J. C. Delametherie's vorläufige Nachricht von der durch die Herren v. Humboldt und Bonpland in den Jahren 1799, 1800, 1801, 1802, 1803 und 1804 nach den Wendekreisen unternommenen Reise. (Aus dem Journal de Physique.) Der allgemeine Antheil, den die gelehrte Welt mit so viel Recht an der Reise der Hrn. v. Humboldt und Bonpland nimmt, so wie die Freundschaft, welche mich mit diesen zwei Männern verbindet, legen mir die süße Pflicht auf, dem Publicum hier einen kurzen Auszug aus allen den Nachrichten mitzutheilen, die ich sowohl aus ihrer öffentlichen als Privat-Correspondenz, so wie aus den Abhandlungen, welche sie selbst im National-Institute vorlasen, geschöpft habe. Nachdem Hr. v. Humboldt acht Jahre hindurch in Teutschland, Pohlen, England, Frankreich, in der Schweiz und Italien physikalische Beobachtungen angestellt hatte, kam er im Jahr 1798 nach Paris, wo ihm das National-Museum zu seinem Vorhaben, die Reise um die Welt, mit dem Capitain Baudin zu machen, gefällig die Hand bot. Aber in dem nämlichen Augenblicke, da er mit Herrn Alexander Aime Goujon Bonpland, (Eleven der Arzneischule und des botanischen Gartens zu Paris) nach Havre abgehen wollte, brach der Krieg mit Oestreich neuerdings aus, und die nun mangelnden Gelder nöthigten das Directorium, die Reise des Hrn. Baudin bis auf einen günstigern Zeitpunct hinauszusetzen. Hr. v. Humboldt, welcher seit dem Jahre 1792 den Vorsatz hegte, auf eigne Kosten eine Reise nach den Wendekreisen zu machen, einem zur Vermehrung der Fortschritte in den physikalischen Wissenschaften hinzweckendem Unternehmen, faßte jetzt den Entschluß, den nach Aegypten abgehenden Gelehrten zu folgen; da aber mittlerweile die Schlacht von Abukir alle directe Communication mit Alexandrien abgeschnitten hatte, so kam er auf den Gedanken, mit einer Schwedischen Fregatte, welche den Consul Herrn Sciöldebrandt nach Algier überführen sollte, dahin abzugehen, nachher der Karawane nach Mekka zu folgen, und sich durch Aegypten und über den Persischen Meerbusen nach Ostindien zu begeben; aber der zwischen Frankreich und den barbarischen Mächten ganz unerwartet ausgebrochene Krieg, so wie die Unruhen im Orient hinderten Hrn. v. Humboldt, von Marseille, wo er sich zwei Monate vergeblich aufhielt, absegeln zu können. Ueber diese neue Verzögerung unwillig, aber immer noch des festen Vorsatzes, sich der Expedition von Aegypten beizugesellen, gieng er mit der Hoffnung nach Spanien ab, vielleicht unter Spanischer Flagge leichter, mittelst eines Ostwindes von Carthagena nach Algier oder Tunis überfahren zu können, und reiste deshalb über Montpellier, Perpignan, Barcelona und Valencia nach Madrid. Die Nachrichten aus dem Orient lauteten immer trauriger; der Krieg ward mit einer beispiellosen Erbitterung geführt; er mußte also auf das Vorhaben, durch Aegypten nach Indostan zu gelangen, Verzicht thun: eine glückliche Vereinigung begünstigender Umstände entschädigte Hrn. v. Humboldt bald für den Verdruß so vielen Verzuges. Der Hof von Madrid gab ihm im März 1799 die ausgedehnteste Erlaubniß, nach den Spanischen Colonien in Nord- und Süd-America zu gehen, und dort alle Nachforschungen, alle Untersuchungen, die zu den Fortschritten der Wissenschaften dienen können, anstellen zu dürfen. Diese Erlaubniß war mit solchen Vergünstigungen ertheilt, die den liberalen Gesinnungen der Regierung sehr zur Ehre gereichen. Se. Katholische Majestät würdigte den Erfolg dieser Expedition mit persönlich bezeugter Theilnahme zu beehren, und Hr. von Humboldt gieng, nachdem er einige Monate zu Madrid und Aranjuez verweilt hatte, im Monat Junius 1799, von seinem Freunde Bonpland begleitet, welcher ausgezeichnete Kenntnisse in der Botanik und Zoologie mit demjenigen unermüdeten Eifer und der Liebe für die Wissenschaften verbindet, welche alle Arten physischer und moralischer Aufopferungen mit Gleichgültigkeit ertragen lehren, aus Europa ab. Mit diesem Freunde hat Hr. v. Humboldt fünf Jahre hindurch auf eigne Kosten eine Reise in beide Hemisphären gemacht; eine Reise zu Wasser und zu Lande von beinahe 9000 Franz. Meilen, und die größte, die jemals ein Privatmann unternommen hat. Unsere beiden, mit Empfehlungsschreiben vom Spanischen Hofe versehenen Reisende giengen mit der Fregatte Pizarro de la Corunda nach den Canarischen Inseln ab. Sie landeten an der Insel Graziosa, nahe bei der Insel Lancerotta, und zu Teneriffa, wo sie bis an den Crater des Piks von Teyde stiegen, um die atmosphärische Luft zu analysiren, und über die Basalte und porphyrartigen Schiefer Africa's geologische Beobachtungen anzustellen. Sie kamen im Monat Julius im Haven von Cumana, am Meerbusen von Cariaco, einem Theile des mittägigen America's, und einer durch die Arbeiten und Unglücksfälle des unermüdlichen Löffling berühmt gewordnen Gegend, an. Sie besuchten im Verlaufe der Jahre 1799 und 1800 die Küste von Paria, die Missionen der Indier, Chaymas und die Provinz Neu-Andalusien, eines der heißesten, aber gesündesten, obwohl durch häufige und schröckliche Erdbeben verwüsteter Länder der Erde; sie durchreisten die Provinz Neu-Barcelona, Venezuela und das Spanische Guyana. Nachdem sie mittelst der Beobachtungen der Trabanten des Jupiters zu Cumana, Caracas und auf mehreren andern Puncten die Längen fixirt hatten; nachdem sie auf den Gipfeln des vom Bejaria bekränzten Caripe und Silla de Avila herborisirt hatten, giengen sie von der