Ueber die Variationen des Magnetismus der Erde in verſchiedenen Breiten, von den Herren von Humboldt und Biot. Vorgeleſen von Biot in der math.-phyſ. Klaſſe des Nat. Inſt. am 17ten Dec. 1804. Nach dem Journ. de Phyſique, t. 59, p. 429 — 450, bearbeitet vom Herausgeber. Die Unterſuchung der Geſetze des Magnetismus der Erde iſt unſtreitig eine der wichtigſten in der ganzen Phyſik. Die Beobachtungen, welche über denſelben bereits gemacht ſind, haben uns ſo intereſſante Phänomene kennen gelehrt, daß man nicht umhin kann, zu verſuchen, die Räthſel zu löſen, welche er noch für uns enthält; doch müſſen wir geſtehen, daß wir ungeachtet aller bisherigen Bemühungen ſchlechterdings noch nichts von der Urſache deſſelben wiſſen. Es war ſehr ſchwierig, zu etwas Zuverläſſigem in dieſer Materie zu gelangen, ſo lange die Conſtruction der Magnetnadeln noch unvollkommen war, und es iſt erſt ſo kurze Zeit her, daß die Entdeckungen Coulomb’s uns gelehrt haben, ihnen völlige Genauigkeit zu geben, daß es nicht zu verwundern iſt, wenn wir unter den Beobachtungen der Reiſenden bis jetzt nur wenig zuverläſſige finden. Die Reiſe, welche Herr von Humboldt vor kurzem beendigt hat, bereichert dieſen Theil der Phyſik mit einer nicht minder ſchätzbaren Sammlung von Erfahrungen, als ſo viele andere Zweige des menſchlichen Wiſſens. Er hatte ſich mit einer trefflichen Inclinations-Bouſſole verſehn, welche von Le Noir nach der Vorſchrift Borda’s verfertigt war, und mit ihr hat er mehr als 300 Beobachtungen über die Neigung der Magnetnadel, und über die Intenſität der magnetiſchen Kraft, in den Theilen von Amerika angeſtellt, durch die er gereiſet iſt. Fügt man hierzu die Beobachtungen, welche er vor ſeiner Abreiſe in Europa angeſtellt hatte, ſo iſt das die erſte Reihe genauer Thatſachen über die Variation der magnetiſchen Kräfte in einigen Theilen der nördlichen und der ſüdlichen Halbkugel der Erde. Die Freundſchaft, welche Herr von Humboldt ſeit ſeiner Zurückkunft mir geſchenkt hat, gab mir die Veranlaſſung, ihm einige Beobachtungen dieſer Art mitzutheilen, die ich in dieſem Jahre in den Alpen angeſtellt hatte. Er machte mir ſogleich den Vorſchlag, ſie mit den ſeinigen in der Abhandlung zu vereinigen, welche ich jetzt der Klaſſe vorlege. Wenn indeß Freundſchaft und Wißbegierde mich beſtimmt haben, dieſen Vorſchlag anzunehmen, ſo verbietet mir doch die Gerechtigkeitsliebe, zu ſeinem Nachtheil hiervon Gebrauch zu machen, und ich muß aufrichtig bekennen, daß ich nur ſehr wenig Antheil an dieſen Bemerkungen habe. Um in die Thatſachen und in die Schlußfolgen, welche ſich aus ihnen ziehen laſſen, einige Ordnung zu bringen, müſſen wir die Wirkungen des Magnetismus der Erde unter verſchiedene Geſichtspunkte bringen, nach den verſchiedenen Klaſſen von Phänomenen, welche davon abhängen. Betrachten wir dieſe Wirkungen zuerſt im Allgemeinen, ſo ſehn wir, daß der Magnetismus an der ganzen Oberfläche der Erde, und noch in den Räumen über ſie hinaus ſich äußert. Dieſe letztere Thatſache, welche von einigen bezweifelt worden war, iſt vor kurzem von einem unter uns, und beſonders von unſerm Freunde Herrn Gay-Lüſſac, in zwei aeroſtatiſchen Reiſen außer Streit geſetzt worden; und da bei den Beobachtungen, welche auf dieſen Reiſen mit aller möglichen Sorgfalt angeſtellt worden, ſich keine Verminderung der Intenſität der magnetiſchen Kraft in den größten Höhen, bis zu welchen Menſchen ſich je erhoben haben, gezeigt hat, ſo darf man ſchließen, daß dieſe Kraft ſich in das Unendliche im Weltraume verbreitet, ob ſie gleich hier vielleicht ſehr ſchnell, nach einem uns noch völlig unbekannten Geſetze abnimmt. Man ſehe oben S. 1 und 19. d. H. An der Oberfläche der Erde ſelbſt nehmen wir drei große Klaſſen magnetiſcher Phänomene wahr, welche einzeln ſtudirt werden müſſen, wenn man eine vollſtändige Kenntniß von der Wirkungsart des Erdmagnetismus haben will, nämlich: die Abweichung der Magnetnadel, die Neigung der Magnetnadel, und die Intenſität der magnetiſchen Kräfte. Und zwar muß jede Klaſſe dieſer Phänomene ſo wohl nach ihrer Verſchiedenheit an verſchiedenen Orten, als auch an ſich, in Hinſicht auf die Variationen, denen ſie unterworfen iſt, unterſucht werden. Gerade ſo hat man, nachdem die Schwere als eine Centralkraft bekannt geworden war, die Variationen derſelben in verſchiedenen Breiten, welche von der Geſtalt der Erde abhängen, erforſcht. 1. Die Abweichung der Magnetnadel ſcheint das Phänomen zu ſeyn, welches bis jetzt die Aufmerkſamkeit der Phyſiker vorzüglich beſchäftigt hat, wahrſcheinlich wegen des Nutzens, den man daraus zur Längenbeſtimmung auf dem Meere zu ziehen hoffte. Nachdem man ſich aber überzeugt hat, daß die Abweichung an demſelben Orte ſich mit der Zeit verändert, daß ſie einer täglichen Veränderung unterworfen iſt, und daß verſchiedene Meteore auf ſie einen regelloſen Einfluß äußern; wozu noch die große Schwierigkeit kommt, ſie auf dem Meere bis auf 1° genau zu beobachten: mußte man jene Hoffnung aufgeben, und ſich geſtehen, daß die Urſache dieſes Phänomens viel mehr zuſammen geſetzt iſt, und tiefer liegt, als man anfangs geglaubt hatte. 2. Die Intenſität der magnetiſchen Kräfte war bisher noch nicht an verſchiedenen Stellen der Erdkugel auf eine unter ſich vergleichbare Art gemeſſen worden. Die hierher gehörigen Beobachtungen des Herrn von Humboldt lehren uns eine ſehr merkwürdige Erſcheinung kennen, nämlich, daß dieſe Intenſität ſich mit der Breite verändert, und daß ſie zunimmt, indem man ſich vom Aequator ab den Polen nähert. Dieſelbe Magnetnadel, welche bei der Abreiſe des Herrn von Humboldt in Paris in 10 Minuten 245 Schwingungen vollendete, machte in Peru in derſelben Zeit nur 211 Schwingungen, und immerfort nahm die Zahl der Schwingungen ab, indem er ſich dem Aequator näherte, indeß ſie wieder zunahm, als er ſich davon nach Norden entfernte. Dieſe Verſchiedenheit läßt ſich nicht einer Abnahme des Magnetismus der Nadel, und einer Schwächung deſſelben durch Zeit und Hitze zuſchreiben; denn als Herr von Humboldt nach einem Aufenthalte von drei Jahren in den heißeſten Ländern der Erde, nach Mexiko kam, ſchwang ſie dort wieder eben ſo ſchnell als in Paris. Man ſehe die Tabelle am Ende dieſes Aufſatzes. d. H. Eben ſo wenig läßt ſich die Richtigkeit der Beobachtungen des Herrn von Humboldt in Zweifel ziehen. Denn häufig hat er die Schwingungen der Nadel im magnetiſchen Meridian, und darauf in einer auf dieſem Meridian ſenkrecht ſtehenden Verticalebene beobachtet, woraus ſich die Richtung der magnetiſchen Kräfte, und mithin auch die Neigung der Nadel, durch Rechnung finden läßt. Die auf dieſe Art berechnete Inclination der Magnetnadel ſtimmte jedes