Die Pflanzenwelt der Tropenländer. Wenn man sich von dem Innern des Erdkörpers oder von der Tiefe der Höhlen zu den beschneiten Gipfeln der Andes erhebt: so trifft man zuerst auf die Region der unterirdischen Pflanzen (Kryptogamen). Sie sind von den Kryptogamen, die man auf der Oberfläche der Erde findet, verschieden. In tiefe Nacht gehüllt, dem Reitze des Sonnenstrahls fremd, Stickgas und brennbare Luft aushauchend, breitet sich ihr flockiges Gewebe über das feuchte Gestein unterirdischer Höhlen, und über das Holz in den Bergwerken. In gleicher Tiefe mit diesen unterirdischen Kryptogamen wachsen im finstern Meeresgrunde Ulvenarten, die sich oft an das Senkbley anhängen, und deren frisches Grün dem Naturforscher eine räthselhafte Erscheinung darbiethet. Wenn wir die zahllose Menge unterirdischer Pflanzen verlassen, finden wir uns auf einmahl in eine Zone versetzt, in welcher die Natur die prachtvollsten Gestalten entwickelt, und sie zu den schönsten Gruppen vereiniget hat. Hier ist die Region der Palmen und Pisang-Gewächse, welche von der Meeresfläche bis fünfhundert und vierzehn Toisen hoch auf das Gebirge hinansteigt. Hier herrschen wohlduftende Lilien, und das Gebüsch schlankstämmiger Palmen. Der Balsambaum von Tolu etc. wächst hier in voller Kraft. Von glühendem Sonnenstrahl getroffen, bedecken das dürre Sandufer Convolvulus brasiliensis, Cactus, Sesuwinn etc. An den Flußufern rankt die Aristolochia cordiflora, deren Blume oft sechzehn Zoll im Durchmesser hat. Bananengewächse und Helikonen wachsen unter den Tropen nicht höher, als auf Gebirgsabhängen von etwa vierzehnhundert Fuß. Um so mehr sind wir erstaunt, als wir nahe am Gipfel des sogenannten Sattelfelsens von Caraccas 6600 Fuß hoch über dem Meere, ein Pisang-Gewächs fanden, das über zwölf Fuß hoch war, und ein so dickes Gebüsch bildete, daß unsere Indianer die größte Mühe hatten, uns mit der Axt einen engen Fußweg zu bahnen. Unmittelbar über der Region der Palmen und Bananengewächse liegt die Region der baumartigen Farrenkräuter. Dieser Erdstrich ist zugleich auch die Region der Fieberrinde. Die China wächst auf Gneis- und Glimmerschiefer, auf feuchtem oder felsigem Boden. Jahrhunderte lang auf das unbedachtsamste von den Chinaschälern verfolgt, ist sie selbst in den berufenen Chinawäldern von Laxanuma und Uritusingu so selten geworden, daß man in einer Tagreise oft nur wenige Stämme davon sieht. Gegenwärtig werden auf Befehl der Regierung vielleicht nur neunhundert jährlich gefällt, während daß vor 1779 man oft in einem Jahre fünfundzwanzig tausend zerstörte. In der milden Region der Fieberrinde wachsen in Südamerika einige Liliengewächse, zum Beyspiel: Cypura, Melastonabäume mit prachtvoll großen violetten Blumen, baumartige, hochstämmige Passifloren, hoch und dick, wie unsere norddeutschen Eichen. Hier erheben sich das glänzende Macrocneunum, der prachtblumige Wotschi, die gelben Lysanthus und der Weinbaum des indianischen Gebirgsvolks etc. Unter dem Schatten balsamischer Styraxbäume bedecken hier immer grüne Laubmoose etc. den vom häufigen Nebel feuchten Boden. In einer Höhe von achthundert und zwey und siebzig Toisen findet sich Portieria hygrometrica, der wetterverkündigende Strauch; Citrosma mit aromatisch duftenden Blättern und Früchten etc. Höher hinauf, als 1128 Toisen, habe ich keine Mimose (Fühlkraut) gefunden, deren Blatt sich bey der Berührung zusammenzieht. Die Bergkälte scheint der Reitzbarkeit dieses Pflanzengeschlechts diese bestimmte Grenze anzuweisen. Von 1332 Toisen an, und besonders in einer Höhe von 1539 Toisen, bilden Acaena, Dichondra etc. einen dichten Rasen. Dieß ist zugleich die Region der Weinmamina, der