Hauptstadt Caracas im Februar 1800 nach den schönen Thälern von Aragua ab, wo der große See von Valencia die Vorstellung des Genfersees ins Gedächtniß zurückbringt, nur daß ersterer sich durch die Pracht der Vegetation unter dem Wendezirkel unendlich schöner darstellt. Von Portocabello begaben sie sich gegen Süden, drangen längs den Küsten des Antillischen Meeres bis an die Gränzen von Brasilien, gegen den Aequator vor, giengen nachher mitten durch die weiten Flächen von Calabozo, Apura und des Nieder-Oronoko, die Llanos, Wüsten, die den Africanischen gleichen, und wo durch das Zurückprallen der drückendsten Hitze der Reaumursche Thermometer im Schatten auf 33 bis 37° stieg, und wo der zweitausend Quadratmeilen große brennende Erdstrich sich nur fünf Zoll über die Meeresfläche erhebt. Der der Oberfläche des Meeres gleiche Sand zeigt durchgehends das sonderbarste Phänomen der Strahlenbrechung und Wellenbewegung. Er birgt in den Monaten der Dürre und ohne Gras Crocodille und Riesenschlangen. Der Mangel an Wasser, die Sonnenhitze, und der von den brennenden Winden in die Höhe gehobene Sand ermüden wechselseitig den Reisenden, welcher sich mit seinem Maulthiere nach dem Laufe der Gestirne, oder nach einigen zerstreuten Sträuchen der Mauritia oder des Embothrium, welche man von drei zu drei Franz. Meilen entdeckt, richtet. Zu St. Fernando d'Apura, in der Provinz von Varinas begannen die Herren v. Humboldt und Bonpland eine beschwerliche Schiffahrt von ungefähr 500 Seemeilen, welche sie auf Indianischen Kähnen zurücklegten, und mit Hülfe der mathematischen Längen-Uhren, der Trabanten-, Stern- und Mondsentfernungen eine Charte vom Lande aufnahmen. Sie fuhren den Rio Apura herab, welcher sich unter dem 7ten Grade der Breite in den Oronoko ergießt. Da sie der drohenden Gefahr eines Schiffbruchs bei der Insel Pananuma glücklich entgangen waren, so fuhren sie den letztbenannten Fluß bis an die Mündung des Guaviare hinauf, passirten die berühmten Wasserfälle von Atures und Maypure, wo die Höhle von Ataruipo die Mumien eines durch die Kriege der Karaiben und Maravitanos vernichteten Volkes in sich birgt. Bei der Mündung des Rio Guaviare, welcher von Neu-Grenada die Anden herabfließt, und welchen der Pater Gumilla fälschlich für die Quellen des Oronoko gehalten hatte, verliessen sie diesen Fluß, und fuhren die kleinen Flüßchen Atabapo, Tuamini und Temi hinauf. Von der Mission Javita drangen sie zu Lande bis an die Quellen des Guainia, welchen die Europäer Rio Negro nennen, und den la Condamine (welcher ihn bloß bei seinem Einflusse in den Amazonenfluß gesehen hat) ein Meer von süßem Wasser nennt. Einige dreißig Indianer trugen die Canots durch ein dichtes Gehölze von Hevea, Lecythis und Laurus Cinamomoides an den Cano Pimichin. Vermittelst dieses kleinen Flüßchens gelangten unsre Reisenden an den Schwarzen Fluß, welchen sie bis an die kleine Festung St. Carlos, welche man fälschlich als unter dem Aequator liegend vermuthete, und bis an die Gränzen von Groß-Para, einem Hauptbezirke von Brasilien, hinabfuhren. Ein von Temi bis Pimichin vermöge des ebenen Terrains sehr leicht zu grabender Canal würde eine innere Communication zwischen der Provinz Caracas und der Hauptstadt Para, eine unendlich kürzere Communication, als die von Casiguiare darbieten. Auch könnte man vermittelst dieses nämlichen Canals (denn von der Art ist die bewundernswürdige Lage der Flüsse in diesem neuen Welttheile) von Rio Guallaga, drei Tagereisen von Lima oder von der Südsee, auf Kähnen und vermittelst des Amazonenflusses und des Rio Negro, bis an die Mündungen des Oronoko gerade der Insel Trinitad über, hinabsegeln, eine Fahrt, welche beinahe 2000 Fr. Meilen beträgt. Die Mißhelligkeiten, welche gerade zu der Zeit zwischen dem Spanischen und Portugiesischen Hofe herrschten, verhinderten Hrn. v. Humboldt, seine forschenden Unternehmungen bis jenseits St. Gabriel de las Cochuellas in der Generalhauptmannschaft von Groß-Para auszudehnen. La Condamine und Maldonado hatten die Mündung des Rio Negro astronomisch bestimmt. Das Hinderniß war also weniger fühlbar, es war indessen ein viel unbekannterer Theil, nämlich der Arm des Oronoko, Namens Casiguiare, welcher die Communication zwischen dem Oronoko und Amazonenflusse bildet, und über dessen Existenz man seit fünfzig Jahren so viel gestritten hat, zu bestimmen. Um dies Geschäft auszuführen, fuhren die Herren v. Humboldt und Bonpland von der Spanischen Festung St. Carlos durch den Schwarzen Fluß und den Casiguiare in den Oronoko, und auf dem letztern bis an die Mission Esmeraldo bei dem Vulcan Duida, oder bis an die Quellen des Flusses aufwärts. Die Guaikas-Indier, eine sehr weiße, sehr kleine, fast zwergartige, aber höchst kriegerische Nation, welche das Land östlich von Pasimoni bewohnet, und die sehr kupferfarbnen Guajariben, die noch weit wilder und bis jetzt Menschenfresser sind, machten jeden Versuch, bis an die Quelle des Oronoko selbst vordringen zu können, unnütz, welche die sonst sehr verdienstlichen Charten von Caulin unendlich zu weit gegen Morgen setzen. Von der Mission Esmeralda, einigen in dem hintersten und einsamsten Winkel dieser Indischen Welt versteckten Hütten, fuhren unsere Reisenden mit Hülfe des hohen Wassers 340 Fr. Meilen, das heißt den ganzen Oronoko bis an seine Mündungen abwärts, nach St. Thomas von Nueva Guayana oder Angostura, passirten zum zweitenmale die