Humboldt giebt in seinem Essay politique sur la nouvelle Espagne, S. 249 ff. folgende lehrreiche Nachricht über den merkwürdigen Vulkan von Jorullo: „Die große Katastrophe, in welchem dieses vulkanische Gebirge aus der Erde empor gehoben worden ist, und durch welche eine Landstrecke von bedeutender Ausdehnung ein durchaus verändertes Ansehen gewonnen hat, ist vielleicht eine der merkwürdigsten physischen Revolutionen, welche uns die Geschichte unseres Planeten kennen gelernt hat. Es ist das einzige Beispiel, wo, im Innern eines Kontinents, 16 Meilen (lieues) von der Küste und mehr als 42 Meilen von irgend einem andern noch wirksamen feuerspeienden Berge, plözlich im Mittelpunkte von mehr als 1000 kleiner brennender Kegel, ein Berg von Schlacken und Asche von 517′ Höhe gebildet worden wäre. — Diese wichtige Thatsache ist den Mineralogen, den Physikern Europas unbekannt geblieben, ungeachtet nicht mehr als etwas über 50 Jahre verflossen sind, seit sie sich ereignet und die Gegend nur sechs Tagereisen von der Hauptstadt Mexikos entfernt ist, wenn man von dem Zentral-Plateau nach den Küsten des Südmeeres hinabsteigt. Ueber dem Niveau der nahen Ebenen. Eine ausgedehnte Ebene erstreckt sich von dem Hügel von Aguasarco bis zu den Dörfern von Toipa und Petatlan. Zwischen Picachor del Mortero, les Cerras de las Cuevas und denen von Cuichu, mißt diese Ebene nicht mehr als 750 bis 800 Meter Höhe über den Niveau des Ozeans. Basalt-Hügel erheben sich mitten in einem Terrain, in welchem ein Porphyr mit grünsteinartiger Grundmasse die herrschende Gebirgsart ist. Ein seltsamer Kontrast waltet ob zwischen der unfruchtbaren, durch das vulkanische Feuer verwüsteten Ebene und der üppigen Vegetation, mit welcher man die Gipfel der Hügel bedeckt findet. Bis zur Hälfte des 18. Jahrhunderts sah man zwischen den beiden Flüssen der Cuitimba und dem San Pedro, mit Zuckerrohr und Indigo bepflanzte Felder. Sie wurden von Basaltbergen begrenzt, deren Struktur anzudeuten scheint, daß das ganze Land, in einem viel frühern Zeitraume, schon mehrere vulkanische Revolutionen erlitten hatte. Im Monat Juny 1759. hörte man ein unterirrdisches Getöse. Ein furchtbares Brausen, dem Toben des Meeres ähnlich, war mit häufigen Erderschütterungen begleitet. Diese Erscheinungen traten nach Verlaufe von 50 — 60 Tagen wieder ein. Vom Anfange des September-Monats an, schien indessen alles auf eine vollkommene Ruhe hinzudeuten, als auf einmal in der Nacht vom 28. bis auf den 29. September das unterirrdische Geräusche von neuem und mit erhöhter Gewalt begann. Eine Strecke von 3 — 4 Quadratmeilen, unter dem Namen Malpaye bekannt, erhob sich blasenförmig. Das Unterbrochene der Schichten macht noch bis auf den heutigen Tag die Grenze jenes Phaenomens kenntlich. An den äussersten Punkten liegt Malpaye nur 12 Meter über dem vormaligen Niveau der Ebene, las Playas de Jorullo genannt: aber die Konvexität des Terrains nimmt verhältnißmäßig bis zum Mittelpunkte so sehr zu, daß man hier etwa 160 Meter Höhe rechnen kann. Augenzeugen, die das gräßliche Schauspiel vom Gipfel des Berges Aguasarco während der ganzen Dauer der großen Katastrophe übersehen konnten, versichern, man habe auf einer Fläche von mehr als einer halben Quadratmeile überall Flammen hervorbrechen sehen; weiß glühende Bruchstücke des Gesteines wurden bis zu einer ungeheuren Höhe emporgeworfen und mitten durch eine dicke Aschenwolke ähnlich dem stürmischen Meere, sah man, durch die Helle, welche das vulkanische Feuer verbreitete, die erweichte Erdrinde sich gleichsam blähen. Jezt stürzte sich die Cuitimba und der San-Pedro in Flammenschlünde hinab. Durch