J. C. Delamentherie’s vorlaͤufige Nachricht von der durch die Herren von Humboldt und Bonpland in den Jahren 1799, 1800, 1801, 1802, 1803 und 1804 nach den Wendekreiſen unternommenen Reiſe. (Aus dem Journal de Phyſique.) Der allgemeine Antheil, den die gelehrte Welt mit ſo viel Recht an der Reiſe der Herren von Humboldt und Bonpland nimmt, ſo wie die Freundſchaft, welche mich mit dieſen zwey Maͤnnern verbindet, legen mir die ſuͤße Pflicht auf, dem Publikum hier einen kurzen Auszug aus allen den Nachrichten mitzutheilen, die ich ſowohl aus ihrer oͤffentlichen als Privat-Correſpondenz, ſo wie aus den Abhandlungen, welche ſie ſelbſt im National-Inſtitute vorlaſen, geſchoͤpft habe. Nachdem Hr. von Humboldt acht Jahre hindurch in Deutſchland, Pohlen, England, Frankreich, in der Schweiz und Italien phyſikaliſche Beobachtungen angeſtellt hatte, kam er im Jahre 1798 nach Paris, wo ihm das National-Muſeum zu ſeinem Vorhaben, die Reiſe um die Welt mit dem Capitain Baudin zu machen, gefaͤllig die Hand bot. Aber in dem naͤmlichen Augenblicke, da er mit Herrn Alexander Aime Goujon Bonpland, (Eleven der Arzneyſchule und des botaniſchen Gartens zu Paris) nach Havre abgehen wollte, brach der Krieg mit Oeſterreich neuerdings aus, und die nun mangelnden Gelder noͤthigten das Direktorium, die Reiſe des Hrn. Baudin bis auf einen guͤnſtigen Zeitpunkt hinauszuſetzen. Hr. von Humboldt, welcher ſeit dem Jahre 1792 den Vorſatz hegte, auf eigne Koſten eine Reiſe nach den Wendekreiſen zu machen, einem zur Vermehrung der Fortſchritte in den phyſikaliſchen Wiſſenſchaften hinzweckenden Unternehmen, faßte jetzt den Entſchluß, den nach Aegypten abgehenden Gelehrten zu folgen; da aber mittlerweile die Schlacht von Abukir alle direkte Communikation mit Alexandrien abgeſchnitten hatte, ſo kam er auf den Gedanken, mit einer Schwediſchen Fregatte, welche den Konſul Herrn Scioͤldebrandt nach Algier uͤberfuͤhren ſollte, dahin abzugehen, nachher der Karawane nach Mekka zu folgen, und ſich durch Aegypten und uͤber den Perſiſchen Meerbuſen nach Oſtindien zu begeben; aber der zwiſchen Frankreich und den barbariſchen Maͤchten ganz unerwartet ausgebrochene Krieg, ſo wie die Unruhen im Orient hinderten Hrn. v. Humboldt, von Marſeille, wo er ſich zwey Monathe vergeblich aufhielt, abſegeln zu koͤnnen. Ueber dieſe neue Verzoͤgerung unwillig, aber immer noch des feſten Vorſatzes, ſich der Expedition von Aegypten beyzugeſellen, gieng er mit der Hoffnung nach Spanien ab, vielleicht unter Spaniſcher Flagge leichter, mittelſt eines Oſtwindes von Carthagena nach Algier oder Tunis uͤberfahren zu koͤnnen, und reiſete deshalb uͤber Montpellier, Perpignan, Barcelona und Valencia nach Madrid. Die Nachrichten aus dem Orient lauteten immer trauriger; der Krieg ward mit einer beyſpielloſen Erbitterung gefuͤhrt; er mußte alſo auf das Vorhaben, durch Aegypten nach Indoſtan zu gelangen, Verzicht thun: eine gluͤckliche Vereinigung beguͤnſtigender Umſtaͤnde entſchaͤdigte Hrn. von Humboldt bald fuͤr den Verdruß ſo vielen Verzuges. Der Hof von Madrid gab ihm im Maͤrz 1799 die ausgedehnteſte Erlaubniß nach den Spaniſchen Colonien in Nord- und Suͤd-Amerika zu gehen, und dort alle Nachforſchungen, alle Unterſuchungen, die zu den Fortſchritten der Wiſſenſchaften dienen koͤnnen, anſtellen zu duͤrfen. Dieſe Erlaubniß war mit ſolchen Verguͤnſtigungen ertheilt, die den liberalen Geſinnungen der Regierung ſehr zur Ehre gereichen. Se. Katholiſche Majeſtaͤt wuͤrdigte den Erfolg dieſer Expedition mit perſoͤnlich bezeugter Theilnahme zu beehren, und Hr. von Humboldt gieng, nachdem er einige Monathe zu Madrid und Aranjuez verweilt hatte, im Monath Juny 1799, von ſeinem Freunde Bonpland begleitet, welcher ausgezeichnete Kenntniſſe in der Botanik und Zoologie mit demjenigen unermuͤdeten Eifer und der Liebe fuͤr die Wiſſenſchaften verbindet, welche alle Arten phyſiſcher und moraliſcher Aufopferungen mit Gleichguͤltigkeit ertragen lehren, aus Europa ab. Mit dieſem Freunde hat Hr. von Humboldt fuͤnf Jahre hindurch auf eigne Koſten eine Reiſe in beyde Hemiſphaͤren gemacht; eine Reiſe zu Waſſer und zu Lande von beynahe 9000 Franz. Meilen, und die groͤßte, die jemals ein Privatmann unternommen hat. Unſere beyde, mit Empfehlungsſchreiben vom Spaniſchen Hofe verſehene Reiſende giengen mit der Fregatte Pizarro de la Corunna nach den Canariſchen Inſeln ab. Sie landeten an der Inſel Grazioſa, nahe bey der Inſel Lancerotta, und zu Teneriffa, wo ſie bis an den Crater des Piks von Teyde ſtiegen, um die atmoſphaͤriſche Luft zu analyſiren, und uͤber die Baſalte und porphyrartigen Schiefer Afrika’s geologiſche Beobachtungen anzuſtellen. Sie kamen im Monath Julius im Hafen von Cumana, am Meerbuſen von Cariaco, einem Theile des mittaͤgigen Americas, und einer durch die Arbeiten und Ungluͤcksfaͤlle des unermuͤdlichen Loͤffling beruͤhmt gewordenen Gegend, an. Sie beſuchten im Verlaufe der Jahre 1799 und 1800 die Kuͤſte von Paria, die Miſſionen der Indier, Chaymas und die Provinz Neu-Andaluſien, eines der heißeſten, aber geſuͤndeſten, obwohl durch haͤufige und ſchreckliche Erdbeben verwuͤſteten Laͤnder der Erde; ſie durchreiſeten die Provinz Neu-Barcelona, Venezuela und das Spaniſche Guyana. Nachdem ſie mittelſt der Beobachtungen der Trabanten des Jupiters zu Cumana, Caracas und auf mehreren andern Punkten die Laͤngen fixirt hatten; nachdem ſie auf den Gipfeln des vom Bejaria bekraͤnzten Karipe und Silla de Avila herboriſirt hatten, giengen ſie von der Hauptſtadt Caracas im Februar 1800 nach den ſchoͤnen Thaͤlern von Aragna ab, wo der große See von Valencia die Vorſtellung des Genferſees ins Gedaͤchtniß zuruͤckbringt, nur daß erſterer ſich durch die Pracht der Vegetation unter dem Wendezirkel unendlich ſchoͤner darſtellt. Von Portocabello begaben ſie ſich gegen Suͤden, drangen laͤngs den Kuͤſten des Antilliſchen Meeres bis an die Graͤnzen von Braſilien, gegen den Aequator vor, giengen nachher mitten durch die weiten Flaͤchen von Calabozo Apura und des Nieder-Oronoko, die Llanos, Wuͤſten, die den Africaniſchen gleichen, und wo durch das Zuruͤckprallen der druͤckendſten Hitze der Re’aumuriſche Thermometer im Schatten auf 33 bis 37° ſtieg, und wo der zweytauſend Quadratmeilen große brennende Erdſtrich