Fragmente aus dem neuesten Hefte des v. Humboldt'schen Werkes über den politischen Zustand des Königreichs Neu-Spanien. 1. Das alte und neue Mexiko. Man ist schon so lange her daran gewöhnt, von der Hauptstadt Mexiko's als von einer mitten in einem See gebauten Stadt zu hören, welche nur durch Dämme mit dem festen Lande zusammenhänge, und mag sich daher sehr wundern, den Mittelpunkt der heutigen Stadt in meinem mexikanischen Atlas um 4,500 Metern von dem See Tezcuco und von dem von Chalco über 9000 M. entfernt zu finden. Man wird deswegen entweder die Genauigkeit der in den Entdeckungsgeschichten der neuen Welt gegebenen Beschreibungen in Zweifel ziehen, oder sich mit der Erklärung helfen, daß die heutige Hauptstadt von Mexiko nicht auf den nämlichen Grund gebaut sey, auf welchem die alte Residenz von Montezuma gestanden habe. Allein es ist völlig zuverlässig, daß die Stadt ihre Stelle nicht verändert hat. Die Domkirche von Mexiko steht genau auf demselben Platze, wo sich der Tempel des Huitzilopochtli befand; die heutige Straße Tacuba ist die alte Straße Tlacopan, durch welche Cortez in der traurigen Nacht (zur Auszeichnung la noche triste genannt) vom 1 Juli 1520 den berühmten Rückzug gemacht hat, und die anscheinende Verschiedenheit der Lage, wie sie auf den alten Karten und den meinigen angegeben ist, kommt blos von der Verminderung des Wassers im See von Tezcuco her. Es wird nicht unnütz seyn, hier eine Stelle aus einem unter dem 30 Okt. 1520 von Cortez an Kaiser Karl V erlassenen Briefe anzuführen, worin er ein Gemählde von dem Thale von Mexiko entwirft. Es ist mit hoher Einfachheit verfaßt, und schildert zugleich die Polizey, welche in dem alten Tenochtitlan herrschte. "Die Provinz, sagt Cortez, in welcher die Residenz dieses großen Fürsten Muteczuma liegt, ist rings von hohen und durch Abgründe durchschnittenen Gebirgen umgeben. Die Ebene hat beynahe siebenzig Stunden im Umfange, und enthält zwey Seen, welche fast das ganze Thal ausfüllen, so daß die Einwohner von einem Umkreise von mehr als funfzig Stunden in Kähnen fahren." (Hiebey ist zu bemerken, daß Cortez blos von zwey Seen spricht, weil er die von Zumpango und Xaltocan, zwischen denen er auf seiner Flucht von Mexiko nach Tlascallo vor der Schlacht von Otumba eiligst durchzog, nur unvollkommen kannte.) "Von diesen beyden grossen Seen im Thale von Mexiko enthält der eine süßes, und der andere gesalzenes Wasser. Sie sind blos durch einen kleinen Strich von Gebirgen (die konischen und freystehenden Hügel bey Iztapalapan) von einander getrennt. Diese Gebirge erheben sich mitten in der Ebene, und die Wasser des Sees vermischen sich nur in einer schmalen Fuge, welche zwischen den Hügeln und der hohen Cordillera (wahrscheinlich auf der östlichen Senkung von Cerros de Santa Fe) liegt. Die vielen Städte und Dörfer, die auf beyden Seen gebaut sind, treiben ihren Handel auf Kähnen, und nicht über das feste Land hin. Die große Stadt Temixtitan (Tenochtitlan) steht mitten in dem Salz-See, der seine Ebben und Fluthen hat, gleich dem Meere. Von welcher Seite des Ufers man kommen mag, braucht man immer zwey Stunden, um sie zu erreichen. Vier Dämme führen nach dieser Stadt. Sie sind das Werk der Menschenhände, und immerhin zwey Lanzenlängen breit. Die Stadt selbst ist so groß als Sevilla oder Cordoba. Die Straßen, das heißt die Hauptstraßen, sind zum Theil sehr enge, zum Theil sehr weit; die einen halb trocken, die andern zur Hälfte von schiffbaren Kanälen durchschnitten, welche mit hübschgebauten hölzernen und so geräumigen Brücken versehen sind, daß zehen Reiter zugleich darüber setzen können. Der Markt ist doppelt so groß, als der von Sevilla, und mit einem ungeheuern Portikus umgeben, unter welchem alle Arten von Waaren, Lebensmitteln, Kleiderschmuck von Gold, Silber, Bley, Kupfer, edeln Steinen, Knochen, Muscheln und Federn, von Leder und Baumwollenstoffen, zum Verkaufe ausgestellt sind. Auch findet man hier gehauene Steine, Ziegel und Zimmerholz. Einzelne Stellen sind für den Verkauf von Wildbret, andere von Gemüßen und Gartenkräutern eingerichtet. Hier befinden sich auch eigene Häuser, wo die Barbiere (mit Schermessern von Obsidian) die Kopfhaare rasiren, und andere, welche unsern Apothekerbuden gleichen, und wo schon völlig zubereitete Arzneimittel, Salben und Pflaster verkauft werden. In andern Häusern gibt man um's Geld zu essen und zu trinken, und man sieht überhaupt so vielerley Dinge auf dem Markte, daß ich nicht im Stande bin, sie Ew. Hoheit alle aufzuzählen. Um Verwirrung zu vermeiden, werden alle Waaren an abgesonderten Orten verkauft. Alles wird nach der Elle gemessen, und wir haben bis jetzt noch kein Gewicht brauchen sehen. Mitten auf dem großen Platze steht ein Haus, welches ich die Audiencia nennen möchte, und wo immer zehn bis zwölf Richter sitzen, welche über die bey'm Handel entstandenen Streitigkeiten entscheiden. Eine andre Art öffentlicher Personen ist unaufhörlich im Gedränge verbreitet, führt die Aufsicht darüber, daß um billige Preise verkauft wird, und man hat bemerkt, wie sie die falschen Maße, welche sie bey den Kaufleuten fanden, zerbrachen." Fragmente aus dem neuesten Hefte des v. Humboldt'schen Werkes über den politischen Zustand des Königreichs Neu-Spanien. 