Digitale Ausgabe

Download
TEI-XML (Ansicht)
Text (Ansicht)
Text normalisiert (Ansicht)
Ansicht
Textgröße
Originalzeilenfall ein/aus
Zeichen original/normiert
Zitierempfehlung

Alexander von Humboldt, Louis Joseph Gay-Lussac: „Versuche über die eudiometrischen Mittel, und über das Verhältniss der Bestandtheile der Atmosphäre. Vorgelesen in der ersten Klasse des National-Instituts am 21sten Jan. 1805 Zweiter Teil: Ueber die Natur der Luft, welche man aus dem Wasser erhält, und über die Wirkung des Wassers auf reine und auf vermischte Gastarten“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1805-Experiences_sur_les-3> [abgerufen am 26.04.2024].

URL und Versionierung
Permalink:
https://humboldt.unibe.ch/text/1805-Experiences_sur_les-3
Die Versionsgeschichte zu diesem Text finden Sie auf github.
Titel Versuche über die eudiometrischen Mittel, und über das Verhältniss der Bestandtheile der Atmosphäre. Vorgelesen in der ersten Klasse des National-Instituts am 21sten Jan. 1805 Zweiter Teil: Ueber die Natur der Luft, welche man aus dem Wasser erhält, und über die Wirkung des Wassers auf reine und auf vermischte Gastarten
Jahr 1805
Ort Halle
Nachweis
in: Annalen der Physik 20:1 (1805), S. 38–92; 20:2 (1805), S. [129]–146.
Beteiligte Louis Joseph Gay-Lussac
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Antiqua (mit lang-s); Auszeichnung: Kursivierung, Sperrung; Fußnoten mit Asterisken; Schmuck: Initialen; Tabellensatz.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: II.32
Dateiname: 1805-Experiences_sur_les-3
Statistiken
Seitenanzahl: 73
Zeichenanzahl: 100458

Weitere Fassungen
Expériences sur les moyens eudiométriques, et sur la proportion des principes constituans de l’atmosphère (Paris, 1805, Französisch)
Versuche über die eudiometrischen Mittel und das Verhältniß der Bestandtheile der Atmosphäre (Berlin, 1805, Deutsch)
Versuche über die eudiometrischen Mittel, und über das Verhältniss der Bestandtheile der Atmosphäre. Vorgelesen in der ersten Klasse des National-Instituts am 21sten Jan. 1805 Zweiter Teil: Ueber die Natur der Luft, welche man aus dem Wasser erhält, und über die Wirkung des Wassers auf reine und auf vermischte Gastarten (Halle, 1805, Deutsch)
Experiments on the Eudiometrical Means, and on the Proportion of the Constituent Principles of the Atmosphere (London, 1806, Englisch)
|38|

VERSUCHE über die eudiometriſchen Mittel, undüber das Verhältniß der Beſtand-theile der Atmoſphäre, von Alex. v. Humboldt u. J. F. Gay-Lussac.

Die Phyſiker und Chemiker ſind zwar über dieNatur der Beſtandtheile unſrer Atmoſphäre, nichtaber über das Verhältniß derſelben einig. — —Dieſes genau zu wiſſen, iſt für die meiſten chemi-ſchen Erſcheinungen gleichgültig, hat aber an ſichein großes Intereſſe und iſt für die Geſchichte derErde von Wichtigkeit. Stimmen alle geologiſcheThatſachen dahin überein, zu beweiſen, daß dieErde das nicht mehr iſt, was ſie ehemahls war, daßſehr hohe Berge ehemahls vom Waſſer bedeckt wa-
*) Dieſer wichtige Aufſatz war als einzelnes Werkangekündigt, (Ann., XIX, 405 a.,) iſt aber zurjetzigen Meſſe als ſolches nicht erſchienen, undſcheint ſich überhaupt mehr für eine phyſikaliſcheZeitſchrift, als für abgeſonderten Druck zu eignen.Der Leſer erhält ihn daher hier nach dem Journ. dePhyſ., t. 60, p. 129—158, zwar frei, doch treubearbeitet, vom Herausgeber.
|39| ren, und daß der Norden Thiere nährte, die ſichjetzt nur noch zwiſchen den Wendekreiſen finden;ſo läßt ſich abſehen, daß es für die kommendenJahrhunderte von großem Werthe ſeyn müſſe, wennwir den gegenwärtigen phyſiſchen Zuſtand des Erd-körpers genau beſtimmen. Denn geſetzt auch, diegroßen Kataſtrophen, welche er ſchon erlitten hat,ſollten ſich nicht wieder ereignen, ſo wäre es dochmöglich, daß er allmähligen Modificationen unter-worfen wäre, die ſich erſt nach einer langen Reihevon Jahren zeigten; und in ſo fern dürfte es vonder höchſten Wichtigkeit ſeyn, die großen Phäno-mene der Natur, welche vielleicht variabel ſeynkönnten, jetzt durch genaue Beobachtungen auf ei-ne zuverläſſige Art auszumitteln z. B.: die Inten-ſität der magnetiſchen Kräfte, die Barometerhöhean der Meeresfläche, die Höhe des Meers, diemittlere Temperatur eines jeden Klima, und dasVerhältniß in den Beſtandtheilen der Atmoſphäre.Wir haben den letzten Punkt zum Gegenſtande unſe-rer Nachforſchungen gewählt; und obſchon dasReſultat unſrer Unterſuchungen uns noch nicht ge-nügt, ſo wagen wir es doch, ſchon jetzt den An-fang derſelben bekannt zu machen.
Es war zuerſt nothwendig, die bekannten eudio-metriſchen Mittel und in wie fern durch ſie das Ver-hältniß der Beſtandtheile der Luft mit Zuverläſſig-keit auszumitteln ſey, genau zu erforſchen. Wahr-ſcheinlich dürften ſie alle daſſelbe Reſultat geben,wenn man ſie alle gleich gut kennte; weil es aber |40| ſehr ſchwierig iſt, alle Correctionen, welche ſie er-fordern, aufzufinden, ſo giebt man natürlich de-nen, welche die wenigſten Correctionen fordern,vor den übrigen den Vorzug, obſchon dieſe nichtimmer im Gebrauche die einfachſten ſind. So z. B.ſcheint das Salpetergas auf den erſten Anblick dasunzuverläſſigſte unter allen eudiometriſchen Mittelnzu ſeyn; und doch haben wir uns überzeugt, daß,wenn man die Wirkung deſſelben mit der des ſchwe-felſauren Eiſens oder der oxygenirten Salzſäure unddes Kali verbindet, der Sauerſtoffgehalt der Luftdurch daſſelbe mit vieler Schärfe angegeben wird.Dieſe Unterſuchungen über die eudiometriſchenMittel werden uns in den Stand ſetzen, die Beſtand-theile der atmoſphäriſchen Luft ihrem Verhältniſſenach genau zu beſtimmen, und das ſoll der zweiteGegenſtand unſrer Arbeit ſeyn. Zuletzt wollen wirverſuchen, die Natur des Gas auszumitteln, welchesſich unter verſchiedenen Umſtänden aus Waſſerziehen läßt, und die Veränderungen aufzuklären,welche die Gasarten leiden, wenn ſie eine Zeit langmit Waſſer in Berührung ſind. *) Wir müſſen jedoch noch ein Mahl erinnern, daßwir dieſe Gegenſtände nicht in ihrem ganzen Um-fange behandeln werden, wie ſie das wohl verdien-ten, ſondern daß wir, (gezwungen, unſre Unter-ſuchungen, ehe ſie vollendet waren, zu unterbre-
*) Dieſe letztere Unterſuchung macht den zweitenTheil des Aufſatzes aus, und ſie verſpare ich als eineignes Ganzes für das folgende Heft. d. H.
|41| chen,) hier nur die vornehmſten Reſultate derſelbenmittheilen können. Wir fingen dieſe Arbeit vorbeinahe zwei Monaten, in einem der Laboratoriender Ecole polytechnique an, und verfolgten ſie, un-geachtet der Kälte, die bei ihr beſonders unange-nehm iſt, mit deſto mehr Fleiß, ein je höheres In-tereſſe Herr von Humboldt an dieſen Unter-ſuchungen nehmen mußte. Er hatte nämlich imJahre 1798 dem National-Inſtitute zwei Abhandlun-gen über die Zerlegung der Luft vorgelegt, welcheeine große Menge von Verſuchen enthalten, die erjetzt, (er iſt es ſelbſt, der dieſes erklärt,) für ſehrungenau hält, und von denen er eingeſteht, daßſie von Davy und von Berthollet, (einem Che-miker, deſſen beſondere Freundſchaft wir uns bei-de zur Ehre rechnen,) mit Recht beſtritten wordenſind. *) Voll Eifer für die Fortſchritte der Wiſſen-ſchaften hat Herr von Humboldt gewünſcht,an die Stelle dieſer Arbeit ſeiner erſten Jugend eineandere zu ſetzen, welche auf feſterm Grunde ge-baut wäre. Er wünſchte, als er ſie anfing, daßich mich zu derſelben mit ihm verbinden möchte,und ich mußte mich durch dieſen Antrag um ſo mehrgeehrt finden, da wir, ſeitdem er von ſeiner Reiſenach Amerika zurück gekehrt iſt, durch die engſteFreundſchaft mit einander verbunden ſind.