ſich nur fuͤnf Zoll uͤber die Meeresflaͤche erhebt. Der der Oberflaͤche des Meeres gleiche Sand zeigt durchgehends das ſonderbareſte Phaͤnomen der Strahlenbrechung und Wellenbewegung. Er birgt in den Monathen der Duͤrre und ohne Gras Crocodille und Rieſenſchlangen. Der Mangel an Waſſer, die Sonnenhitze, und der von den brennenden Winden in die Hoͤhe gehobene Sand ermuͤden wechſelſeitig den Reiſenden, welcher ſich mit ſeinem Maulthiere nach dem Lauf der Geſtirne, oder nach einigen zerſtreuten Straͤuchen der Mauritia oder des Embothrium, welche man von drey zu drey Franz. Meilen endeckt, richtet. Zu St. Fernando d’Apura, in der Provinz von Varinas begannen die Herren v. Humboldt und Bonpland eine beſchwerliche Schiffahrt von ungefaͤhr 500 Seemeilen, welche ſie auf Indianiſchen Kaͤhnen zuruͤcklegten, und mit Huͤlfe der mathematiſchen Laͤngen-Uhren, der Trabanten-, Stern- und Mondsentfernungen eine Charte vom Lande aufnahmen. Sie fuhren den Rio Apura herab, welcher ſich unter dem 7ten Grade der Breite in den Oronoko ergießt. Da ſie der drohenden Gefahr eines Schiffbruchs bey der Inſel Pananuma gluͤcklich entgangen waren, ſo fuhren ſie den letztbenannten Fluß bis an die Muͤndung des Guaviare hinauf, paſſirten die beruͤhmten Waſſerfaͤlle von Atures und Maypure, wo die Hoͤhle von Ataruipo die Mumien eines durch die Kriege der Karaiben und Maravitanos vernichteten Volkes in ſich birgt. Bey der Muͤndung des Rio Guaviare, welcher von Neu- Grenada die Anden herabfließt, und welchen der Pater Gumilla faͤlſchlich fuͤr die Quellen des Oronoko gehalten hatte, verlieſſen ſie dieſen Fluß, und fuhren die kleinen Fluͤßchen Atabapo, Tuamini und Temi hinauf. Von der Miſſion Javita drangen ſie zu Lande bis an die Quellen des Guainia, welchen die Europaͤer Rio Negro nennen, und den la Condamine (welcher ihn bloß bey ſeinem Einfluſſe in den Amazonenfluß geſehen hat) ein Meer von ſuͤßem Waſſer nennt. Einige dreyßig Indianer trugen die Canots durch ein dichtes Gehoͤlze von Hevea, Leeythis und Laurus Cinamomoides an den Cano Pimichin. Vermittelſt dieſes kleinen Fluͤßchens gelangten unſre Reiſenden an den Schwarzen Fluß, welchen ſie bis an die kleine Feſtung St. Carlos, welche man faͤlſchlich als unter dem Aequator liegend vermuthete, und bis an die Graͤnzen von Groß-Para, einem Hauptbezirke von Braſilien, hinabfuhren. Ein von Temi bis Pimichin vermoͤge des ebenen Terrains ſehr leicht zu grabender Canal wuͤrde eine innere Communication zwiſchen der Provinz Caracas und der Hauptſtadt Para, eine unendlich kuͤrzere Communication, als die von Caſiguiare darbieten. Auch koͤnnte man vermittelſt dieſes naͤmlichen Canals (denn von der Art iſt die bewundernswuͤrdige Lage der Fluͤſſe in dieſem neuen Welttheile) von Rio Quallaga, drey Tagereiſen von Lima oder von der Suͤdſee, auf Kaͤhnen und vermittelſt des Amazonenfluſſes und des Rio Negro, bis an die Muͤndungen des Oronoko, gerade der Inſel Trinitad uͤber, hinabſegeln, eine Fahrt, welche benahe 2000 Franzoͤſ. Meilen betraͤgt. Die Mißhelligkeiten, welche gerade zu der Zeit zwiſchen dem Spaniſchen und Portugieſiſchen Hofe herrſchten, verhinderten Hrn. v. Humboldt, ſeine forſchenden Unternehmungen bis jenſeits St. Gabriel de las Cochuellas in der Generalhauptmannſchaft von Groß-Para auszudehnen. La Condamine und Maldonado hatten die Muͤndung des Rio Negro aſtronomiſch beſtimmt. Das Hinderniß war alſo weniger fuͤhlbar, es war indeſſen ein viel unbekannterer Theil, naͤmlich der Arm des Oronoko, Namens Caſiguiare, welcher die Communication zwiſchen dem Oronoko und Amazonenfluſſe bildet, und uͤber deſſen Exiſtenz man ſeit fuͤnfzig Jahren ſo viel geſtritten hat, zu beſtimmen. Um dies Geſchaͤft auszufuͤhren, fuhren die Herren v. Humboldt und Bonpland von der Spaniſchen Feſtung St. Carlos durch den Schwarzen Fluß und den Caſiguiare in den Oronoko, und auf dem letztern bis an die Miſſion Esmeraldo bey dem Vulkan Duida, oder bis an die Quellen des Fluſſes aufwaͤrts. Die Guaikas-Indier, eine ſehr weiße, ſehr kleine, faſt zwergenartige, aber hoͤchſt kriegeriſche Nation, welche das Land oͤſtlich von Paſimon bewohnet, und die ſehr kupferfarbnen Guajariben, die noch weit wilder und bis jetzt Menſchenfreſſer ſind, machten jeden Verſuch, bis an die Quelle des Oronoko ſelbſt vordringen zu koͤnnen, unnuͤtz, welche die ſonſt ſehr verdienſtlichen Charten von Caulin unendlich zu weit gegen Morgen ſetzen. Von der Miſſion Esmeralda, einigen in dem hinterſten und einſamſten Winkel dieſer Indiſchen Welt verſteckten Huͤtten, fuhren unſere Reiſenden mit Huͤlfe des hohen Waſſers 340 Fr. Meilen, das heißt den ganzen Oronoko bis an ſeine Muͤndungen abwaͤrts, nach St. Thomas von Nueva Guayana oder Angoſtura, paſſirten zum zweytenmale die Waſſerfaͤlle, ſuͤdlich, zu welchen die beyden Hiſtoriograghen dieſes Landes Gumilla und Canlin niemals gekommen waren. Waͤhrend dieſer langen muͤhſeligen Fahrt waren unſere Reiſenden wegen des Mangels an Lebensmitteln und Schutzes gegen die Witterung, bey dem naͤchtlichen Regen, und Aufenthalte in den Gehoͤlzen, der Mosquitos und einer unendlichen Menge anderer ſtechenden und theils giftigen Inſekten, der Unmoͤglichkeit, ſich wegen der Wildheit der Crocodille und des kleinen Fiſches Karibe durch Baͤder Erquicken zu koͤnnen, und den Miasmen, eines brennenden und feuchten Klimas, fortdauernden Leiden ausgeſetzt. Sie kehrten vom Oronoko durch die Ebenen von Cari und die Miſſionen der Karibiſchen Indianer, einer auſſerordentlichen Menſchengattung , und vielleicht naͤchſt den Patagoniern die groͤßten und robuſteſten Leute auf der Erde, nach Barcelona und Cumana zuruͤck. Nach einem Aufenthalte von einigen Monathen auf der Kuͤſte verfuͤgten ſie ſich laͤngs der ſuͤdlichen Seite St. Domingos und Jamaicas nach Havana. Dieſe in einer ſehr ſpaͤten Jahreszeit vollzogene Fahrt war eben ſo langwierig als gefaͤhrlich, da das Schiff in der Nacht beynahe auf den Klippen ſuͤdlich der Sandbank von Vibora, deren Lage Hr. v. Humboldt vermittelſt des Zeitmeſſers beſtimmt hat, geſcheitert waͤre. Er verweilte drey Monathe auf der Inſel Cuba, wo er ſich mit der Laͤngenbeſtimmung von Havana und mit der Angabe einer neuen Bauart von Oefen fuͤr die Zuckerſiedereyen, welche ſich ſeitdem erhalten und ziemlich