Mahl mit der überein, welche Herr von Humboldt unmittelbar beobachtet hatte; und daß man ſeine Beobachtungen dieſer Prüfung unterwerfen würde, welche La Place, um ſie zu verificiren, erdacht hat, konnte er, als er ſie anſtellte, nicht voraus wiſſen. Es ſey H O C, (Fig. 1, Taf. II,) die Ebene des magnetiſchen Meridians durch O, O C eine Verticallinie, O H eine Horizontallinie und O L die Lage der Magnetnadel in dieſer Ebene; ſo iſt L O H die Neigung der Magnetnadel, welche wir mit I bezeichnen wollen. Setzt man nun die ganze magnetiſche Kraft, welche nach O L wirkt, = F, ſo iſt der Theil derſelben, welcher nach O C wirkt, = F. ſin. I, [und bloß dieſer Theil der magnetiſchen Kraft kann auf die Inclinationsnadel wirken, wenn die Verticalebene, worin die Nadel ſich dreht, auf dem magnetiſchen Meridiane ſenkrecht iſt, weßhalb dann auch die Nadel völlig ſenkrecht ſteht, (Annalen, IV, 449.) d. H.] Nun aber verhalten ſich die magnetiſchen Kräfte, welche die Nadel in irgend einer Verticalebene zum Schwingen bringen, wie die Quadrate der Schwingungsmengen in gleicher Zeit. Setzt man folglich die Zahl von Schwingungen, welche die Nadel im magnetiſchen Meridian in 10 Minuten macht, = M, und die, welche ſie in derſelben Zeit in einer auf dieſem Meridian ſenkrechten Verticalebene macht, = P; ſo verhält ſich F:F. ſin. I = M 2:P 2, woraus folgt: ſin. I = [Formel] . Nach dieſer Formel läßt ſich die Inclination der Nadel aus den Schwingungen in den beiden erwähnten Ebenen berechnen. — Auf eine ähnliche Art ließe ſich die Lage des magnetiſchen Meridians durch Rechnung finden, wenn man die Nadel in mehrern Verticalebenen ſchwingen ließe. Biot. Da ſich nun die Richtigkeit ſeiner Beobachtungen nicht abläugnen läßt, ſo muß man auch das Reſultat, auf welches ſie führen, als wahr anerkennen, nämlich, daß die magnetiſche Kraft zunimmt, wenn man vom Aequator nach den Polen zu geht. Um dieſes Reſultat leichter zu verfolgen, müſſen wir von feſten Punkten ausgehen, und dazu ſcheinen ſich am natürlichſten die zu ſchicken, wo die Inclination der Magnetnadel null iſt, weil dieſe Punkte die Stellen anzuzeigen ſcheinen, wo die entgegen geſetzten magnetiſchen Wirkungen der beiden Erdhemiſphären einander gleich ſind. Dieſe Punkte liegen in einer krummen Linie, welche von dem Aequator ſehr bedeutend verſchieden iſt, und im atlantiſchen Meere ſüdlich, in der Südſee nördlich vom Erdäquator liegt. Man hat ſie nach der Analogie mit dem Erdäquator den magnetiſchen Aequator genannt, ob man gleich noch nicht weiß, ob ſie genau einen größten Kreis der Erdkugel bildet; eine Frage, welche wir weiterhin unterſuchen werden. Für jetzt genügt es uns, zu bemerken, daß Herr von Humboldt dieſen magnetiſchen Aequator in Peru in 7° 1′ ſüdlicher Breite gefunden hat, alſo ungefähr da, wo ihn Wilke und Lemonnier für dieſen Theil der Erde hingeſetzt hatten. Die Orte, welche nördlich von dieſem Aequator liegen, laſſen ſich in 4 Zonen eintheilen, von denen die drei erſten ſchmäler und nur ungefähr 4° breit ſind, indeß die vierte ausgedehntere und mehr variable eine Breite von 14° hat. Sie reichen in Amerika vom magnetiſchen Aequator bis 23° nördlicher Breite, und nehmen in der Länge einen Raum von ungefähr 50° ein. Die erſte dieſer Zonen geht von 7° 1′ bis 2° 54′ ſüdl. Breite, (man vergl. die Tab.) In ihr macht die Magnetnadel im magnetiſchen Meridiane binnen 10 Minuten 211,9 Schwingungen. Keine der Beobachtungen, welche in dieſer Zone angeſtellt wurden, gab in 10 Minuten weniger als 211 und mehr als 214 Schwingungen. Eine ähnliche Zone ließe ſich nach den Beobachtungen des Hrn. von Humboldt unter denſelben Beſtimmungen ſüdlich vom magnetiſchen Aequator annehmen. Die zweite Zone reicht von 2° 13′ ſüdlicher Breite bis 3° 15′ nördlicher Breite. Hier ſchwingt die Nadel in 10′ im Mittel 217,9 Mahl. Keine Beobachtung gab hier weniger als 214 und mehr als 223 Schwingungen. Die dritte Zone geht von 4° 36′ bis 8° 56′ nördlicher Breite, und hier ſchwingt die Nadel im Mittel 224 Mahl. Nie fanden ſich der Schwingungen weniger als 220 noch mehr als 226. Die vierte Zone endlich geht von 9° 15′ bis 23° 8′ nördlicher Breite, und in ihr iſt die mittlere Zahl von Schwingungen der Inclinationsnadel in 10 Minuten 237. In keiner Beobachtung war ſie unter 229 und über 240. Die Intenſität der magnetiſchen Kräfte über 23° nördlicher Breite hinaus iſt in dieſem Theile der Erde nicht bekannt. Für Europa, wo wir Beobachtungen in hohen Breiten haben, fehlen uns umgekehrt die Beobachtungen um den magnetiſchen Aequator. Wir wagen es daher nicht, dieſe beiden Klaſſen von Beobachtungen mit einander zu vergleichen, die, wie wir ſehen werden, wohl zu verſchiedenen Syſtemen von Kräften gehören könnten. Wie dieſem indeß auch ſey, ſo ſcheint ſchon die Zuſammenſtellung der Reſultate aus den Beobachtungen des Herrn von Humboldt in Amerika mit Sicherheit darzuthun, daß die magnetiſchen Kräfte vom magnetiſchen Aequator nach den Polen zu wachſen. Auch die in Europa angeſtellten Beobachtungen, ſo wenig wir ſie mit jenen unmittelbar in Verbindung bringen möchten, ſtimmen unter einander dahin überein, dieſes zu beſtätigen. Wir haben die Beobachtungen in Amerika nach Zonen, welche mit dem Aequator parallel ſind, zuſammen geſtellt, damit die Richtigkeit des Geſetzes, auf das ſie leiten, mehr in die Augen ſpringen, und der Beweis nicht durch die kleinen Anomalieen erſchwert werden möchte, welche ſich dieſen Reſultaten unvermeidlich einmiſchen. Obſchon dieſe Anomalieen nur ſehr klein ſind, ſo ſind ſie doch zu merklich und zu häufig, als daß man ſie ganz für Fehler der Beobachtung nehmen könnte. Es ſcheint vielmehr natürlicher zu ſeyn, ſie dem Einfluſſe örtlicher Umſtände, und beſondern Anziehungen zuzuſchreiben, welche eiſenhaltige Maſſen, oder Gebirgsketten, oder große Maſſen feſten Landes auf die Magnetnadel äußern. In der That fand einer von uns auf einer Reiſe, welche er dieſen Sommer in den Alpen machte, und auf der er dieſelbe Magnetnadel bei ſich führte, die ihm bei ſeiner Luftfahrt zu ſeinen Beobachtungen gedient hatte, daß die Kraft, mit der die Nadel in dieſen Gebirgen nach dem magnetiſchen Meridiane zurück ſtrebt, durchgehends größer iſt, als ſie es zu Paris vor und nach ſeiner Reiſe war. Dieſes zeigen die folgenden Zahlen: Beobachtungsort. Zahl der Schwinggungen in 10′. Paris, vor der Abreiſe 83,9 Turin 87,2 Auf dem Mont Genêvre 88,2 Grenoble 87,4 Lyon 87,3 Genf 86,5 Dijon 84,5 Paris, nach der Zurückkunft 83,9 Dieſe Reſultate beruhen auf Beobachtungen, welche mit der größten Sorgfalt, in Verbindung mit vortrefflichen Beobachtern, und nach derſelben Uhr, die nach kleinen Pendeluhren verificirt wurde, angeſtellt