Ideen zu einer Geographie der Pflanzen von Alexander von Humbold mit erläuternden Zusätzen und Anmerkungen. Die Untersuchungen der Naturforscher sind gewöhnlich nur auf Gegenstände beschränkt, welche einen sehr geringen Theil der Pflanzenkunde umfaßen. Sie beschäftigen sich fast allein mit Aufsuchung neuer Arten, mit Beschreibung der äußern Form derselben, und mit den Kennzeichen, nach deren Aehnlichkeit sie in Klaßen oder Familien vereinigt werden. Dieses physiognomische Studium der organischen Geschöpfe ist unstreitig das wichtigste Fundament aller Naturbeschreibung. Ohne daßelbe können selbst diejenigen Theile der Botanik, welche auf das Wohl der menschlichen Gesellschaft einen mehr unmittelbaren Einfluß zu haben scheinen, wie die Lehre von den Heilkräften der Pflanzen, von ihrer Kultur, und ihrem technischen Gebrauche, keine bedeutenden Fortschritte machen. So wünschenswerth es demnach aber auch ist, daß viele Botaniker sich auschließlich diesem weitumfassenden Studium widmen mögen; so sehr auch die natürliche Verkettung der Formen einer philosophischen Behandlung fähig ist: so ist es dennoch nicht minder wichtig, die Geographie der Pflanzen zu bearbeiten, eine Disciplin, von welcher kaum nur der Nahme existirt, und welche die intereßantesten Materialien zur Geschichte unsers Planeten enthält. Schon im Jahre 1793 in dem Prodromus zum Specimen Flor. Fribergensis S. IX und X wies der Hr. Verf. vollkommen der Natur gemäß, der Geognosie (Erdkunde) einen weiteren Umfang an, und fand es schon damahls nicht schicklich, daß man die mineralogische Kenntniß der Erdrinde ausschließlich mit dem Nahmen Geognosie belegt hatte; da diese Benennung der phytologischen und zoologischen, nicht weniger auch der atmosphärologischen Abtheilung mit gleichem Rechte zukommt. Sehr richtig heißt es dort: „Geognosia Naturam animatam aeque ac inanimatam, vel, ut vocabulo minus apto ex antiquitate saltem haud petito utar, corpora organica aeque ac inorganica considerat .” „Und darauf gibt er die besonderen Abtheilungen dieser Lehren an: nähmlich die oryctologische (beßer wohl, um keine Verwechslung zu veranlaßen, die mineralogische) Geographie ferner die phytologische und zoologische Geographie. Auch bemerkte damahls schon der Hr. Verf., daß die natürliche Erdgeschichte der Geognosie näher verwandt sey, als der systematischen Beschreibung der be- sondern Naturkörper; es fehlte also zur vollständigen Bestimmung des Gebietes der gesammten natürlichen Erdkunde oder Geognosie weiter nichts, als daß der Hr. Verf der natürlichen Geographie die natürliche Erdgeschichte zur Zwillingsschwester gegeben, und beyde als die constituirenden Theile der gesammten natürlichen Geognosie aufgeführt hätte. Daß dieses Unterordnen beyder unter eine Hauptrubrik; den natürlichen Verhältnißen vollkommen angemeßen sey, ersieht man schon daraus, daß der Hr. Verf. oft unvermerkt, aus dem geographischen Felde, in das geschichtliche übertritt, und sogar oft die geographischen Darstellungen mit historischen Ansichten durchwebt, mithin geognostisch schildert; und somit wäre die Ueberschrift: Ideen zu einer phytologischen Geognosie oder Erdkunde vielleicht noch passender als die Gewählte gewesen. Recension dieses Werkes in den allgem. geographischen Ephemeriden 23. Band S. 452. Sie betrachtet die Gewächse nach dem Verhältniße ihrer Vertheilung in den verschiedenen Klimaten. Fast grenzenlos, wie der Gegenstand den sie behandelt, enthüllt sie unseren Augen die unermeßliche Pflanzendecke, welche, bald dünner, bald dichter gewebt, die allbelebende Natur über den nackten Erdkörper ausgebreitet hat. Sie verfolgt die Vegetation von den luftdünnen Höhen der ewigen Gletscher bis in die Tiefe des Meeres, oder in das Innere des Gesteins, wo in unterirrdischen Höhlen Kryptogamen wohnen, die noch so unbekannt als die Gewürme sind, welche sie nähren. Der obere Rand dieser Pflanzendecke liegt, wie der des ewigen Schnees, höher oder tiefer, nach dem Breitengrade der Orte, oder nach der Schiefe der wärmenden Sonnenstrahlen. Aber die untere Grenze der Vegetation bleibt uns völlig unbekannt: denn genaue Beobachtungen, welche man über die unterirdischen Gewächse beyder Hemisphären angestellt hat, lehren, daß das Innere der Erde überall belebt ist, wo organische Keime Raum zur Entwickelung und eine sauerstoffhaltige Flüßigkeit zur Ernährung gefunden haben. Jene schroffen beeisten Klippen, die hoch über der Wolkenschichte hervorragen, sind mit Laubmoosen und Flechtenarten bewachsen. Ihnen ähnliche Kryptogamen breiten, bald buntgefärbt bald von blendender Weiße, ihr weiches faseriges Gewebe, über die Stalaktiten-Wände unterirdischer Grotten, und über das feuchte Holz der Bergwerke aus. So nähern sich gleichsam die äußersten Gränzen der Vegetation, und bringen Formen hervor, deren einfacher Bau von den Physiologen noch wenig erforscht ist. Ungleich ist der Teppich gewebt, den die blüthenreiche Flora über den nackten Erdkörper ausbreitet; Dichter, wo die Sonne höher an dem nie bewölkten Himmel emporsteigt; lockerer gegen die trägen Pole hin, wo der wiederkehrende Frost bald die entwickelte Knospe tödtet, bald die reifende Frucht erhascht. Doch überall darf der Mensch sich der nährenden Pflanzen erfreuen. Trennt im Meeresboden ein Vulkan die kochende Fluth, und schiebt plötzlich (wie einst zwischen den griechischen Inseln) einen schlackigen Fels empor oder erheben (um an eine friedlichere Naturerscheinung zu erinnern) die einträchtigen Nereiden ihre zelligen Wohnungen, bis sie nach Jahrtausenden über den Waßerspiegel hervorragend, absterben, und ein flaches Korallen-Eiland bilden: so sind die organischen Kräfte sogleich bereit, den todten Fels zu beleben. Was den Saamen so plötzlich herbeyführt: ob wandernde Vögel, oder Winde, oder die Wogen des Meeres; ist bey der großen Entfernung der Küsten schwer zu entscheiden. Aber auf dem nackten Steine, sobald ihn zuerst die Luft berührt, bildet sich in den nordischen Ländern ein Gewebe sammtartiger Fasern, die dem unbewaffneten Auge als farbige Flecken erscheinen. Einige sind durch hervorragende Linien bald einfach, bald doppelt begränzt; andere sind in Furchen durchschnitten und in Fächer getheilt. Mit zunehmenden Alter verdunkelt sich ihre lichte Farbe. Das fernleuchtende Gelb wird braun, und das bläuliche Grau der Leprarien verwandelt sich nach und nach in ein staubartiges Schwarz. Die Grenzen der alternden Decke fließen in einander, und auf dem dunkeln Grunde bilden sich neue zirkelrunde Flechten von blendender Weiße. So lagert sich schichtenweise ein organisches Gewebe auf das andere; und wie das sich ansiedelnde Menschengeschlecht bestimmte Stufen der sittlichen Kultur durchlaufen muß, so ist die allmählige Verbreitung der Pflanzen an bestimmte physische Gesetze gebunden. Wo jetzt hohe Waldbäume ihre Gipfel luftig erheben, da überzogen einst zarte Flechten das erdenlose Gestein. Laubmoose, Gräser, krautartige Gewächse und Sträucher, füllen die Kluft der langen, aber ungemeßenen Zwischenzeit aus. Was im Norden Flechten und Moose, das bewirken in den Troppen Portuluca, Gemphrenum und andere niedrige Uferpflanzen. Die Geschichte der Pflanzendecke, und ihre allmählige Ausbreitung über die öde Erdrinde, hat ihre Epochen, wie die Geschichte des spätern Menschengeschlechts. Anm. zu von Humbold’s Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. Aber die Pflanzen-Geographie ordnet die Gewächse nicht bloß nach Verschiedenheit der Klimate und Berghöhen, in welchen sie sich finden; sie betrachtet dieselben nicht bloß nach den wechselnden Graden des Luftdruckes, der Temperatur, der Feuchtigkeit und elektrischen Tension, unter welchen sie sich entwickeln: sie unterscheidet unter den zahllosen Gewächsen des Erdkörpers, wie unter den Thieren zwey Klaßen, die in ihrem Verhältniße gegen einander (und so zu sagen in ihrer Lebensweise) weit von einander abstehen. Ich habe auf diesen Unterschied, und auf andere Verhältniße der Pflanzen-Geographie schon in meiner Flora Fribergensis (1793) aufmerksam gemacht. Anmerkung des Verfaßers. Der Grund dieser auffallenden Erscheinung, scheint im Saamen selbst zu liegen, daß dieser nähmlich entweder zu schwer ist, um vom Winde weit fortgeführt werden zu können, oder daß er entweder leicht vom Hauch des Windes fortgerißen, oder auch durch die Elasticität seiner Fruchthülle weit weggetrieben wird. Auch ist die Wurzel einiger Gewächse wuchernd, und macht, daß mehrere Pflanzen derselben immer beysammen stehen müßen. S. Wildenow’s Geschichte der Pflanzen S. 504. Einige wachsen einzeln und zerstreut. So in der gemäßigten Zone in Europa, Solanum dulcamara, Lychnis dioica, Polygonum bistorta, Anthericum liliago, Crataegus aria, Weißia paludosa, Polytrichum piliferum, Fucus sacharinus, Clavaria pistillaris, und Agaricus procerus: so unter den Wendekreisen, im neuen Kontinent, Theophrasta americana, Lysianthus longifolius, Hevea, die meisten Cinchona-Arten, Vallea stipularis, Anacardium caracoli, Quasia simaruba, Spondias mombin, Manettia reclinata und Gentiana aphylla. Andere Gewächse, gesellig vereinigt, gleich Ameisen und Bienen, bedecken ganze Erdstrecken, von denen sie alle von ihnen verschiedene Pflanzen ausschließen. Zu diesen gehört das Heidekraut (Erica vulgaris), die Erdbeeren (Fragaria vesca) , Vaccinium myrtillus, Polygonum aviculare, Cypercus fuscus, Aira anescens, Pinus sylvestris, Sesuvium portulacastrum, Rhizophora mangle, Croton argenteum, Convolvulus brasiliensis, Brathys juniperina, Escallonia myrtilloides, Bromelia karatas, Sphagnum palustre, Politrichum commune, Fucus natans, Sphaeria digitata, Lichen haematoma, Cladonia paschalis, und Telephora hirsuta. Ob ich gleich unter diesen geselligen Pflanzen, manche südamerikanische mit aufgezählt habe; so ist ihr Vorkommen in den Troppenländern, doch im ganzen seltener als in der gemäßigten Zone, wo ihre Menge den Anblick der Vegetation einförmiger, und deßhalb unmahlerischer macht. Von dem Ufer des Orinoco, bis zu dem des Amazonen-Stroms und des Ucayale, in einer Ebene von mehr als drey Hundert Meilen, ist das Land ein ununterbrochener dichter Wald. Hinderten nicht trennende Flüße, so könnten Affen, die fast die ausschließlichen Bewohner dieser Einöde sind, ohne die Erde zu berühren, von Zweige zu Zweige sich schwingend, aus der nördlichen Hemisphäre in die südliche übergehen. Aber diese unermeßlichen Waldungen biethen dem Auge nicht das ermüdende Schauspiel der geselligen Pflanzen dar. Jeder Theil ist mit andern Formen geschmückt. Hier stehen dicht gedrängt Psychotria, buchenblätterige Mimosen und immerblühende Melastoma: dort verschlingen die hohen Zweige Cesalpinien, mit Vanille umränkte Feigenbäume, Lecythis Arten, und die von gerinnbarer Milchstrotzenden Heveen. Kein Gewächs übt hier verdrängende Herrschaft über die anderen aus. Kautschuck, durch Absorption des atmosphärischen Oxygens sich aus der Milch abscheidend. Anm. des Verfassers. Ganz anders sind die Pflanzen in der Gegend der Troppenländer vertheilt, welche an Neu-Mexico und Louisiana grenzt. Zwischen dem siebzehnten und zwey und zwanzigsten Grade nördlicher Breite ist eine kalte, zwey tausend Meter ( 6000 Fuß) über den Meerespiegel erhabene Gebirgsebene (Anahuac nennen die Eingebohrnen dieses Land), dicht mit Eichen und mit einer Tannen-Art bewachsen, welche sich dem Pinus strobus naht. Liquidambarbäume, Arbutus madronno und andere gesellige Pflanzen bedecken in den anmuthigen Thälern von Xalappa den östlichen Abfall der mexicanischen Gebirgskette. Boden, Klima, Pflanzen, Formen, ja die ganze Ansicht des Landes, nehmen hier einen Charakter an, welcher der gemäßigten Zone anzugehören scheint, und den man innerhalb der Wendekreise, in gleicher Berghöhe, in Südamerika nirgends beobachtet. Die Ursache dieses sonderbaren Phänomens, liegt wahrscheinlich größtentheils in der Gestalt des neuen Kontinents, der an Breite übermäßig zunehmend, hoch gegen den Nordpol ansteigt; wodurch das Klima von Anahuac kälter wird, als es nach des Landes Lage und Höhe seyn sollte. Canadische Pflanzen sind so auf dem hohen Gebirgsrücken allmählich gegen Süden gewandert; und nahe am Wendekreise des Krebses sieht man jetzt die feuerspeyenden Berge von Mexico mit denselben Tannen bewachsen, welche den nördlichen Quellen des Gila und Mißury eigen sind. Boden, Lage, Kälte, Hitze, Dürre und Näße haben auf die ganze Vegetation einen großen Einfluß. Es darf daher keinen befremden, in jeder Gegend des Erdballs eigene, nur für diese Lage bestimmte Gewächse zu finden. Wenn man also die Pflanzen der Polarländer wieder auf den Gipfeln hoher Gebirge bemerkt; so sieht man daß diese Gewächse nur für kalte Länder bestimmt sind. Eben so wenig ist es zu verwundern, unter einerley Breite in Asien,Afrikaund Amerika, auf ebenem Boden viele Gewächse zu finden, die allen dreyen Welttheilen eigen sind. Wildenow Geschichte der Pflanzen. In Europa ist die große Katastrophe, welche durch plötzliches Anschwellen der Binnenwaßer erst die Dardanellen, und nachher die Säulen des Hercules durchbrochen, und das breite Thal des Mittelmeers ausgehöhlt hat, dem Uebergang africanischer Pflanzen hinderlich gewesen. Nur die wenigen, welche man in Neapel, in Sicilien, und in dem südlichen Frankreich findet, sind wahrscheinlich wie die Affen von Gibraltar, vor diesem Durchbruche eingewandert. Die Kälte der pyrenäischen Gebirgspäße beweist, daß sie unmittelbar von Süden her