BEOBACHTUNGEN über das Gesetz der Wärmeabnahme in den höhern Regionen der Atmosphäre, und über die untern Gränzen des ewigen Schnees von Alexander von Humboldt. (Im AUSZUGE.) Herr von Humboldt eröffnete mit den Abhandlungen, welche er diesem wichtigen und noch viel zu wenig untersuchten Gegenstande gewidmet hat, seine gelehrte Thätigkeit als Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften, von der die Freunde der Naturlehre sich einen wohlthätigen Erfolg für das Studium und den Flor dieser und aller exacter Wissenschaften in unserm deutschen Vaterlande versprechen. Die Schriften der Akademie auf das gegenwärtige und das folgende Jahr werden, wenn sie endlich erscheinen, diese mit großer Sorgfalt angestellten und mit eben so viel Klarheit als Vollständigkeit durchgeführten Forschungen in ihrem ganzen Umfange enthalten. Dem Leser hier eine vorläufige Nachricht von denselben und Fragmente aus den Vorlesungen mittheilen zu können, die ihm eine ähnliche Belehrung, wie mir die Lectüre des Ganzen, verschaffen werden, schätze ich mich glücklich. In Wissenschaften, die so rasch vorwärts schreiten, als in den neuesten Zeiten alle Theile der Naturkunde, scheint das eigne Interesse eines gelehrten Vereins zu fordern, daß das, was jetzt neu und folgereich ist, nicht erst dann in das Publicum komme, wenn es den Reiz der Neuheit ganz verloren hat, und wenn andere schon der Ideen, oder wohl gar der ganzen Arbeit sich bemächtigt haben; daher selbst die Mitglieder des französischen Nationalinstituts, La Place nicht ausgenommen, allgemeiner interessante Untersuchungen im Felde der Physik durch ziemlich vollständige Auszüge vorläufig in das Publicum bringen. Eine in mehr als Einer Hinsicht löbliche Sitte, die mit der für manche Fächer zweckmäßigen Einrichtung der Akademieen, daß die für ihre Schriften bestimmten Untersuchungen nicht eher, als in diesen vollständig gedruckt werden sollen, meisten Theils ganz gut bestehen kann. In der Einleitung zu seinen Abhandlungen macht Herr von Humboldt darauf aufmerksam, wie wenig für die physikalische Erdbeschreibung, oder vielmehr für die Physik der Erde, (Physique du Monde,) bis jetzt im Ganzen von reisenden Naturforschern geschehen ist, weil sie sich alle fast ausschließlich mit den naturbeschreibenden Wissenschaften und mit dem Sammeln beschäftigt, und es vernachlässigt haben, "den großen und steten Naturgesetzen, die sich in dem raschen Wechsel der Erscheinungen zeigen, und dem Ineinanderwirken, gleichsam dem Kampfe der entzweiten Naturkräfte, nachzuspüren." "So leidenschaftlich", fügt er hinzu, "mich auch das Pflanzenstudium beschäftigte, so unbeschreiblich groß auch der Genuß ist, welchen mir der Anblick jener üppig aufstrebenden und dabei so kraftvollen Vegetation gewährte, so blieb doch mein Hauptaugenmerk auf diese Untersuchungen gerichtet. Intensität des Magnetismus, oder Stärke der Ladung des Erdkörpers in verschiedenen Zonen und Höhen, durch die Schwingungszahlen einer polarisirenden Nadel gemessen; stündliche Veränderungen des magnetischen Meridians; die allgemeinen meteorologischen Erscheinungen; jährliche, monatliche und stündliche mittlere Wärmeabnahme der Temperatur in den höhern Luftschichten, und Prüfung des Gesetzes, welches diese Abnahme befolgt; regelmäßige Ebbe und Fluth des Luftmeers, durch die stündlichen Barometerveränderungen angedeutet, und unter dem Aequator durch keine Witterungsveränderung in ihrem Gange gestört; chemische und hygroskopische Beschaffenheit der Atmosphäre; Einwirkung des Sonnenstandes und der Berghöhen auf die electrische Ladung der Luft;" -- diese und ähnliche allgemeine Naturerscheinungen habe ich zum Hauptgegenstande meiner Reisebeobachtungen gemacht. -- -- "Eine gründliche Bearbeitung dieser Gattung von Phänomenen, welche auf große Naturgesetze hinleiten, und über die ich mir schmeicheln darf neue Versuche und neue Messungen angestellt zu haben, ist in dem jetzigen Zeitpunkte vielleicht um so wünschenswerther, da die physikalischen Wissenschaften jetzt mehr als je zwischen den zwei Extremen, einer kleinlichen, oft geistlosen Behandlung des Einzelnen, und einer gar kühnen, aber willkührlichen und naturwidrigen Behandlung des Allgemeinen schwanken." Es ist aus der vorläufigen Anzeige der Werke, welche Herr von Humboldt über seine Reise heraus geben wird, bekannt, daß Herr Prony es übernommen hat, die barometrischen Höhenmessungen, welche dieser rastlose Beobachter in Amerika angestellt hat, über 500 an der Zahl, nach der Laplace'schen Formel, unter Zuziehung aller Correctionen aufs neue zu berechnen. Dieser berichtigten Höhenbestimmungen bediente sich Herr von Humboldt bei der folgenden Abhandlung noch nicht. Man ist daher berechtigt, kleine Unterschiede in den Höhen zu erwarten, wie er sie hier angiebt, und wie sie in dem Theile seiner Reise erscheinen werden, der die astronomischen und physikalischen Beobachtungen und Messungen enthalten wird. (Annalen, XX, 363.) In so fern mag man die in diesen Aufsätzen mitgetheilten Endresultate, ihrem Zahlwerthe nach, nur für vorläufige Resultate nehmen. Doch der Leser wird begierig seyn, Herrn von Humboldt selbst zu hören. Gilbert. Ich wähle zu dem Gegenstande meiner heutigen und der nächstfolgenden Vorlesungen, das Gesetz der Wärmeabnahme in der Atmosphäre, die untere Gränze des beständigen Schnees, und die Erscheinungen, welche unmittelbar mit dieser bald niedrigern bald höhern Schneegränze zusammen hängen. Wenn man von den Ufern der Südsee aus die hohe Andeskette hinauf steigt, wenn man z. B. von dem Krokodilreichen Rio de Guayaquil aus, sich gegen den Gipfel des Chimboraco erhebt, so findet man in einem engen Erdraume alle Klimate schichtenweise über einander gelagert. In einem Tage sieht man den Anblick der Natur sich rascher und auffallender verändern, als wenn man tausend geographische Meilen weit vom Aequator nordwärts bis gegen die Mündung des Sklaven- oder Mackenzieflusses reisete. Von der Fläche der Südsee an, bis zu 400 oder 500 Toisen Höhe, also bis zu einer Luftschicht, in welche die Gipfel des Vesuvs und unsers deutschen Brockens hinauf reichen, findet man Palmen und Pisanggewächse. Diese Region ist mit Theophrasten und Mussaenden, mit roth und gelb blühenden Plumerien, mit Cäsalpinien und breitlaubigen Helikonien geschmückt. Dieses ist das glühende Vaterland des Jaguars, der Affen und der bunt gefiederten Papageien. Weiter aufwärts, unter milderm Himmel, in angenehmer Kühlung, erscheinen die baumartigen Farrenkräuter, die tropischen Eichen und die Cinchonen, welche die wohlthätige Fieberrinde geben, und von denen zwei Arten, Cinchona lanceifolia und Cinchona cordifolia, (nach Zea identisch mit C. angustifolia und C. hirsuta, Florae Peruv.,) sich fast bis 1500 Toisen, oder bis zu Höhen erheben, die der des Libanons oder des Canigou in der Pyrenäenkette gleich sind. Auf die Region der Chinabäume folgt die der Escallonien und der Zimmt-Wintera. In kalten, ewigen Nebel gehüllt, breiten hier verkrüppelte und durch den Sauerstoff der Luft verkohlte Stämme schirmartig ihre sparrigen Zweige aus. Diese unfreundlichen Alpen zwischen 1600 und 2000 Toisen Höhe, zwischen der Höhe des Aetnagipfels und des Pics von Teneriffa, nennen die Spanier Paramos. Die zwergartigen Bäume aus der Myrtenfamilie hören endlich ganz auf; kräuterartige Alpenpflanzen mit zarter Wolle dicht bedeckt, reichen bis 2100 Toisen Höhe. Dann folgt die öde Grasflur, die in der Ferne gelblich leuchtet, und in welcher, am westlichen Abhange des Chimboraco, heerdenweise verwilderte Lamas, und einzeln der kleine kurzbeinige Berglöwe (Felis Puma) umher schwärmen. Wo die Gräser aufhören, bedecken kryptogamische Gewächse, besonders Isidien und Leprarien, den nackten Trapp-Porphyr. In einer Höhe endlich, welche die des Montblanc um einige Toisen übertrifft, beginnt der ewige Schnee. Dieser Berglöwe, den ich Felis Puma nennen möchte, verhält sich zum gewöhnlichen amerikanischen Löwen, zur großen aber ungemähnten Felis concolor, wie die Tigerkatzen Felis pardalis und tigrina zu dem großen prächtig gelb gefleckten Tiger der Guyana, und Brasiliens Felis onza. La Condamine fand die Spur dieses Berglöwen auf frisch gefallenem Schnee am Vulkan des Pichincha im Junius 1742. (Voyage a l'Equateur, p. 153.) Puma ist ein Wort