Der Orinoco. Sein Ursprung, sein Lauf, die sonderbare Vegetation und die eigenthümlichen Thiere, die wundervollen Cataracten und Wasserfälle derselben, die auffallenden Menschenracen und die Spuren untergegangener Völkerstämme an seinen Ufern. (Nach Alexander von Humboldts Werken über Amerika). Der Nahme Orinoco, den die ersten Entdecker dem Fluße gegeben, und der wahrscheinlich einer Sprachverwirrung seinen Ursprung verdankt, ist tief im Innern des Landes unbekannt. Denn im Zustande thierischer Rohheit bezeichnen die Völker nur solche Gegenstände mit eigenen Nahmen, welche mit andern verwechselt werden können. Der Orinoco, der Amazonen- und Magdalenen- Strom werden schlechthin der Fluß, allenfalls der große Fluß, das große Wasser genannt, während die Uferbewohner die kleinsten Bäche durch besondere Nahmen unterscheiden. Die Strömung, welche der Orinoco zwischen dem südamerikanischen Continent und der asphaltreichen Insel Trinidad erregte, ist so mächtig, daß Schiffe, die bey frischem Westwinde mit ausgespannten Segeln dagegen anstreben, sie kaum zu überwinden vermögen. Diese öde und gefürchtete Gegend wird die Trauerbucht (Golfo triste) genannt. Den Eingang bildet der Drachenschlund (bocca del Drago). Hier erheben sich einzelne Klippen Thurmähnlich zwischen der tobenden Fluth. Sie bezeichnen gleichsam den alten Felsdamm, der, von der Strömung durchbrochen, die Infel Trinidad mit der Küste Paria vereinigte. Der Anblick dieser Gegend überzeugte zuerst den kühnen Weltentdecker Colon von der Existenz eines amerikanischen Continents. "Eine so ungeheure Maße süßen Wassers" (schloß der "Natur kundige" Mann.) "könnte sich nur bey großer Länge des Stroms sammeln. Das Land welches diese Wasser liefern, müsse ein Continent und keine Insel seyn." Wie die Gefährten Alexanders, über den schneebedeckten Paropamisus vordringend, in dem krokodillreichen Indus einen Theil des Nils zu erkennen glaubten; so wähnte Colon, der physiognomischen Ähnlichkeit aller Erzeugnisse des Palmenklima's unkundig, das jener neue Continent die östliche Küste des weit vorgestreckten Asiens sey. Milde Kühle der Abendluft, ätherische Reinheit des gestirnten Firmamentes, Balsamduft der Blüthen welchen der Landwind zuführte, alles ließ ihn ahnden, daß er sich hier dem Garten von Eden, dem heiligen Wohnsitz des ersten Menschengeschlechtes, genähert habe. Der Orinoco schien ihm einer von den vier Strömen, die nach der ehrwürdigen Sage der Vorwelt von dem Paradiese herabkommen, um die mit Pflanzen neugeschmückte Erde zu wässern und zu theilen. Diese poetische Stelle aus Colons Reisebericht hat ein eigenthümliches psychisches Interesse. Sie lehret aufs neue, daß die schaffende Phantasie des Dichters sich im Weltentdecker, wie in jeder Größe menschlicher Charaktere, ausspricht. Wenn man die Wassermenge betrachtet, die der Orinoco dem atlantischen Ocean zuführt, so entsteht die Frage, welcher der südamerikanische Flüsse, ob der Orinoco, der Amazonen oder la Platastrom der größere sey. Die Frage ist unbestimmt, wie der Begriff von Größe selbst. Aber dieser Fluß ist, wie die englischen Flüße, verhältnißmässig von einer geringeren Länge. Seine unbeträchtliche Tiefe wird schon bey der Stadt Buenos- Ayres der Schiffahrt hinderlich. Der Amazonenstrom ist der längste aller Flüsse. Von seinem Ursprung im See Cauricocha bis zu seinem Ausfluß beträgt sein Lauf 720 geographische Meilen. Dagegen ist seine Breite in der Provinz Jaen de Bracamoros bey der Katarrakte von Rentama, wo ich ihn unterhalb des pittoresken Gebirges Patachum maß, kaum der Breite unsers Rheins bey Mainz gleich. Der Orinoco erscheint bey seiner Mündung schmaler, als der La Plata und Amazonenstrom. Aber tief im Innern der Guayana, 140 Meilen von der Mündung entfernt, fand ich bey hohem Wasser den Fluß noch über 16,200 Fuß breit. Sein periodisches Anschwellen erhebt den Wasserspiegel jährlich 48 bis 52 Fuß hoch über den Punkt des niedrigsten Standes. Zu einer genauen Vergleichung der ungeheuren Ströme, welche den südamerikanischen Continent durchschneiden, fehlt es bisher an hinlänglichen Materialien. Um dieselbe anzustellen, müßte man das Profil des Strombettes, und seine, in jedem Theile so verschiedene Geschwindigkeit