Wasserfälle, südlich welchen die beiden Historiographen dieses Landes Gumilla und Caulin niemals gekommen waren. Während dieser langen mühseligen Fahrt waren unsere Reisende wegen des Mangels an Lebensmitteln und Schutzes gegen die Witterung, bei dem nächtlichen Regen, und Aufenthalte in den Gehölzen, der Mosquitos und einer unendlichen Menge anderer stechenden und theils giftigen Insecten, der Unmöglichkeit, sich wegen der Wildheit der Crocodille und des kleinen Fisches Karibe durch Bäder erquicken zu können, und den Miasmen, eines brennenden und feuchten Klimas, fortdauernden Leiden ausgesetzt. Sie kehrten vom Oronoko durch die Ebenen von Cari und die Missionen der Karibischen Indianer, einer außerordentlichen Menschengattung, und vielleicht nächst den Patagoniern die größten und robustesten Leute auf der Erde, nach Barcelona und Cumana zurück. Nach einem Aufenthalte von einigen Monaten auf der Küste verfügten sie sich längs der südlichen Seite St. Domingos und Jamaicas nach Havana. Diese in einer sehr späten Jahreszeit vollzogene Fahrt war eben so langwierig als gefährlich, da das Schiff in der Nacht beinahe auf den Klippen südlich der Sandbank von Vibora, deren Lage Hr. v. Humboldt vermittelst des Zeitmessers bestimmt hat, gescheitert wäre. Er verweilte drei Monate auf der Insel Cuba, wo er sich mit der Längenbestimmung von Havana und mit der Angabe einer neuen Bauart von Oefen für die Zuckersiedereien, welche sich seitdem erhalten und ziemlich allgemein verbreitet hat beschäftigte. Er war eben im Begriffe, nach Vera Cruz abzugehen, in der Absicht, durch Mexico und Acapulco nach den Philippinischen Inseln, und von da (wäre es möglich gewesen) über Bombai, Balsora und Haleb nach Constantinopel zu reisen, als ihn falsche Nachrichten von der Reise des Capt. Baudin von seinem Plane ab führten. Die Americanischen Zeitungen verkündeten nämlich, daß dieser Seemann von Frankreich nach Buenos-Ayres abgehen, und wenn er das Vorgebirge Horn umschifft haben, längs den Küsten von Peru und Chili hinsegeln würde. Hr. v. Humboldt hatte bei seiner Abreise aus Paris im Jahr 1798 dem Museum und dem Capt. Baudin versprochen, daß, so bald die Französische damals unterbliebene Seereise statt haben würde, er sich mit derselben zu vereinigen suchen würde, er befinde sich auch auf einem Theile der Erdkugel, auf welchem er wolle; er schmeichelte sich, daß seine und des Hrn. Bonpland Nachforschungen für die Fortschritte in den Wissenschaften weit nützlicher ausfallen würden, wenn sie ihre Bemühungen mit denen der Gelehrten, welche Capt. Baudin begleiten sollten, vereinigten. Alle diese Rücksichten bestimmten Hrn. v. Humboldt, seine Manuscripte von den Jahren 1799 und 1800 gerade nach Europa zu senden, und sich eine kleine Goelette in dem Haven zu Batabano zu miethen, um nach Carthagena in Südamerica, und von da, so geschwinde als immer möglich, über die Landenge von Panama in die Südsee abzugehen. Er hoffte, den Capt. Baudin zu Guayaquil oder zu Lima anzutreffen, und mit ihm Neu-Holland und die Inseln des stillen Oceans, die eben so interessant wegen des Reichthums ihrer Vegetation, als in Hinsicht moralischer Beobachtungen sind, zu besuchen. Es wäre unklug gewesen, die Manuscripte und bereits zusammengebrachten Sammlungen den Gefahren dieser langen Seereise auszusetzen. Die Manuscripte, über deren Schicksal Hr. v. Humboldt drei Jahre hindurch in einer grausamen Ungewißheit lebte, waren gerettet, allein ein Drittheil der Naturalien-Sammlungen hat die See bei einem Schiffbruche verschlungen. Glücklicherweise hat dieser Verlust, worunter sich Insecten vom Oronoko und Rio Negro befanden, nur die Doubletten betroffen; allein er verlor durch diesen Schiffbruch einen Freund, dem er seine Pflanzen und seine Insecten anvertraut hatte, Namens Fray Juan Gonzalez, einen Mönch vom Orden St. Franciscus, einen jungen Menschen voller Thätigkeit und Muth, welcher in dem so wenig bekannten Erdstriche des Spanischen Guyana viel weiter als irgend sonst ein Europäer vorgedrungen ist. Hr. v. Humboldt gieng im März 1801 von Batabano ab, segelte südlich längs der Insel Cuba hin, und bestimmte auf der Gruppe der Inselchen, die man die Gärten des Königs nennt, und den Landungspuncten des Dreieinigkeits-Havens, mehrere astronomische Puncte. Die Meeresströme verlängerten seine Fahrt, welche nur 13 bis 15 Tage dauern sollte, über einen Monat. Sie warfen die Goelette viel zu weit westlich über die Mündungen des Atracto hinaus. Man landete an Rio Sinu, wo noch nie ein Botaniker herborisirt hatte; allein die Annäherung von Carthagena war sehr beschwerlich wegen der Gewalt der Brandung bei St. Martha. Die Goelette wäre nahe an der Riesenspitze beinahe umgeschlagen, man mußte sich an die Küste flüchten, um sich vor Anker zu legen, wo Hr. v. Humboldt aus diesem Unfalle den Vortheil zog, die Mondsfinsterniß am 2ten März 1801 zu beobachten. Unglücklicherweise erfuhr man auf dieser Küste, daß die Jahreszeit schon zu spät sey, um eine Schiffahrt auf der Südsee von Panama bis Guayaquil zu unternehmen; er mußte also auf die Ausführung des Projects, den Isthmus zu durchreisen, Verzicht thun; und das Verlangen, den berühmten Mutis näher kennen zu lernen, und dessen unermeßliche Reichthümer in Naturalien zu untersuchen, bestimmten Hrn. v. Humboldt, einige Wochen in den mit Gustavia, Toluifera, Anacardium karacoli (Elephantenlaus) und Cavanillesea der