Verſuche uͤber die eudiometriſchen Mittel und das Verhaͤltniß der Beſtandtheile der Atmoſphaͤre. Von A. von Humboldt und J. F. Gay-Luſſac. Ueberſetzt von A. F. Gehlen Aus dem Journal de Physique. Pluviose XIII. T. LX, P. 129. Wenn Phyſiker und Chemiker jetzt auch uͤber die Qualitaͤt der Beſtandtheile der Atmoſphaͤre einſtimmig ſind, ſo ſind ſie es doch noch nicht uͤber ihre Quantitaͤt. Seit Scheele und Lavoiſier, die den Sauerſtoffgehalt auf 0,27 beſtimmten, haben zahlreiche Verſuche der Cavendiſh, Marti, Berthollet, Fourcroy und Davy dieſes Verhaͤltniß ſehr modificirt und es auf 0,20 bis 0,23 geſetzt. Dieſe Grenzen aber ſind noch ſehr von einander entfernt und weit unter dem Grade von Genauigkeit, den unſere jetzigen Kenntniſſe zulaſſen: oder faͤnden dieſe Grenzen wirklich Statt, ſo muͤßte man daraus ſchließen, daß die Miſchung der Atmoſphaͤre bedeutende Abwechſelungen erleide. Zwar fuͤr die meiſten chemiſchen Erſcheinungen waͤre die ſtrengſte Kenntniß der abſoluten Menge ihrer Beſtandtheile nicht noͤthig, indeſſen iſt doch dieſe Kenntniß eben ſo intereſſant an ſich ſelbſt, als wichtig fuͤr die Geſchichte der Erde. Wenn alle geologiſche Thatſachen darin zuſammen kommen, daß die Erde nicht mehr ſey, was ſie ehedem war, daß die Gewaͤſſer ſehr hohe Gebirge uͤberſtroͤmten, und daß der Norden Thiere ernaͤhrte, die jetzt nur noch den Tropen eigen ſind: ſo zeigen eben dieſe Veraͤnderungen, wie nuͤtzlich es fuͤr die kuͤnftigen Jahrhunderte ſeyn wuͤrde, den heutigen Zuſtand der Erde genau zu beſtimmen; und ſollten auch die großen Cataſtrophen, die ſie erlitt, nicht wieder eintreten, ſo koͤnnte ſie langſame Modificationen erleiden, unmerkbar dem Menſchen, faͤnde er nicht unbeſtreitbare Beweiſe davon in den Annalen der Wiſſenſchaft. Es waͤre demnach von der hoͤchſten Wichtigkeit, alle große Naturerſcheinungen, die man als veraͤnderlich annehmen koͤnnte, unzweifelbar feſtzuſetzen, z. B. die Intenſitaͤt der magnetiſchen Kraͤfte, die Hoͤhe des Barometers auf der Meeresflaͤche, die des Meeres ſelbſt, die mittle Temperatur eines jeden Clima, und das Verhaͤltniß der Beſtandtheile der Atmoſphaͤre. Nur das letztere ſoll uns hier beſchaͤftigen, und wiewohl wir dieſen Gegenſtand noch nicht zu unſerer eigenen Befriedigung entwickelt haben, ſo wagen wir es doch, den Anfang unſerer Arbeit uͤber denſelben und die Unterſuchungen, auf welche er uns leitete, bekannt zu machen. Aber die eudiometriſchen Mittel, die zur Beſtimmung jenes Verhaͤltniſſes dienen ſollen, ſind nicht alle einer gleichen Genauigkeit faͤhig, und einige ausgezeichnete Chemiker ziehen eines, mit Ausſchluß aller uͤbrigen, vor. Wir mußten daher durchaus die bekannten eudiometriſchen Methoden der Unterſuchung unterwerfen, um ſie genau kennen zu lernen, denn wir ſind uͤberzeigt, daß die Genauigkeit der Verſuche weniger von der getreuen Beobachtung der Abtheilungen des Inſtruments abhaͤnge, als von der Genauigkeit der Methode ſelbſt. Wiewohl das Salpetergas auf den erſten Blick das unſicherſte eudiometriſche Mittel, ſo man waͤhlen koͤnnte, zu ſeyn ſcheint, ſo haben wir uns doch uͤberzeugt, daß, wenn man ſeine Wirkung mit der des ſchwefelſauren Eiſens oder der oxydirten Salzſaͤure und des Kali verbindet, es mit vieler Genauigkeit den in der Luft enthaltenen Sauerſtoff angeben koͤnne. Alle eudiometriſche Mittel muͤßten dieſelben Reſultate geben, wenn man ſie alle gleich genau kennte, nur da es ſehr ſchwierig iſt, alle die Correctionen zu machen, welche einige davon erfordern, ſo giebt man natuͤrlich denen den Vorzug, die deren weniger beduͤrfen, wenngleich ihre Anwendung nicht immer die einfachſte iſt. Zuerſt wollen wir unſere eudiometriſchen Unterſuchungen mittheilen und ſie dann auf die Analyſe der atmoſphaͤriſchen Luft und der unter verſchiedenen Umſtaͤnden aus dem Waſſer erhaltenen und mit demſelben in Beruͤhrung geſetzten Gasarten anwenden. Wir werden aber jetzt nur die Hauptreſultate vorlegen, indem wir unſere Unterſuchungen unterbrechen mußten, ehe wir ſie in der Ausdehnung, welche dieſer Gegenſtand verdient, ausfuͤhren konnten. Beobachtungen uͤber einige eudiometriſche Mittel Man wird hier nur erſt unſere Unterſuchungen uͤber die Schwefelalkalien und vorzuͤglich das Waſſerſtoffgas finden, mit welchen wir uns beſonders beſchaͤftigt haben; die uͤber die uͤbrigen eudiometriſchen Mittel ſind noch zu unvollſtaͤndig. Wiewohl die Schwefelalkalien in der Analyſe der Luft eine Wirkung zeigen, die ſich im Allgemeinen ſehr gleich bleibt, was ihnen auch vor den uͤbrigen eudiometriſchen Mitteln mit Recht den Vorzug verſchafft hat, ſo zeigen ſich doch auch bey ihnen einige Veranlaſſungen zur Ungewißheit, die man durchaus kennen muß, wenn man ſich auf ihre Reſultate ganz verlaſſen will. Man glaubte lange, daß ſie auf das Stickgas keine Wirkung haͤtten, und wiewohl Marti 1790 anzeigte, daß ſie dies Gas abſorbirten, ſo iſt man doch hierauf weiter nicht aufmerkſam geweſen. Zwar hatte Marti zugleich bemerkt, daß, wenn man ſie mit Stickgas ſaͤttige, man ſie zur Analyſe der Luft mit Vortheil anwenden koͤnne, und dann ſtets eine Abſorbtion von Sauerſtoff zwiſchen 0,21 und 0,23 erhalte; da er indeſſen das Einzelne ſeiner Verſuche nicht genau angab, ſo hatte ſie Berthollet, der ſie unter andern Umſtaͤnden wiederholte, nicht beſtaͤttigt gefunden (Statique chimique T. I. P. 513.) und beruhigte dadurch uͤber die Anwendung der Schwefelalkalien die Chemiker wieder. Im Anfange bedienten wir uns auch dieſes Mittels mit großem Vertrauen und fanden nur die Laͤnge der Zeit, die es erforderte, daran auszuſetzen; bald aber bemerkten wir, durch Zufall beguͤnſtigt, daß es nicht ſtets gleichfoͤrmig wirke. Als wir naͤhmlich 100 Theile atm. Luft, in drey ungleich weiten Gefaͤßen, mit warmbereiteter Schwefelkaliaufloͤſung in Beruͤhrung geſetzt hatten, ſo fanden wir, daß nach acht Tagen die Luft darin 0,230, 0,236, 0,260 verloren hatte. Dieſe, uns Anfangs ſehr uͤberraſchende, Ungleichheit vermutheten wir durch Abſorbtion von Stickgas bewirkt, indem ſie in dem weiteſten Gefaͤße am groͤßten war, und wiederholten daher, um dies zu beſtaͤttigen, den Verſuch, unter uͤbrigens gleichen Umſtaͤnden, in zwei noch ungleichern Gefaͤßen, worin denn nach 10 Tagen die Abſorbtion in der That 0,225 und 0,306 war. Am beweiſendſten aber war es, daß wir fanden, daß reines Stickgas von einer ſiedend bereiteten Schwefelkaliaufloͤſung, und zwar nach Maßgabe des Inhalts der Gefaͤße, abſorbirt wurde. Es waͤre demnach moͤglich, eine beſtimmte Menge atm. Luft durch eine Schwefelkaliaufloͤſung ganz verſchwinden zu machen und ſie als reines Sauerſtoffgas anzuſehen, vorausgeſetzt, daß man die Raumsverminderung dieſem zuſchriebe. Bedient man ſich aber ſtatt einer heißbereiteten einer kaltbereiteten Schwefelkaliaufloͤſung, wie Berthollet ſtets gethan hat, ſo findet keine Abſorbtion des Stickgas Statt, und die dadurch erhaltenen Reſultate werden dann weit vergleichbarer. Dieſe verſchiedene Wirkung der Schwefelalkalien, je nachdem ſie kalt oder heiß aufgeloͤſt ſind, erfordert naͤher ins Licht geſtellt zu werden, welches folgende analoge, aber weniger verwickelte, Thatſachen thun werden. Erhitzt man Waſſer, welches immer eine gewiſſe Menge, einer ſauerſtoffreichern als die atmoſphaͤriſche, Luft enthaͤlt, oder loͤſet ein Salz darin auf, ſo laͤßt es einen Theil Luft fahren, und behaͤlt einen andern zuruͤck, den es erſt in ſtaͤrkerer Hitze ausgiebt. Bringt man nun Waſſer, welches die letztere verloren hat, mit atm. Luft in Beruͤhrung, ſo wird es, wenn es wieder zu der vorigen Temperatur zuruͤckkommt, einen der verlornen Menge gleichen Theil davon aufnehmen; und iſt man hiervon nicht unterrichtet geweſen, und haͤlt ſich bloß an den aͤußern Schein, ſo kann man glauben, daß das reine oder ſalzige Waſſer eine Analyſe bewirkt habe, wie kuͤrzlich Herr Heller , deſſen Angabe wir mit einer ſehr geſaͤttigten, aber kalt bereiteten, Kochſalzaufloͤſung nicht beſtaͤttigt gefunden haben, indem ſich zwiſchen 1 [Formel] Monat daruͤber geſtandener und gewoͤhnlicher atm. Luft nicht der mindeſte Unterſchied zeigte. Vergl. dieſes Journal oben S. 163. Genau wie mit einem Salze verhaͤlt es ſich auch mit einem Schwefelalkali. In dem Augenblick, da man es in Waſſer aufloͤſt, wird ein Theil Luft ausgetrieben, und es tritt zwiſchen der zuruͤckbleibenden, dem Waſſer und dem Schwefelalkali ein Gleichgewicht ein, ſo daß, wenn die Umſtaͤnde ſich nicht aͤndern, kein Grund da iſt, weshalb die Aufloͤſung noch wieder Luft abſorbiren ſollte; erhitzt man ſie aber, ſo giebt ſie noch einen Theil der darin enthaltenen Luft aus, und dieſen nimt ſie, zur vorigen Temperatur zuruͤckkehrend, um das Gleichgewicht wieder herzuſtellen, wieder auf. (Wir ſprechen hier naͤmlich von derjenigen Abſorbtion, die unabhaͤngig von der des Sauerſtoffs iſt, wodurch ſich das Schwefelalkali in ſchwefelſaures umaͤndert. Da aber das Schwefelalkali den im Waſſer befindlichen Sauerſtoff abſorbirt, ſo koͤnnte es ſehr wahrſcheinlich der Fall ſeyn, daß die Aufloͤſung eine groͤßere Menge Stickgas abſorbirte, als ſonſt geſchehen wuͤrde, und daß daher, wenn man eine ganz friſche, wenn gleich kalt bereitete Aufloͤſung zur Luftpruͤfung anwendete, eine groͤßere Volumsverminderung erfolgte, als eigentlich von dem abſorbirten Sauerſtoffgas herruͤhrt. Doch haben wir hieruͤber noch nicht Verſuche gemacht). Der Unterſchied zwiſchen den Reſultaten Marti’s und Berthollet’s moͤgte alſo bloß von der Verſchiedenheit der Umſtaͤnde ſelbſt, unter welchen ſie arbeiteten, abzuleiten ſeyn; doch ſcheint erſterer geglaubt zu haben, daß das Schwefelalkali als ſolches das Stickgas abſorbire, welches keinesweges Statt findet, ſondern es verhindert vielmehr das Waſſer, womit man es hat ſieden laſſen, ſo viel zu abſorbiren, als es ſonſt gethan haben wuͤrde. Sieht man alſo darauf, die Aufloͤſung der Schwefelalkalien kalt zu bereiten, und ſie einige Zeit mit