kennen. Zeigt der Orinoco in dem Delta, welches seine vielfach getheilten, unerforschten Arme einschließen, zeigt er in der Regelmäßigkeit seines Anschwellens und Sinkens, in der Menge und Größe seiner Krokodile, mannigfaltige Ähnlichkeit mit dem, von der Natur nach einem kleineren Maßstabe gebildeten Nyl, so sind beyde sich auch darinn einander analog, daß sie lange als brausende Waldströme zwischen Granit -- und Syenitgebirgen sich durchwinden, bis sie, von baumlosen Ufern begränzt, langsam fast auf söliger Fläche, hinfließen. Von dem berufenen Bergsee der Abyssinischen Alpen, in Gogam, bis Syene und Elephantina hin, dringt der Nyl durch die Gebirge von Schangalla und Semar. Eben so entspringt der Orinoco an dem südlichen Abfalle der Bergkette, die sich unter dem 4ten und 5ten Grade nördlicher Breite, von der französischen Guyana aus, westlich gegen die Andes von Neugranada vorstreckt. Die Quellen des Orinoco sind von keinem Europäer, ja von keinem Eingebornen, der mit den Europäern in Verkehr getreten ist, besucht worden. Als wir im Sommer 1800 den Ober-Orinoco beschifften, gelangten wir bis zu den Mündungen des Sodomoni und Guapo. Hier ragt hoch über den Wolken der mächtige Gipfel des Duida hervor, ein Berg, dessen Anblick eine der größten Naturscenen der Tropenwelt darbiethet. Der südliche Abfall ist eine baumleere Grasflur. Dort erfüllen weit umher Ananasdüfte die feuchte Abendluft. Zwischen niedrigen Wiesenkräutern erheben sich die saftstrotzenden Stengel der Bromelien. Unter der blaugrünen Blätterkrone leuchtet fernhin die goldgelbe Frucht. Wo unter der Grasdecke die Bergwasser ausbrechen, da stehen einzelne Gruppen hoher Fächerpalmen. -- Ihr Laub wird in diesem heißen Erdstriche nie von kühlenden Luftströmen bewegt. Östlich vom Duida beginnt ein Dickicht von wilden Kakaostämmen, welche den berufenen Mandelbaum (Bertolletia excelsa), das Kraftvolleste Erzeugniß der Tropenwelt, umgeben. Hier sammeln die Indianer das Material zu ihren Blasröhren, kolossale Gras-Stengel, die von Knoten zu Knoten über 17 Fuß lange Glieder haben. Einige Franziskanermönche sind bis zur Mündung des Chiguire vorgedrungen, wo der Fluß bereits so schmal ist, daß die Eingebornen über denselben nahe am Wasserfall der Guahariben, aus rankenden Pflanzen eine Brücke geflochten haben. Die Guaicas, eine auffallend weiße, aber kleine Menschenrace, mit vergifteten Pfeilen bewaffnet, verwehrt das weitere Vordringen gegen Osten. Daher ist alles fabelhaft, was man von dem Ursprung des Orinoco aus einem See vorgegeben. Vergebens sucht man in der Natur die Lagune des Dorado welche noch Arrowsmith's neueste Karte als ein 20 Meilen langes innländisches Meer bezeichnet. Sollte der mit Schilf bedeckte kleine See, aus welchem der Piara (ein Zweig des Mao) entspringet, die Mythe veranlaßt haben? Dieser Sumpf liegt indeß 5 Grad westlicher als die Gegend, in welcher man die Orinoco- Quellen vermuthen darf. In ihm befindet sich die Insel Pumacena, vermuthlich ein Fels von Glimmerschiefer, dessen Glanz seit dem 16ten Jahrhundert in der Fabel des Dorado eine denkwürdige, für die betrogene, Menschheit oft verderbliche Rolle gespielet hat. Nach der Sage vieler Eingebornen sind die magellanischen Wolken des südlichen Himmels, ja die herrlichen Nebelflecken des Schiffes Argo, ein Wiederschein von dem metallischen Glanze jener Silberberge der Parime. Übrigens ist es eine uralte Sitte theoretisirender Geographen, alle beträchtlichen Flüsse der Welt aus Landseen entstehen zu lassen. Der Orinoko gehört zu den sonderbaren Strömen, die nach manigfaltigen Wendungen gegen Westen und Osten zuletzt dergestalt zurücklaufen, daß sich ihre Mündung fast in einem Meridian mit ihren Quellen befindet. Von Chiguire und Gehette bis zum Guaviare hin, ist der Lauf des Orinoco westlich, als wolle er seine Wässer dem stillen Meere zuführen. In dieser Strecke sendet er gegen Süden den, in Europa wenig bekannten Cassiquiare, einen merkwürdigen Arm aus, der sich mit dem Rio Negro, oder, (wie ihn die Eingebornen nennen) mit dem Guainia vereinigt; das einzige Beyspiel einer Verästelung zweyer großen Flüsse. Die Natur des Bodens und der Eintritt des Guaviare und Arabapo in den Orinoco, bestimmen den