den Antillen ergreift, die Aufmerkſamkeit der europäiſchen Aerzte in den früheren Zeiten ſo wenig auf ſich gezogen hat. Im 16ten und 17ten Jahrhundert richtete es weit weniger Verheerungen an, als jetzt. Die tropiſchen Gegenden Amerikas wurden damals jährlich nur von ſehr wenigen Europäern, und faſt nur von Spaniern und Portugieſen beſucht, denen die heißen Klimate minder gefährlich ſind, als den Bewohnern des nördlichen Europa, welche jetzt Weſtindien beſuchen. Die erſten europäiſchen Anſiedler lebten auf Kuba, Jamaika und Haity nicht in volkreichen Städten zuſammengedrängt, wie jetzt, und die Spanier überhaupt bauten ſich anfangs mehr im Innern Amerikas auf den hohen Gebirgsebnen an, wo ſie eine ihrem Vaterlande ähnliche Temperatur fanden, als an den heißen und feuchten Küſten. Die Häfen von Panama und von dem 1584 verlaßnen Nombre de Dios, welches öſtlich von Portobelo lag, waren anfangs, nach der Eroberung Amerikas, die einzigen Küſtenorte, wo zu gewiſſen Zeiten des Jahrs ein großer Zuſammenfluß von Fremden Statt fand; der Aufenthalt in Panama wurde aber auch von den Europäern ſeit 1535 eben ſo gefürchtet, als jetzt der Aufenthalt zu Vera Cruz, zu Omoa oder zu Portocaballo. 2. An den Küſten von Mexico zeigt ſich zwiſchen dem Gang der Krankheiten und den Variationen der Luft-Temperatur der genauſte Zuſammenhang. Vera Cruz liegt unter 19° 11′ 52″ nördlicher Breite. Man kennt dort nur zwei Jahrszeiten, die Jahrszeit der Nord-Stürme (los nortes), welche von der Herbſt- bis zur Frühlings-Nachtgleiche herrſcht, und die Jahrszeit der Süd-Weſt-Winde (brizas), welche ziemlich regelmäßig vom März bis in den September wehen. Der Januar iſt zu Vera Cruz der kälteſte Monat des Jahrs, weil die Sonne am 16. Mai und am 27. Juli dort durch das Zenith geht, und der Januar von dieſen beiden Zeitpunkten am weiteſten abſteht. Das gelbe Fieber fängt in der Stadt gewöhnlich nicht eher an um ſich zu greifen, als bis die mittlere Temperatur des Monats auf 24° nach der Centeſ. Scale (19° R.) geſtiegen iſt. Im December, Januar und Februar erreicht ſie dieſe Gränze nicht; auch iſt es ein ſehr ſeltner Fall, daß das gelbe Fieber während dieſer Jahrszeit nicht ganz verſchwindet, in welcher häufig eine empfindliche Kälte herrſcht. Im Monat März fängt die große Hitze an, und mit ihr die Epidemie, die in der Regel bis an das Ende Octobers anhält. Der Mai iſt zwar heißer als der September und October, in dieſen beiden Monaten wüthet aber doch das gelbe Fieber am ſtärkſten, denn in allen Epidemieen geht eine gewiſſe Zeit darauf hin, bis der Keim der Krankheit ſich in ſeiner ganzen Stärke entwickelt; auch ſcheint die Regenzeit, welche vom Juni bis in den September dauert, zur Erzeugung des Miasma um Vera Cruz mit zu wirken. Wenn das gelbe Fieber den Sommer über ſo heftig wüthet, wie im J. 1802, ſo hält es den ganzen Winter über an. Um den Einfluß der Temperatur auf das gelbe Fieber außer Zweifel zu ſetzen, habe ich während meines Aufenthaltes zu Vera Cruz über 21000 meteorologiſche Beobachtungen, welche der Hafen- Capitain Don Bernardo de Orta von 1788 bis 1802 dort angeſtellt hatte, mit der größten Sorgfalt verglichen, und daraus die mittleren Temperaturen der einzelnen Monate zu Vera Cruz abgeleitet. Sie findet man in der folgenden Tabelle, und daneben die Zahl der Kranken, welche im J. 1803 im St. Sebaſtians-Hospitale monatlich an dem gelben Fieber nieder lagen, ſo wie derer, die daran ſtarben. In den Liſten der andern viel anſehnlicheren Hospitäler fanden ſich die Krankheiten nicht angegeben. Die mittleren Temperaturen von Mexiko und von Paris, welche ich zur Vergleichung beigefügt habe, ſtehn in einem auffallenden Contraſte mit den mittleren Temperaturen der Oſtküſten von Neu-Spanien. Ich habe die erſteren aus den Beobachtungen gezogen, welche Hr. Alzate im J. 1769, doch nur während der letzten 9 Monate angeſtellt hat; im Januar kömmt das Thermometer zu Mexico auf 5 bis 6° C. und ſelbſt noch tiefer herab . Die mittleren Temperaturen von Paris ſind aus dem von Hrn. Cotte für die Jahre von 1765 bis 1808 berechneten Calendrier de Montmorency entlehnt . — Gern hätte ich noch ähnliche Data von Philadelphia hinzugefügt, wo der Sommer ſo heiß als in Neapel und der Winter ſo ſtrenge als in Preußen iſt, ich habe mir aber die mittleren Temperaturen der einzelnen Monate, und die Zahl der an dem gelben Fieber monatlich Erkrankten und Geſtorbenen von dorther nicht verſchaffen können. Aus den höchſten und niedrigſten Ständen, welche das Thermometer in den einzelnen Monaten oder Jahren erreicht hat, läßt ſich nichts auf die mittleren Temperaturen der Luft, und was damit zuſammenhängt, ſchließen . Obſervaciones meteorologicas de los ultimos nueve meſes del A. 1769. Mexico 1770. Journal de Phyſ. 1809. p. 382. Dieſes ſcheint der großen Zahl von Aerzten entgangen zu ſeyn, welche die Frage verhandelt haben, ob die Epidemieen des gelben Fiebers, welche in den Jahren 1800 bis 1805 an den ſüdlichen Küſten von Spanien gewüthet haben, durch einen im ſüdlichen Europa ungewöhnlichen Grad von Hitze verurſacht worden ſeyn oder nicht. Man findet in vielen Büchern angegeben, das Jahr 1790 ſey um 2° C. wärmer geweſen als die Jahre 1799 und 1800, weil in dieſen beiden letzten Jahren das Thermometer in Cadix nur bis auf 28° und 30°, 5 C., im J. 1790 dagegen bis auf 32° C. geſtiegen ſey . Aus einer ſolchen iſolirten Beobachtung läßt ſich aber nichts auf die mittlere Wärme ſchließen. Die ſchönen meteorologiſchen Beobachtungen des Chevalier Chacon, welche Hr. Arejula (de la fiebre amarilla de Cadiz 2 Voll.) bekannt gemacht hat, werden darüber ſicher mehr Belehrung geben, wenn man ſich der Mühe unterziehn will, aus ihnen die Mittel jedes Monats abzuleiten. v. H. Zeit der Nord-Winde Mittlere Temperaturen der Luft nach der Centeſ. Scale zu Kranke am gelb. Fieber im St. Sebaſtians- Hospit. zu Vera Cruz Vera Cruz Mexico Paris hinein gek. geſtorben Januar 21°,7 1°, 2 7 1 Februar 22,6 4,3 6 2 März 23,3 8,0 19 5 Zeit der Süd- Weſt-Winde u. des gelb. Fiebers April 25,7 18°,6 10,5 20 4 Mai 27,6 18,8 14,1 73 11 Juni 27,5 16,9 18,0 49 6 Juli 27,5 17,0 19,4 51 11 Auguſt 27,6 17,0 20,2 94 16 September 27,4 15,8 16,4 68 8 October 26,2 16,4 12,0 29 3 Zeit der Nord-Winde November 24,0 14,4 6,5 9 2 December 21,1 13,7 3,8 3 0 Mittel aus dem ganzen Jahre 25,4 17,0 (?) 