ſind, und ſie ſind alleſammt Mittelzahlen aus mehrern Reihen von Beobachtungen, welche nur äußerſt wenig von einander abweichen. Es ſcheint daher aus ihnen zu folgen, daß die Alpen eine merkbare Einwirkung auf die Intenſität der magnetiſchen Kräfte äußern. — Etwas Aehnliches hat Herr von Humboldt am Fuße der Pyrenäen, z. B. zu Perpignan, gefunden. Vielleicht iſt dieſe Einwirkung den Gebirgsmaſſen ſelbſt, oder einer großen Menge eiſenhaltiger Materien in ihnen zuzuſchreiben. Wie dem indeß auch ſey, immer ſieht man aus dieſen Beiſpielen, daß die allgemeine Wirkung des Magnetismus der Erde merklich von örtlichen Urſachen afficirt wird, welche ſich an Orten, die nur wenig von einander entfernt ſind, verſchieden äußern können; eine Wahrheit, die im Verfolg dieſer Abhandlung immer mehr bewährt wird. Man vergl. Annalen, IV, 452. d. H. Unſtreitig ſind es auch Urſachen dieſer Art, denen die Abnahme der magnetiſchen Kräfte, welche man auf einigen Bergen bemerkt hat, zuzuſchreiben ſind; eine Abnahme, die auf den erſten Anblick den Reſultaten zu widerſprechen ſcheint, welche ſich auf den letzten Luftreiſen ergeben haben. So erhielt Herr von Humboldt auf dem Gipfel des Bergs von Guadeloupe, 338 Toiſen über Santa-Fé, binnen 10 Minuten volle 2 Schwingungen weniger als auf der Ebene. Auf der Silla von Caracas in einer Höhe von 1316 Toiſen über der Küſte, ſtieg dieſe Verminderung ſelbſt auf 5 Schwingungen. Dagegen machte die Magnetnadel auf dem Vulkan von Antiſana, 2467 Toiſen über dem Meere, in 10 Minuten 230, zu Quito aber nur 218 Schwingungen, welches eine Zunahme von Intenſität der magnetiſchen Kraft auf dieſem Vulkane beweiſt. — Ich habe etwas Aehnliches auf dem Gipfel des Mont-Genêvre gefunden, der 800 bis 900 Toiſen hoch iſt, wie man aus den eben mitgetheilten Zahlen erſieht. Auf ihm waren die magnetiſchen Kräfte überhaupt am größten. Bei den Beobachtungen, die ich mit Vaſſalli auf dem Hügel de la Superga bei Turin anſtellte, erhielten wir in 10′, auf dem Gipfel 87, auf dem Abhange 88,8, und am Ufer des Po’s am Fuße des Hügels 87,3 Schwingungen; Unterſchiede, welche zwar geringe, aber doch merklich ſind, und die von leichten, durch Localumſtände verurſachten Anomalieen abzuhängen ſcheinen. Dieſes führt uns darauf, Verſchiedenheiten von zweierlei Art in der Intenſität der magnetiſchen Kräfte an den verſchiedenen Stellen der Erdfläche zu unterſcheiden; allgemeine, welche bloß von der Lage der Orte in Hinſicht des magnetiſchen Aequators abhängen, und in einem allgemeinen Phänomene, nämlich in der Zunahme der Intenſität dieſer Kräfte von dem magnetiſchen Aequator abwärts, gegründet ſind; und beſondere, welche weit kleiner und gänzlich unregelmäßig ſind, gänzlich von örtlichen Urſachen abzuhängen ſcheinen, und die allgemeinen Verſchiedenheiten, einige vermehrend, andere vermindernd, modificiren. Will man den Magnetismus der Erde als Wirkung einer anziehenden Kraft anſehen, welche allen materiellen Theilchen der Erdkugel, oder vielleicht nur einigen dieſer Theilchen inhärirt, (worüber wir weit entfernt ſind, entſcheiden zu wollen;) ſo wird das allgemeine Geſetz deſſelben das Total-Reſultat des Syſtems der Anziehungen aller dieſer Theilchen ſeyn, und die kleinen Anomalieen werden durch die be- ſondern Anziehungen der Partial-Syſteme magnetiſcher Theilchen entſtehen, welche um jeden Ort auf eine regelloſe Weiſe verbreitet ſind, und wegen der geringen Entfernung dieſer Theilchen merkbarer werden. 3. Wir kommen nun zu der Neigung der Magnetnadel in Beziehung auf die Horizontalebene. Man weiß ſeit geraumer Zeit, daß dieſe Neigung nicht überall dieſelbe iſt. In der nördlichen Halbkugel neigt ſich die Nadel nach Norden, in der ſüdlichen nach Süden. Die Orte, wo ſie ſich horizontal erhält, bilden den magnetiſchen Aequator. Zu beiden Seiten deſſelben bilden die Orte, wo die Nadel einerlei Neigung hat, Curven, welche man, nach der Analogie mit den Parallelkreiſen; magnetiſche Parallelkreiſe genannt hat; ihre Geſtalt und Vertheilung über die Erdfläche findet man in mehrern Werken, beſonders in Lemonnier’s Lois du Magnetisme, abgebildet. Schon aus dieſer Anſicht erhellt, daß die Neigung zunimmt, indem man ſich vom magnetiſchen Aequator entfernt; doch hat man, wie es uns ſcheint, das Geſetz für dieſe Zunahme noch nicht gefunden. Und doch würde es von beſonderm Nutzen ſeyn, dieſes Geſetz zu kennen, weil die Neigung unter allen magnetiſchen Erſcheinungen die beſtändigſte, und weit weniger Anomalieen als die Intenſität der magnetiſchen Kräfte unterworfen zu ſeyn ſcheint; es auch möglich ſeyn dürfte, vermittelſt eines ſolchen Geſetzes die Breite auf dem Meere an Stellen der Erde, wo der Himmel den größten Theil des Jahrs über in Nebel verhüllt iſt, aus der Neigung der Magnetnadel aufzufinden. Denn aus den Beobachtungen des Herrn von Humboldt erhellt, daß dieſe Anzeige dazu allerdings fein genug ſeyn dürfte, da ſich in zwei ſo nahe gelegenen Städten, als Nimes und Montpellier, ein Unterſchied von 35′ 6″ in der Neigung der Magnetnadel findet. Dieſe Gründe haben uns beſtimmt, die Reihe von Inclinationsbeobachtungen des Herrn von Humboldt mit vieler Sorgfalt zu ſtudiren, und es ſcheint uns, als ließen ſie ſich ſehr genau durch eine mathematiſche Hypotheſe darſtellen, der wir jedoch deßhalb noch keine Realität zuſchreiben möchten, und die wir für nichts mehr als ein bequemes und ſicheres Mittel ausgeben, die Erfahrungen unter einander zu verketten. Um dieſes Geſetz zu finden, muß vor allen Dingen die Lage des magnetiſchen Aequators mit Genauigkeit beſtimmt werden. Dazu finden wir zwei directe Beobachtungen vor, die eine von Lapeyrouſe, die andere vom Herrn von Humboldt. Der erſtere erreichte an den Küſten von Braſilien den magnetiſchen Aequator in 10° 57′ ſüdlicher Breite und 25° 25′ weſtl. Länge von Paris; der letztere fand ihn in Peru unter 7° 1′ ſüdl. Breite und 80° 41′ weſtl. Länge von Paris. Dieſe beiden Data reichen hin, die Lage des magnetiſchen Aequators unter der Vorausſetzung zu berechnen, daß er ein größter Kreis der Erdkugel ſey; eine Hypotheſe, welche den Beobachtungen ganz gut entſpricht. Nach dieſer Berechnung beträgt der Winkel; welchen die Ebene des magnetiſchen Aequators mit der Ebene des Erdäquators macht, 10° 58′ 56″, und der weſtliche Knoten deſſelben liegt im Erdäquator unter 120° 2′ 5″ weſtl. Länge von Paris, alſo in der Südſee, etwas jenſeits Amerika’s, nicht weit von den Gallipagos-Inſeln. Sein zweiter Knoten liegt in 59° 57′ 55″ öſtlicher Länge von Paris, und alſo im indiſchen Meere. Vielmehr von Lamanon, Ann., VI, 319, Anm. d. H. Hier dieſe Berechnung. Es ſtelle in Fig. 2, Taf. II, N E E′ den Erdäquator und N H L den