letztern, sich plötzlich gegen Norden zu wenden. Aus geographischer Unkunde hat man den Guaviare lange als den wahren Ursprung des Orinoco betrachtet. Die Zweifel, welche ein berühmter Geograph seit dem Jahre 1797 gegen die Möglichkeit einer Verbindung mit dem Amazonen-Strome erregte, sind, wie ich hoffe, durch meine Expeditionen, vollkommen wiederlegt worden. Bey einer ununterbrochenen Schiffahrt von 472 geographischen Meilen bin ich durch ein sonderbares Flußnetz, von Rio Negro durch den Cassiquiare in den Orinoco, durch das Innere des Continents, von der brasilianischen Gränze bis zur Küste von Caraccas gelangt. In diesem obern Theile des Flußgebiets zwischen dem 3ten und 4ten Grade nördlicher Breite hat die Natur die räthselhafte Erscheinung der sogenannten schwarzen Wasser mehrmahls wiederholt. Der Atabapo, dessen Ufer mit Carolineen und baumartigen Melastomen geschmückt ist, der Temi, Tuamini und Guainia, sind Flüsse von kaffeebrauner Farbe. Diese Farbe geht im Schatten der Palmgebüsche fast in Tintenschwärze über. In durchsichtigen Gefäßen ist das Wasser goldgelb. Mit wunderbarer Klarheit spiegelt sich in diesen schwarzen Strömen das Bild der südlichen Gestirne. Wo die Wasser sanft hinrieseln, da gewähren sie dem Astronomen, der mit Reflectionsinstrumenten beobachtet, den vortrefflichsten künstlichen Horizont. Mangel an Krokodillen, aber auch an Fischen, größere Kühlung, mindere Plage der stechenden Mosquitos und Salubrität der Luft, bezeichnen die Region der schwarzen Flüsse. Wahrscheinlich verdanken sie ihre sonderbare Farbe einer Auflösung von gekochtem Wasserstoff, der Üppigkeit der Tropenvegetation und der Kräuterfülle des Bodens, auf dem sie hinfließen. In der That habe ich bemerkt, daß am westlichen Abfall des Chimborazo, gegen die Küste des stillen Meeres hin, die ausgetretenen Wässer des Rio de Guajaquil allmählig eine goldgelbe, fast kaffeebraune Farbe annahmen, wenn sie wochenlang die Wiesen bedeckt hatten. Unfern der Mündung des Guaviare und Atabapo findet sich die edelste Form aller Palmengewächse, der Piriguao, dessen glatter 60 Fuß hoher Stamm mit schilfartig-zartem, an den Rändern gekräuseltem Laube geschmückt ist. Ich kenne keine Palme, welche gleich große und gleich schöngefärbte Früchte trägt. Diese Früchte sind Pfirsichen ähnlich, gelb mit Purpurröthe untermischt, Siebenzig bis achtzig derselben bilden ungeheure Trauben, deren jährlich jeder Stamm 3 zur Reife bringt. Man könnte dieses herrliche Gewächs die Pfirsichpalme nennen. Die fleischigen Früchte sind wegen der großen Üppigkeit der Vegetation meist saamenlos. Sie gewähren deßhalb den Eingebornen eine nahrhafte und mehlreiche Speise, die, wie Pisang und Kartoffeln, einer mannigfaltigen Zubereitung fähig ist. Bis hierher, oder bis zur Mündung des Guaviare (und Atabapo findet sich die edelste Form aller Palmengewächse, der Piriguao) läuft der Orinoco längs dem südlichen Abfall des Gebirges Parime hin. Von seinem linken Ufer bis weit jenseits des Aequators, bis gegen den 15ten Grad südlicher Breite, dehnt sich die unermeßliche, aber waldbedeckte Ebene des Amazonen-Stromes aus. Wo aber der Orinoco bey San Ferdinando de Atabapo sich plötzlich gegen Norden wendet, durchbricht er einen Theil der Gebirgskette selbst. Hier liegen die großen Wasserfälle von Atures und Maypures. Hier ist das Strombette überall durch kolossale Felsmaßen verengt, gleichsam in einzelne Wasserbehälter durch natürliche Dämme abgetheilt. Vor der Mündung des Meta steht in einem mächtigen Strudel eine isolirte Klippe, welche die Eingebornen sehr passend den Stein der Geduld nennen, weil er bey niedrigem Wasser den Aufwärtsschiffenden bisweilen einen Aufenthalt von 2 vollen Tagen kostet. Tief in das Land eindringend, bildet hier der Fluß mahllerische Felsbuchten. Der Indianer-Mission Carrichana gegenüber, wird der Reifende durch einen sonderbaren Anblick überraschet. Unwillkührlich haftet das Auge auf einem schroffen Granitfelsen, el Mogote de Cocuyza, ein Würfel, der 200 Fuß hoch senkrecht abgestürzt, auf seiner obern Fläche einen Wald von Laubholz trägt. Wie ein cyclopisches Monument von einfacher Größe, erhebt sich diese Felsmaße hoch über dem Gipfel der umherstehenden Palmen. In scharfen