Eichen etc. Barnadisia und der andesische Berberis bilden hier Hecken um die Kartoffel- und Quinoafelder. Die scharlachblumigen Mustisien umranken hier die Stämme der Vallea stipularis. Eichen beginnen in den äquatornahen Regionen der Andes nicht unterhalb achthundert und zwey und siebzig Toisen; aber unter dem siebzehnten und zwey und zwanzigsten Grad nördlicher Breite, im Königreiche Neu-Spanien, habe ich sie am Gebirgsabhange bis vierhundert und zehn Toisen herabsteigen sehen. Sie allein biethen dem Bewohner der Tropen bisweilen ein schwaches Bild vom Erwachen der Natur im wiederkehrenden Frühlinge dar: denn sie verlieren durch Dürre alle Blätter auf einmahl, und das junge frische Grün der neuen Schößlinge contrastirt dann angenehm in der eintretenden Regenzeit mit den vielfarbigen Blüthen des Exidendrums, dessen Wurzeln die schwarzen riesigen Eichenstämme dicht umschlingen. Unter dem Aequator finden sich hohe Bäume, deren Stamm fünf und vierzig bis sechzig Toisen erreicht, selten höher, als 1383 Toisen über der Meeresfläche. Schon in der Höhe der Stadt Quito fangen die Bäume an zu erkranken, und ihr Wuchs ist nicht mehr mit dem zu vergleichen, den sie in den mildern Thälern in der Mittelzone zwischen 615 -- 923 Toisen erreichen. Um so häufiger sind hier strauchartige Gewächse. Der Boden ist hier mit einer großen Anzahl von Calceolarien geschmückt, deren hochgelbe Blätter angenehm mit dem frischen Grün des moosigen Rasens contrastirt. Noch höher auf dem Rücken der Andeskette, zwischen 1437 und 1693 Toisen, liegt die Region der Wintera grenadensis und der Escallonia. Diese unwirthbaren Gegenden sind mit strauchartigem Gebüsch bedeckt. Der niedrige Stamm dieser Gebüsche breitet sich in zahllose knorrige Aeste aus, und trägt eine schirmartige Krone mit kleinen, aber immer grünen, glänzenden, lederartigen Blättern. An die Region der Escallonia grenzt unmittelbar die der Alpenkräuter, welche sich von 1693 bis 2103 Toisen erstreckt. Hier wachsen gesellig die Gantianen, Stähelinen und die berufene Espeletia frailexon, deren dickwollige Blätter oft den Indianern, wenn sie die Nacht auf den eisigen Gebirgsgipfeln überfällt, zum Bette dienen. Unter den strauchartigen Gewächsen sind die Melinen jene, welche wir am Vulcan von Puracu bey Popayan, und am Antisana die größte Höhe erreichen gesehen. Die Alpenkräuter werden zwischen 2103 und 2358 Toisen durch die Region der Gräser verdrängt. Sie bedecken gesellig den Boden, und diese Grasflur leuchtet von ferne als ein hochgelber Teppich. Der Schnee ruht oft Wochenlang auf dieser Höhe, und die Kameelschafe (Llamas) steigen dann, vom Hunger getrieben, zur Region der Alpenkräuter herab. In einer Höhe von 2358 Toisen findet man unter dem Aequator, von dieser Grenze an, bis zu der des ewigen Schnees, nur kryptogamische Pflanzen, die auf dem nackten Gestein ruhen. Einige scheinen sich selbst unter dem ewigen Eise zu verstecken, denn gegen den Gipfel des Chimborasso hin, 2850 Toisen über der Meeresfläche, habe ich auf einer Felsklippe, Umbilicaria pustulata gefunden. So ist Leben in allen Räumen der Schöpfung verbreitet. Aber diese einsamen Pflanzen waren auch die letzten organischen Wesen, welche wir in diesen beeisten Höhen an dem Boden geheftet gefunden haben. Wir versetzen uns nach dieser Abschweifung, die mir meine Leser sicher verzeihen, von den Andes wieder nach Paraguay. Wenn die auf den Ebenen wildwachsenden Pflanzen eine gewisse Härte und Stärke erreicht haben, so zündet man sie an, damit sie wieder von Neuem ausschlagen, ein frischeres, für das Vieh nahrhafteres, zarteres Grün treiben. Man muß aber dabey mit der nöthigen Vorsicht verfahren, wenn