der Quichua- oder altperuanischen Hofsprache. Pumayruna bedeutet: tapfer wie ein Löwe seyn; pumaimanani: Muth wie ein Löwe fassen. Der kleine 18 Zoll hohe, braungelbe Berglöwe des Königreichs Quito ist nicht mit dem Puma des Hernandez , der wahren Felis discolor, zu verwechseln. v. Humb. So stellt der Abhang des Gebirges gleichsam die umgekehrte Scale eines botanischen Thermometers dar, und der Reisende, der in den vegetations- und wasserleeren Wüsten des peruanischen Küstenlandes nach Stillung seines Durstes und nach Kühlung lechzt, sieht 15000 Fuß über seinem Haupte, auf dem Gipfel der Andes, die große Schneedecke ausgebreitet, welche unter günstigen Refractionsverhältnissen über 50 Seemeilen weit in der Ebene sichtbar ist. Dieser Kontrast zwischen Pisanggewächsen und ewigem Schnee, dieser Anblick entgegen gesetzter Jahrszeiten, welche gleichzeitig und fast schichtenweise in einer Zone über einander liegen, ist unter dem Aequator um so auffallender, als, an keinen Wechsel der Temperatur gewöhnt, der Bewohner der Ebene dort das Wasser nie, selbst nicht im Hagel, zu einem festen Körper erstarrt sieht. Weiter gegen den Pol hin, in der so genannten gemäßigten Zone, macht das Phänomen der beständigen Schneegränze einen analogen, aber minder lebhaften Eindruck. In einem großen Theile des Jahrs ist hier die ganze Erdfläche, Berg und Thal, mit Schnee und Eis bedeckt. Mit wiederkehrender Milde des Frühlings scheint der Winter stufenweise aufwärts zu ziehen. Die Schneedecke erhebt sich nach und nach am Abhange der Bergkette, bis sie sich unveränderlich, am Ende des Sommers, auf einer gewissen Höhe erhält. Diese Höhe ist im mittlern Europa schon um mehr als ein Drittel niedriger als in den Tropenländern. In höhern Breitengraden naht sich die Schneegränze der Erdfläche selbst, und in den nördlichsten Gegenden bleibt sogar die Ebene das ganze Jahr hindurch immerfort mit Schnee und Eis bedeckt. Diese Erscheinung, dieses allmählige Niedersinken der untern Gränze des ewigen Schnees, welche wir hier im Großen geschildert haben, ist eine allgemeine und längst bekannte Thatsache. Sie ist Folge der Abnahme der Wärme in der obern Luftregion, und der flüchtigste Beobachter ist durch sie auf den Schluß geleitet worden, daß unter verschiedenen Breitengraden Berge von einerlei Höhe mit sehr ungleichen Theilen ihrer Gipfel in die beständige Schneezone reichen müssen. Bouguer ist unstreitig der Erste gewesen, der, in der Einleitung zu seinem Werke über die Figur der Erde, die verschiedenen Höhen der untern Schneegränze untersucht hat. Er bestimmt sie unter dem Aequator auf 2434 Toisen, unter dem 28sten Grade der Breite auf 2100 Toisen, und in Frankreich und Chili auf 1500 bis 1600 Toisen Höhe über dem Meere. Bloß die erste Zahl folgte aus Bouguer's eigner Messung; die zweite und dritte sind aus fremden Beobachtungen geschlossen, und um so unzuverlässiger, als diese Schlüsse sich auf Feuillee's Messung des Pics von Teneriffa gründen; eines Bergs, der nicht nur keinen ewigen Schnee hat, sondern auch um 200 bis 300 Toisen niedriger ist, als ihn der Pater Feuillee und Bouguer annehmen. Seit diesem letztern vortrefflichen Mathematiker scheint sich niemand mit der Schneegränze, weder zwischen den Wendekreisen, noch in der gemäßigten Zone südlicher als der 38ste Breitengrad, beschäftigt zu haben. Kirwan's oft nachgedruckte Tafel über die Höhe des ewigen Schnees in den verschiedenen Erdstrichen ist bloß nach meteorologischen Hypothesen und nach Bouguer's als wahr angenommenen Fundamentalzahlen berechnet worden. Nur in den mittlern Breiten von 43 und 46 Graden, in den Pyrenäen und Schweizer Alpen, hat man in neuern Zeiten genaue Bestimmungen über diese wichtige Naturerscheinung angestellt. Saussüre, Pictet, Pini und Ramond sind vorzüglich darauf aufmerksam gewesen, und alle klagen mit Recht, daß es an vervielfältigten Messungen über die Schneegränze unter andern Himmelsstrichen fehlt. Figure de la Terre, p. XLV, und vorzüglich p. XLIX und LIII. An estimat. of the temperat. of differ. latitudes. Lond. 1787. Deutsche Uebersetzung, S. 24. Ich habe bei meiner Reise nach den Tropenländern des neuen Welttheils Gelegenheit gehabt, die Höhe dieser Schneegränze unter solchen Breitengraden zu messen, unter welchen sie noch nie unmittelbar beobachtet worden war. Alle Berechnungen, welche die Mathematiker über die Krümmung der Schneelinie anstellen könnten, würden vergeblich seyn, wenn nicht mehrere und genauer bestimmte feste Punkte angegeben werden, durch welche sie gelegt werden soll. Ich glaube daher, daß es ein für die Naturkunde nicht ganz unfruchtbares Unternehmen seyn wird, wenn ich in zwei Abhandlungen das Phänomen des ewigen Schnees, in seiner ganzen Allgemeinheit von neuem betrachte, und dadurch die glückliche Anwendung einer der Interpolationsmethoden auf diesen Gegenstand vorbereite. Es ist die Pflicht der Physik, da, wo es auf construirbare Begriffe ankommt, der Mathematik durch Ausmittelung einer großen Anzahl genauer Thatsachen, brauchbare Materialien zur Berechnung der Naturgesetze darzubieten. Ich werde in der ersten Abhandlung die progressive Wärme-Abnahme in den Luftschichten, als Hauptursache des ewigen Schnees, und die Localitäten bestimmen, welche auf diese Progression einwirken. In der zweiten Abhandlung werde ich die Höhe betrachten, in welcher sich die Schneelinie in den verschiedenen Erdstrichen erhält, die meteorologischen Phänomene aufzählen, welche mit dieser Höhe unmittelbar zusammen hängen, und endlich zeigen, welchen Nutzen die Physiker aus der richtigen Kenntniß der untern Schneegränze für die Bestimmung der mittlern Temperatur der Ebene für Erweiterung der Gebirgskunde, für schnelle Messung der Berggipfel, und für die Anfertigung mineralogischer Karten ziehen können. Erste Abhandlung. Ueber das Gesetz der Wärmeabnahme in den höhern Regionen des Luftkreises Um die Erzeugung der Wärme auf unserm Planeten und das Gesetz der abnehmenden Wärme aus einem allgemeinen Gesichtspunkte zu betrachten, denke man sich zuerst ein Sphäroid gasförmiger, und also elastischer Flüssigkeiten, welche über einander geschichtet sind, ohne einen dichten Kern einzuschließen. Man stelle sich die Materie in einem Zustande vor, den La Place bei der ersten Bildung der Planeten voraus setzt, oder wie ihn Herschel in den dunstförmigen kernlosen Massen annimmt, welche er planetarische Nebelflecke nennt. Wäre der Halbmesser dieses Sphäroids gasförmiger Flüssigkeiten der Höhe unsrer Atmosphäre gleich, so würden die Sonnenstrahlen keine andere Wärme darin erregen, als die, welche von der Verminderung oder Verschluckung des Lichts (extinction de la lumiere) herrührt. Das Gesetz dieser Lichtabnahme ist in La Place's Exposition du Systeme du Monde, t. 1, p. 157, entwickelt, und in meinem Gemählde der Tropenwelt, welches gegenwärtig zu Paris gedruckt wird, befindet sich eine Tafel, welche Herr Biot über dieses Phänomen berechnet hat. So wie die Lichtabnahme in den dichtern, dem Centrum des frei schwebenden Luftsphäroids nähern Schichten am stärksten ist, so wird, nach eben den Hypothesen, auch dort eine etwas größere Erwärmung, als in den obern Regionen Statt finden. Da aber alle Luftschichten als rein-durchsichtig angenommen werden, so kann dieser Unterschied der Erwärmung, wie die Erwärmung selbst, nur überaus geringe seyn. Betrachtet man eine einzelne Luftschicht besonders, z. B. eine, die dem Centrum nahe ist, so wird zwar in dieser Schicht höherer und niedrigerer Sonnenstand klimatische Temperaturveränderungen hervor bringen, je nachdem die Sonnenstrahlen diese einzelne Luftschicht ganz oder nur theilweise durchstreichen; diese Temperaturveränderungen sind aber bloße Differentiale von der ohne dies schon so unmerklichen absoluten Wärme des Lichtverschluckenden Luftraums. Wir werden in der Folge sehen, daß eine solche Hypothese keinesweges spielend ersonnen ist, sondern daß die obersten Regionen unsrer Atmosphäre sich wirklich fast in einem ähnlichen Zustande befinden. Denkt man sich das in dem Himmelsraume frei schwebende sphäroidische Gasgemenge vergrößert, z. B. von gleichem Durchmesser als die Erde, so wird sich im Innern derselben, durch den Druck der elastischen Schichten selbst, eine reine Luftmasse bilden, in welcher Metalle sich schwimmend