Ueber die Lage, Form u. s. w. des Kotopaxi, dieses kolossalen Feuerberges, liest man folgende interessante Notizzen in Humboldt's pittoresken Ansichten der Kordilleren 1. Heft S. 57. ff. Der Kotopaxi ist der höchste unter denjenigen Vulkanen der Anden, welche in neuern Zeiten Ausbrüche gemacht haben. Seine absolute Höhe beträgt 5,754 Meter (2952 Klafter). Sie ist demnach doppelt so groß, als die des Canigu, und achthundert Meter größer, als die des Vesuv seyn würde, wenn man ihn auf den Gipfel des Pik von Teneriffa stellte. Auch ist der Kotopaxi der gefürchteteste unter allen Vulkanen des Königreichs Quito, weil seine Ausbrüche immer am häufigsten und verwüstendsten waren. Betrachtet man die Masse von Schlacken, und die Felsenstücke, welche dieser Vulkan ausgeworfen, und womit die benachtbarten Thäler, in einem Umkreis von mehrern Quadratmeilen, bedeckt sind, so muß man glauben, daß sie zusammengenommen einen kolossalen Berg bilden würden. Im Jahr 1738 erhoben sich die Flammen des Kotopaxi 900 Meter über den Rand des Kraters. Im Jahr 1744 wurde sein Brüllen in einer Entfernung von 200 gemeinen Meilen zu Honda, einer am Magdalenenfluß gelegenen Stadt, gehört. Den 4. April 1768 war die Menge der aus seiner Mündung ausgestossenen Asche so groß, daß in den Städten Plambato und Tacunga die Nacht bis 3 Uhr Mittags dauerte, und die Einwohner mit Laternen auf der Strassen gehen mußten. Der Explosion im Januar 1803 gieng ein schreckliches Phänomen voraus, nämlich das plötzliche Schmelzen des Schnees, womit der Berg bedeckt ist. Seit mehr als 20 Jahren war kein Rauch, kein sichtbarer Dunst aus dem Krater aufgestiegen, und in einer einzigen Nacht wurde das unterirrdische Feuer plözlich so wirksam, daß schon beim Aufgang der Sonne die äußern Wände des Kegels, die ohne Zweifel bis zu einer sehr kalten Temperatur hinauf reichten, sich nackt und schwarz, also in der eigenthümlichen Farbe verglaster Schlacken zeigten. Im Hafen von Guayaquil, 52 Meilen in gerader Linie vom Rande des Kraters, hörte man Tag und Nacht das Brüllen des Berges, gleich dem wiederholten Abfeuern einer Batterie; und man unterschied dieses schreckliche Getöse selbst auf der Südsee, südwestlich von der Insel de la Puna noch. Der Kotopaxi liegt der Stadt Quito südsüd-östlich, in einer Entfernung von 12 Meilen zwischen dem Gebirge von Ruminavi, dessen Kamm, in kleine isolirte Felsen ausgezackt, sich wie eine ungeheuere hohe Mauer hinstreckt, und dem Quelendana, der in die Grenzen des ewigen Schnees hinaufreicht. In diesem Theile der Anden trennt ein, der Länge nach laufendes, Thal die Kordilleren in zwei parallele Ketten. Der Grund dieses Thales ist noch 3000 Meter über der Fläche des Ozeans erhaben; daher denn auch der Chimborazo und der Kotopaxi, von den Plateau's von Likan und Mulalo aus betrachtet, nicht höher als der Col de Geant und der Cramont, welche Saussure gemessen hat, zu seyn scheinen. Da man Ursache hat, anzunehmen, daß die Nähe des Ozeans zu Unterhaltung des vulkanischen Feuers beitrage, so sieht der Geolog mit Ueberraschung, daß die thätigsten Vulkane des Königreichs Quito, der Kotopaxi, der Tungurahua und der Sangay der östlichen, und somit der von den Küsten entferntesten, der Andenkette angehören. Alle Piks, welche die westliche Kordillera krönen, scheinen, mit Ausnahme des einzigen Rucu-Pichincha, Vulkane, die seit einer langen Reihe von Jahrhunderten erloschen sind; der Berg hingegen, von dem die Rede, und der 2° 2' von den nächstgelegenen Küsten, der von Esmeralda und der Bay von Santa-Mateo entfernt ist, wirft periodisch Feuergarben aus, und verwüstet die umliegenden Ebenen. Der Kotopaxi hat die schönste und regelmäßigste Form unter allen kolossalen Spizzen der hohen Anden. Er ist ein vollkommener Kegel, welcher, mit einer ungeheueren Lage Schnees bedeckt, bei Sonnenuntergang in blendendem Glanze strahlt, und sich auf dem azurnen Himmelsgewölbe mahlerisch heraushebt. Dieser Schneemantel verbirgt dem Auge des Beobachters auch die kleinsten