11,3 auf 6,2 1 Ich füge hier die mittleren Temperaturen der Monate in Genf, nach den Beobachtungen von 1800 bis 1810, nach dem Vorbilde des Hrn. Odier in der Bibl. brit. bei. Mittel des ganzen Jahrs 10°,06 C. oder 8°,05 R. „Dieſe Mittel, ſagt Hr. Odier, ſind aber nur aus zwei Beobachtungen täglich, die eine bei Aufgang der Sonne, die andere um 2 Uhr Nachmittags, hergeleitet. Um recht genaue Mittel zu haben, müßte man wahrſcheinlich, meint er, mehr Beobachtungen täglich genommen haben. Das Mittel von 1796 bis 99, wo man eine Beobachtung mehr, beim Untergang der Sonne, mitgenommen habe, ſey nur 9°,90 C. oder 7°, 92 R. geweſen; wäre täglich noch eine vierte Beobachtung angeſtellt worden, ſo würde man vielleicht noch eine niedrigere mittlere Temperatur erhalten haben. Doch wären freilich dieſe vier Jahre kälter als gewöhnlich geweſen.“ Aber eben dadurch, daß man die Temperatur jedes Tags nur aus dem höchſten und dem niedrigſten Thermometerſtande berechnet hat, iſt man zu etwas Zuverläſſigem und Conſtantem gelangt, wie Hr. von Buch ſehr richtig bemerkt hat (ſiehe Annal. B. 40. S. 273). Gilbert. Januar 0°,69 C. Juli 18,91 C. Februar 1,70 Auguſt 19,23 März 5,13 Septemb. 15,62 April 8,84 Octob. 10,32 Mai 14,63 Novemb. 6,02 Juni 17,36 Decemb. 1,64 Zu Cumana, zu la Guayra, auf den öſtlichen Antillen, welche mit Vera Cruz unter einerlei Parallelkreis liegen, und überall in dieſer Zone, wo der Nordwind nicht bläſt, iſt die mittlere Temperatur des Januar über 25° C. Zu Vera Cruz herrſcht der Nordwind manchmal noch den April über, und fängt ſchon im October wieder an. Die Europäer, welche von dem ſchwarzen Erbrechen ergriffen zu werden fürchten, ſehn die Jahre, in denen der Nordwind bis in den März mit Heftigkeit bläſt, und ſich ſchon im September ſpüren läßt, für ſehr glücklich an. Nachdem die Sonne am 16. Mai durch das Zenith von Vera Cruz nördlich gegangen iſt, beginnt im Juni die Regenzeit; ſie hört im September auf, nachdem die Sonne auf ihrer ſüdlichen Wanderung am 27. Juli durch das Zenith zurückgegangen iſt. Der Mai und Auguſt ſind die heißeſten Monate des Jahrs; die mittlere Temperatur des Auguſts beträgt in Vera Cruz 27,6, in Rom 26°, in Upſala 15°,6 der Centeſimal-Scale. In dem ganzen Theile von Mexico, der zwiſchen den Wendekreiſen, und ſelbſt bis 28° nördlicher Breite hinauf liegt, giebt es überhaupt nur zwei Jahrszeiten, die Regenzeit (eſtacion de las aguas), die vom Anfang des Juni oder Juli bis in den September oder October dauert, und die trockne Zeit (el eſtio), welche die andern acht Monate vom October bis Anfang Mai anhält. Gewöhnlich fängt der Regen an auf dem öſtlichen Abhange der Cordillere, an den Küſten von Vera Cruz, wo er unter heftigen electriſchen Exploſionen 15 oder 20 Tage eher als auf der Bergebne im Innern des Landes um Mexico eintritt; in Guadalaxara fängt die Regenzeit noch ſpäter an, und zuletzt auf der Weſtküſte. Die chemiſche Wirkung, durch die ſie erzeugt wird, pflanzt ſich von Oſt nach Weſt, in der Richtung des Paſſatwindes fort. In den Monaten November, December und Januar iſt der Regen in den Gebirgen, ſelbſt in Höhen, die nicht 6000 Fuß betragen, mit Hagel und Schnee gemiſcht; dieſe Regen dauern aber höchſtens 4 oder 5 Tage. Ungeachtet ihrer Kälte hält man ſie für ſehr fruchtbar für Weizen und für künſtliche Wieſen. Auch in Mexico, wie in Europa, regnet es in den bergigen Gegenden im Ganzen am mehrſten. Von 24 bis 30° Breite ſind Regen ſeltner und von kürzerer Dauer, dafür ſchneit es über 26° Breite hinaus ziemlich viel. Zu große Feuchtigkeit iſt in Mexico etwas ſehr Seltenes. In den letztern Jahren hatte es vielmehr weniger und ſpäter geregnet, und bei meiner Anweſenheit in Mexico verſpätete ſich der Anfang der Regenzeit um drei volle Monate, fing erſt im September an, und dauerte nur bis in die Mitte Novembers. Die ausnehmende Dürre, welche vom Juni bis in den September herrſcht, zwingt die Einwohner, ihre Felder und Wieſen künſtlich zu wäſſern. Wo das nicht geſchieht, verſchwindet alles Gras im April, wenn der heiße und dürre Südoſtwind ſich häufig einzuſtellen anfängt, und nicht gewäſſerter Weizen leidet beſonders im Mai. Die erſten Regengüſſe im Juni bringen aber das Grün auf den Feldern und die Blätter der Bäume wieder hervor. In Vera Cruz fällt das Jahr über mehr als 1,870 Metres Regen. In dem einzigen Monat Juli 1803 fing ein genauer Beobachter, der Ingenieur-Oberſt von Conſtanzo, über 0,380 Meter Regen auf, alſo zwei Drittel von der Regenmenge, welche in London das ganze Jahr über fällt . Der Verdünſtung dieſes Regenwaſſers iſt es zuzuſchreiben, daß bei dem zweiten Durchgang der Sonne durch das Zenith von Vera Cruz der Wärmeſtoff dort nicht ſtärker als bei dem erſten Durchgange angehäuft iſt. Der November und December ſind dagegen in Vera Cruz ſo trockne Monate, daß in ihnen die Regenmenge im J. 1803 nicht 14 Millimeter betrug, während dort am 18ten Auguſt und am 14ten September in 24 Stunden über 70 Millimeter Regen gefallen waren. Die mittlere Menge des Regens und Schnees, welche in Genf das ganze Jahr über fällt, beträgt nur 31 Zoll 3 [Formel] Linie, alſo nicht ganz 0,852 Meter; ſ. Bibl. britann. B. 31 und 46. In Vera Cruz, wie überhaupt in den tropiſchen Gegenden, fürchtet man ſich am mehrſten für den Anfang und für das Ende der Regenzeit. Denn zu große Feuchtigkeit hält die Fäulniß der in moraſtigen Gegenden angehäuften vegetabiliſchen und thieriſchen Körper faſt eben ſo ſehr, als große Trockenheit zurück. 