Umrißen schneidet sie sich gegen die tiefe Bläue des Himmels ab -- ein Wald über dem Walde. Schifft man in Carichana weiter abwärts; so gelangt man an den Punkt, wo der Strom sich einen Weg durch den engen Paß von Paraguau gebahnt hat. Hier erkennt man überall Spuren chaotischer Verwüstung. Nördlicher gegen Urana und Encamarada hin erheben sich Granitmaßen von groteskem Ansehen. In wunderbare Zacken getheilt, und von blendender Weiße leuchten sie hoch aus dem Gebüsche hervor. In dieser Gegend, von der Mündung des Apure an, verläßt der Strom die Granitkette. Gegen Osten gerichtet, scheidet er, bis zu dem atlandischem Ozean hin, die undurchdringlichen Wälder der Guayana von den Grasfluren, auf denen unabsehbar das ferne Himmelsgewölbe ruht. So umgibt der Orinoco von drey Seiten, gegen Süden, gegen Westen und gegen Norden, den hohen Gebirgsstock, welcher den weiten Raum zwischen den Quellen des Jav und Caura ausfüllt. Auch ist er Stromklippen und strudelfrey von Carichana bis zu seinem Ausfluß hin; den Höllenschlund (Bocca del infierno) bey Muitaco abgerechnet, einen Wirbel, der von Felsen verursachet wird, die aber nicht, wie zu Atures und Maypures, das ganze Strombette verdämmen. In dieser meernahen Gegend kennen die Schiffenden keine andere, als die Gefahr der natürlichen Flöße, gegen welche bey Nacht die Kanoes oftmahls scheitern. Diese Flöße bestehen aus Waldbäumen, die durch den wachsenden Strom am Ufer entwurzelt und fortgerissen werden. Mit blühenden Wasserpflanzen wiesenartig bedeckt, erinnern sie an die schwimmenden Gärten der mexikanischen Seen. Nach diesem schnellen Überblick des Laufs des Orinoco und seiner allgemeinsten Verhältniße gehe ich zur Beschreibung der Wasserfälle von Maypures und Atures über. Von dem hohen Gebirgsstock Cunavami aus, zwischen den Quellen der Flüsse Sipapo und Ventuari, schiebt sich ein Granitrücken weit gegen Westen, nach dem Gebirge Uniama vor. Von diesem Rücken fließen 4 Bäche herab, welche die Katarakte von Maypures gleichsam begränzen, an dem östlichen Ufer des Orinoco der Sipapo und Sanariapo, an dem westlichen Ufer der Cameji und der Toparo. Wo das Dorf Maypures liegt, bilden die Berge einen weiten, gegen Südwesten geöffneten Busen. Der Strom fließt jetzt schäumend an dem östlichen Berggehänge hin. Aber fern in Westen erkennt man das alte verlaßene Ufer. Eine weite Grasflur dehnt sich zwischen beyden Hügelketten aus. In dieser haben die Jesuiten eine kleine Kirche von Palmenstämmen gebauet. Die Ebene ist kaum 30 Fuß über den obern Wasserspiegel des Flußes erhaben. Der geognostische Anblick dieser Gegend, die Inselform der Felsen Keri und Oco, die Höhlungen, welche die Fluth in dem erstern dieser Hügel ausgewaschen, und welche mit den Löchern in der gegenüberliegenden Insel Uivitari genau in gleicher Höhe liegen, -- alle diese Erscheinungen beweisen, daß der Orinoco einst diese ganze, jetzt trockene Bucht ausfüllte. Wahrscheinlich bildeten die Wasser einen weiten See, so lange der nördliche Damm Wiederstand leistete. Als der Durchbruch erfolgte, trat zuerst die Grasflur welche Guareken-Indianer bewohnen, als Insel hervor. Villeicht umgab der Fluß noch lange die Felsen Keri und Oco, die, wie Bergschlösser aus dem alten Strombette hervorragend, einen mahlerischen Anblick gewähren. Bey der allmähligen Wasserverminderung zogen die Wasser sich ganz an die östliche Bergkette zurück. Diese Vermuthung wird durch mehrere Umstände bestätigt. Der Orinoco hat nähmlich, wie der Nil bey Philä und Syene, die merkwürdige Eigenschaft, die röthlich weißen Granitmaßen, die er Jahrtausende lang benetzt, schwarz zu färben. So weit die Wasser reichen, bemerkt man am Felsufer einen bleyfarbenen, kohlenstoffhaltigen Überzug, der kaum eine zehntel Linie tief in das Innere des Gesteins eindringt, diese Schwärzung und die Höhlungen deren wir oben erwähnten, bezeichnen den alten Wasserstand des Orinoco. Im Felsen Keri, in den Inseln der Katarakten, in der Hügelkette Cumadaminari, die oberhalb der Insel Toma fortläuft, an der Mündung des Jao endlich, sieht man jene schwarzen Höhlungen 150 bis 180 Fuß über den heutigen Wasserspiegel erhaben. Ihre Existenz lehrt (was übrigens auch in Europa in allen Flußbetten zu