allgemein verbreitet hat, beſchaͤftigte. Er war eben im Begriffe, nach Vera Cruz abzugehen, in der Abſicht, durch Mexico und Acapulco nach den Philippiniſchen Inſeln, und von da (waͤre es moͤglich geweſen) uͤber Bombia, Balſora und Haleb nach Conſtantinopel zu reiſen, als ihn falſche Nachrichten von der Reiſe des Capt. Baudin von ſeinem Plane abfuͤhrten. Die Amerikaniſchen Zeitungen verkuͤndeten naͤmlich, daß dieſer Seemann von Frankreich nach Buenos-Ayres abgehen, und wenn er das Vorgebirge Horn umſchifft habe, laͤngs den Kuͤſten von Peru und Chili hinſegeln wuͤrde. (Die Fortſetzung folgt.) J. C. Delamentherie’s vorlaͤufige Nachricht von der durch die Herren von Humboldt und Bonpland in den Jahren 1799, 1800, 1801, 1802, 1803 und 1804 nach den Wendekreiſen unternommenen Reiſe. (Aus dem Journal de Phyſique.) (Fortſetzung.) Hr. v. Humboldt hatte bey ſeiner Abreiſe aus Paris im Jahr 1798 dem Muſeum und dem Capt. Baudin verſprochen, daß, ſo bald die Franzoͤſiſche damals unterbliebene Seereiſe ſtatt haben wuͤrde, er ſich mit derſelben zu vereinigen ſuchen wuͤrde, er befinde ſich auch auf einem Theile der Erdkugel, auf welchem er wolle; er ſchmeichelte ſich, daß ſeine und des Hrn. Bonpland Nachforſchungen fuͤr die Fortſchritte in den Wiſſenſchaften weit nuͤtzlicher ausfallen wuͤrden, wenn ſie ihre Bemuͤhungen mit denen der Gelehrten, welche Capt. Baudin begleiten ſollten, vereinigten. Alle dieſe Ruͤckſichten beſtimmten Hrn. v. Humboldt, ſeine Manuſcripte von den Jahren 1799 und 1800 gerade nach Europa zu ſenden, und ſich eine kleine Goelette in dem Hafen zu Batabano zu miethen, um nach Carthagena in Suͤdamerika, und von da, ſo geſchwinde als immer moͤglich, uͤber die Landenge von Panama in die Suͤdſee abzugehen. Er hoffte, den Capt. Baudin zu Guayaquil oder zu Lima anzutreffen, und mit ihm Neu-Holland und die Inſeln des ſtillen Oceans, die eben ſo intereſſant wegen des Reichthums ihrer Vegetation, als in Hinſicht moraliſcher Beobachtungen ſind, zu beſuchen. Es waͤre unklug geweſen, die Manuſcripte und bereits zuſammengebrachten Sammlungen den Gefahren dieſer langen Seereiſe auszuſetzen. Die Manuſcripte, uͤber deren Schickſal Hr. v. Humboldt drey Jahre hindurch in einer grauſamen Ungewißheit lebte, waren gerettet, allein ein Drittheil der Naturalien-Sammlungen hat die See bey einem Schiffbruche verſchlungen. Gluͤcklicherweiſe hat dieſer Verluſt , worunter ſich Inſekten vom Oronoko und Rio Negro befanden, nur die Doubletten betroffen; allein er verlor durch dieſen Schiffbruch einen Freund, dem er ſeine Pflanzen und ſeine Inſekten anvertraut hatte, Namens Fray Juan Gonzalez, einen Moͤnch vom Orden St. Franziſcus, einen jungen Menſchen voller Thaͤtigkeit und Muth, welcher in dem ſo wenig bekannten Erdſtriche des Spaniſchen Guyana viel weiter als irgend ſonſt ein Europaͤer vorgedrungen iſt. Hr. v. Humboldt gieng im Maͤrz 1801 von Batabano ab, ſegelte ſuͤdlich laͤngs der Inſel Cuba hin, und beſtimmte auf der Gruppe der Inſelchen, die man die Gaͤrten des Koͤnigs nennt, und den Landungspunkten des Dreyeinigkelts-Hafens, mehrere aſtronomiſche Punkte. Die Meeresſtroͤme verlaͤngerten ſeine Fahrt, welche nur 13 bis 15 Tage dauern ſollte, uͤber einen Monath. Sie warfen die Goelette viel zu weit weſtlich uͤber die Muͤndungen des Atrakto hinaus. Man landete an Rio Sinn, wo noch nie ein Botaniker herboriſirt hatte; allein die Annaͤherung von Carthagena war ſehr beſchwerlich wegen der Gewalt der Brandung bey St. Martha. Die Goelette waͤre nahe an der Rieſenſpitze beynahe umgeſchlagen, man mußte ſich an die Kuͤſte fluͤchten, um ſich vor Anker zu legen, wo Herr von Humboldt aus dieſem Unfalle den Vortheil zog, die Mondsfinſterniß am 2ten Maͤrz 1801 zu beobachten. Ungluͤcklicherweiſe erfuhr man auf dieſer Kuͤſte, daß die Jahreszeit ſchon zu ſpaͤt ſey, um eine Schiffahrt auf der Suͤdſee von Panama bis Guayaquil zu unternehmen; er mußte alſo auf die Ausfuͤhrung des Projekts, den Iſthmus zu durchreiſen, Verzicht thun; und das Verlangen, den beruͤhmten Mutis naͤher kennen zu lernen, und deſſen unermeßliche Reichthuͤmer in Naturalien zu unterſuchen, beſtimmten Herrn von Humboldt, einige Wochen in den mit Guſtavia, Toluifera, Anacardium karacoli (Elephantenlaus) und Cavanillesca der Peruvianiſchen Botaniſten geſchmuͤckten Waͤldern von Turbaco zu verweilen; und binnen 35 Tagen den ſchoͤnen und majeſtaͤtiſchen Fluß de la Magdalena wieder hinaufzufahren, von welchem Fluſſe er, trotz der Plage von den Musquitos, die Charte ſkizirte, waͤhrend Bonpland die in Erzeugung von Heliconia, Pſychotria, Melaſtoma, Mirodia und Dychotria emetica, deren Wurzel die Ypekakuanha von Carthagena iſt, reichhaltige Vegetation erforſchte. Nachdem unſere Reiſenden zu Honda ans Land geſtiegen waren, begaben ſie ſich auf Mauleſeln, (die im ganzen mittaͤgigen Amerika einzige Art fortzukommen) und auf abſcheulichen Wegen, mitten durch Waͤlder von Eichen, Melaſtoma und Cinchona nach St. Fede Bogota, der Hauptſtadt des Koͤnigreichs Neu- Granada, in einer ſchoͤnen 1360 Toiſen uͤber die Meeresflaͤche erhabnen, und unter Beguͤnſtigung einer beſtaͤndigen Fruͤhlingstemperatur, mit Europaͤiſchem Getreide und Aſiatiſchem Seſam angebauten Ebene. Die praͤchtigen Sammlungen des Mutis, der große und impoſante 98 Toiſen hoch herabſtuͤrzende Waſſerfall von Tequendama, die Bergwerke von Mariquita, St. Ana, und Zipaguira, die von der Natur gebildete Bruͤcke von Icononzo, wo zwey losgeriſſene Felſen durch ein Erdbeben eine ſolche Stellung bekommen haben, daß ſie einen dritten in der Luft ſchwebenden Felſen wie Pfeiler halten; alle dieſe beſondern Gegenſtaͤnde beſchaͤftigten unſere Reiſenden bis in den September 1801. (Die Fortſetzung folgt.) J. C. Delamentherie’s vorlaͤufige Nachricht von der durch die Herren von Humboldt und Bonpland in den Jahren 1799, 1800, 1801, 1802, 1803 und 1804 nach den Wendekreiſen unternommenen Reiſe. (Aus dem Journal de Phyſique.) (Fortſetzung.) Von dieſer Zeit an unternahmen ſie trotz des Regens welcher die Wege faſt unbrauchbar machte, die Reiſe nach Quito; ſie ſtiegen uͤber Fuſagaſuga wieder in das Thal Magdalena hinab, paſſirten die Andes von Quindiu, wo die ſchneeweiße Pyramide von Tolina ſich mitten aus Waͤldern von Styrax, baumartigen