atm. Luft oder mit Stickgas in Beruͤhrung zu laſſen, ſo kann man ſie mit Vortheil zur Analyſe der Luft anwenden. Da indeſſen ihre vollſtaͤndige Wirkung viel Zeit erfordert, ſo muß man zu Berichtigungen des Barometer- und Thermometerſtandes ſeine Zuflucht nehmen, die oft ſehr ungewiß ſind. Das beſte Mittel, dieſer Unbequemlichkeit abzuhelfen, iſt ohne Zweifel die Befolgung der Methode Berthollet’s und Marti’s, naͤhmlich eine beſtimmte Portion Luft zur Vergleichung auch uͤber bloßes Waſſer zu bringen, und von ihren Volumsveraͤnderungen auf die der in der Zerlegung befindlichen Luft zu ſchließen; es hat uns aber geſchienen, daß ſie in der Ausuͤbung nicht ganz den Vortheil gewaͤhre, den ſie zu verſprechen ſcheint. Ueberhaupt iſt in Hinſicht aller feſten oder fluͤſſigen eudiometriſchen Mittel noch zu bemerken, daß, wenn ein Irrthum, entweder in Beobachtung der Abtheilungen des Inſtruments, oder in Schaͤtzung der Ungewißheiten der Methode, begangen wird, dieſer Irrthum nothwendig bloß das Sauerſtoffgas treffe, und da man, bey aller moͤglichen Genauigkeit, fuͤr eine viel geringere Menge als 0,01 nicht ſtehen kann, ſo wuͤrde daraus folgen, daß man uͤber dieſes hinaus die Menge des in einer Luft enthaltenen Sauerſtoffgas nicht beſtimmen koͤnne: wie denn auch wirklich bey Chemikern, die ſich gleicher eudiometriſchen Mittel bedienten, in Betreff dieſer Menge bedeutende Abweichungen bemerkt werden; und ſelbſt Marti, der mit den Schwefelalkalien ſehr viele Verſuche angeſtellt zu haben ſcheint, nach Einſicht der bey ihnen erforderlichen Vorſichtsmaßregeln, ſie noch zwiſchen 0,21 — 0,23 ſetzt. Iſt aber das abſorbirende eudiometriſche Mittel gasfoͤrmig, ſo iſt, wie wir ſehen werden, eine groͤßere Genauigkeit erreichbar. Da wir uns gleich bey dem Anfange unſerer Arbeit vorgeſetzt hatten, die Anwendbarkeit des Voltaiſchen Eudiometers zur Analyſe der Luft zu pruͤfen, ſo richteten wir auf daſſelbe vorzuͤglich unſere Aufmerkſamkeit. Man hatte dieſes Inſtrument beſchuldigt, untreu zu ſeyn und zu geringe Mengen Sauerſtoff in der Luft anzuzeigen; es ſchien uns indeſſen, daß, im Fall es Berichtigungen erforderte, man es doch ſehr genau und bequem machen koͤnnte, wenn man dieſe Berichtigungen und das Geſetz ihrer Abweichungen auffaͤnde. Wir legten uns daher folgende Fragen vor: 1) Kann, wenn man in dem Voltaiſchen Eudiometer ein Gemiſch von Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas entzuͤndet, die Abſorbtion des einen von beyden vollſtaͤndig geſchehen? 2) Iſt das Product ihrer Verbindung von ſtets gleicher Beſchaffenheit? 3) Wie iſt genau das Verhaͤltniß, in welchem ſie erforderlich ſind, um Waſſer zu bilden? 4) Innerhalb welcher Grenzen iſt der moͤgliche Irrthum bey dem Volta’ſchen Eudiometer? Wir werden dieſe Fragen der Reihe nach durchgehen, nachdem erſt noch die Bereitungsart der zu unſern Verſuchen angewandten Gasarten angegeben worden. Zur Darſtellung des Sauerſtoffgas bedienten wir uns des uͤberoxydirtſalzſauren Kali. Es wurde aus einer Glasretorte entwickelt, an welche die gekruͤmmte Leitungsroͤhre vor der Lampe angeblaſen war, und um es von Stickgas moͤglichſt frey zu haben, war die Retorte bis ungefaͤhr zu [Formel] mit Waſſer gefuͤllt worden, welches, da es nachher, vor Zerſetzung des Salzes, in Daͤmpfe verwandelt wurde, bald alle Luft aus der Retorte trieb. Um aber die Abſorbtion zu verhuͤten , die, ehe ſich das Gas entwickelte, Statt gehabt haben wuͤrde, tauchten wir das Ende der Roͤhre in eine Schale mit Queckſilber, die bey Anfang der Gasentbindung ſogleich fortgenommen wurde. Um zu vermeiden, daß das Sauerſtoffgas waͤhrend des Durchgehens durch das Waſſer aus letzterm Stickgas entwickelte, fuͤhrten wir es ſogleich oben in den Recipienten, indem eine rechtwinklich gebogene, bis an die Decke des Recipienten reichende, Roͤhre, durch einen gemeinſchaftlichen durchbohrten Kork, mit der Retorte verbunden wurde. Dieſes ſehr leicht anzuwendende Verfahren iſt beſonders bey den im Waſſer aufloͤslichen Gasarten, wie dem kohlenſauren Gas, dem oxydirten Stickgas ſehr vortheilhaft. Das Waſſerſtoffgas erhielten wir durch Aufloͤſung des Zinks in Salzſaͤure oder in mit 6 Theilen Waſſer verduͤnnter Schwefelſaͤure; wir beobachteten dabey die Vorſicht, das Entwickelungsgefaͤß gaͤnzlich mit der Saͤure anzufuͤllen, und das Gas nicht durch die ganze Waſſerſaͤule hindurch treten zu laſſen. Aller dieſer Vorſicht ungeachtet ließ unſer Sauerſtoffgas bei der Abſorbtion durch Schwefelalkali 0,004 und das, durch andere Mittel gepruͤfte, Waſſerſtoffgas 0,006 Stickgas zuruͤck. Dies vorausgeſetzt, gehen wir nun zur Beantwortung der erſten Frage. Wenn aller Sauerſtoff oder aller Waſſerſtoff gaͤnzlich abſorbirt wuͤrde, dachten wir, muͤßte man, wenn die beyden Gasarten vollkommen rein waͤren, oder der Grad ihrer Reinheit bekannt, ſtets daſſelbe Verhaͤltniß fuͤr die Beſtandtheile des Waſſers erhalten, es mogte nun das Sauerſtoffgas oder das Waſſerſtoffgas im Uebermaß vorhanden ſeyn. Wirklich erhielten wir nach Verpuffung von Gemiſchen aus 300 Waſſerſtoffgas und 100 Sauerſtoffgas und wieder aus 200 von erſterm und eben ſo viel vom letzterm, nachdem die noͤthige Berichtigung wegen der Unreinheit der beyden Gasarten gemacht war, ſehr nahe daſſelbe Verhaͤltniß; woraus ſich zugleich ergab, daß bey dem Uebermaß des einen oder des andern Gas auch nicht etwa ein oxydirtes oder hydrogenirtes Waſſer entſtehe, in welchem Fall, wenn auch die Abſorbtion des einen oder des andern Gas vollſtaͤndig war, doch nothwendig das Verhaͤltniß verſchieden ſeyn mußte. Aber wenngleich die Abſorbtion unter gewiſſen Umſtaͤnden vollſtaͤndig iſt, ſo muß man doch nicht glauben, daß ſie es ſey, welch ein Verhaͤltniß der beyden Gasarten man auch anwende, ſondern es giebt vielmehr Miſchungen, aus ihnen allein oder auch zugleich mit Stickgas oder irgend einem andern Gas, die man durch den electriſchen Funken nicht nur nicht anzuͤnden kann, ſondern deren Verbrennung, wenn ſie auch angefangen hat, vor der Vollendung aufhoͤrt, wie die Reſultate der in folgender Tabelle aufgefuͤhrten Verſuche, in denen verſchiedene Verhaͤltniſſe der beyden Gasarten der Verpuffung ausgeſetzt wurden, anzeigen. Waſſerſtoffgas Sauerſtoffgas Abſorbtion 100 — 200 — 146 100 — 300 — 146 100 — 600 — 146 100 — 900 — 146 100 — 950 — 68 100 — 1000 — 55 100 — 1200 — 24 100 — 1400 — 14 100 — 1600 — 0 Die Abſorbtionen 68, 55, 24, 14 ſind vielleicht nicht auf 0,02 oder 0,03 genau, da wir, weil unſere Inſtrumente fuͤr die correſpondirenden Verhaͤltniſſe zu klein waren, die Gasmengen auf mehrere Mahl meſſen mußten; dies hat indeſſen auf die Erſcheinung im Ganzen keinen Einfluß. Was in dieſen verſchiedenen Verſuchen merkwuͤrdig iſt, iſt 1. daß die Abſorbtion, welche bey ſehr abweichenden Verhaͤltniſſen gleich bleibt, ploͤtzlich abnehmend wird; 2. daß die angefangene Verbrennung des Waſſerſtoffgas vor der Vollendung aufhoͤrt; 3. daß Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas in Verhaͤltniſſen gemengt ſeyn koͤnnen, in welchen ihre Entzuͤndung unmoͤglich iſt. Die vorerwaͤhnten Erſcheinungen finden nicht bloß unter den angefuͤhrten Umſtaͤnden Statt: ſie erfolgen auch, wenn man 100 Sauerſtoffgas mit 200, 300, ... 1000 ꝛc. Waſſerſtoffgas verpufft; es iſt bloß der Unterſchied, daß in dieſem Fall der Zeitpunkt, in welchem die Abſorbtion aufhoͤrt, ſich gleich zu bleiben, weiter entfernt iſt. Um den Grund davon einzuſehen, darf man nur bemerken, daß in dieſem Fall ungefaͤhr 300 Theile durch die Entzuͤndung verſchwanden, wogegen in dem vorigen nur die Haͤlfte ſo viel verſchwand. Das Stickgas und das kohlenſaure Gas bieten ebenfalls aͤhnliche Erſcheinungen dar. Entzuͤndet man z. B. ein Gemenge von 900 Stickgas, 100 Waſſerſtoffgas und 100 Sauerſtoffgas, ſo betraͤgt die Abſorbtion, die bey vollſtaͤndiger Verbrennung auf 146 ſteigen ſollte, nur 50, wiewohl ſie in einigen Verſuchen auch etwas darunter oder daruͤber war. Bey einem geringern Verhaͤltniß von Stickgas dagegen hatten wir beſtaͤndig die gleiche Abſorbtion von 146. Wiewohl ſich das Stickgas hier wie das Sauerſtoffgas zu verhalten ſcheint, indem wir bey 100 Waſſerſtoffgas und 1000 Sauerſtoffgas faſt daſſelbe Reſultat hatten, wie bei 900 Stickgas, 100 Sauerſtoffgas und 100 Waſſerſtoffgas, ſo wollen wir doch daraus gar keine Folgerung ziehen, weil wir unſere Verſuche noch nicht hinlaͤnglich vervielfaͤltigt und abgeaͤndert haben. So viel jedoch gehet aus den bisher angeſtellten hervor, daß, wenn beſtimmte Verhaͤltniſſe von Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas mit verſchiedenen Gasarten gemengt worden, die Abſorbtion bis auf einen gewiſſen Punkt gleichbleibend ſeyn kann, nach deſſen Ueberſchreitung ſie ſchnell abnimt. Wenn nun die Abſorbtion des Sauerſtoffs und Waſſerſtoffs bei beſtimmten Verhaͤltniſſen vollſtaͤndig, bei andern aber es wieder nicht iſt, ſo wird man immer im Stande ſeyn, ein Gasgemiſch der letztern Art in eins der erſtern umzuaͤndern, indem man ihm Sauerſtoffgas oder Waſſerſtoffgas oder auch beyde zuſammen zuſetzt. Da in dem vorerwaͤhnten Verſuch die 100 Waſſerſtoffgas nicht vollſtaͤndig verbrannt worden, ſo unterſuchten wir den Ruͤckſtand. 