bemerken ist) daß die Ströme, deren Größe noch jetzt unsere Bewunderung erregt, nur schwache Überreste von der ungeheuren Wassermenge der Vorzeit sind. Selbst den rohen Eingebornen der Guayana sind diese einfachen Bemerkungen nicht entgangen. Überall machten uns die Indianer auf die Spuren des alten Wasserstandes aufmerksam. Ja in einer Grasflur bey Uruana liegt ein isolirter Granitfels, in welchen, (laut der Erzählung glaubwürdiger Männer) in 80 Fuß Höhe, Bilder der Sonne, des Mondes und mannigfaltiger Thiere, besonders Bilder von Krokodillen und Boaschlangen, fast reihenweise eingegraben sind. Ohne Gerüste kann gegenwärtig niemand an jener senkrechten Wand hinaufsteigen, welche die aufmerksamste Untersuchung künftiger Reisenden verdient. In eben dieser wunderbaren Lage befinden sich die hieroglyphischen Steinzüge in den Gebirgen von Uruana und Encanaramada. Fragt man die Eingebornen, wie jene Züge eingegraben werden konnten, so antworten sie: es sey zur Zeit der hohen Wässer geschehen, weil ihre Väter damahls in dieser Höhe schifften. Ein solcher Wasserstand war also neuer, als die rohen Denkmähler menschlichen Kunstfleißes. Er deutet auf einen Zustand der Erde, welcher mit demjenigen nicht verwechselt werden muß, in dem der erste Pflanzenschmuck unseres Planeten, in dem die riesenmäßigen Körper ausgestorbener Landthiere und die pelagischen Geschöpfe einer chaotischen Vorwelt, in der erhärtenden Erdrinde ihr Grab fanden. Der nördlichste Ausgang der Katarakten ist durch die natürlichen Bilder der Sonne und des Mondes bekannt. Der Felsen Keri, dessen ich mehrmahls erwähnt, hat nähmlich seine Benennung von einem fernleuchtenden weißen Flecken, in welchem die Indianer eine auffallende Ähnlichkeit mit der vollen Mondsscheibe zu erkennen glauben. Ich habe selbst nicht diese steile Felsenwand erklimmen können, aber wahrscheinlich ist der weiße Flecken ein mächtiger Quarzknoten, den zusammenscharende Gänge in dem graulich schwarzen Granite bilden. Dem Keri gegenüber, auf dem basaltähnlichen Zwillingsberge der Insel Ouivitari, zeigen die Indianer mit geheimnißvoller Bewunderung eine ähnliche Scheibe, die sie als das Bild der Sonne, Camosi, verehren. Vielleicht hat die geographische Lage beyder Felsen mit zu dieser Benennung beygetragen, denn in der That fand ich Keri gegen Abend und Camosi gegen Morgen gerichtet. Sprachforscher werden in dem amerikanischen Worte Camosi die Ähnlichkeit mit Camosh dem Sonnennahmen in einem der phönizischen Dialekte, erkennen. Die Katarakten von Maypures bestehen nicht, wie der 140 Fuß hohe Fall des Niagara, in dem ehemahligen Herabstürzen einer großen Wassermasse. Sie sind auch nicht Flußengen, Pässe, durch welche sich der Strom mit beschleunigter Geschwindigkeit durchdrängt, wie der Pongo von Manseriche im Amazonenfluße. Sie erscheinen als eine zahllose Menge kleiner Kaskaden, die wie Staffeln auf einander folgen. Der Raudal, so nennen die Spanier diese Art von Katarakten, wird durch einen Archipelagus von Inseln und Klippen gebildet, welche das 8000 Fuß weite Flußbette dermaßen verengen, daß oft kaum ein 20 Fuß breites freyes Fahrwasser übrig bleibt. Die östliche Seite ist gegenwärtig weit unzugänglicher und gefahrvoller als die westliche. An dem Ausfluß des Cameji ladet man die Güter aus, um das leere Kanoe, oder, wie man hier sagt, die Piragua, durch die des Raudals kundigen Indianer bis zur Mündung des Toparo zu führen wo man die Gefahr für überwunden hält. Sind die einzelnen Klippen oder Staffeln (jede derselben wird mit einem eigenem Nahmen bezeichnet) nicht über 2 bis 3 Fuß hoch, so wagen es die Eingebornen, sich mit dem Kanoe herabzulassen. Geht aber diese Fahrt stromaufwärts, so schwimmen sie voran, schlingen nach vieler vergeblicher Anstrengung ein Seil um die Felsspitzen, welche aus dem Strudel hervorragen, und ziehen, mittels dieses Seils, das Fahrzeug aufwärts. Bey dieser mühevollen Arbeit wird das letztere oft gänzlich mit Wasser gefüllt oder umgestürzt. Bisweilen, und diesen Fall allein besorgen die Eingebornen, zerschellt das Kanoe auf der Klippe. Mit blutigem Körper suchen sich dann die Lootsen dem Strudel zu entwinden, und schwimmend das Ufer zu erreichen. Wo die Staffeln sehr hoch sind, wo