*) Man vergl. Annalen, XIX, 403 u. 399; V, 341 f.;VI, 424; III, 77. d. H.
|42|

1. Bemerkungen über einige eudiome-triſche Mittel.

Die meiſten Unterſuchungen, welche wir überdie verſchiedenen eudiometriſchen Mittel angefan-gen haben, ſind noch allzu unvollſtändig, um ſchonjetzt mitgetheilt zu werden. Wir werden uns da-her hier nur auf die Schweſelalkalien *) und aufdas Waſſerſtoffgas, und zwar ganz beſonders aufletzteres einlaſſen, weil uns dieſe beiden eudiome-triſchen Mittel ganz vorzüglich beſchäftigt haben. 1. Die Wirkung der Schweſelalkalien **) in derZerlegung der Luft iſt zwar im Allgemeinen ziem-lich conſtant, weßhalb man ſie mit Recht den an-dern eudiometriſchen Mitteln vorzog. Doch findenſich in ihnen einige Gründe von Unzuverläſſigkeit,welche ſehr genau zu kennen, nöthig iſt, ſollman in die Reſultate, welche ſie geben, volles Ver-trauen ſetzen. Man glaubte lange, ſie wirkten aufdas Stickgas gar nicht; und obgleich Herr de Mar-ti ſchon 1790 das Gegentheil gezeigt hatte, ſo wardieſes doch der Aufmerkſamkeit der meiſten ent-gangen. Zwar war von ihm zugleich angezeigtworden, daß ſie ſich mit Stickgas ſättigen laſſen,und dann immer einen Sauerſtoffgehalt der Luft
*) Richtiger: auf die Schwefel-Waſſerſtoff-Alkalien. d. H. **) Der flüſſigen, und daher, genau genommen, der Schwefel-Waſſerſtoff-Alkalien. d. H.
|43| von 0,21 bis 0,23 angeben; *) da er aber das De-tail dieſes Verſuchs nicht gehörig beſchrieben hatte,gelang derſelbe Berthollet nicht, der ihn unterandern Umſtänden wiederhohlte, weßhalb dieſerChemiker in ſeiner Statique chimique bemerkt, erfinde nicht, daß die Schwefelalkalien Stickgas zuverſchlucken vermögen. Wir ſetzten daher anfangsein großes Vertrauen in dieſes eudiometriſche Mit-tel; das einzige, was uns daran mißfiel, war dielange Dauer des Prozeſſes; doch bemerkten wirbald, daß es nicht immer gleichförmig wirkt, unddarin kam uns der Zufall zu Hülfe.
Wir hatten in drei Gefäßen von ungleichem In-halte, in jedem 100 Theile atmoſphäriſcher Luftüber eine durch Hitze bereitete Auflöſung vonSchwefelkali geſperrt. Nach acht Tagen betrug dieAbſorption in den drei Gefäßen 23, 23,6, 26 Thei-le, und zwar war ſie im größten Gefäße am ſtärk-ſten. Dieſes ließ uns argwöhnen, es möchte dochwohl etwas Stickgas verſchluckt worden ſeyn, undwir wiederhohlten den Verſuch mit zwei Gefäßen,deren Inhalt noch mehr verſchieden war, unter den-ſelben Umſtänden wie zuvor. Nach 10 Tagen wa-ren im kleinen Gefäße 22,5, im großen 30,6 Thei-le verſchluckt. Den überzeugendſten Beweis er-hielten wir indeß, als wir eine Auflöſung vonSchwefelkali, die bis zum Kochen erhitzt wordenwar, mit Stickgas in ungleich großen Gefäßen in Be-
*) Annalen, XIX, 389 f. d. H.
|44| rührung brachten; hier ſtand die Abſorption imVerhältniſſe mit dem Inhalte der Gefäße. — Nimmtman dagegen eine nicht durch Hitze, ſondern kalt bereitete Auflöſung von Schwefelkali, wie das Berthollet ſtets gethan hat, ſo findet kein be-merkbares Verſchlucken von Stickgas Statt, und dieAnalyſen der Luft geben dann weit vergleichbare-re Reſultate. Dieſe veränderliche Wirkung vonSchwefelalkalien, welche in verſchiedenen Tempe-raturen aufgelöſt ſind, verdient genauer aufgeklärtzu werden; und das wird am leichteſten geſchehen,wenn wir ſie mit einem ähnlichen, doch leichter zuüberſehenden Phänomene zuſammen ſtellen.
Das Waſſer enthält immer eine gewiſſe Mengevon Luft von höherm Sauerſtoffgehalt als die atmo-ſphäriſche Luft aufgelöſt. Erhitzt man es, oderlöſt man darin ein Salz auf, ſo entweicht ein Theildieſer Luft; der übrige wird zurück gehalten, läßtſich aber durch ſtärkere Hitze weiter austreiben.Läßt man Waſſer, das ſeiner Luft durch dieſes letz-tere Mittel beraubt worden iſt, an der Luft erkal-ten, ſo wird es, indem es zur anfänglichen Tempe-ratur zurück kommt, eben ſo viel Luft, als es ver-loren hat, wieder verſchlucken; und iſt man dar-auf nicht vorbereitet, und urtheilt nach dem Schei-ne, ſo wird man glauben, bloßes Waſſer, oderSalzwaſſer habe die Luft zerlegt. So hat Hr. Hel-ler vor kurzem angekündigt, eine Auflöſung vonKochſalz verſchlucke allen Sauerſtoff aus darübergeſperrter Luft. Und doch, als wir den Verſuch |45| mit einer ſehr concentrirten Auflöſung von Koch-ſalz, die aber in der Kälte bereitet war, wieder-hohlten, fanden wir nicht den kleinſten Unterſchiedzwiſchen der gewöhnlichen atmoſphäriſchen Luft,und zwiſchen ſolcher, die 1\( \frac{1}{2} \) Monate lang über demKochſalzwaſſer geſperrt geweſen war. *)
*) Die ſcharfſinnige Art, wie die Verfaſſer den Er-folg im Verſuche des Hrn. Prof. Heller, (Annal., XVI, 95 f.,) erklären, würde voraus ſetzen, daßHerr Heller ſeine Kochſalzauflöſung mit Hülfeder Wärme gemacht, und als ſie noch warm war,die Luſt darüber geſperrt habe. Es ſcheint mir in-deß erſtens nicht, daß Herr Prof. Heller zu die-ſer Annahme durch etwas anderes, als höchſtensdadurch berechtigt, daß er ſagt, er habe ſich ei-ner völlig geſättigten Kochſalzauflöſung bedient;zweitens möchte dieſe Annahme ſchwerlich mitder ſo langſamen Abſorption, die volle 2\( \frac{1}{2} \) Monatehindurch immer im Zunehmen war, (Ann., XVI,10,) beſtehen; endlich würde es immer ein beſon-derer Zufall bleiben, daß das Kochſalzwaſſer gera-de 0,216 des Luftvolums verſchluckte. Irre ichmich daher nicht, ſo möchte es der Mühe lohnen,wenn Herr Prof. Heller dieſen Verſuch mit allerVorſicht, wozu dieſe Abhandlung Anleitung giebt,noch ein Mahl wiederhohlte. – Sollte es viel-leicht möglich ſeyn, daß das Kochſalz, deſſen erſich bediente, etwas Schwefel-Waſſerſtoff-Kalkenthalten haben könnte? Wenigſtens ſind mancheSalzquellen zugleich Schwefelquellen, wie das auchder Fall iſt bei einer der Hauptquellen in Halle. d. H.
|46| Genau daſſelbe als mit einem Salze, geſchiehtmit jedem Schwefelalkali. Im Augenblicke, da esſich im Waſſer auflöſt, entweicht ein Theil derLuft aus dem Waſſer, und es tritt ein Sättigungs-Gleichgewicht zwiſchen Waſſer, Schwefelalkaliund Luft ein, weßhalb, ſo lange die Umſtände die-ſelben bleiben, kein Grund vorhanden iſt, daß dasWaſſer Luft verſchlucke. Erhitzt man dagegen dieAuflöſung, ſo entweicht noch ein Theil des Gas,das ſie enthielt, weßhalb ſie dann natürlich beim Er-kalten gerade das an Gas wieder verſchlucken muß,was ſie ſo verloren hatte, damit das Gleichgewichtwieder hergeſtellt werde. *) Wir glauben auf dieſeArt die Verſchiedenheit zwiſchen den Reſultatender Herren de Marti und Berthollet, ausder Verſchiedenheit der Umſtände ſelbſt, unter de-
*) Die Abſorption, von der wir hier reden, iſt ganzunabhängig von der, welche das Schwefelalkalifür ſich auf den Sauerſtoff äußert, und vermögeder es ſich in ein ſchwefelſaures Alkali verwandelt.Da indeß das Schwefelalkali das im Waſſer con-denſirte Sauerſtoffgas verſchluckt, ſo möchte ausdieſem Grunde Waſſer, das Schwefelalkali enthält,eine größere Menge Stickgas als bloßes Waſſer inſich aufnehmen können; ſo daß, wenn man ſicheiner zwar kalt, doch friſch bereiteten Auflöſungbediente, auch dieſe Auflöſung wahrſcheinlich ei-ne größere Abſorption zeigen dürfte, als vom blo-ßen Sauerſtoffgas herrührt. Wir ſagen: wahrſchein-lich, denn wir haben darüber noch keinen Ver-ſuch angeſtellt. die Verfaſſer.
|47| nen beide operirt haben, erklären zu können.Nur glaubte Herr de Marti fälſchlich, daß dasSchwefelalkali vermöge ſeiner Natur Stickgas ver-ſchlucke. Dies vermag es keinesweges; vielmehriſt es Urſache, daß das Waſſer, womit man es kocht,nicht ſo viel Luft verſchluckt, als es ohne dies thunwürde.
Die Schwefelalkalien können dieſem zu Folgemit Sicherheit zur Analyſe der Luft gebraucht wer-den, beobachtet man nur die Vorſicht, ſie im Kal-ten aufzulöſen, und ſie einige Zeit lang mit Stick-gas oder mit atmoſphäriſcher Luft in Berührung zulaſſen. Sie haben indeß die Unbequemlichkeit, daß,da es lange Zeit dauert, bis ſie das Sauerſtoffgasvollſtändig verſchluckt haben, man dabei der Cor-rectionen wegen des Thermometer- und des Baro-meterſtandes bedarf, welche oft ſehr mißlich ſind. *) Die leichteſte Methode, dieſe zu finden, iſt unſtrei-tig, daß man, wie Berthollet und de Marti, ein bekanntes Volumen Luft über Waſſer ſperrt,und aus den Volumenveränderungen derſelben aufdie der Luft, welche man analyſirt, ſchließt; dochhat es uns geſchienen, daß dieſe Methode in derAusübung nicht ſo vortheilhaft iſt, als es ſcheint.
*) Bedient man ſich des flüſſigen Schwefelkalks,(Schwefel-Waſſerſtoff-Kalks,) nach Art des Dr. Hope, (Ann. XIX, 385,) ſo ſoll bei hinlänglichemSchütteln alles Sauerſtoffgas in 20 Minuten vollſtän-dig abſorbirt ſeyn. (Daſ., 421.) d. H.
|48| Noch müſſen wir bemerken, daß bei allen fe-ſten oder tropfbar-flüſſigen eudiometriſchen MittelnFehler, welche man in der Beobachtung der Grade,oder indem man die Unzuverläſſigkeit der Methodeſchätzt, begeht, ganz und gar auf Rechnung desSauerſtoffgehalts kommen. Da man nun bei der größ-ten Sorgfalt ſchwerlich weiter als bis auf ein Hun-dertel der Beobachtung gewiß ſeyn kann, ſo wür-de ſich auf dieſe Art der Sauerſtoffgasgehalt der Luftnur bis auf 0,01 genau beſtimmen laſſen. In derThat haben die Chemiker, durch eudiometriſcheMittel dieſer Art, eine ziemlich bedeutende Ver-ſchiedenheit in dem Sauerſtoffgehalt der atmoſphä-riſchen Luft gefunden, und ſelbſt de Marti, derviel Verſuche mit Schwefelalkalien angeſtellt zu ha-ben ſcheint und die nöthige Vorſicht bei denſelbenkannte, beſtimmt dieſen Gehalt zwiſchen 0,21 und0,23. *) Wir werden weiterhin ſehen, daß eudio-metriſche Methoden, bei denen man ſich eines luft-förmigen Mittels zur Abſorption des Sauerſtoffgasbedient, eine größere Schärfe zulaſſen.
*) Vergl. Annalen, XIX, 391, 392. Dort beſtimmt de Marti den Sauerſtoffgehalt der atmoſphäri-ſchen Luft nach ſeinen Verſuchen mit flüſſigenSchwefelalkalien auf 0,21 bis 0,22, welche letztereGränze doch nie erreicht wird. Nach Berger’s Verſuchen mit Schwefelalkalien ſollte dieſer Ge-halt zwiſchen 0,203 und 0,216 fallen. (Daſ., 415.) d. H.
|49| 2. Da wir unſre Arbeit hauptſächlich in der Ab-ſicht angefangen haben, um uns zu vergewiſſern, obdas Voltaiſche Eudiometer zur Analyſe der Luftbrauchbar ſey, ſo machte dieſes Eudiometer denHauptgegenſtand unſrer Unterſuchung aus. Manhatte demſelben Unzuverläſſigkeit zur Laſt gelegt, *) und daß es den Sauerſtoffgehalt der Luft zu kleinangebe. Es ſchien uns aber, daß es hier nur auf Cor-rectionen ankommen möchte, die man ausmitteln,und für deren Variationen man Geſetze auffindenmüßte, um dieſes Eudiometer eben ſo genau alsbequem zu machen. Wir legten uns daher folgen-de Fragen vor: A. Kann, wenn man ein Gemengeaus Waſſerſtoffgas und Sauerſtoffgas im Voltaiſchen Eudiometer entzündet, eine dieſer beiden Gasartenvollſtändig abſorbirt werden? — B. Iſt das Pro-dukt der Verbindung dieſer beiden Gasarten beſtän-dig von einerlei Natur? — C. Nach welchem Ver-hältniſſe vereinigen ſie ſich zu Waſſer? — D. Wel-ches ſind die Gränzen der unvermeidlichen Fehlerbeim Voltaiſchen Eudiometer? Wir wollen dieſe Fragen eine nach der andernunterſuchen. Zuvor müſſen wir jedoch die Artangeben, wie wir uns beide Gasarten in der größtenReinheit verſchafft haben. Das Sauerſtoffgas ha-
*) So unter andern noch Berthollet in ſeinen Be-merkungen über die Eudiometrie, Ann., V, 343. d. H.
|50| ben wir aus überoxygenirt-ſalzſaurem Kali entbun-den. Um es möglichſt rein von Stickgas zu erhal-ten, thaten wir das Salz in eine Retorte, ſchmelz-ten vor der Lampe ein Entbindungsrohr an, undfüllten die Retorte bis über ein Viertel mit Waſſer.Bevor das Salz ſich zerſetzen konnte, mußte die-ſes Waſſer verdampfen, und die überſteigendenWaſſerdämpfe trieben ſehr bald alle Luft aus der Re-torte. Damit indeß in der Zwiſchenzeit, ehe dasGas kam, nicht wieder Luft hinein treten möchte,hatten wir das Ende des Entbindungsrohrs in eineSchale mit Queckſilber getaucht, welche wegge-nommen wurde, ſo bald das Gas erſchien. Um zuvermeiden, daß nicht das Sauerſtoffgas, indem esin dem Recipienten in Blaſen aufſteigt, aus demWaſſer, womit der Recipient gefüllt iſt, Stickgas inſich aufnehme, leiteten wir das Sauerſtoffgas gleichin den oberſten Theil des Recipienten, vermittelſteiner rechtwinklig gebogenen Glasröhre hinauf, diewir vermöge eines durchbohrten Korkſtöpſels vordem Entbindungsrohre befeſtigten. Dieſe ſehr ein-fache Methode iſt beſonders bei Gasarten zu em-pfehlen, die im Waſſer auflöslich ſind, z. B. beimkohlenſauren Gas, beim oxydirten Stickgas undähnlichen. — Unſer Waſſerſtoffgas erhielten wirdurch Zerſetzung des Waſſers, vermittelſt Zinkund Salzſäure oder Schwefelſäure, wobei wir dieSäure mit ungefähr 6 Theilen Waſſer verdünnt hat-ten. Wir beobachteten die Vorſicht, die ganzeEntbindungsflaſche mit verdünnter Säure voll zu |51| gießen, und das Gas ebenfalls nicht durch Waſſerſteigen zu laſſen. — Aller dieſer Vorſicht unge-achtet zeigten ſich in unſerm Sauerſtoffgas, als wires mit Schwefelkali behandelten, noch 0,004 Stick-gas, und in unſerm Waſſerſtoffgas mußten, wiewir weiter unten ſehen werden, noch 0,006 Stick-gas enthalten ſeyn.