3. Wenn gleich das gelbe Fieber ſich nur in Ländern und in Jahrszeiten äußert, in welchen die mittlere Temperatur der Sommermonate auf 24° der Centeſimalſcale ſteigt, ſo halte ich doch keineswegs große Hitze für die einzige und die wahre Urſache dieſer Krankheit. Es ſcheinen dazu noch andre Urſachen mitwirken zu müſſen. Die Gegend um Vera Cruz iſt ſchrecklich dürr. Kaum ziehn ſich die Wälder, welche den öſtlichen Abhang der Cordillere bedecken, bis zu dem Pachtgute l’Encero herab; dort fängt eine minder dichte Holzung an, die ſich 5 bis 6 Lieues von der Küſte allmählig verliert. Einige Cocosbäume in den Gärten des Dorfs la Antigua ſind von Xalapa her die letzten großen Bäume, die man in dieſer Wüſte erblickt. Bewegliche Sandhügel (Meganos), welche die heftigen Winde zuſammen blaſen, und die die Stadt an der Süd- und Südweſt-Seite umgeben, vermehren noch die ausnehmende Hitze zu Vera Cruz. Dieſe kegelförmigen Dünen ſind bis 50 par. Fuß hoch. Bei ihrer größern Oberfläche werden ſie von der Sonne ausnehmend ſtark erhitzt, und ſie behalten die den Tag über erhaltene Temperatur die ganze Nacht über. So häuft ſich in ihnen die Hitze immer mehr an, ſo daß im Juli ein Thermometer in dem Sande dieſer Dünen bis auf 48 oder 50° C. ſteigt, während die Temperatur in der freien Luft im Schatten ſich auf 30° C. erhält. Dieſe Dünen ſtrahlen die Hitze ringsumher aus, wie Oefen, und hindern überdieß die freie Circulation der Luft. In den Sandebnen um die Stadt finden ſich überdieß Moräſte, in welchen das Regenwaſſer ſich anſammelt, das durch die Dünen durchſickert. Die Aerzte ſehn ſie mit Recht als eben ſo viel Quellen der Verpeſtung an. Am Fuße der Dünen ſtehn nur kleine Sträucher, deren Stängel und Blüthen kaum aus dem dürren Sande hervorragen, der ſie bedeckt. Wo ihn das Waſſer der in der Regenzeit austretenden Sümpfe benetzt, iſt die Vegetation kräftiger. Mehrere Pflanzen, die einen feuchten und ſalzigen Boden lieben, bedecken ihn an einzelnen Stellen; und dieſe niedrigen und ſumpfigen Stellen ſind um ſo mehr zu fürchten, da ſie nicht immer unter Waſſer ſtehn. Die abgeſtorbenen Blätter, Früchte, Wurzeln, Inſectenlarven und andre thieriſche Ueberreſte werden durch die brennenden Strahlen der Sonne in Fäulniß geſetzt; die Natur der Pflanzen, die an ſolchen Stellen wachſen, trägt ebenfalls dazu bei, das Miasma zu vermehren. Die Fäulniß von Pflanzen iſt vorzüglich zu fürchten, wenn ſich darunter viel adſtringirende befinden, die in ihrer Rinde und Wurzel viel mit dem Gerbſtoff verbundne thieriſche Materie enthalten, wie Hr. Vauquelin in ſeinem Aufſatze über die Verbindung des Gerbſtoffs mit Gallert und Eyweißſtoff in den Annal. du Muſeum t. 15. p. 77. gezeigt hat. Ich werde an einem andern Orte die Verſuche bekannt machen, welche ich zu Cumana über die Einwirkung befeuchteter und dem Lichte ausgeſetzter Wurzeln des Manglier angeſtellt habe, aus denen ſich die merkwürdige und ſeit langer Zeit in beiden Indien bekannte Erfahrung erklärt, daß unter allen Orten, wo der Manglier und der Mancenillier kräftig wachſen, die ungeſundeſten diejenigen ſind, wo die Wurzeln dieſer Bäume nicht immer mit Waſſer bedeckt ſind. In der Stadt Vera Cruz ſelbſt fehlt es nicht an Urſachen, welche ſie ungeſund machen. Sie iſt für ihren geringen Umfang zu volkreich; 16000 Einwohner ſind darin auf einem Raume von 500000 Quadratmeter zuſammen gedrängt; denn Vera Cruz hat die Geſtalt eines Halbkreiſes von nicht 600 Metern Halbmeſſer. Die mehrſten Häuſer haben über dem Erdgeſchoß nur eine einzige Etage; vom gemeinen Volke leben daher viele in Einem Zimmer. Die Straßen ſind zwar breit und gerade, und die längſten laufen nach Nordweſt; da aber die Stadt von einer hohen Mauer umgeben iſt, findet in den Straßen faſt keine Circulation der Luft Statt. Den Wind, welcher den Sommer über nur ſanft aus Südoſt und Oſt-Süd-Oſt bläſt, verſpürt man nur auf den Dächern der Häuſer; in den Straßen athmet man dann eine ſtehende und glühende Luft. Die Nordwinde dagegen ſtürmen im Winter ſo heftig, daß man oft nicht über die Straße gehen kann. Die Unreinlichkeit der Einwohner hat man ſehr übertrieben. Seit einiger Zeit laßt es ſich die Policey angelegen ſeyn, die Geſundheit der Luft zu erhalten, und ſchon iſt Vera Cruz minder ſchmuzig als viele Städte im ſüdlichen Europa. Oder vielmehr, wie wir oben S. 257 geſehn haben, 35500 Menſchen. G. 4. Es iſt merkwürdig, daß ſich das gelbe Fieber noch nicht auf der Weſtküſte Neu-Spaniens gezeigt hat, obgleich zu Acapulco dieſelben Urſachen der Ungeſundheit, und noch in höherem Grade, als zu Vera Cruz herrſchen. Es iſt von Erdbeben und Orkanen heimgeſucht; die Einwohner athmen eine glühende, mit Inſekten erfüllte und von fauligen Emanationen verdorbene Luft, und während eines großen Theils des Jahrs ſehn ſie die Sonne nur durch eine olivenfarbne Dunſtlage, welche auf ein Hygrometer, das ſich in den untern Regionen der Luft befindet, nicht einwirkt. Die Häuſer ſtehn an einer Felſenmauer, die durch Reverberiren die Luft noch mehr erhitzt, und das Baſſin des Hafens iſt ſo von Bergen umgeben, daß der Gouverneur des Schloſſes, Don Joſef Barreiro, nach Nordweſten einen Durchſchnit in den Bergen hat machen laſſen, um während der Sommerhitze dem Seewinde einigen Zugang zu verſchaffen. Dieſes kühne Unternehmen iſt nicht ohne Erfolg geblieben; der kleine Luftzug, der ſich durch dieſe Breſche einfindet, iſt für Acapulco um ſo heilſamer, da öſtlich