aus dem Berberen-Lande, und nicht durch Spanien von Südwesten her, gekommen sind. In den folgenden Jahrtausenden hat das länderscheidende, aber für Schiffahrt, gegenseitigen Verkehr und intellectuelle Kultur des Menschengeschlechts so wichtige Mittelmeer, diese Einwanderung unmöglich gemacht, und die südeuropäische Vegetation kontrastirt deßhalb mit der von Nieder-Aegypten und den nordatlantischen Küsten. Nicht so ist die Pflanzenvertheilung zwischen Canada und der mexicanischen Landenge. Beyde Länder haben gleichsam ihre Gewächse gegen einander ausgetauscht, und die Hügel, welche das Thal von Tenochtitlan begränzen, sind fast mit denselben Bäumen bedeckt, welche unter dem fünf und vierzigsten Breitengrade nördlich vom Kranichgebirge und dem Salz-See von Timpanogos, vegetiren. Wenn Künstler diesen mexicanischen Theil der Troppenregion besuchten, um in denselben den Character der Vegetation zu studieren, würden sie dort vergebens die Pracht und Gestalt-Verschiedenheit der Aequinoctional-Pflanzen suchen. Sie würden in dem Paralell der westindischen Inseln, Wälder von Eichen, Tannen, und zweyzeiligen Cypreßen finden; Wälder, welche die ermüdende Einförmigkeit der geselligen Pflanzen von Canada, Nordasien und Europa darbieten. Es wäre ein interessantes Unternehmen, auf botanischen Specialkarten die Länderstrecken anzudeuten, welche diese gesellige Verbindung von Gewächsen einerley Art auf dem Erdboden einnehmen. Sie würden sich in langen Zügen darstellen, die, Unfruchtbarkeit verbreitend, alle Kultur um sich her verdrängen, und bald als Heiden, bald als unermeßliche Grasfluren (Steppen, Savanen), bald als undurchdringliche Waldungen, dem Verkehre des Menschengeschlechts fast gröſsere Hinderniße als Berge und Meer, entgegenstellen. So beginnt das Heideland, diese Gruppirung der Erica vulgaris, Erica tetralix, des Lichen icmadophila und Lichen haematoma, von der Nordspitze von Jüttland, und dehnt sich südlich, durch Holstein und Lüneburg bis über den zwey und fünfzigsten Breitengrad hinaus. Von da wendet er sich gegen Westen, und reicht durch die Granitebenen von Münster und Breda, bis an die Küsten des englischen Oceans. Seit vielen Jahrhunderten herrschen diese Pflanzen in den nordischen Ländern. Die Industrie der Anwohner, gegen jene Alleinherrschaft ankämpfend, hat ihnen bisher nur wenig Raum abgewonnen. Aber diese neugefurchten Aecker, diese Eroberungen des Kunstfleißes, die allein wohlthätigen für die Menschheit , bilden Inseln von frischem Grün in der öden Heide. Sie erinnern an jene Oasen, welche den Keim des vegetabilischen Lebens mitten in den todten Sandwüsten Lybiens bewahren. Fast b. 52° 27′ Ein Laubmoos, Sphagnum palustre, welches den Tropen und den gemäßigten Klimaten gleich eigen ist, bedeckte ehemahls einen beträchtlichen Theil von Deutschland. Die häufigen Torfmoore in den baltischen und westdeutschen Ländern bezeugen, wie weit jene gesellige Pflanze dort einst verbreitet war: denn die neueren Moore verdanken zwey Sumpf-Kryptogamen, dem Sphagnum und Mnium serpillifolium, ihren Ursprung, während daß der Torf älterer Formation aus zusammen gehäuften Meer-Ulven und kochsalzhaltigen Fucus-Arten entstanden ist, und daher oft auf einem Bette kleiner Seemuscheln ruht. Durch Ausrottung der Wälder haben ackerbauende Völker die Näße des Klima vermindert. Die Sümpfe sind nach und nach abgetrocknet, und das Sphagnum, welches den Nomaden des alten Germaniens ganze Länderstrecken unbewohnbar machte, ist durch nutzbare Gewächse verdrängt worden. Unerachtet das Phänomen der geselligen Pflanzen der gemäßigten Zone hauptsächlich und fast ausschließlich angehört: so liefern die Tropenländer doch auch einige Beyspiele davon. Den langen Rücken der Andeskette in einer Höhe von drey tausend Meter über dem Meere (fast 9300 Schuh), bedecken in einförmigen Zügen die gelbblühende Schichte (Brathys juniperina), Schitimani, (Brathys ovata), Jarava, eine Grasart die dem Papporophorum verwandt ist, myrtillblättrige Escalonia, mehrere Arten strauchartiger Molinen, und die Tourretia, deren nährendes Mark der Indianer oft aus Dürftigkeit den Bären streitig macht. In den brennend heißen Ebenen zwiſchen dem Chinchipe und dem Amazonenfluße, wachsen gesellig silberblättriger Croton, Godoya, und die mit farbigen Bracteen bedeckte Bougainvillea. In den Grasfluren (Savanen) des Nieder-Orinoco wachsen Killingia, reitzbare Mimosen, und, wo eine Quelle ausbricht, die fächerige Morizpalme mit purpurrothen zapfenartigen Früchten. Eben so haben wir im Königreiche Neu-Granada, zwischen Turbaco und Mahates, am Madalenen-Strome, wie an dem westlichen Abfall der Schnee-Alpen von Quindiu, fast ununterbrochene Wälder von Bambus- Schilf und pisangblättrigen Heliconien gefunden. Aber diese Gruppen geselliger Pflanzen sind stets minder ausgedehnt, und seltener unter den Wendekreisen, als in der gemäßigten und kalten Zone der nördlichen Erde. Um über die ehemahlige Verbindung nahegelegener Kontinente zu entscheiden, gründet sich der Geognost auf die ähnliche Structur der Küsten, auf die Schichtung und Lagerung ihrer Gebirgsarten, die gleichen Menschen und Thier-Racen, die sie bewohnen, und auf die Untiefen des angrenzenden Meeres. Die Geographie der Pflanzen kann nicht minder wichtige Materialien für diese Art der Untersuchungen liefern. Sie betrachtet die Gewächse, welche Ost-Asien mit Kalifornien und Mexico gemein hat. Sie macht es wahrscheinlich, daß Südamerica sich vor der Entwickelung organischer Keime auf dem Erdboden, vonAfrikagetrennt, und daß beyde Kontinente mit ihren östlichen und westlichen Ufern einst gegen den Nordpol hin, zusammengehangen haben. Durch sie geleitet kann man in das Dunkel eindringen, welches den frühesten Zustand unsers Planeten einhüllt, um zu entscheiden, ob nach den chaotischen Waßerfluthen die trocknende Erdrinde an vielen Orten zugleich mit verschiedenen Pflanzenarten bedeckt worden ist, oder ob (nach der uralten Mythe vieler Völker) alle vegetabilischen Keime sich zuerst in einer Gegend entwickelt haben, von wo sie, auf schwer zu ergründenden Wegen und der Verschiedenheit der Klimate trotzend, nach allen Weltgegenden gewandert sind. Vielleicht bestand der Erdball aus einer Waßerfläche, die nur durch hohe Gebirgsketten unterbrochen war und die Tiefe des Meeres war vielleicht auch geringer. Auf den Gebirgen war die Vegetation der gegenwärtigen Länder vorhanden. Das Meer konnte sich ein tieferes Bette wühlen, die Berge wurden verkleinert, und so entstand allmählig das feste Land, was nach und nach von den Gebirgspflanzen und den in den Thälern derselben stehenden Gewächse besäet wurde. Wildenow’s Geschichte der Pflanzen. Die Geographie der Pflanzen untersucht, ob man unter den zahllosen Gewächsen der Erde gewiße Urformen entdecken, und ob man die specifische Verschiedenheit als Wirkung der Ausartung und als Abweichung von einem Prototypus betrachten kann. Linné, und einige andere Botaniker nahmen an, daß die Natur nur Anfangs Gattungen gehabt habe, durch deren Vermischungen wären später, die Arten entstanden, die dann wieder neue Arten unter sich erzeugt hätten. Es scheint aber nicht, als wenn diese Hypothese jemahls Statt gefunden hätte. Es müßten ja noch in unsern Tagen, durch die Vermischungen verschiedener Gattungen, dieselben neuen Arten entstehen, und wir würden gewiß schon darüber viele Erfahrungen aufgezeichnet finden. Wenn es jener unendlichen Kraft, die alles zum Daseyn rief, möglich war, Gattungen zu bilden, warum sollte sie nicht Arten auch zum Seyn gerufen haben? Wir finden zu viel Harmonie, zu viel Uebereinstimmung in der Natur, und sehn, daß alles wie ein Räderwerk genau in einander greift, daß uns kein Zweifel übrig bleibt: der weise Urheber des Ganzen, habe größtentheils Anfangs alle organischen Körper, in der Gestalt wie wir sie jetzo finden, hervorgebracht. Verschiedene Gattungen von Gewächsen, die in einem Lande sehr zahlreiche Arten haben, laßen vermuthen, daß vielleicht eine oder andere, durch Vermischung entstanden ist. Wir finden z. B. am Vorgebirge der guten Hoffnung von der Gattung Erica beynah 200, von Stapelia über 50, von Ixia und Gladiolus an 50, von Prothea über 70, von Mesembryanthemum an 100 Arten, mehrerer Gattungen, die dort zahlreich an Arten sind, nicht zu gedenken. Die große Aehnlichkeit verschiedener derselben, wo man Mühe hat, bestimmte Charactere aufzufinden, scheint diese Vermuthung zu bestättigen. Daß fruchtbare Bastarde im Pflanzenreich keine Seltenheit sind, ist gewiß. In unsern Gärten entstehen zuweilen dergleichen, und man kann also die Möglichkeit, daß sie auch im Freyen sich erzeugen können, nicht leugnen. Die Natur hat aber weislich dafür gesorgt, daß im wilden Zustande so leicht keine Vermischung Statt finden kann. Pflanzen, die sich ähnlich sind, finden wir oft in entfernten Weltgegenden, zu ganz verschiedener Zeit in der Blüthe, und an unterschiedenen Standörtern. Aehnliche Pflanzen können sich nur vermischen und Bastarde zeugen, aus diesem Grunde fallen also, wenn nicht viele Arten derselben Gattung in einem Klima wachsen, die Vermischungen ganz weg. Nur ein Beyspiel zur Erläuterung dieses Satzes: Wir haben hier drey Arten Scrophularien wild wachsend, nähmlich: Scrophularia verna, nodosa und aquatica. Die erstere Art stehet um die Dörfer in Hecken, sie blüht im Frühjahr. Die zweyte steht auf feuchten Triften, an Gräben und blüht einen Monath später. Die Dritte wächst in Flüßen, Bächen, Sümpfen und Teichen, und blüht um mehr als einen Monath später als die vorige. Andere Arten dieser Gattung die mit diesen Aehnlichkeit haben, wachsen in Italien, Sibirien, im Orient, in Nordamerika u. s. w. Bey allen diesen kann keine Bastarderzeugung im natürlichen Zustande vor sich gehen. Setzen wir aber in einem botanischen Garten alle wilde und ausländische Arten dieser Gattung auf einen Fleck beysammen, so ist es wohl kein Wunder, wenn der verschiedene, mancher Art nicht angemeßene Boden, früher oder später die Blume erscheinen läßt, und wenn das thätige Insectenheer von einer Art zur andern fliegt, und wider Willen uns Bastarde bringt, die nie im Freyen entstanden wären? Man wird leicht eine Menge Pflanzen erkennen, die nirgend ursprünglich wild wachsen, und die ihre Entstehung nur botanischen Gärten zu danken haben. Wildenow’s Geschichte der Pflanzen. Sie löset das wichtige und oft bestrittene Problem , ob es Pflanzen gibt, die allen Klimaten , allen Höhen und allen Erdstrichen eigen sind? Wenn ich es wagen dürfte, allgemeine Folgerungen aus dem zu ziehen, was ich selbst in einem geringen Theile beyder Hemisphären beobachtet: so sollte ich vermuthen, daß einige kryptogamische Pflanzen die einzigen sind, welche die Natur überall hervorbringt. Dicranum scoparium, Polytrichum commune, Verrucaria sanguinea und Verrucaria limitata Scopoli, wachsen unter allen Breiten, in Europa wie unter dem Aequator, auf dem Rücken hoher Gebirge wie an den Meeresküsten, überall wo sie Schatten und Feuchtigkeit finden. Auch Herr Schwarz fand europäische Moose, Funaria hygrometrica, Dicranum glaucum und Bryum serpillifolium, auf den blauen Bergen in Jamaica, deren Höhe zwey Tausend zwey Hundert und sechzehn Meter (1138 Toisen) beträgt. Anm. des Verfaßers. Am Ufer des Madalenen-Flußes, zwischen Honda, und der Aegyptiaca, in einer Ebene wo das Thermometer ununterbrochen fünf und zwanzig bis acht und zwanzig Grade zeigt, am Fuße der Ochroma, und des großblättrigen Macrocnemums, haben wir Moosdecken gefunden, so dicht gewebt, und von so frischem Grün, als man sie nur in schwedischen oder norddeutschen Wäldern beobachtet. Wenn andere Reisende behaupten, daß Laubmoose, und alle Kryptogamen überhaupt in der heißen Zone selten sind: so liegt der Grund dieser Behauptung unstreitig darin, daß sie nicht tief genug ins Innere der Wälder eindrangen, sondern nur dürre Küsten oder kultivirte Inseln besuchten Von den Flechten finden sich sogar viele derselben Art unter allen Graden der Breite in der Nord- und Südzone. Sie scheinen fast unabhängig vom Einfluße des Klima, wie die Gebirgsarten, auf denen sie wachsen, und von denen kaum eine irgend einem Theile der Erde ausschließlich zugehört. Moose und Flechten kommen weniger in warmen als in kalten Klimaten vor. Schweden, Schottland, Helvetien und der Harz in Deutschland sind bis jetzt die Schatzkammern der europäischen Moose und Flechten. So ist es auch auf der südlichen Halbkugel. In Patagonien, an der magellanischen Meerenge, und auf dem Feuerlande, ist alles mit Moosen bedeckt. Ja dort nehmen wie in Lappland und Island, wegen der Kälte des Klima’s die meisten übrigen Pflanzen ein moosartiges Ansehen an. Die Winteriana war fast der einzige eigentliche Baum, den Forster auf der Küste des Feuerlandes bey Cap-Noir fand; alle übrige die antarktische Birke und Buche, die Arbutus-Arten, die Donatia, waren durchaus zwergartig. Moose, und Flechten kommen aber doch in warmen Ländern, selbst zwischen den Wendekreisen vor, wenn das Land sehr gebirgig ist. Auf Jamaika fand der schwedische Naturforscher Olaus Schwarz eine reiche Aerndte der schönsten Moose. Was mögen auf den Cordilleras, auf den Smaragden-Gebirgen in Habeßinien, auf den Alpen , im Königreich Tombuktu, auf den Bergen die die Kaffern den Weltrücken nennen, noch für Tausende von Moosen seyn, die ganz neue Gattungen und Arten darstellen! Denn, daßAfricanicht entblößt von Moosen ist, hat Desfontaines bewiesen, der vom