100 Theile davon, in welche Phosphor gebracht wurde, verminderten ſich in 4 Stunden um 7; zum offenbaren Beweiſe, daß der Ruͤckſtand Sauerſtoff enthielt. Um uns zu uͤberzeugen, ob er Waſſerſtoff zuruͤck behalten haͤtte, entzuͤndeten wir in Volta’s Eudiometer ein Gemiſch von 200 jenes Ruͤckſtandes + 200 Sauerſtoffgas + 200 Waſſerſtoffgas = 600. Es waren 312 Theile verſchwunden. Da nun, nach weiter unten anzufuͤhrenden Erfahrungen, 100 Theile reines Sauerſtoffgas 200 Waſſerſtoffgas zu ihrer Saͤttigung erfordern, ſo haͤtte die Abſorbtion mit dem hier angewandten Waſſerſtoffgas nur 292 betragen ſollen und jener Ruͤckſtand muß daher noch ſo viel gegeben haben, um ſie von 292 bis auf 312 zu erhoͤhen, d. h. er muß 13,3 deſſelben enthalten haben. Der Rechnung nach muͤßte er 12 davon enthalten; es iſt alſo klar bewieſen, daß, obgleich die Entzuͤndung anfing, die Verbrennung doch nicht vollſtaͤndig war, da wir das Waſſerſtoffgas, welches nicht abſorbirt worden, in dem Ruͤckſtande wiederfanden. Wir bemerken hier, daß in allen Faͤllen, wo die Abſorbtion nicht beendigt wurde, die Entzuͤndung nicht ſehr lebhaft war. Bei Vergleichung der Wirkungen der Electricitaͤt mit denen einer hohen Temperatur, in Entzuͤndung des Sauerſtoffwaſſerſtoffgas, wurden wir auf den Gedanken geleitet, daß die Entzuͤndung durch den electriſchen Stoß wohl von der Waͤrme herruͤhren koͤnnte, die die augenblickliche Compreſſion des durchgehenden electriſchen Funkens hervorbringt. Wir wiſſen wirklich durch eigene Erfahrung, daß die Entzuͤndung eines Gemiſches von Sauerſtoff- und Waſſerſtoffgas, wenn ſie durch Waͤrme bewirkt wird, allein von der Temperatur abhaͤngt: denn wenn man dieſes Gemiſch ſehr langſam durch eine von Außen nach ihrem Mittelpunkt ſehr ſtufenweiſe erhitzte Roͤhre, ſo jedoch, daß nichts der freien Ausdehnung des Gas im Wege ſteht, treten laͤßt, ſo wird die Entzuͤndung erfolgen, ſobald als die Temperatur hoch genug geſtiegen iſt. Setzen wir nun, wie es denn iſt, daß die Entzuͤndung nur bei einer beſtimmten Temperatur erfolge, ſo ſehen wir, was bei der durch den electriſchen Funken geſchehenden vorgeht. Indem dieſer durch das erwaͤhnte Gemiſch tritt, draͤngt er es zuruͤck, indem ſein Durchgang ſo ploͤtzlich iſt, daß die Gasmolekulen die Bewegung einander nicht ſo ſchnell, wie ſie dieſelbe empfingen, mittheilen koͤnnen, wodurch eine augenblickliche ſehr ſtarke Zuſammenpreſſung erfolgt, die eine Temperaturerhoͤhung bewirkt, welche die zur Verbindung der beyden Gasarten noͤthige noch uͤberſteigt, und die nun einmahl angefangene Entzuͤndung muß ſich dann ſchnell verbreiten. Dieſer Anſicht nach dachten wir, daß, wenn ein ſchwacher electriſcher Funke in einem Gemiſch aus Waſſerſtoffgas und Sauerſtoffgas nur eine unvollſtaͤndige Verbrennung bewirkt, ein ſtaͤrkerer eine vollſtaͤndigere zu Stande bringen wuͤrde; aber ſey es nun, daß wir keine hinlaͤnglich ſtarke Electricitaͤt anwandten, oder daß wir unſere Verſuche noch nicht genug vervielfaͤltigt haben: wir erhielten keinen merklich verſchiedenen Erfolg, wenn wir den Funken eines, drey Decimeter im Durchmeſſer haltenden, Electrophors oder einer ſtark geladenen Leydener Flaſche anwandten. Die Einrichtung unſeres Eudiometers erlaubte uns indeſſen nicht, ſehr ſtarke Funken zu ziehen, und wir wollen, um uͤber den Einfluß der Staͤrke der Electricitaͤt in Entzuͤndung des Sauerſtoffwaſſerſtoffgas zu entſcheiden, den Erfolg neuer Verſuche abwarten. Da nun in dem obigen Gemiſch aus 900 Stickgas, 100 Sauerſtoffgas und 100 Waſſerſtoffgas die Abſorbtion nicht vollſtaͤndig war, ſondern ſtehen blieb, wie es, zu Folge der nachherigen Analyſe, noch aus 0,06 Waſſerſtoffgas, 0,08 Sauerſtoffgas und 0,86 Stickgas beſtand, ſo iſt zu ſchließen, daß auch ein neuer Funke ein ſolches Gemiſch nicht wuͤrde entzuͤnden koͤnnen. In der Atmoſphaͤre, wo ſich viel weniger als 0,06 Waſſerſtoffgas befindet, wuͤrde demnach der electriſche Funke keine Entzuͤndung deſſelben bewirken koͤnnen, oder wenn ſie auch vermoͤge ſeiner großen Staͤrke an dem Orte ſeines Durchgangs Statt faͤnde, ſo wuͤrde ſie ſich doch nicht verbreiten koͤnnen, ſondern auf jene Stelle beſchraͤnkt bleiben, und man kann daher nicht die feurigen Meteore durch eine Entzuͤndung des Waſſerſtoffgas vermittelſt des Blitzes oder gar durch noch ſchwaͤchere electriſche Entladungen erklaͤren, oder waͤren dieſe feurigen Lufterſcheinungen wirklich das Reſultat einer Entzuͤndung von Waſſerſtoffgas, ſo muͤßte man ſchließen, daß in dem Augenblick, da ſie ſich zeigen, mehr als 0,06 davon in der Luft vorhanden ſeyen, was gegen alle Wahrſcheinlichkeit iſt, beſonders wenn man ſich erinnert, daß Luft, die in einer ſehr hohen Hoͤhe geſchoͤpft worden, bei der Vergleichung mit in der Ebene geſchoͤpfter, keine bemerkbare Spur deſſelben gezeigt hat. Wenn aber wirklich bey jedem electriſchen Funken, den man aus einem Gemiſch von Sauerſtoff- und Waſſerſtoffgas oder von Stickgas, Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas, ſo nicht entzuͤndungsfaͤhig iſt, zieht, durch den bey ſeinem Durchgange ausgeuͤbten Druck eine locale augenblickliche Hitze bewirkt wird: ſo waͤre es moͤglich, daß bey jedem derſelben, in dieſem Falle, eine kleine locale Entzuͤndung Statt faͤnde und daß man ſo durch eine Reihe derſelben eine beſtimmte Menge von Waſſerſtoffgas, die in viel Stickgas und Sauerſtoffgas oder auch nur in letzterm allein eingehuͤllt iſt, zerſtoͤren wuͤrde. Was dieſe Vermuthung unterſtuͤtzen koͤnnte, iſt, daß bekanntlich Aether und Ammonium, die vermittelſt des Durchtreibens in Dunſtgeſtalt durch eine gluͤhende Roͤhre zerſetzt werden, dieſe Zerſetzung auch durch wiederholte electriſche Funken erleiden. Auch waͤre es ſehr intereſſant zu wiſſen, ob man durch den electriſchen Funken ein ſchickliches Gemiſch von Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas entzuͤnden koͤnnte, nachdem es durch die Luftpumpe verduͤnnt worden. Ruͤhrte die Entzuͤndung durch den electriſchen Funken in der That von der, durch die von ihm herruͤhrende Zuſammendruͤckung, bewirkten Waͤrme her, ſo ſollte man natuͤrlich denken, daß, da die Compreſſion in dem verduͤnnten Gasgemiſch ſchwaͤcher iſt, auch die daraus entſtehende Waͤrme viel ſchwaͤcher ſeyn muͤſſe, und daß es einen Grad von Verduͤnnung geben koͤnne, bey welchem die Entzuͤndung gar nicht Statt finden wuͤrde. Wir haben noch nicht Zeit gehabt, dieſe verſchiedenen Verſuche anſtellen zu koͤnnen, geben aber den Vorſatz dazu nicht auf, ſondern hoffen ſelbſt, ihn bald ausfuͤhren zu koͤnnen. Man koͤnnte den Fall, wo die Verbrennung nicht vollſtaͤndig iſt, nach den Verwandtſchaftsgeſetzen erklaͤren, indem man ſagte, daß das eine Gas, wenn es ein großes Uebergewicht erhaͤlt, das andere durch ſeine Verwandtſchaft vor der Verbrennung ſchuͤtzen und es derſelben zum Theil entziehen koͤnne. Wenn auch dieſe Verwandtſchaft ſehr ſchwach waͤre, ſo begreift man nach Berthollet leicht, wie ſie durch die Menge des Gas erſetzt werden koͤnnte, und die Faͤlle, wo die Verbrennung fruͤher oder ſpaͤter aufhoͤrt, je nachdem das eine oder das andere Gas uͤberſchuͤſſig iſt, ließen ſich aus der verſchiedenen Natur der verſchiedenen Gasarten ableiten. Wie will man aber bey dieſer Annahme es erklaͤren, daß bey Verbrennung eines Gemiſches von bloßem Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas die Abſorbtion, die ſo lange ſich gleich blieb, ploͤtzlich abnimt, wenn man darin uͤbereinkommt, daß, im Fall das eine Gas durch die Wirkung des andern der Verbindung entzogen werden koͤnne, dieſe Wirkung ein regelmaͤßiges Geſetz befolgen muͤſſe? Wie ſoll man es begreifen, daß dieſe beiden Gasarten, da ſie ſich in zu ihrer Verbindung guͤnſtigen Umſtaͤnden befanden, ſich durch ihre Verwandtſchaft im elaſtiſchen Zuſtande erhielten, wenn ſie eine weit dichtere Verbindung, das Waſſer, bilden konnten? Wie endlich begreifen, daß eine Verwandtſchaft, die eine ſehr große Verdichtung und Saͤttigung bewirkt, geringer ſeyn koͤnne, als eine Verwandtſchaft, die gar keine Veraͤnderung in den Dimenſionen der beyden Gasarten, gar keine Saͤttigung bewirkt? Waſſerſtoff und Sauerſtoff haben, in welchem Zuſtande ſie ſich auch befinden moͤgen, ſtets dieſelbe Verwandtſchaft gegen einander, weil dieſe Verwandtſchaft durch ihre Saͤttigungscapacitaͤt beſtimmt wird; der jedesmahlige Zuſtand kann nur ihre Verbindung mehr oder weniger beguͤnſtigen. Aber zu ſagen, daß Waſſerſtoff und Sauerſtoff ſtaͤrker mit einander verwandt ſeyen im gasfoͤrmigen Zuſtande, heißt behaupten, ihre Molekulen ziehen ſich ſtaͤrker an, wenn ſie von einander ſehr entfernt, als wenn ſie ſich ſehr nahe ſind. Da dieſe Einwuͤrfe gegen eine bloß auf die Verwandtſchaften gegruͤndete Erklaͤrung uns von einigem Gewicht zu ſeyn ſchienen, ſo haben wir eine andere zu geben verſucht, die unſerer Meinung nach keinen ſolchen Schwierigkeiten unterworfen iſt. Alle verbrennliche Koͤrper uͤberhaupt beduͤrfen, um ſich mit dem Sauerſtoffe zu verbinden, einer beſtimmten Erhoͤhung der Temperatur: die Kohle z. B. verwandelt ſich nur im rothgluͤhenden Zuſtande in Kohlenſaͤure, und eben dieſelbe, welche fortfaͤhrt zu brennen, wenn in hoher Temperatur ein Strom von Waſſerdampf auf ſie geleitet wird, verliſcht, wenn man ſie in Waſſer taucht. Dieſen Grundſatz zugegeben, wollen wir annehmen, daß ein Koͤrper in einem beſtimmten Volum atmoſphaͤriſcher Luft brenne, und die dazu noͤthige Temperatur bloß durch die von der Abſorbtion des Sauerſtoffs herruͤhrende Waͤrme unterhalten werde; ferner, daß im Anfange der Verbrennung die von der Bindung des, in einem Cubikcentimeter Luft befindlichen, Sauerſtoffs herruͤhrende Waͤrme gleich 1, und die waͤhrend dieſer Bindung, theils als ſtrahlende Waͤrme, theils vermittelſt der Abſorbtion durch den Stickſtoff oder andere Koͤrper verlorne Waͤrme gleich [Formel] ſey, (indem wir hier das Geſetz, nach welchem ſie abnimt, uͤbergehen): ſo wird, wie man ſieht, in den erſten Augenblicken der Verbrennung die Temperatur des Koͤrpers erhoͤhet werden, in dem Maße aber, als die Menge des Sauerſtoffs ſich vermindern, und die des Stickſtoffs verhaͤltnißmaͤßig vergroͤßern wird, auch die mitgetheilte Waͤrme abnehmen muͤſſen. Es wird demnach ein Zeitpunct eintreten, in welchem die verlorne Waͤrme der mitgetheilten gleich iſt, und nach welchem die Verbrennung, da die Temperatur zu niedrig iſt, aufhoͤren wird. Daß aber das Verbrennen wirklich wegen der zu niedrigen Temperatur aufhoͤre, das ergiebt ſich hinlaͤnglich daraus, daß es fortdauert, wenn man die Temperatur durch aͤußere Mittel hoch genug erhaͤlt. Iſt dieſe Erklaͤrung richtig, ſo wird ſie auch feſtſtehen, wenn