Erſte Frage. Kann, wenn man ein Gemengeaus Sauerſtoffgas und Waſſerſtofſgas im Voltai-ſchen Eudiometer entzündet, eine dieſer beidenGasarten vollſtändig abſorbirt werden? Geſetzt, dieſes wäre der Fall, ſo müßten, ſchienes uns, beide Gasarten ſich genau nach demſelbenVerhältniſſe zu Waſſer vereinigen, gleich viel, obdas eine oder das andere vorwaltet. In der Thatwar dieſes ſehr nahe der Fall, als wir 300 TheileWaſſerſtoffgas und 100 Theile Sauerſtoffgas, unddann 200 Theile vom erſten und 200 Theile vomandern Gas mit einander entzündeten, und die nö-thigen Correctionen wegen der nicht völligen Rein-heit unſers Gas mit in Rechnung brachten. Es wä-re zwar wohl möglich, daß, ungeachtet eine derbeiden Gasarten vollſtändig verſchluckt würde, dieVerhältniſſe, wornach ſie ſich mit einander verei-nigten, wenn das eine, und wenn das andere Gasvorwaltet, nicht dieſelben wären; nämlich, wennſich in einem Falle ein oxygenirtes, im andern einhydrogeniſirtes Waſſer bildete. Da ſich aber wirk-lich dieſelben Verhältniſſe fanden, ſo müſſen wirnothwendig ſchließen, daß im erſten Falle das |52| Sauerſtoffgas, im andern das Waſſerſtoffgas voll-ſtändig ſey verſchluckt worden. Wenn bei eini-gen Miſchungen von Sauerſtoffgas und Waſſerſtoff-gas eine vollſtändige Abſorption der einen oder derandern Gasart Statt findet, ſo berechtigt uns dasnicht, zu ſchließen, daß das bei allen Miſchungs-verhältniſſen der Fall ſey. Vielmehr giebt es nichtnur Verhältniſſe, wornach beide Gasarten mit ein-ander, oder mit einem dritten Gas gemiſcht ſeynkönnen, bei denen es unmöglich iſt, ſie durch denelectriſchen Funken zu entzünden; ſondern auchandere, bei denen die Entzündung zwar anfängt,jedoch vor dem vollſtändigen Verbrennen aufhört.Folgende Verſuche ſcheinen uns dieſes auf eineüberzeugende Art darzuthun.
Es wurden gemengt Die Abſorptionnach der Entzün-dung betrug
Waſſerſtoffgas. Sauerſtoffgas.
100 Theile 200 Theile 146 Theile
100 300 146
100 600 146
100 900 146
100 950 68
100 1000 55
100 1200 24
100 1400 14
100 1600 0
Die vier vorletzten Abſorptionen ſind vielleichtnicht ganz genau, weil unſre Inſtrumente für dieProportionen der Miſchung zu klein waren; dochkommt es bei ihnen nicht auf ganz genau beſtimmte |53| Zahlwerthe an. Im letzten Falle fand keine Ent-zündung und daher auch gar keine AbſorptionStatt. Es iſt auffallend, in dieſen Verſuchen zu ſehen:1. daß eine Abſorption, die bei ſehr verſchiedenenVerhältniſſen conſtant iſt, ſich plötzlich in eine ab-nehmende Abſorption verwandelt; 2. daß das Ver-brennen von Waſſerſtoffgas, nachdem es angefan-gen hat, aufhören kann, bevor ſie ganz vollendetiſt; 3. daß es Miſchungen von Waſſerſtoffgas undSauerſtoffgas nach ſolchen Verhältniſſen giebt, daßes nicht mehr möglich iſt, ſie zu entzünden. DieſePhänomene werden ſich aus der Folge aufklären.Jetzt genügt es uns, durch dieſe Verſuche uns über-zeugt zu haben, daß es Verhältniſſe, und zwarzwiſchen ziemlich weiten Gränzen giebt, bei wel-chen das Waſſerſtoffgas vollſtändig verbrennt. In dieſen Verſuchen waltete das Sauerſtoffgasvor. Dieſelben Phänomene finden indeß auch um-gekehrt Statt, wenn man der Reihe nach 100 TheileSauerſtoffgas erſt mit 200, dann mit 300 Theilen,und ſo ferner mit 1000 und mehr Theile Waſſer-ſtoffgas miſcht und entzündet, nur mit dem Unter-ſchiede, daß die Gränze, wo die Abſorption con-ſtant zu ſeyn aufhört, hier weiter hinaus liegt. Unddas erklärt ſich ſehr natürlich daraus, daß beimEntzünden in dieſem Falle ſich 300 Theile, im vo-rigen dagegen nur halb ſo viel Theile gegenſeitigabſorbiren. |54| Auch Stickgas und kohlenſaures Gas geben ähn-liche Reſultate. Entzündet man z. B. eine Miſchungaus 900 Theilen Stickgas mit 100 Theilen Waſſer-ſtoffgas und 100 Theilen Sauerſtoffgas, ſo ver-ſchwinden nur 50 Theile, (bald einige mehr, baldeinige weniger,) indeß wir bei einem geringern An-theile an Stickgas, ſtets die vollſtändige Abſorptionvon 146 Theilen erhielten. Das Stickgas ſcheintſich hier alſo gerade wie das Sauerſtoffgas zu verhal-ten, da der Verſuch mit 100 Theilen Waſſerſtoff-gas und 1000 Theilen Sauerſtoffgas dieſelbe Ab-ſorption gab; doch fußen wir hierauf weiter nicht,da es uns noch an den nöthigen Verſuchen fehlt.Genug, daß die Verſuche, welche wir bereits an-geſtellt haben, beweiſen, daß, wenn Miſchungenaus Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas mit verſchiede-nen andern Gasarten gemiſcht werden, die Ab-ſorption bis zu einer gewiſſen Gränze conſtant ſeynkann, über welche hinaus ſie ſehr ſchnell abnimmt. Da bei dem eben erwähnten Verſuche mit einerMiſchung aus drei Gasarten die 100 Theile Waſſer-ſtoffgas nicht vollſtändig verbrannt waren, ſo ver-ſuchten wir, den Rückſtand zu zerlegen. Phosphorverminderte 100 Theile deſſelben in 4 Stunden um7 Theile; ein offenbarer Beweis, daß ſich im Rück-ſtande noch Sauerſtoffgas befand. Wir brachten dar-auf andere 200 Theile des Rückſtandes mit 200 Th.Sauerſtoffgas und 200 Theilen Waſſerſtoffgas in das Voltaiſche Eudiometer; nach dem Entzünden wa-ren 312 Theile verſchwunden. Da nun, nach den |55| Verſuchen, die wir weiterhin anführen werden,100 Theile Sauerſtoffgas 200 Theile Waſſerſtoffgaserfordern, um ſich damit zu ſättigen, ſo hätte mitdem nicht ganz reinen Waſſerſtoffgas, deſſen wiruns hier bedient haben, eine Abſorption von 292Theilen erfolgen ſollen. *) Mithin mußte, da ſie312 Theile betrug, der Rückſtand nothwendig ſoviel Waſſerſtoffgas enthalten, als nöthig iſt, die Ab-ſorption von 292 auf 312 Theile zu bringen, dasiſt, 13,3 Theile. Die Rechnung giebt 12 Theile. **) Man ſieht hier alſo offenbar, daß, obgleich die Ent-zündung Statt fand, doch das Verbrennen nichtvollſtändig war, indem wir allen Waſſerſtoff, dernicht in chemiſche Verbindung getreten ſeyn konn-te, im Rückſtande wirklich wieder gefunden ha-ben. Bei jeder nicht vollſtändigen Abſorption wardie Entzündung nur wenig lebhaft. Vergleichen wir die Wirkung der Electricitätbeim Entzünden von Miſchungen aus Waſſerſtoffgasund Sauerſtoffgas mit der Wirkung einer hohenTemperatur, ſo iſt der Gedanke ſehr natürlich,daß auch im erſtern Falle die Entzündung bloß vonder Wärme herrühren möchte, die der electriſche
*) Dieſes wäre alſo minder reines Waſſerſtoffgas ge-weſen, als zu den meiſten übrigen Verſuchen ge-dient hat. d. H. **) Nämlich in 1050 Theilen des Rückſtandes muß-ten 66,8 Theile, alſo in 200 Theilen des Rückſtandesetwas über 12 Theile Waſſerſtoffgas enthalten ſeyn. d. H.
|56| Funke dadurch bewirkt, daß er das Gasgemiſch beiſeinem Durchgange augenblicklich comprimirt.Wir wußten aus unſern eignen Verſuchen, daß dieEntzündung einer ſolchen Miſchung durch Wärme,lediglich auf dem Grade der Wärme beruht, undnur in einer Temperatur von einer beſtimmten Hö-he Statt ſindet. Denn läßt man das Gasgemiſch ſehrlangſam durch eine Röhre ſteigen, die von ihremEnde bis zur Mitte ſehr allmählig erhitzt wird, undverhindert daſſelbe nicht, ſich frei auszudehnen, ſoerfolgt die Entzündung ſogleich, wenn die Tempe-ratur eine gewiſſe Höhe erreicht hat. Nun aberdrückt der electriſche Funke bei ſeinem ſchnellenDurchgange auf die Gastheilchen, da er ſeine Be-wegung ihnen nicht augenblicklich mittheilen kann:dadurch entſteht eine augenblickliche ſehr ſtarkeCompreſſion; dieſe bewirkt eine Temperaturerhö-hung über die Gränze hinaus, bei der die Entzün-dung des Gasgemiſches eintritt, und folglich die Ent-zündung in einigen Stellen, und iſt dieſe einmahlangefangen, ſo verbreitet ſie ſich ſehr ſchnell durchdas Ganze.
Dieſer Vorſtellung von der Wirkungsart derElectricität zu Folge, ſchien es uns, daß, im Falleein ſchwacher electriſcher Funke nur ein unvollſtän-diges Verbrennen in einem Gemiſche aus Sauerſtoff-gas und Waſſerſtoffgas bewirkt, ein ſtärkerer ele-ctriſcher Funke ein unvollſtändigeres Verbrennenveranlaſſen müſſe. Sey es indeß, daß wir keinehinreichend lebhafte Electricität angewendet, oder |57| daß wir unſre Verſuche nicht genug vervielfältigthaben; unſre Reſultate fielen nicht merkbar ver-ſchieden aus, wir mochten den Funken eines Ele-ctrophors von 3\( \frac{1}{2} \) Zoll Durchmeſſer, oder den Ent-ladungsfunken einer ſtark geladenen Leidner Fla-ſche anwenden. Doch erlaubte uns die Einrichtungunſers Eudiometers nicht, recht lebhafte Funkenhinein zu bringen, und wir laſſen daher die Ent-ſcheidung hierüber bis zu weitern Unterſuchungenausgeſetzt. Beim Entzünden eines Gemiſches von 100 Thei-len Waſſerſtoffgas, 100 Theilen Sauerſtoffgas und900 Theilen Stickgas blieb, wie wir geſehn haben,ein Rückſtand, welcher in 100 Theilen 6 TheileWaſſerſtoffgas, 8 Theile Sauerſtoffgas und 86 Th.Stickgas enthielt. Folglich wurde die Entzündunggehemmt, als dieſes Verhältniß der Miſchung ein-trat, und ein neuer electriſcher Funke würde hierkeine Entzündung haben bewirken können. Danun die Atmoſphäre lange nicht 0,06 Waſſerſtoff-gas enthält, ſo vermag der electriſche Funke nicht,ſie zu entzünden; oder thäte das vielleicht der Blitzwegen ſeiner großen Kraft, ſo wird doch die Ent-zündung ſich nicht weiter verbreiten können, ſon-dern den Orten, ſo zu ſagen, eigenthümlich ſeyn,durch welche der Blitz unmittelbar hindurch fährt.Folglich laſſen ſich die Meteore nicht durch Ent-zündung von Waſſerſtoffgas vermöge des Blit-zes, und noch viel weniger vermöge kleinerer ele-ctriſcher Entladungsfunken erklären; es ſey denn, |58| die Luft enthalte im Augenblicke, da dieſe Meteo-re entſtehn, mehr als 6 Hundertel Waſſerſtoff-gas, welches indeß gegen alle Wahrſcheinlich-keit iſt, beſonders wenn man bedenkt, daß Luft,die in einer ſehr großen Höhe aufgefangen wurde,keinen wahrnehmbaren Gehalt an Waſſerſtoffgasbei vergleichenden Verſuchen mit Luft von derOberfläche der Erde gezeigt hat. *) Geſetzt, es fände wirklich beim Durchgange deselectriſchen Funkens durch Gas, jedes Mahl einelocale und inſtantane Wärme Statt, welche von derCompreſſion der Gastheilchen herrührte; ſo ſcheintes, müſſe es möglich ſeyn, durch electriſche Fun-ken, welche man wiederhohlt durch ein ſolchesnicht mehr entzündliches Gasgemiſch durchſchla-gen ließe, in dieſem Gemiſche vermöge kleiner lo-caler Entzündungen an den Orten des Durchganges,alles Waſſerſtoffgas, das hier in ſehr vielem Stick-gas und Sauerſtoffgas oder bloß in Sauerſtoffgas er-tränkt iſt, allmählig zu zerſtören. Daß dieſem ſoſey, dafür ſcheint die Erfahrung zu ſprechen, daßAether und Ammoniakgas, die beim Durchgangedurch eine glühende Röhre durch bloße Wärmezerſetzt werden, ſich auch durch electriſche Ent-ladungsfunken zerſetzen laſſen. Es würde in die-ſer Hinſicht ſehr intereſſant ſeyn, zu verſuchen, obſich ein entzündbares Gemiſch von Waſſerſtoffgasund Sauerſtoffgas noch möchte durch electriſche
*) Vergl. S. 35; auch Ann., XVI, 288. d. H.
|59| Funken entzünden laſſen, wenn man es vermittelſtder Luftpumpe ſtark verdünnt hätte. Beruht die Ent-zündung wirklich auf der Hitze, welche dadurchbewirkt wird, daß der electriſche Funke das Gascomprimirt; ſo müſſe, ſcheint es, hier eine weitgeringere Compreſſion und Wärme bewirkt wer-den, und es müſſe daher eine Dilatation geben, beider keine Entzündung mehr Statt finde. Noch ha-ben wir nicht Zeit gehabt, die hier in Vorſchlag ge-brachten Verſuche ſelbſt anzuſtellen; doch iſt dasunſer Vorſatz, und wir hoffen ſelbſt, es recht baldthun zu können.
Bis hierher iſt von uns Folgendes dargethanworden: Es giebt Miſchungsverhältniſſe von Waſ-ſerſtoffgas und Sauerſtoffgas, oder von beiden mitStickgas, bei denen ein vollſtändiges Verbrennendes Waſſerſtoffgas Statt findet. Es giebt andereMiſchungsverhältniſſe, bei denen das Verbrennenaufhört, bevor es vollendet iſt; und noch andere,bei denen kein Entzünden möglich iſt. Das Waſ-ſerſtoffgas, welches nicht verbrennt, findet ſichganz im Rückſtande. Wenn ſich durch den electri-ſchen Funken kein Verbrennen vollſtändig bewir-ken, oder auch nur einleiten läßt, ſo iſt es hin-länglich, um dieſen Erfolg zu erhalten, den An-theil des Gasgemiſches an Waſſerſtoffgas oder Sauer-ſtoffgas zu erhöhen. Die meteorologiſchen Er-ſcheinungen können durch kein Verbrennen vonWaſſerſtoffgas bewirkt werden, weil in den Regio-nen, wo, wie man annimmt, die vorzüglichſten |60| entſtehn, wie z. B. die plötzlichen Regengüfſe, dienicht ſelten gleich auf Donnerſchläge folgen, dieLuft mehr als 6 Hundertel Waſſerſtoffgas enthaltenmüßte, weil nur dann ein Entzünden möglich wird,und ſelbſt dann könnte nur der Ueberſchuß überdieſen Gehalt an Waſſerſtoffgas verbrennen. Der Fall, wo das Verbrennen nicht vollſtändigiſt; ſcheint ſich nach den Geſetzen der Verwandt-ſchaft daraus erklären zu laſſen, daß das eine Gas,wenn es ſehr hervor ſticht, das andere durch ſeineVerwandtſchaft zu demſelben ſchützen, und demVerbrennen zum Theil entziehen kann. Mag gleichdieſe Verwandtſchaft ſehr geringe ſeyn, ſo iſt es dochnach Berthollet’s Lehren begreiflich, wie dieMenge des Gas hier das erſetzen kann, was an Ver-wandtſchaft abgeht; und wenn die verſchiedenenGasarten hierbei ein verſchiedenes Vermögen zeig-ten, das Verbrennen zu hemmen, ſo würde das ausihrer verſchiedenen Natur zu erklären ſeyn. —Wie ſollte man aber hiernach den plötzlichen Ue-bergang von einer conſtanten Abſorption, die beieinigen Miſchungsverhältniſſen von Sauerſtoffgasund Waſſerſtoffgas Statt findet, in eine abnehmen-de Abſorption erklären, da man doch zugeben muß,daß, wenn das Waſſerſtoffgas wirklich dem Ver-brennen durch die Einwirkung des Sauerſtoffgasentzogen werden könne, die Wirkung dieſes letz-tern doch nach einem Geſetze regelmäßig erfolgenmüſſe? Wie wäre es zu begreifen, daß beide Gas-arten, nachdem ſie in Umſtänden geweſen, die ih- |61| rer Vereinigung günſtig ſind, ſich vermöge ihrerVerwandtſchaft im elaſtiſchen Zuſtande erhaltenſollten, indeß ſie in eine Verbindung von viel grö-ßerer Dichtigkeit, dem Waſſer, treten könnten?Wie, endlich, ſollte eine Verwandtſchaft, die eineſehr große Condenſation und