Peruvianischen Botanisten geschmückten Wäldern von Turbaco zu verweilen; und binnen 35 Tagen den schönen und majestätischen Fluß de la Magdalena wieder hinaufzufahren, von welchem Flusse er, trotz der Plage von den Musquitos, die Charte skizzirte, während Bonpland die in Erzeugung von Heliconia, Psychotria, Melastoma, Myrodia und Dychotria emetica, deren Wurzel die Ypekakuanha von Carthagena ist, reichhaltige Vegetation erforschte. Nachdem unsere Reisenden zu Honda ans Land gestiegen waren, begaben sie sich auf Mauleseln, (die im ganzen mittägigen America einzige Art fortzukommen) und auf abscheulichen Wegen, mitten durch Wälder von Eichen, Melastoma und Cinchona nach St. Fe de Bogota, der Hauptstadt des Königreichs Neu-Granada, in einer schönen 1360 Toisen über die Meeresfläche erhabnen, und unter Begünstigung einer beständigen Frühlingstemperatur, mit Europäischem Getraide und Asiatischem Sesam angebauten Ebene. Die prächtigen Sammlungen des Mutis, der große und imposante 98 Toisen hoch herabstürzende Wasserfall von Tequendama, die Bergwerke von Mariquita, St. Ana, und Zipaguira, die von der Natur gebildete Brücke von Icononzo, wo zwei losgerissene Felsen durch ein Erdbeben eine solche Stellung bekommen haben, daß sie einen dritten in der Luft schwebenden Felsen wie Pfeiler halten; alle diese besondern Gegenstände beschäftigten unsere Reisenden bis in den September 1801. Von dieser Zeit an unternahmen sie trotz des Regens, welcher die Wege fast unbrauchbar machte, die Reise nach Quito; sie stiegen über Fusagasuga wieder in das Thal Magdalena hinab, passirten die Andes von Quindiu, wo die schneeweiße Pyramide von Tolina sich mitten aus Wäldern von Styrax, baumartigen Passifloren, Bambusrohr und Wachspalmen emporhebt. Sie mußten sich dreizehn Tage in abscheulichem Kothe herumschleppen, und wie am Oronoko unter freiem Himmel in den Gehölzen, ohne eine Spur von Menschen zu haben, die Nächte hinbringen. Nachdem sie baarfuß und vom immerwährenden Regen entkräftet in dem Thale des Flusses Cauca angekommen waren, verweilten sie zu Carthago und Buga, und durchzogen die Provinz Chaco, dem Vaterlande der Platina, welche sich unter abgebrochenen mit Olivin und Augit angefüllten Basaltgeröllen Grünstein und fossilem Holze findet. Sie stiegen sodann über Caloto und die Goldwäscherei von Quilichao nach Popayan, welches am Fuße der mit Schnee bedeckten Vulcane von Puraca und Sotara liegt, und von Bouguer zur Zeit seiner Rückkehr nach Frankreich besucht ward. Es hat eine der malerischsten und in Betreff des Klimas der vortrefflichsten Lagen auf dem Erdrund, und der Thermometer hielt sich beständig von 17 bis 19° nach Reaumur. Nachdem unsere Reisenden mit vieler Mühe an den Crater des Vulcans von Purace, eine mit siedendem Wasser angefüllte Oeffnung, die mitten im Schnee mit einem schröcklichen Gebrause hydrogene Schwefeldünste auswirft, gelangt waren, giengen sie von Popayan über die steilen Cordillieren von Almaguer nach Pasto, vermieden aber die verpestete und ansteckende Atmosphäre des Thales von Patia. Von Pasto, einer ebenfalls am Fuße eines brennenden Vulcans gelegenen Stadt, giengen sie über Guachucal mitten durch die hohe Ebene der Provinz de los Patos, die von dem stillen Meere durch die Anden des Vulcans von Chili und Cumbal getrennt, und durch seine große Fruchtbarkeit an Waizen und Koka (Erythroxylon peruvianum) berühmt ist. Endlich nach einer viermonatlichen Reise auf Mauleseln gelangten sie in die südliche Hemisphäre nach der Stadt Ibarra und nach Quito. Diese lange Reise durch die Cordillieren der hohen Anden, und in einer Jahrszeit, in welcher auf diesen Wegen fast nicht fortzukommen war, und während derselben die Reisenden täglich einem Regen von 7 bis 8 Stunden Dauer ausgesetzt waren, dieser Zug mit einer großen Menge Instrumente und voluminösen Sammlungen wäre unmöglich auszuführen gewesen, wenn nicht die großmüthige Gütigkeit des Herrn Mendiunetta, Vicekönigs von Sta. Fe, und des Baron de Carondelet, Präsidenten zu Quito, ins Mittel getreten wäre, indem beide von einem gleichen Eifer für die Fortschritte der Wissenschaft beseelt, die gefährlichsten Wege und Brücken auf einer Route von 450 Fr. Meilen ausbessern ließen. Die Herren v. Humboldt und Bonpland kamen am 6ten Januar 1802 zu Quito an, dieser durch die Arbeiten von Condamine, Bouguer, Godin, des D. Jorge-Juan und Ulloa in den Jahrbüchern der Astronomie berühmten Hauptstadt, die auch noch dadurch in gutem Rufe steht, weil die Einwohner einen großen Grad von Liebenswürdigkeit und eine glückliche Neigung zu den Künsten und Wissenschaften besitzen. Unsere Reisenden setzten ihre geologischen und botanischen Nachforschungen acht bis neun Monate hindurch in dem Königreiche Quito fort, einem Lande, dessen kolossalische Höhe seiner Schneebedeckten Berggipfel, die beständige Activität seiner wechselsweise Feuer, Felsen, Unrath und Schwefelleberwasser auswerfenden Vulcane, die Menge der Erdbeben, (das vom 7ten Februar 1797 verschlang in wenig Secunden nahe an 40,000 Einwohner) seine Vegetation, die Ueberreste der Peruvianischen Architectur, und mehr noch, als alles dieses, die Sitten seiner alten Bewohner, es vielleicht zu dem interessantesten Lande unserer Erde machen. Nach zwei fruchtlosen Versuchen gelang es ihnen zweimal, bis an den Crater des Vulcans Pichincha zu gelangen, wo sie Versuche über die Analyse der Luft, deren