2. Das alte und neue Mexiko. Mit einer Menge von Teocallis geziert, welche sich, wie die Minarets, zum Himmel erhoben, umgeben von Wasser und Dämmen, auf Inseln gebaut, die mit Vegetation bedeckt waren, und bey der ewigen Bewegung mehrerer tausend Böte, durch die der See belebt wurde, muß das alte Tenochtitlan, nach dem Berichte der ersten Eroberer, Aehnlichkeit mit einigen Städten von Holland und China, oder mit dem Delta von Nieder-Aegypten gehabt haben. Die Hauptstadt, welche die Spanier auf demselben Boden wieder aufbauten, gewährt vielleicht keinen so lachenden, aber einen desto imposantern, majestätischern Anblick. Mexiko gehört zu den schönsten Städten, welche die Europäer in den beyden Hemisphären aufgeführt haben, und mit Ausnahme von Petersburg, Berlin, Philadelphia und einigen Quartieren von Westminster, gibt es vielleicht keine Stadt von demselben Umfange, deren Boden so gleichförmig wagerecht, deren Straßen so breit und regelmäßig, und deren öffentliche Plätze so groß wären, wie all dies bey der Hauptstadt von Neu-Spanien der Fall ist. Die Architektur ist im Durchschnitte von ziemlich reinem Stil, und manche Gebäude nehmen sich wirklich sehr schön aus. Das Aeußere der Häuser ist nicht mit Ornamenten überladen, und die beyden Arten von Quadersteinen, der poröse Mandelstein, Tetzontli genannt, und besonders ein Porphyr mit glasartigem Feldspath ohne Quartz, geben den mexikanischen Bauten ein gewisses Ansehen von Festigkeit und selbst von Pracht. Von den Balkons und Galerien, durch welche alle europäische Städte beyder Indien so sehr entstellt werden, weiß man hier nichts. Die Geländer und Gitter sind von biskayischem Eisen mit Bronze-Verzierungen, und statt der Dächer hat man, wie in Italien und allen südlichen Ländern, Terrassen auf den Häusern. Seit dem Aufenthalte des Abbe Chappe im J. 1769 ist Mexiko außerordentlich verschönert worden. Das für die Bergschule bestimmte Gebäude, zu welchem die reichsten Männer des Landes eine Summe von mehr als drey Millionen Franken beygesteuert haben, würde den ersten Plätzen von Paris und London Ehre machen. Einige mexikanische Architekten, welche in der Akademie der schönen Künste in der Hauptstadt gebildet worden sind, haben vor Kurzem zwey große Hotels gebaut, von denen das eine in dem Quartier Traspana gelegene in seinem Hofe ein sehr schönes Peristyl von ovaler Form enthält. Mit allem Rechte bewundern die Reisenden auf der Plaza major von Mexiko, der Domkirche und dem Pallaste der Vice-Könige gegenüber, eine große, mit viereckigen Platten von Porphyr gepflasterte Einfassung, deren Gitter reich mit Bronze verziert sind, und auf deren Mitte die Statue Karl's IV zu Pferde auf einem Piedestal von mexikanischem Marmor steht. Bey allen Fortschritten, welche die schönen Künste seit dreißig Jahren in diesem Lande gemacht haben, ist indeß unläugbar, daß die Hauptstadt von Mexiko einem Europäer weniger wegen der Größe und Schönheit ihrer öffentlichen Denkmale, als wegen der Breite und Geradheit ihrer Straßen, weniger wegen ihrer einzelnen Gebäude, als wegen ihrer übereinstimmenden Regelmäßigkeit, ihrer Ausdehnung und Lage auffallen wird. Durch ein Zusammentreffen ungewöhnlicher Umstände sah ich in sehr kurzer Zeit hintereinander Lima, Mexiko, Philadelphia, Washington, Paris, Rom, Neapel und die größten Städte von Deutschland. Vergleicht man schnell auf einander folgende Eindrücke mit einander, so ist man oft im Stande, eine Meynung, der man sich zu unbedachtsam überlassen hatte, zu berichtigen. Allein trotz allen Vergleichungen, welche der Hauptstadt von Mexiko nicht durchgängig günstig seyn könnten, hat sie eine Idee von Größe in meinem Gedächtnisse zurückgelassen, welche ich besonders dem imposanten Karakter ihrer Lage und der sie umgebenden Natur zuschreiben muß. Wirklich ist auch das Gemählde, welches das Thal an einem schönen Sommermorgen, und bey dem wolkenlosen dunkelazurnen Himmel, welcher der trockenen und dünnen Luft hoher Gebirge eigen ist, von einem der Thürme des Doms von Mexiko oder von dem Hügel von Chapoltepec herab betrachtet, darstellt, von wunderbarem Reichthum, und seltener Mannigfaltigkeit. Eine schöne Vegetation umgibt diesen Hügel. Alte Cypressenstämme, von mehr als funfzehen bis sechszehen Metern im Umfange, erheben ihre blätterlosen Scheitel über die Spitzen der Schinus, deren Wuchs den orientalischen Thränenweiden ähnlich