Sättigung hervorbringt, einer Verwandtſchaft nachſtehen können,welche in dem Volumen beider Gasarten keine Ver-änderung bewirkt und keine Sättigung erzeugt?Waſſerſtoff und Sauerſtoff, in welchem Zuſtandeſie auch ſeyn mögen, haben immer einerlei Gradvon Verwandtſchaft, weil dieſe Verwandtſchaftdurch ihre Sättigungscapacität gemeſſen wird; nurkann der Zuſtand, worin ſie ſich befinden, ihrerVereinigung mehr oder minder günſtig ſeyn. Aus-ſagen, daß beide im Gaszuſtande eine größere Ver-wandtſchaft als im flüſſigen Zuſtande haben, würdeheißen, behaupten, daß ihre Theilchen ſich ſtär-ker anziehn, wenn ſie ſehr von einander entfernt,als wenn ſie nahe bei einander ſind. — Dieſe Ein-wendungen gegen jene bloß aus der Verwandtſchaftabgeleitete Erklärung ſcheinen uns von Gewichtzu ſeyn. Wir wollen daher eine andere Erklärungverſuchen, die uns dieſen Schwierigkeiten nichtausgeſetzt zu ſeyn ſcheint. Alle verbrennliche Körper erfordern in derRegel eine gewiſſe Temperaturerhöhung, um ſichmit dem Sauerſtoffe zu vereinigen. So z. B. ver-wandelt ſich die Kohle erſt wenn ſie roth glüht inkohlenſaures Gas, und indeß ſie bei einer hohen |62| Temperatur fortbrennt, auch wenn man einenStrom von Waſſerdämpfen auf ſie leitet, erliſcht ſieſogleich, wenn ſie in Waſſer getaucht wird. Giebtman dieſes als Grundſatz zu, daß alle Körper einegewiſſe Temperaturerhöhung fordern, um zu bren-nen, ſo wollen wir uns nun einen Körper denken,der in einem gegebenen Volumen atmoſphäriſcherLuft brennt, und annehmen, die zum Fortbrennenunentbehrliche Temperatur werde lediglich durchdie Wärme herbei geführt, die beim Abſorbiren desSauerſtoffs frei wird. Wir wollen ferner die Wär-me, welche auf dieſe Art zu Anfang des Verbren-nens aus 1 Kubikzoll Luft frei wird, gleich 1 ſet-zen, und annehmen, es gehe während des Bren-nens immerfort die Hälfte derſelben verloren, theilsals ſtrahlende Wärme, theils weil das Stickgas undandere Körper etwas davon verſchlucken, (wobeiwir alſo das Geſetz, wonach dieſer Verluſt allmäh-lig abnimmt, zur Seite liegen laſſen.) Man über-ſieht leicht, daß während der erſten Augenblickedes Verbrennens die Temperatur des Körpers zu-nehmen muß, daß aber in dem Grade, wie dieMenge des Sauerſtoffgas abnimmt, und folglich diedes Stickgas verhältnißmäßig größer wird, auchdie Hitze, welche dem Körper mitgetheilt wird, ab-nehmen muß. Es wird folglich endlich ein Zeit-punkt eintreten, da die Wärme, welche verlorengeht, der Wärme, welche mitgetheilt wird, gleichiſt, und über dieſen Zeitpunkt hinaus wird dieTemperatur zu niedrig ſeyn, als daß das Verbren- |63| nen fortdauern könnte. Ein Beweis dafür, daßdas Verbrennen bloß wegen der zu niedrigen Tem-peratur aufhört, iſt, daß, wenn man eine hinrei-chend hohe Temperatur künſtlich unterhält, derKörper fortfährt zu verbrennen. Dieſe Erklärunggilt auch, wenn ſtatt des Stickgas irgend ein ande-res unverbrennliches Gas, z. B. ſchwefelſaures Gasoder kohlenſaures Gas, dem Sauerſtoffgas in ebendem Verhältniſſe beigemiſcht iſt, nur daß dann dasVerbrennen eher oder ſpäter aufhören würde, jenachdem dieſe Gasarten eine ſehr viel größere oderſehr viel kleinere Capacität für den Wärmeſtoff, alsdas Stickgas haben ſollten. Haben alle Gasartengleiche Capacitäten für den Wärmeſtoff, ſo müßtedas Verbrennen unter gleichen Umſtänden in ihnenallen zugleich aufhören, wie das ungefähr bei denMiſchungen von Sauerſtoffgas und Stickgas mit Waſ-ſerſtoffgas der Fall war. Vielleicht ließe ſich aufdieſem Wege zu einer Antwort auf die wichtige Fra-ge kommen, ob alle Gasarten einerlei Wärmecapa-cität haben, oder nicht. Hiernach würde ein verbrennlicher Körper, wiez. B. Schwefel, in einem beſtimmten Volumen Luftnicht deßhalb zu brennen aufhören, weil die Ver-wandtſchaft des Stickgas oder der erzeugten Gas-arten zum Sauerſtoffgas ſtärker wäre, als die desverbrennlichen Körpers zu dieſem Gas; ſondernweil die Wärme, welche durch jene Gasarten ab-ſorbirt wird, indem ſie ſich in ein Gleichgewicht derTemperatur mit dem brennenden Körper zu ſetzen |64| ſtreben, endlich größer iſt, als die Wärme, welchebeim Fixiren des Sauerſtoffs frei wird, da dann dieTemperatur ſehr bald unter die herab ſinken muß,welche zum Verbrennen unentbehrlich iſt. Es iſtbekannt, daß der Schwefel in der That in einerLuft, in welcher er verlöſcht iſt, fortbrennen kann,wenn man ſeine Temperatur hinlänglich erhöht. Bei dem augenblicklichen Verbrennen des Waſ-ſerſtoffgas im Voltaiſchen Eudiometer geht ganzdaſſelbe vor, als beim allmähligen Verbrennen deſ-ſelben oder irgend eines andern Körpers, in einemgegebenen Volumen von Luft. Stellt man unter ei-ne Glocke voll Sauerſtoffgas einen Apparat, worinWaſſerſtoffgas wie in einer Lampe brennt, (unelampe à gas hydrogène,) ſo iſt die Flamme klein,lebhaft und leicht gefärbt. Nimmt man ſtatt desSauerſtoffgas atmoſphäriſche Luft, ſo wird die Flam-me größer, minder lebhaft und ſtärker gefärbt;nach Maaßgabe, wie der Antheil an Sauerſtoffgasabnimmt, wird die Flamme immer größer, weildann das Waſſerſtoffgas ſich immer weiter verbrei-ten muß, um das Sauerſtoffgas aufzufinden; end-lich färbt ſich die Flamme ſehr leicht bläulich-grün,und erliſcht darauf bald, obſchon die Luft nochmehrere Hundertel an Sauerſtoffgas enthält. Indem Voltaiſchen Eudiometer ſind die Phänomeneganz analog. Weicht die Miſchung des Sauerſtoff-gas und Waſſerſtoffgas nicht weit von dem Ver-hältniſſe ab, worin beide ſich zu Waſſer vereinigen,ſo iſt die Flamme, ungeachtet ihrer Dilatation, noch |65| ſehr lebhaft. Bei einem Gemiſche von 1000 TheilenSauerſtoffgas mit 100 Theilen Waſſerſtoffgas, iſtdagegen die Flamme ſchwach, bläulich-grün gefärbt,und das Waſſerſtoffgas verbrennt bei weitem nichtvollſtändig, da man faſt noch zwei Drittel deſſelbenim Rückſtande findet. Treibt man dieſen Rück-ſtand durch eine roth glühende Porzellanröhre, ſoverbrennt das Waſſerſtoffgas deſſelben noch voll-ſtändig; wie es ſcheint, ein Beweis, daß der Grund,warum das Verbrennen im Eudiometer nicht voll-ſtändig erfolgte, lediglich darin liegt, daß die Tem-peratur in demſelben während des Verbrennensnicht hoch genug blieb. Noch müſſen wir ein ſehr ſonderbares Phäno-men bei der chemiſchen Vereinigung von Waſſer-ſtoffgas und Sauerſtoffgas mit einander, bemerken,welches ſchon vor geraumer Zeit die Aufmerkſam-keit Monge’s auf ſich gezogen hat. „Wie kömmtes,“ ſagt dieſer berühmte Phyſiker, „daß, indemman die Temperatur dieſer beiden Gasarten, mit-hin die Doſes des Auflöſungsmittels erhöht, mandie Adhärenz deſſelben mit den beiden Baſen ver-mindert?“ — Weit entfernt, zu glauben, daß ſichnach dem jetzigen Zuſtande unſrer Kenntniſſe aufdieſe Frage eine genügende Erklärung geben laſſe,empfehlen wir ſie bloß der Aufmerkſamkeit derPhyſiker. Nach den Vorſtellungen, die wir unsvon der Kraft machen müſſen, welche die Vereini-gungen bewirkt, und von den Kräften, die ihnenentgegen ſtreben, deutet der elaſtiſche Zuſtand eine |66| gänzliche Aufhebung der Kraft der Cohäſion an,und zwei Körper in dieſem Zuſtande ſind unter denvortheilhafteſten Umſtänden für ihre Vereinigung.Da aber nun die anziehende Kraft ihrer Theilchenin eine zurück ſtoßende Kraft verwandelt iſt, ſomüßte jede Urſache, welche die letztere begünſtigt,der erſtern entgegen ſtreben; und doch findet ſichhier, daß, indem die Temperatur zweiter Gasarten,mithin ihre Repulſivkraft vermehrt wird, dies ihreanziehende Kraft begünſtigt. Es läßt ſich über-haupt nicht glauben, daß die Wärme nichts ande-res thue, als daß ſie die Theilchen der Gasgemi-ſche von einander entferne; denn wäre das der Fall,warum ſollte ſich dann nicht ein Gemiſch von Sauer-ſtoffgas und Waſſerſtoffgas bloß dadurch entzünden,daß man es im Recipienten der Luftpumpe ins Un-beſtimmte verdünnte? Auch läßt ſich nicht anneh-men, daß die Wärme, indem ſie augenblicklichwirkt, eine Compreſſion hervor bringe, welche dieTheilchen einander nähere, uud dadurch die Ver-einigung der beiden Gasarten begünſtige. Dennman kann ſich leicht überzeugen, daß ein Gemiſchvon Waſſerſtoffgas und Sauerſtoffgas, welches man,ohne die Dilatation deſſelben zu hindern, ſehr all-mählig erhitzt, ſich doch entzündet, wenn nur dieTemperatur hoch genug geſtiegen iſt. Wir wenden uns nun, nachdem wir es außerStreit geſetzt haben, daß unter beſtimmten Umſtän-den die Abſorption des Waſſerſtoffgas oder des |67| Sauerſtoffgas im Voltaiſchen Eudiometer vollſtändigiſt, zur zweiten Frage: Iſt das Produkt der Verbin-dung beider Gasarten ſtets von einerlei Natur? Nach allen bisherigen Verſuchen über die Syn-theſis des Waſſers hat man allgemein angenommen,daß dieſes Produkt ſtets ein und daſſelbe ſey. Zwarerhielt man einige Mahl zugleich einen geringenAntheil Salpeterſäure; man hat ſich aber hinläng-lich überzeugt, daß dieſe Säure ein ſehr zufälligesProdukt iſt, und Cavendiſh, der erſte, der ſieerhielt, und Fourcroy, Seguin und Vau-quelin haben uns gelehrt, wie man ſie zu ver-meiden habe, und wie es anzufangen ſey, daß manein ganz ſäurefreies Waſſer erhalte. Zwar hat mankeinen Beweis dafür, daß in dieſen Verſuchen nichtein oxygenirtes oder ein hydrogenirtes Waſſer ge-bildet worden ſey, da man in allen genauen Ver-ſuchen, die bisher angeſtellt worden, das Waſſer-ſtoffgas ſtets auf dieſelbe Art verbrannt hat; und da-her möchte es bisher höchſtens bewieſen geweſenſeyn, daß das Produkt, welches man erhielt, un-ter denſelben Umſtänden immer daſſelbe iſt. Ja,wollte man nach der Analogie des Salpetergas, deſ-ſen Produkte des Verbrennens ſo gar verſchiedenſind, urtheilen, ſo dürfte es ſcheinen, als habe manſelbſt Grund, zu glauben, daß, weil in allen jenenVerſuchen immer das Sauerſtoffgas vorwaltete, manſtets ein oxygenirtes Waſſer bekommen habe, in-deß, wenn das Waſſerſtoffgas vorgewaltet hätte, |68| man ein hydrogenirtes Waſſer erhalten haben wür-de. — Hier haben wir indeß eine große Zahl vonVerſuchen mitgetheilt, welche darthun, daß fichWaſſerſtoffgas und Sauerſtoffgas ſtets nach demſel-ben Verhältniſſe mit einander vereinigen, [ver-ſchwinden,] das eine oder das andere mag im Ue-bermaaße vorhanden ſeyn. Folglich iſt nicht zuzweifeln, daß das Produkt des Verbrennens desWaſſerſtoffgas ſtets von einerlei Natur iſt. In den neueſten Zeiten glaubte man an der Zer-ſetzung des Waſſers durch die Galvani’ſche Electri-cität einen Beweis gefunden zu haben, daß dasWaſſer fähig ſey, ſich zu oxygeniren oder zu hy-drogeniren; eine Annahme, vermittelſt der die Hrn. Laplace und Berthollet die ſonderbare Zer-ſetzung des Waſſers an zwei Drähten, die mit denPolen einer Galvani’ſchen Säule verbunden ſind, zuerklären geſucht haben. Doch ohne gerade eineEinwendung gegen dieſe Erklärung machen zu wol-len, welche uns von allen bisher verſuchten die ge-nügendſte ſcheint, bemerken wir, daß die vollſtän-dige Abſorption alles Sauerſtoffs an dem einen, undalles Waſſerſtoffs an dem andern Drahte, vielmehreinen Beweis abgeben möchte, daß kein oxygenir-tes oder hydrogenirtes Waſſer entſtehen kann.Denn ſollte das der Fall ſeyn, ſo müßte das Waſſereinen dieſer beiden Grundſtoffe in größerm Maaßeals nach dem Verhältniſſe, worin ſie Waſſer bilden,verſchlucken. Abſorbirt es dagegen beide genau indieſem Verhältniſſe, ſo werden ſich beide völlig |69| neutraliſiren, und höchſtens fände eine inſtantaneOxygenirung an dem einen und eine inſtantane Hy-drogenirung an dem andern Drahte Statt; da aberdann beide Grundſtoffe ihrer Elaſticität beraubt,und in dem gehörigen Verhältniſſe, um Waſſer zubilden, vorhanden ſind, ſo müſſen ſie ſich ſogleichwieder mit einander vereinigen. Dritte Frage: Nach welchem Verhältniſſe ver-einigen ſich beide Gasarten zu Waſſer? Um dieſe wichtige Frage mit Genauigkeit zu be-antworten, haben wir die beiden folgenden Reihenvon Verſuchen angeſtellt. Wir entzündeten zuerſtim Voltaiſchen Eudiometer 100 Theile Sauerſtoff-gas und 300 Theile Waſſerſtoffgas; und erhieltenin 12 Verſuchen die Rückſtände, welche unter A ſtehen. Darauf entzündeten wir Miſchungen aus200 Theilen Sauerſtoffgas und 200 Theilen Waſſer-ſtoffgas; die Rückſtände waren, wie man ſie unter B findet.
A B
100,8 102,0 101,5 101,0
101,4 101,5 101,3 101,0
100,5 102,0 102,2 101,5
101,0 102,0 102,0 102,3
101,0 101,0 102,0 102,0
101,7 101,5 102,0 102,0
alſo im Mittel 101,3 101,7 Th.
u. d. Abſorpt. 298,7 298,3 Th.