Paſſifloren, Bambusrohr und Wachspalmen emporhebt. Sie mußten ſich dreyzehn Tage in abſcheulichem Kothe herumſchleppen, und wie am Oronoko unter freyem Himmel in dem Gehoͤlze, ohne eine Spur von Menſchen zu haben, die Naͤchte hindringen. Nachdem ſie baarfuß und vom immerwaͤhrenden Regen entkraͤftet in dem Thale des Fluſſes Cauca angekommen waren, verweilten ſie zu Carthago und Buga, und durchzogen die Provinz Chaco, dem Vaterlande der Platina, welche ſich unter abgebrochenen mit Olivin und Augit angefuͤllten Baſaltgeroͤllen Gruͤnſtein und foſſilem Holze findet. Sie ſtiegen ſodann uͤber Caloto und die Goldwaͤſcherey von Quilichao nach Popayon, welches am Fuße der mit Schnee bedeckten Vulcane von Puraca und Sotara liegt, und von Bouguer zur Zeit ſeiner Ruͤckkehr nach Frankreicht beſucht ward. Es hat eine der maleriſchten und in Betreff des Klimas der vortrefflichſten Lagen auf dem Erdrund, und der Thermometer hielt ſich beſtaͤndig von 17 bis 19° nach Re’aumur. Nachdem unſere Reiſenden mit vieler Muͤhe an den Crater des Vulkans von Purace, eine mit ſiedendem Waſſer angefuͤllte Oeffnung, die mitten im Schnee mit einem ſchrecklichen Gebrauſe hydrogene Schwefelduͤnſte auswirft, gelangt waren, giengen ſie von Popayan uͤber die ſteilen Cordiellieren von Almagaer nach Paſto, vermieden aber die verpeſtete und anſteckende Atmoſphaͤre des Thales von Patia. Von Paſto, einer ebenfalls am Fuße eines brennenden Vulkans gelegenen Stadt, giengen ſie uͤber Guachucal mitten durch die hohe Ebene der Provinz de los Patos, die von dem ſtillen Meere durch die Anden des Vulkans von Chili und Cumbol getrennt, und durch ſeine große Fruchtbarkeit an Weitzen und Koka (Erythroxylon peruvianum) beruͤhmt iſt. Endlich nach einer viermonathlichen Reiſe auf Mauleſeln gelangten ſie in die ſuͤdliche Hemiſphaͤre nach der Stadt Ibarra und nach Quito. Dieſe lange Reiſe durch die Cordillieren der hohen Anden, und in einer Jahrszeit, in welcher auf dieſen Wegen faſt nicht fortzukommen war, und waͤhrend derſelben die Reiſenden taͤglich einem Regen von 7 bis 8 Stunden Dauer ausgeſetzt waren, dieſer Zug mit einer großen Menge Inſtrumenten und voluminoͤſen Sammlungen waͤre unmoͤglich auszufuͤhren geweſen, wenn nicht die großmuͤthige Guͤtigkeit des Herrn Mendiunetta, Vicekoͤnigs von Sta. Fe, und des Barons de Carondelet, Praͤſidenten zu Quito, ins Mittel getreten waͤren, indem beyde von einem gleichen Eifer fuͤr die Fortſchritte der Wiſſenſchaft beſeelt, die gefaͤhrlichſten Wege und Bruͤcken auf einer Route von 450 Franzoͤſ. Meilen ausbeſſern ließen. Die Herren v. Humboldt und Bonpland kamen am 6ten Januar 1802 zu Quito an, dieſer durch die Arbeiten von Condamine, Bouguer, Godin, des D. Jorge-Juan und Ulloa in den Jahrbuͤchern der Aſtronomie beruͤhmten Hauptſtadt, die auch noch dadurch in gutem Rufe ſteht, weil die Einwohner einen großen Grad von Liebenswuͤrdigkeit und eine gluͤckliche Neigung zu den Kuͤnſten und Wiſſenſchaften beſitzen. Unſere Reiſenden ſetzten ihre geologiſchen Nachforſchungen acht bis neun Monathe hindurch in dem Koͤnigreiche Quito fort, einem Lande, deſſen koloſſaliſche Hoͤhe ſeiner Schneebedeckten Berggipfel, die beſtaͤndige Aktivitaͤt ſeiner wechſelsweiſe Feuer, Felſen, Unrath und Schwefelleberwaſſer auswerfenden Vulkane, die Menge der Erdbeden, (das vom 7ten Februar 1797 verſchlang in wenig Sekunden nahe an 40,000 Einwohner) ſeine Vegetation, die Ueberreſte der Peruvianiſchen Architektur, und mehr noch, als alles dieſes, die Sitten ſeiner alten Bewohner, es vielleicht zu dem intereſſanteſten Lande unſerer Erde machen. (Die Fortſetzung folgt.) J. C. Delamentherie’s vorlaͤufige Nachricht von der durch die Herren von Humboldt und Bonpland in den Jahren 1799, 1800, 1801, 1802, 1803 und 1804 nach den Wendekreiſen unternommenen Reiſe. (Aus dem Journal de Phyſique.) (Fortſetzung.) Nach zwey fruchtloſen Verſuchen gelang es ihnen zweymal, bis an den Crater des Vulkans Pichincha zu gelangen, wo ſie Verſuche uͤber die Analyſe der Luft, deren elektriſche, magnetiſche, hygroſcopiſche Ladung, deren Elaſticitaͤt und die Grade der Temperatur des kochenden Waſſers anſtellten. La Condamine hat dieſen naͤmlichen Crater geſehen, und vergleicht ihn ganz richtig mit dem Chaos der Poeten; allein er hatte keine Inſtrumente bey ſich, und konnte ſich nur einige Minuten dort halten. Zu ſeiner Zeit war dieſer in porphyrartigen Baſalt ausgehoͤhlte unermeßliche Schlund ausgekuͤhlt, und mit Schnee angefuͤllt: unſere Reiſenden fanden ihn neuerdings entzuͤndet, und dieſer neue Vorfall war fuͤr die Stadt Quito, welche nur 4 bis 5000 Toiſen davon entfernt liegt, ſehr niederſchlagend. Es fehlt nicht viel, ſo haͤtte es Hrn. v. Humboldt auch das Leben gekoſtet; denn bey ſeinem erſten Verſuche, da er ſich mit einem Indianer, der den Rand des Craters eben ſo wenig, als er ſelbſt kannte, allein befand, waͤre er bald verſunken, indem er uͤber eine nur mit einer Lage von gefrornem Schnee uͤberzogene Kluft weggieng. Unſere Reiſenden machten waͤhrend ihres Aufenthaltes in dem Koͤnigreich Quito beſondere Excurſionen auf die Schneegebirge von Antiſana, Cotopaxi, Tunguragua und Chimborazo, welches der hoͤchſte Berg unſers Erdballs, und von den Franzoͤſiſchen Akademikern nur approximatif gemeſſen worden iſt. Sie unterſuchten und ſtudirten hauptſaͤchlich den geognoſtiſchen Theil der Cordilieren der Anden, uͤber welchen in Europa noch nichts erſchienen iſt; denn die Mineralogie iſt ſo zu ſagen weit juͤnger, als die Reiſe von Condamine, deſſen allumfaſſendes Genie, deſſen unglaubliche Thaͤtigkeit ſonſt alles aufgriff, was in den phyſiſchen Wiſſenſchaften intereſſant ſeyn konnte. Die trigonometriſchen und barometriſchen Vermeſſungen des Hrn. v. Humboldt haben dargethan, daß einige dieſer Vulkane, hauptſaͤchlich der von Tunguragua, ſich ſeit 1753 anſehnlich geſenkt haben. Dieſe Reſultate ſtimmen mit dem, was die Bewohner von Pelileo und den Ebenen von Topia mit ihren Augen bemerkt haben. (Die Fortſetzung folgt.) J. C. Delametherie’s vorlaͤufige Nachricht von der durch die Herren von Humboldt und Bonpland in den Jahren 1799, 1800, 1801, 1802, 1803 und 1804 nach den Wendekreiſen unternommenen Reiſe. (Aus dem Journal de Phyſique.) (Fortſetzung.) Hr. v. Humboldt erkannte