magnetiſchen Aequator unter der Vorausſetzung vor, daß auch dieſer ein größter Kreis der Erdkugel ſey. Sind nun H, L die beiden Punkte deſſelben, deren Lage aus den Beobachtungen Lapeyrouſe’s und des Herrn von Humboldt bekannt iſt, ſo kennen wir die Breiten H E und L E′ dieſer beiden Punkte, und ihren Längenunterſchied E E′. Setzt man daher H E = b, L E′ = b′, E E′ = v, E N = x und den Winkel E N H = φ, ſo hat man in den beiden rechtwinkligen ſphäriſchen Dreiecken N E H und N E′ L, ſin. x = tang. b. cotg. φ und ſin. (x + v) = tang. b′. cotg. φ, und daraus [Formel] = [Formel] . Löſt man dieſen Ausdruck auf, ſo erhält man cotg. x = [Formel] — [Formel] . Nehmen wir daher einen Winkel ψ zu Hülfe, ſo daß [Formel] geſetzt wird, ſo haben wir [Formel] . Aus dieſen beiden Gleichungen läßt ſich x, und dann aus einer der beiden erſten φ berechnen. Biot. Wir geben dieſe Beſtimmung nicht für vollkommen genau aus. Hätten wir eine größere Zahl gleich zuverläſſiger Beobachtungen, ſo würden ſich unſtreitig noch einige Correctionen finden; doch glauben wir, daß dieſe Correctionen immer nur ſehr klein ſeyn würden. Und das nicht bloß deßhalb, weil jene beiden Beobachtungen alles Zutrauen verdienen, ſondern auch aus andern Urſachen, die man weiterhin finden wird. Seitdem wir dieſe Abhandlung vorgeleſen haben, iſt uns noch eine Nachricht aufgeſtoßen, welche dieſe erſten Reſultate ſehr gut beſtätigt. Lapeyrouſe durchſchnitt, nachdem er das Cap Horn umſegelt hatte, zum zweiten Mahl den magnetiſchen Aequator, und das in 18′ nördl. Breite und 119° 7′ weſtl. Länge von Paris. Er befand ſich folglich damahls ſehr nahe bei dem weſtlichen Knoten des magnetiſchen Aequators, ſo wie wir ihn hier berechnet haben. Dieſes beweiſt auf eine poſitive Art zwei wichtige Sachen: erſtens, daß die obigen Beſtimmungen nur ſehr kleiner Correctionen bedürfen; und zweitens, daß der magnetiſche Aequator in der That ein größter Kreis der Erdkugel iſt, wo auch nicht ganz genau, doch wenigſtens ſehr nahe. Die Verfaſſer. Es iſt ſehr merkwürdig, daß dieſe Beſtimmung des magnetiſchen Aequators völlig mit der überein ſtimmt, welche ſchon vor geraumer Zeit Wilke und Lemonnier gegeben haben. Dieſer letztere insbeſondere, der, aus Mangel an directen Beobachtungen, nach einer großen Menge zuſammenſtimmender Beobachtungen geſchloſſen hatte, ſetzte den magnetiſchen Aequator in Peru unter 7 [Formel] ° ſüdl. Breite, und Herr von Humboldt hat ihn hier in 7° 1′ ſüdlicher Breite gefunden; und ſo wohl die Karten Wilke’s als Lemonnier’s geben dem magnetiſchen Aequator eine Neigung von 11° gegen den Erdäquator, und ſetzen den weſtlichen Knoten deſſelben in 140° weſtl. Länge von Paris. — Sollte es ein bloßer Zufall ſeyn, daß dieſe ſchon vor 40 Jahren gefundenen Elemente des magnetiſchen Aequators, mit den unſrigen, die ſich auf neuere Beobachtungen gründen, ſo gut überein ſtimmen? Oder ſollte nicht vielmehr die Lage des magnetiſchen Meridians gegen den Erdmeridian nur ſehr geringen Veränderungen unterworfen ſeyn, während alle andere Symptome des Erdmagnetismus ſich ſo ſchnell verändern? Kaum dürfte man anſtehen, ſich für dieſe letzte Meinung zu erklären, wenn man bedenkt, daß die Neigung der Magnetnadel ſich zu Paris ſeit wenigſtens 60 Jahren, als ſo lange ſie hier beobachtet wird, nicht um 3° verändert hat, und daß ſie in London, nach den Bemerkungen Graham’s, binnen 200 Jahren keine 2° Veränderung erlitten hat, indeß die Abweichung während dieſer Zeit um mehr als 20° anders, und aus öſtlich weſtlich geworden iſt. Auf der andern Seite iſt es jedoch ſo ſchwer, die Neigung der Magnetnadel genau zu beobachten, und man hat ſie erſt ſeit ſo kurzer Zeit mit Schärfe meſſen gelernt, daß es wohl gerathner ſeyn dürfte, ſich jeder voreiligen Meinung über dieſe Phänomene zu enthalten, deſſen Urſache uns noch ſo völlig unbekannt iſt. Um die übrigen Inclinationsbeobachtungen des Herrn von Humboldt zu benutzen, habe ich damit angefangen, ſie auf den magnetiſchen Aequator zu reduciren, und die beobachteten Breiten und Längen in magnetiſche Breiten und Längen zu verwandeln, welche letztere ich von dem weſtlichen Knoten in der Südſee an rechne. Dieſe Rechnungen haben mir zuerſt gezeigt, daß wir die wahre Lage des magnetiſchen Aequators ziemlich genau müſſen aufgefunden haben; denn Orte, wie Santa-Fé und Javita, wo Herr von Humboldt nahe dieſelben Inclinationen beobachtet hatte, fanden ſich nahe in einerlei magnetiſchem Parallelkreiſe, obſchon ihr Längenunterſchied mehr als 6° beträgt. Auch iſt das eine Beſtätigung mehr davon, daß der magnetiſche Aequator ein größter Kreis iſt. Ich habe alsdann verſucht, die beobachteten Inclinationen durch eine mathematiſche Hypotheſe darzuſtellen, welche den Ideen ziemlich gemäß iſt, die man ſich bis jetzt von dem Erdmagnetismus gemacht hat. Ich denke mir nämlich in der Achſe des magnetiſchen Aequators in gleichen Entfernungen vom Mittelpunkte der Erde zwei Centra anziehender und abſtoßender Kräfte, ein ſüdliches und ein nördliches Centrum, als zwei entgegen geſetzte Pole der Erdkugel, und habe die Wirkung berechnet, welche dieſe beiden Mittelpunkte auf irgend einen Punkt in der Oberfläche der Erde, unter der Vorausſetzung äußern müſſen, daß die Größe ihrer Kraft den Quadraten der Entfernungen verkehrt proportional iſt. Dieſe Rechnung giebt mir die Richtung der mittlern Kraft, welche aus beiden vereint entſpringt, und dieſes muß zugleich die Richtung der Magnetnadel an jenen Stellen ſeyn. Hier das Detail dieſer Berechnung. Es ſey A (Fig. 3) der ſüdliche, B der nördliche magnetiſche Pol der Erde, und in M befinde ſich an der Oberfläche der Erde ein Theilchen des ſüdlichen magnetiſchen Fluidi, welches folglich von A angezogen und von B abgeſtoßen wird, nach verkehrtem Verhältniſſe der Quadrate der Entfernungen. Es iſt die Frage: welches iſt die Richtung, nach der das Theilchen M vermöge dieſer beiden Kräfte getrieben wird; denn dieſes iſt offenbar auch die Richtung, welche eine in M frei ſchwebende Magnetnadel annehmen müßte, da ihre Länge im Vergleich mit den Entfernungen M A und M B für unendlich klein, und alle von A, und ſo auch von B nach den einzelnen Punkten der Magnetnadel gezogene gerade Linien für völlig parallel zu nehmen ſind. Endlich denke ich mir hier die Erde als eine völlige Kugel, und ſetze fürs erſte die Kräfte der beiden Pole A und B gleich. Wir werden alsdann nachſehen, wie weit dieſe Vorausſetzungen mit den Beobachtungen überein ſtimmen. Es ſey C der Mittelpunkt, r der Halbmeſſer der Erde, und M P ein Perpendikel vom Punkte M auf die Achſe des magnetiſchen Aequators gefällt. Man ſetze A M = D, B M = D′, C P = x, P M = y, den Winkel M C P = u, und