bei der Stadt eine Lache liegt, deren Waſſer alle Jahr vertrocknet, und dann eine unzählige Menge kleiner, mit einer Schleimhaut umgebner Fiſche zurückläßt, die in Haufen faulen, und deren Emanationen galligte Faulfieber erzeugen und Acapulco zu einem der ungeſundeſten Orte des neuen Continents machen . Ueberhaupt herrſchen in der ganzen Küſtengegend, von der Mündung des Rio Papagallo bis San Blas, gaſtriſche Fieber, welche häufig in adynamiſche Fieber ausarten, und in dieſen dürren und brennenden Ebnen voll kleiner Lachen, welche Krokodillen zu Schlupfwinkeln dienen, iſt eine galligte Conſtitution faſt einheimiſch. In Acapulco raffen Gallenfieber und die cholera morbus, deren Symptome ſo erſchrekkend ſind, jährlich viele Mexikaner weg, welche aus dem Gebirgslande nach Acapulco des Handels wegen herabſteigen. Zwar ſtehn mehrere Kalkofen zwiſchen der Lache und der Stadt und calciniren eine Menge Madreporen, und nach der Lehre des Hrn. Mitchill’s in Neu-York ſoll das Princip der bösartigen Fieber und der Wechſelfieber (nach ihm das Stickſtoffoxyd, welches er Septon nennt) vom Kalke verſchluckt werden, — daher der Kalkboden in Frankreich, England und Sicilien der geſundeſte ſey, — Acapulco iſt aber nichts deſto weniger höchſt ungeſund. Es fallen mir dabei die Träume des Abts Soulavie ein, daß Baſalt und Mandelſtein die electriſche Ladung der Luft vermehren, und dadurch auf das Moraliſche der Einwohner Einfluß haben, und ſie leichter, revolutionärer und ihre alte Religion aufzugeben geneigter machen ſollen. — In Nordamerika haben es Mitchill’s Speculationen dahin gebracht, daß, als wir von den Antillen nach Philadelphia kamen, Geſundheitsbeamte erſchienen, und die Fallthürsluke, durch die man unter das Verdeck ſteigt, mit Kalkwaſſer einen Fuß breit umpinſeln ließen, damit ſich das Septon oder das Miasma des gelben Fiebers von Havannah, das ſich im Innern unſers Schiffs befinde, darin ſigiren ſolle. Es war ſehr natürlich, daß unſere ſpaniſchen Matroſen dieſe vorgebliche Desinficirung für ein Zaubermittel hielten. v. H. Acapulco liegt noch um 3° ſüdlicher als Vera Cruz; überdieß halten die hohen Cordilleren von Mexico die Strömung kalter Luft davon ab, welche von Canada nach den Küſten von Tabasco fließt. Selbſt das Meer iſt dort heißer als zu Vera Cruz, denn ich fand es im März 1803 auf der Rhede von Acapulco 28 bis 29° C. warm, während es im Februar 1804 zu Vera Cruz nur eine Wärme von 20 bis 22°, und an den Küſten von Peru nur von 15 bis 16° hatte. Ich habe mich überzeugt, daß überhaupt die Temperatur des Meers einen bedeutenden Einfluß auf die Temperatur der benachbarten Küſte hat; ſie richtet ſich aber nicht blos nach der Breite, ſondern auch nach der Menge der Untiefen und nach der Geſchwindigkeit der Strömungen, welche das Waſſer andrer Klimate herbeiführen. Außerhalb des Stroms, der von der magellanſchen Meerenge nach dem Cap Parinna mit Macht fließt, hat der große Ocean in der Gegend der Linie eine Temperatur von 25 bis 26° C. Im Sommer erhält ſich während des Tags die Temperatur der Luft zu Acapulco faſt immer auf 30 bis 36°, und ſelbſt im Februar bei ruhigem Wetter auf 28 bis 30° C., während ich das Thermometer an der Oſtküſte von Mexico in dieſem Monate ganze Tage lang unter 21° habe ſtehn, und die Luft ſich manchmal plötzlich durch Nordwinde bis 17° abkühlen ſehn. Doch giebt es auch zu Acapulco alle 24 Stunden einen Augenblick, wo ſich eine außerordentliche Kühlung ſpüren läßt; nämlich unmittelbar vor dem Aufgang der Sonne. An das Klima nicht Gewöhnte, welche des Nachts an dieſen Küſten leicht bekleidet reiſen, oder an der freien Luft ſchlafen, laufen daher große Gefahr. Zu Cumana und an andern Orten des tropiſchen Amerika nimmt die Temperatur gegen Sonnenaufgang nur um 1 oder 2° C. ab; in Acapulco habe ich dagegen häufig das Thermometer, welches am Tage auf 28 oder 29° C. und während der Nacht auf 26° C. ſtand, von 3 Uhr Morgens an ſchnell fallen, und bei Sonnenaufgang bei 17 oder 18° ſtehn ſehn; eine Veränderung, welche einen großen Eindruck auf die Organe macht. Nirgends anders zwiſchen den Wendekreiſen habe ich eine ſo große Kälte während des letzten Theils der Nacht empfunden; man glaubt plötzlich aus dem Sommer in den Herbſt verſetzt zu ſeyn; kaum iſt aber die Sonne aufgegangen, ſo muß man wieder über Hitze klagen. In einem Klima, in welchem die Geſundheit hauptſächlich auf die Functionen der Haut beruht, und die geringſten Veränderungen der Temperatur die Organe afficiren, bewirkt eine Abkühlung der Luft um 10 bis 12 Grade eine Unterdrückung der Transpiration, welche den nicht acclimatiſirten Europäern ſehr gefährlich iſt. Wenn zu Guayaquil, wo ſich die Temperatur faſt immerfort zwiſchen 29 und 32° C. erhält, das Thermometer plötzlich auf 23 bis 24° herabgeht, beklagen ſich die Einwohner über Kälte. Wahrſcheinlich liegt die Urſache, daß Acapulco bis jetzt vom gelben Fieber verſchont geblieben iſt, darin, weil nur Schiffe von Manilla, Guayaquil und andern Seeſtädten der heißen Zone dieſen Hafen beſuchen. Gingen dahin Schiffe von Chili oder von der Nordweſtküſte Amerikas, und würde die Stadt zugleich von mehrern Europäern oder von Bewohnern des hohen Plateau von Mexico beſucht, ſo würden dort die Gallenfieber ſich wahrſcheinlich bald in gelbes Fieber umſtalten. Der Keim dieſer letzten Krankheit dürfte ſich dann zu Acapulco noch fürchterlicher als zu Vera Cruz entwickeln, und das gelbe Fieber dort das ganze Jahr hindurch herrſchend werden, wie z. B. auf Trinidad, auf St. Lucie und in la Guayra, wo die mittlere Temperatur der Monate auch nur um 2 bis 3° variirt . Die mittlere Temperatur des wärmſten Monats iſt von der des kälteſten Monate verſchieden, zu Umeå in Schweden unter 63° 50′ Breite um 28°,5; in