dieſe ganzen großen Maſſen fuͤr ein Werk der Cryſtalliſation. „Alles, ſchrieb er mir (Delametherie), was ich in dieſen Regionen, wo die hoͤchſten Erhoͤhungen der Erde ſich befinden, geſehen habe, hat mich immer mehr und mehr der großen Idee, die Sie (in der ſchoͤnen Theorie der Erde, des allervollkommenſten Werkes, welches wir uͤber dieſe Materie haben) von der Entſtehung der Berge aufgeregt haben, befeſtiget. Alle Maſſen, aus welchen ſie entſtanden ſind, haben ſich nach dem Grade ihrer Aehnlichkeit oder Verwandtſchaft vermoͤge der Geſetze der anziehenden Kraft vereinigt, und haben ebenfalls durch die Geſetze der Cryſtalliſation auf den verſchiedenen Plaͤtzen der Erdoberflaͤche die mehr oder minder wichtigen betraͤchtlichen Hoͤhen gebildet. Es kann in dieſer Hinſicht fuͤr den Reiſenden, welcher ohne vorgefaßte Meinung dieſe großen Maſſen betrachtet, kein Zweifel uͤbrig bleiben. Sie werden aus unſern Berichten erſehen, daß auch nicht ein einziger von den Gegenſtaͤnden iſt, die Sie abhandeln, den wir nicht durch unſere Arbeiten weiter zu erlaͤutern geſucht haben.“ Bey allen dieſen im Januar 1802 begonnenen Excurſionen wurden unſere Reiſenden durch Hrn. Carl Montufar, Sohn des Marquis Selvalegre von Quito, einen fuͤr die Fortſchritte der Wiſſenſchaften eifrig bemuͤhten Privatmann, begleitet, welcher damit umgeht, die Pyramiden von Sarouguier, Grundſaͤulen der beruͤhmten Baſis der Franzoͤſiſchen und Spaniſchen Akademiker, auf eigene Koſten wieder aufzubauen. — Dieſer junge hoͤchſt intereſſante Mann iſt mit Hrn. v. Humboldt, nachdem er ihn auf ſeiner uͤbrigen Forſchungsreiſe in Peru und Koͤnigreiche Mexico begleitete, nach Europa uͤbergegangen. Die Umſtaͤnde beguͤnſtigten die Anſtrengungen dieſer drey Reiſenden ſo, daß ſie bis auf die hoͤchſten Gipfel der Gebirge, bis wohin ſich noch nie ein Menſch verſtiegen hatte, gelangten. Auf den Vulkan Antiſana brachten ſie die Inſtrumente mehr als 2200, auf den Chimborazo am 23ſten Junius 1802 uͤber 3300 Fuß, hoͤher, als Condamine und Bouguer auf den Corazon ſteigen konnten. Sie gelangten auf eine Hoͤhe von 3036 Toiſen uͤber die Meeresflaͤche des ſtillen Oceans, und ſahen aus ihren Augen, aus ihren Lippen und Zahnfleiſche das Blut vordringen, und von einer Kaͤlte gefrieren, die der Thermometer nicht mehr anzeigte, die aber waͤhrend der Inſpiration einer ſo ſehr verduͤnnten Luft von dem Mangel an Waͤrmeſtoff herruͤhrte. Eine 80 Toiſen tiefe und ſehr breite Kluft hinderte ſie, auf den Gipfel des Chimborazo, wohin ſie ungefaͤhr noch 224 Toiſen hatten, zu gelangen. (Die Fortſetzung folgt.) J. C. Delametherie’s vorlaͤuſige Nachricht von der durch die Herren von Humboldt und Bonpland in den Jahren 1799, 1800, 1801, 1802, 1803 und 1804 nach den Wendekreiſen unternommenen Reiſe. (Aus dem Journal de Phyſique.) (Fortſetzung.) Waͤhrend ſeines Aufenthalts zu Quito erhielt Hr. v. Humboldt einen Brief, mit welchem ihn das Franzoͤſiſche National-Inſtitut beehrte, und aus welchem er erſah; daß der Kapitain Baudin nach Neu-Holland abgeſegelt ſey, und die oͤſtliche Fahrt um das Vorgebirg der guten Hoffnung herum eingeſchlagen habe; er mußte alſo darauf, ſich zu ihm zu geſellen, Verzicht thun, und doch hatte die Hoffnung dazu unſere Reiſenden 13 Monathe uͤber beſchaͤftiget, und ihnen die Moͤglichkeit, von Havana nach Mexiko und den Philippiniſchen Inſeln zu gehen, aus den Haͤnden geſpielt. Dieſe Hoffnung hatte ſie zu Lande und zu Waſſer uͤber 1000 fr. Meilen im Suͤden, da ſie allen Extremen der Temperatur, von den mit ewigem Schnee bedeckten Bergen bis auf den Grund der tiefen Schluͤfte, wo der Thermometer ſich Tag und Nacht von 26 bis 31° nach Reaumur erthielt, ausgeſetzt waren, begleitet. An Unfaͤlle aller Art gewoͤhnt, troͤſteten ſie ſich leicht uͤber dieſen Streich des Geſchickes; ſie fuͤhlten aufs neue, daß der Menſch ſich auf nichts zu verlaſſen habe, als auf die Fruͤchte ſeiner eigenen Energie; und Baudins Reiſe, oder vielmehr die falſche Nachricht von der Direktion derſelben hatte dazu Veranlaſſung gegeben, daß ſie unermeßliche Laͤnder, auf welchen ohne dieſen Zufall vielleicht lange Zeit kein Naturforſcher zur Unterſuchung ſein Augenmerk gerichtet haben wuͤrde, bereiſeten. Da Hr. v. Humboldt ſich von jetzt an entſchloß, ſeine Expedition auf eigne Hand zu verfolgen, ſo nahm er ſeinen Weg von Quito nach dem Amazonen-Fluſſe und Lima, in der Erwartung, dort den wichtigen Durchgang des Merkurs durch die Sonnenſcheibe zu beobachten. Unſere Reiſenden beſuchten anfaͤnglich die Ruinen von Lactacunga, Hambato und Riobamba, einem in dem ungeheuern Erdbeben von 1797 uͤber den Haufen geworfenen Erdſtrich. Sie zogen durch die Schneegeſilde von Aſſouay und Cuenka, und von da mit erſtaunlichen Muͤhſeligkeiten wegen des Transports der Inſtrumente und eingepackten Kraͤuterſammlung durch den Paramo von Saragura nach Loxa. Hier in den Waͤldern von Gonzanama und Malakates unterſuchten ſie den koſtbaren Baum, von welchem die Menſchen zuerſt die fiebervertreibende Eigenſchaft der Chinarinde kennen lernten. Die große Ausdehnung des Erdſtriches, den ihre Expedition umfaßte, gewaͤhrte ihnen den Vortheil, den vor ihnen noch kein Botaniker genoſſen hat, und eigene Anſicht die verſchiedenen Gattungen von Cinchona zu Sta. Fe, Popayan, Cuenza, Loxa und Jean mit der Cuspa und Cuspara von Cumana und am Rio Carony, wovon letzterer faͤlſchlich Cortex Anguſturaͤ genannt wird, und einer neuen Gattung der Pentandria monogynia mit wechſelsweiſe ſtehenden Blaͤttern zuzugehoͤren ſcheint, zu vergleichen. Von Loxa kamen ſie uͤber Ayavaca und Gouncabambe nach Peru, und giengen quer uͤber den hohen Gipfel der Anden, um ſich gegen den Amazonenfluß zu wenden. Sie hatten in zwey Tagen den Rio de Chamaya fuͤnf und dreyßigmal zu paſſiren; dieſe Uebergaͤnge waren immer gefaͤhrlich, und geſchahen bald mittelſt der Floße, bald durch Fuhrten. Sie ſahen die praͤchtigen Ueberreſte der Heerſtraſſe von Yuga, die die Vergleichung mit den ſchoͤnſten in Frankreich und Spanien aushaͤlt, und auf dem porphyriſchen Ruͤcken der Anden 1200 bis 1800 Toiſen in der Hoͤhe von Cusco bis Aſſonay fortlief, und mit Tambos (Wirthshaͤuſern) und oͤffentlichen Brunnen verſehen war. Endlich ſchifften ſie auf eine Floͤße von Ochroma, an dem kleinen