Atlas eine beträchtliche Menge mitbrachte. Und sollten die gaurischen Gebirge, sollte der alte Imaus und Kaukasus, sollten das gebirgige Thibet, China und die Mongoley nicht noch unzählige neue Arten aus dieser Familie aufzuweisen haben? Auch Neu-Holland wird noch einen sehr wichtigen Beytrag liefern, da Dampier schon eine beträchtliche Menge Moose von dort mitgebracht hat. Sprengel’s Anleit. zur Kenntniß der Gewächse. Unter denen phanerogamischen Pflanzen, kenne ich keine, deren Organe biegsam genug sind, um sich allen Zonen, und allen Höhen des Standorts anzueignen. Mit Unrecht hat man drey Gewächsen, der Alsine media, der Fragaria vesca und dem Solanum nigrum, den Vorzug dieser Biegsamkeit zugeschrieben , deßen sich der Mensch allein und einige Hausthiere erfreuen, die ihn umgeben. Schon die pensylvanische und canadische Erdbeere ist von unserer europäischen verschieden. Von der letztern glaubten wir zwar, Bonpland und ich, einige Pflanzen in Südamerika entdeckt zu haben, als wir zu Fuße über die Schneegebirge von Quindiu aus dem Madalenen Thale in das Flußthal des Cauca kamen. Die wilde Natur dieses Theils der Andeskette, die Einsamkeit jener Wälder von Wachspalmen, duftendem Styrax und baumartigen Paßifloren, die Unkultur der angrenzenden Gegenden; alle diese Umstände scheinen den Verdacht auszuschließen, als hätten Vögel, oder gar die Hand des Menschen, zufällig den Samen dieser Erdbeeren verstreut. Fanden wir aber wirklich Fragaria vesca? Würde die Blüthe, wenn wir sie gesehen hätten, uns nicht Verschiedenheiten zwischen der andesischen und europäischen Fragaria gezeigt haben, da so manche andere Arten dieses Geschlechts durch die feinsten Nuancen von einander abweichen? Mehrere deutsche und schwedische Gewächse, welche man ehemahls auf den Granitklippen des Feuerlandes, der Staateninsel, und an den Küsten der magellanischen Meerenge, beobachtet zu haben glaubte, sind, bey näherer Untersuchung des Characters, von Decandolle, Willdenow und Desfontaines, als analoge, aber von den europäischen verschiedene, Species erkannt worden. Siehe den vortrefflich ausgearbeiteten Abschnitt, Geschichte der Pflanzen, in Wildenow’s Grundr. der Kräuterkunde 1802, S. 504. Anm. des Verfassers . Ich darf wenigstens mit Zuversicht behaupten, daß in den vier Jahren, die ich in Südamerika in beyden Hemisphären herborisirt, ich nie ein einziges wild wachsendes, dem neuen Kontinente vor seiner Entdeckung zugehöriges, europäisches Gewächs beobachtet habe. Von vielen Pflanzen z. B. von Alsine media, Solanum nigrum, Sonchus oleraceus, Apium graveolens, und Portulacca oleracea, darf man bloß behaupten, daß sie, wie die Völker der kaukasischen Race, über einen beträchtlichen Theil der nördlichen Erdstriche verbreitet sind. Ob sie auch in den südlicheren Ländern existiren, in welchen man sie bisher noch nicht entdeckt hat, ist eine unzubeantwortende Frage. Naturforscher sind bisher noch so wenig in das Innere des afrikanischen, südamerikanischen, und neuholländischen Kontinents eingedrungen; wir dürfen uns so wenig schmeicheln, die Flora dieser Länder vollständig zu kennen, während daß man in Europa täglich unbeschriebene krautartige Gewächse, in den vielbesuchten Pensylvanien sogar unbeschriebene Bäume entdeckt, daß es vorsichtiger ist, sich über diesen Punkt aller allgemeinen apodiktischen Aussprüche zu enthalten. Der Botaniker würde sonst leicht in den Fehler der Geognosten verfallen, von denen viele den ganzen Erdkörper, nach dem Modelle der Hügel konstruiren, welche ihnen zunächst liegen. Den Oehl-Nußbaum, Pyrolaria, Michaux. Anm. des Verfassers. Der Brocken, der Montmartre, der Vesuv, der Peak von Derbyshire, der Saleve und Heinberg. Anm. des Verfassers. Um über das große Problem von der Wanderung der Vegetabilien zu entscheiden, steigt die Geographie der Pflanzen in das Innere der Erde hinab, um dort die Denkmähler der Vorzeit zu befragen, als: versteintes Holz, Gewächseabdrücke, Torflagen, Steinkohlen, Flötze und Dammerde, welche die Grabstätte der ersten Vegetation unsers Planeten sind. Betroffen findet sie südindische Früchte, Palmenstämme, baumartige Farrenkräuter, Pisangblätter und den Bambos der Tropenländer, in den Erdschichten des kalten Nordens vergraben. Sie untersucht, ob diese Pflanzen heiſser Klimate, wie Elephantenzähne, Tapir , Krokodill und Didelphis Gerippe, die man neuerdings in Europa entdeckt hat, zur Zeit allgemeiner Waſserbedeckungen, durch die Gewalt der Meeresströme vom Aequator her in die gemäßigten Zonen angeschwemmt worden sind, oder ob einst diese nördlichen Klimate selbst Pisanggebüsche und Elephanten, Krokodille, und baumartiges Bambusschilf erzeugten. Siehe Steffens geistvolle Abhandlung in Schellings Zeitschrift für speculative Physik B 1. S. 160. Anm. des Verfassers. Die Ebenen und Flötzgebirge haben in ihrem Schoße eine große Menge versteinerter Knochen, Conchylien und anderer Thiere. Der Schiefer und der Sandstein enthalten viele Abdrücke von Gewächsen. Dieses alles spricht gar deutlich von Revolutionen, die unsern Erdball betroffen haben. Wie diese gewaltsame Catastrophen sich ereignet, wenn sie eingetroffen sind? Dieses alles wird uns ein Geheimniß bleiben; da es an Beweisen fehlt, entscheidend diese Fragen zu beantworten. Indeßen sind die Naturforscher nicht müßig gewesen. Sie haben sorgfältig diese ehrwürdigen Denkmähler der Vergangenheit gesammelt, und sie mit denen gegenwärtig auf unserer Erde vorhandenen organischen Körpern verglichen. Anfangs glaubten sie dieselben wieder zu finden, und konnten es sich nicht erklären, wie es möglich gewesen war, daß ehemahls Elephanten, Rhinoceros, und Flußpferde unter unserm Himmelstrich, und in dem kalten Sibirien haben leben und gedeihen können, oder wie Palmen und zahlreiche Farrenkräuter unser nördliches Deutschland bewohnen konnten. Sie suchten durch viele Hypothesen dieses zu erklären, aber verschiedene derselben wurden gar bald durch neue ausgegrabene Versteinerungen widerlegt, und andere hatten so wenig Wahrscheinlichkeit für sich, daß sie gegen alle bekannte Gesetze der Natur anstießen. Bey mehrerem Nachforschen wurden aber die Naturforscher inne, daß die versteinerten Ueberbleibsel der Thiere, so wie die Abdrücke der Pflanzen gegenwärtig nicht mehr auf unserm Planeten lebend anzutreffen sind. Cuvier, hat eine große Menge von Säugthier- Schädeln gefunden, die unser Erdball nicht mehr hat. Die Chonchyologen lehren uns, daß jetzo die versteinerten Muscheln nicht mehr lebend anzutreffen sind und die schönen Farrenkräuter im Schiefer, die Stämme welche in Steinkohle oder versteinerten Holz, selbst in kalten Zonen, wo jetzo kein Baum vor Kälte mehr wachsen kann, verwandelt sind, haben wir nicht mehr als lebende sich fortpflanzende Gewächse. Die berühmtesten Naturforscher, als Blumenbach, Batsch, Lichtenberg, Cuvier u. a. ziehn daraus den höchst wahrscheinlichen Schluß, daß wenigstens eine Schöpfung verlohren gegangen sey, und daß die gegenwärtige organische Welt, neuer Entstehung sey. Sie überlaßen es dem Physiker und Astronomen dieses große Phänomen zu erklären, glauben aber, daß der leuchtende Nimbus der Sonne, deßem wohlthätigem Einfluß wir alles verdanken, sich in großen Intervallen vermindern und vermehren, ja gänzlich, nach periodisch eintretenden Gesetzen, verschwinden könne, und daß alsdann erst bey dem rückkehrenden Glanze der Sonne, auf den Trümmern der zerstörten Schöpfung, bey der Gährung der Elemente, eine neue anderer Art entstehe. Das periodisch ab- und zunehmende Licht einiger Fixsterne, so wie das Verschwinden einiger vormahls sehr stark glänzenden, scheint dafür zu sprechen. Es mögen aber die Ueberbleibsel der Vergangenheit von Thieren und Pflanzen auf diese oder eine andere Art bis auf unsere Zeiten erhalten seyn, so bleibt doch so viel gewiß, daß ihre Originale jetzo nicht mehr zu finden sind, und daß unsere Zeitrechnung nicht hinreicht, den Termin anzugeben, wenn sich diese oder andere Veränderungen zugetragen haben. Wildenow’s Geschichte der Pflanzen. Die Ruhe in der man diese indischen Produkte oft familienweise geschichtet entdeckt, scheinet der erstern Hypothese, astronomische Gründe scheinen der letztern entgegen zu stehen. Aber vielleicht sind große Veränderungen der Klimate möglich, ohne zu einer gewaltsamen Bewegung der Erdachse und zu Perturbationen seine Zuflucht zu nehmen, welche der gegenwärtige Zustand der physikalischen Astronomie wenig wahrscheinlich macht. Wenn alle geognostischen Phänomene bezeugen, daß die Rinde unsers Planeten noch späthin flüßig war; wenn man aus der Natur und aus der Lagerung der Gebirgsarten schließen darf, daß die Niederschläge und die Erhärtung der Felsmaßen auf den ganzen Erdboden nicht gleichzeitig erfolgt sind: so sieht man ein, wie bey dem Uebergange der Materie aus dem flüßigen in den festen Zustand, wie bey dem Erstarren und dem Anschuße der Gebirge um gemeinschaftliche Kerne, eine ungeheure Maße von Wärmestoff frey geworden ist, und wie diese lokale Entbindung, wenigstens auf eine Zeit lang, die Lufttemperatur einzelner Gegenden, unabhängig vom Stande der Sonne, hat erhöhen können. Würde aber eine solche temporäre Erhöhung der Luftwärme von so langer Dauer gewesen seyn, als es die Natur der zu erklärenden Phänomene erheischt? Wenn nach der Hypothese der Geognosten, alle Gebirgsarten sich aus einer Flüßigkeit niederschlugen, so mußte bey dem Uebergange der Erdrinde aus dem flüßigen in den festen Zustand, eine ungeheure Menge Wärme frey werden, welche Ursache neuer Verdampfung und neuer Niederschläge wurde. Diese erfolgten um so schneller, tumultuarischer, unkrystallinischer, je später sie sich bildeten. Eine solche plötzliche Wärmeentbindung aus der erhärtenden Erdrinde, konnte unabhängig von der Polhöhe des Ort’s, unabhängig von der Lage der Erdachse, Temperaturerhöhungen des Luftkreises veranlaßen, auf welche manche räthselhafte geognostische Erscheinung hinzudeuten scheint. Ich habe diese Vermuthungen in einer kleinen Abhandlung „über ursprüngliche Porosität“ (in Molls Journal der Bergbaukunde) umständlich entwickelt. S. des Verfassers Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. Die Veränderungen, welche man seit Jahrhunderten in der Lichtstärke mehrerer Gestirne beobachtet hat, begünstigen die Vermuthung, daß dasjenige, welches das Centrum unsers Systems ausmacht, ähnlichen Modificationen von Zeit zu Zeit unterworfen ist. Sollte eine vermehrte Intensität der Sonnenstrahlen einst Tropenwärme über die dem Nordpole nahen Länder verbreitet haben? Sind diese Veränderungen, welche die Tropenregionen veröden, und Lappland den Aequinoctial-Pflanzen, den Elephanten und Krokodillen bewohnbar machen würden, periodisch; oder sind sie Wirkungen vorüber gehender Perturbationen unsers Planetar Systems? Alle diese Untersuchungen knüpfen die Geographie der Pflanzen an die Geognosie an. Lichtverbreitend über die Urgeschichte der Erde, biethet sie der Phantasie des Menschen ein weites und fast noch unbearbeitetes Feld dar. Die Pflanzen, welche den Thieren in Hinsicht auf Reizempfänglichkeit der Organe, und auf die Natur reizender Potenzen so nahe verwandt sind, unterscheiden sich von den Thieren wesentlich durch die Epoche ihrer Wanderungen. Diese, wenig beweglich in der frühern Kindheit, verlaßen ihre Heimath erst wenn sie herangewachsen sind: jene, an den Boden gewurzelt, nach ihrer Entwickelung, stellen ihre Reisen noch im Saamenkorne gleichsam im Eye an, welches durch Federkronen, Luftbälge, Flügelansätze, und elastische Ketten (Elater oder Catenula der Morchantien), zu Luft und Waßerreisen geschickt ist. Herbstwinde, Meeresströme und Vögel begünstigen diese Wanderungen; aber ihr Einfluß, so groß er auch ist, verschwindet gegen den, welchen der Mensch auf die Verbreitung der Gewächse auf dem Erdboden ausübet. Auf die Verbreitung der Gewächse über die Erde, haben viele Dinge gewirkt. Verschiedene Samen haben Widerhacken, kleben an das Fell der Thiere, und werden von diesen weiter ausgestreut. Die Vögel gehen den verschiednen Gesämen nach, und schleppen diese oft Meilen weit. An dem Gefieder der Waßervögel kleben die Samen verschiedener Waßergewächse an, und spülen sich von denselben, wenn sie in andern Gewäßern sich aufhalten, wieder ab. Der Same der meisten Gewächse sinkt, wenn er seine vollkommene Reife erlangt hat, im Waßer zu Boden. Ist er in einer harten Schale eingeschloßen, so erhält er sich lange Zeit frisch. Einige Fuß tief in der Erde, und auf dem Grunde des Meers, bleibt jeder Same lange zum Aufgehen geschickt. Es kann in solche Tiefe keine Luft kommen, und ohne diese wird er nicht zerstört. Daher kommt es, daß Flüße und Meere, Pflanzen aus weit entlegenen Gegenden führen können. An den Ufern von Norwegen werden gewöhnlich reife, noch ganz frische Samen aus Westindien ausgeworfen. Wäre ein für diese Gewächse taugliches Klima daselbst, so würden bald Cocosnüße und andere Gewächse heißer Zone keimen und zur Vollkommenheit gedeihen. Der Same der Else wird durch unsere Flüße weit umher getrieben. Viele deutsche Pflanzen werden am schwedischen Meeresstrande, verschiedene spanische und französische an den Ufern von Großbrittanien, viele africanische und asiatische an Italien’s Gestaden bemerkt. Der Wind treibt die Samen, welche mit einem Federchen, mit Flügeln oder häutigen Rädern versehen sind, so wie die aufgeblasenen Samenkapseln weit umher, daß sie an entlegenen Oertern keimen