Deutſchland unter 50° 5′ Br. um 23°,2; in Frankreich unter 48 50′ Br. um 21°, 4; in Italien unter 41° 54′ Br. um 20°,6; im ſüdlichen Amerika unter 10° 27′ Br. nur um 2°,7. (Siehe Thomſon’s Chemie nach Riffault’s Ueberſetzung T. 1. p. 106.) v. H. 5. Iſt das gelbe Fieber anſteckend? Dieſe wichtige Frage hat unter den Aerzten große Debatten veranlaßt. Da auf Schiffen, die nicht reinlich erhalten werden, unter einer zahlreichen Beſatzung leicht bösartige Fieber einreißen, iſt es ein ziemlich häufiger Fall, daß der Anfang einer Epidemie ſich von der Ankunft einer Flotte herſchreibt. Statt aber dann das Uebel der verdorbenen Luft in einem Schiff, worin der Luftwechſel fehlt, oder der Einwirkung eines brennenden und ungeſunden Klimas auf die eben angekommene Mannſchaft zuzuſchreiben, pflegt man zu behaupten, die Epidemie ſey von einem andern Hafen, den die Flotte auf ihrer Fahrt von Europa nach Amerika berührt habe, mitgebracht worden. So hörte man oft in Mexico, das Kriegsſchiff, mit welchem der und der Vicekönig in Vera Cruz angekommen ſey, habe das gelbe Fieber mitgebracht, welches ſchon mehrere Jahre ausgeblieben war; und während der Zeit der großen Hitze beſchuldigen Havannah, Vera Cruz und die nordamerikaniſchen Häfen einander wechſelſeitig, die Epidemie eine von der andern erhalten zu haben. Gerade ſo meinte man in Spanien, das gelbe Fieber ſey dorthin mit einer Polacre aus Vera Cruz oder mit einer Corvette aus Havannah gekommen; dieſes ließ ſich aber ſo wenig darthun, daß drei ausgezeichnete Aerzte zu Cadix erklärten, das gelbe Fieber habe ſich in Spanien ſelbſt entwickelt. Und eben ſo ſchreiben die Einwohner von Aegypten den in den Morgenländern unter dem Namen der Peſt bekannten tödtlichen Typhus den griechiſchen Schiffen zu, die ihn mitbringen ſollen, während man in Griechenland und in Conſtantinopel von derſelben Peſt behauptet, ſie komme aus Roſette oder aus Alexandrien . Pugnet ſur les fièvres du Levant et des Antilles p. 97 et 331. Es iſt außer Zweifel, daß das ſchwarze Erbrechen in Vera Cruz nicht anſteckend iſt. In den mehrſten Ländern ſieht das Volk Krankheiten für anſteckend an, die das nicht ſind; und dennoch glaubt man in Mexico nicht, daß es für jemand, der nicht acclimatiſirt iſt, im mindeſten gefährlich ſey, ſich beim gelben Fieber dem Kranken zu nähern, ſich dem Hauch des Sterbenden auszuſetzen, oder ihn zu berühren. Auf dem zwiſchen den Wendekreiſen liegenden Theile des Continents von Amerika, iſt dieſe Krankheit nicht mehr anſteckend, als in Europa das Wechſelfieber. Den Erkundigungen, welche ich ſelbſt in Nordamerika eingezogen habe, und den Beobachtungen aller Aerzte, die in den Antillen und in den verein. Staaten practiſirt haben, zu Folge, bin ich geneigt zu glauben, daß dieſe Krankheit in Amerika weder in der gemäßigten, noch in der heißen Zone, ihrer Natur nach anſteckend iſt, daß ſie aber wohl unter gewiſſen Einflüſſen des Klimas und der Jahrszeiten, bei Aufeinanderhäufung der Kranken, oder bei individueller Dispoſition derſelben, einen anſteckenden Charakter annehmen kann. Dieſe Ausnahmen ſcheinen in der heißen Zone äußerſt ſelten, in der gemäßigten dagegen häufiger zu ſeyn. Denn in Spanien, wo im Jahre 1800 über 47000 und im J. 1804 über 64000 Menſchen an dem gelben Fieber geſtorben ſind, war dieſe Krankheit anſteckend, jedoch blos an den Orten, wo ſie wüthete. Denn es iſt durch viele, vorzüglich zu Malaga, Alicante und Carthagena beobachtete Thatſachen erwieſen, daß Angeſteckte die Krankheit in den Dörfern, zu denen ſie ſich geflüchtet hatten, nicht verbreitet haben, obgleich dieſe Dörfer daſſelbe Klima als die angeſteckten Städte hatten. Dieſes iſt das Urtheil der HH. Dumeril, Bally und Nyſten, welche die franzöſiſche Regierung im J. 1805 nach Spanien geſchickt hatte, um dort der Art, wie dieſe Epidemieen entſtanden ſind, nachzuforſchen . Wenn gleich in den Theilen Amerikas zwiſchen den Wendekreiſen, in den vereinigten Staaten, und in Spanien während mehrerer Sommermonate eine gleiche Temperatur herrſcht, zeigt doch das gelbe Fieber ſich hier ſehr verſchieden. Zwiſchen den Wendekreiſen iſt der nicht-contagiöſe Charakter deſſelben faſt allgemein anerkannt. In den nordamerikaniſchen Staaten wird dieſer Charakter ſchon ſehr beſtritten von der mediciniſchen Facultät der Univerſität zu Philadelphia, und von den HH. Wiſtar, Blane, Cathral und andern ausgezeichneten Aerzten. In Spanien iſt das gelbe Fieber ohne allen Zweifel anſteckend, wie das Beiſpiel derer lehrt, die ſich mitten im Sitze des Uebels durch völliges Iſoliren von der Krankheit frei erhalten haben. Bally Opinion ſur la contagion de la fièvre jaune 1810. p. 40. Daß das gelbe Fieber von Vera Cruz oder von der Havannah durch Schiffe nach Spanien gebracht worden ſey, iſt eine nicht erwieſene Meinung; drei ausgezeichnete Aerzte zu Cadix, die HH. Ammeller, Delon und Gonzales, glaubten vielmehr, es habe ſich von ſelbſt in Spanien entwickelt. Eine Krankheit kann anſteckend ſeyn, ohne daß ſie von außen her eingeführt iſt. v. H. Es iſt ausgemacht, daß ſelbſt zu Vera Cruz das gelbe Fieber ſich nur zu gewiſſen Epochen zeigt; doch hat man bis jetzt die Modificationen der Atmoſphäre, welche in der heißen Zone dieſe periodiſchen Veränderungen erzeugen, noch nicht zu entdecken vermocht. Auch zweifle ich, daß dieſes ſo bald gelingen werde. Nach den intereſſanten Verſuchen der HH. Thenard und Dupuytren reicht eine Beimiſchung von [Formel] Schwefelwaſſerſtoffgas hin, daß in der atmoſphäriſchen Luft ein Hund erſtickt, und die Erſcheinungen des Lebens werden von vielen Urſachen modificirt, von denen die mächtigſten ſich unſern Sinnen entziehn. Wir ſehen überall, wo mit Feuchtigkeit durchzogne und von der Sonne erhitzte organiſche Körper an freier