die Zersezzung des Wassers wurde die Gluth vermehrt: man konnte das Feuer bei der Stadt Pascuoro, auf einem sehr breiten Plateau und 1400 Meter höher als die Ebene an las Playas gelegen, deutlich wahrnehmen. Schlammige Auswürfe, zumal von Thonlagen, welche die in konzentrischen Lagern vorhandene Basaltkugeln umgeben, scheinen auf die höhere Wichtigkeit der Rolle hinzudeuten, welche die unterirrdischen Wasser bei dieser ausserordentlichen Natur-Begebenheit gespielt haben. Tausende von kleinen Basaltkegel, nur 2 — 3 Meter hoch, von den Indianern Oefen (Hornites) genannt, stiegen aus dem entflammenden Gewölbe des Malpaye hervor. Ungeachtet seit 15 Jahren, nach dem Zeugnisse der Eingebohrnen, die Hizze der Feueröfen sich bedeutend vermindert hatte, so fand Humbold dennoch bei seiner Anwesenheit, daß das Thermometer, wenn man es in die Oeffnungen hielt, aus welchen wässerige Dünste sich entwickelten, bis zu 95° stieg. Jeder kleine Kegel ist ein kleiner Fumarole, aus welchem eine dicke Rauchwolke bis zu 10 und 15 Meter Höhe sich erhebt. In mehrern hört man ein unterirrdisches Getöse, welches die Nähe eines kochenden Fluidums andeutet. Mitten zwischen diesen Oefen, auf einer Spalte, die von N. N. nach S. S. O. zieht, sind sechs Erdhügel von ziemlicher Größe emporgestiegen. Sie messen 4 — 500 Meter über den alten Niveau der Ebene. Eine Wiederholung des Phänomens vom Monte Novo bei Neapel, welche zu mehreren Malen in einer Reihe vulkanischer Hügel sich darstellt. Der bedeutendste derselben, welcher lebhaft an ähnliche Erscheinungen in der Auvergne erinnert, ist der große Vulkan von Jorullo. Er war stets in Flammen und warf, nach der Nordseite hin, eine unermeßliche Menge von verschlackten und basaltischen Laven aus, welche Bruchstücke uranfänglicher Gesteine umschließen. Die heftigen Ausbrüche dieses Zentral-Vulkans dauerten fort bis zum Monat Februar 1760. In den folgenden Jahren wurden sie nach und nach seltener. Die Häuser von Queretoro, eine Entfernung von mehr als 48 Meilen in gerader Richtung vom Eruptions-Punkte, waren mit Asche bedeckt. Ungeachtet zur Zeit als H. die Gegend untersuchte , das unterirrdische Feuer nicht sehr wirksam schien, und Malpaye sowohl als der große Vulkan mit Vegetation bedeckt zu werden anfingen, so war doch die umgebende Luft durch die Thätigkeit der kleinen Oefen (Hornites) so sehr erhizt, daß das Thermometer, entfernt vom Boden und im Schatten, bis zu 43° stieg. Auf dem Grund des Kraters fand man die Luft = 47°, an andern Punkten 58° — 60°. Auf dem Wege dahin muß man mehrere Höhlungen überschreiten, die schwefelichte Dünste aushauchen, und in welchen das Thermometer bis zu 85° stieg. Die Quellen der Cuitimba und des San Pedro haben sich in der Nacht vom 29. September 1759. verloren, aber mehr westlich, in 2000 Meter Entfernung, in dem emporgetriebenen Landstriche, sieht man heutiges Tages zwei Flüsse, für welche man die Namen Cuitimba und San Pedro beibehalten hat und die gleich warmen Quellen, das Thermometer bis zu 52° in die Höhe treiben. Die Lage des neuen Vulkans von Jorullo bietet Stoff zu einer ungemein lehrreichen geologischen Beobachtung dar. Man weiß nämlich, daß eine Parallele von großen Erhöhungen besteht, oder vielmehr eine enge Zone zwischen 18° 59′ u. 19° 12′ Breite, in welcher alle Gipfel des Anahuac befindlich sind, welche über die Region des ewigen Schnees hinausreichen. Diese Gipfel gehören entweder Vulkanen an, welche in der neuesten Zeit noch thätig sind, oder Bergen, deren Form, so wie die Natur ihrer Gebirgsarten es überaus wahrscheinlich machen, daß sie vordem ein unterirrdisches Feuer beherbergt haben.“