ist. Von dieser einsamen Stelle auf der Höhe des Porphyrfelsen von Chapoltepec herab beherrscht das Auge eine ungeheure Ebene, und die herrlich angebauten Gefilde, welche sich bis zu den kolossalen Gebirgen, auf welchen der ewige Schnee liegt, erstrecken. Die Stadt scheint von dem See von Tezcuco genetzt, dessen Umgebungen von Dörfern und Weilern an die schönsten Partien der Art in der Schweiz erinnern. Große Alleen von Ulmen und Pappeln führen auf allen Seiten nach der Stadt. Zwey Wasserleitungen durchschneiden auf sehr hohen Bogen die Ebene, und gewähren einen eben so angenehmen, als merkwürdigen Anblick. Gegen Norden zeigt sich das prächtige Kloster der lieben Frau von Guadelupe, wie es sich an die Gebirge Tepeyacac lehnt, zwischen Schluchten, welche Dattelpalmen und baumähnliche Yuccas beherbergen. Gegen Süden ist das ganze Land zwischen Sant-Angelo, Tacubaya und Sant-Agostino de las Cuevas, einem ungeheuren Garten von Orangen, Pfirsichen, Aepfeln, Kirschen und andern europäischen Obstbäumen ähnlich. Diese herrliche Kultur macht einen großen Kontrast mit den kahlen Gebirgen, welche das Thal einschließen, und unter denen sich die berühmten Vulkane von Puebla, Popocatepetl und Iztaccihuatl auszeichnen. Der erste unter diesen Bergen bildet einen ungeheuern Kegel, dessen Krater unaufhörlich in Flammen ist, und aus der Mitte des ewigen Schnees Rauch und Asche auswirft. Auch die gute Polizey, welche in Mexiko herrscht, zeichnet diese Stadt rühmlich aus. Die meisten Straßen haben auf beyden Seiten sehr breite Trottoirs, sind sehr reinlich, und des Nachts durch Spiegellaternen mit platten Dochten in Bänderform erleuchtet. Diese Vortheile verdankt die Stadt der Thätigkeit des Grafen von Revillagigedo, bey dessen Ankunft noch die äußerste Unreinlichkeit geherrscht hatte. In sehr geringer Tiefe findet man überall auf dem Boden von Mexiko Wasser; es ist aber ein wenig salzig, wie das vom See von Tezcuco. Die beyden Wasserleitungen, welche der Stadt süßes Wasser zuführen, sind von neuer Architektur, aber der Aufmerksamkeit jedes Reisenden würdig. Die Quellen von trinkbarem Wasser befinden sich östlich von der Stadt, die eine auf dem kleinen isolirten Berge von Chapoltepec, und die andre auf den Cerros de Santa Fe, bey der Cordillera, welche das Thal von Tenochtitlan von dem von Lerma und Toluca scheidet. Die Bogen der Wasserleitung von Chapoltepec dehnen sich in einer Länge von 3300 Metern. Ihr Wasser kommt auf der Südseite der Stadt, bey dem Salto del Agua herein, ist aber nicht sehr klar, und wird nur in den Vorstädten von Mexiko getrunken. Am wenigsten mit luftsaurer Kalkerde geschwängert ist das Wasser des Aquädukt von Santa Fe, welcher sich längs der Alameda hinzieht, und über der Traspana, an der Brücke vor Marescala endigt. Diese Wasserleitung hat beynahe 10200 Meter Länge; allein die Senkung des Bodens machte nur für ein Drittheil ihrer Ausdehnung Bogen nöthig. Eben so beträchtliche Wasserleitungen hatte die alte Stadt Tenochtitlan. Bey'm Anfange der Belagerung zerstörten die beyden Hauptleute Alvarado und Olid die von Chapoltepec. Cortez redet, in seinem ersten Brief an Karl V , auch von der Quelle von Amilco, bey Churubusco, deren Wasser in Röhren von gebrannter Erde in die Stadt geführt wurde. Diese Quelle befindet sich ganz nahe bey Santa Fe, und man erkennt die Reste dieser großen Wasserleitung noch, welche doppelte Röhren hatte, von denen die eine das Wasser nach der Stadt führte, während die andre gereinigt wurde. Dieses Wasser wurde in den Kähnen verkauft, die in den Straßen von Tenochtitlan herumfuhren. Die Quellen von Sant-Augostino de las Cuevas sind indeß die schönsten und klarsten. Auch glaubte ich, auf dem Wege von diesem schönen Dorfe nach Mexiko Spuren einer alten Wasserleitung zu erkennen. Fragmente aus dem neuesten Hefte des v. Humboldt'schen Werkes über den politischen Zustand des Königreichs Neu-Spanien. 3. Die alt-mexikanischen Tempel, Teocalli genannt. Der erste Teocalli, um welchen die neue Stadt gebaut wurde, war, wie der älteste griechische Tempel, der des Apollo zu Delphi, welchen Pausanias beschrieben hat, von Holz. Das steinerne Gebäude hingegen, dessen Architektur von Cortez und Bernal Diaz bewundert wurde, war von dem Könige Ahuitzotl im Jahre 1486 auf der nämlichen Stelle aufgeführt worden. Es bestand in einer Pyramidalform von 37 Metern Höhe, und lag mitten auf einem großen, mit Mauern eingeschlossenen Hofe. Man unterschied daran fünf Stockwerke, wie an verschiedenen Pyramiden von Sacara, und besonders an der von Mehedun. Der Teocalli von Tenochtitlan stand, gleich allen egyptischen, asiatischen und mexikanischen Pyramiden, in genauer Richtung gegen die Himmelsgegenden, hatte eine Basis von 97 Metern, und war oben abgestumpft, so daß er in der Entfernung einem ungeheuern Cubus ähnlich sah, auf