erhalten können. Ob Sauerstoff und Stickstoff bei dieser ungeheuern Compression noch gasförmig bleiben, oder ob sie, wie die atomistischen Physiker sagen, mit Auspressung eines Theils ihrer specifischen Wärme, zu einem tropfbaren, oder gar zu einem festen Gemische zusammen treten würden, das ist eine Frage, welche wir hier nicht zu erörtern haben. Nach jeder dieser Vorstellungsarten muß man das Innere eines so großen Sphäroids elastischer Flüssigkeiten als einen durchsichtigen, aber überaus dichten Kern betrachten; und da in diesem das Spiel strahlender Wärme doch bemerkbar seyn würde, so gehen wir lieber von einer nun nicht mehr einfachen Hypothese, unmittelbar zur Wirklichkeit über. Auf unserm Planeten sind, nach seinem jetzigen Zustande, Materien auf einander gelagert, welche sich in drei verschiedenen Zuständen der Cohärenz befinden. Gasförmige Schichten des Luftkreises ruhen, (wenigstens an dem größten Theile der Erdfläche,) auf tropfbar-flüssigen Schichten der Meere, und diese bedecken den festen Erdkörper. Aus dieser Lagerung, aus dieser scharfen und gegenseitigen Begränzung so ungleich dichter und ungleich verschiebbarer Materien, entsteht eine ungleiche Vertheilung der Temperatur; das ewige Streben in ihnen nach Wiederherstellung des Gleichgewichts erhält Bewegung und inneres regsames Leben in der Natur. Ist, wie auf unserm Planeten, ein fester Kern mit elastischen Gasgemengen bis zu einer unbekannten Gränze umflossen, so giebt es in den obern Luftregionen drei, vielleicht selbst vier Ursachen der Erwärmung. Die erste ist Folge der geringen Lichtverschluckung, welche die Sonnenstrahlen bei ihrem Durchgange durch die Luftschichten leiden. Diese Ursache wird um so wirksamer seyn, je durchsichtiger das Medium selbst, und je reiner und gleichmäßiger das Wasser in der Luft aufgelöst ist. Wer oft hohe Berggipfel bestiegen hat, findet ein untrügliches Merkmahl von der unbeschreiblichen Durchsichtigkeit der Bergluft, in der Nähe in welcher durch diese Bergluft entfernte Gegenstände erscheinen. Als ich am 26sten Mai 1802 die zweite Reise nach dem Krater des Pichincha, westlich von der Stadt Quito, unternahm, war ich von mehrern Personen, welche auf Maulthieren ritten, und von vielen indianischen Fußboten, welche Instrumente trugen, begleitet. Wir waren meist alle mit der Art weißer Mäntel, welche die Einwohner Ponchos nennen, bedeckt. Der Vulkan ist bei dem Dorfe Chillo in der großen Ebene Cachapamba, welche ich 1285 Toisen über der Meeresfläche erhaben gefunden habe, in seiner ganzen zertrümmerten Gestalt sichtbar. Das Wetter war so heiter, und die Bergluft so durchsichtig, daß unsre Freunde in Chillo mit bloßen Augen jeden einzelnen Reiter erkennen konnten. Die weißen Ponchos leuchteten gegen den schwarzen Basaltporphyr des Vulkans. Aus einer trigonometrischen Messung, welche ich in der Ebene Cachapamba angestellt hatte, kannte ich die Entfernung der Felsklippen, auf denen wir gesehen wurden; sie betrug 14022 Toisen, oder fast 4 geographische Meilen von Chillo. In dieser Entfernung erscheint ein Mensch unter einem Winkel von 13"; ein Gesichtswinkel, der für ein nicht brennendes und bei Tage gesehenes Objekt überaus geringe ist. Auf dem Antisana, einem der höchsten Gipfel der Andeskette, östlich von der Stadt Quito, in einer Höhe von 16638 Fuß, unterschied ich bei heiterm Sonnenscheine, und reiner Bergluft, Kopf und Flügel des Kundurs, (Vultur gryphus,) in einer Entfernung, bei welcher sich der ganze Vogel gewiß unter einem noch kleinern Winkel als 13" darstellte. In der Ebene erlaubt die Schwächung der Lichtstrahlen beim Durchgange durch ein dichteres Medium nie, kleine Gegenstände in so beträchtlichen Entfernungen zu erkennen. Die unbegreifliche, oft schreckende Nähe, mit der sich bei etwas feuchter, aber heiterer Luft, plötzlich hohe Gebirge, besonders Schneealpen, dem Auge zeigen, beweist ebenfalls, welcher Durchsichtigkeit die obern Luftschichten fähig sind. Andere Beweise könnte man von den cyanometrischen Erscheinungen hernehmen. Die Schwärze der Himmelsbläue, welche auf der hohen Andeskette 46° beträgt, während ich sie an den Ufern der Südsee kaum 24° schätzte, zeugt für die ungehinderte Leichtigkeit, mit der die Sonnenstrahlen durch die obern Luftregionen hindurch gehen. Bei einer so geringen Absorption von Licht kann demnach die Wärme, welche die der Erde zuströmenden Sonnenstrahlen in 3000 bis 4000 Toisen Höhe über der Meeresfläche erregen, nur äußerst geringe seyn; sey es, daß man die Sonnenstrahlen selbst als warm, oder, mit de Lüc, als Wärme aus der Luft entwickelnd, oder mit Thomson, nach Herschel's neuerlichst sehr zweifelhaft gemachten Versuchen, als von strahlender Wärme begleitet, annehme. Die zweite und ungleich wirksamere Ursache der Wärme in den obern Schichten des großen Luftmeers ist der Strom erwärmter Gasarten, (courant ascendant,) welcher immerfort von dem festen, dunkel gefärbten, und deshalb in seiner Oberfläche erhitzten Erdkerne aufsteigt. Mit den Wirkungen dieses Luftstroms hängen die wichtigsten meteorologischen Erscheinungen, z. B. das Auflösen der Wolken, ihr Steigen über erwärmten Ebenen, das Nichtregnen in den pflanzenlosen Wüsten zwischen den Wendekreisen, und das Spiel der wechselnden See- und Landwinde zusammen. Ohne diesen aufsteigenden Luftstrom würden die Höhen des Montblanc und des Chimboraco zu jeder Jahreszeit, wegen fürchterlicher Kälte, unzugänglich seyn; ohne ihn würde das Verhältniß von Sauerstoff und Stickstoff in der obern Atmosphäre ganz verschieden von dem seyn, welches man in den untern Luftschichten bemerkt. Diese vertikalen Winde haben bisweilen einen nachtheiligen Einfluß auf die Genauigkeit barometrischer Höhenmessungen, wie Herr Ramond in seinem Memoire über die Coefficienten der de la Place'schen Barometerformel schön entwickelt hat. In der Höhe des Col du Geant, (1763t,) wurde dieser Einfluß in Saussüre's Beobachtungen noch sehr bemerkbar. Ob neben der Fortbewegung der Theile, oder Strömung, welche in jeder erwärmten Flüssigkeit entstehen muß, noch eine Mittheilung oder Leitung der Wärme Statt findet, und ob diese Leitung für sich allein die Temperatur der obern Regionen der Atmosphäre zu erhöhen im Stande wäre, ist seit den Versuchen des Grafen von Rumford, Dalton's und anderer englischer und deutscher Physiker über die wärmeleitende Kraft der Flüssigkeiten, zweifelhaft geworden. Auch ist glücklicher Weise diese Frage für die Meteorologie von minderer Wichtigkeit, da diese Mittheilung von den Wirkungen der Strömung nur in den seltenen Fällen unterschieden werden kann, wenn die wärmere Luftschicht über der kältern liegt und herabwärts wärmen soll. Winde, welche in einer großen Höhe, aus den dem Aequator nahen Gegenden in die nördlichern blasen, könnten allerdings eine solche fast unnatürlich scheinende Lage ungleich erwärmter Luftschichten verursachen. Als ein Beispiel davon kann man die warme Luftströmung betrachten, welche immerfort in den obern Regionen vom Aequator aus, gegen die Pole hin gerichtet zu seyn scheint, und welche in Verbindung mit der Rotation der Erde, nach La Place's sinnreicher Theorie, unten Ost- und oben Westwinde in den Tropenländern erregt. Eine vierte Ursache der Wärme in den höhern Regionen der Atmosphäre ist die strahlende Wärme, welche der von Luft umflossene, und von der Sonne erhitzte Erdball selbst, nach allen Richtungen aussendet. Nach der Natur und Farbe der Erdoberfläche ist die Menge dieser strahlenden Wärme verschieden. Sie ist anders in Thonschiefer- und in Grauwackenschiefer-Gebirgen, anders auf Kalkstein und in Kreidehügeln. Man findet sie größer über dem festen Lande, als über dem Meere, welches einen Theil des Sonnenlichtes, bis zu einer gewissen Tiefe, frei durchläßt, und seiner Flüssigkeit und Verdampfbarkeit wegen, keiner beträchtlichen Erwärmung fähig ist. Sie muß stärker auf vegetationsleeren, als auf waldigen und dabei feuchten Ebenen seyn. Das plötzliche Steigen eines Thermometers beim Durchgange eines Gewölks durch das Zenith des Beobachters beweist, wie beträchtlich die Wirkung der von der Erde ausgehenden Wärmestrahlung, wenigstens noch in 500 bis 600 Toisen Höhe ist. Deßwegen scheint auch die Sommerhitze dann am drückendsten, wenn der Himmel mit Gewölk bedeckt ist, und die strahlende