der Felsdamm das ganze Bette durchsetzt, wird der leichte Kahn ans Land gebracht, und am nahen Ufer auf untergelegten Baumzweigen, wie auf Walzen, eine Strecke fortgezogen. Die beruffensten und schwierigsten Staffeln sind Purimarimi und Manimi. Sie haben 9 Fuß Höhe. Mit Erstaunen habe ich durch Barometermeßungen gefunden (ein geodetisches Nivellement ist wegen der Unzugänglichkeit des Lokals und bey der verpesteten mit zahllosen Mosquitos gefüllten Luft, nicht auszuführen), daß das ganze Gefälle des Raudals von der Mündung des Cameji als zu der des Toparo, kaum 28 bis 30 Fuß beträgt. Ich sage mit Erstaunen; denn man erkennt daraus, daß das fürchterliche Getöse und das wilde Aufschäumen des Flußes Folge der Verengung des Bettes durch zahllose Klippen und Inseln, Folge des Gegenstromes ist, dem die Form und Lage der Felsmassen erregt. Von der Wahrheit dieser Behauptung, von der geringen Höhe des ganzen Gefälles, überzeugt man sich am besten, wenn man aus dem Dorfe Maypures über den Felsen Manimi zum Flußbette herabsteigt. Hier ist der Punkt, wo man eines wundervollen Anblicks genießt. Eine meilenlange schäumende Fläche bietet sich auf einmahl dem Auge dar. Eisenschwarze Felsmassen ragen burgartig aus derselben hervor. Jede Insel, jeder Stein ist mit üppiganstrebenden Waldbäumen geschmückt. Dichter Nebel schwebt ewig über dem Wasserspiegel. Durch die dampfende Schaumwolke dringt der Gipfel der hohen Palmen. Wenn sich im feuchten Dufte der Strahl der glühenden Abendsonne bricht, so beginnt ein optischer Zauber. Farbige Bögen verschwinden und kehren wieder. Ein Spiel der Lüfte, schwankt das ätherische Bild. Umher auf den nackten Felsen, haben die rieselnden Wasser in der langen Regenzeit Inseln von Dammerde zusammengehäuft. Mit Droseren, mit silberblättrigen Mimosen und mannigfaltigen Kräutern geschmückt, bilden sie die Blumenbeete mitten auf dem öden Gestein. Sie rufen bey dem Europäer das Andenken an jene Pflanzengruppen zurück, welche die Alpenbewohner Courtils nennen; Granitblöcke mit Blüthen bedeckt, die einsam aus den savoyischen Glätschern hervorragen. In blauer Ferne ruht das Auge auf der Gebirgskette Cunavami, einem langgedehnten Bergrücken, der prallig in einem abgestumpften Kegel sich endigt. Den letztern (Calitamini ist sein indischer Nahme) sahen wir bey untergehender Sonne, wie in röthlichem Feuer glühen. Diese Erscheinung kehrt täglich wieder. Niemand ist je in der Nähe dieser Berge gewesen. Vielleicht rührt der Glanz von einer spiegelnden Ablösung des Talk oder Glimmersschiefer her. Während der 5 Tage, welche wir in der Nähe der Katarakten zubrachten, war es uns auffallend, wie man das Getöse des tobenden Stromes dreymahl stärker bey Nacht, als bey Tage vernimmt. Bey allen europäischen Wasserfällen bemerkt man die nähmliche Erscheinung. -- Was kann die Ursache derselben in einer Einöde seyn, wo nichts die Ruhe der Natur unterbricht? wahrscheinlich der Strom aufsteigender warmer Luft, welcher der Fortpflanzung des Schalles hinderlich ist, und welcher nach der nächtlichen Erkältung der Erdrinde aufhört. Die Indianer zeigten uns Spuren von Wagengeleisen. Sie reden mit Bewunderung von den gehörnten Thieren, Ochsen, die zur Zeit, als hier die Jesuiten ihr Bekehrungsgeschäft trieben, die Kanoes auf Wagen auf den linken Orinoco- Ufer von der Mündung des Cameji zu der des Toparo zogen. Die Fahrzeuge blieben damahls beladen, und wurden nicht wie jetzt durch das beständige Stranden und Hinschieben auf den rauhen Klippen abgenutzt. Der Situationsplan, welchen ich von der umliegenden Gegend entworfen habe, zeigt, daß selbst ein Kanal von Kameji zum Toparo eröfnet werden kann. Das Thal, in welchem jene wasserreichen Bäche fließen, ist sanft verflächt. Der Kanal, dessen Ausführung ich den Generalgouverneur von Venezuela im Sommer 1800 vorgeschlagen, würde, als ein schiffbarer Seitenarm des Flußes, das alte gefahrvolle Strombette entbehrlich machen. Der Raudal von Atures ist ganz den von Maypures ähnlich; wie dieser eine Inselwelt, zwischen welcher der Strom sich in einer Länge von 3 -- 4000 Toisen durchdrängt; ein Palmen-Gebüsch, mitten aus dem schäumenden Wasserspiegel hervortretend. Die beruffensten Staffeln der Katarakte liegen