dessen Spitze kleine, mit hölzernen Kuppeln bedeckte, Altäre angebracht waren. Die Endspitze dieser Kuppeln erhob sich 54 Meter über die Basis des Gebäudes, oder über das Pflaster seiner Einfassung. Diese Umstände beweisen die große Aehnlichkeit, welche der Teocalli mit jenem alten Denkmale von Babylon hatte, das von Strabo das Mausoleum des Belus genannt wird, und nichts als eine dem Jupiter Belus geweihte Pyramide war. Weder der Teocalli, noch dieses babylonische Gebäude waren Tempel in dem Sinne, welchen wir nach den Ueberlieferungen der Griechen und Römer mit diesem Ausdrucke verbinden. Alle den mexikanischen Gottheiten geheiligten Gebäude waren abgestumpfte Pyramiden, wie das die großen bis auf den heutigen Tag erhaltenen Denkmale von Teotihuacan, Cholula und Papantla beweisen, und aus welchen wir schliessen können, wie die kleinern Tempel in den Städten Tenochtitlan und Tecuco beschaffen gewesen seyn mögen. Bedeckte Altäre standen auf den Spitzen des Teocalli's, und wir dürfen sie daher wol in die Klasse der Pyramidal- Monumente von Asien setzen, von denen man erst kürzlich sogar Spuren in Arkadien gefunden hat; denn das konische Mausoleum des Callisthus, ein wahrer Tumulus, der mit Fruchtbäumen besetzt war, machte die Basis eines kleinen der Diana geweihten Tempels. Wir kennen die Materialien nicht, aus welchen der Teocalli von Tenochtitlan gebaut war; denn die Geschichtschreiber berichten blos, er sey mit einem harten polirten Steine überzogen gewesen. Die ungeheuern Fragmente, welche man indeß von Zeit zu Zeit in der Gegend der heutigen Domkirche entdeckt, sind von Porphyr, mit einem Grunde von Grünstein, der voll Amphibolen und glasartigen Feldspaths ist. Als man vor Kurzem den Platz um die Domkirche pflasterte, fand man in einer Tiefe von 10 bis 12 Metern Stücke Bildhauerarbeit. Wenige Nationen haben wol größere Massen in Bewegung gesetzt, als die Mexikaner. Der Kalender- und Opferstein, welche auf dem großen Platze stehen, haben 8 bis 10 Kubik-Meter. Die kolossale Statue des Teoyaomiqui, die mit Hieroglyphen bedeckt ist, und auf einer Diele des Universitätsgebäudes liegt, ist zwey Meter lang, und drey breit. Auch hat mich der Kanonikus Gamboa versichert, man sey bey einer Grabung in der Nähe der Kapelle des Sagrario, neben einer ungeheuern Menge von Idolen, welche zum Teocalli gehörten, auch auf ein Stück Felsen mit Bildhauerarbeit gestoßen, das sieben Meter Länge, sechs Breite, und drey Höhe gehabt, und das man umsonst herauszuschaffen versucht habe. Einige Jahre nach der Belagerung von Tenochtitlan, welche sich, wie die von Troja, mit einer allgemeinen Zerstörung der Stadt endigte, lag der Teocalli schon in Trümmern. Ich möchte daher glauben, daß die Aussenseite der abgestumpften Pyramide aus Thon bestanden, welcher mit dem porösen Mandelsteine, Tetzontli genannt, überzogen war. Wirklich fing man auch kurz vor dem Baue dieses Tempels, unter der Regierung des Königes Ahuitzotl, an, die Brüche dieses zellenförmigen, porösen Steins zu bearbeiten. Nichts war daher leichter, als Gebäude zu zerstören, welche aus so leichten, und so porösen Materialien, als der Bimsstein ist, aufgeführt waren. Ueber die Dimensionen dieses Teocalli stimmen die meisten Geschichtschreiber zwar miteinander überein; indeß dürften sie doch wol übertrieben seyn. Allein die Pyramidalform dieses mexikanischen Gebäudes, und seine große Aehnlichkeit mit den ältesten, asiatischen Denkmalen haben für uns weit mehr Merkwürdigkeit, als seine Masse und Größe. Fragmente aus dem neuesten Hefte des v. Humboldt'schen Werkes über den politischen Zustand des Königreichs Neu-Spanien. 4. Andre mexikanische Alterthümer u. dgI. Die einzigen alten Denkmale im Thale von Mexiko, welche einem Europäer durch ihre Größe und Masse auffallen können, sind die Reste der beyden Pyramiden von San Juan de Teotihuacan, nordöstlich vom See von Tezcuco. Sie waren der Sonne und dem Monde geweiht, und wurden von den Eingebornen Tonatiuh Ytzaqual, Haus der Sonne, und Meztli Ytzaqual, Haus des Mondes, genannt. Nach den Messungen, welche im Jahre 1803 von einem jungen mexikanischen Gelehrten, dem Doktor Oteyza, angestellt worden sind, hat die erste Pyramide, die am südlichsten gelegene, in ihrem gegenwärtigen Zustande, eine Basis von 208 Metern (645 Fuß) Länge, und 55 Metern (66 mexikanische Varen oder 171 Fuß) perpendikulärer Höhe. Die zweyte, die Mondpyramide, ist um 11 Meter (30 Fuß) niedriger, und hat auch eine kleinere Basis. Nach dem Berichte der frühsten Reisenden und nach ihrer heutigen Form selbst zu urtheilen, haben diese Denkmale den Aztekischen Teocallis zum Muster gedient. Die Völker, welche dieses Land bey der Ankunft der Spanier bewohnten, schrieben die Pyramiden von Teotihuacan der Tultekischen Nation zu, und ihre Erbauung stiege demnach bis in's achte oder