ſtatt des Stickgas ſchwefeligſaures, kohlenſaures oder jedes andere Gas mit dem Sauerſtoffgas vermiſcht iſt: bloß in dem fruͤhern oder ſpaͤtern Aufhoͤren der Verbrennung koͤnnten ſich Unterſchiede vom Stickgas zeigen, je nachdem ſie eine groͤßere oder geringere Capacitaͤt fuͤr die Waͤrme haͤtten, (vorausgeſetzt uͤbrigens, daß ſie in gleichem Verhaͤltniß mit dem Sauerſtoffgas gemengt waͤren), als dieſes; und haͤtte jedes Gas eine gleiche Capacitaͤt fuͤr dieſelbe, ſo muͤßte in allen die Verbrennung in dem gleichen Zeitpunct aufhoͤren, wie wir denn geſehen haben, daß es in Hinſicht des Sauerſtoffgas und Stickgas faſt Statt finde, und man koͤnnte vielleicht auf dieſem Wege zur Aufloͤſung der ſo wichtigen Frage, ob die verſchiedenen Gasarten gleiche oder ungleiche Capacitaͤt fuͤr die Waͤrme haben, gelangen. Dem zu Folge wuͤrde ein verbrennlicher Koͤrper, der Schwefel z. B., nicht deswegen in einem beſtimmten Volum Luft zu brennen aufhoͤren, weil das Stickgas oder die erzeugten Gasarten eine groͤßere Verwandtſchaft zu dem Sauerſtoff haben, als der verbrennliche Koͤrper, ſondern weil dieſe Gasarten, die ihre Temperatur mit der des verbrennenden Koͤrpers ins Gleichgewicht zu ſetzen ſtreben, mehr Waͤrme abſorbiren, als durch die Bindung des Sauerſtoffgas hervorgebracht wird, wodurch denn bald die Temperatur unter die zur Verbrennung noͤthige kommt. Man weiß in der That auch, daß der Schwefel in einer Luft, in welcher er verloͤſcht war, bei hinreichender Erhoͤhung der Temperatur zu brennen fortfahren kann. Das, was bei der augenblicklichen Verbrennung des Waſſerſtoffgas in Volta’s Eudiometer Statt hat, iſt durchaus dem aͤhnlich, was bei ſeiner allmaͤhligen in einem beſtimmten Volum von Luft, oder bei der Verbrennung jedes andern Koͤrpers vorgeht. Stellt man eine Waſſerſtoffgaslampe unter eine Glocke mit Sauerſtoffgas, ſo wird die Flamme klein, lebhaft und ſchwach gefaͤrbt ſeyn; fuͤllet man ſie ſtatt deſſen mit atmoſphaͤriſcher Luft, ſo wird die Flamme einen groͤßern Umfang haben, weniger lebhaft und ſtaͤrker gefaͤrbt ſeyn. In dem Maße, wie das Sauerſtoffgas abnimt, wird die Flamme, weil das Waſſerſtoffgas genoͤthigt iſt, den Sauerſtoff in einer groͤßern Entfernung zu ſuchen, aufs Neue an Umfang wachſen, und bald, nachdem ſie ſich ſchwach blaͤulichgruͤn gefaͤrbt hat, ganz erloͤſchen. Von gleicher Art ſind die Erſcheinungen in Volta’s Eudiometer: iſt das Verhaͤltniß des Waſſerſtoffgas und Sauerſtoffgas nicht weit von demjenigen entfernt, in welchem ſie Waſſer bilden, ſo iſt die Flamme, ihrer Ausbreitung ungeachtet, noch ſehr lebhaft; miſcht man aber z. B. 1000 Sauerſtoffgas mit 100 Waſſerſtoffgas, ſo iſt die Flamme ſchwach, blaͤulichgruͤn, und die Verbrennung des Waſſerſtoffgas iſt bey weitem nicht vollſtaͤndig, da man noch faſt [Formel] davon im Ruͤckſtande findet. Was auch noch beweiſet, daß bloß wegen zu niedriger Temperatur die Verbrennung nicht vollſtaͤndig war, iſt, daß alles Waſſerſtoffgas abſorbirt wird, wenn man den Ruͤckſtand durch eine gluͤhende Porcellainroͤhre gehen laͤßt, wie wir dieſes verſucht haben. Wir wollen noch eines beſondern Umſtandes bey der Verbindung des Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas gedenken, der ſeit langer Zeit Monge’s Aufmerkſamkeit erregt hat. Wie kommt es, ſagt dieſer beruͤhmte Phyſiker, daß, wenn man die Temperatur der beyden Gasarten erhoͤht, d. h. die Menge des Aufloͤſungsmittels vergroͤßert, man die Anziehung vermindert, die es fuͤr ſeine Grundlagen hatte? Weit entfernt zu glauben, daß man bey dem gegenwaͤrtigen Zuſtande unſerer Kenntniſſe davon eine genuͤgende Erklaͤrung geben koͤnne, wollen wir vielmehr nur die Aufmerkſamkeit der Phyſiker darauf lenken. In der That zeigt der elaſtiſche Zuſtand nach dem Begriffe, welchen man ſich von der Kraft, welche Verbindungen hervorbringt, und den Kraͤften, die ihr entgegen wirken, machen kann, an, daß die Cohaͤſionskraft zerſtoͤrt ſey, und daß beyde Koͤrper in dieſem Zuſtande in der zur Verbindung guͤnſtigſten Bedingung ſich befinden, ſo daß, wenn nun die anziehende Kraft ihrer Molekulen in eine zuruͤckſtoßende umgeaͤndert wird, alles, was die letztere beguͤnſtigt, der erſtern entgegenwirkt. Nun aber geſchieht es, daß man durch Erhoͤhung der Temperatur der beyden Gasarten, d. h. durch Vermehrung ihrer Zuruͤckſtoßungskraft, ihre Anziehungskraft beguͤnſtigt. Man kann nicht glauben, daß die Waͤrme hier bloß ihre Molekulen von einander entferne: denn warum ſollte dann nicht ein Gemiſch von Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas ſich unter dem Recipienten einer Luftpumpe entzuͤnden, wo man ſie ins Unendliche verduͤnnen kann? Auch kann man nicht glauben, daß die Waͤrme etwa, indem ſie ploͤtzlich einwirkte, eine Zuſammenpreſſung hervorbringen koͤnne, welche die Verbindung der beyden Gasarten beguͤnſtigte, indem ſie ihre Molekulen einander naͤhert; denn man kann ſich leicht uͤberzeugen, daß ein Gemiſch von Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas, wenn man es auch ſehr allmaͤhlig erhitzt, und ſo, daß nichts ſeine Ausdehnung verhindert, ſich doch entzuͤnden wird, ſobald als die Temperatur hoch genug geſtiegen iſt. Wir gehen jetzt zur Beantwortung der zweyten Frage. Allen uͤber die Zuſammenſetzung des Waſſers angeſtellten Verſuchen zu Folge hat man das Reſultat allgemein als gleichfoͤrmig angeſehen. Bisweilen jedoch erhielt man eine kleine Menge Salpeterſaͤure; aber man fand daß dieſe Saͤure kein beſtaͤndiges Product der Verbrennung des Waſſerſtoffgas ſey, und Fourcroy, Seguin und Vauquelin lehrten, wie man die Bildung derſelben vermeiden, und ein nicht ſaures Waſſer erhalten koͤnne. Aber noch iſt nicht bewieſen, daß man nicht oxygenirtes oder hydrogenirtes Waſſer gebildet habe, weil man in allen genauen Verſuchen, die man anſtellte, die Verbrennung des Waſſerſtoffgas immer auf dieſelbe Weiſe bewirkte, und es waͤre hoͤchſtens bewieſen, daß unter jenen Umſtaͤnden das Waſſer immer gleichfoͤrmig geweſen ſey. Vergleicht man die Verbrennung des Waſſerſtoffgas mit der des Salpetergas, deren Product ſo veraͤnderlich iſt, ſo wird man noch mehr zu dem Gedanken beſtimmt, daß ſich, da in den angeſtellten Verſuchen immer Sauerſtoffgas uͤberſchuͤſſig geweſen iſt, ein oxygenirtes Waſſer gebildet haben koͤnne, ſo wie ein hydrogenirtes, wenn das Waſſerſtoffgas hervorſtehend geweſen waͤre. Angenommen nun, daß ſich z. B. ein oxygenirtes Waſſer bilden koͤnne, ſo waͤre dies, wenn es in allen Faͤllen entſtaͤnde, und ſtets gleichfoͤrmig waͤre, fuͤr die Analyſe der Luft, die ſich nur auf das Verhaͤltniß ſeiner Beſtandtheile ſtuͤtzt, gleichguͤltig; entſtaͤnde es aber nur, wenn Sauerſtoffgas uͤberſchuͤſſig iſt, ſo wuͤrde man offenbar nicht mehr dieſelben Verhaͤltniſſe erhalten, wenn wechſelsweiſe bald das eine, bald das andere Gas uͤberſchuͤſſig waͤre. Nun hat aber eine große Anzahl von uns angeſtellter Verſuche gezeigt, daß man ſtets dieſelben Verhaͤltniſſe erhalte, wenn man ein Mahl das eine, ein ander Mahl das andere Gas im Uebermaß zuſetzt: das Reſultat der Verbrennung des Waſſerſtoffgas iſt alſo von ſtets gleichfoͤrmiger Beſchaffenheit. Die Erſcheinungen bei der Zerſetzung des Waſſers durch den Galvanismus ſcheinen indeſſen zu beweiſen, daß das Waſſer der Oxygenirung und Hydrogenirung faͤhig ſey, und eben durch dieſe Annahme haben Laplace und Berthollet jene Zerſetzung erklaͤrt. Ohne dieſer Erklaͤrung, welche uns die genugthuendſte zu ſeyn ſcheint, die bis jetzt aufgeſtellt worden, etwas entgegenſetzen zu wollen, bemerken wir nur, daß die vollſtaͤndige Abſorbtion des Waſſerſtoffs an dem einen Drahte, und die des Sauerſtoffs an dem andern beweiſet, daß das Waſſer in der That nicht hydrogenirt oder oxygenirt werde, denn um es zu werden, muͤßte es von dem einen Gas ein groͤßeres Verhaͤltniß abſorbiren, als zur Zuſammenſetzung des Waſſers erforderlich iſt. Abſorbirt es aber an den beiden Draͤhten beide in dem zu jener Zuſammenſetzung noͤthigen Verhaͤltniſſe, ſo muͤſſen begreiflich die Eigenſchaften des einen Gas durch die des andern neutraliſirt werden. Das Waſſer kann ſich alſo in dem beregten Falle augenblicklich zwar an dem einen Drahte oxygeniren, an dem andern hydrogeniren, aber die beiden Gasarten muͤſſen, da ſie der Elaſticitaͤt beraubt ſind, und ſich in dem gehoͤrigen Verhaͤltniß zu einander befinden, bald wieder in Verbindung treten. Nachdem nun wohl bewieſen iſt, daß, unter beſtimmten Umſtaͤnden, das Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas vollſtaͤndig abſorbirt werden koͤnnen, und daß das Product ihrer Verbindung ſtets gleichfoͤrmig ſey, ſo haben wir jetzt, zur Beantwortung der dritten Frage, nur das Verhaͤltniß zu beſtimmen, in welchem ſie Waſſer bilden, worauf die folgenden Verſuche gehen. 100 Theile Sauerſtoffgas mit 300 Theilen Waſſerſtoffgas vermiſcht, gaben nach der Entzuͤndung durch den electriſchen Funken in zwoͤlf Verſuchen nachſtehende Ruͤckſtaͤnde: 100,8 101,0 102,0 101,4 101,7 102,0 100,5 102,0 101,0 101,0 101,5 101,5 Nach einer Mittelzahl alſo 101,3. 