C A = C B = a = K ⋅ r, ſo daß K eine beſtändige Größe = [Formel] bedeute. Endlich mögen X und Y die Kräfte bezeichnen, welche das Theilchen M parallel mit den Achſen der x und der y ſollicitiren, und β den Winkel, welchen die Richtung der aus beiden entſpringenden mittlern Kraft mit der Achſe A B D des magnetiſchen Aequators, [und alſo auch mit der Achſe der x,] macht, da dann [Formel] = tang. β iſt. Es geben ſich ſogleich folgende Gleichungen, in welchen F die Größe der magnetiſchen Kraft in der Entfernung 1 bedeutet: [Formel] [Formel] oder, wenn man ſtatt der Coſinus und Sinus ihre Werthe durch die rechtwinkligen Coordinaten ausgedruckt ſetzt: X = [Formel] — [Formel] Y = [Formel] — [Formel] und daraus folgt, da tang. β = [Formel] iſt: tang. β = [Formel] oder, da x = r ⋅ coſ. u; y = r ⋅ ſin. u; a = K ⋅ r iſt, [Formel] (I) Nun aber iſt D′2 = y 2 + (x + a)2 = r 2 + 2 a x + a 2 = r 2 (1 + 2 K coſ. u + K 2) D 2 = y 2 + (x — a)2 = r 2 — 2 a x + a 2 = r 2 (1 — 2 K coſ. u + K 2) Alſo (II) K [Formel] = [Formel] K Dieſe beiden Gleichungen geben die Richtung der Magnetnadel in jedem Punkte M, deſſen Abſtand vom magnetiſchen Meridiane bekannt iſt. Man ſieht, daß dieſe Richtung außer von dem Winkel u, der durch dieſen Abſtand gegeben iſt, auch von der Größe K abhängt, das iſt, von der Entfernung der beiden magnetiſchen Mittelpunkte vom Mittelpunkte der Erde, in Theilen des Erdhalbmeſſers ausgedruckt. Vor allen Dingen iſt daher dieſe Größe den Beobachtungen entſprechend zu beſtimmen. Für eine erſte Näherung zu dem Werthe derſelben habe ich eine Beobachtung gewählt, welche Herr von Humboldt zu Carrichana unter 6° 34′ 5″ nördl. Breite und 70° 18′ weſtlicher Länge von Paris, (folglich unter 14° 52′ 25″ nördl. magnetiſcher Breite und 48° 21′ 53″ öſtl. magnet. Länge vom öſtl. Knoten ab gerechnet,) angeſtellt hat und die mit ſeinen übrigen Inclinationsbeobachtungen ſehr gut zuſammen ſtimmt. Herr von Humboldt hat hier die Neigung der Magnetnadel im Meſſidor des Jahrs 8, (Julius 1800,) beobachtet, und 33°,78 der Centeſimalabtheilung (30° 24′) gefunden. Ich werde hier alle Inclinationen nach der Centeſimaltheilung des Kreiſes ausdrucken, wie dies Herr von Humboldt bei ſeinen Beobachtungen gethan hat. Biot. Ich habe nun der Größe K verſchiedene Werthe gegeben, die Inclination berechnet, welche ihnen zu Folge in jener Breite Statt finden müßte, und ſie mit der von Herrn von Humboldt beobachteten Inclination verglichen. Der Gang der Fehler führte mich von ſelbſt auf die ſchicklichſte Annahme. Angenommene Werthe von K Inclinationen Fehler berechnet beobachtet K = 1 7°,73 33°,78 26°,04 K = 0,6 18,8 14,97 K = 0,5 22,04 11,73 K = 0,2 29,38 4,39 K = 0,1 30,64 3,13 K = 0,01 31,04 2,73 K = 0,001 31,07 2,7 Der erſte Werth von K würde die Centra der magnetiſchen Kräfte an die Oberfläche der Erde, in die Pole des magnetiſchen Aequators verſetzen; dieſe Annahme iſt jedoch, wie man ſieht, unzuläſſig, weil ihr gemäß die Inclinationen viel zu langſam zunehmen. Daſſelbe iſt der Fall mit den folgenden Werthen von K; doch nähert ſich die Berechnung der Beobachtung immer mehr, je kleiner man den Abſtand der Mittelpunkte der magnetiſchen Kräfte vom Mittelpunkte der Erde ſetzt, welches offenbar darauf deutet, daß die beiden Mittelpunkte der magnetiſchen Kräfte ſehr nahe bei dem Mittelpunkte der Erde liegen. Alle übrige Beobachtungen des Herrn von Humboldt würden auf einem ähnlichen Wege zu derſelben Folgerung leiten. Die paſſendſte Annahme würde alſo ſeyn, K null, oder doch ſo klein zu ſetzen, daß es ganz vernachläſſigt werden dürfe. Unter dieſer Vorausſetzung giebt die Rechnung eine Inclination von 31°,0843, welches der beobachteten am allernächſten kömmt, und nur noch um 2°,69 zu klein iſt. Und hierbei muß man noch bedenken, daß unſre Formeln voraus ſetzen, die Lage des magnetiſchen Aequators ſey genau bekannt, daß alſo, da dieſes nicht der Fall iſt, der Fehler zum Theil auch hierin gegründet ſeyn könne. Setzt man nun aber in Formel II K = 0, ſo erhält man zum Werthe derſelben [Formel] ; wendet man indeß auf dieſen Fall die bekannten Methoden an, ſo findet ſich, daß dieſer ihr Werth dennoch reell und beſtimmt, und zwar = [Formel] iſt. Dieſer Werth in Formel I geſetzt, giebt [Formel] [Formel] Aus dieſer Formel findet ſich der Werth von β ſehr leicht; und iſt dieſer Werth bekannt, ſo giebt ſich aus folgender Formel: I = 100 + u —β die Inclination der Magnetnadel nach der Centeſimaleintheilung (I), und zwar überall in beiden Erdhemiſphären. Man ſieht aus dem Gange, welchen ich hier genommen habe, daß dieſe Formel keine bloße empiriſche Conſtruction der Beobachtungen iſt. Vielmehr iſt ſie von einer ſolchen ganz unabhängig, und ſetzt weiter nichts voraus, als daß die Inclination der Magnetnadel durch einen unendlich kleinen Magneten, der ſich im Mittelpunkte der Erde befindet, bewirkt werde. Berechnet man nun nach dieſer Formel die Inclinationen für verſchiedene Breiten, ſo erhält man faſt genau dieſelben, welche Herr von Humboldt in dieſen Breiten, theils in Europa, theils in Amerika beobachtet hat, und auch die Beobachtungen, welche beim letzten Durchgange der Venus durch die Sonne zu Kola im ruſſiſchen Lappland angeſtellt worden, laſſen ſich durch dieſes Geſetz darſtellen, wie das die Tabelle am Ende dieſer Abhandlung zeigt. Man findet in ihr die Beobachtung von Mallet und Pictet und einen Theil der Beobachtungen des Hrn. von Humboldt, die ich ohne Auswahl, doch ſo genommen habe, daß alle übrige dazwiſchen fallen. Ich habe ſie nach den letztern Formeln berechnet und die beobachteten Inclinationen daneben geſtellt. Die Abweichungen zwiſchen den Berechnungen nach der Formel und den Beobachtungen laſſen ſich noch mehr vermindern. Man ſieht nämlich aus der Tabelle, daß die berechneten Inclinationen in Amerika, in kleinen Breiten etwas zu klein, daß ſie dagegen in hohen Breiten zu groß ſind. Dieſes iſt ein Zeichen, daß ſich durch eine leichte Modification alles noch mehr müſſe ins Gleiche bringen laſſen, entweder durch eine ſehr geringe Aenderung in der Neigung und der Knotenlinie des magnetiſchen Aequators, deſſen Lage aus zwei Beobachtungen nicht mit der äußerſten Schärfe beſtimmt ſeyn kann; oder durch eine Aenderung in der Lage unſers kleinen Erdmagnets, indem man den Mittelpunkt deſſelben in der Ebene des magnetiſchen Aequators läßt, ihn aber ſo ſtellt, daß er ſich etwas näher bei Amerika als bei Europa befinde. Die Beobachtungen ſelbſt müſſen uns in dieſen kleinen Correctionen leiten, wenn wir deren erſt eine größere Zahl haben werden. Uebrigens darf man nicht erwarten, durch irgend ein mathematiſches Geſetz alle beobachtete Inclinationen in aller Schärfe