neunte Jahrhundert hinauf, indem Tollan's Reich von 667 bis 1031 gedauert hat. Die Seiten dieser Gebäude stehen, auf etwa 52', genau von Norden nach Süden und von Osten nach Westen. Ihr Inneres besteht aus Thon mit einer Mischung von kleinen Steinen. Dieser Kern ist mit einer dicken Mauer von porösem Mandelstein bedeckt, und man erkennt noch die Spuren einer Kalklage, womit die Steine (der Tetzontli) überzogen waren. Einige Schriftsteller des sechzehnten Jahrhunderts behaupten, nach einer indianischen Tradition, daß das Innere dieser Pyramiden hohl sey. Indeß versichert der Chevalier Boturini, daß der mexikanische Geometer, Siguenza, vergebens den Versuch gemacht habe, diese Gebäude durch eine Galerie zu durchbrechen. Sie bildeten vier Terrassen, von denen heutzutage indeß nur noch drey sich erkennen lassen, indem die Zeit und die Vegetation der Cactus und Agaven sehr zerstörend auf das Aeußere dieser Denkmale gewirkt haben. Eine Treppe von großen Quadern führte ehemals auf die Spitze, wo nach dem Berichte der frühesten Reisenden Statuen aufgestellt waren, deren Ueberzug aus sehr dünnen Goldplatten bestand. Jede der vier Hauptterrassen war in kleine Stufen von etwa einem Meter Höhe abgetheilt, deren Fugen man noch unterscheiden kann. Diese Stufen sind mit Stücken von Obsidian bedeckt, welche ohne Zweifel Schneideinstrumente waren, womit die Tultekischen und Aztekischen Priester (Papahua Tlemacazque oder Teopixqui) in ihrem grausamen Götterdienste den menschlichen Schlachtopfern die Brust öffneten. Es ist bekannt, daß der Obsidian (Itztli) in großer Menge gebrochen wurde, und man sieht die Spuren solcher Brüche noch in vielen Brunnen zwischen den Bergwerken von Moran und dem Dorfe Atotonilco el Grande, in den Porphyrgebirgen von Oyamel und Jacal, einer Gegend, welche die Spanier das Messergebirge, el Cerro de las Navajas, nennen. Man wünschte wol die Frage aufgelöst, ob diese merkwürdigen Gebäude, von denen das eine (der Tonatiuh Ytzaqual) nach den genauen Messungen meines Freundes, Hrn. Oteyza, eine Masse von 128,970 Kubiktoisen enthält, ganz von Menschenhänden erbaut sind, oder ob die Tulteken blos irgend einen natürlichen Hügel benutzt, und mit Steinen und Kalk überzogen haben. Diese Frage ist neulich bey Gelegenheit mehrerer Pyramiden von Gize und Sacara in Anregung gekommen, und durch die fantastischen Hypothesen, welche Herr Witte über den Ursprung der kolossalen Monumente von Egypten, Persepolis und Palmyra gewagt hat, doppelt merkwürdig geworden. Da weder die Pyramide von Cholula, von der wir in der Folge reden werden, noch die von Teotihuacan durchbrochen worden sind, so kann man unmöglich etwas Zuverlässiges von ihrem Innern sagen. Die indianischen Traditionen, denen zufolge sie hohl seyn sollen, sind unbestimmt und widersprechend. Durch ihre Lage in Ebenen, wo sich sonst kein Hügel findet, wird es sogar sehr wahrscheinlich, daß kein natürlicher Fels den Kern dieser Denkmale ausmacht. Was indeß noch sehr bemerkenswerth ist (besonders wenn man sich an Pococke's Behauptungen über die symmetrische Stellung der egyptischen Pyramiden erinnert), liegt in dem Umstande, daß man rings um die Häuser der Sonne und des Mondes von Teotihuacan eine Gruppe, und ich möchte sagen, ein System von Pyramiden findet, welche kaum 9 bis 10 Meter Höhe haben. Diese Denkmale, deren es mehrere hunderte sind, stehen in sehr breiten Straßen, welche genau der Richtung der Parallelen und Meridiane folgen, und sich auf die vier Seiten der zwey großen Pyramiden eröffnen. Auf der Südseite des Mondstempels sind diese kleinen Pyramiden häufiger, als auf der des Sonnentempels; auch waren sie ja, nach der Tradition des Landes, den Sternen geweiht. Indeß scheint es gewiß, daß sie Gräber der Stammhäupter gewesen sind. Diese ganze Ebene, welche die Spanier, nach einem Worte aus der Sprache der Insel Cuba, Llano de los Cues nennen, hatte einst in den aztekischen und tultekischen Sprachen den Namen Micaotl, Weg der Todten. Welche Aehnlichkeiten mit den Denkmalen des alten Kontinents! Woher hatte dieses tultekische Volk, welches, nach seiner Ankunft auf dem Boden von Mexiko, im siebenten Jahrhunderte, nach einem gleichförmigen Plane mehrere dieser Denkmale von kolossaler Form, diese abgestumpften und in verschiedene Terrassen, wie der Tempel des Belus in Babylon, abgetheilten Pyramiden erbaute, woher hatte es das Vorbild zu diesen Gebäuden erhalten? War es vom mongolischen Stamme? Und war es von demselben Ursprunge wie die Chinesen, die Hiongunu's und die Japaner? Ein anderes altes, der Aufmerksamkeit des Reisenden sehr würdiges Denkmal ist die militärische Verschanzung von Xochicalco, welche süd-süd-westlich von der Stadt Cuernavacas bey Tetlama liegt, und in's Kirchspiel von Xochitepeque gehört. Sie besteht in einem isolirten Hügel von 117 Metern