100 Theile als ſehr rein angenommenes Sauerſtoffgas wuͤrden alſo 198,7 Waſſerſtoffgas erfordert haben: bei der Pruͤfung durch Schwefelalkali aber wurde erſteres nur bis auf nahe 0,004 abſorbirt; es folgt alſo, daß 99,6 Sauerſtoffgas 199,1 Waſſerſtoffgas abſorbirt haben, oder daß 100 des erſtern 199,89 des letztern abſorbirt haben wuͤrden; in runden Zahlen: daß 100 Sauerſtoffgas 200 Waſſerſtoffgas zur voͤlligen Saͤttigung beduͤrfen. In den vorſtehenden Verſuchen war das Sauerſtoffgas der ganz abſorbirte Theil; die folgenden Reſultate ſind von 12 Verſuchen, wo das umgekehrte Statt fand, und 200 Theile von jedem Gas entzuͤndet wurden: 101,5 102,0 101,5 101,3 102,0 102,3 102,2 101,0 102,0 102,0 101,0 102,0 Mittele Menge des Ruͤckſtandes 101,7 Mittele Abſorbtion ‒ ‒ 298,3 200 Theile Waſſerſtoffgas, als rein angenommen, wuͤrden demnach 98,3 Sauerſtoffgas erfordern, waͤhrend nach dem eben beſtimmten Verhaͤltniß 100 noͤthig ſeyn ſollten. Nehmen wir dieſes Verhaͤltniß als genau an, ſo waͤren in den abſorbirten 298,3 nur 198,8 Waſſerſtoffgas, wodurch in dem letzteren 0,006 Stickgas angedeutet wuͤrden. Aber auch ſelbſt, wenn man annimt, daß das Waſſerſtoffgas vollkommen rein war, ſo ſtimmen die zwey, das eine Mahl bei uͤberwiegendem Waſſerſtoffgas, das andere Mahl bei uͤberwiegendem Sauerſtoffgas erhaltenen, Verhaͤltniſſe hinreichend unter ſich, um alles bisher Geſagte zu beſtaͤttigen. Um ſie ganz gleich zu machen, darf man nur 0,006 Stickgas in dem Waſſerſtoffgas annehmen, deſſen Gegenwart wir auch wirklich beweiſen koͤnnen. Wir ſahen, daß in den vorerwaͤhnten Verſuchen 200 Waſſerſtoffgas, ohne eine Berichtigung vorzunehmen, 98,3 Sauerſtoffgas abſorbirten. Nehmen wir jetzt die von der Verpuffung von 100 Sauerſtoffgas mit 300 Waſſerſtoffgas ruͤckſtaͤndigen 101,0 und 101,5, und laſſen ſie mit 200 Sauerſtoffgas verpuffen. In dieſen beyden Ruͤckſtaͤnden muͤſſen von den bei der erſten Verpuffung gebrauchten 200 Sauerſtoffgas, 0,008 Stickgas befindlich ſeyn, und waͤre nun der Reſt von 201,7 reines Waſſerſtoffgas, ſo muͤßte er 99,1 Sauerſtoffgas abſorbiren, und folglich ſollten durch die Entzuͤndung 300,8 verſchwinden. Es verſchwanden aber nur 295,0; der Reſt von 201,7 muß demnach nicht reines Waſſerſtoffgas geweſen ſeyn, ſondern nach dem Verhaͤltniß von 100 Sauerſtoff zu 200 Waſſerſtoff 5,0 Stickgas enthalten haben, die von 600 Waſſerſtoffgas herruͤhrten, was folglich 0,008 betraͤgt. Es ſcheint uns demnach bewieſen, daß 100 Theile Sauerſtoffgas (dem Volum nach) nahe 200 Theile Waſſerſtoffgas zu ihrer Saͤttigung beduͤrfen. Dem Verſuch der Herren Fourcroy, Seguin und Vauquelin zu Folge wuͤrde das Verhaͤltniß = 100: 205 ſeyn; wir bemerken indeſſen, daß man, es werde nun das eine oder das andere Verhaͤltniß angenommen, in Hinſicht der abſoluten Menge des Sauerſtoffs der Luft nur hoͤchſtens um 0,0035 ſich irren koͤnne, und daß der Irrthum noch viel kleiner iſt, wenn es auf Beſtimmung relativer Mengen ankommt. Wir haben uns uͤberzeugt, daß das Verhaͤltniß ſich durch die Abwechſelungen der Temperatur nicht veraͤndere. Es iſt einleuchtend, daß es ſo ſich auch verhalten mußte, weil die Waͤrme beide Gasarten gleich ſehr ausdehnt, und ſie eine gleiche Menge Waſſer aufloͤſen macht, folglich die in gleichen Volumen enthaltenen Gewichte von wirklichem Sauerſtoff und Waſſerſtoff unter ſich ſtets in demſelben Verhaͤltniß bleiben. Es waͤre daher, angenommen, daß das dem Volum nach ausgemittelte Verhaͤltniß wohl gegruͤndet iſt, genauer zu ſagen, daß 100 Sauerſtoffgas 200 Waſſerſtoffgas, dem Maße nach, erfordern, als das Beſtandtheilverhaͤltniß des Waſſers nach Gewicht anzugeben. Waͤre das Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas, woraus man Waſſer gebildet hat, vollkommen trocken geweſen, oder haͤtte man wegen der vielleicht darin befindlichen Feuchtigkeit die noͤthige Berichtigung gemacht, ſo wuͤrde es gleichguͤltig ſeyn, das Verhaͤltniß in Gewichten oder in Maßen anzugeben; da aber das Waſſerſtoffgas ſich in doppelt ſo großem Volum mit dem Sauerſtoffgas verbindet, beide aber gleich viel Waſſer aufloͤſen, ſo iſt offenbar, daß die Waſſermengen, welche ſie in die Verbindung bringen, unter ſich nicht in demſelben Verhaͤltniß ſtehen, wie die Gewichtsmengen des Waſſerſtoffs und Sauerſtoffs, und daß folglich das Beſtandtheilverhaͤltniß des Waſſers dadurch beeintraͤchtigt werden muͤſſe. Das Verhaͤltniß dem Maße nach hat folglich den Vortheil, bei Temperatur- und Feuchtigkeitszuſtands-Wechſel beſtaͤndig zu ſeyn, wogegen das dem Gewicht nach unter gleichen Umſtaͤnden veraͤnderlich iſt. Man glaube nicht, daß dieſer Umſtand ſo unbedeutend ſey: es laͤßt ſich ſehr leicht zeigen, daß er auf das Beſtandtheilverhaͤltniß des Waſſers bedeutenden Einfluß habe. Nach dem Verſuche der Herren Fourcroy, Seguin und Vauquelin, dem bis jetzt genaueſten uͤber dieſen Gegenſtand, enthaͤlt das Waſſer dem Gewicht nach 85,662 Sauerſtoff und 14,338 Waſſerſtoff. Da nun der Verſuch in einer Temperatur von ungefaͤhr 14° angeſtellt, die Berichtigung wegen des in Aufloͤſung befindlichen Waſſers aber nicht gemacht wurde, ſo folgt: daß, wenn man ihr ſpecifiſches Gewicht des Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas annimt, ſo wie ihr Verhaͤltniß des Volums der beiden Gasarten, und wenn man ferner, nach Sauſſure, zugiebt, daß ein Cubickfuß Luft bei 14° ſehr nahe 10 Grains Waſſer aufgeloͤſt halte, das Gewichtverhaͤltniß des Sauerſtoffs zum Waſſerſtoff nicht 85,662: 14,338 ſondern 87,41:12,59 ſeyn wuͤrde, ein ſehr merklicher Unterſchied, der beſonders bey Analyſen, wo es auf die Beſtimmung des wirklichen Gewichts des Waſſerſtoffs ankommt, ſehr großen Einfluß haben muß. Daſſelbe laͤßt ſich auch auf das ſpec. Gewicht der Gasarten, beſonders des Waſſerſtoffgas anwenden, wovon, bei der hier vorausgeſetzten Temperatur von 14° R., ungefaͤhr der 6te Theil auf Rechnung des aufgeloͤſten Waſſers kommt. Wir zweifeln daher nicht, daß, wenn man vollkommen trocknes und von Stickgas, welches es ſehr oft zu begleiten ſcheint, freies Waſſerſtoffgas haͤtte, man es wenigſtens 15 Mahl ſpec. leichter als atm. Luft finden werde. Es bleiben uns nun noch die Grenzen des moͤglichen Irrthums bei Volta’s Eudiometer auszumitteln und die kleinſten Mengen von Waſſerſtoff und Sauerſtoff zu beſtimmen, die man durch daſſelbe ſchaͤtzen koͤnne. Da der Verſuch mit demſelben augenblicklich gemacht iſt, ſo ſind die Erfolge von dem Thermometer- und Barometerſtande unabhaͤngig. In dieſer Hinſicht hat es vor dem Phosphor und den Schwefelalkalien den Vorzug, daß ſeine Reſultate ſehr faͤhig ſind, unter einander verglichen zu werden; aber dieſer iſt nicht der einzige: es beſitzt auch noch den, welchen eudiometriſche Mittel gewaͤhren, die die zu ſchaͤtzende Menge vielfach in ſich enthalten. Denn da jedes [Formel] Sauerſtoffgas in dieſem Inſtrument durch eine drey Mahl ſo große Abſorbtion vorgeſtellt wird, ſo trifft jeder moͤgliche Irrthum nur zu [Formel] auf dieſes; und jetzt beſonders, wo wir ſehr genaue Inſtrumente haben, die das Maß in 300 Theile theilen, kann, wie man ſieht, die Genauigkeit in Schaͤtzung der Menge des Sauerſtoffgas, wenn man ſich auch um 1 Theil des Maßes betruͤgen ſollte, nahe auf [Formel] der analyſirten Luft gebracht werden. Wenn alſo die Reſultate der Verbrennung des Waſſerſtoffgas ſo vergleichbar ſind, und der Irrthum in ſo enge Grenzen eingeſchloſſen iſt, ſo kann man offenbar nicht nur geringe Unterſchiede zwiſchen zwey Arten atm. Luft auffinden, ſondern auch noch weniger als [Formel] Sauerſtoffgas, die unter Waſſerſtoffgas oder Stickgas verloren ſind, beſtimmen und umgekehrt; nur muͤßte man in dieſen Faͤllen der zu pruͤfenden Luft, damit eine Entzuͤndung erfolgen koͤnne, eine angemeſſene Menge Sauerſtoffgas oder Waſſerſtoffgas zuſetzen, die man vorher in Hinſicht der Groͤße der Abſorbtion, die ſie erleiden, unterſucht hat, da denn die groͤßere Abſorbtion im zweyten Falle auf Rechnung des in der unterſuchten Luft befindlich geweſenen Sauerſtoffgas oder Waſſerſtoffgas kommt. Auf dieſe Weiſe haben wir, bei der jetzt erlangten Fertigkeit, 0,003 Waſſerſtoffgas, die wir zu atm. Luft geſetzt hatten, wiederfinden koͤnnen. Es koͤnnte gegen Volta’s Eudiometer eingewandt werden, daß man, weil das Waſſerſtoffgas nicht von ſtets gleicher Beſchaffenheit iſt, in Irrthuͤmer fallen koͤnne, die ſchwer zu ſchaͤtzen ſeyn wuͤrden. Indeſſen, ob es Stickgas enthielte, waͤre gleichguͤltig; nur wenn Sauerſtoffgas darin vorhanden waͤre, wuͤrde ſich dieſes mit der zu ſchaͤtzenden Menge vermiſchen und die Reſultate beeintraͤchtigen. Zur Vermeidung dieſes Nachtheils kann man zuerſt 500 Waſſerſtoffgas mit 100 Sauerſtoffgas beſonders verpuffen laſſen und den Ruͤckſtand, in welchem der Sauerſtoffgehalt jetzt zerſtoͤrt ſeyn wird, zu der Analyſe anwenden. Bei Anwendung dieſer Vorſicht kann man ſich eines auch noch ſo nachlaͤßig bereiteten Gas bedienen, wenn es nur aus Zink und Schwefel- oder Salzſaͤure entwickelt worden; denn aus andern Metallen, z. B. Eiſen, iſt es bekanntlich von anderer Beſchaffenheit. Allen bisher erzaͤhlten Beobachtungen nach waren wir wohl berechtigt zu ſchließen, daß Volta’s Eudiometer alles in der atmoſphaͤriſchen Luft enthaltene Sauerſtoffgas anzeigen muͤſſe; indeſſen wollten wir uns durch einen beſtimmten Verſuch davon uͤberzeugen, und analyſirten daher eine Luft, die aus 0,20 ſehr reinem Sauerſtoffgas und 0,80 Stickgas, ſo durch Zerſetzung des Ammonium vermittelſt oxydirter Salzſaͤure, unter moͤglichſter Verhuͤtung des Zutritts der atm. Luft, bereitet war, zuſammengeſetzt worden. Die kleinſte und groͤßte Abſorbtion eines Gemiſches von 200 dieſer Luft mit 200 Waſſerſtoffgas war, in fuͤnf Verſuchen, nur um 0,005 von einander abweichend und die mittle betrug 124,9, welche 41,6 Sauerſtoffgas anzeigt, wovon die Haͤlfte 20,8 hundert Theilen unſerer kuͤnſtlichen Luft entſprechen. Wir haben alſo 0,008 Sauerſtoffgas mehr, als wir zugeſetzt haben, was anzuzeigen ſcheinen koͤnnte, daß das feſtgeſetzte Verhaͤltniß von 100 Sauerſtoffgas zu 200 Waſſerſtoffgas etwas zu groß iſt; wir muͤſſen aber bemerken, daß unſer Stickgas, obgleich es ſehr ſorgfaͤltig zubereitet war, doch noch mit Phosphor leuchtete, und daß es zur Erklaͤrung unſers Reſultats hinreichend ſey, nur 0,01 Sauerſtoffgas in demſelben anzunehmen, was ſehr wahrſcheinlich iſt, wenn man bedenkt, daß die oxydirte Salzſaͤure ſich ſehr ſchnell am Lichte zerſetzt. Man kann alſo die obige Folgerung in Hinſicht der Anwendbarkeit dieſes Eudiometers als gegruͤndet anſehen, und dem beruͤhmten Phyſiker Volta, der die Phyſik mit den ſchoͤnſten Entdeckungen bereichert hat, wuͤrde auch der Ruhm gebuͤhren, der Chemie das genaueſte und ſchaͤtzenswertheſte Inſtrument zu ihren Analyſen gegeben zu haben. Analyſe der