Luft liegen, Krankheiten entſtehn. In der heißen Zone werden die ſtehenden Lachen um ſo gefährlicher, je dürrer und ſandiger der Boden umher iſt, je mehr er folglich die umgebende Luft erhitzt. Einige der Bedingungen, unter welchen luftförmige Ausflüſſe, die wir Miasmen nennen, entſtehn, laſſen ſich errathen; aber die chemiſche Natur dieſer Miasmen iſt uns noch unbekannt; es iſt ſehr möglich, daß es dreifache oder vierfache Verbindungen ſind. Indeß dürfen wir jetzt wenigſtens nicht mehr Wechſelfieber einer Anhäufung von Waſſerſtoffgas an feuchten und heißen Orten, Faulfieber ammoniakaliſchen Ausflüſſen, und Entzündungskrankheiten einem Uebermaaß von Sauerſtoff in der Luft zuſchreiben; die neuere Chemie, der wir ſo viel poſitive Wahrheiten verdanken, hat uns auch gelehrt, daß uns noch vieles unbekannt iſt, was wir lange mit Gewißheit zu wiſſen meinten. Die Geſchichte der gelben Fieber-Epidemieen zu Vera Cruz geht nicht über ein halbes Jahrhundert hinauf, nämlich nicht bis über das Jahr 1762, weil das große Militär-Hospital zu Vera Cruz erſt im J. 1764 errichtet iſt. Das gelbe Fieber wüthete von 1762 bis 1775, dann verſchwand es, und erſchien erſt wieder im J. 1794. Es iſt merkwürdig, daß in den 8 vorhergehenden Jahren auch nicht ein einziger Fall des ſchwarzen Erbrechens vorgekommen war, ungeachtet des außerordentlichen Zuſammenfluſſes von Europäern und Mexikanern aus dem Innern, der großen Ausſchweifungen der ankommenden Matroſen, und der viel größern Unreinigkeit der Stadt, und obgleich das gelbe Fieber dieſe Jahre über in der Havannah und auf den Antillen wüthete, und jährlich einige hundert Schiffe von dieſen Orten nach Vera Cruz kamen, wo keins derſelben in Quarantaine geſetzt wurde. Die fürchterliche Epidemie von 1794 ſchrieb ſich von der Ankunft dreier Kriegsſchiffe her, die in Portorico angelegt hatten, und eine Menge junger an das Klima nicht gewöhnter Seeleute mitbrachten. Von 1794 bis 1804 iſt die Krankheit jährlich wieder erſchienen, ſobald die Nordwinde zu wehen aufhörten. Das große Militair-Hospital, wohin alle zur See ankommende Kranke gebracht werden, hat in den 7 Jahren von 1787 bis 1794 nur 16835, in den 9 Jahren von 1794 bis 1803 dagegen 57213 aufgenommen. Vor der Epidemie von 1794 ſtarben in demſelben nur 2 [Formel] auf 100 Kranke, ſeitdem 6 bis 7, obgleich viele, die dahin kommen, nur unbedeutende Krankheiten haben. Ich habe die mittlere Temperatur des Jahrs 1794 Monat vor Monat aus den meteorologiſchen Beobachtungen des Hrn. Orta ausgezogen und mit denen der beiden vorhergehenden und des folgenden Jahrs verglichen, und es ergiebt ſich daraus, daß es dieſe Jahre keineswegs an Hitze übertraf, wie die folgende Tafel zeigt: Mittlere Temperatur zu Vera Cruz im Jahr 1792 1793 1794 1795 Januar 21°,5 20°,8 20°,6 20°,7 Februar 21,5 22,3 22,8 21,0 März 23,7 22,8 22,6 22,5 April 24,2 26,1 25,3 24,0 Mai 27,3 27,9 25,3 26,3 Juni 28,5 27,8 27,5 27,2 Juli 27,5 26,9 27,8 27,7 Auguſt 28,3 28,1 28,3 27,8 September 27,5 28,1 27,1 26,1 October 26,3 25,5 26,1 25,0 November 24,7 24,4 23,0 24,3 December 21,9 22,1 21,7 21,9 des ganzen Jahrs 25,2 25,2 24,8 24,5 Hitze und Feuchtigkeit der Luft können auf zwei ſehr verſchiedne Arten zur Entwickelung der Epidemieen mitwirken, indem ſie entweder die Erzeugung von Miasmen befördern, oder blos die Erregbarkeit der Organe erhöhen und dadurch zur Krankheit prädisponiren. Die Temperatur hat zwar einen nicht zu bezweifelnden Einfluß auf den Fortgang des gelben Fiebers zu Vera Cruz; wir haben aber keinen Beweis dafür, daß, wenn es mehrere Jahre aufgehört hatte, ein ſehr heißer und ſehr feuchter Sommer hingereicht habe, es wieder zu erwecken. Auch iſt es nicht die Hitze allein, welche das hervorbringt, was man gallichte Conſtitution nennt . Einige Aerzte in Neu-Spanien behaupten, in der heißen Zone ſey die Epidemie des gelben Fiebers, wie die der Pocken periodiſch, und ſind der hoffnungsvollen Meinung, daß wir uns am Ende der epidemiſchen Periode befinden. Ungeachtet die Haut des am ſchwarzen Erbrechen Erkrankten gelb wird, ſo iſt es doch gar nicht wahrſcheinlich, daß die Galle dabei in das Blut übergehe, und daß das Leber- und Pfortader-Syſtem die Hauptrolle in dem gelben Fieber ſpiele, wie man angenommen hat. Die ſchwarze Materie, welche der Kranke im gelben Fieber ausbricht, hat nur wenig Aehnlichkeit mit Galle. Sie gleicht dem Kaffeeſatze, und ich habe mehrmals geſehn, daß ſie auf Wäſche und an Mauern unauslöſchliche Flecke zurück ließ. Wenn man ſie mäßig erhitzt, ſo entbindet ſich daraus Schwefel-Waſſerſtoffgas. Nach den Verſuchen des Hrn. Stubin Firth zu New-Yerſey (on malignant fever 1804 p. 37, 47.) ſoll ſie keinen Eyweißſtoff enthalten, ſondern ein Harz, ein Oehl und phoſphorſaure und ſalzſaure Kalk- und Kali-Salze. Dagegen beſteht die menſchliche Galle nach Herrn Thenard in 1100 Theilen aus 1000 Th. Waſſer, 42 Th. Eyweißſtoff und 58 Th. Harz, gelbe Materie, Natron und Salz. Derſelbe Anatom hat dadurch, daß in mehreren Leichen, die er öffnete, der Magenmund vollkommen verſtopft war, dargethan, daß dieſe ſchwarze Materie nicht aus den Gefäßen der Leber komme, ſondern, durch die in der Schleimhaut ſich verbreitenden Arterien in den Magen gebracht werde, und er verſichert, man finde die ſchwarze Materie nach dem Tode noch in dieſen Gefäßen. von Humboldt. Wenn das gelbe Fieber in Vera Cruz mit Heftigkeit wüthet, iſt der kürzeſte Aufenthalt in der Stadt oder in der ſie umgebenden Atmoſphäre hinreichend, daß Nicht-Acclimatiſirte davon ergriffen werden. Wenn Einwohner der Stadt Mexico nach Europa reiſen, pflegen ſie ſich aus Furcht vor dieſem Uebel bis zur Abfahrt des Schiffs in Xalapa, welches auf den Bergen liegt, aufzuhalten, und ſich während der Kühle der Nacht in einer