nicht bey starkem Winde oft ganze Wälder in Asche verwandelt werden sollen. Man hat die Bemerkung gemacht, daß die großen und hohen Grasarten, die in den unbewohnten Gegenden herrschen, da dem Rasen und einer kleinblättrigen, kriechenden Distelart (Brechnuß) Platz machen, wo zahllose, von Hirten geweidete Herden ihre immerwährende Nahrung suchen. Sonderbar ist's, daß in der Nähe bewohnter Ortschaften, Malven Disteln, Nesseln und mehrere andere Pflanzen wachsen, die man in entlegenen Wildnissen vergebens sucht. Von dem la Plata bis zur Magellanischen Meerenge stehen einsame Sträucher über die Fläche hervor. Zum Brennen bedient man sich großer getrockneter Distelarten. Den Mangel der Feuermaterialien sucht man sogar durch Knochen, Talg und Thierfell zu ersetzen. Man pflanzt, wie bey uns, Weiden und Akazien, Pfirsichbäume an, welche ungemein schnell wachsen, um sie als Brennholz zu benutzen. Das Holz, was auf den Ufern der Bäche und den Inseln in Parana und Uruguay wächst, hilft dem Holzbedürfniß nicht ab. In der Provinz Chaco, vorzüglich in der Flußnähe, gibt es große und dichte Waldungen . Von den vielen Baumarten verdient insbesondere die Algarobo, oder der Johannisbrodbaum (Ceratonia Siliqua Polygam. Trivec.) bemerkt zu werden. Er erreicht hier seine größte Vollkommenheit, und seine Frucht ist der Algaroba der wärmern Theile der alten Welt weit vorzuziehen, und dient den Indianern in Paraguay zu einem schmackhaften Nahrungsmittel. Von den vier Gattungen dieses nützlichen Baums führen wir jedoch nur die weiße und schwarze Algaroba an. Oak nennen die Agiboner die erste und Roak die zweyte. Chacu bedeutet Überfluß, nach andern eine große Menge Wild aller Art. Da die Einwohner den Spaniern ihr Land als viehreich anpriesen, benannten es diese Chaco. An Gestalt, Blumen, Blättern und Früchten herrscht unter den verschiedenen Arten vollkommene Aehnlichkeit. Die Blätter bestehen gewöhnlich aus drey Paar großen, glatten, ovalen Lappen, welche mit einem kurzen Stiele an dem gemeinschaftlichen Hauptstiele festsitzen. In langen, einfachen, traubenförmigen Büscheln wachsen die Blumen und haben eine röthliche oder Purpurfarbe; die der weißen Algaroba sind gelblich. Der Baum ist ansehnlich stark. Die weiße Algaroba erreicht in Paraguay, wie in Chaco am Rio Vermejo, bey St. Jacob, wo man ganze Wälder davon findet, eine Größe und Stärke, daß sie zu Schiffsbauholz gebraucht wird. Das Holz ist fest, geschmeidig, violettfarben, und man macht daraus die Seitenwände der Schiffe, die den Parana etc. befahren. Die Frucht, oder die Schoten, welche in Wänden die braunen Kerne, den Samen, enthalten, sind eine Spanne lang, einen Zoll breit, und haben ein weißliches, mit einer zarten Haut bedecktes, schmackhaftes Fleisch. Man kann sie roh essen. Sie werden auch in einem Mörser gestoßen, und wird Wasser darauf gegossen, so entsteht dann eine Gährung und daraus ein Trank, der, wenn er in reichem Maße getrunken wird, berauscht. Der Trank heißt Chica, schmeckt sehr kräftig und ist gesund. Er stellt die in einer Krankheit verlornen Kräfte bald wieder her, und heilt Brustbeschwerden. Die Frucht wird wegen ihres ausgebreiteten Nutzens ungemein geschätzt. Selbst das Rindvieh und die Pferde werden fett davon. Wenn sich ein Agiboner in der Zeit, wo der Baum keine Früchte trägt, nicht wohl befindet, dann pflegt er zu sagen: reift die Algaroba erst wieder, dann werde ich mich wieder erhohlen. Die Indianer berechnen auch ihr Alter nach den Blüthen des Baums und fragen, wenn sie wissen wollen, wie alt einer ist: wie oft hat dir die Algaroba geblüht? Die Schote der schwarzen Algaroba ist kleiner, brauner und röthlich gefleckt. Sie