zwischen Suripamana und Ürapuri. Als wir, Herr Bonpland und ich, von den Ufern des Rio Negro zurückkehrten, wagten wir es, die letzte oder untere Hälfte des Raudals vor Atures mit dem beladenen Kanoe zu passiren. Wir stiegen mehrmahls auf den Klippen aus, die, als Dämme, Insel mit Insel verbinden. Bald stürzen die Wasser über diese Dämme weg, bald fallen sie mit dumpfen Getöse in das Innere derselben. Daher sind oft ganze Strecken des Flußbettes trocken, weil der Strom sich durch unterirdische Kanäle einen Weg bahnt. Hier nisten die goldgelben Klippenhühner (Pipra rupicola) einer der schönsten Vögel der Tropenwelt, mit doppelter beweglicher Federkrone, streitbar wie der ostindische Haushahn. Im Raudal von Canucari bilden aufgethürmte Granitkugeln den Felsdamm. Wir krochen dort in das Innere einer Höhle, deren feuchte Wände mit Conserven und leuchtendem Bissus bedeckt waren. Mit fürchterlichem Getöse rauschte der Fluß hoch über uns weg. Wir fanden zufällig Gelegenheit, diese große Naturscene länger, als wir wünschten, zu genießen. Die Indianer hatten uns nähmlich mitten in der Katarakte verlassen. Das Kanoe sollte eine schmale Insel umschiffen, um uns, nach einem langen Umwege, an der untern Spitze derselben wiederum aufzunehmen. Anderthalb Stunden lang harrten wir, bey fürchterlichen Gewitterregen. Die Nacht brach ein; wir suchten vergebens Schutz zwischen den klüftigen Granitmassen. Die kleinen Affen, welche wir Monate lang in geflochtenen Käfigen mit uns führten, lockten durch ihr klagendes Geschrey Krokodille herbey, deren Größe und bleygraue Farbe ein hohes Alter andeuteten. Ich würde dieser, im Orinoco so gewöhnlichen Erscheinung nicht erwähnen, hätten uns nicht die Indianer versichert, kein Krokodill sey je in den Katarakten gesehen worden. Ja im Vertrauen auf ihre Behauptung hatten wir es mehrmahls gewagt, uns in diesem Theile des Flußes zu baden. Indessen nahm die Besorgniß, daß wir durchnäßt und von dem Donner des Wassersturzes betäubt, die lange Tropennacht mitten im Raudal durchwachen müßten, mit jedem Augenblicke zu, bis die Indianer mit unserm Kanoe erschienen. Sie hatten die Staffel, auf der sie sich herablassen wollten, bey allzuniedrigem Wasserstande unzugänglich gefunden. Die Lootsen waren genöthiget gewesen, in dem Labyrinth von Kanälen ein zugänglicheres Fahrwasser zu suchen. Am südlichen Eingange des Raudals von Atures, am rechten Ufer des Flußes, liegt die, unter den Indianern weit berufene Höhle von Ataruipe. Die Gegend umher hat einen großen und ernsten Naturcharakter, der sie gleichsam zu einem Nationalbegräbnisse eignet. Man erklimmt mühsam, selbst nicht ohne Gefahr herabzurollen, eine steile, völlig nackte Granitwand. Es würde kaum möglich seyn, auf der glatten Fläche festen Fuß zu fassen, träten nicht große Feldspathkrystalle, der Verwitterung trotzend, zolllang aus dem Gesteine hervor. Kaum ist die Kuppel erreicht, so wird man durch eine weite Aussicht über die umliegende Gegend überrascht. Aus dem schäumenden Flußbette erheben sich mit Wald geschmückte Hügel. Jenseits des Stromes, über das westliche Ufer hinweg, ruht der Blick auf der unermeßlichen Grasflur des Meta. Am Horizont erscheint, wie drohend aufziehendes Gewölk, das Gebirge Uniama. So die ferne; aber nahe umher ist alles öde und eng. Im tiefgefurchten Thale schweben einsam der Geyer und die krächzende Caprimulge. An der nackten Felswand schleicht ihr schwindender Schatten hin. Dieser Kessel ist von Bergen begränzt, deren abgerundete Gipfel ungeheure Granitkugeln tragen. Der Durchmesser dieser Kugeln beträgt 40 bis 50 Fuß. Sie scheinen die Unterlage nur in einem einzigen Punkte zu berühren, eben, als müßten sie, bey dem schwächsten Erdstoße, herabrollen. Der hintere Theil des Felsthales ist mit dichtem Laubholze bedecket. An diesem schattigen Orte öffnet sich die Höhle von Ataruipe; eigentlich nicht Höhle, sondern ein Gewölbe, eine weit überhängende Klippe, eine Bucht, welche die Wasser, als sie einst diese Höhe erreichten, ausgewaschen haben. Die Höhle selbst ist die Gruft eines vertilgten Völkerstammes. Wir zählten ungefähr 600 wohlerhaltene Skelette, in eben so vielen Körben, welche von den Stielen des Palmenlaubes geflochten sind. Diese