Wäre unſer Sauerſtoffgas ganz rein geweſen, ſohätten, der erſten Verſuchsreihe zu Folge, 100 Thei- |70| le Sauerſtoffgas im Mittel 198,7 Theile Waſſerſtoff-gas abſorbirt; da aber unſer Sauerſtoffgas vonSchwefelkali nur bis auf 0,004 verſchluckt wurde,ſo hatten ſich 99,64 Th. Sauerſtoffgas mit 199,1 Th.Waſſerſtoffgas verbunden, und 100 Theile Sauer-ſtoffgas erforderten hiernach zur völligen Sättigung199,89 Theile Waſſerſtoffgas, wofür ſich ohne Feh-ler 200 Theile nehmen laſſen. Wäre unſer Waſſerſtoffgas ganz rein geweſen,ſo hätten in der zweiten Verſuchsreihe 200 TheileWaſſerſtoffgas im Mittel 98,3 Theile Sauerſtoffgasabſorbirt; ein Reſultat, welches dem vorigen ſonahe kömmt, daß ſchon hierbei alles beſtehen wür-de, worauf wir in dieſer Abhandlung gefußt haben.Beide Reſultate würden völlig überein ſtimmen,wenn unſerm Waſſerſtoffgas 0,006 Stickgas beige-mengt geweſen wäre; und daß ſich in der ThatStickgas dabei befand, das können wir beweiſen. Wir nahmen zwei der Rückſtände, (von 101,0und 101,5 Theilen,) welche beim Detoniren von100 Theilen Sauerſtoffgas mit 300 Theilen Waſſer-ſtoffgas übrig geblieben waren, und detonirten ſie mit200 Theilen Sauerſtoffgas. Wegen des dem Sauer-ſtoffgas beigemiſchten Stickgas mußten dieſe Rück-ſtände 0,8 Theile Stickgas enthalten. Hätten dieübrigen 201,7 Theile aus völlig reinem Waſſerſtoff-gas beſtanden, und wir nähmen der letztern Ver-ſuchsreihe zu Folge an, daß 200 Theile Waſſer-ſtoffgas 98,3 Theile Sauerſtoffgas abſorbiren; ſohätten beim Detoniren die 201,7 Theile Waſſerſtoff- |71| gas 99,1 Sauerſtoffgas verſchlucken, und folglichüberhaupt 300,8 Theile verſchwinden müſſen. Esverſchwanden jedoch nur 295,0 Theile. Die 201,7Theile des Rückſtandes können folglich nicht rei-nes Waſſerſtoffgas geweſen ſeyn, ſondern müſſenStickgas enthalten haben; und zwar, wenn 100Theile Sauerſtoffgas 200 Theile Waſſerſtoffgas ab-ſorbiren, 5 Theile Stickgas, welche ein Rückſtandaus 600 Theilen Waſſerſtoffgas ſind. Mithin ent-hielt das Waſſerſtoffgas noch 0,008 Stickgas. Durch dieſe Gründe ſcheint es uns genügenddargethan zu ſeyn, daß 100 Theile Sauerſtoffgasſehr nahe 200 Theile Waſſerſtoffgas zu ihrer Sätti-gung erfordern. Nach den Verſuchen der Herren Fourcroy, Vauquelin und Seguin würden100 Theile Sauerſtoffgas 205 Theile Waſſerſtoff-gas hierzu verlangen. *) Man nehme indeß das ei-
*) Dieſen Verſuch, den größten und ſorgfältigſten,welcher bis jetzt über die Syntheſis des Waſſers an-geſtellt worden, (er dauerte 185 Stunden, und eswurden 12 Unzen 4 Drachmen 45 Gran Waſſer er-zeugt und über 15 Kubikſchuh Waſſerſtoffgas ver-brannt,) beſchreibt Seguin ganz im Detail undtheilt alle Correctionen und Rechnungen mit, inden Annales de Chimie, t. 8, p. 230, u. t. 9, p. 30;ein Aufſatz, der, ſo viel ich weiß, nicht deutſchbearbeitet iſt. Es hatten ſich mit einander, nach Seguin’s Berechnung, abſorbirt 12571 KubikzollSauerſtoffgas und 26015 Kubikzoll Waſſerſtoffgasvon 14° Temperatur, und dieſe beiden Gasmengenſtehen im Verhältniß von 100:206,9. Da aber
|72| ne oder das andere dieſer Verhältniſſe an, immerwird man ſich bei der Analyſe der Luft, wegen die-ſer Ungewißheit, nur höchſtens um 0,0035 im ab-ſoluten Gehalt derſelben an Sauerſtoffgas irren kön-nen, und der Irrthum muß noch ſehr viel kleinerausfallen, wo es auf relative Mengen ankömmt.
Wir haben uns überzeugt, daß Veränderungender Temperatur auf das von uns angegebene Ver-hältniß, wonach beide Gasarten ſich abſorbiren,keinen Einfluß haben, wie das auch der Natur derSache nach nicht anders ſeyn kann. Denn weil
Seguin bei ſeinen Reductionen wegen der Tem-peratur ſich auf Prieur’s nicht richtige Verſucheſtützt, auch die Reductionen wegen des Drucksnach Dalton’s Lehren vielleicht etwas andersausfallen dürften, ſo ſcheint die Rechnung ſchon indieſer Hinſicht einer Reviſion zu bedürfen, unddas möchte ein ganz paſſender Gegenſtand zu ei-ner akademiſchen Gelegenheitsſchrift ſeyn. Nochkömmt indeß ein Umſtand von Bedeutung hinzu:der Grad der Reinheit beider Gasarten. Währenddes Verbrennens hatten ſich im Ballon 52 Kubik-zoll Stickgas und 39 Kubikzoll kohlenſaures Gaseingefunden. Welchen Antheil hatten daran beideGasarten, und in wie fern war ihre anfänglicheReinheit dadurch, daß ſie im Gaſometer mit Waſ-ſer in Berührung geweſen waren, abgeändert wor-den? Auch dieſes dürſte ſich vielleicht aus demvon Seguin angegebenen Detail der Verſuche, undnach den Unterſuchungen, womit gegenwärtigeAbhandlung beſchließt, noch jetzt ausmitteln laſ-ſen. d. H.
|73| die Wärme beide Gasarten gleichmäßig ausdehnt,und ſie gleiche Mengen von Waſſer auflöſen macht, *) ſo ſtehen die abſoluten Gewichte gleicher Volumi-num von Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas immer ineinerlei Verhältniß zu einander. Voraus geſetzt da-her, das von uns ausgemittelte Verhältniß ſey daswahre, ſo iſt es genauer, zu ſagen, 100 Maaß Sauer-ſtoffgas vereinigen ſich mit 200 Maaß Waſſerſtoff-gas, als das Verhältniß der Beſtandtheile des Waſ-ſers in Gewichttheilen zu geben. Wären beideGasarten, deren man ſich zu den Verſuchen überdie Syntheſis des Waſſers bedient hat, vollkommentrocken geweſen, oder hätte man Correctionen we-gen der Feuchtigkeit, die ſie enthalten konnten, an-gebracht, ſo würde es gleichgültig ſeyn, das Ver-hältniß der Beſtandtheile dem Volumen oder demGewichte nach zu geben. Da aber mit dem ein-fachen Volumen Sauerſtoffgas ſich ein doppeltes Vo-lumen Waſſerſtoffgas verbindet, und doch beideGasarten gleichmäßig Waſſer auflöſen, ſo ſteht of-fenbar die ſchon in ihnen vorhandene Waſſermengenicht in dem Verhältniſſe des Gewichts, wonach ſieſich zu Waſſer vereinigen, weßhalb dieſer Umſtand ei-nen Einfluß auf das Gewichtsverhältniß der Beſtand-
*) Erſteres nach Gay-Lüſſac’s und Dalton’s Verſuchen, Ann., XIV, 280; letzteres nach Dal-ton’s und Desormes Verſuchen, Ann., XV,144, in ſo fern man dieſe in die Sprache der Auf-löſungstheorie kleidet, die indeß ſchwerlich mitdieſen Verſuchen beſtehen möchte. d. H.
|74| theile des Waſſers haben muß. So bleibt alſo dasVerhältniß der Voluminum bei verſchiedener Tem-peratur uud Feuchtigkeit unverändert daſſelbe, *) indeß das Gewichtsverhältniß unter dieſen Umſtän-den variirt.
Man halte dieſe Bemerkung nicht für ganz un-wichtig. Denn es iſt leicht, zu zeigen, daß ſie ei-nen bedeutenden Einfluß auf unſre Beſtimmungendes Verhältniſſes der Beſtandtheile des Waſſers hat.Nach dem Verſuche der Herren Fourcroy, Vau-quelin und Seguin, dem genaueſten, den manbis jetzt über die Syntheſis des Waſſers gemacht hat,beſtehn 100 Theile Waſſer, dem Gewichte nach,aus 85,662 Theilen Sauerſtoffgas und 14,338 Th.Waſſerſtoffgas. Da aber dieſer Verſuch in einerTemperatur von 14° angeſtellt wurde, und dieſePhyſiker keine Correction wegen des Waſſers, dasbeide Gasarten ſchon aufgelöſt enthielten, ange-bracht haben; ſo iſt aus dieſem Grunde ihr aufge-fundenes Verhältniß, (wenn wir das ſpecifiſche Ge-wicht der beiden Gasarten, wie ſie es gefunden ha-ben, als richtig annehmen, und mit Sauſſüre ſetzen, daß 1 par. Kubikfuß Luft bei dieſer Tem-peratur nahe 10 Gran Waſſer aufgelöſt enthält,)dahin abzuändern, daß ſich dem Gewichte nach87,41 Theile Sauerſtoff mit 12,59 Theilen Waſſer-
*) Es verſteht ſich, daß hierbei voraus geſetzt wird,daß Temperatur und Feuchtigkeit des einen Gasimmer ſo wie die des andern ſeyen. d. H.
|75| ſtoff zu Waſſer vereinigen. *) Und das iſt eine be-deutende Verſchiedenheit, welche beſonders aufdie Analyſen, in denen es auf die abſolute Mengedes Waſſerſtoffs ankömmt, von merklichem Einfluſſeſeyn muß.
Dieſe Betrachtungen finden auch Anwendungauf die Beſtimmung der ſpecifiſchen Gewichte derGasarten, beſonders des Waſſerſtoffgas, da faſt einSechstel des gefundenen Gewichts dieſes Gas bei14° Wärme, auf Rechnung des Waſſergehalts deſ-ſelben zu ſetzen iſt. Wir zweifeln daher nicht,daß vollkommen trockenes, und von allem Stick-gas freies Waſſerſtoffgas zum wenigſten 15 Mahlleichter als die atmoſphäriſche Luft gefunden wer-den dürfte. **)
*) Zwar haben die genannten Chemiker beide Gas-arten über Queckſilber aufgefangen; in ihren Ga-ſometern war aber das Gas mit Waſſer geſperrt,konnte ſich hier alſo allerdings mit Feuchtigkeitſchwängern, wenn es dazu lange genug im in-nern Cylinder des Gaſometers blieb. Die Men-ge des Waſſerdampfs, welchen das Gas mit inden Verbrennungsballon hinein führte, mußteaber nach Verſchiedenheit der Temperatur au-ßerordentlich variiren, (Annalen, XV, 145;)und da die Temperatur während des Verſuchswechſelte, ſo entſpricht auch das hier angege-bene Gewichtsverhältniß ſchwerlich dem Ver-ſuche genau. d. H. **) Ein für mehrere phyſikaliſche Unterſuchungenſo wichtiger Umſtand, daß es ſehr zu wünſchen
|76| Vierte Frage: Welches ſind die Gränzen derunvermeidlichen Fehler beim Voltaiſchen Eudiome-ter? und welches iſt dem zu Folge die kleinſte Men-ge von Sauerſtoffgas oder Waſſerſtoffgas, die ſichvermittelſt deſſelben noch meſſen läßt? Da die Wirkung, worauf dieſes Eudiometer be-ruht, augenblicklich iſt, ſo hat der Barometer-und Thermometerſtand darauf keinen Einfluß; undin dieſer Hinſicht hat es einen ſehr ausgezeichnetenVorzug vor den Eudiometern mit Phosphor odermit Schwefelalkalien. Da ferner jedes HundertelSauerſtoffgas ſich durch eine drei Mahl größere Ab-ſorption giebt, ſo kommen die Fehler, welche manbegeht, nur zu einem Drittel auf den Gehalt an die-ſem Gas, und beſonders jetzt, da wir ſehr genaueInſtrumente beſitzen, welche ein Maaß Luft in 300gleiche Theile theilen, können wir, ſelbſt wennwir um einen ganzen Theil irren ſollten, nicht vielüber 0,001 im Sauerſtoffgehalte der Luft, welchezerlegt wird, fehlen. Man ſieht hieraus, daß ſich vermittelſt des Waſ-ſerſtoffgas-Eudiometers nicht nur ſehr geringe Un-terſchiede zwiſchen zwei verſchiedenen Portionenatmoſphäriſcher Luft auffinden laſſen, ſondern daßdadurch ſelbſt in Stickgas oder Waſſerſtoffgas einAntheil von wenig mehr als 0,003 Sauerſtoffgas zuentdecken ſey, obſchon im letztern Falle nicht un-
wäre, wir erhielten darüber bald völlig entſchei-dende Verſuche. d. H.
|77| mittelbar, ſondern erſt nachdem man, (um Ent-zündung und vollſtändiges Verbrennen bewirken zukönnen,) eine gewiſſe Menge Sauerſtoffgas hinzugeſetzt hat, für das man zuvor durch Verſuche dieGröße der Abſorption mit Waſſerſtoffgas beſtimmthaben müßte. Ein Drittel von dem Unterſchiededer Abſorption in beiden Fällen gäbe die Mengedes Sauerſtoffgas in der unterſuchten Luft.
Eben ſo läßt ſich vermittelſt dieſes Eudiometersder Grad der Reinheit von Waſſerſtoffgas beſtim-men, oder ein kleiner Antheil dieſes Gas entde-cken, welcher andern Gasarten oder der atmo-ſphäriſchen Luft beigemengt iſt. Im erſten Fallebraucht man das Gas nur mit 100 Theilen Sauer-ſtoffgas zu detoniren; die Grade der Reinheit ver-halten ſich dann wie die Abſorptionen. Im zwei-ten Falle müßte man zu 200 Theilen des zu unter-ſuchenden Gas zuvor 100 Theile Waſſerſtoffgas vonbekannter Reinheit zuſetzen, und es dann mit 100Theilen Sauerſtoffgas entzünden. Auf dieſe Artkönnen wir, bei der Uebung, die wir jetzt in Ver-ſuchen dieſer Art erlangt haben, 0,003 Waſſerſtoff-gas wieder finden, die wir atmoſphäriſcher Luftbeimengen. Vielleicht bleibt manchem gegen das Voltaiſche Eudiometer noch das Bedenken, daß man durchdaſſelbe, weil Waſſerſtoffgas nicht immer von einer-lei Reinheit iſt, in ſchwer zu berichtigende Fehlerverwickelt werden könne. Wir bemerken indeß,daß ein kleiner Antheil an Stickgas völlig unſchäd- |78| lich iſt, und daß nur eine Beimengung von Sauer-ſtoffgas auf das Reſultat der Prüfung Einfluß habenwürde. Um nicht zu fehlen, detonire man daherzuvor das Waſſerſtoffgas, deſſen man ſich bedienenwill, mit \( \frac{1}{5} \) Sauerſtoffgas; hierbei wird zugleich al-les Sauerſtoffgas, welches erſteres ſchon enthaltenhaben könnte, mit zerſtört, und den Rückſtandkann man nun mit Sicherheit zu den Verſuchen im Voltaiſchen Eudiometer brauchen. Mit dieſer Vor-ſicht kann man ſich unbedenklich eines ohne beſon-dere Sorgfalt bereiteten Waſſerſtoffgas bedienen,wofern man es nur aus dem Waſſer durch Schwe-felſäure oder Salzſäure vermittelſt Zinks entwickelthat; denn bedient man ſich eines andern Metalls,z. B. des Eiſens, ſo iſt das Gas, wie man weiß,nicht mehr von derſelben Natur. Nach allen Verſuchen, welche wir bisher ange-führt haben, dürfen wir wohl mit Recht ſchließen,daß das Voltaiſche Eudiometer den ganzen Gehalt der atmoſphäriſchen Luft an Sauerſtoffgas angiebt.Wir haben uns indeß hiervon noch beſonders aufdirecte Art überzeugen wollen, und miſchten zudem Ende 20 Theile ſehr reines Sauerſtoffgas mit80 Theilen Stickgas, die wir durch Zerſetzung desAmmoniaks vermittelſt oxygenirter Salzſäure, (un-ter aller möglichen Vorſicht keine atmoſphäriſcheLuft mit hinein zu bringen,) erhalten hatten. Vondieſem Gasgemiſch wurden 200 Theile mit 200Theilen Waſſerſtoffgas im Eudiometer detonirt.Fünf Verſuche, die wir anſtellten, gaben in der |79| Abſorption keine größern Unterſchiede, als höch-ſtens von 0,005, und im Mittel eine Abſorption von124,9 Theilen. Ihr entſpricht ein Sauerſtoffgehaltvon 41,6 in 200 Theilen, und alſo von 20,8 Thei-len des künſtlichen Gasgemiſches. Daß wir hierden Sauerſtoffgehalt um 0,008 höher finden, alswir ſollten, liegt höchſt wahrſcheinlich daran, daßunſer Stickgas nicht ganz frei an Sauerſtoffgas war,ſondern davon 0,01 enthielt. Denn mit ſo vielerSorgfalt wir es auch bereitet hatten, ſo leuchtetedoch darin der Phosphor. Auch iſt das aus demGrunde wahrſcheinlich, weil die oxygenirte Salz-ſäure ſich am Lichte ſehr ſchnell zerſetzt. Aus allem dieſem ſieht man, daß die Reſultate,welche das Voltaiſche Eudiometer giebt, unter ſichſehr vergleichbar ſind, und daß die Gränze des Irr-thums für den Gehalt der Luft an Sauerſtoffgas, denman vermittelſt dieſes Eudiometers findet, ſich bisauf 0,001 herab bringen läßt. Ferner ſieht man,daß ſich durch dieſes Eudiometer ſehr kleine Un-terſchiede im Sauerſtoffgehalte zweier verſchiedenerLuftportionen finden, auch ſehr geringe Mengenvon Waſſerſtoffgas, welche der atmoſphäriſchenLuft beigemiſcht ſind, entdecken laſſen. Endlichiſt dieſes Inſtrument das einzige, vermittelſt deſſenſich der Antheil eines Gasgemiſches an Waſſerſtoff-gas meſſen läßt, und ſchon in dieſer Hinſicht alleinwäre es aller Aufmerkſamkeit werth, und verdientees, daß man die Wirkungsart deſſelben genauſtudire. |80| Und ſo hat der vortreffliche Phyſiker Volta, dem die Naturlehre die herrlichſten Entdeckungenverdankt, auch um die Chemie das Verdienſt, ihrdas genaueſte und ſchätzbarſte Inſtrument für dieAnalyſe der Luft gegeben zu haben.