ist süßer, als die vorige Art, roh genossen ist sie ätzend, die Zunge lähmend. Vom Hunger getrieben, genoß sie ein Reisender, und konnte einige Stunden nicht sprechen. Man macht daraus Brode, die man Patay nennt, die zur Speise und Arzney dienen. Die Schalen werden dann in einem Mörser gestoßen, den Brey läßt man durch ein Sieb laufen und formt dann Brod daraus, das sehr hart wird. Die dritte Art der Algaroba wird zum Schwarzfärben der Wolle gebraucht, hat kleine, safranfarbene, aromatisch duftende Blumen. Es drängt sich aus derselben ein Gummi hervor, das dem arabischen an Güte nichts nachgibt. Die vierte Art der Algaroba endlich gewährt einen schweißtreibenden Trank, der oft schwere Krankheiten hebt. Nur an den Ufern der Flüsse und Bäche, sonst findet man vom la Plata bis zu den Missionscolonien keine Waldungen. Das Holz muß wegen der Bevölkerung immer seltener werden, da man jährlich viel ausrottet, ohne wieder nachzupflanzen. Nördlich und in den Colonien der Jesuiten erstrecken sich die schönsten Waldungen in weite Fernen. Da sie so dicht und mit Farrenkräutern verwachsen sind, so ist es schwer, fast unmöglich, hindurchzukommen. Neue Bäume erzeugen sich aus Sprößlingen, da der Same nicht auf die Erde fallen kann, und die alten Bäume verwittern. Die verschiedenartigsten Bäume stehen nachbarlich beyeinander und es hält schwer, zwanzig Stück von derselben Art in einem beträchtlichen Umkreise zu finden. Die Verschiedenheit der Blätter, des Grüns, der Stämme, des Wuchses, gewährt eine Mannigfaltigkeit, die das Auge ergötzt. In einer zahllosen Familie, die kein fremdes Mitglied duldet, prangen in unabsehlichen Weiten die Orangenwälder. Die dichten Schatten dieser Bäume und der Saft der herabfallenden, verfaulten Orangen, hindern jeden aufsprießenden Baum im Fortwachsen, und jeder andere Samenkeim wird in der Geburt erstickt. Kein Schwamm, keine Schmarotzerpflanze gedeiht unter ihnen. Es scheint, da diese Wälder fast nur in angebauten Gegenden zu finden sind, daß sie nicht einheimisch, sondern angepflanzt sind und sich von selbst späterhin ausgebreitet haben. Die Früchte sind sauer und dickschaligt. Das Holz in Paraguay hat die eigenthümliche Beschaffenheit, daß es weit dichter und fester, als das europäische ist, und der Fäulniß sehr widersteht. Es brennt schwerer, weil sich die festen Theile mehr aneinander legen und die Flamme nicht so leicht in die Poros eindringen kann. Der Tartarebaum gibt gar keine Flamme, verzehrt sich stinkendglühend und läßt nicht einmahl eine Kohle nach. Uebrigens ist das Holz eisenfest, von schöngelber Farbe und nimmt eine spiegelblanke Politur an. Der Curiybaum wächst besonders in den Waldungen am Parana und Uruguay. Von seiner Aehnlichkeit mit der Tanne, die er indeß an Höhe und Stärke übertrifft, hat man ihn auch Tanne genannt. Seine Blätter sind breiter und kürzer, als die Tannennadeln, und spitzen sich lanzenförmig zu. Die Frucht hat die Gestalt eines abgestumpften Kegels, ist von der Stärke eines kleinen Kinderkopfs, mit Schuppen, die jedoch nicht so bemerkbar sind, als an den Tannenzapfen. Die Samenkörner, wenn sie geröstet werden, haben einen Geschmack, der dem der Kastanien bey weitem vorzuziehen ist. Es läßt sich auch Mehl und Brod daraus bereiten. Wichtig für die Indianer ist der Ybaro, mit großen, runden Früchten besetzt, die zwischen der äußern Schale und dem Kern, ein fettes, klebriges Mark enthalten, welches vollkommen die Stelle der Seife vertritt. Es gewährt einen eigenen Anblick, wenn auf den Zweigen der höchsten Bäume, oder auf einem Balken oder Pfahl, ein anderer Baum von gleicher Höhe, emporwächst, und, so zu sagen, in der Luft getragen