Körbe, die die Indianer Mapires nennen, bilden eine Art viereckiger Säcke, die nach dem Alter des Verstorbenen von verschiedener Größe sind. Selbst neugeborne Kinder haben ihre eigene Mapire. Ihre Skelette sind so vollständig, daß keine Rippe, keine Phalange fehlt. Die Knochen sind auf dreyerley Weise zubereitet, theils gebleichet, theils mit Onotto, dem Pigment der Bixaorellana, rothgefärbt, theils mumienartig zwischen wohlriechendem Harze in Pisangblätter eingeknetet. Die Indianer versichern, man grabe den frischen Leichnam auf einige Monate in feuchte Erde, welche das Muskelfleisch allmählig verzehre; dann scharre man ihn aus, und schabe mit scharfen Steinen den Rest des Fleisches von den Knochen ab. Dieß sey noch der Gebrauch mancher Horden der Guayana. Neben den Mapires oder Körben findet man auch Urnen vom halbgebrannten Thone, welche die Knochen von ganzen Familien zu enthalten scheinen. Die größern dieser Urnen sind 3 Fuß hoch und 51/2 Fuß lang, von angenehmer ovaler Form, grünlich, mit Henkeln, in Gestalt von Krokodillen und Schlangen, an dem obern Rande mit Meandern und Labyrinthen geschmücket. Diese Verzierungen sind ganz denen ähnlich, welche die Wände des mexikanischen Pallastes bey Mitla bedecken. Man findet sie unter allen Zonen auf den verschiedensten Stufen menschlicher Kultur; unter Griechen und Römern, am sogenannten Tempel des Deus rediculus bey Rom, wie auf den Schildern der Otaheiter; überall, wo rhythmische Wiederholung regelmässiger Formen dem Auge schmeichelte. Die Ursachen dieser Ähnlichkeiten beruhen, wie ich an einem andern Orte entwickelt habe, mehr auf physischen Gründen, auf der innern Natur unserer Geistesanlagen, als sie Gleichheit der Abstammung und altes Verkehr der Völker beweisen. Unsere Dollmetscher konnten keine sichere Auskunft über das Alter dieser Gefäße geben. Die mehrsten Skelette schienen indeß nicht über 100 Jahr alt zu seyn. Es geht die Sage unter den Guarecken-Indianern, die tapferen Aturen haben sich, von menschenfressenden Kariben bedrängt, auf die Klippen der Katarakten gerettet; ein trauriger Wohnsitz, in welchem der bedrängte Völkerstamm, und mit ihm seine Sprache unterging. In dem unzugänglichsten Theile des Raudals befinden sich ähnliche Grüfte; ja es ist wahrscheinlich, daß die letzte Familie der Aturer erst spät ausgestorben sey. Denn in Maypures (ein sonderbares Factum) lebt noch ein alter Papagey, von dem die Eingebornen behaupten, daß man ihn darum nicht verstehe, weil er die Sprache der Aturer rede. Wir verließen die Höhle bey einbrechender Nacht, nachdem wir mehrere Schädel und das vollständige Skelett eines bejahrten Mannes, zum größten Ärgerniß unserer indianischen Führer, gesammelt hatten. Einer dieser Schädel ist von Herrn Blumenbach in seinem vortrefflichen kraniologischen Werke abgebildet worden. Das Skelett aber ist, wie ein großer Theil unserer Sammlungen, in einem Schiffbruch untergegangen, der an der afrikanischen Küste unserm Freunde und ehemahligen Reisegefährten, dem jungen Franziskanermönch, Juan Gunzalez, das Leben kostete. Wie im Vorgefühl dieses schmerzhaften Verlustes, in ernster Stimmung entfernten wir uns von der Gruft eines untergegangenen Völkerstammes. Es war eine der heitern und kühlen Nächte, die unter den Wendekreisen so gewöhnlich sind. Mit farbigen Ringen umgeben, stand die Mondscheibe hoch im Zenith. Sie erleuchtete den Saum des Nebels, der in scharfen Umrissen, wolkenartig, den schäumenden Fluß bedeckte. Zahllose Insekten goßen ihr röthliches Phosphorlicht über die graubedeckte Erde. Von lebendigem Feuer glühte der Boden, als habe die sternvolle Himmelsdecke sich auf die Grasflur niedergesenkt. -- Rankende Bignonien, duftende Vanille, und gelbblühende Banisterien schmücken den Eingang der Höhle. Über dem Grabe rauschen die Gipfel der Palmen. So sterben dahin die Geschlechter der Menschen. Es verhallt die rühmliche Kunde der Völker. Doch wenn jede Blühte des Grabes welkt, wenn im Sturm der Zeiten die Werke schaffender Kunst zerstieben, so entsprißt ewig neues Leben aus dem Schooße der Erde. Rastlos entfaltet ihre Knospen die zeugende Natur -- unbekümmert, ob der frevelnde Mensch (ein nie versöhntes Geschlecht) die reifende Frucht zertritt. --