II. Zerlegung der atmoſphäriſchen Luftim Voltaiſchen Eudiometer.

Nachdem wir im Vorigen dargethan haben, daßdas Voltaiſche Eudiometer ſehr vergleichbare Reſul-tate giebt, daß es den ganzen Gehalt der Luft anSauerſtoffgas anzugeben vermag, und daß es vorden Eudiometern mit feſten oder flüſſigen eudiome-triſchen Mitteln den Vorzug hat, ein Vielfaches derzu meſſenden Menge von Sauerſtoffgas zu geben; —ſo wollen wir nun zu den Anwendungen dieſes Eu-diometers auf die Zerlegung der atmoſphäriſchenLuft fortſchreiten. Iſt das von uns ausgemittelteAbſorptionsverhältniß von 100 Theilen Sauerſtoff-gas mit 200 Theilen Waſſerſtoffgas vollkommengenau, ſo werden wir das Verhältniß zwiſchendem Sauerſtoffgas und Stickgas in der zerlegtenLuft ganz ſcharf ſinden. Geſetzt indeß auch, dieMenge des Waſſerſtoffgas wäre um 5 Theile zugroß oder zu klein, ſo würde das doch nur einenIrrthum von 0,003 der analyſirten Luft für den Ge-halt derſelben an Sauerſtoffgas geben, und ſelbſtdann würde alſo immer noch eine größere Genauig- |81| keit, als durch jedes andere der bekannten eudio-metriſchen Mittel erlangt werden. Die atmoſphäriſche Luft, welche wir zerlegthaben, iſt mitten auf der Seine unter ſehr verſchie-denen Umſtänden geſchöpft worden, bei kaltem,bei gemäßigtem, bei regnigem Wetter, und beiſehr verſchiedenen herrſchenden Winden. Damitbei der Analyſe ſelbſt die Umſtände ſo gleich alsmöglich ſeyn möchten, wurden dieſe zu verſchie-dener Zeit eingeſammelten Luftportionen in wohlverſchloßnen und umgekehrt in Waſſer ſtehen-den Glasgefäßen aufbewahrt, und dann alle andemſelben Tage zerlegt, indem wir von jeder der-ſelben 200 Theile mit 200 Theilen Waſſerſtoffgasin unſern Voltaiſchen Eudiometer detonirten. Diefolgende Tabelle zeigt die Abſorptionen, welchewir erhalten haben, und den Gehalt an Sauerſtoff-gas, der ihnen entſpricht. |82|
Die atmoſphäriſche Luft
wurde eingefangen Es betrugen
1804 bei einer Temperat.nach der 100theiligenScale von und bei folgendemZuſtande der Atmoſphäre. die Abſorption bei e.Miſch. von 200 Th. m.200 Th. Waſſerſtoffg. alſo der Gehalt derLuft an Sauerſtoff-gas in 100 Theilen
Nov.
17 7,°3 Bedeckter Himmel; O-Wind 126,0 Th.126,0 21,0 Th.21,0
18 4,5 Bedeckter Himmel; OSO-Wind 126,0126,0 21,021,0
19 4,7 Feiner Regen; ſehr ſtark. SW-W. 126,0126,0 21,021,0
20 10,0 Feiner Regen; S-Wind 126,0126,5 21,021,1
21 12,5 Bedeckter Himmel; SW-Wind 126,8126,0 21,221,0
22 6,7 Wolkig; kl. Regen; SW-Wind 126,0126,0 21,021,0
23 1,5 Wolkig; W-Wind 126,0126,0 21,021,0
24 8,5 Regen; S-Wind 126,3126,5 21,021,1
25 10,6 Bedeckter Himmel; SW-Wind 126,2126,5 21,021,1
26 3,3 Wolkig; O-Wind 126,5126,0 21,121,0
27 — 1,6 Reif; N-Wind 126,5 21,1
28 — 1,3 Schnee; N-Wind 126,0 21,0
Dec.
1 — 4,1 Nebel; NNO-Wind 126,0 21,0
3 — 2,3 Wolkig; dunſtig; O-Wind 125,5 *) 20,9
5 4,2 Regen; S-Wind 126,0 21,0
7 3,1 Dicker Nebel 126,0 21,0
13 9,6 Regen; SSW-Wind 126,0 21,0
19 — 2,2 Bedeckter Himmel; NO-Wind 126,0 21,0
23 1,0 Glatteis; dick. Neb.; SO-Wind 126,0 21,0