atmoſphaͤriſchen Luft durch Volta’s Eudiometer Das Vorige vorausgeſetzt koͤnnen wir nun die Anwendung auf die Analyſe der Luft machen. Angenommen, daß das feſtgeſetzte Verhaͤltniß des Sauerſtoffgas zum Waſſerſtoffgas = 100:200 ſtrenge genau ſey, ſo werden wir auch genau das Verhaͤltniß des Sauerſtoffgas zum Stickgas in der Luft ausmitteln koͤnnen; geſetzt aber auch, daß die Menge des Waſſerſtoffgas um 5 Einheiten zu groß oder zu klein waͤre, ſo wuͤrde der Irrthum in der analyſirten Luft doch nicht uͤber 0,003 gehen und wir wuͤrden eine groͤßere Genauigkeit erreichen, als durch andere eudiometriſche Mittel. Die von uns analyſirte Luft wurde mitten uͤber der Seine in kalter, gemaͤßigter und regniger Witterung und bei verſchiedenen Winden geſchoͤpft. Um eine groͤßere Gleichheit der Umſtaͤnde zu bewirken und Verſchiedenheiten, wenn ſie Statt faͤnden, deſto beſſer wahrzunehmen, haben wir die verſchiedene zu verſchiedenen Zeiten geſammelte Luft, die in gut verſchloſſenen und in Waſſer verſenkten Glaͤſern aufbewahrt worden, an Einem Tage gepruͤft. Der Kuͤrze wegen findet man die Reſultate in folgender Tabelle zuſammengeſtellt. Tage, an welchen die Luft geſammelt worden. Temperatur nach dem 100 gradigen Therm. beſtimt Zuſtand der Atmoſphaͤre Abſorbtion nach Verpuffung von 200 atm. Luft und 200 Waſſerſtoffgas Menge des Sauerſtoffgas in 100 Theilen Luft Brumaire 26 70,3 Bedeckter Himmel; Oſt. wind — 126,0 21,0 126,0 21,0 27 4,5 Bedeckter Himmel; Oſt- Suͤd-Oſtwind — 126,0 21,0 126,0 21,0 28 4,7 Feiner Regen; ſehr ſtarker Sud-Weſtwind 126,0 21,0 126,0 21,0 29 10,0 Feiner Regen; Suͤdwind 126,0 21,0 126,5 21,1 30 12,5 Bed. Himm.; S. W. Wind 126,8 21,2 126,0 21,0 Frimaire 1 6,7 Bewoͤlkter Himmel; gelinder Regen, S. W. Wind 126,0 21,0 126,0 21,0 2 1,5 Bew. Himm.; W. Wind 126,0 21,0 126,0 21,0 3 8,5 Regen; Suͤd-Wind 126,3 21,0 126,5 21,1 4 10,6 Bed. Himm.; S. W. Wind 126,2 21,0 126,5 21,1 5 3,3 Bew. Himm.; Oſt-Wind 126,5 21,1 126,0 21,0 6 1,6 Reif; Nord-Wind 126,0 21,0 7 1,3 Schnee; Nord-Wind 126,5 21,1 10 4,1 Nebel; Nord-Nord-Oſt- Wind — — 126,0 21,0 12 2,3 Bewoͤlkter Himmel; Duͤnſte; Oſt-Wind — 125,5 20,9 14 4,2 Regen; Suͤd-Wind 126,0 21,0 16 3,1 Dicker Nebel — 126,0 21,0 22 9,6 Regen; Suͤd-Suͤd-Weſt- Wind — — 126,0 21,0 28 2,2 Bedeckter Himmel; Nord- Oſt-Wind — 126,0 21,0 Nivose 2 1,0 Glatteis, dicker Nebel; Suͤd-Oſt-Wind — 126,0 21,0 Wie man ſieht, beweiſen alle unſere Verſuche; 1. daß die Variationen im Sauerſtoffgehalt der Atmoſphaͤre nicht uͤber 0,001 betragen, obgleich die Luft, da ſie bei ſehr verſchiedenen Winden aufgefangen wurde, aus ſehr entfernten Laͤndern kam; 2. daß das Verhaͤltniß des Sauerſtoffgas zu den andern Gasarten in der Luft = 21:79 iſt. Das erſte Reſultat, daß die Luft in ihrer Miſchung keinen bedeutenden Abaͤnderungen unterworfen ſey, iſt ſtrenge genau, da es von dem Verhaͤltniß, in welchem Sauerſtoff und Waſſerſtoff Waſſer bilden, unabhaͤngig iſt und das zweyte, uͤber das Beſtandtheilverhaͤltniß der Luft, kann ſich, dem Obigen nach, von der ſtrengen Wahrheit auch nicht ſehr entfernen. Man hat manche meteoriſche Erſcheinungen durch Entzuͤndung des Waſſerſtoffgas zu erklaͤren geſucht, welches man in der Atmoſphaͤre annahm. Wir ſuchten deshalb zu erfahren, ob dieſe Annahme gegruͤndet ſey und analyſirten daher eine kuͤnſtliche Luft, die ſicher kein Waſſerſtoffgas enthielt, in Vergleichung mit atm. Luft; erhielten aber in 6 mit jeder angeſtellten Verſuchen genau dieſelben Reſultate. Da wir nun noch 0,003 in unſerm Inſtrument ſchaͤtzen koͤnnen, ſo muß die Menge des Waſſerſtoffgas in der Atmoſphaͤre, wenn es darin vorhanden iſt, wenigſtens nicht bis auf dieſe Menge reichen. Daß eine geringe Menge darin ſich befinde, iſt wohl nicht zu bezweifeln, denn es entwickelt ſich ſtets aus den Suͤmpfen, aber ſie kann ſo klein ſeyn, z. B. 0,001, daß ſie ſich allen unſern Mitteln entzieht. Das Verhaͤltniß der in der Atmoſphaͤre befindlichen Kohlenſaͤure ſollte weit groͤßer ſeyn, wenn man die zahlreichen Quellen, die es ausgeben, betrachtet und doch, wenn ſie nicht die Eigenſchaft haͤtte, mit dem Kalk und Baryt ſichtbare unaufloͤsliche Verbindungen zu bilden, wuͤrde man bloß durch Veraͤnderung des Volums vielleicht noch nicht wiſſen, ob ſich welche in der Luft befinde. Die Kohlenſaͤure kann ſich freylich in der Atmoſphaͤre nicht anhaͤufen, weil ſie durch die Vegetation zerſetzt wird; aber kann es nicht auch Mittel geben, welche der Erde das Waſſerſtoffgas zuruͤckgeben und es dadurch verhindern, ſich in der Atmoſphaͤre anzuhaͤufen. Dieſe Einerleiheit der Miſchung der Atmoſphaͤre und dieſe Abweſenheit des Waſſerſtoffgas, welche ſich aus unſern Unterſuchungen ergeben, muͤſſen den Geometer uͤber die Theorie der Refractionen beruhigen. Da das Brechungsvermoͤgen der verſchiedenen Gasarten verſchieden iſt, und die des Waſſerſtoffgas ſtaͤrker, als die des Sauerſtoffgas und Stickgas, ſo wuͤrde jene Theorie, die ſich bloß auf die Variationen des Barometers und Thermometers gruͤndet, ſehr unvollkommen ſeyn, wenn die Atmoſphaͤre ſich in ihren Beſtandtheilen merklich aͤnderte. Dem Vorigen zu Folge findet dies indeſſen nicht Statt, und der Geometer wird bloß auf das Barometer, Thermometer und Hygrometer Ruͤckſicht zu nehmen haben. In der That reicht ein wenig Nachdenken hin, um uns zu uͤberzeugen, daß die Atmoſphaͤre in Verlauf einiger Jahre, und noch weniger einiger Tage, ſich nicht merklich veraͤndern koͤnne, ſofern man nicht von einigen ſehr einzelnen, localen Veraͤnderungen ſprechen will. Denn wenn ſie in ſolch kurzer Zeit ſich ſo veraͤnderte, durch was fuͤr ein Wunder geſchaͤhe denn dies, und welches andere braͤchte ſie ploͤtzlich wieder in ihren vorigen Zuſtand zuruͤck? Wie ſoll man eine Urſache begreifen, die maͤchtig genug waͤre, um von einem Tage auf den andern das Verhaͤltniß des Sauerſtoffs auch nur um 0,001 zu aͤndern, wenn man nicht eine electriſche, oder magnetiſche, oder irgend eine andere, eben ſo eingebildete, Kraft annehmen will, die durch unbekannte Modificationen das Sauerſtoffgas in Stickgas und umgekehrt verwandeln koͤnne? Es iſt indeſſen moͤglich, daß die Atmoſphaͤre ſehr langſam, theils in dem Verhaͤltniſſe ihrer Beſtandtheile, theils in ihrem Gewicht ſich veraͤndere, und dieſen Veraͤnderungen, muͤſſen die Phyſiker ihre Aufmerkſamkeit ſchenken, wenngleich ſie ſo wenig merklich ſind. Nachdem es nun hinlaͤnglich bewieſen iſt, daß die Atmoſphaͤre im Allgemeinen ihre Miſchung nicht veraͤndere, ſo iſt jetzt der Grund von den Verſchiedenheiten aufzuſuchen, die man unter gewiſſen Umſtaͤnden, in welchen man ſie analyſirte, wahrzunehmen geglaubt hat. Vulkane auf hohen Gebirgen, Gaͤhrungen an einzelnen Orten, das ſtillſtehende Waſſer eines Sumpfes oder Sees koͤnnte die Reinheit der ſie beruͤhrenden Atmoſphaͤre etwas beeintraͤchtigen, theils durch Entziehung von Sauerſtoffgas, theils durch Ausgift unathembarer Gasarten; wie klein aber muß dieſe Verminderung des Sauerſtoffgehalts in einer ſo großen, beſtaͤndig bewegten, Luftmaſſe nicht ſeyn, wenn man bedenkt, daß an Orten, wo eine ſehr große Menſchenzahl verſammelt iſt, oder andern, wo eine Quelle von Anſteckung zu ſeyn ſcheint, die Luft nur ſehr geringe Veraͤnderungen erleidet. Wir zerlegten zwey Portionen Luft, wovon die eine mitten im Parterre des Theatre francais einen Augenblick vor dem Aufzuge des Vorhangs zur Vorſtellung des zweyten Stuͤcks, 3 [Formel] Stunde nach der Verſammlung einer großen Menge von Zuſchauern und die zweyte drey Minuten nach Beendigung des Schauſpiels im hoͤchſten Theile des Sales geſchoͤpft worden. Beide truͤbten kaum das Kalkwaſſer; die Reſultate der vergleichenden Analyſe zeigten, daß die Luft des Parterre 20,2, und die aus der Hoͤhe des Schauſpielſals geſchoͤpfte 20,4 Sauerſtoffgas enthielt, wogegen andere zu gleicher Zeit analyſirte atm. Luft 21,0 zeigte. Herr Seguin hat auch Luft aus 12 Stunden lang genau verſchloſſen gehaltenen Saͤlen in Hospitaͤlern unterſucht, und ſie faſt eben ſo rein gefunden, als gewoͤhnliche Luft, wiewohl ſie einen unertraͤglichen faulen Geruch beſaß . Es waͤre in gewiſſen Beziehungen ſehr wuͤnſchenswerth, auch das Abſorbtionsverhaͤltniß zwiſchen oxydirtem Stickgas und Waſſerſtoffgas auszumitteln. Wenn demnach, auch unter den zur Abſorbtion des Sauerſtoffs guͤnſtigſten Umſtaͤnden, die Luft noch nicht 0,01 davon verliert, ſo laſſen ſich hieraus nicht die Beklemmung, die man in verſchloſſenen und mit Menſchen angefuͤllten Orten erleidet, noch die Krankheiten ableiten, die bei Suͤmpfen und Moraͤſten, oder in gewiſſen Laͤndern Statt finden. In einigen Faͤllen werden ſie durch Ausduͤnſtungen bewirkt ſeyn, die allen unſern eudiometriſchen Mitteln entwiſchen und auf eine eigenthuͤmliche Weiſe auf unſern Koͤrper wirken. So koͤnnen eine Blaſe Schwefelwaſſerſtoffgas oder oxydirtſalzſaures Gas, eine faule Ausduͤnſtung, eine Blume einen ungemein großen Raum mit ihrem Geruch anfuͤllen, und, uns zur Bewunderung ihrer ausnehmenden Feinheit noͤthigen, wenn ſie uns ſchon unertraͤglich werden. Die Peſtmiasmen koͤnnen eben ſo fein ſeyn, und allen unſern Unterſuchungsmitteln auf gleiche Weiſe entgehen, ohne deshalb weniger toͤdtlich zu ſeyn. Gluͤcklicher Weiſe koͤnnen wir, nach Guytons, fuͤr die Menſchheit ſo wohlthaͤtigen, Arbeiten, ihre Wirkung zerſtoͤren, wenn es uns gleich nicht moͤglich iſt, ihre Natur kennen zu lernen. In andern Faͤllen aber koͤnnen die Krankheiten von der Feuchtigkeit der Luft, ihrer Temperatur, ihrem electriſchen Zuſtande, oder uͤberhaupt von dem Zuſtand der Atmoſphaͤre und der Wirkung deſſelben auf uns nach den Dispoſitionen, in welchen wir uns befinden, abhaͤngen, und in dieſen Faͤllen, die ſehr haͤufig ſeyn koͤnnen, kann die Krankheit große Verwuͤſtungen anrichten, ohne daß man ihr Grenzen zu ſetzen im Stande iſt. Man wuͤrde ſich demnach taͤuſchen, alles Einer Urſache zuzuſchreiben, wenn der Zuſtand der Geſundheit des Menſchen