zu werden scheint. In gerader Linie senken sich Anfangs die jungen Wurzeln auf die Erde nieder und greifen in den Boden ein, zuletzt umranken sie den Baum oder Pfahl so, daß das, was aus zwey Theilen besteht, wie ein Ganzes aussieht. Er gehört zu den Schmarotzergewächsen. Der Plumerito (Federbusch) wächst an allen Bächen, besonders häufig in den Ebenen von Montevideo. Seine Blumenblätter, die die lebhafteste rothe Farbe haben, sind drey Zoll lange seidenartige Fäden. Aus den Blumen windet das schöne Geschlecht Blumensträuße. Es gibt in Paraguay ausschließend in den feuchten Gegenden einen Baum mit einem Stamm von der Stärke eines Arms, mit krummen, dornigten Zweigen, länglichen, schmalen, paarweise stehenden Blättern und einer Frucht, die sich in Schoten befindet, welche unserer Bohne gleicht, der dieselbe Eigenschaft wie die Mimosa hat. Wenn seine Blätter von Menschen berührt oder stark vom Winde bewegt werden, so legen sie sich zusammen und nehmen ihre natürliche Gestalt wieder an, wenn der äußere Druck aufhört. Es gibt in dem Lande Rohrarten von der Stärke eines Mannsschenkels. Ob sie gleich hohl sind, so fehlt es ihnen doch nicht an der nöthigen Festigkeit zu Balken, Gerüsten etc. Die Jesuiten bedienten sich der Rohrstämme, die sie mit Leder überzogen, in ihrem Kriege gegen Spanien und Portugal (1752) statt der Kanonen, mit gutem Erfolg. Bloß an den feuchten Ufern der Bäche wachsen diese Rohrarten, erlangen nach sieben Jahren ihre höchste Vollkommenheit und ragen oft über alle andere Bäume empor. Der Baum, der den Thee von Paraguay liefert, wächst wild und unter andern Waldbäumen von den Flüssen und Bächen, die sich in den Parana und Uraguay ergießen, auf einem leimigten, nassen Boden, wie das Rohr. Er erlangt eine größere Stärke, als die mittelmäßigen Orangenbäume. Da, wo man seine Blätter sammlet, hat er das Ansehen eines Strauchs, weil man seine Zweige ausschneidet, um die Anzahl der jungen Sprößlinge zu vermehren. Die Rinde des Baums ist glatt und weißlich, die vielen Zweige sind mit dichtem Laub bedeckt. Die vier bis fünf Zoll langen und etwa zwey Zoll breiten Blätter, sind dick, glänzend, gezahnt, haben einen kurzen, röthlichen Stiel, auf der obern Seite ein dunkleres Grün, als auf der untern. Büschelweise stehen die kleinen, fünfblätterigen Blüthen, dreyßig, vierzig bey einander. Die Samenkörner sind glänzend, glatt, von röthlich violetter Farbe und ähneln den Pfefferkörnern. Die Theesammlung erfordert mehrere Monate und wird gewöhnlich von Spaniern betrieben. Die Zweige werden mit Messern von den Bäumen abgeschnitten und die Blätter gewelkt, indem man die Zweige durch die Flamme zieht. Einige Zeit nachher werden sie geröstet und mit Hölzern zerstampft. Dies gibt den gemeinen Thee, Yerba de Palos genannt. Fünf und zwanzig Pfund kosten in den Waldungen nur zwey Gulden, in Assumtion wegen der Fracht schon noch ein Mahl so viel. Das kleine Kraut, der Thee Camiri, kömmt von demselben Baume, besteht aber bloß aus Blättern, die langsamer gedörrt werden. Er ist doppelt theurer, wie die erste Theesorte. Dieser Thee verbreitet den köstlichsten Geruch. Man erhöht ihn noch durch die zu Pulver geriebene Rinde des Guabyramiribaums. Der mäßige Gebrauch dieses Thees macht Appetit und treibt gelinden Schweiß. Steht das darauf gegossene Wasser zu lange über denselben, so wird sein Genuß schädlich. Er wird aus Gefäßen von Horn und Kürbisschaalen getrunken. Man packt ihn zum Verschicken in viereckige Säcke (Zurroyes oder Tercies) von Ochsenleder. Jeder Sack enthält fünf und zwanzig Pfund. Jedes Maulthier trägt zwey dergleichen Säcke, legt man ihm mehr auf, so wirft es sich auf die Erde und