Unebenheiten des Bodens. Keine Felsenspizze, keine Steinmasse ragt aus diesem ewigen Eis hervor, um die regelmäßige Kegel-Figur zu unterbrechen. Der Gipfel des Kotopaxi gleicht dem Zuckerhut, womit sich der Gipfel des Piks von Teide endigt; sein Kegel ist aber sechsmal so hoch, als der größte Vulkan auf Teneriffa. Blos am Rande des Kraters nimmt man Felsenbänke wahr, die sich mit Schnee bedecken, und von weitem wie dunkelschwarze Streifen aussehen. Wahrscheinlich sind der jähe Abhang dieses Theils des Kegels und die Spalten, aus denen Ströme heißer Luft hervordringen, die Ursache jenes Phänomens. Der Krater ist, gleich dem des Piks auf Teneriffa, mit einer kleinen zirkelförmigen Mauer eingefaßt, welche, durch gute Ferngläser betrachtet, sich wie eine Brüstung darstellt. Am deutlichsten sieht man sie an dem südlichen Abhange, wenn man auf dem Löwenberg (Puma-Urku) oder an den Ufern des kleinen Sees von Yuracoche steht. Der kegelförmige Theil des Piks von Teneriffa ist sehr zugänglich; er erhebt sich mitten aus einer mit Bimsstein bedeckten, Ebene, auf welcher einige Büsche von Spartium supranubium wachsen. Klettert man dagegen auf den Vulkan von Kotopaxi, so ist es sehr schwer, die untere Grenze des ewigen Schnees zu erreichen. Der Kegel ist mit tiefen Spalten umgeben, die bei Ausbrüchen dem Rio Napo und Rio de las Alaques Schlacken, Bimsstein, Wasser und Eisschollen zuführen. Hat man den Gipfel des Kotopaxi in der Nähe untersucht, so kann man beinahe behaupten, daß es unmöglich ist, bis an den Rand seines Kraters zu gelangen. Je regelmäßiger die Form von dem Kegel dieses Vulkans ist, desto mehr überrascht es, auf der südwestlichen Seite eine kleine, in Schnee halb begrabene, und in Spizzen ausgezackte Felsenmasse zu finden, welche die Eingebornen den Kopf des Inka nennen Der Ursprung dieser seltenen Benennung ist sehr ungewiß. Im Lande selbst lauft eine Volkssage, nach welcher dieser isolirte Fels ehemals einen Theil vom Gipfel des Kotopaxi ausgemacht hat, und die Indianer versichern, daß der Vulkan, bei seinem ersten Ausbruch, eine Steinmasse weit von sich geschleudert habe, die, gleich dem Obertheil einer Glocke oder eines Doms, die ungeheure Höhlung bedeckte, welche das unterirrdische Feuer einschließt. Einige behaupten, diese Katastrophe habe sich kurze Zeit vor dem Einfall des Inka Tupal in das Königreich Quito ereignet, und das Felsenstück sey darum der Kopf des Inka genannt worden, weil sein Fall eine unglückliche Vorbedeutung von dem Tode des Eroberers gewesen sey. Andere, noch Leichtgläubigere, versichern hingegen, diese Masse von Porphyr, mit einer Grundlage von Pechstein, seye durch eine Explosion verrückt worden, die in dem nämlichen Augenblicke, da der Inka Atahuallpa von den Spaniern zu Kaxamarka erdrosselt wurde, erfolgte. Es scheint in der That ziemlich gewiß, daß sich ein Ausbruch des Kotopaxi zur nämlichen Zeit ereignete, da das Armeekorps des Pedro Alvarado von Puerto Viejo nach dem Plateau von Quito zog; obgleich Piedro de Cieca nur sehr unbestimmt von dem Berg redet, welcher Asche ausgeworfen hat, durch deren plözliches Niederfallen die Spanier erschreckt wurden. Um aber der Meinung beizupflichten, daß erst um diese Zeit der Cabeza del Inka genannte Fels seinen gegenwärtigen Plaz eingenommen habe, müsste man voraussezzen, daß der Kotopaxi keine ältere Ausbrüche gemacht habe; welche Voraussezzung jedoch um so unrichtiger ist, da die Mauern an dem, von Huayna Capac erbauten, Pallast des Inka zu Callo, Steine von vulkanischem Ursprung enthalten, die der Kotopaxi ausgeworfen hat. An einem andern Ort soll die wichtige Frage untersucht werden, ob es wahrscheinlich sey, daß der Vulkan damals schon, als sich das unterirrdische Feuer durch seinen Gipfel Luft gemacht, die gegenwärtige Höhe gehabt habe, oder ob nicht vielmehr mehrere geologische Thatsachen zusammengenommen beweisen, daß sein Kegel, so wie der Somma des Vesuv, aus einer Menge aufeinanderliegender Lava-Schichten zusammengesezt seye?