*) Im Originale ſteht 136,5; offenbar ein Druckfehler, dadas nicht mit der nebenſtehenden Zahl harmonirt. d. H.
|83| Man ſieht aus dieſen Analyſen erſtens, daß ſieuns nur Unterſchiede von einem Tauſendtheilchenim Sauerſtoffgehalt der atmoſphäriſchen Luft gege-ben haben, ungeachtet die Luftportionen, die wirzerlegten, bei ganz verſchiedenen Winden aufge-fangen waren, und daher aus ganz verſchiedenenLändern herkamen; und zweitens, daß das Sauer-ſtoffgas zu den andern Gasarten in der atmoſphäri-ſchen Luft, dem Volumen nach, in dem Verhält-niſſe von 21:79 ſteht. Das erſte dieſer Reſultate:daß nämlich der Gehalt der atmoſphäriſchen Luftan Sauerſtoffgas nicht variirt, iſt in aller Strengerichtig, weil das Verhältniß, wonach Waſſerſtoff-gas und Sauerſtoffgas ſich zu Waſſer verbinden, dar-auf keinen Einfluß hat. Das zweite Reſultat: daßdie atmoſphäriſche Luft in 100 Theilen 21 TheileSauerſtoffgas enthält, iſt zwar von jenem Verhält-niſſe abhängig, kann aber ebenfalls nur ſehr wenigvon der Wahrheit abweichen, da bei einem viel hö-hern Irrthume in jenem Verhältniſſe, als bei unſernVerſuchen möglich iſt, der Gehalt von 100 Thei-len der atmoſphäriſchen Luft an Sauerſtoffgas, dochimmer noch zwiſchen 20,7 und 21,3 Theile fallenwürde, wie wir das vorhin gezeigt haben. *)
*) Und ſo kommen denn endlich die Reſultate, wel-che die ſorgfältigern Beobachter aus ihren eudio-metriſchen Verſuchen gezogen haben, in die langeerwünſchte Harmonie. Berthollet fand denSauerſtoffgehalt der Luft in Paris und Kairo vermittelſtdes Phosphor-Eudiometers auf etwas weniger als
|84| Mehrere Naturforſcher haben gemeint, vieleder uns bekannten Meteore möchten auf einem Ver-brennen von Waſſerſtoffgas beruhen, und habenzum Behuf dieſer Erklärung angenommen, es ſeyin unſrer Atmoſphäre Waſſerſtoffgas vorhanden.Wir hielten es daher für ſehr intereſſant, nachzufor-ſchen, ob wirklich die atmoſphäriſche Luft einenAntheil an Waſſerſtoffgas enthalte. Um darin de-ſto ſicherer zu gehen, miſchten wir eine künſtlicheatmoſphäriſche Luft, aus 20 Theilen reinem Sauer-ſtoffgas und 80 Theilen reinem Stickgas, das auf dieS. 78. angegebene Art bereitet war. Von dieſerLuft konnten wir gewiß ſeyn, ſie enthalte gar keinWaſſerſtoffgas; und mit ihr und der atmoſphäri-ſchen Luft ſtellten wir nun eine vergleichende Zer-legung an, indem wir von jeder derſelben 300 Thei-le mit 100 Theilen Waſſerſtoffgas detonirten. SechsVerſuche mit der einen gaben aber genau daſſelbemittlere Reſultat, als ſechs Verſuche mit der an-dern. Offenbar enthält alſo die atmoſphäriſche Luft
0,22, und darin nie größere Unterſchiede als um0,005, (Annalen, V, 349;) de Marti fand denSauerſtoffgehalt in Katalonien jederzeit, und dasunter ſehr verſchiedenen Umſtänden, vermittelſtSchwefel-Waſſerſtoff-Alkalien 0,21, ohne auchnur je 0,22 zu erreichen, (Annalen, XIX, 391;) Davy, in England, (und ſo auch in Luft aus Gui-nea,) mit mehrern eudiometriſchen Mitteln immer0,21, (daſ., 306,) und eben ſo Berger auf denGebirgen und in den Thälern der Schweiz immer0,20 bis 0,21, (daſ., 413.) d. H.
|85| entweder gar kein Waſſerſtoffgas, oder doch ge-wiß keine 3 Tauſendtel, da, wie wir geſehen ha-ben, ein ſolcher Antheil an Waſſerſtoffgas durchdas Voltaiſche Eudiometer noch zu entdecken iſt.Und doch läßt ſich nicht zweifeln, daß ſich in deratmoſphäriſchen Luft etwas Waſſerſtoff befinde, daes ſich alle Tage aus den Moräſten entbindet; dieMenge deſſelben muß aber geringer ſeyn, (z. B. nurein Tauſendtel,) als daß wir ſie durch unſre Mittelin der atmoſphäriſchen Luft zu entdecken vermö-gen. Bei den vielen Prozeſſen, welche der Atmo-ſphäre täglich kohlenſaures Gas zuführen, muß derAntheil der atmoſphäriſchen Luft an kohlenſauremGas gewiß viel bedeutender als der an Waſſerſtoff-gas ſeyn. Und doch würden wir vielleicht ohnedie Eigenſchaft dieſes Gas, mit Kalk und Baryt un-auflösliche Niederſchläge zu bilden, noch jetzt esvermöge ſeines Volumens in der Atmoſphäre nichtnachzuweiſen vermögen. Es iſt zwar wahr, daßdas kohlenſaure Gas ſich in der Atmoſphäre nichtanzuhäufen vermag, weil die Pflanzen es zerſetzen;aber iſt denn wohl ausgemacht, daß es keine Ur-ſachen giebt, welche den Waſſerſtoff der Erde zu-rück geben, und ſo ebenfalls das Waſſerſtoffgas inder Atmoſphäre ſich anzuhäufen verhindern?
Aus den Reſultaten unſrer Verſuche haben wirgeſehn: 1. daß die atmoſphäriſche Luft in ihrer Zu-ſammenſetzung nicht variirt; 2. daß ſie in 100 Thei-len aus 21 Theilen Sauerſtoffgas beſteht; 3. daßſie keine für uns wahrnehmbare Menge von Waſſer- |86| ſtoffgas enthält. Dieſe Identität der Verbindung,worin ſich die Beſtandtheile der Atmoſphäre beſtän-dig erhalten, und dieſe Abweſenheit von Waſſer-ſtoffgas, wird den Aſtronomen das Hauptbeden-ken bei der bisherigen Theorie der Strahlenbre-chung benehmen. Da die verſchiedenen Gasartenein verſchiedenes Brechungsvermögen haben, undWaſſerſtoffgas ein ſtärkeres als Sauerſtoffgas undStickgas beſitzt, ſo würde die bisherige Theorie deraſtronomiſchen Strahlenbrechung, welche bloß aufVerſchiedenheiten des Barometer- und Thermome-terſtandes Rückſicht nimmt, ſehr unvollkommenſeyn, wäre das Verhältniß der Beſtandtheile der at-moſphäriſchen Luft veränderlich. Glücklicher Wei-ſe iſt das aber auf keine merkbare Art der Fall, undbeſonders iſt das Waſſerſtoffgas, welches ein ſo gro-ßes Brechungsvermögen beſitzt, nicht zu 3 Tau-ſendteln in der Atmoſphäre, ſo weit wir uns in der-ſelben zu erheben vermögen, vorhanden. DerAſtronom braucht folglich in der Theorie der Strah-lenbrechung nur auf Barometer-, Thermometer-und Hygrometerſtand und auf weiter nichts Rück-ſicht zu nehmen. Daß die Atmoſphäre innerhalb des Zeitraumsvon einigen Jahren, geſchweige denn von einigenTagen, ſich in der That unmöglich auf eine merk-bare Art in ihrer Zuſammenſetzung ändern könne,(höchſtens einige ganz locale Variationen ausge-nommen,) davon uns zu überzeugen, reicht einwenig Nachdenken hin. Denn vermöchte ſie ſich |87| in ſo kurzer Zeit in ihrer Zuſammenſetzung zu än-dern, durch welch ein Wunder ſollte ſie plötzlich zuihrem anfänglichen Zuſtande zurück gebracht wer-den? Woher eine Urſache nehmen, welche mäch-tig genug wäre, binnen einem Tage ihren Sauerſtoff-gehalt auch nur um ein Tauſendtheilchen zu än-dern, man wolle denn eine electriſche, eine magne-tiſche, oder irgend eine andere eben ſo chimäriſcheKraft erträumen, welche durch unbekannte Ein-flüſſe den Sauerſtoff in Stickſtoff, und umgekehrtverwandeln könne! — Möglich iſt es dagegen, daßdie Atmoſphäre ſich ſehr langſam verändert, es ſeyim Verhältniſſe ihrer Beſtandtheile, oder in ihremGewichte; und dieſe Variationen, ſo unmerklich ſieauch ſeyn mögen, wären nicht minder werth, dieAufmerkſamkeit der Phyſiker zu feſſeln. Es iſt uns nun noch zu unterſuchen übrig, obnicht die Zuſammenſetzung der atmoſphäriſchenLuft, ungeachtet ſie im Ganzen unveränderlich iſt,doch wenigſtens an einzelnen Stellen durch localeUrſachen abgeändert werden könne, wie das einigebei ihren Analyſen gefunden zu haben glauben.Vielleicht, daß Vulkane auf hohen Bergen, beſon-dere Gährungen, oder die faulenden Gewäſſer derMoräſte und Teiche, die Luft, mit der ſie in Be-rührung ſind, minder rein machten, indem ſie ihrentweder Sauerſtoff entzögen, oder ihr nicht-athembare Gasarten zuführten. Die Verminderung des Sauerſtoffgehalts durchſolche locale Urſachen kann in einer großen Maſſe |88| freier Luft, die beſtändig in Bewegung iſt, auf kei-nen Fall ſo bedeutend ſeyn, als in Zimmern, in de-nen ſich eine Menge von Menſchen, oder irgend ei-ne Quelle von Luftverderbung und Anſteckung be-findet; und doch zeigt hier die Luft nur ſehr gerin-ge Verſchiedenheiten in ihrer Miſchung. Wir ha-ben zwei Luftportionen zerlegt, die wir im Théatrefrançais aufgefangen hatten, die eine mitten imParterre, einen Augenblick ehe der Vorhang zuAnfang des zweiten Stücks aufgezogen wurde,dritthalb Stunden nachdem die Zuſchauer ſich ver-ſammelt hatten, die andere 3 Minuten nach Been-digung des Schauſpiels in der größten Höhe desSaals. Beide trübten kaum das Kalkwaſſer, undals 200 Theile derſelben mit 200 Theilen Waſſer-ſtoffgas im Eudiometer detonirt wurden,
gab eine Ab-ſorption von enthielt alſoin 100 Th. anSauerſtoffgas
die erſte 121,5 20,2 Theile
die zweite 122,5 20,4
Luft d. Atmoſph. 126 21
Herr Seguin hatte ſchon vor geraumer ZeitLuft aus den Sälen eines Hoſpitals, die 12 Stun-den lang genau verſchloſſen geweſen war, zerlegt,und ſie ungefähr eben ſo rein als die atmoſphäriſcheLuft im Freien gefunden, obgleich ihr Geruch nochimmer unerträglich war. *)
*) Auch ſchon de Marti zog aus ähnlichen Ver-ſuchen als die Verfaſſer einen ähnlichen Schluß,(Annalen, XIX, 392.) d. H.
|89| Wenn nun, ſelbſt unter den günſtigſten Umſtän-den für die Abſorption des Sauerſtoffs, die Luftnicht ein Hundertel deſſelben verliert; ſo kann diesnicht der Grund der Beängſtigung ſeyn, die man ineingeſchloſſenen Räumen voll Menſchen empfindet,oder der Krankheiten, die den Teich- und Moraſt-gegenden oder gewiſſen Ländern eigenthümlich ſind.Beide müſſen vielmehr auf Ausflüſſen beruhen, wel-che durch keins unſrer eudiometriſchen Mittel dar-zuſtellen ſind, und die doch auf unſern Körper aufeine eigenthümliche Art wirken. Ein Bläschen vonSchwefel-Waſſerſtoffgas oder von oxygenirt-ſalz-ſaurem Gas, eine faulige Emanation, und ſelbſt ei-ne Blume erfüllt einen ungeheuern Raum mit ihremGeruche, wobei dieſe Ausflüſſe eine in Erſtaunenverſetzende Theilung leiden müſſen; eben ſo feinund eben ſo wenig darzuſtellen, mögen auch diepeſtilentialiſchen Miasmen ſeyn, welche uns Guy-ton’s für die Menſchheit ſo wohlthätige Nachfor-ſchungen, wenigſtens zu zerſtören und unſchädlichzu machen gelehrt haben. In andern Fällen mögenſolche ſporadiſche Krankheiten von der Feuchtig-keit der Luft abhängen, von ihrer Temperatur,von ihrer Electricität, oder überhaupt vom Zuſtan-de der Atmoſphäre in Beziehung auf die Dispoſition,in der man ſich gerade befindet; und in dieſenvielleicht ſehr häufigen Fällen kann die Krankheitgroße Verwüſtungen anrichten, ohne daß wir ih-ren Fortgang zu hemmen vermögen. Es würdetäuſchend ſeyn, hier alles Einer Urſache zuſchrei- |90| ben zu wollen, da der Geſundheitszuſtand des Men-ſchen von der Zuſammenwirkung aller Umſtändeabhängt, unter denen er ſich befindet. Wir beſchließen dieſen erſten Theil unſrer Ab-handlung mit einer kurzen Wiederhohlung der vorzüglichſten Thatſachenund Erklärungen. 1. Eine im Kalten bereitete Auflöſung einesSchwefelalkali verſchluckt kein Stickgas, und läßtſich ſehr wohl zur Analyſe der Luft brauchen. Iſtſie dagegen heiß bereitet, fo verſchluckt ſie Stick-gas, und vermindert das Volumen der Luft ſtärker,als das nach dem Gehalte derſelben an Sauerſtoffgasgeſchehen ſollte. Dieſes iſt lediglich dem Waſſer,und nicht dem Schwefelalkali zuzuſchreiben. 2. Es giebt Miſchungsverhältniſſe von Sauer-ſtoffgas und Waſſerſtoffgas, bei denen der electri-ſche Funke ein vollſtändiges Verbrennen des letz-tern bewirkt. Es giebt andere, bei denen das Ver-brennen aufhört, ehe es vollendet iſt; und noch an-dere, bei denen gar kein Verbrennen Statt findet.Und zwar ſcheint das darauf zu beruhen, daß indieſen letztern Fällen die zum Verbrennen nöthigeTemperatur nicht bleibt, oder nicht einmahl er-reicht wird, und nicht auf der gegenſeitigen Ver-wandtſchaft der beiden Gasarten; denn in allen Fäl-len nicht-vollſtändigen Verbrennens reicht es hin,die Temperatur künſtlich zu erhöhen, um ein voll-ſtändiges Verbrennen zu erhalten. In den Fällen, |91| wo das Waſſerſtoffgas oder das Sauerſtoffgas nichtvollſtändig verſchluckt werden, findet man ſie indem Rückſtande wieder; ein Beweis, daß ſie hierkeine für uns neue Verbindungen eingegangen ſind. 3. Läßt ſich eine Gasmiſchung, in der ſichSauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas befindet, nichtentzünden, ſo reicht es, um dieſes zu bewirken,hin, den Antheil an dieſen letztern Gasarten zuvermehren. 4. Die Meteore können nicht Wirkungen einerEntzündung von Waſſerſtoffgas ſeyn, weil ſelbſt ei-ne Luft, die aus reinem Sauerſtoffgas beſtünde,mehr als 6 Hundertel Waſſerſtoffgas enthalten müß-te, ſollte noch ein Verbrennen Statt finden kön-nen, und ſelbſt dann würde das Verbrennen nurlocal ſeyn. 5. Die Electricität ſcheint eine Miſchung ausSauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas durch die Hitzezu entzünden, welche ſie in dem Gas dadurch be-wirkt, daß ſie daſſelbe comprimirt, indem ſie hin-durch geht. 6. Das Waſſer, welches dieſe beiden Gasartenerzeugen, indem ſie ſich vereinigen, iſt ſtets voneiner und derſelben Natur. Die Waſſerzerſetzungdurch Galvani’ſche Electricität läßt ſich auch ohnedie Hypotheſe erklären, daß das Waſſer ſich oxy-geniren und hydrogeniren könne. 7. Dem Volumen nach verbinden ſich 100 Th.Sauerſtoffgas mit 200 Th. Waſſerſtoffgas zu Waſſer.Dieſes Verhältniß iſt unabhängig von der Tempera- |92| tur und vom Feuchtigkeitszuſtande; nicht ſo dasVerhältniß in Gewichtstheilen ausgedruckt, weildie Feuchtigkeit beider Gasarten wohl dem Volu-men, nicht aber dem Gewichte beider Gasarten pro-portional iſt. Das bisher angenommene Verhältnißder Beſtandtheile des Waſſers iſt daher abzuändern. 8. Das Voltaiſche Eudiometer kann den ganzenGehalt einer Luft an Sauerſtoffgas, bis beinahe auf1 Tauſendtheilchen angeben, und die Reſultate deſ-ſelben ſind ſehr vergleichbar. Für den jetzigen Zu-ſtand unſrer Kenntniſſe iſt es das genaueſte allerEudiometer. Es kann überdies ſehr geringe Men-gen von Sauerſtoffgas oder von Waſſerſtoffgas in an-dern Gasarten nachweiſen, und uns über die Rein-heit eines Waſſerſtoffgas belehren. Endlich hat esnoch den Vorzug, ein Vielfaches der zu meſſendenGröße zu geben. In allen dieſen Rückſichten hates daher einen ſehr ausgezeichneten Vorzug vor al-len andern Eudiometern. 9. Die atmoſphäriſche Luft enthält dem Volu-men nach nur 0,21 Sauerſtoffgas, und variirt in ih-rer Zuſammenſetzung nicht. 10. Sie enthält kein Waſſerſtoffgas, oder we-nigſtens kann ihr Antheil an Waſſerſtoffgas nichtbis auf 0,003 ſteigen.