können. Deßhalb haben sich einige Gewächse, die leichten Samen tragen, nach den gewöhnlichen Strichen die der Wind nimmt verbreitet, und sind weiter fortgepflanzt, als es wohl sonst geschehen möchte. Den geflügelten Samen der Birke (Betula alba) jagt der Wind bis auf den Gipfel der Thürme und hoher Felsen, wo er auch öfter keimt. Die Birke ist eben wegen ihres leichten Samens auch durch das nördliche Asien verbreitet, wohin ihr der schwerfällige Same der Eiche (Quercus robur) nicht folgen konnte. Verschiedene Samenkapseln und Früchte springen mit einer Elasticität auf, und treiben den Samen weit umher, da hingegen wieder andere Früchte nur in der Nähe ihres Geburtsorts bleiben können, wie besonders solche die unter der Erde reifen. Das Pistill einiger Gewächse dringt nach dem Blühen in die Erde, und wird daselbst zur Vollkommenheit gebracht. Beyspiele der Art geben: Arachis hypogaea, Glycine subterranea, Trifolium subterraneum, Latyrus amphicarpos, Vicia subterranea, Cyclamen. Die Beeren, und alle fleischige Früchte können sich auch nicht selbst verbreiten, sie fallen an die Erde, und ihre saftige Hülle gibt den jungen Pflanzen Nahrung. Verschiedene Vögel und andere Thiere nähren sich aber von denselben, schleppen sie weit fort, und verzehren den fleischigen Theil, laſsen aber den Samen fallen, oder der Same geht unverdaut durch ihren Darmkanal, und wird so ausgestreut. Auf diese Art, wird Viscum album von einem Vogel (Turdus viscivorus) und eben so Juniperus communis u. a. vermehrt. Mehr aber noch als Wind, Wetter, Meere, Flüße und Thiere, die Ausbreitung der Gewächse befördern, thut dies der Mensch. Er, dem die ganze Natur zu Gebote steht, der Wüsteneyen in prächtige Gegenden verwandelt, ganze Länder verwüstet, und wieder aus ihrem vorigen Nichts hervorruft, hat durch mancherley Umstände, die Ausbreitung vieler Pflanzen begünstigt. Die Kriege, welche verschiedene Nazionen mit einander geführt haben; die Völkerwanderungen; die Ritterzüge nach Palästina; die Reisen verschiedener Kaufleute; der Handel selbst, haben eine große Menge von Gewächsen zu uns gebracht, so wie sie unsere Pflanzen in andere Gegenden verbreitet haben. Fast alle unsere Gartengewächse stammen aus Italien und dem Orient, so wie auch die meisten Getreidearten denselben Weg zu uns genommen haben. Durch die Entdeckung von Amerika haben wir auch verschiedene Pflanzen erhalten, die vormahls gar nicht bekannt waren, jetzt aber allgemein ausgebreitet sind. Der Stechapfel (Datura Stramonium) der jetzt fast durch ganz Europa, das kältere Schweden, Lappland und Rußland ausgenommen, als ein schädliches Unkraut bekannt ist, wurde aus Ostindien zu uns gebracht, und durch die Zigeuner so allgemein verbreitet, die den Samen dieses Gewächses als Brech- und Purgiermittel überall mit sich führten. Die Schminkbohne (Phaseolus vulgaris), die Brechbohne (Phaseolus nanus), die Balsamine (Impatiens Balsamina) und die Hirse (Panicum miliaceum) sind aus Ostindien zu uns gekommen. Der Buchweizen, die meisten Getreidearten, und Erbsen haben wir über Italien aus dem Orient erhalten. Aepfel, Birnen, Pflaumen, süße Kirschen (Prunnus avium) Mespeln (Mespilus germanica) Elsbeeren (Crategus torminalis), und Haselnüße, sind ursprünglich deutsche Pflanzen. In wärmern Gegenden aber findet man sie weit schmackhafter. Die verschiedenen Abarten derselben; nebst den übrigen Obstsorten, haben wir aus Italien, Griechenland und der Levante bekommen. Die Roßkastanie (Aesculus Hippocastanum) kam durch des Clusius Veranstaltungen im Jahr 1550 aus dem nördlichen Asien zuerst nach Europa. Die Kaiserkrone (Fritillaria imperialis) erhielten wir 1570 zuerst aus Konstantinopel. Nach der Entdeckung von Amerika wurden viele Pflanzen von dorther in unserm Himmelsstriche einheimisch gemacht. Die Kartoffel wurde zuerst 1590 von Kaspar Bauhin beschrieben, und Walter Raleigh theilte im Jahre 1623 die ersten aus Virginien mitgebrachten in Irrland aus, von wo sie über ganz Europa verbreitet sind. Die Nachtkerze (Oenothere biennis) führten wegen ihrer eßbaren Wurzel 1674 die Franzosen ein. Seit der Zeit ist sie so gemein geworden, daß sie fast durch ganz Europa wildwachsend an Hecken, Zäunen und um die Dörfer gefunden wird. Den Tabak (Nicotiana Tabacum) beschrieb 1584 Conrad Gesner zuerst. Im Jahre 1560 wurde er nach Spanien, und 1564 von Nicot, einem tranzösischen Gesandten nach Frankreich gebracht. Die Kohl- und übrigen Gemüsekräuter brachten die Griechen nach Rom, wo sie sich durch ganz Italien verbreiteten, und endlich zu uns gekommen sind. Es würde zu weitläuftig seyn, die Wanderung aller jetzt kultivirten Pflanzen zu bestimmen. Es mag hinreichend seyn nur einige derselben angezeigt zu haben. Mit den Getreidearten wurden auch viele Pflanzen zu uns gebracht, die jetzt als einheimisch angesehen werden. Solche sind die Kornblume (Centaurea Cyanus), die Rhade (Agrostemma Githago), der Hederich (Raphanus Raphanistrum) Leindotter (Myagrum sativum) u. m. a. Diese Gewächse zeigen sich nur allein zwischen dem Getreide, und kommen niemahls an wüste liegenden Ländereyen, wo kein Acker gewesen ist, zum Vorschein. Auf eben diese Art sind durch den Anbau des Reißes (Oriza sativa) in Italien viele Pflanzen aus Ostindien einheimisch geworden, die sich nur zwischen dem Reiß zeigen. Der Reiß wird erst seit 1696 in Italien gebaut. Die Europäer haben bey ihren Anpflanzungen in fremden Welttheilen alle unsere Küchenkräuter mit sich genommen. Durch diese sind viele europäische Pflanzen nach Asien,Afrikaund Amerika gekommen, und haben sich, wenn es das Klima zuließ, weiter verbreitet. Wildenow’s Geschichte der Pflanzen. Wenn der Nomade, sey es durch die nachziehende Menge an einen Meeresarm gedrängt, sey es durch andere unübersteigliche Natur-Hinderniße gezwungen, endlich sein irrendes Leben aufgibt: so beginnt er sogleich einige zur Nahrung und Kleidung nützliche Thiere und Pflanzen um sich zu versammeln. Dieß sind die ersten Spuren des Ackerbaues. Langsam ist bey den nördlichen Völkern dieser Uebergang aus dem Jägerleben zum Pflanzenbaue: früher ist die Ansiedelung bey vielen Bewohnern der Tropenländer. In jener waldreichen Flußwelt, zwischen dem Orinoco und dem Maranon, hindert der üppige Pflanzenwuchs den Wilden sich ausschließlich von der Jagd zu nähren. Die Tiefe und Schnelligkeit der Ströme, Ueberschwemmungen, Blutgier der Krokodille und Tigerschlangen (Boa), machen den Fischfang oft eben so fruchtlos, als beschwerlich. Die Natur zwingt hier den Menschen zum Pflanzenbaue. Nothgedrungen versammelt er einige Pisangstämme, Carica papaya, Jatropha und nährendes Arum um seine Hütte. Dieser Acker, wenn man so die Vereinigung weniger Gewächse nennen darf, ersetzt dem Indianer viele Monathe lang, was Jagd, Fischfang, und die wildwachsenden Fruchtbäume des Waldes ihm versagen. So modificiren Klima und Boden, mehr noch als Abstammung, die Lage und die Sitten des Wilden. Sie bestimmen den Unterschied zwischen den beduinischen Hirtenvölkern und den Pelasgern der altgriechischen Eichenwälder, zwischen diesen und den jagdliebenden Nomaden am Mißißipi. Einige Pflanzen, welche der Gegenstand des Acker- und Gartenbaues sind, haben seit den fernsten Jahrhunderten das wandernde Menschengeschlecht von einem Erdstriche zu dem andern begleitet . So folgte in Europa die Weinrebe den Griechen, das Korn den Römern, Baumwolle den Arabern. Im neuern Kontinente haben die Tulteker, aus unbekannten nordischen Ländern über den Gila-Strom einbrechend, den Mais über Mexico, und über die südlichen Gegenden verbreitet. Kartoffeln und Quinsa findet man überall, wo die Gebirgsbewohner des alten Kondinamarca durchgezogen sind. Die Wanderungen dieser eßbaren Pflanzen sind gewiß; aber ihr erstes und ursprüngliches Vaterland bleibt uns ein eben so räthselhaftes Problem, als das Vaterland der verschiedenen Menschen-Racen, die wir schon in den frühesten Epochen, zu welchen Völkersagen aufsteigen, fast über den ganzen Erdboden verbreitet finden. Südlich und östlich vom kaspischen Meere, am Ufer des Oxus und in den Thälern von Kurdistan, deſsen Berge mit ewigem Schnee bedeckt sind, findet man ganze Gebüsche von Citronen-Granat- Birnen und Kirschbäumen. Alle Obstarten, welche unsere Gärten zieren, scheinen dort wild zu wachsen. Ich sage scheinen, denn ob dieß ihr ursprüngliches Vaterland sey, oder ob sie dort einst gepflegt, nachmahls verwildert sind, bleibt um so ungewiſser, als uralt die Kultur des Menschengeschlechts und daher auch der Gartenbau in diesen Gegenden ist. Die Gewächse sind wie die Thiere an gewiße Breiten gebunden. Verschiedene aus warmen Himmelsstrichen, können nach und nach an unser Klima, ja selbst an eine kältere Himmelsgegend gewöhnt werden. Besonders können Staudengewächse warmer Klimaten, eher an ein kaltes als gemäßigtes Klima sich gewöhnen. Im kalten Klima fällt mit dem Anfang des Winters eine hohe Schneedecke, die erst mit dem wiederkehrenden Frühling schmilzt, wo keine Nachtfröste mehr zu erwarten sind, und welche nur einen Grad Kälte über den natürlichen Frostpunkt annimmt. Im gemäßigten Klima friert es aber oft scharf, ohne daß Schnee fällt, und die Pflanze muß dabey natürlich zu Grunde gehen. Aus eben dem Grunde erfrieren die Polar- und Alpen Pflanzen, welche eine solche Bedeckung von Schnee an ihrem natürlichen Standort haben, bey uns, wo Fröste oder Schnee sehr häufig sind. Nur diejenigen Stauden- und Sommergewächse warmer Zonen, welche eine längere Zeit zur Entwickelung ihrer Triebe und Blüthen gebrauchen, als der kurze Sommer eines kalten Klima’s erlaubt, können dort nicht unter freyem Himmel gezogen werden, so wie solche, welche einen hohen Grad von Wärme verlangen. Empfindlicher gegen ein kälteres Klima, zeigen sich aber doch Bäume und Sträucher, weil ihr dauernder Stengel über der Erde erhaben ist, und eher vom Wechsel der Witterung leidet. Einige die aus einem wärmeren Klima abstammen, haben sich an das unsrige gewöhnt, vielleicht, weil ihr Zellengewebe zäher als das anderer Gewächse ist, dahingegen sind aber sehr viele Pflanzen, die sich in dieser Rücksicht unbiegsam zeigen, weil ihre Organisation, keinen großen Wechsel der Klimaten erlaubt. Die nutzbarsten Gewächse haben aber, wie die Hausthiere die Eigenschaft in mehreren Zonen gedeihen zu können. Sind aber auch einige an gewiße Himmelsgegenden gebunden, so finden sich dort, wo sie nicht fortkommen können, andere die ihre Stelle vertreten. Unter dem Aequator, und in den Wendezirkeln aller Welttheile kommen in ebener Lage unsere Getreidearten nicht fort, an ihrer Stelle aber werden Reiß (Oriza sativa) indisches Korn (Holcus Sorghum), und türkisches Korn (Zea Mays) kultivirt, die ihnen unsere Getreide-Arten entbehrlich machen. In Island, und Grönland können aber weder unsere noch die genannten tropischen Getreide-Arten fortkommen; dafür gab ihnen aber die Natur den Elymus arenarius in Menge, der im Fall der Noth als Roggen behandelt werden kann. Eßbare Wurzeln und Gemüse fehlen in keinem Klima. Wir haben deren sehr viele wild wachsend die man unbenutzt laßt, und welche uns die Noth, hätten wir nicht aus dem Orient unsere Gartenpflanzen erhalten, wohl würde kennen gelehrt haben. Alle unsere Küchenkräuter sind so biegsam gegen die Abwechslungen des Klima’s, daß sie meistens den Menschen in alle Zonen gefolgt sind. Wildenow’s Geschichte der Pflanzen. Das Königreich Neu-Granada. Anm. des Verfassers. Es ist bekannt, daß viele Pflanzen aus einem Lande in das andere und aus einem Welttheile in den andern versetzt, sich oft an das Klima dergestalt gewöhnen, daß sie in der Folge fast als einheimisch betrachtet werden. Der Reiß ist eigentlich in Ostindien zu Hause, zu Ende des vorigen Jahrhunderts brachte man ihn nach Italien, und man baut ihn dort bis in Oberitalien hinein. Die Nachtkerze oder Rapontica ist in Virginien einheimisch, allein jetzt wächst sie fast durch ganz Europa ohne alle Kultur. Das canadische Erigeron ist seit Jahrhunderten schon ein allgemeines Unkraut in Europa. Den Stechapfel sollen die Zigeuner aus dem Oriente zu uns gebracht haben, und wie gemein ist er jetzt nicht! Und unsere Kartoffel, welch eine Wohlthat der Vorsehung, daß sie sich an unser Klima gewöhnt hat, ungeachtet sie aus Peru zu uns gebracht ist! Ganz hat sie sich freylich nicht der milden Luft in ihrem Vaterlande entwöhnt, aber sie ist doch viel härter geworden, als ehemahls. Man macht oft mit glücklichem Erfolge mehrere Versuche, schöne und nutzbare Gewächse an unser Klima zu gewöhnen, und es gehört diese Kunst zu den nützlichsten Theilen der Gärtnerey. Die schöne Fuchsia von den Falklandsinseln, kann man sehr wohl im Freyen ziehen: der virginische Schneebaum, die südliche Cercis halten sehr gut bey uns im Freyen aus. Die letztere wächst zwar im nördlichen Afrikain der Nähe des Wendekreises, aber auf den höchsten Gebirgen des Atlas, und man kann auch bey uns sehen wie gut sie gedeiht. Freylich aber werden diese Versuche mit tropischen Gewächsen nie gedeihen. Man wird den Kaffeebaum, und das Zuckerrohr zwar an die Luft in unsern Wohnzimmern gewöhnen können, aber nie an unsere freye Atmosphäre. So gelingen wohl gewiß die Versuche nicht, Pflanzen aus sehr kalten Gegenden an warme Klimate zu gewöhnen. Ich bin gewiß, daß wir keine isländische Königia, keine lappländische Diapensia bey uns ziehen können. Eben so wenig wird es gelingen unsern Weinstock in Westindien, oder auf den Molucken mit Erfolg