dargeſtellt zu ſehen; denn auch das Phänomen der Inclination, ob es gleich mehr Regelmäßigkeit als die übrigen magnetiſchen zeigt, iſt nicht ohne alle Anomalieen. Man kann ſich davon leicht überzeugen, wenn man die Curve conſtruirt, welche durch die Beobachtungen ſelbſt gegeben wird. So z. B. fand Herr von Humboldt die Inclination zu Popayan um 0°,10 größer, als zu St. Carlos del Rio Negro, obſchon die magnetiſche Breite des letztern Ortes um 37′ größer als die des erſtern iſt. Derſelbe Fall iſt mit den Beobachtungen zu Javita und zu Santa- Fé. Andere Anomalieen entdecken ſich, wenn man den Gang der Beobachtungen und der Formel mit einander vergleicht. So z. B. harmonirt die Zunahme der Inclination zwiſchen Carichana und St. Thomas de la Guyana keinesweges mit der zwiſchen dieſem letztern Orte und Carthagena, wie das aus der Anomalie in der Intenſität der magnetiſchen Kräfte an dieſen Orten einiger Maßen voraus zu ſehen war. Auch dieſe Anomalieen ſind bloß Wirkungen örtlicher Urſachen, und rühren von kleinen Syſtemen der Anziehung her, welche die allgemeinen Phänomene modificiren. Sie müſſen in dem von Herrn von Humboldt bereiſeten Theile Amerika’s vorzüglich merkbar ſeyn, da die große Kette der Cordillere der Anden dieſen Theil Amerika’s in ſeiner ganzen Länge durchſchneidet. Auch kommen da in der That die größten Anomalieen vor. Popayan z. B. liegt nahe bei den Vulkanen von Sotara und Puracé, und am Abhange von Baſaltbergen, die voll magnetiſchen Eiſens ſind, ſo daß die Baſaltſäulen zu Sulmito öſtlich von Popayan, ſehr beſtimmte magnetiſche Pole haben. Eben ſo liegt Mexiko auf dem Rücken der großen Cordillere von Lenſchtitlan, 1160 Toiſen über dem Meere, und der Boden iſt dort mit Baſalten und poröſen Mandelſteinen bedeckt, die faſt alle magnetiſches Eiſen enthalten. Sollten wohl alle dieſe Urſachen ohne merklichen Einfluß auf die Neigung der Magnetnadel ſeyn, und ſollte die Vertheilung der eiſenhaltigen Maſſen, oder die Veränderung, welche ſie allmählig leiden, keine Variationen in der Neigung bewirken? Hr. von Humboldt hat über dieſen Punkt eine entſcheidende Beobachtung. Das Erdbeben vom 4ten Nov. 1799 hat zu Cumana die Neigung der Magnetnadel verändert. Sie betrug am 1ſten Nov. 43°,65, am 7ten war ſie nur noch 42°,75, und zehn Monat ſpäter war ſie nur bis 42°,85 zurück gekommen, und erhielt ihre vorige Größe nicht wieder. Die Intenſität der magnetiſchen Kräfte war durch die Wirkungen dieſes Erdbebens nicht verändert worden. Es iſt folglich durch dieſe verſchiedenen Beobachtungen bewieſen, daß örtliche Urſachen auf die Neigung der Magnetnadel einen merklichen Einfluß äußern können, und dieſer Einfluß äußert ſich in den Gegenden, durch welche Herr von Humboldt gereiſt iſt. Wir können hinzu fügen, daß dieſe Anomalieen vorzüglich merkbar in den Inſeln ſind, wie das beſonders die Beobachtung de Roſſel’s zu Surabaya auf Java, in der folgenden Tabelle zeigt. Aehnliche Anomalieen finden ſich auf den Inſeln in der Abweichung und in der Intenſität der magnetiſchen Kräfte. die Verfaſſer. Die mathematiſche Hypotheſe, von der wir ausgegangen ſind, ſcheint daher wirklich das Geſetz der Natur auszudrucken, wenigſtens in den Gegenden nördlich vom magnetiſchen Aequator. Zwar ſcheinen die wenigen Beobachtungen, welche wir bis jetzt aus Gegenden ſüdlich vom magnetiſchen Aequator haben, gleichfalls derſelben zu entſprechen; doch muß unſre gänzliche Unkunde der wahren Urſache dieſer Phänomene uns im Vermuthen ſehr vorſichtig machen, und uns hindern, die Folgerungen aus den beobachteten Geſetzen nicht zu weit zu treiben. Seitdem dieſe Abhandlung im National-Inſtitute vorgeleſen worden, können wir etwas beſtimmteres hierüber feſt ſetzen. Die von mehrern Seefahrern auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung, auf Cap Horn und in Neu-Holland angeſtellten Beobachtungen werden von unſrer Formel ſehr genau dargeſtellt, und dies beweiſt, daß ſie auch für die ſüdliche Hemiſphäre gültig iſt. Wir hoffen bald zahlreiche und ſehr genaue Inclinationsbeobachtungen aus dieſem Theile der Erde zu erhalten; doch haben wir geglaubt, ſchon jetzt in unſrer Tabelle alle hierher gehörige Beobachtungen, welche wir uns haben verſchaffen können, hinzu fügen zu müſſen. Wir haben überdies zwei Beobachtungen über die Intenſität der magnetiſchen Kräfte beigefügt, welche von Herrn de Roſſel auf der Reiſe von Entrecaſteux mit großer Sorgfalt angeſtellt worden, und die vorzüglich wichtig ſind, weil ſie darthun, daß auch in der Südhemiſphäre die magnetiſche Kraft der Erde zunimmt, ſo wie man ſich vom magnetiſchen Aequator weiter entfernt. die Verfaſſer. Aus der Lage des magnetiſchen Aequators läßt ſich leicht die Lage der Punkte berechnen, wo die Achſe deſſelben die Oberfläche der Erde durchſchneidet. Die Breite dieſer Punkte iſt nämlich das Complement der Schiefe des magnetiſchen Aequators zu 90°, und der Längenunterſchied derſelben und der Knoten des magnetiſchen Meridians beträgt 90°. Mithin liegt der nördliche magnetiſche Pol unter 79° 1′ 4″ nördlicher Breite und 30° 2′ 5″ weſtlicher Länge von Paris, und alſo nördlich von Amerika. Der ſüdliche magnetiſche Pol hat dieſelbe ſüdliche Breite und 149° 57′ 55″ öſtlicher Länge von Paris, und liegt daher in den ewigen Eisgefilden des Südmeers. Könnte man bis zu dieſen Polen gelangen, ſo würde man in ihnen die Magnetnadel ſenkrecht ſtehen ſehen; das wäre aber auch, (wofern das Geſetz, welches wir entdeckt haben, einiges Zutrauen verdient,) die einzige Verſchiedenheit in der Inclination, und man wäre dort den wahren magnetiſchen Mittelpunkten, welche die Inclination erzeugen, um nichts näher als in Europa. Dieſes würde das Intereſſe, welches wir haben könnten, dieſe ſchrecklichen Gegenden zu beſuchen, gar ſehr vermindern, dürften wir nicht hoffen, dort neue Phänomene in Rückſicht der Intenſität der magnetiſchen Kräfte und des Zuſammenhanges der Meteore mit dem Magnetismus zu entdecken. Daß die magnetiſchen Wirkungen nach dem Norden hin zunehmen, ſchreibt man gewöhnlich der großen Menge von Eiſen in jenen Gegenden zu; dieſe Meinung ſcheint uns aber nicht mit der Wahrheit zu beſtehen. Auch die Cordillere der Anden enthält eine ungeheure Menge magnetiſchen Eiſens, und das gediegene Eiſen von Chaco, welches der problematiſchen von Pallas gefundenen Eiſenmaſſe ganz ähnlich iſt, und das von Xacateras in Mexiko, liegen unter den Wendekreiſen ſelbſt. Auch wiſſen wir jetzt, daß die Intenſität der magnetiſchen Kraft nach dem Südpole zu eben ſo, als nach dem Nordpole hin zunimmt. die Verf. Da unſre Hypotheſe die Inclinationen der Magnetnadel ſo genau darſtellt, ſo haben wir verſucht, ob ſie ſich nicht auch auf