Senfte durch Vera Cruz tragen zu laſſen, um ſogleich in einer Schaluppe an Bord zu gehn. Manchmal hilft aber dieſe Vorſicht nicht, und ſie ſind die einzigen, welche wenige Tage nach dem Anfang der Seereiſe am gelben Fieber ſterben. Daß ſie nicht etwa erſt am Bord des Schiffs, das im Hafen gelegen hat, ſondern beim Durchgange durch die verpeſtete Küſtengegend die Krankheit in ſich aufgenommen haben, davon geben Europäer den Beweis, die gleich nach Ankunft ihres Schiffs in den Hafen, in einer Senfte die Reiſe nach Perotte angetreten haben, und doch am gelben Fieber erkrankt ſind. Man ſollte daraus ſchließen, das gelbe Fieber ſey in allen Himmelsſtrichen anſteckend. Wie wäre aber eine ſolche Anſteckung in die Ferne damit zu vereinigen, daß es in Vera Cruz bei unmittelbarer Berührung gewiß nicht anſteckt? und iſt es nicht viel natürlicher anzunehmen, daß die Atmoſphäre um Vera Cruz faulende Ausflüſſe enthält, welche die Functionen des Lebens in Unordnung bringen, wenn man ſie auch nur kurze Zeit über einathmet? Die Weißen und die Meſtizen, welche die Bergebene im Innern von Mexico bewohnen, wo die mittlere Temperatur 16 bis 17° C. iſt, und das Thermometer manchmal bis zum Froſtpunkt herab ſinkt, werden, wenn ſie ſich in die flache Küſtengegend um Vera Cruz herabwagen, von dem gelben Fieber noch eher als die Europäer und die Nordamerikaner ergriffen. Da dieſe zu Schiffe dahin kommen, gewöhnen ſie ſich allmählig an die große Hitze, indeß die Mexikaniſchen Spanier in einigen Stunden das Klima der gemäßigten, mit dem der heißen Zone vertauſchen. Beſonders groß iſt die Sterblichkeit unter den Mauleſeltreibern, die ſich großen Strapazen in den Gebirgswegen, welche denen über den St. Gotthard ähnlich ſind, ausſetzen müſſen, und unter den Recruten der Garniſon von Vera Cruz. Umſonſt ließ man dieſe einige Wochen in Xalapa, um ſich allmählig zu acclimatiſiren, beorderte ſie nur Nachts zu marſchiren, und quartirte ſie in luftige Zimmer ein; ſie ſtarben darum nicht minder ſchnell. Durch einen Zuſammenfluß von außerordentlichen Umſtänden ſtarben vor wenigen Jahren von 300 Mexicaniſchen Recruten, welche 18 bis 20 Jahr alt waren, in drei Monaten in Vera Cruz 272, daher man auch bei meiner Abreiſe Willens war, Neger und acclimatiſirte farbige Menſchen hierher als Beſatzung zu legen. Die mehreſten Europäer, welche nach Neu- Spanien während der Zeit des gelben Fiebers kommen, pflegen während ihres Aufenthalts in Vera Cruz die erſten Symptome der Krankheit zu ſpüren, nemlich Schmerzen in der Gegend der Lenden, Färbung des Weißen des Auges in gelb, und Congeſtionen nach dem Kopfe . Indeß pflegt die Krankheit erſt auszubrechen, wenn ſie Xalapa oder la Pileta erreicht haben, welches in der Fichten- und Eichenregion 1600 bis 1800 Meter über dem Meere liegt. Einer meiner Mexicaniſchen Bekannten hatte ſich bei ſeiner erſten Ankunft aus Europa nur ſehr kurze Zeit in Vera Cruz aufgehalten, kam in Xalapa ohne alles Uebelbefinden an, und ließ ſich dort raſiren. „Sie werden noch heute Abend das ſchwarze Erbrechen bekommen, (ſagte ihm beim Einſeifen der Raſeur, ein Amerikaner,) die Seife trocknet indem ich ſie über das Geſicht verbreite, und das iſt ein Zeichen, welches niemals trügt; ich raſire die ankommenden Europäer, die durch dieſe Stadt reiſen, nun ſchon zwanzig Jahre lang; von 5 ſterben ihrer 3.“ In der That brach das gelbe Fieber nach wenigen Stunden aus, als der Reiſende auf dem Wege nach Perote war, er mußte ſich nach Xalapa zurück bringen laſſen, und entging mit genauer Noth dem Tode. Dr. Ruſh bemerkte während der Epidemie des gelben Fiebers, welche im J. 1793 zu Philadelphia herrſchte, daß auch bei vollkommen Geſunden, ja ſelbſt bei Negern, das Weiße im Auge gelb war, und der Puls außerordentlich ſchnell ging. v. H. In Vera Cruz bleiben nicht nur die Eingebornen vom gelben Fieber ganz verſchont, ſondern auch Europäer und Einwohner gemäßigter Klimate erhalten dort und in der heißen Zone das gelbe Fieber nur einmahl. Die Einwohner der Nordamerikaniſchen Staaten bleiben an ihrem Geburtsorte nicht frei von der Anſteckung, und es iſt ſehr gewöhnlich, daß es jemand dort zweimahl bekömmt; Fälle, die in den Antillen nur ſehr ſelten vorkommen, und in Vera Cruz, wie es ſcheint, gar nicht, da ſich dort niemand, der das gelbe Fieber einmahl gehabt hat, bei folgenden Epidemieen fürchtet. Für das weibliche Geſchlecht iſt die Krankheit in Vera Cruz minder gefährlich als für das männliche. Daſſelbe fand in Spanien Statt, wo im J. 1800 in Cadix 1577 Weiber und 5810 Männer, und in Sevilla 3672 Weiber und 11013 Männer weggerafft wurden. Es iſt irrig, daß Gicht, intermittirende Fieber und ſyphilitiſche Krankheiten vor dem gelben Fieber ſchützen. Daß der Erkrankende ſchon nach 30 bis 40 Stunden ſtirbt, iſt in der heißen Zone ein ſeltnerer Fall als in der gemäßigten. In Spanien erfolgte manchmal in 6 bis 7 Stunden der Tod. In dieſem Fall zeigt ſich die Krankheit in der einfachſten Geſtalt, und ſcheint blos das Nervenſyſtem zu ergreifen; auf die Erregung deſſelben erfolgt eine vollkommene Abſpannung der Kräfte, und das Lebensprincip erlöſcht mit furchtbarer Schnelligkeit. Die gallige Complexion kann ſich dann nicht äußern, und der Kranke ſtirbt unter ſtarken Blutflüſſen, doch ohne gelb zu werden, und ohne die ſogenannte ſchwarze Galle auszubrechen. In Vera Cruz liegt der Kranke, ehe er ſtirbt, gewöhnlich 6 bis 7 Tage und länger, und dieſe Zeit reicht völlig hin, daß der auf das Verdauungsſyſtem wirkende Reiz den wahren Charakter des adynamiſchen Fiebers verlarven kann. Die Sterblichkeit iſt in Vera Cruz geringer als man erwarten ſollte, weil das gelbe Fieber nur die in kältern Gegenden gebornen, und nie die Eingebornen von Vera Cruz befällt. Bei den großen