zu kultiviren. Er wächst nur außer den Wendekreisen bis zum 55sten Grade der Breite. Sprengel’s Anleit. zur Kenntniß der Gewächse. Doch lehrt die Geschichte wenigstens, daß jene fruchtbaren Gefilde, zwischen dem Euphrat und Indus, zwischen dem kaspischen See, und dem persischen Meerbusen, Europa die kostbarsten vegetabilischen Produkte geliefert haben. Persien hat uns den Nußbaum und die Pfirsiche; Armenien (das heutige Haikia), die Aprikose; Klein- Asien den süßen Kirschbaum und die Kastanie; Syrien, die Feige, die Granate, den Oehl- und Maulbeerbaum geschenkt. Zu Cato’s Zeiten kannten die Römer weder süße Kirschen noch Pfirsiche noch Maulbeerbäume. Hesiod und Homer erwähnen schon des Oehlbaums, der in Griechenland, und auf den Inseln des ägäischen Meeres kultivirt wurde. Unter Tarquin dem Alten existirte kein Stamm deßelben, weder in Italien, noch in Spanien, noch in Afrika. Unter dem Consulate des Appius Claudius war das Oehl in Rom noch sehr theuer, aber zu Plinius Zeiten sehen wir den Oehlbaum schon nach Frankreich und Spanien verpflanzt. Die Weinrebe, welche wir jetzt kultiviren, scheinet Europa fremd zu seyn. Sie wächst wild an den Küsten des kaspischen Meeres, in Armenien und Karamanien. Von Asien wanderte sie nach Griechenland, von Griechenland nach Sicilien. Phocäer brachten den Weinstock nach den südlichen Frankreich, Römer pflanzten ihn an die Ufer des Rheins und der Donau. Auch die Vitis-Arten, welche man wild in Neu-Mexico und Canada findet, und welche dem zuerst von Normännern entdeckten Theile von Amerika den Nahmen Winneland verschafften, sind von der jetzt über Pensylvanien, Mexico, Peru und Chili verbreiteten Vitis vinifera specifisch verschieden. Ein Kirschbaum, mit reichen Früchten beladen, schmückte den Triumpf des Lucullus. Die Bewohner Italiens sahen damahls zuerst dieses Asiatische Produkt, welches der Dictator nach seinem Siege über den Mithridates aus dem Pontus mitbrachte. Schon ein Jahrhundert später waren Kirschen gemein in Frankreich, in England, und Deutschland. Einige Botaniker behaupten, daß die kleine Varietät von Prunus avium, in Deutschland wild sey. Von Pflaumen und Birnen haben die Römer nur die größeren schöneren Abarten aus Syrien eingeführt. Anm. des Verfassers. So verändert der Mensch nach Willkür die ursprüngliche Vertheilung der Gewächse, und versammelt um sich, die Erzeugniße der entlegensten Klimate. In Ost- und Westindien in den Pflanzungen der Europäer, biethet ein enger Raum dem Kaffee aus Jemen, das Zuckerrohr aus China, den Indigo aus Afrika, und viele andere Gewächse dar, welche beyden Hemisphären zugehören: ein Anblick, der um so intereßanter ist, als er in die Phantasie des Beobachters, das Andenken an eine wunderbare Verkettung von Begebenheiten hervorruft, welche das Menschengeschlecht über Meer und Land, durch alle Theile der Erde getrieben haben. Wenn aber auch der rastlose Fleiß ackerbauender Völker eine Zahl nutzbarer Pflanzen ihrem vaterländischen Boden entrißen, und sie gezwungen hat, alle Klimate und alle Berghöhen zu bewohnen: so ist durch diese lange Knechtschaft ihre ursprüngliche Gestalt doch nicht merklich verändert worden. Die Kartoffel, welche in Chili drey tausend und fünf hundert Meter (fast 11000 Schuh) hoch über dem Meere kultivirt wird, trägt dieselbe Blüthe, als die, welche man in die Ebenen, von Sibirien verpflanzt hat. Die Gerste, welche die Pferde des Atriden nährte, war unbezweifelt dieselbe, als die, welche wir heute noch einernten. Alle Pflanzen, und Thiere, welche gegenwärtig den Erdboden bewohnen, scheinen seit vielen Jahrtausenden ihre charakteristische Form nicht verändert zu haben. Der Ibis, welchen man unter Schlangen und Insekten-Mumien in den ägyptischen Katakomben findet, und deßen Alter vielleicht selbst über das der Pyramiden hinausreicht; dieser Ibis ist identisch mit dem, welcher gegenwärtig an dem sumpfigen Ufer des Nils fischt. Diese Uebereinstimmungen, diese Beständigkeit der Form, beweisen, daß die koloßalischen Thiergerippe, und die wunderbar gestalteten Pflanzen, welche das Innere der Erde einschließt, nicht einer Ausartung jetzt vorhandener Species zuzuschreiben sind, sondern daß sie vielmehr einen Zustand unsers Planeten ahnden laßen, welcher von der jetzigen Anordnung der Dinge verschieden, und zu alt ist, als daß die Sagen des vielleicht später entstandenen Menschengeschlechts bis zu ihm aufsteigen könnten. Pflanzen in ihrem wilden Zustande, pflegen sich immer gleich zu bleiben, sie ändern zwar zuweilen ab, indeß sind doch die Abänderungen nicht so häufig, als wenn sie der Kultur unterworfen werden. Es ist sonderbar, daß Thiere und Pflanzen, sobald sie sich im zahmen Zustande befinden, in ihrer Gestalt, Farbe, und Geschmack abändern. Alpen oder Polar-Pflanzen werden im Thale oder Garten ungleich größer, ihre Blätter gewinnen an Länge und Breite, aber ihre Blumen sind kleiner, oder vergrößern sich nicht. Gewächse wärmerer Himmelsstriche verändern so sehr ihr Ansehen, daß ungeübte Botaniker sie schwerlich in ihrem natürlichen Vaterlande wieder erkennen. Zahllos ist die Menge der Spielarten unserer Obstsorten und Küchenkräuter. Wildenow’s Geschichte der Pflanzen. Beyde findet man in dem Musäum der Naturgeschichte zu Paris, nebeneinander aufgestellt. Anm. des Verfassers. Indem der Ackerbau, die Herrschaft fremder eingewanderter Pflanzen über die einheimischen begründet, werden diese nach und nach auf einen engen Raum zusammengedrängt. So macht die Kultur den Anblick des europäischen Bodens einförmig, und diese Einförmigkeit ist den Wünschen des Landschaftmahlers, wie denen des im Freyen forschenden Botanikers gleich entgegen. Zum Glüke für beyde ist aber dieß scheinbare Uebel, nur auf einen kleinen Theil der gemäßigten Zone eingeschränkt, in welchem Volksmenge und moralische Bildung der Menschen am meisten zugenommen haben. In der Tropenwelt ist menschliche Kraft zu schwach, um eine Vegetation zu besiegen, welche den Boden unserm Auge entzieht, und nichts unbedeckt läßt, als den Ocean und die Flüße. Die ursprüngliche Heimath derjenigen Gewächse, welche das Menschengeschlecht seit seiner frühesten Kindheit zu begleiten scheinen, ist in eben solches Dunkel vergraben, als das Vaterland der meisten Hausthiere. Wir wißen nicht, woher jene Grasarten kamen, auf deren mehlreichen Samen, hauptsächlich die Nahrung aller kaukasischen und mongolischen Völker beruht. Wir kennen nicht die Heimath der Cerealien, des Weizens, der Gerste, des Hafers und des Rockens. Diese letzte Grasart scheint noch nicht ein mahl von den Römern kultivirt worden zu seyn. Zwar suchen altgriechische Mythen den Ursprung des Weizen in den Fluren von Enna in Sicilien, zwar haben Reisende behauptet, die Gerste in Nordasien, am Ufer des Samara der in die Wolga fließt, den Spelz in Persien bey Hamadan, und den Rocken in Kreta, wildwachsend entdeckt zu haben: aber diese Thatsachen bedürfen einer genauern Untersuchung; es ist so leicht, einheimische Pflanzen mit fremden zu verwechseln, die der Pflege und Herrschaft des Menschen entflohen, verwildernd ihre alte Freyheit in den Wäldern wieder finden. Auch die Gewächse, auf welchen der Reichthum aller Bewohner der heißen Zone beruht, Pisang, Melonenbäume, Cocospalmen, Jatropha und Mais, hat man noch nirgends ursprünglich wildwachsend beobachtet. Freylich habe ich mehrere Stämme der ersteren, fern von menschlichen Wohnungen, mitten in den Wäldern am Caßiquiare und Tuamini gesehen: vielleicht aber hat sie doch die Hand des Menschen dahin versetzt: denn der Wilde dieser Regionen, düster, ernst und mißtrauischen Gemüths, wählt abgelegene Schluchten, um seine kleinen Pflanzungen anzulegen, die er wechselliebend, nach kindischer Art bald wieder verläßt, und mit anderen umtauscht. Die verwilderten Pisangstämme und die Melonenbäume , scheinen dann bald Erzeugniße des Bodens, auf dem sie sich mit einheimischen Gewächsen zusammengesellen. Eben so wenig habe ich je erfahren können, wo im neuen Kontinente die Kartoffel wild wachse; diese wohlthätige Pflanze, auf deren Kultur sich größentheils die Bevölkerung des unfruchtbaren nördlichen Europa gründet, hat man nirgends in unkultivirtem Zustande gefunden, weder in Nordamerika, noch in der Andeskette von Neu-Granada, Quito, Peru, Chili, und Chiquitos; ungeachtet die Spanier mehreren Gebirgsebenen den täuschenden Nahmen Paramo de las Papas geben. Im Asiatischen Kaptschak im Lande Orenburg. Anm. des Verfassers. Auf einem Berge, vier Tagreisen von Hamadan, fand Michaux wilden Spelz. Er vermuthete, daß Triticum hybernum, und Triticum aestivum in Persien einst ebenfalls wildwachsend entdeckt wurden. Anm. des Verfassers. Ich meine Carisa papaya; den Carica posoposa, glaube ich oft ursprünglich wild gesehen zu haben. Anm. des Verfassers. Durch diese und ähnliche Untersuchungen verbreitet die Geographie der Pflanzen, Licht über den Ursprung des Ackerbaues, deßen Objekte so verschieden sind, als die Abstammung der Völker, als ihr Kunstfleiß und das Klima unter welchem sie wohnen. In das Gebieth dieser Wissenschaft gehören Betrachtungen über den Einfluß dieser mehr oder weniger reitzenden Nahrung auf die Energie des Characters, Betrachtungen über lange Seefahrten und Kriege, durch welche ferne Nazionen vegetabilische Produkte sich zu verschaffen, oder zu verbreiten suchen. So greifen die Pflanzen gleichsam in die moralische und politische Geschichte des Menschen ein: denn wenn Geschichte der Naturobjekte freylich nur als Naturbeschreibung gedacht werden kann; so nehmen dagegen dem Ausspruche eines tiefsinnigen Denkers, selbst Naturveränderungen einen echt historischen Character an, wenn sie Einfluß auf menschliche Begebenheiten haben. Schelling’s System des transcendentalen Idealismus S. 413. Anm. des Verfassers. Alle diese Verhältniße sind unstreitig für sich schon hinlänglich, um den weiten Umfang der Disciplin zu schildern, welche wir mit dem nicht ganz passenden Nahmen einer Pflanzen-Geographie belegen. Aber der Mensch, der Gefühl für die Schönheit der Natur hat, freuet sich darinn zugleich auch die Lösung mancher moralischen und ästhetischen Probleme zu finden. Welchen Einfluß hat die Vertheilung der Pflanzen auf dem Erdboden, und der Anblick derselben auf die Phantasie und den Kunstsinn der Völker gehabt? worinn besteht der Character der Vegetation dieses oder jenes Landes? wodurch wird der Eindruck heiterer oder ernster Stimmung modificirt, welche die Pflanzenwelt in dem Beobachter erregt? Diese Untersuchungen sind um so intereßanter, als sie unmittelbar mit den geheimnißvollen Mitteln zusammenhängen, durch welche Landschaft-Mahlerey und zum Theil selbst beschreibende Dichtkunst, ihre Wirkung hervorbringen. (Die Fortsetzung folgt im folgenden Hefte.) Ideen zu einer Geographie der Pflanzen von Alexander von Humbold. (Beschluß.) Die Natur im Großen betrachtet, der Anblick von Fluren und Waldung, gewährt einen Genuß, welcher wesentlich von dem verschieden ist, welchen die Zergliederung eines organischen Körpers, und das Studium seiner bewundernswürdigsten Struktur erzeugt. Hier reitzt das Einzelne die Wißbegierde, dort wirken Maßen auf die Phantasie. Wie andere Gefühle erweckt das frische Grün der Wiesen, und der dunkle Schatten der Tannen? Wie andere die Wälder der gemäßigten Zone und die der Tropenländer, in welchem die schlanken Stämme der Palmen hoch über dem dickbelaubtem Gipfel der Hymenäen gleichsam einen Säulengang bilden? Ist die Verschiedenheit dieser Gefühle in der Natur, und Größe der Maßen, in der absoluten Schönheit, oder in dem Kontraste und der Gruppirung der Pflanzenformen gegründet? Worinn liegt der mahlerische Vorzug der Tropenvegetation? Welche physiognomischen Unterschiede beobachtet man zwischen den afrikanischen Gewächsen, und denen von Südamerika, zwischen den Alpenpflanzen der Andeskette, und denen der Pyrenäen oder der Gebirge von Habesch. Ist auch Fülle des Lebens überall verbreitet; ist der Organismus auch unabläßig bemüht, die durch den Tod entfeßelten Elemente zu neuen Gestalten zu verbinden, so ist diese Lebensfülle und ihre Erneuerung doch nach Verschiedenheit der Himmelsstriche verschieden. Periodisch erstarrt die Natur in der kalten Zone; denn Flüßigkeit ist Bedingniß zum Leben. Thiere und Pflanzen (Laubmoose, und andere Cryptogamen abgerechnet) liegen hier viele Monathe hindurch im Winterschlaf vergraben. In einem großen Theile der Erde haben daher nur solche organische Wesen sich entwickeln können, welche einer beträchtlichen Entziehung von Wärmestoff widerstehen, oder einer langen Unterbrechung der Lebensfunctionen fähig sind. Je näher dagegen den Tropen, desto mehr nimmt Mannigfaltigkeit der Bildungen, Anmuth der Form, und des Farbengemisches, ewige Jugend und Kraft des organischen Lebens zu. Diese Zunahme kann leicht von denen bezweifelt werden, welche nie unsern Welttheil verlaßen, oder das Studium der allgemeinen Erdkunde vernachläßigt haben. Wenn man aus unsern dicklaubigen Eichenwäldern über die Alpen oder Pyrenäen-Kette nach Welschland oder Spanien hinabsteigt, wenn man gar seinen Blick auf die africanischen Küstenländer des Mittelmeeres richtet: so wird man leicht zu dem Fehlschluße verleitet, als sey Baumlosigkeit der Charakter heißer Klimate. Aber man vergißt, daß das südliche Europa eine andere Gestalt hatte, als pelasgische, oder carthagische Pflanzvölker sich zuerst darinn festsetzten; man vergißt, daß frühere Bildung des