Wärme des Erdkörpers auf denselben zurück geworfen wird. Schon in den Problemen des Aristoteles, in der 25sten Section, wird eine ganz ähnliche Erklärung dieser Naturerscheinung gegeben. Die Dunsthülle, heißt es daselbst, hindert die Wärme, von der Erde zu entweichen. Wenn man diese Stelle mit einer andern sehr merkwürdigen im ersten Buche der Meteorologica zusammen hält, so erkennt man, daß der alles ahndende Stagirite neben seiner Auflösungstheorie auch recht deutliche Begriffe von der Zerstreuung strahlender Wärme, und von dem Einflusse der letztern auf die Höhe der Wolkenschichten hatte. Aristot. Opera omnia, Ed. Casaub., T. II, p. 458. Meteorologica, l. 1, c. 3; l. c., p. 327. Die Entwickelung der genannten vier Ursachen: (der Absorption des Lichtes in den dichtern oder dünnern Luftschichten, des Aufsteigens der erwärmten gasförmigen Flüssigkeiten, der Mittheilung durch Leitung, und der vom festen Erdkörper ausgehenden strahlenden Wärme,) erklärt zugleich von selbst, warum die Temperatur der Luft abnehmen muß, so wie man sich von dem festen planetarischen Kerne entfernt. Die Wärme entbindende Lichtverschluckung, (extinction de la lumiere) abgerechnet, sind die übrigen Ursachen von der Art, daß man den von der Sonne erleuchteten Erdball gleichsam selbst als die Quelle der Wärme betrachten kann. Je mehr man sich also der Oberfläche des Luftoceans nähert, (falls er anders begrenzt und eine Oberfläche desselben wellenschlagend vorhanden ist;) desto mehr entfernt man sich von dem Wärme-strahlenden und Luftströme-erregenden Kerne. Wärme und Feuchtigkeit nehmen in den obern Regionen ab, dagegen nimmt die Intensität der electrischen Spannung daselbst zu. Das Gesetz der Wärmeabnahme in der Atmosphäre ist eins der wichtigsten physikalischen Probleme, welches Saussüre zuerst praktisch zu untersuchen angefangen hat, das aber noch weit von seiner vollständigen Auflösung entfernt ist. Dieses Problem hat den auffallendsten Einfluß, nicht bloß auf alle Betrachtungen über klimatische Verhältnisse, über Geographie der Pflanzen und Kultur derselben, sondern auch auf die Formeln barometrischer Höhenmessungen, und auf die schwierige Berechnung der astronomischen Refractionen, wenn die beobachteten Höhenwinkel der Gestirne kleiner als 10° sind. Die Wärmeabnahme der Atmosphäre kann entweder in einer gewissen Zeitepoche, z. B. an einem heitern Tage, betrachtet werden, oder man bestimmt ihr Gesetz nach dem Zustande der mittlern jährlichen Temperatur ungleich erhabener Luftschichten. Die zweite Methode könnte ihrer Natur nach allerdings interessantere und sicherere Resultate, als die erste geben, wenn die Orte der Beobachtung nicht gar zu entfernt von einander liegen, und die Erhitzung der Gebirgsebenen nicht dabei einwirkt. Da man sich aber auf aerostatischen Reisen höher, als die höchsten Gebirge der Erde, erheben kann; da wir ferner die mittlere Temperatur, aus vielen täglichen Thermometerbeobachtungen gezogen, von keinem höhern Orte, als von dem Hospital des St. Gotthards, also aus 1065 Toisen Höhe besitzen; und da endlich die höchsten von Menschen fortwährend bewohnten Gegenden auf unserm Erdkörper in Europa, (das Kloster auf dem großen St. Bernhard,) nur 1246 Toisen, und in Amerika, (die Meierei Antisana,) 2110 Toisen hoch liegen: -- so wird die erste Beobachtungsmethode auch dann noch wichtig bleiben, wenn die wissenschaftliche Menschenkultur auf hohen Gebirgen in irgend einem Lande beträchtlich zunehmen sollte. Der unsterbliche Lambert hat in seiner Pyrometrie, und früher noch in den Schriften unsrer Akademie für das Jahr 1772, das Problem der Wärmeabnahme theoretisch untersucht. Er setzt fest, daß bis zur Höhe des Brockens 1° R. Wärmeabnahme zu 52 Toisen, vom Brocken bis zur Höhe des Aetna zu 70 Toisen, und höher hinauf zu 84 Toisen Höhenunterschied gehöre. Diejenigen, welche diese Annahme bestritten haben, scheinen zu vergessen, daß dieser tiefsinnige Mathematiker bloß die Wirkung der strahlenden Wärme, die er das Aufsteigen des specifisch leichtern Wärmestoffs nennt, in Anschlag bringen wollte. Saussüre zieht aus seinem in den schweizer und italiänischen Gebirgen angestellten Beobachtungen den Schluß, daß die Wärmeabnahme eine arithmetische Progression befolge, und daß in der mittlern Breite von 44 bis 46°, ein Höhenunterschied von 100 Toisen im Sommer, und von 150 Toisen im Winter, eine Temperaturveränderung von einem Grade des Reaumür'schen Thermometers begründe. Bei Saussüre's Besteigung des Aetna im Jahre 1773 fanden sich 114t, bei der Reise nach dem Gipfel des Montblanc aber nur 90t,8 für 1° R. Das Gesetz der Wärmeabnahme im Winter ist, bei dem Mangel an genauen Beobachtungen, unsicherer, als das Gesetz für den Sommer; doch scheinen mehrere Erfahrungen zu lehren, daß die Winterkälte der obern Luftregionen geringer ist, als man es nach der im Sommer bemerkten schnellen Wärmeabnahme vermuthen sollte. Wäre diese Verminderung der Temperatur in allen Jahreszeiten dieselbe, so müßte z. B. auf dem Kloster des St. Bernhards das Thermometer jedes Mahl auf --20° herab sinken, wenn es an der Ebene auf --5° steht; und doch sind diese sehr tiefen Thermometerstände auf hohen Bergen nicht sehr häufig. Nur im Frühjahre, wenn der Schnee in den tiefen Thälern bereits geschmolzen ist, und noch die hohen Alpengipfel bedeckt, ist der Wärmeunterschied zwischen der Ebene und dem Gebirge so auffallend groß, daß man dann statt 150 Toisen, bisweilen nur 10 bis 27 Toisen Höhenunterschied auf R. rechnen kann. Als ich mich im Monat Mai des verflossenen Jahres mit Herrn Gay-Lussac 5 Tage in dem Hospice des Mont-Cenis aufhielt, um daselbst einige Versuche über die magnetischen Schwingungen und die chemische Beschaffenheit der Bergluft anzustellen, sahen wir das Thermometer ununterbrochen 12 bis 15° tiefer, als in Lanslebourg, obgleich der Höhenunterschied beider Orte kaum 324 Toisen beträgt. Die Wärmeabnahme muß daher im Winter nur in Zeiten gemessen werden, wenn die tiefern Regionen noch mit Schnee bedeckt sind. Und zu einer solchen Zeit ist sie langsamer als im Sommer, nicht bloß, weil vielleicht die hohen Schichten der Aequatorialluft dann schneller gegen die Pole hinströmen, und unsre obere Atmosphäre erwärmen, sondern auch, (und das ist wohl der vorzüglichste Grund,) weil die Erdoberfläche in unsern Klimaten von den schiefern Sonnenstrahlen getroffen, im Winter wenig erwärmte Luft, und fast gar keine strahlende Wärme in die höhern Regionen schickt. Der Temperaturunterschied zwischen diesen und den untern Luftschichten ist dann, eben deßhalb, geringer als im Sommer, indem dann die ganze Atmosphäre sich dem Zustande des oben betrachteten kernlosen Luftsphäroides naht. Der Erdball kann, wo er in Schnee gehüllt ist, nur wenig auf die nahen Luftschichten wirken. Wo ihn Wasser bedeckt, oder wo er den Winter über, (wie im südlichen Europa,) schneelos bleibt, da ist sein wärmender Einfluß kein anderer, als der, welcher durch die, jedem Planeten eigenthümliche Temperatur begründet wird. Die langsamere Wärmeabnahme im Winter läßt sich daher aus theoretischen Gründen leicht einsehen. Daß die astronomische Strahlenbrechung, selbst nach Correction von Luftelasticität und Temperatur, bei heitern Wintertagen stärker als bei heitern Sommertagen gefunden wird, ist auch Folge dieser langsamern Wärmeabnahme im Winter. Wie viel diese letztere aber betrage, ob Saussüre's Vermuthung von 150 Toisen für 1° R. richtig sey, das müssen erst vervielfältigte Beobachtungen, besonders aerostatische Winterreisen aufklären. Meine eignen Beobachtungen in heißen Klimaten weichen etwas von den Saussüre'schen Angaben der Wärmeabnahme im Sommer ab, stimmen aber, für sich betrachtet, sehr schön mit einander überein. Die vortheilhaftesten Fälle sind die, wenn man sich auf einem isolirt stehenden Berge erhebt, und wenn die Höhe selbst so beträchtlich ist, daß ein kleiner Fehler in dem bemerkten Unterschiede der Temperatur zweier Stationen den Quotienten wenig verändert. Sind die Berge von geringer Höhe, z. B. nur 400 bis 500 Toisen über dem Meere erhaben, sind die Oerter der correspondirenden Beobachtungen sehr entfernt, hat das Gebirge eine beträchtliche Masse oder gar auf seiner Kuppe eine weite Ebene, in der die strahlende Wärme wirksam wird; so ist dem Versuche