Höhe, der mit Gräben umgeben, und von Menschenhänden in fünf, mit Mauerwerk überkleidete, Terrassen abgetheilt ist. Das Ganze bildet eine abgestumpfte Pyramide, deren vier Seiten genau nach den vier Himmelsgegenden gerichtet sind. Die Steine von Porphyr, mit einer Basaltbasis, sind sehr regelmäßig geschnitten, und mit hieroglyphischen Figuren geziert, unter denen man Krokodile, welche Wasser aussprützen, und, was sehr merkwürdig ist, Menschen, welche nach asiatischer Weise auf den unterschlagenen Beinen sitzen, unterscheidet. Die Plattform dieses außerordentlichen Denkmals hat etwa 9000 Quadratmeter Inhalt, und enthält die Ruinen eines kleinern Gebäudes, welches wahrscheinlich zur letzten Zuflucht der Belagerten diente. Ich will diese flüchtige Uebersicht der aztekischen Alterthümer mit der Bezeichnung einiger Orte schließen, welche man, wegen des Interesse, das sie für die Kenner der Geschichte der Eroberung von Mexiko durch die Spanier haben, klassisch nennen kann. Der Pallast des Motezuma stand genau auf derselben Stelle, wo sich heutzutage das Hotel des Herzoges von Monteleone, gewöhnlich Casa del Estado genannt, befindet, nämlich auf der Plaza mayor, südwestlich von der Domkirche. Dieser Pallast bestand, gleich den Pallästen der chinesischen Kaiser, von welchen uns Sir George Staunton und Hr. Barrow genaue Beschreibungen geliefert haben, aus einer großen Reihe geräumiger, aber sehr niedriger Häuser. Sie nahmen den ganzen Raum zwischen dem Empedradillo, der großen Straße von Tamba und dem Kloster de la Professa ein. Nachdem Cortez die Stadt erobert hatte, nahm er seine Wohnung den Ruinen des Pallastes der Aztekischen Könige gegenüber, wo heutzutage der Pallast der Vicekönige steht. Indeß fand man bald, daß Cortez Haus sich besser zu den Versammlungen der Audienzia schicke, und die Regierung ließ sich daher die Casa del Estado, oder das alte Hotel von Cortez Familie, welche den Titel vom Marquisat des Valle de Oaxaca führt, abtreten. Zur Entschädigung gab man ihr dafür den Platz des alten Pallastes von Motezuma, wo sie dann das schöne Gebäude aufführte, in welchem sich die Staats-Archive befinden, und das, mit der ganzen Erbschaft, an den neapolitanischen Herzog von Monteleone gekommen ist. Als Cortez den 8 Nov. 1519 seinen ersten Einzug in Tenochtitlan hielt, wurde ihm und seinem kleinen Armee- Korps nicht im Pallaste des Motezuma, sondern in einem Gebäude, welches einst der König Axajacatl bewohnt hatte, Quartier angewiesen. In diesem Gebäude hielten die Spanier und ihre Bundsgenossen, die Tlascalteken, den Sturm der Mexikaner aus; und hier starb auch der unglückliche König Motezuma an den Folgen einer Wunde, die er, während er sein Volk haranguirte, erhalten hatte. Noch sieht man unbedeutende Reste dieses Gebäudes in den Mauerwerken hinter dem Kloster von St. Theresa, am Ende der Straßen von Tacuba und Indio triste. (Die Fortsetzung folgt.) Fragmente aus dem neuesten Hefte des v. Humboldt'schen Werkes über den politischen Zustand des Königreichs Neu-Spanien. 4. (Fortsetzung.) Eine kleine Brücke bey Bonavista hat ihren Namen, Sprung des Alvarado (Salto de Alvarado), zum Andenken an den wunderähnlichen Sprung, welchen der tapfere Petro de Alvarado machte, als sich die Spanier in der traurigen Nacht, da die Mexikaner bereits den Damm von Tlacopan an mehrern Orten durchschnitten hatten, aus der Stadt nach den Gebirgen von Tepeyacac zurückzogen. Indeß scheint es, daß man schon zu Cortez Zeit sich über die historische Wahrheit dieses Ereignisses gestritten habe, ungeachtet sich die Volkstradition unter allen Klassen von Mexiko's Bewohnern erhalten hat. Bernal Diaz betrachtet die Geschichte des Sprunges als eine bloße Aufschneiderey seines Waffenbruders, dessen Muth und Geistesgegenwart er übrigens mehrmals anrühmt, und versichert, daß der Graben zu breit gewesen sey, um darüber wegzuspringen. Allein ich muß bemerken, daß diese Anekdote mit vieler Umständlichkeit in der Handschrift eines adeligen Metis aus der Republik von Tlascala, Diego Munoz Camargo, erzählt wird. Ich habe diese Handschrift, von welcher der Pater Torquemada auch Kenntniß gehabt zu haben scheint, im Kloster von San Felipe Neri nachgeschlagen. Ihr Verfasser war ein Zeitgenosse von Cortez, und er erzählt die Geschichte von Alvarado's Sprunge mit vieler Einfachheit, ohne Anschein von Uebertreibung, und ohne über die Breite des Grabens etwas Näheres zu sagen. In seiner naiven Darstellung glaubt man einen Helden des Alterthums zu erkennen, welcher, Arm und Schulter auf seine Lanze gestützt, einen ungeheuern Sprung macht, um sich vor seinen Feinden zu retten. Camargo setzt sogar noch hinzu, daß noch andre Spanier Alvarado's Beyspiel nachahmen wollten, aber, in Ermangelung gleicher Behendigkeit, in den Graben (Azequia) gefallen sind. Die Mexikaner, sagt er, waren