Menschengeschlechts die Waldungen verdrängt, und daß der umschaffende Geist der Nazionen, der Erde allmählig den Schmuck raubt, der uns in dem Norden erfreut, und der (mehr, als alle Geschichte) die Jugend unserer sittlichen Kultur anzeigt. Die große Katastrophe, durch welche das Mittelmeer sich gebildet, indem es, ein anschwellendes Binnenwaßer, die Schleußen der Dardanellen, und die Säulen des Hercules durchbrochen, diese Katastrophe scheint die angränzenden Länder eines großen Theils ihrer Dammerde beraubt zu haben. Was bey den griechischen Schriftstellern von den samothracischen Sagen erwähnt wird, deutet die Neuheit dieser zerstörenden Naturveränderung an. Auch ist in allen Ländern, welche das Mittelmeer begränzt, und welche die Kalkformation des Jura charakterisirt, ein großer Theil der Erdoberfläche nackter Fels. Das Mahlerische italienischer Gegenden beruht vorzüglich auf diesem lieblichen Kontraste zwischen den unbelebten öden Gestein, und der üppigen Vegetation, welche inselförmig darinn aufsproßt. Wo dieses Gestein minder zerklüftet, die Wäßer auf der Oberfläche zusammen hält, wo diese mit Erde bedeckt ist, (wie an den reitzenden Ufern des Albaner-Sees) da hat selbst Italien seine Eichenwälder, so schattig und grün, als der Bewohner des Norden sie wünscht. Auch die Wüsten jenseits des Atlas, und die unermeßlichen Ebenen oder Steppen von Südamerika sind als bloße Localerscheinungen zu betrachten. Diese findet man in der Regenzeit wenigstens, mit Gras und niedrigen fast krautartigen Mimosen bedeckt; jene sind Sand-Meere im Innern des alten Kontinents, große pflanzenleere Räume, mit ewig grünen waldigen Ufern umgeben. Nur einzeln stehende Fächerpalmen erinnern den Wanderer, daß diese Einöden, Theile einer belebten Schöpfung sind. Im trügerischen Lichtspiele, daß die strahlende Wärme erregt, sieht man bald den Fuß dieser Palmen frey in der Luft schweben, bald ihr umgekehrtes Bild in den wogenartig zitternden Luftschichten wiederhohlt. Auch westlich von der peruanischen Andeskette, an den Küsten des stillen Meeres, haben wir Wochen gebraucht, um solche waßerleere Wüsten zu durchstreichen. Der Ursprung derselben, diese Pflanzenlosigkeit großer Erdstrecken, in Gegenden, wo umher die kraftvolleste Vegetation herrscht, ist ein wenig beachtetes geognostisches Phänomen, welches sich unstreitig in alten Naturrevoluzionen (in Ueberschwemmungen, oder vulkanischen Umwandelungen der Erdrinde) gründet. Hat eine Gegend einmahl ihre Pflanzendecke verloren, ist der Sand beweglich und quellenleer, hindert die heiße, senkrecht aufsteigende Luft den Niederschlag der Wolken: so vergehen Jahrtausende, ehe von den grünen Ufern aus, organisches Leben in das Innere der Einöde dringt. Wer demnach die Natur mit einem Blicke zu umfaßen, und von Localphänomenen zu abstrahiren weiß der sieht, wie mit Zunahme der belebenden Wärme, von den Polen zum Aequator hin, sich auch allmählig organische Kraft und Lebensfülle vermehren. Aber bey dieser Vermehrung sind doch jedem Erdstriche besondere Schönheiten vorbehalten: den Tropen Mannigfaltigkeit und Größe der Pflanzenformen; dem Norden der Anblick der Wiesen, und das periodische Wiedererwachen der Natur beym ersten Wehen der Frühlingslüfte. Jede Zone hat außer den ihr eigenen Vorzügen auch ihren eigenthümlichen Character. So wie man an einzelnen organischen Wesen eine bestimmte Physiognomie erkennt; wie beschreibende Botanik und Zoologie im engern Sinne des Worts, fast nichts als Zergliederung der Thier- und Pflanzenformen ist: so gibt es auch eine gewiße Naturphysiognomie, welche jedem Himmelsstriche ausschließlich zukommt. Was der Mahler mit den Ausdrücken schweizer Natur, italienischer Himmel, bezeichnet, gründet sich auf das dunkle Gefühl dieses localen Naturcharacters- Himmelsbläue, Beleuchtung, Duft, der auf der Ferne ruht, Gestalt der Thiere, Saftfülle der Kräuter, Glanz des Laubes, Umriß der Berge, — alle diese Elemente bestimmen den Total-Eindruck einer Gegend. Zwar bilden unter allen Zonen dieselben Gebirgsarten Felsgruppen von einerley Physiognomie. Die Grünsteinklippen in Südamerika und Mexico gleichen denen des deutschen Fichtelgebirges, wie unter den Thieren die Form des Alco, oder der ursprünglichen Hunderace des neuen Kontinents, mit der, der europäischen Race genau übereinstimmt. Denn die unorganische Rinde der Erde ist gleichsam unabhängig von klimatischen Einflüßen; sey es, daß der Unterschied der Klimate neuer als das Gestein ist; sey es, daß die erhärtende Wärme entbindende Erdmaße sich selbst ihre Temperatur gab, statt sie von außen zu empfangen. Alle Formationen sind daher allen Weltgegenden eigen, und in allen gleichgestaltet. Ueberall bildet der Basalt Zwillings-Berge und abgestumpfte Kegel; überall erscheint der Trapporphyr in grotesken Felsmaßen, der Granit in sanftrundlichen Kuppen. Auch ähnliche Pflanzenformen, Tannen und Eichen, bekränzen die Berggehänge in Schweden, wie die des südlichsten Theils von Mexico. Und bey aller dieser Uebereinstimmung in den Gestalten, bey dieser Gleichheit der einzelnen Umriße, nimmt die Gruppirung derselben zu einem Ganzen doch den verschiedensten Character an. S. des Verfassers Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. Unter der fast zahllosen Menge von Vegetabilien, welche die Erde bedecken, erkennt man bey aufmerksamer Beobachtung einige wenige Grundgestalten, auf welche man wahrscheinlich alle übrigen zurückführen kann, und welche eben so viele Familien oder Gruppen bilden. Ich begnüge mich hier siebzehn derselben zu nennen, deren Studium dem Landschaftsmahler besonders wichtig seyn muß. I. Bananenform: Pisanggewächse, Musa, Heconia, Strelitzia. Ein fleischiger, hoher, krautartiger Stamm, aus zarten silberweißen oft schwarz geflammten Lamellen gebildet. Breite, zarte, seidenartig glänzende, quergestreifte, fast lilienartige Blätter, von denen die jüngeren gelblich grün und eingerollt, senkrecht emporwachsen, indem die älteren, vom Winde zerrißen, mit den Spitzen wie die Krone der Palmen, abwärts gebeugt sind. Goldgelbe länglichte Früchte traubenartig zusammengehäuft. Man muß sorgfältig drey Fragen von einander unterscheiden: 1) Wie viel Pflanzenarten sind bereits in gedruckten Werken beschrieben? 2) Wie viele sind bereits entdeckt? 3) Wie viele existiren wahrscheinlich auf dem Erdboden? Murray’s Ausgabe des Linneischen Systems enthält, die Kryptogamen mitgerechnet, nur 10042 Species. Herr Wildenow hat in seiner vortrefflichen Ausgabe, der Species Plantarum von 1797 bis 1807 bereits 17,457 Species von Phänerogamen (Monandria bis Polygamia Dioecia beschrieben. Rechnet man dazu 3000 Species kryptogamischer Gewächse, so entsteht die Zahl von 20,000 Arten. Aber außer den bereits in gedruckten Büchern beschriebenen, existiren noch wenigstens acht tausend Species in den Herbarien der Herrn Ruiz, Pavon, Nee, Seße und Mutis, in den englischen und französischen, in meinen und Bonpland’s Herbarien, 8000 Species deren Beschreibung entworfen, aber noch nicht publicirt ist. Die Zahl aller bis jetzt von Botanikern unterschiedenen Pflanzenspecies scheint demnach über 28,000 zu seyn. Wenn man unsere Unbekanntschaft mit dem Innern von Süd-Amerika (Brasilien, Buenos-Ayres, der östliche Abfall der Andeskette, Santa Cruz de la Sierra, alle Länder zwischen dem Orinoco, Rio Negro, Amazonenfluß und Puruz) mit Afrika, Neu-Holland, Inner und Ost Asien (Thibet, Rucharey, China, Malacca) betrachtet, so drängt sich einem unwillkürlich der Gedanke auf, daß wir noch nicht den dritten, ja wahrscheinlich nicht den fünften Theil der auf der Erde existirenden Gewächse kennen! Ich erinnere nur an die neuen Genera (zum Theil hohe Waldbäume), welche in den, seit 300 Jahren von Europäern besuchten, kleinen Antillischen Inseln in der Nähe großer Handelsstädte entdeckt worden sind. Doch von 28,000 bereits entdeckten Pflanzen, kultiviren wir Europäer in unseren botanischen Gärten, kaum 6 bis 7000 Species! S. des Verfassers Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. In allen Kontinenten findet man unter den Wendekreisen, so weit Tradition, und Geschichte reichen, Pisangkultur. Daß Africanische Sclaven einige Abänderungen der Bananenfrucht nach America übergebracht, ist eben so gewiß, als daß vor Colons Entdeckung dort Pisang von den Eingebornen gebaut ward. Die Guaikeri-Indianer in Cumana haben uns versichert, daß an der Küste Paria, nahe am Golfo triste, der Pisang, wenn man die Früchte am Stamme reifen laße, bisweilen keimenden Samen bringe. Eben deßhalb, sagen sie, finde man in dem Dickigt der Wälder von Paria wilde Pisangstämme, weil die Vögel diesen reifen Samen verstreuen. Auch in Cumana hat man hier und da in der Pisangfrucht vollkommen ausgebildeten Samen gefunden. S. des Verfassers Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. 2. Palmenform. Ein hoher ungetheilter geringelter und gegen die Mitte oft bauchiger und stachliger Schaft, auf dem sich eine Krone von gefiederten, oder fächerartigen Blättern majestätisch erhebt. Am Ende des Stammes meist zweyklappige Blumenscheiden, aus welchen die Rispe ausbricht. Drey Formen von vorzüglicher Schönheit sind den Tropenländern aller Weltgegenden eigenthümlich. Palmen, Pisanggewächse und baumartige Farrenkräuter. Wo Wärme und Feuchtigkeit gleichzeitig wirken, da ist die Vegetation am üppigsten, die Gestaltverschiedenheit am größten. Daher ist Süd-Amerika der schönere Theil der Palmenwelt. In Asien ist die Palmenform seltener, weil der Theil dieses Kontinents, welcher unter dem Aequator lag, in früheren Revoluzionen unsers Planeten untergegangen zu seyn scheint. Von den afrikanischen Palmen zwischen der Bai von Benin, bis zur Küste Ajan wißen wir nichts. Ueberhaupt kennen wir bisher nur eine sehr geringe Zahl afrikanischer Palmenarten. Gesellig lebende Pflanzen sind die Dattelpalmen, Mauritia und Chamaerops. Isolirt stehen Cocos guinensis, Martinezia, Triartea. Die Palmen gewähren Beyspiele des höchsten Pflanzenwuchses. Die Wachspalme, welche wir auf dem Andesrücken, zwischen Ibague und Carthago in der Montana de Quindiu entdeckt haben, unser Leroxylon andicola, erreicht die ungeheure Höhe von 160 bis 180 Fuß. Die riesenmäßigen Eukalyptus-Stämme, welche La Billardiere in Van Diemen’s Land(Insel), maß, haben nur 150 Fuß Höhe. S. des Verfassers Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. 3. Form der baumartigen Farrenkräuter. Den Palmen ähnlich, aber der Schaft minder hoch und schlank, schwarzrißig, mit zarten und schief gestreiften, hellgrünen, am Rande zierlich gekerbten, fast kohlartigen Blättern. Keine Blumenscheiden. Baumartige Farrenkräuter finden sich in der nördlichen Hemisphäre bis 33°, und der südlichen bis 42° Breite. Sonderbar daß gerade Dicksonien in beyden Hemisphären sich am meisten dem Pole nahen. Dicksonia culcita auf Madera und Dicksonia antarctica (mit 18 Fuß hohem Stamme) an Van Diemen’s Insel. S. des Verfassers Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. 4. Aloe-Form. Agave, Aloe, Yuoca, einige Euphorben, Pourretia. Steife, oft bläulichgrüne, glatte, stehend spitzige Blätter. Hohe Blüthen. Stengel, die aus der Mitte entspringen, und sich bisweilen kandelaberartig theilen. Einige Arten erheben die strahlige Krone auf nackten, geringelten, oft schlangenartig gewundenen Stämmen. Palmen, Aloegewächse, und hochstämmige Farrenkräuter haben in der Nacktheit und Zweiglosigkeit des Stammes einige Aehnlichkeit der Physiognomie, so verschieden auch sonst ihr Charakter (Naturausdruck) ist. Das oft 12 Fuß hohe Selinum decipiens (vielleicht aus Nordasien) gehört einer eigenen wunderbar gestalteten Gruppe baumartiger Doldengewächse an, an die sich mit der Zeit wahrscheinlich neue, noch zu entdeckende Pflanzen der nördlichen Erdhälfte anschließen werden. Die Gruppe steht den baumartigen Farrenkräutern einigermaßen nahe. S. des Verfassers Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. 5. Pothosform. Arum, Pothos, Dracontium. Glänzende, große, oft spieß und pfeilförmige durchlöcherte Blätter. Lange, hellgrüne, saftige, meist rankende Stängel. Dicke, längliche Blumen. Kolben aus weißlichen Scheiden ausbrechend. Mehr dem neuen Continent als dem alten eigenthümlich. Caladium und Pothos sind bloß Formen der Tropenwelt, Arum gehören mehr der gemäßigten Zone an. InAfrikaist noch kein Dracontium, kein Pothos entdeckt worden. Ostindien hat zwey Pothosarten, P. scandens und P. pinnata, der Physiognomie nach weniger schön, und weniger üppig aufsprossend, als die amerikanischen Pothosgewächse. Afrika, so weit wir es kennen, bringt nur zwey Arumarten, A. collocasia und A. arisarum hervor. Dahin gehört auch das einzige Caladium (Culcasia scandens), welches Hr. Beauvois im Königreich Benin entdeckt hat. (Flore d’Oware p. 4. t. 3) In der Pothosform dehnt sich das Purenchyma bisweilen so sehr aus, daß die Blattfläche löchrig wird, wie in Dracontium pertusum. S. des Verfassers Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. 