Epidemieen ſind in den Ringmauern der Stadt nicht über 1500 Menſchen geſtorben. In dem am beſten verwalteten Hospital von Vera Cruz, dem von St. Sebaſtian, welchem ein berühmter Arzt vorſteht, ſterben nur 12 bis 15 von 100, die am gelben Fieber krank ſind; im großen Hospital der Mönche von San Juan de Dios, wo die Kranken in einem engen Raume zuſammengehäuft lagen, ſtieg dagegen in den letzten 15 Jahren die Sterblichkeit während ſtarker Epidemieen auf 30 bis 35 von 100; man beklagt ſich aber auch allgemein über die Curart dieſer Mönche. Im Jahr 1806 ſind in Vera Cruz, die Hospitale mitgerechnet, überhaupt 663 Menſchen geſtorben. Da nun nach Quiros Berechnung die Stadt damals 35,510 Einwohner hatte, ſo ſtieg die mittlere Sterblichkeit dieſes Jahrs, in welchem die Epidemie des gelben Fiebers nicht herrſchte, nur auf 1,8 von Hundert. Im J. 1805 ſtarben 1049 und war die Einwohnerzahl 36230, es betrug alſo die mittlere Sterblichkeit im Jahre 2,8 auf Hundert. Man ſieht daher, daß die Seeſtadt Vera Cruz in gewöhnlichen Jahren, wenn das gelbe Fieber dort nicht wüthet, nicht ungeſunder iſt, als es die mehrſten Seeſtädte der heißen Zone ſind . Als in Spanien das gelbe Fieber wüthete, war dort die Sterblichkeit viel größer. Es ſtarben nach den von Hrn. Dumeril mir mitgetheilten Nachrichten während der Epidemie Dieſer Sterblichkeit zu Folge würde vielmehr Vera Cruz eine der geſundeſten Städte auf der Erde ſeyn, belehrte uns nicht das Einwohner-Verzeichniß S. 257, daß die Zahlen ſich nicht unmittelbar mit Sterblichkeitszahlen andrer Städte vergleichen laſſen. G. des Jahrs 1800 zu Cadiz von 48520 Kranken, 9977 zu Sevilla — 76000 20000 zu Xeres — 30000 12000 1801 zu Sevilla — 4100 660 1802 zu Alicante — 9000 2472 zu Cadiz — 5000 2000 Nach Herrn Arejula (de la Febre p. 148, 433.) ſtarben von 100 Kranken im Jahr 1800 zu Sevilla 19, zu Alikante 26, und im Jahr 1803 zu Malaga 40, und im Jahr 1804 eben daſelbſt über 60. Die ſpaniſchen Aerzte, fügt er hinzu, können ſich rühmen im Ganzen ⅗ der Kranken, mit denen es ſchon bis zum ſchwarzen Erbrechen gekommen war, geheilt zu haben. Dieſer Angabe eines berühmten praktiſchen Arztes zu Folge, würde die Sterblichkeit, wenn die Krankheit recht bösartig iſt, auf 40 von 100 Kranken ſteigen. Man darf indeß bei allen dieſen Angaben nicht überſehn, daß das gelbe Fieber nicht alle Jahre gleich bösartig iſt, ſo wenig als ſelbſt die Peſt, die in Aleppo nach Dr. Ruſſels Bemerkungen manchmal unter ſo mildernden atmoſphäriſchen Einflüſſen eintritt, daß die daran Erkrankenden nicht einmal bettlägrig werden. Die Behandlung des gelben Fiebers hat ſich ſehr verbeſſert, ſeitdem man von dem ehemals in den ſpaniſchen und franzöſiſchen Colonieen ausnehmend großen Mißbrauch der Aderläſſe, Purganzen und ſchwächenden Mittel zurück gekommen iſt; ein Verdienſt, welches dem Brown’ſchen Syſtem zukömmt, das in Mexico noch enthuſiaſtiſchere Anhänger als in Edinburg, Wien und in Mailand gefunden hat. Aderläſſe, die der Dr. Ruſh ſo eifrig empfiehlt, hält man in Vera Cruz für ſchädlich; der Uebergang aus dem entzündeten Zuſtande in den der Erſchlaffung oder den Typhus iſt in der heißen Zone ſo ſchnell, daß Blutverluſt das gänzliche Abſpannen der Kräfte nur beſchleunigt. Keins von allen als Specificum gegen das gelbe Fieber gerühmten Mitteln hat in Vera Cruz den Erfolg gehabt, den man davon erwartete, weder die China, die ſich doch oft in den Antillen und in Spanien bewährt hat (einige ziehn ihr die Cortex anguſtura d. h. die Rinde der Bonplandia trifoliata vor), noch der in Philadelphia und auf Jamaika in Ruf ſtehende Calomel, noch der Ananasſaft und der Aufguß von Palo mulato (einer zum Geſchlecht Amyris gehörenden Pflanze). Unterrichtete Aerzte beſchränken ſich darauf, während der erſten Periode der Krankheit Bäder, gelinde Abführungen, Sorbets, und beſonders Waſſer mit Eis zu empfehlen . Wenn die Kräfte ſehr erſchlafft ſind, nehmen ſie zu den kräftigſten Erregungsmitteln ihre Zuflucht, und fangen mit den ſtärkſten Doſen an, die ſie allmählig vermindern. Herr Comoto, Arzt des St. Sebaſtian-Hospitals, hat in einer Stunde bis auf 100 Tropfen Schwefel- Aether, oder 60 bis 70 Tropfen Laudanum liquidum reichen laſſen, mit außerordentlichem Erfolg. In allen Perioden der Krankheit zeigt ſich das Einreiben von Baumöhl, welches berühmte Aerzte empfohlen haben, von Nutzen. Man hat in Vera Cruz eine Schneepoſt (Poſta de nieve) eingerichtet, welche mit Hagel vermiſchten Schnee von dem Abhange des Vulkans von Oribaza, in größter Geſchwindigkeit nach Vera Cruz bringt. Der Schnee wird in altes Laub und Aſche eingewickelt, und die Mauleſel laufen damit im vollen Trab. Dennoch ſchmilzt auf dem 20 Lieues langen Wege, etwa die Hälfte, da das Thermometer auf 29 bis 30 C. Grade zu ſtehen pflegt. Die Einwohner können daher täglich Sorbets und Waſſer mit Eis haben, welches ein außerordentlicher Vorzug dieſes von ſo viel Europäern und Mexicanern aus dem Innern beſuchten Hafens iſt, den die Antillen, Carthagena und Panama entbehren. v. H. Indeß auch bei der beſten Behandlung bleibt das gelbe Fieber immer eine höchſt gefährliche Krankheit, die ſich häufig in Vera Cruz einfinden und dort Verwüſtungen anrichten wird, bis man es wird dahin gebracht haben, die Ungeſundheit der Luft durch Austrocknen der die Stadt umgebenden Moräſte zu mindern, den Einwohnern trinkbares Waſſer zuzuleiten, die Hospitäler und Kirchhöfe aus den Ringmauern zu entfernen, in den Krankenſälen, in den Kirchen, und beſonders am Bord der Schiffe tägliche Räucherungen mit oxygenirt-ſalzſaurem Gas einzuführen, und die Stadtmauern niederzureißen, welche die Einwohner zwingen, ſich in einem zu kleinen Raume zuſammen zu drängen, und den Luftzug hindern, ohne dem Schleichhandel abzuhelfen.