electrische, magnetische, hygroscopische Ladung, deren Elasticität und die Grade der Temperatur des kochenden Wassers anstellten. La Condamine hat diesen nämlichen Crater gesehen, und vergleicht ihn ganz richtig mit dem Chaos der Poeten; allein er hatte keine Instrumente bei sich, und konnte sich nur einige Minuten dort halten. Zu seiner Zeit war dieser in porphyrartigen Basalt ausgehöhlte unermeßliche Schlund ausgekühlt, und mit Schnee angefüllt; unsere Reisenden fanden ihn neuerdings entzündet, und dieser neue Vorfall war für die Stadt Quito, welche nur 4 bis 5000 Toisen davon entfernt liegt, sehr niederschlagend. Es fehlte nicht viel, so hätte es Hrn. v. Humboldt auch das Leben gekostet; denn bei seinem ersten Versuche, da er sich mit einem Indianer, der den Rand des Craters eben so wenig, als er selbst kannte, allein befand, wäre er bald versunken, indem er über eine nur mit einer Lage von gefrornem Schnee überzogene Kluft weggieng. Unsere Reisenden machten während ihres Aufenthaltes in dem Königreich Quito besondere Excursionen auf die Schneegebirge von Antisana, Cotopaxi, Tunguragua und Chimborazo, welches der höchste Berg unsers Erdballs, und von den Französischen Academikern nur approximatif gemessen worden ist. Sie untersuchten und studirten hauptsächlich den geognostischen Theil der Cordillieren der Anden, über welchen in Europa noch nichts erschienen ist; denn die Mineralogie ist so zu sagen weit jünger, als die Reise von Condamine, dessen allumfassendes Genie, dessen unglaubliche Thätigkeit sonst alles aufgriff, was in den physischen Wissenschaften interessant seyn konnte. Die trigonometrischen und barometrischen Vermessungen des Hrn. v. Humboldt haben dargethan, daß einige dieser Vulcane, hauptsächlich der von Tunguragua, sich seit 1753 ansehnlich gesenkt haben. Diese Resultate stimmen mit dem, was die Bewohner von Pelileo und den Ebenen von Topia mit ihren Augen bemerkt haben. Hr. v. Humboldt erkannte diese ganzen großen Massen für ein Werk der Crystallisation. "Alles, schrieb er mir ( Delametherie ), was ich in diesen Regionen, wo die höchsten Erhöhungen der Erde sich befinden, gesehen habe, hat mich immer mehr und mehr in der grossen Idee, die Sie (in der schönen Theorie der Erde, des allervollkommensten Werkes, welches wir über diese Materie haben) von der Entstehung der Berge aufgeregt haben, befestiget. Alle Massen, aus welchen sie entstanden sind, haben sich nach dem Grade ihrer Aehnlichkeit oder Verwandtschaft vermöge der Gesetze der anziehenden Kraft vereinigt, und haben ebenfalls durch die Gesetze der Crystallisation auf den verschiedenen Plätzen der Erdoberfläche die mehr oder minder wichtigen beträchtlichen Höhen gebildet. Es kann in dieser Hinsicht für den Reisenden, welcher ohne vorgefaßte Meinung diese großen Massen betrachtet, kein Zweifel übrig bleiben. Sie werden aus unsern Berichten ersehen, daß auch nicht ein einziger von den Gegenständen ist, die Sie abhandeln, den wir nicht durch unsere Arbeiten weiter zu erläutern gesucht haben." Bei allen diesen im Januar 1802 begonnenen Excursionen wurden unsere Reisenden durch Hrn. Carl Montufar, Sohn des Marquis Selvalegre von Quito, einen für die Fortschritte der Wissenschaften eifrig bemühten Privatmann, begleitet, welcher damit umgeht, die Pyramiden von Sarouguier, Grundsäulen der berühmten Basis der Französischen und Spanischen Academiker, auf eigene Kosten wieder aufzubauen. -- Dieser junge höchst interessante Mann ist mit Hrn. v. Humboldt, nachdem er ihn auf seiner übrigen Forschungsreise in Peru und Königreiche Mexico begleitete, nach Europa übergegangen. Die Umstände begünstigten die Anstrengungen dieser drei Reisenden so, daß sie bis auf die höchsten Gipfel der Gebirge, bis wohin sich noch nie ein Mensch verstiegen hatte, gelangten. Auf den Vulcan Antisana brachten sie die Instrumente mehr als 2200, auf den Chimborazo am 23sten Junius 1802 über 3300 Fuß, höher, als Condamine und Bouguer auf den Corazon steigen konnten. Sie gelangten auf eine Höhe von 3036 Toisen über die Meeresfläche des stillen Oceans, und sahen aus ihren Augen, aus ihren Lippen und Zahnfleische das Blut vordringen, und von einer Kälte gefrieren, die der Thermometer nicht mehr anzeigte, die aber während der Inspiration einer so sehr verdünnten Luft von dem Mangel an Wärmestoff herrührte. Eine 80 Toisen tiefe und sehr breite Kluft hinderte sie, auf den Gipfel des Chimborazo, wohin sie ungefähr noch 224 Toisen hatten, zu gelangen. Während seines Aufenthalts zu Quito erhielt Hr. v. Humboldt einen Brief, mit welchem ihn das Französische National-Institut beehrte, und aus welchem er ersah, daß der Capitain Baudin nach Neu-Holland abgesegelt sey, und die östliche Fahrt um das Vorgebirg der guten Hoffnung herum eingeschlagen habe; er mußte also darauf, sich zu ihm zu gesellen, Verzicht thun, und doch hatte die Hoffnung dazu unsere Reisenden 13 Monate über beschäftiget, und ihnen die Möglichkeit, von Havana nach Mexiko und den Philippinischen Inseln zu gehen, aus den Händen gespielt. Diese Hoffnung hatte sie zu Lande und zu Wasser über 1000 fr. Meilen im Süden, da sie allen Extremen der Temperatur, von den mit ewigen Schnee bedeckten Bergen bis auf den Grund der tiefen Schlüfte, wo der Thermometer sich Tag und Nacht von 26 bis 31° nach Reaumur erhielt, ausgesetzt waren, begleitet. An Unfälle aller Art gewöhnt, trösteten sie sich leicht über diesen Streich des