wenig zu trauen. Eben wegen dieser lokalen Schwierigkeit kann ich, trotz meiner vielen Reisen in der Andeskette und andern hohen Gebirgen, doch nur eine geringe Zahl von Beobachtungen auswählen, die zu sichern Resultaten führen. [Herr von Humboldt theilt diese Beobachtungen in allem dem Detail mit, welches zur Beurtheilung des Resultats in jedem einzelnen Falle zu wissen nöthig ist. Jeden störenden Einfluß, Wind, Wärmestrahlung, Seeluft und andere, zieht er, so weit sie sich beobachten ließen, sorgfältig zu Rathe, und hierdurch wird dieser Auszug aus seinen Beobachtungsregistern nicht wenig belehrend. Als ein Beispiel der Behandlung mag hier eine einzige seiner Beobachtungen stehen, nämlich die auf der hohen Bergspitze bei Caraccas an der Nordküste des südlichen Amerika. G.] Den 1sten Januar 1800 bestiegen wir, Herr Bonpland und ich, den großen Sattelberg von Caraccas, la Silla oder Cerro de Avila genannt; ein ungeheures Glimmerschiefergebirge, welches den Seefahrern in 30 bis 35 Seemeilen Entfernung, die nördlichen Küsten von Südamerika, und die Lage des Hafens von La Guayra kenntlich macht. Außer der mit ewigem Schnee bedeckten Sierra de Santa Martha, östlich von Carthagena de Indias, giebt es an der ganzen Küste der Terra Firma kein höheres Gebirge als die Silla. Das Thermometer, nahe an dem berufenen fürchterlichen Absturze gegen Caravalleda, (einem fast senkrechten Abgrunde von 9800 Fuß,) zeigte 11° R. In der Guayra, am Meeresufer, war, nach der Bestimmung des Don Joseph Herera, die gleichzeitige Temperatur 22°. Höhe des Bergs nach meiner barometrischen Messung, (die trigonometrische habe ich noch nicht Zeit gehabt zu berechnen,) wenigstens 1336 Toisen. Also Wärmeabnahme 121t,4 auf 1° R. Wind, Nordost, vom nahen Meere her; also sehr erkältete Luftschichten zuführend. Das Resultat scheint zu bestätigen, was so eben von der Wirkung des wenig Wärme-strahlenden Oceans bemerkt wurde. Die Wärmeabnahme muß etwas beschleunigt scheinen, wenn man die tiefe oder untere Landluft mit hoher Seeluft vergleicht. Doch ist das Resultat nur um 3 Toisen von meiner Beobachtung auf dem Pic von Teneriffa verschieden. Breite der Silla de Caraccas 10° 37' nördlich. -- Mit dieser Wärmeabnahme von 121 Toisen auf 1° R. stimmt ziemlich genau eine Beobachtung überein, welche ich auf einer Fußreise von Caraccas nach dem Hafen La Guayra gemacht habe. Ich erstieg das Fort de la Cuchilla, welches fast in der Höhe der schlesischen Schneekoppe, am Gebirge Avila, zur Beschützung der Stadt Caraccas angelegt ist. Höhe 766 Toisen. Abends, Thermometerstand 15°,2; unten an der Küste 22°. Seewind. Wärmeabnahme 114,1 Toisen. -- Berechnet man die Wärmeabnahme auf der Silla nicht nach Gegenbeobachtungen in der Ebene, sondern nach den in dem Thale von Caraccas angestellten, (welches schon 435 Toisen über der Meeresfläche erhaben ist,) so erhält man ein gar zu kleines Resultat. Wir werden in der Folge sehen, daß auch in der Andeskette die Wärmeabnahme stets schneller erscheint, wenn man die Luftschichten hoher Gebirgsebenen mit denen der Berggipfel vergleicht. Diese Gebirgsebenen oder engen Thäler, wie das von Caraccas, erhitzen sich nämlich um Mittag, und ihre Temperatur ist dann in einem Theile des Tages höher, als sie nach der senkrechten Höhe des Orts seyn sollte. In der Stadt Caraccas stand das Thermometer auf 19°, während es auf der Silla 11° zeigte. Hieraus folgt eine Wärmeabnahme von 112,6 Toisen auf 1° R. statt 121 Toisen, welche dieselbe Beobachtung gab, wenn man sie mit der in der Ebene des Meeres bemerkten Temperatur verglich, und statt 118 Toisen, welche meine Beobachtungen auf dem Pic de Teyde gaben. -- -- -- [In der folgenden Tafel sind alle Beobachtungen des Herrn von Humboldt, [sammt ein Paar fremden,] welche er für zuverlässig anerkennt, und die Resultate, auf die sie führen, zusammen gestellt. Ich habe in den Anmerkungen einige der Hauptumstände aus dem hier übergangenen Detail der Beobachtungen, welches zum Verständnisse und zur Beurtheilung derselben nöthig ist, hinzu gefügt. G.] Thermometerst. Name der Orte. Geographische Breite. Höhe über dem Meere. oben. im Niv. des Meers. Pic von Teneriffa 28° 17' n. 1901t 2°,2 R. 9,3 18°,3 R. 24°,5 Cofre de Perote 19 29 n. 2066 1,7 19,4 Nevada de Toluca 19 6 n. 2364 3,5 22 Silla de Caraccas 10 37 n. 1336 11 22 Fuerta de la Cuchilla 10 33 n. 776 15,2 22 Guadaloupe 4 36 n. 1646 8,5 22 Montserrate 4 36 n. 1692 10 22 Gipfel des Pichincha 0 14 s. 2415 3 22 2488 4,1 22 Chimboraco 1 28 s. 3012 -- 1,3 23,3 [Ueber Paris 48 50 n. 3580 -- 7,6 24,5 üb. P. [ 22,2 i. P. [Aetna 38 n. 1713 + 3,5 18,5 [Das Mittel mit Ausschluß Wärmeunterschied. Wärmeabnahme oder Höhenveränderung für 1° R. Wärme. Beobachter. 16°,1 R. 118t,3 Ht. Jun. 22. 1799 15,2 125,3 Lamanon Aug. 24. 1785 17,7 116,3 Ht. Febr. 7. 1804 18,5 127,8 Ht. Sept. 29. 1803 11 121,4 Ht. Jan. 1. 1801 6,8 114,1 Ht. 12 137 * Ht. Jul. 25. 1801 13,5 124,6 Ht. Aug. 15. 1801 19 130,9 Ht. Apr. 14. 1802 17,9 139 * Ht. Mai 28. 1802 23,3 129,3 Ht. Jun. 23. 1802 32,1 111,5 Gay-Lussac Sept. 16. 1804] 29,8 120,1] 15 114 Saussüre Jun. 5. 1773] der beiden * ist 121,1] Vergl. Annalen, XVI, 394, und IV, 144.) Der Wind war westlich, führte also keine erhitzte Luft der nahen afrikanischen Wüsten herbei, wie das der Fall war, als Labillardiere den 17ten Oct. 1791 am Rande des Kraters bei Südsüdostwind, das Thermometer auf 15° und kaum 7°,5 niedriger als in Santa Cruz stehen sah. Beobachtungen in Santa Cruz geben die Wärmeabnahme um 21 Toisen kleiner, weil hier das Thermometer wegen der Nähe wärmestrahlender Felsmassen immer 3 bis 4° höher als in der Orotava im Niveau des Meeres steht. G. Diese beiden mexikanischen Beobachtungen erklärt Hr. von Humboldt für vorzüglich sicher, da sie auf schroffen thurmähnlichen Bergen angestellt wurden, und die verglichenen Luftschichten fast senkrecht über einander lagen. Ein heftiger nördlicher Seewind erniedrigte bei der ersten die Temperatur der obern Luftschicht ein wenig. G. Zwei berühmte Wallfahrtskapellen auf der steilen Felswand der Andeskette, östlich von St. Fe de Bogota. Die Thermometerstände in der Ebene des Meeres beruhen auf der Erfahrung, daß sie um diese Jahrszeit sich dort um keine 2° ändern. G. Beide Gipfel stehen am westlichen Rande der Andeskette, auf dem lang gestreckten mit einzelnen grotesken Klippen besetzten Gebirgsrücken des Pichincha, am schauderhaft jähen Absturze nach den Ebenen an der Südsee. Der höchste Gipfel, (Rucu-Pichincha,) enthält den Krater. Beide Tage waren überaus heiter und schön. Bei der mit einem * bezeichneten Beobachtung bemerkt Herr von Humboldt, daß in dieser Zone damahls ein Irrthum von 6° F., (2 [Formel] ° R.,) in der [bloß geschlossenen?] Temperatur an der Meeresküste wohl möglich gewesen sey; ein solcher Irrthum würde aber doch nur 16 Toisen Unterschied im Resultate bewirkt haben. G. (Vergl. Annalen, XVI, 469.) Zu Calpi, einem indianischen Dorfe in einer weiten Gebirgsebene am Fuße des Kolosses, 1630t über dem Meere, stand zu gleicher Zeit das Thermometer auf 12°; ein Beweis, daß diese Ebene eine höhere Temperatur annahm, als ihr nach ihrer Lage zukam. Der Tag war neblig. G. -- -- Die Resultate aller dieser Beobachtungen, welche ich, [sagt Herr von Humboldt,] zwischen den Wendekreisen angestellt habe, schwanken zwischen 114 und 130 Toisen; und beweisen also, daß man sich dort um ungefähr 122 Toisen erheben muß, um die Temperatur um einen Grad des Reaumür'schen Thermometers verändert zu sehen. Da in den Tropenländern ein regelmäßiger Wind, der der Erdrotation, oder der Passatwind herrscht, und da alle Wetterveränderungen daselbst innerhalb sehr enger Gränzen eingeschlossen sind, so darf man sich nicht über die große Uebereinstimmung wundern, welche die Beobachtung bei so ungleich hohen Luftsäulen, von 800 bis 3000t giebt. Im Sommer, besonders 2 bis 3 Stunden nach der Culmination der Sonne, wenn an heitern Tagen die aufsteigende warme Luft die obern Schichten der Atmosphäre gleichmäßig erwärmt hat, scheint die Wärmeabnahme in unsrer gemäßigten Zone, in der mittlern Breite von 45 bis 50°, dasselbe Gesetz als unter dem Aequator zu befolgen. Die große aerostatische Reise meines Freundes, Herrn Gay-Lussac, welche über die magnetischen Phänomene und die chemische Beschaffenheit der