sträubt sich gegen seine Treiber. Der Gebrauch dieses Thees taugt deßhalb für Europa nicht, weil er in kurzer Zeit seinen Geruch, seine Annehmlichkeit und Wirkung verliert. Der Gebrauch dieses Thees ist in dem ganzen Lande, selbst in Chili, Peru und Quito allgemein. Sicher wird jährlich an fünfzigtausend Centner consumirt. Nach Peru allein transportirt man jährlich für eine Million Thaler. Der Guabyramiribaum liefert das Ameisenwachs. Auf seinen Zweigen setzen die Ameisen ein Wachs ab, das die Weiße des Schnees übertrifft, in kleinen Körnern besteht und von den Weibern gesammelt wird. Sein Geruch ist balsamisch. Dieses Wachs, zu dem Camirithee gemischt, gibt ihm eine größere Consistenz. Palo Santo (heiliges Holz) ist ein hochwachsender Baum, dessen Holz hart und wohlriechend ist. Es wird in Spanien zerschnitten, gekocht, und es zieht sich aus demselben ein Harz, das, wenn das Wasser erkaltet ist, oben im Kessel eine Rinde bildet. Es wird zum Räuchern gebraucht. Der Mangaysis ist ein Baum, den man an dem Ufer des Gatemy antrifft, dessen Harz in Europa unter dem Nahmen des elastischen Gummi bekannt ist. Man breitet unter dem Baume eine Thierhaut aus, macht mehrere Einschnitte in denselben und in kurzer Zeit fließt eine Menge von dünnem, flüßigem Harz aus demselben. Die Masse verdickt sich an der Luft bald, und rollt sich wie ein Leder auseinander. Am Uruguay und in den Missionscolonien wächst in zahlreicher Menge der Aguaraibay, der die Stärke eines starken Mannskörpers erreicht, und seine Blätter im Winter behält. In kleinen Schoten trägt er Samen. Reibt man die Blätter, so geben sie eine klebrigte, wie Terpentin riechende, Feuchtigkeit von sich. Steht der Baum in voller Blüthe, so sammelt man die Blätter, um Harz daraus zu kochen. Dies ist die Masse, die man unter dem Nahmen des Balsams von Aguaraibay kennt. Jeder indianische Völkerstamm muß von diesem Balsam an die Regierung abliefern. Er ist heilend und wird auch gegen Magenschwäche und Durchfall gebraucht. Eine Liane, die sich, wie Epheu, an den Bäumen hinaufschlingt, zu den Schmarotzerpflanzen gehört, oft von einem Baume zum andern fortgeht, die Stämme fest umschlingt, führt den Nahmen Guembe oder Quembe. Sie ist von der Dicke eines Arms und trägt eine körnerreiche Aehre, wie der Mais. Die Rinde, die sich leicht auflöst, wird von den Guaraniern zu Stricken und von den Spaniern zu Schiffstauen gebraucht. Diese Stricke sind wohlfeil und verfaulen nicht leicht im Wasser oder Schlamm. Die Luftblumen, auch zu den Schmarotzerpflanzen gehörig, tragen schöne Blumen und übertreffen an Güte des Geruchs vielleicht alle Blumen in der Welt. Die Altanen der Häuser in Buenos-Ayres sind damit geschmückt. Die höchsten Bäume sind von diesen Luftblumen bis zu den Wipfeln umrangt, wodurch sie nicht nur ein lachendes Ansehen erhalten, sondern die Luft wird auch von aromatischen Düften erfüllt. Die Pitas, ebenfalls Schmarotzerpflanzen, haben in ihrem Innern frisches, krystallhelles Wasser, das die Reisenden erquickt und ihren Durst löscht. Rhabarber findet man in dem Lande auch wildwachsend. Der Purgierkern, von der Größe einer Mandel, erregt, wenn man die Hälfte davon ißt, Erbrechen. Der Abatitimbabybaum enthält schönes, goldgelbes Harz, das rein und durchsichtig, wie Krystall, ist. Es erhärtet an der Luft und hat das Ansehen wie Bernstein. Man macht Ohrgehänge, Kreuze etc. daraus, die der Feuchtigkeit widerstehen, aber sehr zerbrechlich sind. Der Mhocayay trägt eßbare Datteln, aus denen man auch ein vortreffliches Oehl preßt. Tamarrinde, Cacao, Sassaparill, Jalappe, Sassafras, Vanille, Cedern, Nadelhölzer, verschiedene Palmarten etc. fehlen dem Lande nicht.