Geschickes; sie fühlten aufs neue, daß der Mensch sich auf nichts zu verlassen habe, als auf die Früchte seiner eigenen Energie; und Baudins Reise, oder vielmehr die falsche Nachricht von der Direction derselben hatte dazu Veranlassung gegeben, daß sie unermeßliche Länder, auf welchen ohne diesen Zufall vielleicht lange Zeit kein Naturforscher zur Untersuchung sein Augenmerk gerichtet haben würde, bereisten. Da Hr. v. Humboldt sich von jetzt an entschloß, seine Expedition auf eigne Hand zu verfolgen, so nahm er seinen Weg von Quito nach dem Amazonen- Flusse und Lima, in der Erwartung, dort den wichtigen Durchgang des Merkurs durch die Sonnenscheibe zu beobachten. Unsere Reisenden besuchten anfänglich die Ruinen von Lactacunga, Hambato und Riobamba, einem in dem ungeheuern Erdbeben von 1797 über den Haufen geworfenen Erdstrich. Sie zogen durch die Schneegefilde von Assouay und Cuenca, und von da mit erstaunlichen Mühseligkeiten wegen des Transports der Instrumente und eingepackten Kräutersammlung durch den Paramo von Saragura nach Loxa. Hier in den Wäldern von Gonzanama und Malacates untersuchten sie den kostbaren Baum, von welchem die Menschen zuerst die fiebervertreibende Eigenschaft der Chinarinde kennen lernten. Die große Ausdehnung des Erdstriches, den ihre Expedition umfaßte, gewährte ihnen den Vortheil, den vor ihnen noch kein Botaniker genossen hat, durch eigene Ansicht die verschiedenen Gattungen von Cinchona zu Sta. Fe, Popayan, Cuenza, Loxa und Jaen mit der Cuspa und Cuspara von Cumana und am Rio Carony, wovon letzterer fälschlich Cortex Angusturae genannt wird, und einer neuen Gattung der Pentandria monogynia mit wechselsweise stehenden Blättern zuzugehören scheint, zu vergleichen. Von Loxa kamen sie über Ayavaca und Gouncabamba nach Peru, und giengen queer über den hohen Gipfel der Anden, um sich gegen den Amazonenfluß zu wenden. Sie hatten in zwei Tagen den Rio de Chamaya fünf und dreißigmal zu passiren; diese Uebergänge waren immer gefährlich, und geschahen bald mittelst der Floße, bald durch Fuhrten. Sie sahen die prächtigen Ueberreste der Heerstraße von Ynga, die die Vergleichung mit den schönsten in Frankreich und Spanien aushält, und auf dem porphyrischen Rücken der Anden 1200 bis 1800 Toisen in der Höhe von Cusco bis Assonay fortlief, und mit Tambos (Wirthshäusern) und öffentlichen Brunnen versehen war. Endlich schifften sie auf eine Flöße von Ochroma, an dem kleinen Indianischen Dorfe Chamaya, ein, und fuhren auf dem Flusse gleiches Namens in den Amazonenfluß hinab, und bestimmten die astronomische Lage dieses Zusammenflusses durch die Culmination verschiedener Sterne und den Zeitmesser. Condamine schiffte sich bei seiner Rückreise von Quito nach Para und Frankreich auf dem Amazonenflusse weit unter Quebrada und Cuchunga ein; mithin hatte er keine weitere Längenbeobachtung, als bis an die Mündung des Rio Napo. Hr. v. Humboldt suchte diese Lükken auf der schönen Charte des Französischen Astronomen auszufüllen, indem er auf dem Amazonenflusse bis an die Wasserfälle von Rentema schiffte, und entwarf zu Tomependa, dem Hauptorte der Provinz Jaen de Bracamorros, einen detaillirten Plan dieses unbekannten Theiles vom Ober-Maranou, sowohl aus seinen eigenen Beobachtungen, als aus den Nachrichten, welche er darüber von gereisten Indianern erlangte. Hr. Bonpland machte unterdessen eine interessante Excursion in die um die Stadt Jaen liegenden Wälder, wo er neue Gattungen von der Cinchona entdeckte; und nachdem er von dem brennenden Klima dieser einsiedlerischen Gegend viel ausgestanden; nachdem er Gelegenheit gehabt hatte, eine reichhaltige Vegetation in neuen Gattungen von Jacquinia, Godoya, Porleria, Bougainvillea, Colletia und Pisonia zu bewundern, giengen unsere drei Reisenden zum fünftenmale über die Cordillieren der Anden, über Montan zurück, um sich wieder nach Peru zu begeben. Sie fixirten den Standpunct, auf welchem der Compaß von Borda den Punct Null der magnetischen Neigung zeigte, obwohl dies auf 7 Grad der südlichen Breite war. Sie untersuchten die Bergwerke von Hualguayok, wo das gediegene Silber sich in großen Massen, 2000 Fuß Höhe über der Meeresfläche befindet; Bergwerke, in welchen einige metallische Gänge versteinerte Muscheln enthalten, und die nebst denen von Pesco und von Huantajayo gegenwärtig die reichsten in Peru sind. Von Caxamarca, welches durch seine warmen mineralischen Bäder und durch die Ruinen des Pallastes des Atahualpa berühmt ist, stiegen sie nach Truxillo hinab, deren Nachbarschaft die Spuren der unermeßlichen Peruvianischen Stadt Mansiche zeigt, die mit Pyramiden geziert war, in deren einer man im achtzehnten Jahrhunderte für mehr als vier Millionen Franz. Livres in geschlagenem Golde fand. Bei diesem westlichen Hinabsteigen von den Anden genossen unsere Reisenden zum erstenmale den imposanten Anblick des stillen Oceans, und jenes langen und engen Thales, dessen Bewohner weder Regen noch Donner kennen, und wo die allerstrengste, und für die Menschen gefährlichste Macht, die Theocratie selbst, unter einem glücklichen Klima die Wohlthätigkeit der Natur nachzuahmen scheint. Von Truxillo verfolgten sie die dürren Küsten des Südmeers, welche vor Zeiten durch die Canäle von Ynga bewässert und fruchtbar gemacht waren, von denen aber nichts als traurige Ueberreste geblieben sind. Nachdem sie über Santa und Guarmey zu Lima angekommen waren, blieben sie