Indianiſchen Dorfe Chamaya ein, und fuhren auf dem Fluße gleiches Namens in den Amazonenfluß hinab, und beſtimmten die aſtronomiſche Lage dieſes Zuſammenfluſſes durch die Culmination verſchiedener Sterne und den Zeitmeſſer. Condamine Schiffte ſich bey ſeiner Ruͤckreiſe von Quito nach Para und Frankreich auf dem Amozonenfluſſe weit unter Quebrada und Cuchunga ein; mithin hatte er keine weitere Laͤngenbeobachtung, als bis an die Muͤndung des Rio Napo. Hr. v. Humboldt ſuchte dieſe Luͤcken auf der ſchoͤnen Charte des Franzoͤſiſchen Aſtronomen auszufuͤllen, indem er auf dem Amazonenfluſſe bis an die Waſſerfaͤlle von Rentema ſchiffte, und entwarf zu Tomependa, dem Hauptorte der Provinz Jaen de Bracamorros, einen detaillirten Plan dieſes unbekannten Theiles vom Ober-Maranon, ſowohl aus ſeinen eigenen Beobachtungen, als aus den Nachrichten, welche er daruͤber von gereiſeten Indianern erlangte. Hr. Bonpland machte unterdeſſen eine intereſſante Exkurſion in die um die Stadt Jaen liegenden Waͤlder, wo er neue Gattungen von der Einchona entdeckte; und nachdem er von dem brennenden Klima dieſer einſiedleriſchen Gegend viel ausgeſtanden, nachdem er Gelegenheit gehabt hatte, eine reichhaltige Vegetation in neuen Gattungen von Jakquinia, Godoya, Porleria, Bougainvillea, Colletia und Piſonia zu bewundern, giengen unſere drey Reiſenden zum fuͤnftenmale uͤber die Cordillieren der Anden, uͤber Montan zuruͤck, um ſich wieder nach Peru zu begeben. Sie fixirten den Standpunkt, auch welchem der Compaß von Borda den Punkt Null der magnetiſchen Neigung zeigte, obwohl dieß auf 7 Grad der ſuͤdlichen Breite war. Sie unterſuchten die Bergwerke von Hualguayok, wo das gediegene Silber ſich in großen Maſſen, 2000 Fuß Hoͤhe uͤber der Meeresflaͤche befindet; Bergwerke, in welchen einige metalliſche Gaͤnge verſteinerte Muſcheln enthalten, und die nebſt denen von Pesko und von Huantajayo gegenwaͤrtig die reichſten in Peru ſind. Von Caxamarka, welches durch ſeine warmen mineraliſchen Baͤder und durch die Ruinen des Pallaſtes des Atahualpa beruͤhmt iſt, ſtiegen ſie nach Truxillo hinab, deren Nachbarſchaft die Spuren der unermeßlichen Peruvianiſchen Stadt Manſiche zeigt, die mit Pyramiden geziert war, in deren einer man im achtzehnten Jahrhunderte fuͤr mehr als vier Millionen Franz. Livres in geſchlagenem Golde fand. Bey dieſem weſtlichen Hinabſteigen von den Anden genoſſen unſere Reiſenden zum erſtemale den impoſanten Anblick des ſtillen Oceans, und jenes langen und engen Thales, deſſen Bewohner weder Regen noch Donner kennen, und wo die allerſtrengſte, und fuͤr die Menſchen gefaͤhrlichſte Macht, die Theokratie ſelbſt, unter einem gluͤcklichen Klima die Wohlthaͤtigkeit der Natur nachzuahmen ſcheint. Von Truxillo verfolgten ſie die duͤrren Kuͤſten des Suͤdmeers, welche vor Zeiten durch die Canaͤle von Ynga bewaͤſſert und fruchtbar gemacht waren, von denen aber nichts als traurige Ueberreſte geblieben ſind. Nachdem ſie uͤber Santa und Guarmey zu Lima angekommen waren, blieben ſie einige Monathe in dieſer intereſſanten Hauptſtadt von Peru, deren Einwohner ſich durch die Lebhaftigkeit ihres Genies und die Liberalitaͤt ihrer Geſinnungen auszeichnen. Hr. v. Humboldt hatte das Gluͤck, im Hafen zu Calao von Lima das Ende des Durchganges des Merkurs ganz vollkommen zu beobachten; ein um ſo gluͤcklicherer Zufall, da der dicke Nebel, der in dieſer Jahrszeit herrſcht, oft zwanzig Tage uͤber die Sonnenſcheibe nicht zu Geſichte kommen laͤßt. Er war erſtaunt, in Peru, in ſo einer unermeßlichen Entfernung von Europa, die neuſten literariſchen Produkte, welche die Chymie, Mathematik und Phyſik abhandeln, vorzufinden; und er bewunderte eine große intellektuelle Thaͤtigkeit bey den Einwohnern, welche die Europaͤer der Ueppigkeit zu beſchuldigen belieben. Im Januar 1803 ſchifften ſich unſere Reiſenden auf der Koͤniglichen Corvette, die Caſtora, nach Guayaquil ein; eine Fahrt, die unter Beguͤnſtigung der Meerſtroͤme und der Winde in drey bis vier Tagen vollendet iſt, wo hingegen der Ruͤckweg von Guayaquil eben ſo viele Monathe heiſcht. In dieſem erſtbenannten, an dem Ufer eines unermeßlichen Fluſſes gelegenen Hafen uͤberſteigt die Majeſtaͤt der Vegetation in Palmen, Plumeria, Tabaernemontana und Bananen alle Beſchreibung; und hier hoͤrten ſie auch jeden Augenblick das Brauſen des Vulkans Cotopaxi, welcher den 6ten Januar 1803 in einer beunruhigenden Exploſion begriffen war. Sie giengen auf der Stelle dahin ab, um ganz in ſeiner Naͤhe Zeuge ſeiner Verheerungen zu ſeyn, und um ihn zum zweytenmale zu beſuchen; aber die unerwartete Neuigkeit von der baldigen Abfahrt der Fregatte Atlante, und die Furcht, in vielen Monathen keine andere Gelegenheit zu finden, noͤthigte ſie, ſogleich umzukehren, nachdem ſie ſieben Tage lang ganz unnuͤtz von den Mosquitos, Babaoyos und Ubigars gepeinigt worden waren. Sie hatten eine gluͤckliche Fahrt von dreyßig Tagen auf dem ſtillen Oceane bis Acapulco, einem weſtlich im Koͤnigreich Neu-Spanien liegenden Hafen, der durch die Schoͤnheit eines Baſſins, den die Gewalt eines Erdbebens in den Felſen gehauen zu haben ſcheint; durch das Elend ſeiner Bewohner, welche Millionen von Piaſters nach den Philippiniſchen Inſeln und nach China einſchiffen ſehen, und endlich noch durch ein eben ſo brennendes als toͤdtliches Klima beruͤhmt und beruͤchtigt iſt. Hr. v. Humboldt hatte anfaͤnglich bloß den Vorſatz, ſich einige Monathe in Mexiko aufzuhalten, und ſeine Ruͤckkehr nach Europa zu beſchleunigen; ſeine Reiſe dauerte ohnedieß ſchon mehr als zu lange; die Inſtrumente, beſonders die Zeitmeſſer, fiengen nach und nach an, wandelbar zu werden. Alle Bemuͤhungen, die er ſich gegeben hatte, ſolche durch neue Ueberſchickungen erſetzt zu ſehen, waren fruchtlos geblieben. Außerdem ſind die Fortſchritte in den Wiſſenſchaften in Europa ſo ſchnell, daß man in einer Reiſe von vier Jahren und daruͤber in Gefahr koͤmmt, die Naturerſcheinungen von Geſichtspunkten aus zu betrachten, die in dem Augenblicke, wo die Arbeiten dem Publikum mitgetheilt werden, nicht mehr intereſſant ſind. Hr. v. Humboldt ſchmeichelte ſich im Auguſt oder September 1803 in Frankreich zu ſeyn; allein die Reitze eines ſo ſchoͤnen und abwechſelnden Landes, wie Neu-Spanien, die