|129|

Ueber die Natur der Luft, welche manaus dem Waſſer erhält, und über dieWirkung des Waſſers auf reine undauf vermiſchte Gasarten, von Alex. von Humboldt und J. F. Gay-Lussac. *)

Bei unſern Unterſuchungen über die eudiometri-ſchen Mittel, beſonders über die Schwefelalkalien,haben wir Gelegenheit gehabt, uns zu überzeugen,daß Waſſer und andere Flüſſigkeiten auf die Lufteine Einwirkung äußern, welche für die Eudiome-trie eine um ſo nachtheiligere Quelle von Irrthumwerden kann, je weniger man dieſe Wirkung bis-her beachtet und erforſcht hat. Um nicht unſreArbeit noch unvollkommener zu laſſen, als ſie es
*) Der zweite Theil des wichtigen Aufſatzes, dendie Leſer, ſo weit er bloß eudiometriſchen In-halts war, im vorigen Hefte erhalten haben,(man vergl. S. 40.) d. H.
|130| ſchon iſt, hielten wir es für nöthig, Verſuche hier-über anzuſtellen, und dieſe unſre Unterſuchungenüber die Wirkung des Waſſers auf reine und auf ge-miſchte Gasarten mögen gegenwärtige Abhandlungbeſchließen.
Es iſt allgemein bekannt, daß das Waſſer Luftaufgelöſt enthalten kann. Boyle, Huyghens und Mairan haben ſich mit dieſer Thatſache beſchäf-tigt; es fehlte ihnen aber an allen Mitteln, wahr-zunehmen, daß die im Waſſer aufgelöſte Luft vonder atmoſphäriſchen Luft chemiſch verſchieden iſt. Prieſtley war der erſte, der bemerkte, daß dieLuft, welche man aus dem Waſſer zieht, mehrSauerſtoff als die gewöhnliche Luft enthält. Herr Haſſenfratz machte ſpäter bekannt, daß Luftaus Regenwaſſer gezogen, 0,4 Sauerſtoff enthalte;und die Herren Ingenhouß und von Breda kamen in ihren Verſuchen über das Salpetergas aufähnliche Reſultate. Andere wollten gefunden ha-ben, daß das Waſſer williger und ſtärker Sauer-ſtoffgas als Stickgas abſorbire; und ſchon Herr Fourcroy führt die merkwürdige Thatſache an,(welche er indeß für noch nicht hinlänglich be-währt hält,) daß mit Sauerſtoffgas geſchwängertesWaſſer Waſſerſtoffgas abſorbire, auf welches dasgewöhnliche Waſſer faſt gar keine Wirkung äußert.Wir werden in der That weiterhin ſehen, daß dieEinwirkung des Waſſers auf Gasarten durch dieGasarten; welche es ſchon aufgelöſt enthält, mo-diſicirt wird. |131| Herr Henry in Mancheſter hat vor kurzemin einer Abhandlung in den Philoſophical Transact.for 1803 die Abſorption verſchiedener Gasartendurch Waſſer, welches ſeiner Luft beraubt wor-den, unterſucht; und zwar bewirkte er dieſe Ab-ſorptionen unter dem doppelten und dreifachenLuftdrucke. Doch hat er ſich nicht mit Gasgemi-ſchen beſchäftigt, und mit der Verwandtſchaft, wel-che das Waſſer auf ſie äußert. Er begnügte ſich,die Menge von Gas jeder Art, welches bei verſchie-denen Temperaturen und unter verſchiedenemDrucke vom Waſſer abſorbirt wird, zu meſſen, oh-ne ſeine Unterſuchung auf die Wirkung von Waſſer,das ſchon mit andern Gasarten geſchwängert iſt,zu richten. *) Wir haben dieſen bis jetzt noch ſo gut als unbe-arbeiteten Gegenſtand, der mit der Eudiometrie inſo nahem Zuſammenhange ſteht, aufzuklären ge-ſucht. Wir haben den Grad der Verwandtſchaftunterſucht, vermöge der das im Waſſer aufgelöſteSauerſtoffgas bei verſchiedenen Temperaturen undbei Auflöſung von Salzen, zurück gehalten wird;haben mit dem Waſſer gleiche Mengen von reinemGas und von Gasgemiſchen in Berührung gebracht,und die Veränderungen beobachtet, welche dieſeMiſchungen in ihrer chemiſchen Zuſammenſetzungleiden; und haben endlich angefangen, ein für dieMeteorologie höchſt wichtiges Problem aufzulöſen,
*) Man findet ſeine Unterſuchungen im zweitenAufſatze dieſes Heftes. d. H.
|132| ob nämlich das Regenwaſſer Waſſerſtoffgas aufge-löſt enthält.
Noch ſind wir indeß mit dieſen Unterſuchungen,mit welchen wir uns während des gegenwärtigenJahrs, beſonders auf den Gebirgen, die wir durch-ſtreifen werden, zu beſchäftigen denken, nicht ſehrweit vorwärts geſchritten, und wollen uns daherbegnügen, hier nur einige der vornehmſten That-ſachen mitzutheilen, von denen wir uns ſchmei-cheln, daß ſie für die Phyſiker nicht ohne Intereſſeſeyn werden. 1. Wir kochten, erſtens deſtillirtes Waſſer, wel-ches an der Luft geſtanden, und aus ihr atmoſphä-riſche Luft wieder eingeſogen hatte, zweitens Waſ-ſer aus der Seine, drittens Regenwaſſer; fingen je-des Mahl die geſammte Luftmaſſe, welche das Waſ-ſer hergab, auf, ohne die erſten Portionen von denletztern zu trennen, und unterſuchten dieſe Luftim Voltaiſchen Eudiometer. So fanden ſich in 100Theilen Luft
  • aus dem deſtillirten Waſſer 32,8 Th. Sauerſtoffgas
  • aus dem Waſſer der Seine 31,9
  • aus Regenwaſſer 31,0
Aus dieſen drei Waſſern erhält man folglich Luft,welche ſo ziemlich gleich reich an Sauerſtoffgas,und um ungefähr 10 Hundertel reicher als die at-moſphäriſche Luft iſt. Der Sauerſtoffgehalt desBrunnenwaſſers iſt mehr veränderlich, da das Brun-nenwaſſer in der Erde mit Materien in Berührung |133| iſt, die Verwandtſchaft zum Sauerſtoffe beſitzen.Seinewaſſer, zu einer andern Zeit aufgefangen, gabLuft, die nur 29,1 Th. Sauerſtoffgas in 100 Thei-len enthielt, und alſo etwas weniger rein war, alsdie Luft aus dem Regenwaſſer. Noch intereſſanter ſind die Verſuche über dieGasgemiſche, welche das Waſſer, wenn es allmäh-lig erhitzt wird, nach einander hergiebt; beſondersin ihnen zeigt ſich die große Verwandtſchaft desSauerſtoffgas zum Waſſer recht ſichtlich. Wir er-hitzten Waſſer aus der Seine allmählig bis zum Ko-chen, fingen die Luft, welche ſich dabei entwickelt,in vier nach einander folgenden, obſchon ungleichenPortionen auf, und detonirten von jeder 200 Thei-le mit 200 Theilen Waſſerſtoffgas. Dabei gab
der eine Ab-ſorption von und enthielt folglichin 100 Theilen
erſte Antheil 142,0 Th. 23,7 Th. Sauerſtoffgas
zweite 164,5 27,4
dritte 185,0 30,2
vierte 195,0 32,5
Dieſer Verſuch, welcher mehrmahls wiederhohltwurde, beweiſt, daß die Luft, welche das Waſſerhergiebt, gleich anfangs nur ein wenig reiner alsdie atmoſphäriſche Luft iſt, daß ſie ſpäterhin aberimmer reicher an Sauerſtoffgas wird. Als dieſerVerſuch mit Schneewaſſer wiederhohlt wurde, fan-den ſich in 100 Theilen der erſten Portion 24,0,und der letzten 34,8 Theile Sauerſtoffgas. Wahr-ſcheinlich würde man indeß die Luft, die zu Anfangübergeht, noch weniger rein finden, wenn man |134| das Waſſer langſamer erhitzte, und das wenige ganzzuerſt ſich entwickelnde Gas abgeſondert auffinge;und in dem zuletzt ſich entbindenden Gas würdeman ſehr wahrſcheinlich noch mehr als 32 bis 34Hundertel Sauerſtoffgas finden, wenn nicht endlichdas Waſſer im Recipienten, in welchen das entbun-dene Gasgemiſch hinein ſteigt, ſich zu erwärmen,und Gas von 23 Hundertel Sauerſtoffgehalt herzu-geben anfinge, welches ſich jenem beimiſcht, wiedas beſonders der Fall iſt, wenn die Waſſerdämpfeüberzugehen beginnen. Man ſieht hieraus, daß das Waſſer nicht gleich-mäßig auf das Sauerſtoffgas und auf das Stickgaswirkt, und daß durch Erhöhung der Temperaturdie Wirkung deſſelben auf das erſtere minder, alsdie auf das zweite Gas geſchwächt wird. Dieſe ungleiche Wirkung des Waſſers auf denSauerſtoff und auf den Stickſtoff zeigt ſich auch beider Auflöſung von Salzen. Wir haben gefunden,daß reines Seinewaſſer um die Hälfte Luft mehrbeim Kochen hergiebt, als Seinewaſſer, worin Koch-ſalz aufgelöſt war; ein Unterſchied, der von derſehr bedeutenden Luftmenge herrührt, welche ſichſchon im Kalten während des Auflöſens des Salzesaus dem Waffer entbindet. Der Sauerſtoffgehaltdieſer letztern Luft fand ſich bei einer genauernAnalyſe nur 0,225, der der Luft dagegen, welchedurch Kochen aus dem mit Salz geſchwänger-ten Waſſer ausgetrieben war, 0,305; ein Beweis,daß die Luft, welche während des Auflöſens der |135| Salze ſich entbindet, weit weniger rein iſt, als die,welche in der Auflöſung zurück bleibt. Eine dritte Klaſſe analoger Erſcheinungen zeigtuns der Uebergang des Waſſers aus dem flüſſigenin den feſten Zuſtand. Geſchmolzenes Eis giebtungefähr nur halb ſo viel Luft her, als gewöhnli-ches Waſſer, und es verdient dabei beſonders be-merkt zu werden, daß es ſeine Luft nicht eher fah-ren läßt, als bis es eine Temperatur von mehr als60° der hunderttheiligen Scale erlangt hat. Dieentbundene Luft war in zwei Portionen aufgefangen worden; die erſte enthielt 27,5, die andere 33,5Theile Sauerſtoffgas in 100 Theilen; auch hierwurde alſo die reinſte Luft zuletzt entbunden. Die geringe Menge und die große Reinheit deraus dem geſchmolzenen Eiſe entbundenen Luft be-weiſen, daß das Waſſer, indem es in den feſtenZuſtand tritt, eine große Menge ſeiner Luft fahrenläßt, daß dieſe Luft aber weit minder rein iſt, alsdie, welche es zurück behält. Und ſo zeigen dreiPhänomene, welche auf den erſten Anblick ſehrverſchieden zu ſeyn ſcheinen: die Erwärmung desWaſſers bis auf 35 oder 40° der hunderttheiligenScale, die Auflöſung von Salzen im kalten Waſſer,und das Frieren des Waſſers zu Eis; Reſultate, wel-che in Hinſicht der Wirkung des Waſſers auf Sauer-ſtoffgas und Stickgas ganz analog ſind. Eine mäßi-ge Temperatur wirkt wie das Auflöſen eines Sal-zes, und beide wie der Uebergang aus dem flüſſigenin den feſten Zuſtand. In allen drei Fällen entbin- |136| det das Waſſer eine Luft, welche unreiner iſt, alsdie, welche es aufgelöſt behält. Es iſt ſehr auffallend, daß Waſſer, indem esſich zu Schnee condenſirt, weniger Luft austreibt,als wenn es zu Eis wird. Wir ließen friſch gefalle-nen Schnee ſchmelzen, und erhitzten das Schnee-waſſer allmählig. Es gab uns faſt die doppelte Men-ge von Luft, als das geſchmolzene Eiswaſſer, undbeinahe eben ſo viel als das Waſſer der Seine, näm-lich 1892 ſolcher Maaße, von denen wir aus die-ſem 1940 erhalten hatten. Die Luft aus demSchneewaſſer war in 5 Portionen aufgefangen wor-den, von denen 100 Theile im Voltaiſchen Eudio-meter zerlegt, folgende Antheile an Sauerſtoffgaszeigten:
der 1ſte, 2te, 3te, 4te, 5te Antheil
24,0 26,8 29,6 32,0 34,8 Th Sauerſtoffgas
Dieſer letzte Antheil iſt der reinſte, den wir je ausirgend einem Waſſer gezogen haben. — Da wirdie Volumina dieſer fünf Antheile kannten, ſo ließſich die Reinheit der geſammten Luftmenge durchRechnung finden. Sie war 0,287, indeß das Sei-newaſſer an demſelben Tage nur Luft von der Rein-heit 0,283 hergab. Beide Waſſer gaben ein Luftvo-lumen, welches ungefähr \( \frac{1}{25} \) ihres eignen Volumensgleich iſt. Dieſe Verſuche über das Schneewaſſer und überdas geſchmolzne Eis, welche wir in der Folge nochſehr abzuändern denken, führen auf einige auffal-lende Folgerungen für das Studium der Meteorolo- |137| gie. Der Schnee iſt nichts als ein Aggregat kleinerEiskryſtalle, welche ſich in den hohen Regionender Atmoſphäre bilden, und doch geben dieſe klei-nen geſchmolzenen Kryſtalle faſt ein doppelt ſo gro-ßes Volumen an Luft, als das geſchmolzene Eisunſrer Flüſſe. Man würde hieraus ſchließen müſ-ſen, daß, wenn das in der Luft aufgelöſte Waſſerſich in Schnee condenſirt, es keine ſo große Luft-menge ausſtoße, als wenn es an der Oberfläche derErde zu Eis gefriert; wäre es nicht auch denkbar,daß der Schnee zwiſchen ſeinen kleinen Kryſtalleneine gewiſſe Menge von Luft zurück behalte, dieer beim Schmelzen abſorbirt; denn es ſcheint, daßes gerade im Augenblicke ſeines Gefrierens iſt, daßdas Waſſer den größten Theil ſeiner Luft fah-ren läßt. Die ſchöne Vegetation, welche die Gletſcher um-giebt, das ſchnelle Entwickeln der Pflanzen, wennder Schnee im Frühjahr ſchmilzt, und mehrerePhänomene, die man beim Landbau und beim Blei-chen wahrgenommen zu haben glaubt, hatten man-che auf die Vermuthung geführt, Eis-, Schnee-und Regenwaſſer möchten wohl eigenthümlicheWirkungen haben, welche auf einer großen Mengeaufgelöſten Sauerſtoffs beruhten. Die Verſuche, wel-che wir bis hierher angeſtellt haben, ſcheinen die-ſer Meinung nicht günſtig zu ſeyn. Es giebt unſtrei-tig Brunnen, deren Waſſer Luft enthält, die min-der rein als die atmoſphäriſche Luft iſt, und wir ha-ben keinen Zweifel, daß dieſe Waſſer, welche über- |138| dies Salze und Kohlenſäure enthalten, auf die Ve-getation und auf das Bleichen einen ganz andernEinfluß als das Schneewaſſer haben müſſen. DieVerſchiedenheiten aber in den Wirkungen des ander Luft geſtandenen deſtillirten Waſſers, des Regen-waſſers, des Schneewaſſers und des Seinewaſſerslaſſen ſich ſchwerlich aus dem Sauerſtoffe erklären,den ſie aufgelöſt enthalten, da die Luft aus allendieſen Waſſern faſt gleich rein iſt, und ſich in ihnenfaſt in gleicher Menge befindet. Die Erſcheinungen der Vegetation, ſo wie dieder Meteorologie, ſind ſo zuſammen geſetzt, undhängen von dem Zuſammenwirken einer ſo großenMenge von Urſachen ab, daß man ſich wohl vor-ſehen muß, nicht einer das zuſchreiben zu wollen,was die Wirkung vieler iſt. Die obigen Verſuche, aus welchen ſich zeigte,mit welcher Kraft das Waſſer die letzten Antheiledes aufgelöſten Sauerſtoffs zurück hält, verbreitenmehr Licht über den Zuſtand, in welchem ſich dieLuft im Waſſer beſindet. Daß das ſpecifiſche Ge-wicht des deſtillirten Waſſers, und des mit Luft ge-ſchwängerten Waſſers auf keine wahrzunehmendeArt verſchieden iſt, daraus ſchloß ſchon Mairan mit Recht, daß ſich dieſe Luft im Waſſer nicht alseine elaſtiſche Flüſſigkeit befinden könne. Die che-miſchen Phänomene beſtätigen dieſen Schluß. Lie-ße ſich das Waſſer, dem ſeine Luft durch Deſtilli-ren oder unter der Luftpumpe entzogen worden iſt,für einen Schwamm nehmen, deſſen Poren leer |139| ſind; wie käme es, daß dieſe Poren ſich nicht ſchonbei der erſten Berührung mit Luft füllten? Dochdieſe Auflöſung der Luft im Waſſer läßt ſich nurals Wirkung einer chemiſchen Verwandtſchaft be-trachten. Warum ginge ſonſt die Abſorption derGasarten durch das ſeiner Luft beraubte Waſſer ſolangſam vor ſich? warum löſte ein ſolches Waſſerein Gas eher als ein anderes auf? und warum wür-de, ohne eine ſolche chemiſche Verwandtſchaft,Waſſer, das mit einer Gasart geſchwängert iſt, wennes mit einer andern Gasart in Berührung kömmt,von jener etwas fahren laſſen, um von dieſer etwasaufzunehmen, wie wir das ſogleich ſehen werden? 2. Nachdem wir die Luft unterſucht haben, dieſich aus dem Waſſer unter verſchiedenen Umſtän-den ziehen läßt, ſchreiten wir nun zu den Verſu-chen fort, welche wir mit Waſſer angeſtellt haben,das wir mit reinen Gasarten oder mit Gasgemiſchenin Berührung geſetzt hatten. Daß Sauerſtoffgas,welches man über Waſſer ſtehen läßt, unrein wird,iſt ſeit geraumer Zeit bekannt; doch hier kam esauf das Ganze der Phänomene an, welche die ver-ſchiedenen Gasarten in ihrer Wirkung auf das Waſ-ſer äußern. Wir haben uns zu allen unſern Verſuchen genaugleicher Voluminum der verſchiedenen Gasarten,und ungefähr gleicher Mengen filtrirten Seinewaſ-ſers bedient. Nach einem Zeitraume von 6 bis 8 Ta- |140| gen maßen wir die Größe der Abſorption und zer-legten die Rückſtände; welches letztere um ſo nö-thiger war, da häufig, wenn wir nach der geringenVeränderung im Gasvolumen geneigt geweſen wä-ren, auf eine nicht merkliche Wirkung des Waſſersauf das Gas zu ſchließen, dieſe Wirkung, wie dieAnalyſe zeigte, doch ſehr bedeutend geweſen, nurdurch den Austritt von Gas aus dem Waſſer ſtatt desabſorbirten verlarvt worden war. Von allen Gasarten wird keine ſo ſtark vom Sei-newaſſer abſorbirt, als das Sauerſtoffgas. Wir ſetz-ten mit dieſem ſchon mit Luft verſehenen Waſſer100 Theile Sauerſtoffgas, 100 Theile Stickgas und100 Theile Waſſerſtoffgas in Berührung. Das Sauer-ſtoffgas verminderte ſich um 40 Theile, währenddie beiden andern Gasarten nur 5 und 3 Theile ver-loren, und die 60 Theile des Rückſtandes enthiel-ten nur 23 Theile Sauerſtoffgas, dagegen 37 Stick-gas. Von den anfänglichen 100 Theilen Sauerſtoff-gas hatten ſich folglich über dem Seinewaſſer 77Theile verloren, und dafür waren 37 Theile Stick-gas aus dem Waſſer ausgetrieben worden. So alſoabſorbirt Flußwaſſer, das lange mit der Atmoſphä-re in Berührung geweſen iſt, und daher, wie esſcheint, mit Luft geſättigt ſeyn ſollte, noch einegroße Menge reines Sauerſtoffgas, das darüber ge-ſperrt wird, und nimmt es in ſich auf, ohne dafüreine gleiche Menge Stickgas fahren zu laſſen. Auf Waſſerſtoffgas ſcheint Waſſer faſt gar nichtzu wirken. Die ungleichen Reſultate, welche wir |141| erhalten haben, verhindern uns, irgend etwas überdie kleinen Veränderungen, welche darin währendder Berührung mit dem Waſſer vorgehen können,feſt zu ſetzen. Reines Stickgas verlor über dem Waſſer 0,02bis 0,03 ſeines Volumens, und der Rückſtand warnicht mehr reines Stickgas, ſondern enthielt 11 Th.Sauerſtoffgas. Dieſe ſind alſo durch 14 Theile Stick-gas aus dem Waſſer getrieben worden. Folglichſetzt Stickgas das Sauerſtoffgas aus ſeiner Verbin-dung mit dem Waſſer, ſo wie umgekehrt Sauerſtoff-gas das Stickgas. Die Wirkung iſt ähnlich, aberdie Mengen des Abſorbirten und des Ausgetriebe-nen ſind verſchieden. Die Wirkung des Waſſers auf ein Gemiſch vonSauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas haben wir unterverſchiedenen Umſtänden unterſucht, und bald glei-che Theile von beiden Gasarten genommen, balddas eine, bald das andere Gas vorwalten laſſen.Das Gasvolumen verminderte ſich am ſtärkſten,wenn das Sauerſtoffgas vorwaltete, das iſt, wennwir 200 Theile Sauerſtoffgas mit 100 Theilen Waſ-ſerſtoffgas gemiſcht hatten. Auch hier wurde jedesMahl Stickgas aus dem Waſſer ausgetrieben. In100 Theilen des Rückſtandes eines Gemiſches ausgleichen Theilen beider Gasarten fanden wir 20Theile Stickgas, 50 Theile Waſſerſtoffgas und 30Theile Sauerſtoffgas. Je mehr Sauerſtoffgas ver-ſchluckt worden war, deſto mehr fanden wir immerdes Stickgas. Ein Volumen aus 400 Theilen Sauer- |142| ſtoffgas und 200 Theilen Waſſerſtoffgas verminder-te ſich über Seinewaſſer in 10 Tagen bis auf 562Theile, und ſtatt noch 375 Theile vom erſtern und187 Theile vom letztern Gas zu enthalten, enthieltes 246 Theile Stickgas, 142 Theile Waſſerſtoffgasund nur 174 Theile Sauerſtoffgas. Dieſe Verſuche zeigen, daß das Waſſerſtoffgas,welches, wenn man es allein über Waſſer ſperrt,davon nicht merklich verſchluckt wird, wenn esmit Sauerſtoffgas gemiſcht iſt, in ziemlich bedeu-tender Menge ſich im Waſſer auflöſt. Hierbei ſto-ßen wir auf eine für die Phyſik ſehr wichtige Fra-ge: ob nämlich dieſes vom Waſſer verſchluckte Waſ-ſerſtoffgas darin als Waſſerſtoff exiſtirt, oder ob esſich mit dem abſorbirten Sauerſtoffgas zu Waſſervereinigt hat. Um hierüber Aufſchluß zu erhal-ten, ließen wir ein Gemiſch aus beiden Gasarten12 Tage über Waſſer, dem wir durch Kochen alleLuft entzogen hatten, ſtehen, deſtillirten darauf die-ſes Waſſer, und zerlegten die Luft, welche ſich da-bei aus demſelben entband. Sie enthielt Waſſer-ſtoffgas in ſolcher Menge, daß ſie ſich im Voltai-ſchen Eudiometer ohne allen Zuſatz von Waſſer-ſtoffgas entzünden ließ. Alſo findet ſich das ver-ſchluckte Waſſerſtoffgas, als ſolches, im Waſſerwieder. — Sollte aber wohl das Waſſer hier gera-de ſo viel Waſſerſtoffgas wieder hergeben, als esverſchluckt hatte? Sollte ſich nicht alles, was ver-ſchluckt war, endlich mit dem abſorbirten Sauer-ſtoffgas zu Waſſer vereinigen, wenn man demſel- |143| ben mehrere Monate Zeit ließe? Wir haben denVorſatz, über dieſen Gegenſtand eine Reihe vonVerſuchen anzuſtellen. *) Geſetzt, es fände ſich,daß das im Waſſer aufgelöſte Sauerſtoffgas und Waſ-ſerſtoffgas ſich zu Waſſer verbänden, ſo würde esbegreiflicher werden, wie es kömmt, daß das Waſ-ſerſtoffgas, welches von der Erde aufſteigt, ſich
*) Hier ein Paar Beobachtungen aus Nicholſon’s Journal, Aug. 1803, p. 228, u. Aug. 1804, p. 302,welche ich um ſo lieber hierher ſetze, je leichterſie überſehen werden dürften. An der erſten Stel-le erzählt B. Hooke in London, er pflege Mi-ſchungen von Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas nahein dem Verhältniſſe, worin ſie ſich zu Waſſer ver-einigen, in Bouteillen aufzuheben. Im Sommer1800 habe er eine Quartflaſche voll, die mit etwasWaſſer im Halſe, 3 Monate lang in einem gewöhn-lichen Bouteillenträger umgekehrt geſteckt habe, inder pneumatiſchen Wanne geöffnet, und ſey ſehrverwundert geweſen, zu ſehen, daß das Waſſer ſo-gleich hinauf geſtiegen ſey, und ſie gefüllt habe.Wäre das Gas durch den Kork entwichen, washätte die atmoſphäriſche Luft abhalten können, indie Flaſche hinein zu dringen und ſie zu füllen? Hät-ten ſich aber die Grundſtoffe der beiden Gasartenzu Waſſer vereinigt; welche Verwandtſchaft ließeſich da denken, um ihnen ihren Wärmeſtoff zu ent-ziehen? — An der zweiten Stelle theilt ein Natur-forſcher T. S. T. zu Orkney folgende beidenVerſuche mit, zu denen ihn dieſe Bemerkung ver-anlaßt hatte. Er füllte zwei Glasglocken nahe mitgleichen Voluminibus Sauerſtoffgas, (das aus Braun-ſtein durch concentrirte Schwefelſäure mit Hülfe
|144| weder in der Luft, die uns umgiebt, noch in denhöchſten Regionen der Atmoſphäre findet, bis zudenen wir uns erhoben haben. Noch müſſen wirin dieſer Rückſicht bemerken, daß wir bei einer ge-nauen Zerlegung der aus Regenwaſſer ausgetrie-benen Luft keine Spur von Waſſerſtoffgas aufzu-
von Wärme entbunden und mit Kalkmilch gewa-ſchen war,) und Waſſerſtoffgas, (das er durch Zer-legung von Waſſer in einem glühenden Flintenlaufevoll Eiſenfeilſpäne erhalten hatte.) Die eine dieſerGlocken ließ er auf der pneumatiſchen Wanne mitWaſſer, die andere in einem Queckſilbertroge mitQueckſilber geſperrt ſtehen, und zwar beide in ei-nem kalten, faſt dunkeln Zimmer, ungefähr 5 Mo-nate lang. Am Ende dieſer Zeit war vom Gasge-menge im erſten Glaſe \( \frac{1}{3} \) verſchwunden, und vonden 12 Kubikzoll, welche über dem Queckſilbergeſperrt worden waren, ebenfalls 3\( \frac{1}{2} \) Kubikzoll,doch ohne daß er hier irgend eine Feuchtigkeit anden Glaswänden wahrnehmen konnte, wozu frei-lich des gebildeten Waſſers zu wenig war. DieLuftvolumina in beiden Gläſern hatten allmählig ab-genommen; wegen des Unterſchiedes der Tempe-ratur im Januar, als der Verſuch begann, und imMai, als er beendigt wurde, hätten beide um et-was zunehmen müſſen. Ein Wachslicht brachte inbeiden Rückſtänden eine heſtige Exploſion hervor,und die Wände beider Flaſchen verdunkelten ſich.Hiernach, meint Herr T. S. T., ſcheint es, als ſeydie Abnahme des Volumens einer freiwilligen Ver-bindung der beiden Gasarten zu Waſſer zuzuſchrei-ben. d. H.
|145| finden vermocht haben, weßhalb ſie gewiß keine0,003 Waſſerſtoffgas enthält. Wir denken dieſenVerſuch in verſchiedenen Jahreszeiten mit Regen-waſſer, beſonders mit dem nach Gewittern, zuwiederhohlen.
Auf ein Gemiſch von Sauerſtoffgas und Stick-gas wirkt das Waſſer im Ganzen weniger, als aufMiſchungen von Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas;ein Umſtand, der minder überraſcht, wenn maneinen Blick auf das Ganze dieſer Phänomene wirft. Sie zeigen im Waſſer ein beſtändiges Beſtreben,ſich mit den Gasarten, mit denen es in Berührungiſt, ins Gleichgewicht zu ſetzen. Bringt man Sauer-ſtoffgas darüber, ſo läßt es Stickgas fahren; ſetztman es mit Stickgas in Berührung, ſo giebt es Sauer-ſtoffgas her. Von einer Miſchung aus Sauerſtoff-gas und Waſſerſtoffgas verſchluckt es einen Theil,und entbindet dafür Stickgas. Immer ſtrebt es, dasMiſchungsverhältniß der Luft, welche es ſchon auf-gelöſt enthält, nach der Natur des Gas abzuändern,mit welchem es in Berührung kömmt. Da nun dasWaſſer der Seine ſchon mit einer Miſchung ausSauerſtoffgas und Stickgas geſchwängert iſt, ſo iſtes ſehr natürlich, daß es auf eine Miſchung ausWaſſerſtoffgas und Sauerſtoffgas eine ſtärkere Wir-kung äußert, als auf ein Gemiſch aus Stickgas undSauerſtoffgas. Um dieſe Phänomene völlig aufzu-klären, werden wir Waſſer, dem wir alle Luft ent-zogen haben, mit verſchiedenen reinen Gasartenund mit Gasgemengen ſchwängern, und die Wir- |146| kungen dieſer Waſſer in langen Zeiträumen unter-ſuchen; denn häufig werden in der Natur die Hin-derniſſe, welche ſich dem Spiele der Verwandt-ſchaften entgegen ſtellen, nur bei langer Ruhe über-wunden. Und hier bleiben wir ſtehen, in der Darſtellungder Unterſuchungen, mit denen wir uns währendder letzten Monate beſchäftigt haben. Je größerdas Feld iſt, das zu durchforſchen wir uns vorge-ſetzt haben, deſto mehr ſind wir es uns bewußt,wie unvollkommen unſre Arbeit noch iſt. DieſesBewußtſeyn ſoll uns indeß nicht den Muth beneh-men, ſondern vielmehr unſern Eifer verdoppeln,die Natur zu befragen, und die hier mitgetheiltenUnterſuchungen zu vervollkommnen.