hohen Luftregionen so vieles Licht verbreitet, hat uns auch die wichtigsten Resultate über die Abnahme der Temperatur in der Atmosphäre geliefert. Als dieser eben so erfahrne als genaue Beobachter am 16ten Sept. 1804 sich über Paris zu der ungeheuern Höhe von 3580 Toisen, (3600t über dem Meere,) also fast 2000 Fuß höher als der Gipfel des Chimboraco, erhob, traf er daselbst Luftschichten an, in welchen eine Winterkälte von 7°,6 R. unter dem Gefrierpunkte herrschte, während wir zu Paris die übermäßige Hitze von 24°,5 R. erlitten. Der Wärmeunterschied betrug hiernach 32°,1 R., und die Wärmeabnahme 111t,5 auf 1° R., also nur 6t,8 weniger als die, welche ich auf dem Pic von Teneriffa beobachtet habe. Betrachtet man aber die Luftsäule, welche Herr Gay-Lussac durchlief, als aus zwei ungleichen Theilen bestehend, so ergiebt sich, daß von der Ebene an bis zu der Höhe von 1900t, also bis zur Höhe des Pic von Teneriffa, die Wärmeabnahme volle 123t auf 1° R. betrug, daß aber von dieser Höhe bis über den Gipfel des Chimboraco hinaus oder bis 3600t, die Wärmeabnahme so schnell war, daß 91t zu 1° veränderter Temperatur gehörten. Annales de Chimie, t. 52, p. 75; und diese Annalen der Physik, B. XX, S. 19. Als Herr Gay-Lussac in seinem Aerostate die Erde um 9U. 40' Morgens verließ, stand das Centesimalthermometer auf 27 [Formel] °, (Annalen, XX, 23, 26,) und war, als er sich um 3U. 11' Nachmittags in der größten Höhe, 3580t über Paris befand, in Paris bis 30 [Formel] ° gestiegen, (das., S. 27, wo man Zeile 5 statt nicht merklich, nicht bedeutend, und Zeile 11 statt 3 [Formel] °, 3° lese; und S. 28, wo man in Zeile 15 die Worte: bei meiner Abfahrt, wegstreiche.) In jener größten Höhe stand es auf --9 [Formel] °. Nach der Reaumür'schen Scale betragen diese Thermometerstände 22°,2; 24°,5; --7°,6; aus den beiden letzten folgt die obige Wärmeabnahme 111t,5 für 1° R. -- In 1894t Höhe über Paris stand bei dem Ansteigen das Thermometer auf 6°,8 R.; und diesem Sinken um 15°,4 R. entspricht eine Höhe von 123t für jeden Grad Reaum. Wärmeabnahme. Die Ursachen, welche die Temperatur der Luft an der Erdfläche von 10 bis 3 Uhr allmählig um 2°,3 R. erhöhten, wirkten schwerlich in so kurzer Zeit bis zu einer Höhe von 3580t merklich erwärmend in der Atmosphäre hinauf. Sollte daher die Temperatur hier nicht auch um 10 Uhr wie um 3 Uhr nahe --7°,6 R. betragen haben? und sollte diese Vormittagsstunde, wo die Temperatur der mittlern des Tages näher kam, nicht schicklicher, als die Stunde der größten Hitze, zur Bestimmung der Wärmeabnahme in der Atmosphäre gewesen seyn? In diesem Falle würden die Beobachtungen des Herrn Gay-Lussac für die Region von 1893 bis 3580t die Wärmeabnahme zu 117t auf 1° R., also nahe dieselbe als für die untern 1900t gehen. Die Wärmeabnahme in der ganzen Luftsäule von der Erde ab gerechnet, fände sich dann zu 120t,1 auf 1° R., ganz übereinstimmend mit dem, was Hr. von Humboldt aus seinen Beobachtungen in Amerika folgert, und daß sie um 3 Uhr Nachmittags sich etwas kleiner zeigte, würde für einen Beweis mehr des Einflusses zu nehmen seyn, welchen erwärmte Ebenen auf die Bestimmung der Wärmeabnahme haben. (Vergl. S. 35 unten, und S. 44 unten.) Folgende Thermometerstände, welche Herr Gay-Lussac heraus hebt, 4°,2, 0°,4 R. in 2566t, 2912t Höhe, und 0°, --7°,6 R. in 2889t, 3580t Höhe, geben zwar eine ganz gleiche Wärmeabnahme für diese hohen Luftregionen, erstere von 91t,1, letztere von 91t für 1° R.; allein dieses Zusammentreffen könnte doch nur zufällig seyn. Hebt man andere Beobachtungen aus, so erhält man bedeutend verschiedene Zahlen. Mit zunehmender Höhe beim Auffluge stieg die Temperatur ein paar Mahl, statt zu sinken, und nicht immer fand Herr Gay-Lussac in gleicher Höhe gleiche Thermometerstände. Er schreibt dieses dem Zurückbleiben des Thermometers hinter der Temperatur der Luft zu; da aber doch kalte oder warme Luftströme eben so gut Antheil daran haben könnten, wie dieses weiterhin Herr von Humboldt bemerkt, so müßte, dünkt mich, wenigstens die Richtung des Windes in den verschiedenen Stationen genau beobachtet worden seyn, ehe wir aus Thermometerständen in Höhen, die vielleicht noch in den Regionen solcher Strömungen sind, und nur wenig von einander abstehn, einiger Maßen zuverlässige Schlüsse über das Gesetz der Wärmeabnahme ziehen können. Gilb. Diese Beschleunigung der Wärmeabnahme in den hohen Luftschichten ist der von Lambert in der Pyrometrie aufgestellten und schon von Saussure angegriffenen, allerdings etwas einseitigen Theorie entgegen. Sie erklärt sich aber keinesweges aus dem Einflusse der Wärme-strahlenden und warme Luft aufwärts sendenden Erdfläche. Wo dieser Einfluß im Aufhören ist, d. h., ein Unendlichkleines wird, wo die Wärme des Luftkreises größten Theils nur noch von der Lichtverschluckung (extinction de la lumiere) abzuhängen beginnt, da scheint die Kälte der Luftschichten langsamer zuzunehmen, ja diese Zunahme der Luftdünne proportional seyn zu müssen. Ehe man eine Beschleunigung der Wärmeabnahme in den höchsten Regionen der Atmosphäre annehmen darf, muß dieselbe durch mehrere übereinstimmende Beobachtungen begründet werden. Denn die Luftreisen, welche von genauen und gelehrten Beobachtern angestellt worden sind, die eines Charles, Guyton, Biot und Gay-Lussac, lehren, daß bis zur Höhe des Aetna die Temperatur der Luftschichten in unserm europäischen Klima, (der Winde und anderer zufälligen Ursachen wegen,) sehr unregelmäßig scheinenden Veränderungen ausgesetzt ist. Je höher man sich aber hinauf schwingt, desto mehr hören die Ursachen dieser Anomalieen auf. Wenn man übrigens aus meinen eignen Beobachtungen, die ich zwischen den Wendekreisen angestellt habe, auf eine analoge Beschleunigung der Wärmeabnahme in großer Entfernung von der Meeresfläche schließen wollte, so würde man sich durch Nichtbeobachtung der Localverhältnisse zu einem Fehlschlusse verleiten lassen. Allerdings finde ich bei der Besteigung des Chimboraco 119 Toisen für 1° R., wenn ich die ganze Luftsäule von 18072 Fuß als ein Ganzes betrachte. Theile ich sie hingegen in zwei Theile, so finde ich für die ersten 9780 Fuß von der Meeresfläche bis zum indianischen Dorfe Calpi, 166 Toisen, und von Calpi bis zu unserm höchsten Standpunkte am Bergrücken, (also in den letzten 8292 Fuß,) 103 Toisen für 1° R. Wärmeabnahme. Aehnliche Verschiedenheiten gaben die Beobachtungen auf der Silla de Caraccas, in den Kapellen bei Santa Fe, und auf dem Vulkan von Toluca, je nachdem man sie über der Meeresfläche, oder über den Thälern von Caraccas, von S. Fe de Bogota und von Toluca berechnet. In allen diesen Fällen entsteht der Schein einer Beschleunigung der Wärmeabnahme offenbar nur aus dem Umstande, daß die Thäler, in denen Calpi, Caraccas, S. Fe und Toluca liegen, weit gedehnte sölige Ebenen sind, welche sich stärker erhitzen, als der steile Abhang eines Gebirges, oder als Luftschichten, welche, statt einen hervor ragenden Theil der Erdfläche unmittelbar zu berühren, auf andern Luftschichten ruhn. Da die hohen amerikanischen Gebirgsketten der peruanischen und mexikanischen Andes bis zur Höhe des St. Gotthards eine ungeheure Masse haben, da sie bis zu dieser Höhe Flächen von 120 geogr. Quadratmeilen bilden, so ist bis zu der bewohnten Höhe der Andes die Wärmeabnahme langsam, dann aber plötzlich schneller, in der 1800 bis 2000 Toisen hohen Bergschicht, wo die Gebirgsmasse abnimmt, und kegelförmige Gipfel sich auf einer breiten Grundfläche isolirt erheben. Dieser Umstand erklärt die mittlern Temperaturen, welche, wie sie aus wirklichen Beobachtungen gefolgert werden, in meinem Naturgemählde der Tropenwelt auf einer Thermometerscale aufgezeichnet sind. Pflanzen heißer Erdstriche steigen da am höchsten in dem Gebirge aufwärts, wo die Masse der Andeskette am größten ist. Villar hat längst ähnliche Bemerkungen über die Geographie der Alpenpflanzen in der Dauphine gemacht. Saussure Voyage dans les Alpes, §. 936. In einer Abhandlung, welche ich zu Paris in der Sitzung der ersten Klasse des Nationalinstituts am 26sten Novbr. 