so erstaunt über die Geschicklichkeit dieses Mannes, daß sie, als sie ihn gerettet sahen, die Erde aßen, (eine figürliche Redensart, welche dieser Tlascalische Schriftsteller aus seiner Vatersprache entlehnte, und die das Erstaunen der Verwunderung ausdrückt). "Die Kinder Alvarado's, welcher der Hauptmann vom Sprunge genannt wurde, bewiesen durch Zeugen und vor den Richtern von Tezcuco diese Heldenthat ihres Vaters. Ein Prozeß zwang sie hiezu, in welchem sie die Thaten von Alvarado de el Salto, ihres Vaters, bey der Eroberung von Mexiko darstellten." Ferner zeigt man den Fremden die Brücke von Clerigo, bey der Plaza major von Tlatelolco, als die denkwürdige Stelle, wo der letzte aztekische König, Quanhiemotzin, Neffe seines Vorgängers, Königes Cuitlahuatzin und Schwiegersohn des Motezuma II, gefangen genommen wurde. Indeß erhellt aus den sorgfältigen Nachforschungen, welche ich mit dem Pater Pichardo angestellt habe, daß dieser junge König in einem großen Wasserbehälter, der einst zwischen der Garita del Persalvillo, dem Platze von Santiago de Tlatelolco und der Brücke von Amarac war, in die Hände des Garci Holguin gefallen ist. Cortez befand sich auf der Terrasse eines Hauses von Tlatelolco, als man ihm den königlichen Gefangenen vorführte. "Ich ließ ihn sich setzen, sagt der Sieger selbst in seinem dritten Briefe an Kaiser Karl V, und behandelte ihn mit Zutrauen. Allein der junge Mensch legte die Hand an einen Dolch, den ich am Gürtel trug, und bat mich, ihn zu tödten, weil er, nachdem, was er sich selbst und seinem Volke schuldig gewesen, keinen andern Wunsch mehr habe, als zu sterben." Dieser Zug ist der schönsten Zeit von Rom und Griechenland werth; denn die Sprache starker Seelen, die gegen das Unglück kämpfen, ist unter allen Zonen, und welche Farbe die Menschen tragen, dieselbe. Wir haben oben das tragische Ende dieses unglücklichen Quauhtemotzin gesehen! Nach der gänzlichen Zerstörung des alten Tenochtitlan blieb Cortez noch vier oder fünf Monate mit seinen Leuten zu Colohuacan, einem Orte, für den er immer eine große Vorliebe gezeigt hat. Er war im Anfange unentschlossen, ob er die Hauptstadt nicht auf einer andern Stelle an dem See wieder aufbauen sollte. Indeß entschied er sich endlich für die alte Lage, "weil die Stadt Temixtitan einmal berühmt geworden war, weil ihre Lage wunderbarlich ist, und man sie von jeher als den Hauptort der mexikanischen Provinzen angesehen hatte (Como principal y sennora de todas estas provincias)." Uebrigens wäre es, wegen der häufigen Ueberschwemmungen, welche das alte und das neue Mexiko erlitten, klüger gewesen, die Stadt östlich von Tezcuco, oder auf die Anhöhen zwischen Tacuba und Tacubaya zu stellen. Wirklich sollte sie auch zur Zeit der großen Ueberschwemmung von 1607, nach einem förmlichen Befehle Philipp's III, auf diese Anhöhen verpflanzt werden; allein der Ajuntamiento, oder der Stadtmagistrat machte dem Hofe die Vorstellung, daß der Werth der Häuser, welche auf diese Weise zu Grunde gehen müßten, 105 Millionen Franken betrage. Man schien damals in Madrid nicht zu wissen, daß die Hauptstadt eines schon acht und achtzigjährigen Königreiches kein fliegendes Lager ist, welches man nach Gefallen von einem Orte zum andern rücken kann! Es ist unmöglich, die Zahl der Bewohner des alten Tenochtitlan mit einiger Gewißheit anzugeben. Nach dem Mauerwerke der zerstörten Häuser, nach den Berichten der ersten Eroberer und besonders nach der Zahl der Streiter zu urtheilen, welche die Könige Cuitlahnatzin und Quauhtimotzin den Tlascalteken und Spaniern entgegenstellten, scheint die Bevölkerung von Tenochtitlan zum wenigsten dreymal größer gewesen zu seyn, als die des heutigen Mexiko ist. Nach der Versicherung des Cortez war das Zuströmen der mexikanischen Handwerksleute, welche nach der Belagerung für die Spanier als Zimmerleute, Maurer, Weber, Metallgießer u. dgl. arbeiteten, so groß, daß die Stadt Mexiko im Jahre 1524 bereits 30,000 Einwohner zählte. Die neuern Schriftsteller haben aber die widersprechendsten Ideen über ihre Bevölkerung aufgestellt, und der Abbe Clavigero beweist in seinem vortrefflichen Werke über die alte Geschichte von Neu-Spanien, wie diese Angaben von 60,000 bis auf anderthalb Millionen von einander abgehen. Diese Widersprüche dürfen uns aber nicht in Erstaunen setzen, wenn wir nur bedenken wollen, wie neu noch statistische Untersuchungen selbst in den kultivirtesten Theilen von Europa sind. Nach den neuesten und am wenigsten verdächtigen Angaben scheint die gegenwärtige Bevölkerung der Hauptstadt von Mexiko (die Truppen mitgerechnet), von 135 -- 140,000 Seelen zu seyn. Die im Jahre 1790 auf Befehl des Grafen von Revillagigedo angestellte Zählung, gab für die Stadt nicht mehr als 112,926 Menschen an; man weiß aber zuverlässig, daß dieses Resultat um ein Sechstheil zu klein ist. Die regulirten Truppen und die in der Hauptstadt garnisonirenden Milizen bestehen aus 5--6000 Mann unter den Waffen. Mit großer Wahrscheinlichkeit kann man die gegenwärtige Bevölkerung folgendermaßen bestimmen: 2,500 weisse Europäer. 