Gaſtfreundſchaftlichkeit der Bewohner, und die Furcht vor dem gelben Fieber von Vera Cruz, welches faſt alle diejenigen hinrafft, welche vom Monath Junius an bis zum Oktober von den Bergen herab ſteigen: das Zuſammentreffen ſolcher Beweggruͤnde forderte ihn auf, ſeine Abreiſe bis zu Ende des Winters zu verſchieben. Nachdem unſere Reiſenden ſich mit den Pflanzen, mit der Luft, mit den ſtuͤndlichen Veraͤnderungen des Barometers, mit den magnetiſchen Phaͤnomenen, und hauptſaͤchlich mit Beſtimmung der Laͤnge von Acapulco, einen Hafen, in welchem ſchon fruͤher zwey tiefdenkende geſchickte Aſtronomen, die Herren Eſpinoſa und Galeano, Beobachtungen anſtellten, beſchaͤftiget hatten; unternahmen ſie die Reiſe nach Mexiko. Sie erhoben ſich allmaͤhlich durch die brennendheißen Thaͤler von Meßcala und Papagayo, wo der Thermometer ſich im Schatten auf 32° nach Reaumur erhielt, und wo man uͤber den Fluß auf Fruͤchten von Creſcentia pinnata, die durch Stricke von Agava zuſammen gebunden ſind, ſetzt, nach den hohen Plateaus von Chilpautzingo, Tehuilotepek und Taſco. Auf dieſen Hoͤhen, 6 bis 700 Toiſen uͤber die Meeresflaͤche erhaben, beguͤnſtiget das milde und friſche Klima das Wachsthum der Eichen, der Cypreſſen, der Tannen, des baumſtaͤmmigen Farnkrautes, und den Anbau der Europaͤiſchen Getraidearten. Nachdem ſie einige Zeit in den Bergwerken von Taſco, den alleraͤlteſten und ſonſt den eintraͤglichſten des Koͤnigreichs zugebracht hatten; nachdem ſie die Eigenſchaft dieſer ſilbernen Erzgaͤnge, welche von dem harten kalkartigen Felſen zum glimmerartigen Schiefer von blaͤtterigem Gypſe eingefaßt uͤbergehen, unterſucht hatten, ſtiegen ſie uͤber Cuernaraca und durch die Nebelduͤnſte von Guchilaque nach der Hauptſtadt Mexiko. Dieſe Stadt, von mehr als 150,000 Einwohnern auf dem Grund und Boden des alten Tenochtitlan, zwiſchen den Seen von Tezcuco und Xochomillo liegend, (Seen, die ſich, ſeit die Spanier, um die Gefahr der Ueberſchwemmungen zu vermeiden, die Bergſchluͤfte von Sinkoq eroͤffneten, ſehr verringert haben) dieſe von eben ſo breiten, als nach der Schnur gezogenen Straſſen durchſchnittene, im Angeſicht zweyer mit Schnee bedeckter Coloſſen, wovon der eine (der Popocatepek) ein noch in Brand ſtehender Vulkan iſt, liegende Stadt, die auf einer Hoͤhe von 1160 Toiſen eines temperirten und angenehmen Klimas genießt, mit Kanaͤlen, mit angepflanzten Alleen, mit einer unendlichen Menge kleiner Indiſchen Marktflecken umgeben iſt, dieſe Hauptſtadt Mexikos iſt ohne Zweifel mit den ſchoͤnſten Staͤdten Europens zu vergleichen. Sie zeichnet ſich noch beſonders durch große wiſſenſchaftliche Etabliſſements aus, welche mit mehreren in der alten Welt um den Rang ſtreiten koͤnnten, und die in der neuen Welt ihres Gleichen nicht haben. (Die Fortſetzung folgt.) J. C. Delametherie’s vorlaͤufige Nachricht von der durch die Herren von Humboldt und Bonpland in den Jahren 1799, 1800, 1801, 1802, 1803 und 1804 nach den Wendekreiſen unternommenen Reiſe. (Aus dem Journal de Phyſique.) (Beſchluß.) Der botaniſche Garten, welcher unter der Aufſicht eines vortrefflichen Botaniſten, des Hrn. Cervantes, ſteht; die Expedition des Hrn. Seſſe, bloß zum Studium der Mexikaniſchen Vegetabilien beſtimmt, und mit den vortrefflichen Zeichnern beſetzt; die Bergwerksſchule, deren Entſtehen man der Freygebigkeit des Korps der Bergleute und dem ſchoͤpferiſchen Genie des Hrn. Elhuyar verdankt; die Maler-, Kupferſtecher- und Bildhauer-Schule; alle dieſe Anſtalten verbreiten den Geſchmack und die Aufklaͤrung in einem Lande, wo die Reichthuͤmer ſich der geiſtigen Ausbildung entgegenzuſtaͤmmen ſcheinen. Mit den aus der ſchoͤnen Sammlung der Bergwerksſchule entlehnten Inſtrumenten begann Hr. von Humboldt eine ſehr weitlaͤuftige Arbeit uͤber die Laͤngenbeſtimmung Mexikos, die, ſo wie die zu Havanna gemachten korreſpondirenden Obſervationen der Trabanten es beſtaͤtigen, beynahe um zwey Grad falſch war. Nach einem Aufenthalte von einigen Monathen in der Hauptſtadt beſuchten unſere Reiſenden die beruͤhmten Bergwerke von Moran und von Real-del-Monte, in welchen der Erzgang von Biscayna dem Grafen von Regla Millionen von Piaſtern eingebracht hat. Sie lieſſen die Obſioiane von Oyamel, welche Lagen in dem Perlenſteine und Porphyr bilden, und deſſen ſich die alten Mexikaner zu Meſſern bedienten, ausgraben. Dieſe ganze Landſchaft iſt mit Baſalten, Amygdaloiden und kalkartigen ſecondairen Formationen, von der großen Hoͤhle von Danto von einem Fluſſe durchſchnitten, bis an die Porphyr-Orgeln von Aktopan, angefuͤllt, und ſtellt fuͤr die Geologie die intereſſanteſten Erſcheinungen dar, Erſcheinungen, die auch bereits durch Hrn. M. del Rio, einen Schuͤler Werners, und einen der geſchickteſten Mineralogen unſerer Zeit analyſirt worden ſind. Nach ihrer Ruͤckkehr von der Excurſion nach Moran in Julius 1803 unternahmen ſie eine andere in den noͤrdlichen Theil des Koͤnigreichs. Sie richteten ihre Forſchungsreiſe gleich auf Huchuetoca, wo man mit einem Koſtenaufwande von 6 Millionen Piaſter ein Oeffnung in den Berg Sincoq gegraben hat, um die Gewaͤſſer aus den Thaͤlern von Mexiko in den Fluß Montezuma zu leiten. Sie giengen nachher uͤber Queretaro, wo der Abt Chappe im Jahr 1700 geweſen war, uͤber Salamanca und die fruchtbaren Ebenen von Yrapuato nach Guanaxuato, einer Stadt mit 50,000 Einwohnern, die in einem engen Keſſel liegt, und durch ihre weit eintraͤglicheren Bergwerke, als die von Potoſi je waren, beruͤhmt iſt. Das Bergwerk des Grafen Valenciana, welches einer betraͤchtlichen Stadt auf einem Huͤgel, wo vor 30 Jahren noch Ziegen weideten, ſeine Entſtehung gegeben hat, hat ſchon eine perpendikulaͤre Tiefe von 1840 Fuß. Es iſt dieß die reichhaltigſte und tiefſte Mine auf der Erde; der jaͤhrliche Vortheil der Proprietaires, der niemals dem des Jahres der Auffindung der Ader beykoͤmmt, neigt ſich auf drey Millionen Livers, da er ſonſt bis auf fuͤnf und ſechs Millionen geſtiegen war. Nach zwey Monathen von Vermeſſungen und geologiſchen Nachforſchungen zu Guanaxuato, und nachdem ſie zu Comagillas die mineraliſchen warmen Baͤder unterſuchten, deren Temperatur 11° nach Reaumur ſtaͤrker iſt, als der auf den Philippiniſchen Inſeln, die Sonnerat fuͤr die allerheißeſten auf der Erde haͤlt, wandten