1804 vorgelesen, habe ich bereits entwickelt, wie über die Höhe des Montblanc hinaus, also in einer Region, wo der Einfluß der strahlenden Wärme sehr geringe ist, im Sommer in 49° nördlicher Breite, und unter dem Aequator, gleich kalte Luftschichten in einerlei Höhe liegen. Die Vergleichung von Herrn Gay-Lussac's Beobachtungen auf seiner großen Luftfahrt, und den meinigen am Chimboraco, gaben dieses auffallende Resultat: Höhe Temperaturen am Chimboraco über Paris 2440t + 5°,2 R. + 5°,8 R. + 6°,6 R. 5,6 2850 2,3 1,6 2,0 3012 -- 1,3 -- 2,0 -- 1,2 Da die Höhen über Paris in Hrn. Gay-Lussac's Tabelle (Ann., XX, 26,) um 20 Toisen kleiner sind, als die Höhen über dem Meere, so finde ich durch Interpolation zwischen den Zahlen dieser Tabelle die Thermometerstände über Paris, welche zu den in der ersten Columne angegebenen Höhen über dem Meere gehören, etwas anders, als sie in der dritten Columne stehn, und zwar so, wie ich sie in der eingeklammerten Columne daneben gesetzt habe. Man sieht, daß diese Temperaturen noch genauer, als jene, mit denen am Chimboraco in den höhern Regionen harmoniren. Sie sind, die ersten aus Zeile 9; die zweite aus Zeile 11 und 12; die dritte aus Zeile 14; die vierte aus Zeile 19 und 20 der Gay- Lussac'schen Tabelle abgeleitet. Gilb. Die Unterschiede betragen nicht mehr als 0°,7. Auch herrschte damals in den Ebenen des nördlichen Frankreichs eine Hitze, welche der Temperatur der Tropenländer gleich war. Bis hierher haben wir zwei Mittel untersucht, das Gesetz der abnehmenden Wärme kennen zu lernen. Bergreisen und Luftfahrten geben Resultate, welche mehr überein stimmen, als man wegen des Spiels der horizontalen und senkrechten Winde erwarten sollte. Drei andere nicht gleich zuverlässige Mittel sind: die Jahre lang beobachtete mittlere Lufttemperatur; die Wärme der Quellen; und die Wärme der unterirdischen Höhlen, welche letztere man etwas gewagt die Wärme des Erdkörpers zu nennen pflegt. Herr von Humboldt bemerkt über das erste dieser Mittel, daß es immer nur von geringerm Werthe für die Bestimmung des Gesetzes der Wärmeabnahme in der Atmosphäre bleiben werde, es sey denn, es ließen sich auf der Höhe des Montblanc, des Pic von Teneriffa und des Aetna physikalische Observatoria, und zwar, um stationären Luftbällen zu gleichen, auf spitzen Kegelbergen oder an senkrechten Abstürzen bauen, und in ihnen täglich correspondirende Beobachtungen über Horizontal-Refraction, Luftfeuchtigkeit, electrische Tension, Elasticität und Temperatur der Atmosphäre anstellen. In Europa sind indeß die höchsten Punkte, die fortwährend bewohnt werden, die Hospice am St. Gotthards- und am St. Bernhards-Paß, nur in 6390 und 7476 Fuß Höhe. In Amerika haben sich zwar seit den ältesten Zeiten die Menschen noch bedeutend höher angesiedelt; peruanische Städte, wie Mincuipampa und Huancavelica, liegen in 1900t Höhe, und Menschenwohnungen erheben sich selbst bis 12610 Fuß, also vier Mahl höher als die großen, aber lichten Wolken, welche im Sommer über unserm Scheitel hinziehen; auch werden im spanischen Amerika, wo seit La Condamine's Reise Liebe zu physikalischen Wissenschaften mehr verbreitet ist, als man in Europa selbstgefällig zu glauben wünscht, tägliche Thermometerbeobachtungen ziemlich regelmäßig in 8 bis 9000 Fuß Höhe angestellt. Allein die Orte, deren mittlere Temperatur mit einander verglichen werden soll, liegen zu weit von einander; ist ihre Höhe über der Meeresfläche unter 3000 Fuß, so verursacht die zufällige Variation um 1° R. schon eine übermäßige Verschiedenheit in dem Resultate; und wie soll man unter den verwickelten, die Temperatur bestimmenden localen Ursachen den Einfluß der Höhe erkennen, und was der senkrechten Höhe über dem Meere allein zuzuschreiben ist, bestimmen? Fast alle hoch gelegene Städte und Dörfer in Amerika und Europa sind in engen Gebirgsthälern und auf unermeßlich weiten, durch ehemahligen Wasserstand geebneten Gebirgskuppen angebaut, die sich stark erhitzen, und je nachdem man die mittlere Temperatur dieser hohen Gebirgsebenen mit der der Küsten, oder mit den noch höhern Gebirgsspitzen vergleicht, erhält man sehr verschiedene Bestimmungen für die Wärmeabnahme. Ich wähle, sagt Hr. von Humboldt, um diesen Gegenstand genauer zu untersuchen, vier Städte, deren mittlere Temperatur und Höhe über der Meeresfläche bekannt sind: Quito, Santa Fe de Bogota, Popayan und Mexiko. Es kömmt zuerst darauf an, den mittlern Wärmegehalt der Tropenregion in der Ebene des Meeres fest zu setzen. Wenn ich meine eignen fünfjährigen Beobachtungen mit denen vergleiche, welche Cotte in seinem klassischen Werke: Memoires de Meteorologie, vereinigt hat, so scheint es entschieden, daß vom Aequator bis 60° nördl. Breite das Thermometer zu einer gleich großen Höhe steigt; daß die außerordentlich hohen Thermometerstände in den gemäßigten Klimaten häufiger als zwischen den Tropen sind; und daß, (wenn man in der Sonne, oder mit Licht-absorbirenden, gleichsam photoskopischen Thermometern, oder von wenig genauen Beobachtern angestellte Versuche ausschließt,) das Tropenklima im Innern von Asien, Afrika und Amerika gleich heiß ist. Seitdem die Reisenden mit Quecksilberthermometern versehen sind, und im Schatten, außerhalb des Reflexes von Gebäuden und Felswänden beobachten, verschwinden nach und nach die Angaben von 33 bis 36° R. Tropenwärme, ob man gleich noch Thermometerscalen sieht, auf denen 50 und 60° syrischer und senegal'scher Hitze angedeutet sind. Nach Cotte fällt die mittlere Temperatur der Länder zwischen den Wendekreisen zwischen 21° und 22°,7 R. La Condamine bestimmt sie für die Ufer der Südsee nur auf 20°. Allerdings ist die südliche Hemisphäre unsers Erdballs etwas kühler, oder vielmehr gleichmäßig milder, als die nördliche. Doch liegt dieser Unterschied mehr in den Extremen, als in der mittlern Wärme. Die Länder südlich vom Aequator, besonders die der gemäßigten südlichen Zone, sind wegen der großen Wassermenge der südlichen Halbkugel weder so übermäßig kalt, noch so übermäßig warm, als die nördlichen Regionen der Erde unter gleichen Breiten. Nach meinen Beobachtungen zu Guayaquil, einem Hafen an der Südsee, scheint die mittlere Temperatur dieser Küstenländer gegen 21°,3 zu betragen. Natürlich muß hiervon der Erdstrich zwischen Amotape und Coquimbo ausgeschlossen werden, der westlichste und sandige Theil von Peru, in dem es nie regnet und donnert, und in welchem fünfmonatliche Verhüllung der Sonne durch dicke Nebel eine dort empfindliche Kälte von 9 bis 10° R. erregt. In Cumana, (10°27'37" s. Breite,) einem wegen seiner übermäßigen Hitze weit berufenen Orte, wo ich theils selbst beobachtete, theils mit meinen Instrumenten während der Orinoco-Reise sorgfältigst beobachten ließ, ist die mittlere jährliche Wärme 22°,2. In Vera Cruz, wo ich ein Tableau von 21000 Beobachtungen des Don Bernardo de Orta durchsuchte, finde ich die mittlere Temperatur zu 20°,3. Die Breite des nahen amerikanischen Continents und Nordstürme vermindern dort im Winter die Wärme des Klima. Auch liegt dieser Hafen schon den Wendekreisen nahe, unter 19° 12' nördl. Breite. Dieselben Ursachen bringen die mittlere Wärme der Havanna, über die ich vierjährige Beobachtungen bekannt machen werde, auf 18° R. herab; ja man sieht dort, unter 23° 9' nördl. Breite, an Orten, die nur 240 Fuß über das Meer erhaben sind, das Thermometer manchmahl auf dem Gefrierpunkte. Im Jahre 1801 sank an den kältesten Tagen in Lima, den 28. Julius, den 30. August und den 27. September, das Thermometer auf 11° herab. Die wärmsten Tage waren der 25. Febr. und 25. März zu 22° R. Die mittlere Temperatur von Lima scheint gegen 17°, also 4° weniger zu seyn, als an der Küste gelegenen Orten dieser geogr. Breite zukömmt. Ein vortreffliches Mittel, die mittlere Temperatur der Tropenregion kennen zu lernen, bietet die Oberfläche des Oceans dar, nämlich da, wo seine Wärme weder durch Untiefen noch durch Strömungen modificirt ist. Ich arbeite an einer Karte über die Temperatur der Meere, zu der ich außer meinen eignen Versuchen eine Menge von Beobachtungen benutze, welche spanische Seeofficiere auf meine Bitte in der südlichen Halbkugel angestellt haben, und noch anstellen. Nicht bloß der bekannte, von Franklin, Williams und Pownall untersuchte Golf-Strom, welcher die warmen Wasser des mexikanischen Meerbusens über die Bank von Neufoundland führt, sondern auch ein Strom kalter Gewässer, den wir in der Südsee gefunden haben, soll darauf verzeichnet werden; ein Strom, welcher an der Küste von