von dem Zuſammenwirken aller der Umſtaͤnde abhaͤngt, die auf ihn einfließen. Von der Beſchaffenheit der aus dem Waſſer erhaltenen Luft und der Wirkung des Waſſers auf reine und gemiſchte Gasarten In dem Verlauf unſerer Verſuche, beſonders der uͤber die Schwefelalkalien, nahmen wir wahr, daß das Waſſer und andere Fluͤſſigkeiten eine Wirkung auf die Luft ausuͤben, die oft eine Veranlaſſung zum Irrthum werden kann, welche um ſo wichtiger iſt, da ſie bis jetzt noch nicht bemerkt worden. Wir haͤtten daher fuͤrchten muͤſſen, unſere Arbeit noch unvollkommener zu laſſen, als ſie ſchon iſt, wenn wir nicht unſere Unterſuchungen auf dieſe Wirkung des Waſſers auf reine und gemiſchte Gasarten, die man damit in Beruͤhrung bringt, gerichtet haͤtten. Mit dieſen wollen wir unſere Abhandlung ſchließen. Es iſt allgemein bekannt, daß das Waſſer Luft aufgeloͤſt enthalten kann. Boyle, Huygens und Mairan haben von dieſem Gegenſtande gehandelt; ſie kannten aber keine Mittel, um zu finden, daß dieſe Luft ſich von der atmoſphaͤriſchen Luft chemiſch unterſcheide. Der beruͤhmte Prieſtley bemerkte zuerſt, daß die aus den Waͤſſern gezogene Luft mehr Sauerſtoff enthalte. Seitdem zeigte Haſſenfratz, daß das Regenwaſſer eine Luft entwickele, die nahe 0,40 Sauerſtoffgas enthalte, und die Herren Ingenhouß und Breda waren bei ihren Verſuchen uͤber das Salpetergas auf aͤhnliche Reſultate geleitet worden. Auf der andern Seite hat man auch angegeben, daß das Waſſer leichter und reichlicher das Sauerſtoffgas als das Stickgas abſorbire, und Herr Fourcroy fuͤhrt ſogar die beſondere Thatſache an, die er jedoch ſelbſt fuͤr noch nicht hinreichend verificirt haͤlt, daß das mit Sauerſtoff geſchwaͤngerte Waſſer das Waſſerſtoffgas abſorbire, auf welches das gewoͤhnliche Waſſer faſt gar keine Wirkung habe. Wir werden weiter unten ſehen, daß die Wirkung, die es auf dieſes oder jenes Gas ausuͤbt, von der Natur desjenigen abhaͤnge, ſo es bereits aufgeloͤſt enthaͤlt. Herr Henry hat in einer kuͤrzlich in England bekannt gemachten Abhandlung die Abſorbtion verſchiedener Gasarten durch das von Luft befreiete Waſſer unterſucht. Er bewirkte dieſe Abſorbtionen durch einen dem Gewicht zweier oder dreier Atmoſphaͤren gleich kommenden Druck; aber er hat ſich nicht mit Gemiſchen verſchiedener Gasarten beſchaͤftigt, noch mit der Verwandtſchaft, die das Waſſer auf ſolche Gemiſche ausuͤbt. Er beſchraͤnkt ſich auf die Beſtimmung der nach Verſchiedenheit der Temperatur und des barometriſchen Drucks abſorbirten Menge, ohne ſeine Unterſuchungen auf die Wirkung des mit Gasarten bereits geſaͤttigten Waſſers zu richten. Wir glaubten einen Gegenſtand nicht vernachlaͤßigen zu duͤrfen, der mit den eudiometriſchen Arbeiten ſo enge verbunden iſt, und mit welchem die Chemiker ſich bis jetzt wenig beſchaͤftigt zu haben ſcheinen. Wir haben den Verwandtſchaftsgrad unterſucht, vermittelſt deſſen das im Waſſer aufgeloͤſte Sauerſtoffgas nach Verhaͤltniß der Temperatur und der Salze, welche das Waſſer aufnehmen kann, darin zuruͤckgehalten wird. Wir haben mit dem Waſſer gleiche Mengen reiner und gemiſchter Gasarten in Beruͤhrung geſetzt, und die Veraͤnderungen beobachtet, welche dieſe Gemiſche erleiden. Endlich haben wir auch angefangen, ein fuͤr die Meteorologie ſehr wichtiges Problem zu unterſuchen, ob naͤhmlich das Regenwaſſer Waſſerſtoffgas aufgeloͤſt enthalte. Alle dieſe Unterſuchungen, die wir im Verlauf dieſes Jahres, beſonders auf den Gebirgen, die wir jetzt durchwandern wollen, fortſetzen werden, ſind noch nicht ſehr weit gediehen, und wir muͤſſen uns begnuͤgen, einige vorzuͤgliche Thatſachen vorzulegen, die, wie wir uns ſchmeicheln, nicht ohne Intereſſe ſeyn werden. Wenn man alle Luft, die das Waſſer durch Sieden von Anfang bis zu Ende des Verſuchs ausgiebt, zuſammenlaͤßt, ſo hat dieſelbe, mit Volta’s Eudiometer gepruͤft, folgenden Sauerſtoffgehalt auf 100: Die Luft aus deſtillirtem Waſſer, ſo an der Atmoſphaͤre geſtanden ‒ ‒ ‒ 32,8 Die Luft aus Seinewaſſer ‒ ‒ 31,9 Die Luft aus Regenwaſſer ‒ ‒ 31,0 Es folgt aus dieſen Verſuchen, daß jene drei Waͤſſer eine Luft geben, die ungefaͤhr gleich reich an Sauerſtoff, und um 0,10 reiner, als die atmoſphaͤriſche iſt. In den Brunnenwaͤſſern, die im Innern der Erde ſich mit Subſtanzen in Beruͤhrung finden, die gegen den Sauerſtoff Verwandtſchaft ausuͤben, iſt dieſer Sauerſtoffgehalt veraͤnderlicher. Das zu einer andern Zeit geſammelte Seinewaſſer gab uns eine Luft von nur 29,1 Sauerſtoff, alſo eine etwas weniger reine, als die des Regenwaſſers. Wenn die zuſammen aufgefangene Luft der erwaͤhnten Waͤſſer eine viel reinere Beſchaffenheit, als die atmoſphaͤriſche zeigt, ſo gewaͤhrt die Unterſuchung der in einzelnen Portionen, durch ſtufenweiſe verſtaͤrkte Hitze, entwickelten noch intereſſantere Reſultate. In dieſen Verſuchen ſieht man die große Verwandtſchaft des Sauerſtoffs zum Waſſer in vollem Lichte. Wir erhitzten Seinewaſſer allmaͤhlig bis zum Sieden, und fingen die ſich entwickelnde Luft in aufeinander folgenden, aber ungleichen, Portionen auf; 200 von jedem dieſer Antheile mit 200 Waſſerſtoffgas verpufft, gaben uns folgende Reſultate: Antheile der Luft nach der Folge ihrer Entwickelung Abſorbtion Sauerſtoffgasgehalt. 1ſte 142,0 23,7 2te 164,0 27,4 3te 185,0 30,2 4te 195,0 32,5 Dieſe, mehrmahls wiederholte, Verſuche beweiſen, daß das Waſſer Anfangs eine Luft ausgiebt, die etwas reiner iſt, als die atmoſphaͤriſche; hierauf waͤchſt die Sauerſtoffmenge, wie die Entbindung fortſchreitet, und die letzten Antheile der Luft ſind daran am reichhaltigſten. Bei Wiederholung dieſes Verſuchs mit Schneewaſſer enthielten die erſtern Luftportionen 24,0, und die letztern 34,8 Sauerſtoffgas. Wenn man das Waſſer noch langſamer erhitzte, und die kleine, zuerſt uͤbergehende, Menge Luft ſorgfaͤltig abſonderte, ſo wuͤrde man vielleicht zu Anfang der Operation eine noch weniger reine Luft als die obige erhalten. Die Wirkung, welche das Waſſer auf den Sauerſtoff und Stickſtoff ausuͤbt, iſt alſo nicht gleich ſtark, und die Waͤrme ſchwaͤcht eher die auf letztern als auf erſtern. Es iſt ſelbſt wahrſcheinlich, daß die zuletzt entwickelte Luftportion noch reiner als 0,32 — 0,34 ſeyn wuͤrde, wenn nicht das Waſſer der Wanne ſich zu erhitzen anfinge, und ſeine, dann unreinere, Luft der andern beimiſchte. Dies iſt beſonders der Fall, wenn der Waſſerdampf uͤberzugehen anfaͤngt und aus dieſem Umſtande, ſo wie aus der Ungleichheit des Volums der vier abgeſonderten Luftantheile erklaͤrt es ſich, daß die zuletzt entwickelte Luft nur jenen Gehalt hat, da die ganze, auf einmahl aufgefangene, Luftmaſſe bis 0,31 enthaͤlt. Dieſe ungleiche Wirkung des Waſſers auf den Sauerſtoff und Stickſtoff zeigt ſich auch bei der Aufloͤſung von Salzen. Wir bemerkten, daß reines Seinewaſſer nahe die Haͤlfte mehr Luft durch Sieden gab, als daſſelbe mit Salz geſaͤttigte. Die Urſache dieſer Verminderung liegt in der ſehr betraͤchtlichen Menge Luft, die ſich waͤhrend der Aufloͤſung des Salzes ſchon in der Kaͤlte entwickelt. Dieſe letztere zeigte bei genauer Analyſe nur 0,225 Sauerſtoffgehalt, waͤhrend die aus der Kochſalzaufloͤſung durch Sieden entwickelte 0,305 gab. Es folgt hieraus, daß das Waſſer bei der Aufloͤſung des Salzes einen Theil der aufgeloͤſten Luft fahren laſſe, und daß dieſe unreiner ſey, als die zuruͤckbehaltene. Die Erſtarrung des Waſſers bei dem Gefrieren iſt ein dritter Fall, in welchem man aͤhnliche Erſcheinungen, wie die bisher bemerkten, wahrnimmt. Das Eiswaſſer giebt nur ungefaͤhr die Haͤlfte der Luft, die man aus gewoͤhnlichem Waſſer erhaͤlt, und es iſt zu bemerken, daß es ſeine Luft nur erſt auszugeben anfaͤngt, wenn ſeine Temperatur bereits uͤber den 60° der hunderttheiligen Scale geſtiegen iſt. Die in zwei ungleichen Portionen aufgefangene Luft zeigte in Volta’s Eudiometer 27,5 und 33,5 Sauerſtoffgas. Die geringe Menge und große Reinheit der aus dem Eiswaſſer entwickelten Luft beweiſt, daß das Waſſer bei dem Uebergange in den ſtarren Zuſtand einen großen Theil und zwar einer viel unreinern Luft, als es zuruͤckbehaͤlt, fahren laͤßt. Es bringen alſo drei auf den erſten Blick verſchiedene Umſtaͤnde, naͤhmlich die Erhoͤhung der Temperatur des Waſſers auf 35 — 40°, das Aufloͤſen eines Salzes in der Kaͤlte, und das Gefrieren ganz gleiche Reſultate in Hinſicht der Wirkung auf den Sauerſtoff und Stickſtoff hervor. Eine ſehr auffallende Erſcheinung iſt es, daß das Waſſer weniger Luft fahren laͤßt, wenn es zu Schnee verdichtet wird, als wenn es in Eis uͤbergeht. Durch Schmelzen friſch gefallenen Schnees und allmaͤhliges Erhitzen des erhaltenen Waſſers erhielten wir ein faſt doppelt ſo großes Volum Luft, als aus dem Eiswaſſer. Die Luft aus dem Schneewaſſer war faſt eben ſo reichlich, als die aus dem Seinewaſſer: dies letztere gab durch Sieden 1940 Luft, wenn ein gleiches Volum Schneewaſſer 1892 gab. Dieſe letztere, nach Maßgabe wie ſie ſich entwickelte, in 5 Antheilen aufgefangene, zeigte in Volta’s Eudiometer folgenden Gehalt: 1ſte Antheil 24,0 Sauerſtoffgas 2te — 26,8 3te — 29,6 4te — 32,0 5te — 34,8. Dieſer letztere Antheil iſt die reinſte Luft, die wir je aus irgend einem Waſſer erhalten haben. Da das Volum eines jeden Antheils beobachtet worden, ſo konnte man daraus den Sauerſtoffgehalt der ganzen Luftmaſſe berechnen, welcher 28,7 betrug. Das Seinewaſſer gab an dieſem Tage eine Luft, die um 0,004 unreiner war. Das Volum von Luft, welches die beiden Waͤſſer, das Schnee- und Flußwaſſer ausgeben, betraͤgt uͤbrigens ungefaͤhr [Formel] des ihrigen. Dieſe Verſuche uͤber das Schnee- und Eiswaſſer, die wir in der Folge noch vielfaͤltig abzuaͤndern hoffen, bieten fuͤr das Studium der Meteorologie ſehr auffallende Betrachtungen dar. Der Schnee iſt weiter nichts, als ein Haͤufſel kleiner Eiskryſtalle, die ſich in den obern Regionen der Atmoſphaͤre bilden, und doch geben dieſe kleine Kryſtalle nach dem Schmelzen