einige Monate in dieser interessanten Hauptstadt von Peru, deren Einwohner sich durch die Lebhaftigkeit ihres Genies und die Liberalität ihrer Gesinnungen auszeichnen. Hr. v. Humboldt hatte das Glück, im Haven zu Calao von Lima das Ende des Durchganges des Mercurs ganz vollkommen zu beobachten; ein um so glücklicherer Zufall, da der dicke Nebel, der in dieser Jahrszeit herrscht, oft zwanzig Tage über die Sonnenscheibe nicht zu Gesichte kommen läßt. Er war erstaunt, in Peru, in so einer unermeßlichen Entfernung von Europa, die neuesten literarischen Producte, welche die Chymie, Mathematik und Physik abhandeln, vorzufinden; und er bewunderte eine große intellectuelle Thätigkeit bei den Einwohnern, welche die Europäer der Ueppigkeit zu beschuldigen belieben. Im Januar 1803 schifften sich unsere Reisenden auf der Königlichen Corvette, die Castora, nach Guayaquil ein; eine Fahrt, die unter Begünstigung der Meerströme und der Winde in drei bis vier Tagen vollendet ist, wo hingegen der Rückweg von Guayaquil eben so viele Monate heischt. In diesem erstbenannten, an dem Ufer eines unermeßlichen Flusses gelegenen Haven übersteigt die Majestät der Vegetation in Palmen, Plumeria, Tabaernemontana und Bananen alle Beschreibung; und hier hörten sie auch jeden Augenblick das Brausen des Vulcans Cotopaxi, welcher den 6ten Januar 1803 in einer beunruhigenden Explosion begriffen war. Sie giengen auf der Stelle dahin ab, um ganz in seiner Nähe Zeuge seiner Verheerungen zu seyn, und um ihn zum zweitenmale zu besuchen; aber die unerwartete Neuigkeit von der baldigen Abfahrt der Fregatte Atlante, und die Furcht, in vielen Monaten keine andere Gelegenheit zu finden, nöthigte sie, sogleich umzukehren, nachdem sie sieben Tage lang ganz unnütz von den Mosquitos, Babaoyos und Ubigars gepeinigt worden waren. Sie hatten eine glückliche Fahrt von dreißig Tagen auf dem stillen Oceane bis Acapulco, einem westlich im Königreich Neu-Spanien liegenden Haven, der durch die Schönheit eines Bassins, den die Gewalt eines Erdbebens in den Felsen gehauen zu haben scheint; durch das Elend seiner Bewohner, welche Millionen von Piasters nach den Philippinischen Inseln und nach China einschiffen sehen, und endlich noch durch ein eben so brennendes als tödtliches Klima berühmt und berüchtigt ist. Hr. v. Humboldt hatte anfänglich bloß den Vorsatz, sich einige Monate in Mexiko aufzuhalten, und seine Rückkehr nach Europa zu beschleunigen; seine Reise dauerte ohnedies schon mehr als zu lange; die Instrumente, besonders die Zeitmesser, fiengen nach und nach an, wandelbar zu werden. Alle Bemühungen, die er sich gegeben hatte, solche durch neue Ueberschickungen ersetzt zu sehen, waren fruchtlos geblieben. Außerdem sind die Fortschritte in den Wissenschaften in Europa so schnell, daß man in einer Reise von vier Jahren und darüber in Gefahr kömmt, die Naturerscheinungen von Gesichtspuncten aus zu betrachten, die in dem Augenblicke, wo die Arbeiten dem Publicum mitgetheilt werden, nicht mehr interessant sind. Hr. v. Humboldt schmeichelte sich, im August oder September 1803 in Frankreich zu seyn; allein die Reize eines so schönen und abwechselnden Landes, wie Neu- Spanien, die Gastfreundschaftlichkeit der Bewohner, und die Furcht vor dem gelben Fieber von Vera Cruz, welches fast alle diejenigen hinrafft, welche vom Monat Junius an bis zum October von den Bergen herabsteigen: das Zusammentreffen solcher Beweggründe forderte ihn auf, seine Abreise bis zu Ende des Winters zu verschieben. Nachdem unsere Reisenden sich mit den Pflanzen, mit der Luft, mit den stündlichen Veränderungen des Barometers, mit den magnetischen Phänomenen, und hauptsächlich mit Bestimmung der Länge von Acapulco, einem Haven, in welchem schon früher zwei tiefdenkende geschickte Astronomen, die Herren Espinosa und Galeano, Beobachtungen anstellten, beschäftiget hatten, unternahmen sie die Reise nach Mexiko. Sie erhoben sich allmählich durch die brennendheißen Thäler von Meßcala und Papagayo, wo der Thermometer sich im Schatten auf 32° nach Reaumur erhielt, und wo man über den Fluß auf Früchten von Crescentia pinnata, die durch Stricke von Agava zusammen gebunden sind, setzt, nach den hohen Plateaus von Chilpantzingo, Tehuilotepek und Tasco. Auf diesen Höhen, 6 bis 700 Toisen über die Meeresfläche erhaben, begünstiget das milde und frische Klima das Wachsthum der Eichen, der Cypressen, der Tannen, des baumstämmigen Farnkrautes, und den Anbau der Europäischen Getraidearten. Nachdem sie einige Zeit in den Bergwerken von Tasco, den allerältesten und sonst den einträglichsten des Königreichs zugebracht hatten; nachdem sie die Eigenschaft dieser silbernen Erzgänge, welche von dem harten kalkartigen Felsen zum Glimmerartigen Schiefer von blätterigem Gypse eingefaßt übergehen, untersucht hatten, stiegen sie über Cuernaraca und durch die Nebeldünste von Guchilaque nach der Hauptstadt Mexiko. Diese Stadt, von mehr als 150,000 Einwohnern auf dem Grund und Boden des alten Tenochtitlan, zwischen den Seen von Tezcuco und Xochomillo liegend, (Seen, die sich, seit die Spanier, um die Gefahr der Ueberschwemmungen zu vermeiden, die Bergschlüfte von Sinkoq eröffneten, sehr verringert haben) diese von eben so breiten, als nach der Schnur gezogenen Straßen durchschnittene, im Angesicht zweier mit Schnee bedeckter Colossen, wovon der eine (der Popocatepek) ein noch in Brand stehender Vulcan ist, liegende