Chili und Peru hinfließt, und sich beim Cap Parinna gegen Westen wendet. Außerhalb dieser Strömungen finde ich das Meer in der dem Aequator nahen Zone zwischen 20°,6 und 22°,5. Das Endresultat aller dieser Beobachtungen ist, daß man die mittlere Wärme der Ebene des Meeres zwischen den Parallelen 10° nördlich und südlich von der Linie, auf 21°,5 und zwischen 10° und den Wendekreisen auf 20°,8 anschlagen kann. Kirwan's Annahme von 23° für den Aequator ist demnach zu hoch. Phys. chem. Schriften, nach Crell's Uebersetzung, B. 3, S. 132. Mit ihr vergleicht nun Hr. von Humboldt die mittlern Temperaturen der oben genannten in großen und hohen Gebirgsebenen gelegenen Städte. Die Höhe der Stadt Quito, (0°,13' 17" s. Br.,) ist nicht, wie sie La Condamine und Bouguer bei Berechnung der Berghöhen annehmen, 1462t, sondern barometrisch gemessen und nach La Place's Formel berechnet 1500t. Das Thermometer sah Hr. von Humboldt bei seinem sechsmonatlichen Aufenthalte daselbst oft den ganzen Morgen über zwischen 5° und 9° R. Besonders seit dem fürchterlichen landverheerenden Erdbeben von 1797 ist das ganze Klima der Gegend merklich kälter geworden, als es zu La Condamine's Zeiten war. Die mittlere Temperatur, die er, doch, wie es scheint, nach keinem genauen Journal, auf 13°,7 setzte, scheint gegenwärtig nur auf 12°, also unter der von Rom zu stehen. Der Unterschied mit den nahen Küstenländern beträgt hiernach 9°,5 R., und die Wärmeabnahme 157t auf 1° R. Auf ähnliche Weise berechnet, erhält man sie für St. Fe de Bogota 163t, für Mexiko 160t, für Popayan 168t. St. Fe de Bogota, die Hauptstadt des Königreichs Neu-Granada, liegt 1356t über dem Meere; mittlere Temperatur 13°,2. Die Höhe von Mexiko nach meinen Beobachtungen ist 1173t, die mittlere Temperatur 13°,5; nördl. Breite 19° 26' 2". Popayan, der Sitz eines Bischofs, liegt in dem anmuthigen Thale des Caucaflusses, am Fuße zweier Schneebedeckter Vulkane, Sotara und Purace; Höhe 840t; das Klima überaus angenehm; mittlere Temperatur nach Doctor Calda's Beobachtungen 16°,5; nördl. Breite 2° 24' 33". In allen diesen Beobachtungen zeigt sich, wie man sieht, eine bewundernswürdige Harmonie. Alle geben die Wärmeabnahme von 157 bis 168t auf 1° R., und beweisen dadurch gleichmäßig den Einfluß der Erhitzung und der strahlenden Wärme großer Gebirgsebenen. Dieser Einfluß erklärt, warum man in der Andeskette nahe am Aequator noch in 800t Höhe das Klima, oder wenigstens die mittlere Temperatur von Algier, und in 1400t Höhe die mittlere Temperatur von Rom und Florenz findet. Was das zweite der oben erwähnten Mittel betrifft, die mittlere Wärme einer Gegend auszumitteln, nämlich die Temperatur der Quellen, so hat, wie der Verfasser bemerkt, Herr von Buch, der dieses sinnreiche Verfahren neuerlich in diesen Annalen, B. XX, S. 343, wieder gründlich empfahl, auf seinen Reisen durch die Schweiz und Italien mehrere Beobachtungen gesammelt, welche in beträchtlichen Höhen angestellt sind, und für die Zuverlässigkeit dieses Mittels zu zeugen scheinen. Allein in steilen und großen Höhen, wo sich entweder das Schneewasser rasch tiefern Quellen beimischt, oder wo diese Quellen ihrem Ursprunge in höhern Regionen nahe sind, wird es unzuverlässig, und solche Gebirgsquellen zeigen eine geringere Temperatur, als der Gegend, wo sie ausbrechen, im Mittel zukömmt. John Hunter, den Cavendish veranlaßt hatte, auf dem blauen Gebirge von Jamaika die Wärme der Quellen zu messen, fand sie vom Meere an bis zu einer Höhe von 1400 Yards, (gleich 653t,) von 21°,3 allmählig bis 13°,3 abnehmen. Nun ist, nach Edward's History of Jamaica, Vol. I, p. 184, der Gipfel der blauen Berge nur 7431 engl. Fuß (1161t) über die Meeresfläche erhaben. Die Quelle bei Mr. Wallens House scheint also die große Kälte von 13° vom Gipfel selbst zu haben. In den Gebirgen von Cumana und Caraccas habe ich mehrere ähnliche Beobachtungen über die Temperatur der Gebirgsquellen angestellt, und ebenfalls diese Quellen stets kälter gefunden, als man nach ihrer Höhe hätte vermuthen sollen; so z. B. eine Quelle in 680t Höhe von 13°,2, eine andre in 505t Höhe von 13°,5, und eine dritte in 392t Höhe von 16°,8 Wärme. Alle waren also wenigstens 3° kälter, als sie es nach der mittlern Temperatur der Gegend sollten, wo sie ausbrechen. Philosophical Transact. of the Roy. Soc. of Lond. for 1788. So wie die Quellen, da, wo sie langsam in weiten Gebirgsebenen fließen, die wahre mittlere Wärme anzeigen, so erkennt man diese auch in der Temperatur der Höhlen. Wie schwer es indeß ist, diese so genannte innere Erdwärme auszumitteln, und wie sehr Localverhältnisse darauf einwirken, das habe ich bereits in meiner Schrift über die unterirdischen Gasarten durch Versuche gezeigt. Da diese Erdwärme gewöhnlich in Kellern oder in Bergwerken auf Querbrüchen und abgeworfnen zimmerungslosen Stellen beobachtet wird, so hat man bald mit äußerm Luftwechsel, bald mit Verdampfung des nassen Gesteins, bald mit luftausblasenden trocknen Klüften, bald mit Wärmeentbindung der sich zersetzenden Gang- und Gebirgsarten zu kämpfen. Wenn ein Physiker mehrere Jahre lang auf dem Rücken der hohen Andeskette lebte, so wäre es allerdings ein herrliches Unternehmen, von 500 zu 500t am Gebirgshange Querschläge in dürre Porphyrfelsen treiben zu lassen, um dort die Temperaturabnahme zu beobachten. Leider aber sind Unternehmungen dieser Art für Reisende unmöglich; sie sehn sich in ihren Beobachtungen auf Höhlen und Bergwerke eingeschränkt, wie sie ihnen die Natur und Kunst zufällig darbietet. -- -- [Hier von denen, welche Herr von Humboldt in seiner Abhandlung mittheilt, nur zwei Beobachtungen jeder Art:] Höhlen. Thermometerstand in den Kalkhöhlen östlich von der Stadt Havana, kaum 10t über der Meeresfläche, 18°,3 R.; die äußere Luft 21° R. -- Temperatur der Höhle Guacharo beim Kloster Caripe in 505t Höhe, und 10°12' nördl. Breite, 15° R.; des in ihr entspringenden Flüßchens 13°,5; der äußern Luft 13°. Gruben. Temperatur der mexikanischen Grube S. Ygnacio bei Tehuilotapec, in 840t Höhe und 18° 38' nördl. Breite, unter sehr günstigen Umständen, 19°,5; der Grubenwasser 16°; der äußern Luft 17°. -- Temperatur der peruanischen Grube la Guadaloupe bei der Stadt Micuipampa in 1840t Höhe und 6°45' südl. Breite, 11°5; der Grubenwasser 9°; der äußern Luft 4°,5. In allen diesen Beobachtungen, bemerkt Herr von Humboldt, über die so genannte innere Wärme der Erde ist zwar der Einfluß der Höhe nicht zu verkennen; im Ganzen sind die Resultate aber doch zu ungleich, um sie über das Gesetz der Wärmeabnahme entscheiden zu lassen. Wir haben jetzt alle Hülfsmittel untersucht, durch welche man zu der Kenntniß dieses Gesetzes gelangen kann. -- -- Das Resultat, zu welchem sie uns führen, ist, wie man aus der Tafel S. 28 ersieht, daß man sich 121t,1 erheben muß, um die Temperatur einer Luftschicht um 1° R. vermindert zu sehen. Dieses Gesetz scheint für die Tropenländer und für unser europäisches Klima im Sommer fast gleichgültig zu seyn. Vielleicht ist die Wärmeabnahme nahe am Aequator um ein Geringes langsamer als in Europa, welches in der größern Menge strahlender Aequatorialwärme gegründet seyn kann. Wie die Wärmeabnahme bei uns im Winter sey, welcher Unterschied zwischen dem Tage und der Nacht Statt findet, und ob man sie, wie ich selbst bezweifle, als eine arithmetische Progression im strengsten Sinne des Wortes betrachten könne; das müssen fernere Versuche in der Zukunft lehren. Die Verschiedenheit der Horizontalrefraction, welche man seit Bouguer zwischen der heißen Zone und unsern Klimaten annimmt, könnte als Einwendung gegen die Uebereinstimmung gelten, die wir zwischen meinen Beobachtungen unter dem Aequator und den europäischen Sommerbeobachtungen gefunden haben. Aber man darf nicht vergessen, daß Herr Delambre durch genaue Versuche neuerlich erwiesen hat, die Horizontalrefraction im mittlern Europa sey viel geringer, als man bisher geglaubt hat. Dazu kömmt, daß Bouguer's Beobachtungen in Quito im Widerspruch mit denen stehn, welche Le Gentil in fast gleicher Breite in Asien angestellt hat. So lange die Astronomen selbst noch nicht über die Horizontalrefraction in verschiedenen Breiten mit einander einig sind, ist es vorsichtiger, bei dem reinen Ausspruche der physikalischen Versuche stehen zu bleiben.