eine faſt doppelt ſo große Menge Luft, wie das Eis, welches ſich an unſern Fluͤſſen bildete. Man muͤßte daraus ſchließen, daß, wenn das in der Luft aufgeloͤſte Waſſer zu Schnee erſtarrt, es nicht ſo viel Luft austreibe, als bei dem Gefrieren auf der Oberflaͤche der Erde, wenn man nicht muthmaßen duͤrfte, daß der Schnee eine gewiſſe Menge davon zwiſchen ſeinen kleinen Kryſtallen zuruͤckhalte, die er bei dem Schmelzen abſorbirt; denn es ſcheint, daß das Waſſer vorzuͤglich in dem Augenblick ſeines Gefrierens die groͤßte Menge ſeiner Luft entwickele. Die ſchoͤne Vegetation, welche die Gletſcher umgiebt, die ſchnelle Entwickelung der Pflanzen bei dem Schmelzen des Schnees im Fruͤhlinge, und mehrere Erſcheinungen, die man bei dem Ackerbau und dem Bleichen zu bemerken geglaubt hat, erregten die Vermuthung, daß das Eis- Schnee- und Regenwaſſer durch eine Menge aufgeloͤſt enthaltenden Sauerſtoffs, den ſie entwickelten, beſondere Wirkungen hervorbraͤchten. Unſere bis jetzt angeſtellten Verſuche ſcheinen dieſe Muthmaßung nicht zu beguͤnſtigen. Es giebt ohne Zweifel Brunnen, die eine unreinere als die atmoſphaͤriſche Luft enthalten, und dieſe, außerdem noch mit Salzen und Kohlenſaͤure beladenen, Brunnenwaͤſſer muͤſſen bei der Vegetation und dem Bleichen ganz anders wirken, als das Schneewaſſer. Aber die Unterſchiede, die das der Luft ausgeſetzt geweſene deſtillirte Waſſer, das Regen- Schnee- und Flußwaſſer bewirkt, laſſen ſich ſchwerlich aus dem aufgeloͤſten Sauerſtoff ableiten, wenn man ſich erinnert, daß alle dieſe Waͤſſer eine faſt gleich reine Luft in beinahe gleicher Menge enthalten. Die Erſcheinungen der Vegetation, wie die der Meteorologie, ſind ſo verwickelt, haͤngen von der Vereinigung ſo vieler Umſtaͤnde auf einmahl ab, daß man ſich wohl huͤten muß, einer einzigen Urſache etwas zuzuſchreiben, was durch mehrere bewirkt wird. Die Verſuche, welche wir uͤber die Kraft mitgetheilt haben, mit welcher die letzten Antheile des aufgeloͤſten Sauerſtoffs vom Waſſer zuruͤck gehalten werden, werfen ein groͤßeres Licht auf den Zuſtand, in welchem die Luft ſich in den Fluͤſſigkeiten befindet. Mairan hatte ſchon mit Grund geſchloſſen, daß ſie darin nicht im elaſtiſchen Zuſtande vorhanden ſeyn koͤnne, weil das ſpec. Gewicht des luftvollen und luftleeren Waſſers nicht merklich verſchieden iſt. Die chemiſchen Erſcheinungen beſtaͤttigen dieſe Folgerung. Koͤnnte das durch Deſtillation oder durch die Luftpumpe ſeiner Luft beraubte Waſſer als ein Schwamm betrachtet werden, deſſen Poren leer ſind: warum ſollten dieſe Poren ſich dann nicht bei der erſten Beruͤhrung mit der Luft anfuͤllen? woher ſollte die Abſorbtion vielmehr ſo langſam vor ſich gehen? warum beſonders ſollte das Waſſer dann mehr von einem als dem andern Gas aufnehmen? warum, wie wir noch hoͤren werden, das Waſſer einen Antheil von einem Gas fahren laſſen, um an deſſen Stelle ein anderes aufzunehmen? Dieſe Aufloͤſung der Luft im Waſſer kann alſo nur als der Erfolg einer chemiſchen Verwandtſchaft angeſehen werden. Jetzt wollen wir noch unſere Verſuche uͤber die mit dem Waſſer in Beruͤhrung geſetzten reinen oder gemiſchten Gasarten mittheilen. Es iſt laͤngſt bekannt, daß das uͤber Waſſer aufbewahrte Sauerſtoffgas unrein werde; aber noch waren die Erſcheinungen, welche die verſchiedenen Gasarten bei ihrer Wirkung auf das Waſſer zeigen, in ihrer Geſammtheit zu unterſuchen. Die Gasarten, die wir anwandten, hatten alle genau daſſelbe Volum, und die Mengen filtrirtes Seinewaſſer waren faſt gleich. Nach 6 bis 8 Tagen maßen wir nicht nur das abſorbirte Volum, ſondern analyſirten auch die Ruͤckſtaͤnde. Das letztere war um ſo noͤthiger, da man oft aus der nur ſehr geringen Veraͤnderung des Umfanges der mit dem Waſſer in Beruͤhrung geſetzten Luft zu ſchließen geneigt ſeyn koͤnnte, daß keine merkliche Wirkung Statt gehabt, wenn nicht die Analyſe gezeigt haͤtte, daß ſie vielmehr ſehr groß geweſen, aber durch die Menge der an die Stelle der abſorbirten aus dem Waſſer ausgetretenen Luft verdeckt ſey. Unter allen wird das Sauerſtoffgas vom Seinewaſſer am ſtaͤrkſten abſorbirt. Von 100 Sauerſtoffgas, Stickgas und Waſſerſtoffgas, hatte das erſte 0,40, die andern nur 0,05 und 0,03 verloren. Aber die Abſorbtion des Sauerſtoffgas iſt noch viel groͤßer, als es die ſichtliche Verminderung anzeigt. Die ruͤckſtaͤndigen 0,60 enthielten, anſtatt reines Sauerſtoffgas zu ſeyn, 0,37 Stickgas und nur 0,23 Sauerſtoffgas, ſo daß alſo die 100 von letzterm 0,77 uͤber dem Seinewaſſer verloren und 0,37 Stickgas ausgetrieben hatten. Es nimt alſo Flußwaſſer, welches lange der Luft ausgeſetzt geweſen iſt, welches man fuͤr mit derſelben geſaͤttigt halten ſollte, eine große Menge dargebotenes Sauerſtoffgas auf, ohne eine eben ſo große Menge Stickgas auszugeben. Auf das Volum des Waſſerſtoffgas ſcheint das Waſſer faſt gar keinen Einfluß zu haben. Die Ungleichheit der erhaltenen Reſultate verhindert uns, uͤber die kleinen Veraͤnderungen, die es waͤhrend dieſer Beruͤhrung erleiden kann, etwas Beſtimmtes anzugeben. Das Volum des reinen Stickgas wird uͤber Waſſer um 0,02 bis 0,03 vermindert; der Ruͤckſtand iſt aber kein reines Stickgas mehr: wir fanden darin 0,11 Sauerſtoffgas, die aus dem Waſſer durch 0,14 Stickgas ausgetrieben waren. Das Stickgas vertreibt alſo hier das Sauerſtoffgas, wie vorhin umgekehrt; nur die reſpectiven Mengen ſind verſchieden. Das Verhalten eines Gemenges von Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas in Beruͤhrung mit dem Flußwaſſer wurde unter verſchiedenen Umſtaͤnden unterſucht. Bald nahmen wir beide zu gleichen Theilen, bald ließen wir das eine davon uͤberſchuͤſſig. Die Umfangsverminderung wird groͤßer, wenn das Sauerſtoffgas vorſticht, naͤhmlich, wenn 200 Sauerſtoff und 100 Waſſerſtoffgas uͤber Waſſer gebracht wurden. In allen dieſen Faͤllen wurde Stickgas aus dem Waſſer getrieben. Bei Unterſuchung des Ruͤckſtandes eines Gemenges von gleichen Theilen Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas fanden wir darin auf 100 Theile 20 Stickgas 50 Waſſerſtoffgas und 30 Sauerſtoffgas. Je groͤßer die Abſorbtion des letztern geweſen war, deſto mehr Stickgas fanden wir. 600 Theile eines Gemenges von 400 Sauerſtoffgas und 200 Waſſerſtoffgas wurden durch zehntaͤgiges Stehen uͤber Seinewaſſer auf 562 reducirt. Haͤtte der Ruͤckſtand von dieſen Gasarten im vorigen Verhaͤltniß keine Veraͤnderung erlitten und waͤre auch kein anderes Gas ausgetrieben worden, ſo haͤtte er 375 Sauerſtoffgas und 187 Waſſerſtoffgas enthalten muͤſſen: die Analyſe aber zeigte darin 246 Stickgas, 142 Waſſerſtoffgas und 174 Sauerſtoffgas. Dieſe Verſuche beweiſen, daß das Waſſerſtoffgas, welches, wenn es allein mit dem Waſſer in Beruͤhrung iſt, nicht ſehr merklich abſorbirt wird, in Verbindung mit Sauerſtoffgas allerdings und zwar in betraͤchtlicher Menge abſorbirt werde. Es bietet ſich hier eine ſehr wichtige Frage dar, naͤhmlich, ob das vom Waſſer abſorbirte Waſſerſtoffgas ſich darin als Waſſerſtoff befinde, oder ob es ſich mit dem Sauerſtoff zu Waſſer verbinde? Wir ſuchten dieſe Frage dadurch zu loͤſen, daß wir ein durch Kochen von Luft befreietes Waſſer mit einem Gemenge von Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas in Beruͤhrung ſetzten. Nach 12 Tagen deſtillirten wir dieſes Waſſer und fanden bei nachheriger Analyſe der dadurch erhaltenen Luft in ihr das Waſſerſtoffgas in ſolcher Menge, daß wir ſie in Volta’s Eudiometer entzuͤnden konnten, ohne ein anderes Gas zuſetzen zu duͤrfen. Hieraus ergiebt ſich nun ohne Zweifel, daß das abſorbirte Waſſerſtoffgas ſich wiederfinden ließ; ob aber in derſelben Menge, in welcher es abſorbirt wurde? ob es ſich nicht in laͤngerer Zeit mit dem Sauerſtoff verbinden wuͤrde? daruͤber haben wir uns eine Reihe von Verſuchen anzuſtellen vorgeſetzt. Koͤnnten der im Waſſer befindliche Sauerſtoff und Waſſerſtoff ſich darin verbinden, ſo waͤre es leichter zu begreifen, woher das Waſſerſtoffgas, welches ſich von der Erde erhebt, weder in der Luft, die uns umgiebt, noch in den hohen Regionen, bis zu welchen man ſich erhoben hat, wiederzufinden iſt. Wir muͤſſen hier bemerken, daß wir bei einer ſorgfaͤltigen Analyſe der Luft aus Regenwaſſer darin kein Waſſerſtoffgas gefunden haben, wenigſtens keine bis auf 0,003 ſteigende Menge; wir werden dieſe Verſuche mit dem Regen in verſchiedenen Jahrszeiten, beſonders mit Gewitterregen wiederholen. Auf Gemenge von Sauerſtoffgas und Stickgas wirkte das Flußwaſſer weniger als auf die von Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas. Dieſes iſt nicht ſo ſehr uͤberraſchend, wenn man einen Blick auf das Ganze dieſer Erſcheinungen wirft. Man findet, daß das Waſſer beſtaͤndig das Beſtreben aͤußere, ſich mit den Gasarten, die man ihm darbietet, ins Gleichgewicht zu ſetzen: Setzt man es mit Sauerſtoffgas in Beruͤhrung, ſo giebt es Stickgas aus; bietet man ihm letzteres dar, ſo laͤßt es erſteres fahren; von einem Gemenge von Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas abſorbirt es einen Theil und giebt Stickgas an die Stelle. Ueberall ſucht es das Verhaͤltniß der Luft, die es enthaͤlt, nach der Natur desjenigen Gas zu modificiren, welches man ihm darbietet. Da nun das Seinewaſſer bereits mit einem Gemenge von Sauerſtoffgas und Stickgas beladen war, ſo ſcheint es natuͤrlich, daß es mehr Wirkung auf ein Gemenge von Sauerſtoffgas und Waſſerſtoffgas aͤußerte, als auf eins von Sauerſtoffgas und Stickgas, welches der in ihm bereits befindlichen Luft aͤhnlich iſt. Um richtig uͤber dieſe Erſcheinungen urtheilen zu koͤnnen, werden wir Waſſer, welches eben von aller Luft entleert worden, mit verſchiedenen einzelnen und gemengten Gasarten anſchwaͤngern und die Wirkung dieſes Waſſers nach einem langen Zeitraum unterſuchen, denn oft kann erſt in einem ſolchen die Natur die Hinderniſſe beſiegen, die ſich dem Spiel der Verwandtſchaften in den Weg werfen.