die Intenſitäten der magnetiſchen Kraft, welche Herr von Humboldt beobachtet hat, ſollte anwenden laſſen. Allein hier genügt ſie nicht. Sie giebt zwar eine Zunahme der magnetiſchen Kräfte vom Aequator nach den Polen, dieſe Zunahme iſt aber anfangs zu langſam und dann zu ſtark. Ich habe noch nicht Zeit gehabt, zu unterſuchen, ob eine kleine Verrückung des Erdmagnets beitragen möchte, ſie beſſer darzuſtellen; man muß indeß bemerken, daß die Reihe der Intenſitäten außerordentlich bizarr iſt, und eine unendliche Menge Anomalieen in ſich ſchließt, weßhalb die örtlichen Urſachen auf dieſes Phänomen leicht einen viel merklichern Einfluß als auf die Inclinationen haben könnten. Folgendes iſt im Kurzen, was wir in dieſer Abhandlung erörtert haben. Wir haben zuerſt die Lage des magnetiſchen Aequators aus directen Beobachtungen beſtimmt, welches bis jetzt noch nicht geſchehen war. Wir haben alsdann bewieſen, daß die magnetiſche Kraft zunimmt, wenn man von dieſem Aequator ſich nach den Polen zu entfernt. Endlich haben wir eine mathematiſche Hypotheſe aufgeſtellt, welche, auf eine Formel reducirt, allen bis jetzt beobachteten Inclinationen Genüge leiſtet. Wenn man zu dieſer Formel die kleinen Correctionen wird aufgefunden haben, deren ſie noch fähig iſt, ſo kann ſie ausnehmend nützlich werden, theils um in der Folge der Zeit die Variationen kennen zu lehren, denen die Wirkungen des Erdmagnetismus vielleicht unterworfen ſind, theils um die Größe der Inclination zu beſtimmen oder ſelbſt vorher anzugeben, welches in vielen Fällen von großer Wichtigkeit ſeyn dürfte. So z. B. wird in der Gegend des magnetiſchen Aequators ein Schiff aus der Zunahme oder Abnahme der Inclination beurtheilen können, ob es durch die Ströme in ſeinem Laufe an Breite gewonnen oder verloren hat; und die Beſtimmung der Breite des Schiffs iſt in manchen Fällen eben ſo wichtig, als die der Länge. An der Küſte von Peru herrſcht ſo z. B. von Chiloé an, eine ſo heftige Strömung nach Nord und Nordoſt, daß man von Lima nach Guayaquil in 3 bis 4 Tagen ſchifft, indeß man 2, 3, ja manchmahl 5 Monate bedarf, um von hier nach Lima [Callao] zurück zu ſchiffen. Es iſt daher von der größten Wichtigkeit für die Schiffe, welche von Chili kommen und längs der Küſte von Peru fahren, ihre Breite zu wiſſen; denn ſegeln ſie über den Hafen hinaus, wohin ſie beſtimmt ſind, ſo müſſen ſie nach Süden zurück ſteuern, und auf den Weg, den ſie in einem Tage zu weit vorwärts gemacht haben, können ſie zurück manchmahl einen Monat zubringen. Unglücklicher Weiſe verhindern aber die Nebel, welche 4 bis 5 Monate lang an den Küſten von Peru herrſchen, die Geſtalt der Küſte zu erkennen; man ſieht nichts als die Spitze der Anden und der Pics, welche über dieſe Schicht von Dünſten heraus ragen, deren Geſtalt aber zu einförmig iſt, als daß ſie dem Steuermann dazu dienen könnten, ſich zu finden. Nicht ſelten gehn 12 bis 15 Tage hin, ohne daß er die Sonne oder einen Stern zu ſehen bekommt, und er bleibt gewöhnlich während dieſer ganzen Zeit vor Anker liegen, aus Furcht, über den Hafen hinaus zu ſegeln. Geſetzt nun, man wüßte, wie groß die Neigung der Magnetnadel in Lima und in den nördlicher gelegenen Häfen, z. B. in Chancay, Huaura und Santà, ſey, ſo wird ſich aus der Inclinationsnadel erſehen laſſen, ob man ſich nördlich oder ſüdlich vom Parallelkreiſe von Lima, ja, welchem Punkte der Küſte man ſich ungefähr gegen über befindet; eine Anzeige, welche eine größere Schärfe zuläßt, als man wagen ſollte zu hoffen, da die Inclination ſich in jenen Gegenden mit einer außerordentlichen Schnelligkeit ändert. Herr von Humboldt, dem dieſe Bemerkungen angehören, hat in dieſen Gegenden folgende Beobachtungen gemacht. Es betrug zu in einer ſüdl. Breite von die Inclination Huancey 10° 4′ 6°,80 Huaura 11 3 9, 00 Chancay 11 33 10, 35 Dieſe Beobachtungen zeigen, daß ein Fehler von 3 bis 4 Grad in der Inclination, in dieſen Gegenden nur erſt einen Fehler von 1° in der Breite erzeugen würde, und bei der großen Ruhe, welche in dem ſtillen Meere herrſcht, läßt ſich die Neigung der Magnetnadel ſehr leicht bis auf 1° genau beobachten. — Aehnliche Beiſpiele laſſen ſich in Menge aus den Seereiſen nehmen. So würde es eben ſo nützlich ſeyn, die Inclination an der Mündung des Rio de la Plata zu kennen, da zur Zeit, wenn hier die Pamperos blaſen, der Schiffer in 14 bis 18 Tagen weder Sonne noch Sterne zu ſehen bekommt, und hin und her lavirt, aus Furcht, den Parallelkreis dieſer Mündung zu verlieren. Endlich kann in dieſen Gegenden die Inclination auch die Länge anzeigen, und dieſes Mittel bleibt übrig, wenn alle andere fehl ſchlagen. Ein Schiff, welches hier auf einen Parallelkreis ſegelt, kann ſeine Länge weder vermittelſt eines Chronometers noch vermittelſt der Declination nach Halley’s Art finden, wenn es keinen Stern ſieht, um einen Stundenwinkel, oder das magnetiſche Azimuth nehmen zu können; dann kann die Inclinationsbouſſole mitten in dem dichteſten Nebel über die Länge Auskunft geben. Wir zeigen dieſes Mittel als eins von denen an, die nur an gewiſſen Orten anzuwenden ſind, mit dem man ſich aber bisher nur ſehr wenig beſchäftigt hat. Kenntnißreiche Seefahrer werden dieſe Ideen erweitern und berichtigen. Kann man ſich auf die Inclinationsbouſſole und auf das Geſetz verlaſſen, welches wir hier aufzuſtellen verſucht haben, ſo würde es hinreichend ſeyn, die Inclination und die Breite des Orts zu beobachten, um auch die Länge zu haben. Wir haben indeß noch nicht die Gränze der Fehler bei dieſer Methode unterſucht, und wir begnügen uns daher, ſie angezeigt zu haben. Wie ſoll das aber in Nebeln geſchehen, welche Sonne und Sterne verbergen? d. H. Das Phänomen der Inclination hat für die Beobachtungen auf dem Meere einen eigenthümlichen und ſehr bemerkenswerthen Vortheil; nämlich den, den großen fortſchreitenden Veränderungen nicht unterworfen zu ſeyn, welche die Abweichung leidet. Ohne das zu wiederhohlen, was wir weiter oben über die Beſtändigkeit dieſes Phänomens vermuthet haben, bemerken wir nur noch, daß unſre Formel ſelbſt einen neuen Beleg dafür abgiebt, da ſie in einem und demſelben Geſetze die Beobachtungen umfaßt, welche vor 36 Jahren in Lappland, im Jahr 1751 von La Caille am Vorgebirge der guten Hoffnung und jetzt von Herrn von Humboldt in Amerika angeſtellt ſind. Wenn wir übrigens verſucht haben, die Inclinationen in verſchiedenen Breiten dadurch darzuſtellen, daß wir einen unendlich kleinen Magneten nahe beim Mittelpunkte der Erde angenommen haben, der ſenkrecht auf dem magnetiſchen Aequator ſteht; ſo iſt es doch deßhalb unſre Abſicht nicht, dieſe Hypotheſe für etwas reelles auszugeben, ſondern wir halten ſie bloß für eine mathematiſche Abſtraction, welche den Nutzen hat, die Beobachtungen mit einander zu verketten, und vermittelſt der wir künftig einmahl werden wahrnehmen können, ob die Inclinationen einer Veränderung unterworfen ſind. Was die Abweichung und die Intenſität betrifft, ſo geſtehen wir unverhohlen, daß wir von ihren Geſetzen und ihren Urſachen ſchlechterdings nichts wiſſen. Sollte ein Phyſiker ſo glüklich ſeyn, ſie auf ein einziges Princip zurück zu führen, welches zugleich die Variationen der Inclination erklärte, ſo würde das unſtreitig eine der ſchönſten Entdeckungen ſeyn, die je gemacht worden iſt. Dieſe ausnehmend ſchwierige Unterſuchung dürfte jedoch, um mit Glück verſucht zu werden, mehr Beobachtungen, und vor allen Dingen mehr genaue Beobachtungen erfordern, als wir bis jetzt beſitzen. Dieſes iſt der Grund, warum wir glaubten, der mathem.