6. Form der Nadelhölzer: alle folia acerosa, Pinus, Taxus, Cupreßus, einige Proteen, selbst Banksien, Erica-Arten und die (durch angeerbte Monstrosität?) ungefiederten Neu-holländischen Mimosen grenzen an die Pinus-Form. Die Krone bald pyramidal, wie Lerchenbäume und Cypreßen, bald schirm- fast palmartig sich ausbreitend, wie Pinus Pinea. Wenn unter den Wendekreisen der Boden sich nicht hier und da zu 1000 bis 1500 Toisen Höhe erhöbe, so würde, wenigstens dem Aequator nahe, diese Form gewiß dort ewig unbekannt geblieben seyn. Pinus longifolia, in Ostindien, P. Dammara Lamb. in Amboina sind Tropenpflanzen, aber beyde auf hohen Bergen wachsend. In ganz Süd-Amerika ist mir trotz der Höhe der Andeskette doch unter den Wendekreisen keine Pinusart bekannt. Ein Nadelholzbaum, den wir in den Andes von Quindiu entdeckten, war ein Taxus, und zwar unser Taxus montana (Willd. Spec. T. 4. P. 2. p. 857.) Giebt es überhaupt Tannen oder Fichten in Süd-Amerika, z. B. in Chili, im Königreich Buenos- Ayres und gegen die magelianische Meerenge hin? In Chili und (wie wir durch die Expedition des Grafen Hoffmannsegg neuerlichst erfahren) auch in Brasilien ersetzt Araucaria imbricata die Form der Nadelhölzer. Ueber die obern und untern Grenzen der mexikanischen Tanne, welche dem Pinus occidentalis näher, als dem P. strobus verwandt ist, S. diesen Verf. m. Pflanzengeogr. a. a. O. Auf der Isola de Pinos, südlich von Cuba, wächst eine Tanne (Pinus occidentalis) mit Switenia Mahagony in einer Ebene, eine sonderbare Erscheinung, die sich einigermaßen aus der Gestalt und Nähe des nordamerikanischen Continents, wie aus der durch Nordstürme oft erkälteten Atmosphäre erklären läßt. S. des Verfassers Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. 8. Mimosenform: Mimosa, Gleditschia, Tamarindus, Porlieria. Alle fein gefiederte Blätter zwischen welchen die Bläue des Himmels angenehm durchschimmert. Weitschattige Kronen, oft schirmartig gedrückt. Die fein gefiederten Blätter der Mimosen, Acacien, Desmanthus-Arten und Schrankien sind recht eigentlich Formen der Tropenvegetation. Doch finden sich einige Repräsentanten der Form auch außerhalb der Wendekreise. In der nördlichen Hemisphäre kann ich im alten Continent, und zwar in Asien, bloß einen niedrigen Strauch auf weisen, die von Hr. Marschall von Biberstein beschriebene Acacia Stephaniana. Diese gesellschaftlich lebende Pflanze bedeckt die dürren Ebenen der Provinz Schirvan am Kur (Cyrus) bey Neu Schamach bis gegen den Araß (den alten Araxes) hin. Diese Acacia foliis bipinatis, der auch schon Buxbaum erwähnte, wächst also nördlich bis 42° geographischer Breite (Tableau des Provinces situées sur la côte occidentale de la mer caspienne entre les fleuves Terek et Kour 1798 p. 58. 120) In Afrika drängt Acacia gummi fera Willd. bis Mogador, also bis 320 nördlicher Breite vor. In Japan wächst Acacia Nemu um Nangasacki. Im neuen Kontinent schmücken die Ufer des Mißißipi und Tennesee, wie die Savannen der Illinoes, Acacia glandulosa Mich. und A. brachyloba Willd. Die Schrankia uncinata fand Michaux von Florida bis Virginien nordwärts vordringen, also bis 37° nordlicher Breite. Gleditschia triacanthos findet sich nach Barton östlich von den Aleghany Gebirgen bis zum 38sten, westlich bis 41 Grade nördlicher Breite. Gleditschia monosperma bleibt zwey Grade südlicher. Dieß sind die Grenzen der Mimosenform in der nördlichen Erdhälfte. In der südlichen finden wir außerhalb des Wendekreises des Steinbocks einfachblättrige Acacien, bis Van Diemen’s Insel, ja die unvollkommen beschriebene Mimosa Caven Molina wächst in Chili zwischen dem 24sten und 37sten Grade südlicher Breite (Molina Naturgeschichte von Chili p. 148) Die feinblättrigste aller Mimosen ist die in Caraccas wachsende Acacia microphylla (Bredemeyer.) Bis jetzt ist noch keine wahre Mimosa (in dem Sinne des Worts, den Wildenow festgesetzt) ja keine Inga in der gemäßigten Zone entdeckt worden. Unter allen Acacien verträgt die orientalische Acacia Julibrißin Scopoli, die Forschkael mit der Mimosa arborea verwechselt hat, die meiste Kälte. Im botanischen Garten von Padua steht ein hoher Stamm von beträchtlicher Dicke im Freyen, und doch ist die mitlere Wärme von Padua nur 10, 8 Grad Reaum. S. des Verfassers Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. 9. Malven-Form: Sterculia, Hibiscus, Ochroma, Cavanillesia (Flor. Per) Dickstämmige Bäume mit großen, weichen, meist lappigen Blättern (foliis lobatis) und prachtvollen Säulenblumen (Colomniferae des Linné.) Adanson äußert sein Erstaunen darüber, daß keiner der früheren Reisenden, des riesenmäßigen Boababs erwähnt habe. Aber Aloysio Cadamusto erwähnt allerdings schon 1504 des hohen Alters dieser Bäume, quarum Eminentia altitudinis non quadrat Magnitudini Cadamusti Navigatio, c. 43. Adanson fand Stämme, deren Höhe 10 bis 12 und deren Umfang 77 Fuß betrug. Ihre Wurzeln waren 110 Fuß lang. Andere Schriftsteller geben noch größere Dimensionen an. Auch S. George Staunton beobachtete Adansonien auf den Capwerdischen Inseln. Sie hatten 56 Fuß Umfang. „Man darf nicht vergeßen, daß der Boabab, wie die ganze Familie der Bombax und Ochroma-Arten, weit schneller wächst als die Dracaena, deren Vegetation sehr langsam ist. Die Platanen (Platanus occidentalis), welche Hr. Michaux am Ufer des Ohio bey Marietta fand, haben genau denselben Durchmeßer als der berufene Drachenbaum in Orotava. Voy. à l’ouest des monts Alleghany 1804 p 93.) Noch in 20 Fuß Höhe ist ihr Stamm von 47 Fuß Umfang. Aber wahrscheinlich bedurften diese Platanen nicht den 10ten Theil der Zeit, in welcher eine Dracaena zu derselben Dicke gelangen würde. Die vegetabilischen Geschöpfe, welche in allen Weltgegenden zu der größten Corpulenz anschwellen, sind der Taxus, die echte Kastanie (Fagus Castanea), mehrere Species von Bombax, die Mimosen, Caesalpinien, Feigenbäume, Switenien, Hymenea Courbaril, Cypreßus disticha und Platanus occidentalis. S. des Verfassers Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. 10. Rebenform: Lianen, Vitis, Paullinia, Glematis, Mutisia. Rankende Gewächse mit rißigen holzigen Stämmen, und vielfach zusammengesetzten Blättern. Die Blüthen meist in Doldentrauben und Rispen. 11. Lilienform: Pancratium, Fritillaria, Iris. Stammlose Gewächse mit langen einfachen hellgrünen, zart gestreiften oft schwertförmigen und zweyzeiligen, aufrecht stehenden Blättern, und mit zarten prachtvollen Blüthen, bald in Scheiden (Spatacae des Linné) bald ohne Scheiden (Coronariae des Linné.) Der Hauptsitz dieser Form ist Afrika, dort ist die größte Mannigfaltigkeit der Liliengewächse, dort bilden sie Maßen, und bestimmen den Naturkarakter der Gegend. Der neue Continent hat allerdings prachtvolle Pancratien, Alstroemerien, und Crinumarten. Das erstere Geschlecht haben wir mit drey neuen Species, Pancratium quitense, tryphyllum und tubulosum vermehrt, aber diese americanischen Liliengewächse stehen zerstreut, minder gesellig als unsere europäischen lrisarten. S. des Verfaßers Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. 12. Cactusform: die Cerei. Vielkantige fleischige, blattlose, oft gestachelte, säulenförmig ansteigende, theils kronleuchterartig getheilte Gewächse, mit schöngefärbten aus der fast unbelebt scheinenden Maße, ausbrechenden Blumen. Wenn man gewohnt ist, Cactusarten bloß in unsern Treibhäusern zu sehen, so erstaunt man über die Dichtigkeit, zu der die Holzfaser in den alten Cactusstämmen sich verdichtet. Die Indianer wißen, daß Cactusholz unverweslich, und zu Rudern und Thürschwellen vortrefflich zu gebrauchen ist. Dem neuen Ankömmling macht kaum irgend eine Pflanzenphysiognomie einen sonderbareren Eindruck, als eine dürre Ebene, wie die bey Cumana, Neu-Barcellona, Coro und in der Provinz Jaen de Bracamoros, welche mit säulenförmigen und candelaberartig getheilten Cactusstämmen dick besetzt ist. Im alten Continente besonders Afrika, und den nahe gelegenen Inseln, sind einige Euphorbien und Cacalien gleichsam Repräsentanten der amerikanischen Cactusform. S. des Verfassers Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. 13. Casuarinen-Form: Castrarina Equisetum. Blattlose Gewächse, vom einfachsten äußern Baue, mit weichen dünnen, gegliederten, in der Länge gestreiften Stängeln. Der eigentliche Repräsentant der Casuarinenform, C. equisetifolia, wächst in Süd-Asien, und auf den Inseln des stillen Meeres. Vier andere sind bloß Neu- Holland eigenthümlich. Die neuentdeckte Casuarina quadrivalvis Labill. dringt bis 43° südl. Breite auf van Diemen’s Land vor! S. des Verfassers Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. 14. Gras- und Schilf-Form . Baumartige Gräser sind im ganzen selten. Wir kennen nur wenige Gattungen derselben, Bambusa, Panicum arborescens. Bambusgebüsche sind in der heißen Zone über die ganze Erde verbreitet. Sie steigen auf das Gebirge bis über 700 Toisen Höhe. S. des Verfassers Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. 15. Form der Laubmoose. 16. Form der Blätterflechten. 17. Form der Hutschwämme. Da der Hr. Verfasser nicht bloß Formen von großen, sondern auch von kleinen Umrißen aufgestellt hat, die mithin mahlerisch nur im Vorgrunde einer Landschaft gehörig ausgeführt, und deutlich unterscheidbar dargestellt werden können: so glaubt man vorzüglich noch auf die Form der Dolden- oder Schirmblumengewächse, auf die der Syngenesisten, wozu die Distelgewächse gehören, auf die der quirlblüthigen Pflanzen, auf die Nelkenform, auf die Rosenform etc. aufmerksam machen zu müßen, bestimmte Hauptformen, welche gänzlich von einander abweichen, und häufig genug sind, um Landschaften gewißer Gegenden eigenthümliche Modificationen zu ertheilen. Recension dieses Werk’s in den allgemeinen geographischen Ephemeriden. Diese physiognomischen Abtheilungen weichen oft von denen ab, welche die Botaniker in ihren sogenannten natürlichen Systemen aufstellen. Bey jenen kommt es allein auf große Umriße, auf das an, was den Character der Vegetation, und folglich den Eindruck bestimmt, den der Anblick der Gewächse und ihre Gruppirung auf das Gemüth des Beobachters macht. Die eigentlich botanischen Klaßificationen gründen sich dagegen auf die kleinsten, dem gemeinen Sinne gar nicht auffallenden, aber beständigsten und wichtigsten Theile der Befruchtung. Es wäre gewiß ein treffliches, eines gebildeten Künstlers würdiges Unternehmen, die Physiognomien jener Pflanzengruppen für deren Beschreibung es selbst den reichsten Sprachen an Ausdrücken fehlt, nicht in Büchern oder Treibhäusern, sondern in der Natur selbst, in ihrem Vaterlande zu studiren, und sie treu und lebendig darzustellen. Hohe Palmen, welche die mächtigen federartig gekräuselten Blätter über ein Gebüsch von Heliconien und Pisanggewächsen schwingen; dornige, schlangenartig aufgerichtete Cactusstämme, mitten unter blühenden Liliengewächsen; ein baumartiges Farrenkraut von mexicanischen Eichen umgeben: welche mahlerische Gegenstände für den Pinsel eines gefühlvollen Künstlers! In der Abhandlung Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse, von welcher der Herr Verfasser hier jedoch abweicht, führt er mit Uebergehung der Formen der Laubmoose, Blätterflechten und Hutschwämme dagegen jene der Heidekräuter, Gustavia, Lorbeer, Melastomen, Weiden und Myrthen — überhaupt 19 besondere Formen — auf, und begleitet sie mit folgenden besonderen Anmerkungen: Eine meist africanische Pflanzengruppe sind die Heidekräuter; dahin gehören auch die Adromeda, Paßerinen und Gnidien, eine Gruppe, die mit der der Nadelhölzer einige Aehnlichkeit hat, und eben deßhalb mit dieser, durch die Fülle glockenförmiger Blüthen, desto reitzender contrastirt. Die baumartigen Heidekräuter, wie einige andere africanische Gewächse, erreichen das nördliche Ufer des Mittelmeers. Sie schmücken Welschland und die Cistus Gebüsche des südlichen Spaniens. Am üppigsten wachsend habe ich sie auf den africanischen Inseln, am Abhange des Pics von Theyde gesehen. Bey uns in den baltischen Ländern, und noch nördlicher hin, ist diese Pflanzenform gefürchtet, Dürre und Unfruchtbarkeit verkündigend. Unsere Heidekräuter, Erica vulgaris und tetralix sind gesellschaftlich lebende Gewächse, gegen deren fortschreitenden Zug die ackerbauenden Völker seit Jahrhunderten mit wenigem Glücke ankämpfen. Sonderbar, daß der Hauptrepräsentant dieser Form bloß einer Seite unsers Planeten eigen ist. Von den 137 jetzt bekannten Arten von Erica findet sich auch nicht eine einzige im neuen Kontinent von Pensylvanien und Labrador bis gegen Nootka und Alaschka hin. Laurus, Mammea, Challophyllum. Eine Form der Tropenwelt, und der gemäßigten Zone bis 38 und 40° nördlicher Breite. Lorbeerbäume treten unter den Wendekreisen als Alpengewächse auf, wie Laurus alpigena, L. exaltata, L. triandra, L. coriacea, L. membranacea, L. patens, L. floribunda und andere, von dem vortrefflichen Swarz in Jamaika beschriebene Species beweisen. Von dem Hauptrepräsentanten der Form, von der Weide selbst, sind schon 116 verschiedene Arten bekannt. Sie bedecken die Erde vom Aequator bis Lappland. Ihre Zahl und Gestaltverschiedenheit nimmt zu zwischen dem 46. und 70. Grade der Breite, besonders in dem, durch frühe Erdrevoluzionen so wunderbar eingefurchten Theile des nordlichen Europa’s. Von Weiden als Tropengewächse sind erst zwey Arten bekannt, Roxburg’s Salix tetrasperma von der Küste Koromandel, und eine peruanische Species die wir mitgebracht, und welche Hr. Wildenow Salix Humboldtiana genannt hat. Vielleicht dringt Salix muctonata vom Vorgebirge der guten Hoffnung nordwärts bis zum Wendekreise des Steinbocks vor? Auf den Inselgruppen der Südsee ist noch keine Weide entdeckt worden. Myrthengewächse geben drey Erdstrichen einen eigenen Charakter: 1) dem südlichen Europa, besonders den Inseln (Kalkfelsen) die aus dem Keßel des Mittelmeeres hervorragen. 