65,000 weisse Creolen. 33,000 Eingeborne, (kupferfarbige Indianer). 26,500 Metis, gemischt von Weissen und Indianern. 10,000 Mulatten. 137,000 Einwohner. So sind demnach in Mexiko 69,500 farbige Menschen, und 67,500 Weisse. Allein sehr viele Metis (Mestizos) sind beynahe eben so weiß, als die Europäer und die spanischen Creolen. In den drey und zwanzig Klöstern, welche die Hauptstadt enthält, befinden sich beynahe 1200 Individuen, von denen 580 Priester und Choristen sind. Die funfzehn Frauen- Klöster enthalten 2100 Nonnen, von denen etwa 900 Profeß gethan haben. Der Clerus von Mexiko ist sehr zahlreich, wiewol er immer noch um ein Viertheil geringer ist, als der von Madrid. Die Zählung von 1790 gab an: In den Mönchsklöstern: Priester und Choristen - - - - - 573. Novizen - - - - - - - - 59. Dienende Brüder - - - - - - 235. In den Nonnenklöstern: Nonnen, die Profeß gethan - - - - 888. Novizen - - - - - - - - 35. Präbendirte - - - - - - - 26. Pfarrer - - - - - - - - 16. Vikarien - - - - - - - 43. Weltgeistliche - - - - - - - 517. Summe der Individuen - - 2,392. und, ohne die dienenden Brüder und Novizen, 2,063. Der Clerus von Madrid besteht, nach dem vortrefflichen Werke des Hrn. von Laborde, aus 3,470 Personen, so daß sich also in Mexiko der Clerus zur ganzen Bevölkerung wie 1 1integral2 zu 100, und in Madrid wie 2 zu 100 verhält. Fragmente aus dem neuesten Hefte des v. Humboldt'schen Werkes über den politischen Zustand des Königreichs Neu-Spanien. 5. Die schwimmenden Gärten (Chinampas). Die sehr sinnreiche Erfindung der Chinampas scheint bis zum Ende des vierzehnten Jahrhunderts aufzusteigen. Sie ist in der außerordentlichen Lage eines Volkes gegründet, das rings von Feinden umgeben, mitten auf einem an Fischen nicht sehr reichen See zu leben genöthigt ist, und natürlich auf alle mögliche Mittel zu seinem Lebens- Unterhalte sinnen muß. Wahrscheinlich hat die Natur selbst den Azteken die erste Idee zu diesen schwimmenden Gärten gegeben. An den sumpfigen Ufern der Seen von Xochimilco und Chalco reißt die starke Bewegung des Wassers, zur Zeit des hohen Standes desselben, Erdschollen ab, die mit Kräutern bedeckt und mit Wurzeln durchflochten sind. Diese Schollen treibt der Wind hin und her, bis sie sich zuweilen zu kleinen Flößen vereinigen. Ein Menschenstamm, welcher zu schwach war, um sich auf dem festen Lande zu halten, glaubte diese Stücke Boden benutzen zu müssen, den ihm der Zufall anbot, und dessen Eigenthum ihm von keinem Feinde streitig gemacht wurde. Die ältesten Chinampas waren daher nichts, als Stücke Rasen, welche von den Azteken künstlich waren zusammengefügt, alsdann aufgehackt und angesäet worden. Dergleichen schwimmende Inseln bilden sich unter allen Zonen, und ich habe deren in dem Königreiche Quito, auf dem Flusse Guayaquil gesehen, welche acht bis neun Meter lang waren, mitten auf dem Strome trieben, und junge Zweige von Bambusa, Pistia stratiotes, Pontederia und eine Menge anderer Vegetabilien trugen, deren Wurzeln sich leicht in einander verflochten. Auch sah ich in Italien auf dem kleinen Lago di aqua solfa, bey Tivoli, in der Nähe der Thermen des Agrippa, solche kleine Inseln, welche aus Schwefel, luftsaurer Kalkerde und Blättern des Ulva thermalis bestanden, und sich durch das leiseste Wehen des Windes in Bewegung setzten. Bloße Erdschollen, welche sich vom Ufer abrissen, haben also Anlaß zur Erfindung der Chinampas gegeben; allein die Industrie der aztekischen Nation hat dieses System vom Gartenbaue nach und nach vervollkommnet. Die schwimmenden Gärten, welche die Spanier in großer Menge fanden, und von denen noch mehrere auf dem See von Chalco übrig sind, waren Flöße von Schilf, (Totora), Aesten, Wurzeln und Zweigen von Buschwerk. Diese Bestandtheile, welche sehr leicht sind, und sich ganz in einander verwickeln, bedecken die Indianer mit einer schwarzen Erde, welche von Natur mit Kochsalz geschwängert ist. Durch das Wasser, womit man die Erde aus dem See begießt, verflüchtigt sich dieses Salz nach und nach, und je öfter man diese Auslaugung vornimmt, desto fruchtbarer wird der Boden. Man wendet dieses selbst bey dem Salzwasser aus dem See von Tezcuco mit Vortheil an, indem dieses Wasser, dem noch viel zu seiner Saturation fehlt, wenn es durch den Boden filtrirt wird, das Salz vortrefflich auflöst. Oft enthalten die Chinampas sogar die Hütte des Indianers, welcher eine solche Gruppe schwimmender Gärten zu hüten hat. Man stößt sie mit langen Stangen weiter, oder rückt sie damit zusammen, und treibt sie so nach Gefallen von einem Ufer zum andern.