-phyſik. Klaſſe des Inſtituts gegenwärtige Unterſuchungen, ſo unvollkommen ſie auch noch ſind, vorlegen zu dürfen, wobei wir ſie erſuchen, dieſe Arbeit mit Nachſicht aufzunehmen. Sollten wir ſo glücklich ſeyn, daß unſre Reſultate ihr von einigem Nutzen dünkten, ſo haben wir zur Abſicht, alle genaue Beobachtungen, die man bis jetzt über den Erdmagnetismus gemacht hat, zu ſammeln, um dem von uns entdeckten Geſetze den letzten Grad von Genauigkeit zu geben. Tabelle über die magnetiſchen I. in der nördlichen ma Namen der Beobachter. Beobachtungsort. Breite deſſelben. Länge deſſelben von Paris. v. Humboldt Magnetiſcher Aequator in Peru ſüdliche 7° 1′ 0″ weſtliche 80° 4′ 0″ Lapeyrouſe Magn. Aeq. auf d. Meere zwiſch. Braſilien u. der Aſcenſions-Inſ. 10 57 0 25 25 v. Humboldt Tompenda 5 31 4 80 27 Loxa 4 0 0 81 12 Cuença 2 54 9 80 43 Quito 3 13 17 80 15 St. Antonio 0 0 0 80 12 nördliche Popayan 2 24 33 78 45 St. Carlos del Rio Negro 1 52 4 70 10 Javita 2 49 0 70 30 Esmeralda 3 13 26 68 38 Sta Fe di Bogota 4 36 5 76 37 Carichana 6 34 5 70 18 St. Thomas de la Guyana 8 8 24 66 26 Carthagena 10 25 57 78 2 Mexiko 19 26 2 101 22 de Roſſel 1791 v. Humb. 1799 St. Croix auf Teneriffa 28 28 30 18 37 v. Humboldt auf d. atl. Meere 38 52 — 16 20 Paris 48 50 15 0 0 0 öſtliche Euler der Sohn Petersburg 1755 59 56 23 27 58 — Mallet Kola im ruſſiſchen Lappland 1769 68 52 30 30 40 30 Phipps a. ein.Inſel nabe b. Spitzberg. 1773 79 50 — 7 38 — Intenſitäten und Inclinationen; gnetiſchen Hemiſphäre. Magnetiſche Zahl d. Schwingungen in 10′ Inclinationen nach der Centeſimaltheilung nördl. Br. des Beobachtungsorts. öſtl. Länge vom weſtl. Knoten ab gerechnet. berechnete. beobachtete. Unterſchied. 0° 0′ 0″ 40° 17′ 56″ 211 0°,000 0°,00 0°,00 0 0 0 95 33 56 — 0, 000 0, 00 0,00 1 30 54 39 52 51 213 3, 364 3, 55 — 0,186 2 54 27 38 55 0 212 6, 440 6, 00 + 0,44 4 36 44 39 13 52 214 8, 97 9, 35 — 0,38 6 46 59 39 17 52 218 14, 87 14, 85 + 0,02 7 0 53 39 18 52 220 15, 29 16, 02 — 0,73 9 36 16 40 24 27 223 — 23, 20 — 10 13 14 49 6 35 216 22, 028 23, 10 — 1,07 11 7 40 48 39 6 218 23, 87 27 — 3,13 11 45 45 50 29 15 217 — 28, 85 — 12 5 13 42 17 13 226 25, 76 26, 97 — 1,21 14 52 25 48 21 53 227 31, 08 33, 77 — 2,69 — 16 54 18 52 7 26 222 34, 77 39 — 4,23 17 38 43 39 55 13 240 36, 07 39, 17 — 3,10 22 35 14 14 36 41 242 44, 87 46, 85 — 1,98 39 12 40 72 0 26 238 64, 997 69, 35 — 4,35 49 28 22 106 30 10 242 74, 29 75, 76 — 1,47 57 57 — 128 22 47 245 80, 69 77, 62 + 3,07 64 41 — 173 30 25 — 85, 21 81 67 + 3,54 71 44 36 179 9 29 — 89, 59 86, 39 + 3,20 83 9 50 127 40 5 — 96, 188 91, 111 + 5,007 Tabelle über die magnetiſchen II. in der ſüdlichen ma Namen der Beobachter. Beobachtungsort. Breite deſſelben. Länge deſſelben von Paris. ſüdliche weſtliche v. Humboldt Lima 72 2′ 31″ 79°33′ 0″ de Roſſel a. Entrecaſteaux’s Reiſe Sourabaya auf der Inſel Java 7 14 23 öſtliche 110 21 28 Bayli a. Cook’s zweiter Reiſe 1775 Vorgebirge d. guten Hoffnung 33 55 30 16 10 — Lapeyrouſe In der Bay Talcaguara 36 42 — weſtliche 75 53 — Im Geſicht d. Inſel der Patagonen 52 21 26 69 38 — de Roſſel auf Neu-Holland 43 34 30 144 36 33 Die Beobachtungen, welche in der vorſtehenden Tabelle zuſammen geſtellt ſind, reichen von 38° 55′ bis 263° 21′ 18″ öſtlicher magnetiſcher Länge, dieſe Länge vom weſtlichen Knoten des magnetiſchen Aequators im Südmeere an gerechnet. Sie umfaſſen daher über 224°, und ihre Uebereinſtimmung beweiſt, daß der magnetiſche Aequator in dieſer Ausdehnung nicht merklich von einem größten Kreiſe der Erdkugel verſchieden iſt. Für die 136°, welche an dem ganzen Umfange des magnetiſchen Aequators fehlen, haben wir keine Beobachtung berechnet. Die Beobachtungen des Herrn de Roſſel, welche wir in dieſe Tabelle eingeſchaltet haben, ſind mit ſehr vieler Sorgfalt auf der Entdeckungsreiſe unter En- Intenſitäten und Inclinationen; gnetiſchen Hemiſphäre. Magnetiſche Zahl d. Schwingungen in 10′ Inclinationen nach der Centeſimaltheilung ſüdl. Breite des Beobachtungsorts. öſtl. Länge vom weſtl. Knoten abgerechnet. berechnete. beob. achtete. Unterſchied. 4°48′36″ 41° 42′ 51″ 219 10°,614 11°,10 — 0,486 15 37 22 228 56 50 204 32, 466 28, 518 + 3,948 26 15 34 131 38 53 — 49, 58 47, 78 + 1,8 28 42 14 49 0 5 — 52, 89 55, 55 — 2,66 44 30 3 57 13 52 — 70, 04 68, 89 + 1,15 54 12 43 263 21 18 265 78, 70 77, 97 — 0,73 trecaſteux angeſtellt worden. Die von ihm zu Teneriffa beobachtete Inclination iſt genau dieſelbe, welche Herr von Humboldt dort 8 Jahre ſpäter gefunden hat; und dieſes Zuſammenſtimmen hat es uns möglich gemacht, die Beobachtungen beider Phyſiker über die Intenſität der magnetiſchen Kräfte auf einander zu reduciren, indem wir vermittelſt des Verhältniſſes der Schwingungszahlen de Roſſel’s und von Humboldt’s auf Teneriffa, zu den übrigen Schwingungszahlen de Roſſel’s, die vierten Proportionalzahlen berechnet haben; ſie findet man in der Tabelle für die ſüdliche Hemiſphäre in der Columne der Schwingungen. Sie beweiſen aufs neue, daß die Intenſitäten von örtlichen Urſachen ausnehmend, und unendlich mehr als die Inclinationen modificirt werden. Sie nehmen nach den Beobachtungen des Herrn von Humboldt weniger, nach denen des Herrn de Roſſel dagegen ſtärker zu, als nach unſrer Hypotheſe; und es läßt ſich daher über das wahre Geſetz dieſer Zunahme noch nichts feſt ſetzen. Wir bemerken noch, daß, wenn man unſre Formel mit den Beobachtungen von Reiſenden zuſammen halten will, dieſe letztern zuvor mit vieler Kritik zu unterſuchen und nur dann zuzulaſſen ſind, wenn ſie unter einander und mit den Beobachtungen der andern Seefahrer harmoniren. Ohne dieſe Vorſicht würde man bei jedem Schritte zu bedeutenden Irrthümern durch die Incohärenz der Reſultate verleitet werden. Wir geben überdies die vorſtehenden nur für eine erſte Annäherung aus. Abbildungen