2) dem Neu-holländischen Kontinente, der mit Eucalyptus, Metrosideros, Leptospermum geschmückt ist, und 3) einem Erdstrich der mitten unter den Wendekreisen, 9 bis 10,000 Fuß über der Meeresfläche erhaben ist, dem hohen Andesrücken in Südamerika. Diese Berggegend (in Quito: Paramo, in Peru: Puna genannt), ist ganz mit Bäumen von myrthenartigen Ansehen bedeckt. In dieser Höhe wachsen Escallonia myrtilloides, E. tubar, Alstonia theaeformis, neue Myrica-Arten und die schöne Myrtus microphylla. Auf der Schönheit der einzelnen Formen, auf dem Einklange, oder dem Kontraste, welcher aus ihrer natürlichen Gruppirung entsteht, auf der Größe der organischen Maßen und der Intensität des Grünes, beruht der Vegetations-Charakter einer Zone. Viele Gestalten, und gerade die schönsten, die der Palmen, der Bananengewächse und der baumartigen Farrenkräuter und Gräser, fehlen gänzlich den nördlichen Erdstrichen. Andere, zum Beyspiele die der gefiederten Blätter, sind darinn sehr selten und minder zart. Die Zahl der baumartigen Pflanzen ist darinn geringer, ihre Krone minder hoch und belaubt, seltener mit großen prachtvollen Blüthen geziert, als in den Tropenländern. In diesen allein hat die gestaltende Natur sich ergötzt, alle Pflanzenformen zu vereinigen. Selbst die der Nadelhölzer, welche auf den ersten Anblick zu fehlen scheinen, finden sich nicht bloß auf dem hohen Rücken der Andes, sondern selbst in den wärmeren Thälern von Xalappa, und hier und da bey Loxa. Tannen, Cypreßen und Juniperus sind drey Geschlechter, die sich in Menge in der nördlichen Tropenzone z. B. in Neu-Spanien finden. Dagegen scheinen sie in der südlichen, wenn gleich auf dem Gebirge eben so kalten Tropenzone, sehr selten. In der hohen Andes-Kette von Santa-Fe, Popayan und Quito, habe ich kein anderes Nadelholz, als ein paar Stämme einer Cupreßus-Art, in den Wäldern von Quindiu und bey Loxa gefunden. Anm. des Verfassers. Die Physiognomie der Vegetation hat unter dem Aequator im ganzen mehr Größe, Majestät und Mannigfaltigkeit, als in der gemäßigten Zone. Der Wachsglanz der Blätter ist dort schöner, das Gewebe des Parenchyma lockerer, zarter und saftvoller. Kolloßalische Bäume prangen dort ewig mit größeren, vielfarbigeren, duftendenren Blumen, als bey uns niedrige krautartige Stauden. Alte durch Licht verkohlte Stämme sind mit dem frischen Laube der Paulinien, mit Pothos und mit Orchideen gekränzt, deren Blüthe oft die Gestalt und das Gefieder der Colibri nachahmt, welchen sie den Honig darbiethet. Ein recht eigentlicher Wachsglanz, da dieses Wachs von Proust in Madrid chemisch ausgeschieden worden ist. Anm. des Verfassers. Die Indianer nehmen von dieser vogelähnlichen Gestalt der Epidendra oft die specifischen Nahmen her. Anm. des Verfassers. Dagegen entbehren die Tropen fast ganz das zarte Grün der weiten Grasfluren und Wiesen. Ihre Bewohner kennen nicht das wohlthätige Gefühl des im Frühlinge wieder erwachenden, sich schnell entwickelnden Pflanzenlebens. Die sorgsame Natur hat jedem Erdstriche eigene Vorzüge verliehen. Die vegetabilische Fiber, bald dichter bald lockerer gewebt; Gefäse ausgedehnt, und von Saft strotzend, oder früh verengt und zu knorriger Holzmaße erhärtend, größere oder geringere Intensität der Farbe, nach Maßgabe des Desoxidations- Proceßes, welchen der reitzende Lichtstrahl erregt: diese und ähnliche Verhältniße bestimmen den Character der Vegetation in jeder Zone. In einer geographischen Breite können auf unserm Erdballe, wenn keine Gebirge und andere Umstände die Temperatur verändern, in verschiedenen Welttheilen eben die Pflanzen wachsen, aber Gegenden, die in einer Länge liegen, müßen immer verschiedene Produkte des Gewächsreichs erzeugen. Die Mark Brandenburg, die Küste Labrador, und Kamtschatka liegen ziemlich in einer Breite, und haben auch viele Pflanzen mit einander gemein. Berlin, Venedig, Tripolis, und Angola haben fast gleiche Länge, aber die Gewächse sind sehr verschieden. Es ist bekannt, daß Wärme ein nöthiges Erforderniß der Vegetation ist. Daraus folgt also ganz natürlich, daß mit der größeren Wärme des Klima’s, auch die Zahl der wildwachsenden Pflanzen beträchtlicher seyn muß. Die Verzeichniße der Botaniker über verschiedene Gegenden unsers Erdballs zeigen uns, daß die Vegetation nach den Graden der Wärme vermehrt wird. In Süd-Georgien sind nach sicheren Nachrichten nur zwey wildwachsende Pflanzen; in Spitzbergen 30; in Lappland 534, in Island 553; in Schweden 1299; in der Mark Brandenburg 2000; im Piemontesischen 2800; an der Küste Coromandel ungefähr 4000; auf der Insel Jamaika eben so viel; auf Madagascar über 5000. Fast überall finden sich Gewächse, nur die mit beständigen Eise bedeckten Polarländer, die höchsten beeiseten Gebirgsgipfel und die dürren Sandwüsten Africa’s ausgenommen. Auf kahlen, nackten, durch vulcanisches Feuer verheerten Gegenden, wie z. B. die Insel Ascension, und Kerguelens Land, sproßen nur kümmerlich wenige Pflänzchen empor. Das Klima hat sowohl auf das Wachsthum, als auf die Gestalt des ganzen Gewächses vielen Einfluß. Die Pflanzen der Polarländer und der Gebirge sind niedrig, mit sehr kleinen gedrungenen Blättern, und nach Verhältniß großen Blumen. Die Gewächse Europens haben wenig schöne Blumen, und viele blühen mit Kätzchen, die asiatischen prangen mit vorzüglich schönen; die afrikanischen haben meistens sehr fette, saftige Blätter, und bunte Blumen. Amerikanische Pflanzen zeichnen sich durch lange glatte Blätter, und die sonderbare Gestalt der Blumen und Früchte aus. Die Gewächse aus Neu-Holland unterscheiden sich durch schmale trockene Blätter, und eine mehr zusammengezogene Form. Die Pflanzen des Archipelagus im Mittelländischen Meere, sind meistentheils strauchartig und stachlicht. Die Pflanzen Arabiens haben fast alle einen niedrigen verkrüppelten Wuchs. Auf den kanarischen Inseln sind die meisten Pflanzen, sogar Gattungen, die in andern Klimaten krautartig sind, Sträucher oder Bäume. Auffallend ist aber die Aehnlichkeit zwischen den Bäumen und Sträuchern des nördlichen Asiens und Amerika, da doch die Kräuter und Staudengewächse beyder Welttheile fast gar nichts in ihrer Gestalt Uebereinstimmendes haben. Ein vergleichendes Verzeichniß mag dieß bestätigen. Zwischen den strauchartigen Pflanzen des Vorgebirges der guten Hoffnung und Neuhollands, herrscht ebenfalls eine große Aehnlichkeit. Sollte wohl gleiche Uebereinstimmung in Rücksicht des Bodens oder der Lage der Länder, bey der Entstehung der organischen Körper, die Aehnlichkeit welche wir hier finden, erzeugt haben? Im kalten Klima finden sich mehrere Kryptogamen, besonders Pilze, Flechten und Moose, Tetradynamisten, Doldengewächse, Syngenesisten, und überhaupt wenige Bäume und Sträucher. Im warmen Klima finden sich mehrere Bäume und Sträucher, viele Farrenkräuter, Schlingstauden, Schmarotzerpflanzen, saftige Pflanzen, lilienartige Gewächse, Bananengewächse, Palmen, Kräuter und Sommergewächse vegetiren nur zur Regenzeit. Gefiederte und gerippte Blätter sind am häufigsten in warmen Himmelstrichen. Die Waßerpflanzen haben so lange sie unter Waßer stehen, feine fadenförmig zertheilte Blätter; kommen sie aber mit ihren Blättern an die Fläche des Waßers, so werden sie breit, mehr rund, und an der Basis bald mehr bald weniger ausgeschnitten. Pflanzen die auf Hügeln stehen, verhalten sich in der Gestalt ihrer Blätter, gerade umgekehrt, wenn wir sie mit den Waßerpflanzen vergleichen. Ihre Wurzelblätter sind mehr oder weniger ganz, die Stengelblätter werden aber, je höher sie stehen, immer feiner getheilt. Als Beyspiel läßt sich Scabiosa Columbaria, Valeriana u. s. w. anführen. Wildenow’s Geschichte der Pflanzen. Die große Höhe zu welcher der Boden sich über der Wolkenregion unter dem Aequator erhebt, gewährt den Einwohnern dieser Gegend das sonderbare Schauspiel, daß sie außer den Bananengewächsen und Palmen auch von Pflanzenformen umgeben sind, welche man oft den europäischen und nordasiatischen Klimaten eigen glaubt. Die heißen Thäler der Andeskette sind mit Heliconien und feinblättrigen Mimosen geschmückt. Höher herauf wachsen baumartige Farrenkräuter, und die Pflanze, deren Rinde das wohlthätigste Heilmittel gegen das Fieber enthält. In dieser milden Region der Cinchona, und weiter aufwärts, erheben sich Eichen, Tannen, Cypreßen, Berberis, Brombeersträuche, Ellern, und eine Menge von Gewächsen, denen wir eine nordische Physiognomie zuzuschreiben gewöhnt sind. So genießet der Tropenbewohner den Anblick aller Pflanzenformen. Die Erde offenbaret ihn auf einmahl alle ihre vielfachen Bildungen, wie die gestirnte Himmelsdecke von Pole zu Pole ihm keine ihrer leuchtenden Welten verbirgt. Im nördlichen Asien wächst. Diesen sind in Nordamerika ähnlich: Acer cappadocicum — Acer sacharinum — pseudoplatanus — — montanum Azalea pontica — Azalea viscosa Betula davurica — Betula populifolia Alnus glutinosa — Alnus serulata Corylus Colurna — Corylus rostrata Crataegus sanquinea Pall — Crataegus coccinea Cornus sanquinea — Cornus alba Fagus sylvatica — Fagus latifolia — Castanea — — pumila Juniperus lycia — Juniperus virginiana Liquidambat imberbe — Liquidambar styraciflua Morus nigra — Morus rubra Lonicera Peryclymenum — Lonicere sempervirens Pinus sylvestris — Pinus inops — Cembra — — strobus Platanus orientalis — Platanus occidentalis Prunus laurocerasus — Prunus Caroliniana Im nördlichen Asien wächst. Diesen sind in Nordamerika ähnlich: Rhododendrum ponticum — Rhododendrum punctatum Rhus coriaria — Rhus typhinum Ribes nigrum — Ribes floridum Rubus fructicosus — Rubus occidentalis Sambucus nigra — Sambucus Canadensis Styrax officinale — Styrax laevigatum Thuja orientalis — Thuja occidentalis Tilia europaea — Tilia americana Ulmus pumila — Ulmus americana Viburnum orteniale — Viburnum acerifolium u. d. m. In Rücksicht der gegenwärtig auf unserer Erde anzutreffenden Gewächse, lehrt die Erfahrung, daß gebirgigte Gegenden reicher an Vegetabilien, als ebene sind, und daß da wo uranfängliches Gebirge ist, die Zahl der Pflanzen beträchtlicher auffällt, als im Flötzgebirge. Ein Land mit uranfänglichen Gebirgen hat eigenthümliche Pflanzen, die dem von solchen Gebirgen entblößten, mangeln. Wir finden auf allen Ebenen in einer Breite, sie mögen auch noch so weit ausgedehnt seyn, immer dieselben Gewächse; nur mit dem Unterschiede, daß der verschiedene Boden einige Abwechslung macht. Im uranfänglichen Gebirge und am Fuße deßelben, treffen wir alle Pflanzen der Ebene wieder. Wir finden wo hohe Gebirgsketten vom uranfänglichen Gestein die Ebene bekränzen, daß alle Pflanzen der Ebene an ihrem Fuße und auf ihnen selbst angetroffen werden. Uebersteigen wir die Gebirge, und kommen auf eine neue Ebene, so zeigt sich eine neue Vegetation, die man wieder am Fuße der folgenden Gebirgskette antrifft. Aus den Verzeichnißen der Pflanzen verschiedener Länder Europens und fremder Welttheile läßt sich dieses deutlich beweisen. Wer kann hier wohl noch zweifeln, daß die Pflanzen aller Ebenen, von hohem Gebirge dahin gekommen sind, und daß die uranfänglichen Gebirge unseres Erdballs, die Hauptquellen der Floren verschiedener Länder ausmachen? Eben daher hat Amerika einen so großen Reichthum von Gewächsen, weil vom Nord bis zum Südpol hohe Gebirgsketten mit zahlreichen Nebenarmen es durchschneiden. Daher nährt Canada andere Pflanzen als Pensylvanien, dieses andere als Virginien, dieses wieder andere als Carolina, Carolina andere als Florida u. s. w. Daher hat die Nordwest-Küste von Amerika, wieder andere Pflanzen als die Nordost-Küste, die Südwest-Küste deßelben Welttheils, andere als die Südost-Küste. Inseln die eben sind, haben alle Pflanzen des nahe gelegenen Kontinents, sind sie aber mit hohen Gebirgen versehen, so mangelt es ihnen nicht an Pflanzen, die man nur auf ihnen antrifft. Wildenow’s Geschichte der Pflanzen. Die Völker Europens genießen diesen Vorzug nicht. Viele Pflanzenformen bleiben ihnen auf immer unbekannt. Die krankenden Gewächse, welche Luxus oder Wißbegierde in unsere Treibhäuser einzwängt, erinnern uns nur an das, was wir entbehren: sie biethen ein verzerrtes, unvollkommenes Bild von der Pracht der Tropenvegetation dar. Aber in dem Reichthume und der Kultur der Sprache, in der regen Phantasie der Dichter und Mahler, finden die Europäer einen befriedigenden Ersatz. Der Zauber nachahmender Künste versetzt sie in die entfernsten Theile der Erde. Weßen Gefühl regsam für diesen Zauber, weßen Geist gebildet genug ist, um die Natur in allen ihren Thätigkeiten zu umfaßen, der schafft sich in der Einsamkeit einer öden Haide gleichsam eine innere Welt: er eignet sich zu, was die Kühnheit des Naturforschers, Meer und Luft durchschiffend, auf dem Gipfel beeister Berge, oder im Innern unterirdischer Höhlen entdeckt hat. Hier sind wir auf den Punct gelangt, wo Kultur und Völker und Wißenschaft am unbestrittensten auf das individuelle Glück einwirken. Durch sie leben wir zugleich in dem verfloßenen, und in dem gegenwärtigen Jahrhunderte. Um uns versammelnd was menschlicher Fleiß in den fernsten Erdstrichen aufgefunden, bleiben wir allen gleich nahe. Ja, die Kenntniß von dem Innern, geheimen Spiele der Naturkräfte, läßt uns bey vielen Selbstschlüße für die Zukunft wagen, und die Rückkehr großer Erscheinungen vorher bestimmen. So schafft Einsicht in dem Weltorganismus einen geistigen Genuß, und eine innere Freyheit, die mitten unter den Schlägen des Schicksals, von keiner äußern Macht zerstört werden kann.