ſich unſere Reiſenden uͤber das Thal von St. Yago, wo man in verſchiedenen an den Gipfel der Baſalt-Berge befindlichen Teichen eben ſo viele Craters ausgebrannter Vulkane zu finden geglaubt hat, nach Valladolid, der Hauptſtadt des alten Koͤnigreichs Michoakan. Von da ſtiegen ſie trotz des ununterbrochenen Herbſtregens, uͤber Patzquaro, welches am Ufer eines ſehr großen Teiches liegt, gegen die Kuͤſten des ſtillen Oceans in die Ebenen von Jorullo hinab, da wo im Jahr 1759, durch die groͤßte Cataſtrophe, die der Erdball je erlitten hat, in einer Nacht aus der Erde ein Vulkan von 1494 Fuß Hoͤhe, rund herum mit mehr denn 2000 kleinen noch rauchenden Oeffnungen umgeben, ſich emporhob. Unſere Reiſenden ſtiegen in den entzuͤndeten Crater des großen Vulkans auf 258 Fuß perpendiculairer Tiefe hinab, indem ſie uͤber Spalten ſprangen, welche entzuͤndeten ſchweflichten hydrogenen Stoff aushauchten. Sie gelangten mit vieler Gefahr, wegen der Zerbrechlichkeit der Baſalte und ſienitiſchen Lava, bis beynahe auf den Boden des Craters, wo ſie die mit Kohlſaͤure außerordentlich uͤberladene Luft analyfirten. Von dem Koͤnigreiche Mechoacan, einem der lachendſten und fruchtbarſten Laͤnder von Amerika, kehrten ſie uͤber die hohe Gebirgsebene von Toluca, wo ſie den mit Schnee bedeckten Berg des naͤmlichen Namens, indem ſie auf deſſen hoͤchſten Gipfel den Pik von Fraide, welcher 2364 Toiſen uͤber die Meeresflaͤche erhaben iſt, ausmaßen, nach Mexiko zuruͤck. Sie beſuchten auch zu Tolucca den beruͤhmten Haͤndebaum, (den Cheiranthoſtaͤmon des Herrn Cervantes) ein Geſchlecht, welches ein faſt einziges Phaͤnomen darſtellt, weil dieſer, der nur als einziges Individuum exiſtirt, von dem hoͤchſten Alter iſt. Bey ihrer Ruͤckkehr nach der Hauptſtadt von Mexiko blieben ſie mehrere Monathe uͤber daſelbſt, um ihre Kraͤuterſammlung, die hauptſaͤchlich in Grasarten ſehr reichhaltig war, und ihre geologiſchen Sammlungen zu reguliren; um die Berechnung der in dem Laufe dieſes Jahres vollzogenen barometriſchen und trigonometriſchen Meſſungen und Vermeſſungen zu ziehen, und hauptſaͤchlich, um die Riſſe des geologiſchen Atlaſſes, welchen Herr von Humboldt herauszugeben ſich vorgenommen hat, ins Reine zu zeichnen. Dieſer naͤmliche Aufenthalt gab ihnen auch Gelegenheit, der Aufſtellung der colloſſaliſchen Statue des Koͤnigs zu Pferde beyzuwohnen, die ein einziger Kuͤnſtler, Herr Tolſa, mit Ueberwindung ſolcher Schwierigkeiten, wovon man ſich in Europa gar keinen Begriff machen kann, modellirt, gegoſſen, und auf ein ſehr hohes Piedeſtal aufgerichtet hat; eine Statue, die im ſimpelſten und reinſten Geſchmacke gearbeitet iſt, und der ſchoͤnſten Hauptſtadt der alten Welt zur Zierde gereichen wuͤrde. Im Januar 1804 verließen unſere Reiſenden Mexiko, um den oͤſtlichen Fall der Cordilleren von Neu-Spanien zu erforſchen. Sie nahmen eine geometriſche Vermeſſung der beyden Vulkane von Puebla, des Popocatepek und Itzaccihuatl vor; von dem unzugaͤnglichen Crater des erſtern erzaͤhlt eine fabelhafte Tradition, daß ſich Diego Ordaz in Stricken haͤngend hinabgelaſſen habe, um Schwefel von da zu holen, den man ohnedies in der Ebene ſammeln konnte. Hr. v. Humboldt fand, daß der naͤmliche Vulkan Popocatepek, auf welchen Hr. Sonnenſchmidt, ein eifriger Mineralog, ſich bis auf 2557 Toiſen zu ſteigen gewagt hat, viel hoͤher iſt, als der Pik von Orizava, welchen man bis jetzt fuͤr den hoͤchſten Coloß des Landes Anahuac gehalten hat. Er maß auch die große Pyramide von Cholula aus, ein myſterioͤſes Werk, welches von den Tultequen aus ungebrannten Ziegelſteinen aufgefuͤhrt worden iſt, und von deren Spitze man eine praͤchtige Ausſicht auf die beſchneiten Berggipfel und die lachenden Ebenen von Tlascala genießt. Nach dieſen gemachten Erforſchungen ſtiegen ſie uͤber Perote nach Xalapa hinab, einer Stadt, die 674 Toiſen uͤber der Meeresflaͤche erhaben liegt, eine mittlere Hoͤhe, welche die Fruͤchte aller Klimate beguͤnſtigt, und wo man einer fuͤr die Geſundheit der Menſchen gleich ſanften und wohlthaͤtigen Temperatur genießt. Hier fanden unſere Reiſenden an dem Hrn. Thomas Murphy, einem achtungsvollen Manne, welcher, was ſo ſelten iſt, ein großes Vermoͤgen mit dem Geſchmacke fuͤr die Wiſſenſchaften verbindet, einen Freund, der ihnen alle moͤgliche Erleichterungen, ihre Operationen in den Gebirgen zu vollenden, verſchafte. Der abſcheuliche Weg, welcher von Xalapa nach Perote durch faſt undurchdringliche Eichen- und Tannenwaͤlder fuͤhrt: ein Weg, den man zur Chauſſee umzuſchaffen aufaͤngt, ward vermittelſt des Barometers dreymal nivellirt. Hr. v. Humboldt gelangte, trotz der Menge des Tages vorher gefallenen Schnees, bis zum Gipfel des beruͤhmten Cofre, der 162 Toiſen hoͤher, als der Pik von Teneriffa iſt. Er nahm auch eine trigonometriſche Vermeſſung des Pik von Orizava vor, den die Indianer Sitlaltepetl nennen, weil die aus ſeinem Crater aufſteigenden leuchtenden Duͤnſte ihnen von weitem wie ein untergehender Stern vorkommen, und von deſſen Laͤnge Hr. Ferrino ſehr genaue Verſuche bekannt gemacht hat. Nach einem ſehr intereſſanten Aufenthalte in dieſen Gegenden, wo im Schatten der Liquidambars und Amiriſſe, die Epidentrum vanilla, und der Convolvulus jalappa, zwey zur Ausfuhr koſtbare Erzeugniſſe gedeihen, ſtiegen unſere Reiſenden gegen die Kuͤſte nach dem Hafen von Vera-Cruz hinab, welcher zwiſchen lockern Sandhuͤgeln liegt, deren Reverberation der Sonnenſtrahlen eine erſtickende Hitze verurſacht. Sie blieben gluͤcklicher Weiſe von dem ſchwarzen Erbrechen, welches ſchon daſelbſt graſſirte, verſchont. Sie giengen mit einer Spaniſchen Fregate nach Havanna, um dort die im Jahr 1800 in Verwahrung gebrachten Kraͤuterſammlungen wieder zu ſich zu nehmen. Nach einem Aufenthalte von zwey Monathen ſegelten ſie nach den vereinigten Amerikaniſchen Staaten; ein heftiger Sturm ſetzte ſie beym Herausſchiffen aus dem Canale von Bahama in große Gefahr; der Orkan wuͤthete ſieben Tage in Einem fort. Nach einer Fahrt von 32 Tagen kamen ſie zu Philadelphia an. Sie hielten ſich in dieſer Stadt, und zu Washington zwey Monathe lang auf, und kamen im Auguſt 1804 zu Bordeaux mit einer große Menge Zeichnungen, mit 35 Kiſten Sammlungen, und 6000 Pflanzenarten verſehen, wieder in Europa an.