Stadt, die auf einer Höhe von 1160 Toisen eines temperirten und angenehmen Klimas genießt, mit Canälen, mit angepflanzten Alleen, mit einer unendlichen Menge kleiner Indischen Marktflecken umgeben ist, diese Hauptstadt Mexikos ist ohne Zweifel mit den schönsten Städten Europens zu vergleichen. Sie zeichnet sich noch besonders durch große wissenschaftliche Etablissemenss aus, welche mit mehreren in der alten Welt um den Rang streiten könnten, und die in der neuen Welt ihres Gleichen nicht haben. Der botanische Garten, welcher unter der Aufsicht eines vortrefflichen Botanisten, des Hrn. Cervantes, steht; die Expedition des Hrn. Sesse, bloß zum Studium der Mexikanischen Vegetabilien bestimmt, und mit den vortrefflichsten Zeichnern besetzt; die Bergwerksschule, deren Entstehen man der Freigebigkeit des Corps der Bergleute und dem schöpferischen Genie des Hrn. Elhuyar verdankt; die Maler-, Kupferstecher- und Bildhauer-Schule; alle diese Anstalten verbreiten den Geschmack und die Aufklärung in einem Lande, wo die Reichthümer sich der geistigen Ausbildung entgegenzustämmen scheinen. Mit den aus der schönen Sammlung der Bergwerksschule entlehnten Instrumenten begann Hr. v. Humboldt eine sehr weitläuftige Arbeit über die Längenbestimmung Mexikos, die, so wie die zu Havanna gemachten correspondirenden Observationen der Trabanten es bestätigen, beinahe um zwei Grad falsch war. Nach einem Aufenthalte von einigen Monaten in der Hauptstadt besuchten unsere Reisenden die berühmten Bergwerke von Moran und von Real-del-Monte, in welchen der Erzgang von der Biscayna dem Grafen von Regla Millionen von Piastern eingebracht hat. Sie liessen die Obsidiane von Oyamel, welche Lagen in dem Perlensteine und Porphyr bilden, und dessen sich die alten Mexikaner zu Messern bedienten, ausgraben. Diese ganze Landschaft ist mit Basalten, Amygdaloiden und kalkartigen secondairen Formationen, von der grossen Höhle von Danto von einem Flusse durchschnitten, bis an die Porphyr-Orgeln von Aktopan, angefüllt, und stellt für die Geologie die interessantesten Erscheinungen dar, Erscheinungen, die auch bereits durch Hrn. M. del Rio, einen Schüler Werners, und einen der geschicktesten Mineralogen unserer Zeit analysirt worden sind. Nach ihrer Rückkehr von der Excursion nach Moran im Julius 1803 unternahmen sie eine andere in den nördlichen Theile des Königreichs. Sie richteten ihre Forschungsreise gleich auf Huehuetoca, wo man mit einem Kostenaufwande von 6 Millionen Piaster eine Oeffnung in den Berg Sincoq gegraben hat, um die Gewässer aus den Thälern von Mexiko in den Fluß Montezuma zu leiten. Sie giengen nachher über Queretaro, wo der Abt Chappe im Jahr 1700 gewesen war, über Salamanca und die fruchtbaren Ebenen von Yrapuato nach Guanaxuato, einer Stadt mit 50,000 Einwohnern, die in einem engen Kessel liegt, und durch ihre weit einträglicheren Bergwerke, als die von Potosi je waren, berühmt ist. Das Bergwerk des Grafen Valenciana, welches einer beträchtlichen Stadt auf einem Hügel, wo vor 30 Jahren noch Ziegen weideten, seine Entstehung gegeben hat, hat schon eine perpendiculäre Tiefe von 1840 Fuß. Es ist dies die reichhaltigste und tiefste Mine auf der Erde; der jährliche Vortheil der Proprietaires, der niemals dem des Jahres der Auffindung der Ader beikömmt, neigt sich auf drei Millionen Livres, da er sonst bis auf fünf und 6 Millionen gestiegen war. Nach zwei Monaten von Vermessungen und geologischer Nachforschungen zu Guanaxuato, und nachdem sie zu Comagillas die mineralischen warmen Bäder untersuchten, deren Temperatur 11° nach Reaumur stärker ist, als der auf den Philippinischen Inseln, die Sonnerat für die allerheißesten auf der Erde hält, wandten sich unsere Reisenden über das Thal von St. Yago, wo man in verschiedenen an dem Gipfel der Basalt-Berge befindlichen Teichen eben so viele Craters ausgebrannter Vulcane zu finden geglaubt hat, nach Valladolid, der Hauptstadt des alten Königreichs Michoakan. Von da stiegen sie trotz des ununterbrochenen Herbstregens, über Patzquaro, welches am Ufer eines sehr großen Teiches liegt, gegen die Küsten des stillen Oceans in die Ebenen von Jorullo hinab, da wo im Jahr 1759, durch die größte Catastrophe, die der Erdball je erlitten hat, in einer Nacht aus der Erde ein Vulcan von 1494 Fuß Höhe, rund herum mit mehr denn 2000 kleinen noch rauchenden Oeffnungen umgeben, sich emporhob. Unsere Reisenden stiegen in den entzündeten Crater des großen Vulcans auf 258 Fuß perpendiculairer Tiefe hinab, indem sie über Spalten sprangen, welche entzündeten schweflichten hydrogenen Stoff aushauchten. Sie gelangten mit vieler Gefahr, wegen der Zerbrechlichkeit der Basalte und sienitischen Lava, bis beinahe auf den Boden des Craters, wo sie die mit Kohlensäure außerordentlich überladene Luft analysirten. Von dem Königreiche Mechoacan, einem der lachendsten und fruchtbarsten Länder von America, kehrten sie über die hohe Gebirgsebene von Toluca, wo sie den mit Schnee bedeckten Berg des nämlichen Namens, indem sie auf dessen höchsten Gipfel den Pik von Fraide, welcher 2364 Toisen über die Meeresfläche erhaben ist, ausmaaßen, nach Mexiko zurück. Sie besuchten auch zu Tolucca den berühmten Händebaum, (den Cheiranthostämon des Hrn. Cervantes ) ein Geschlecht, welches ein fast einziges Phänomen darstellt, weil dieser, der nur als einziges Individuum existirt, von dem höchsten Alter ist. Bei ihrer Rückkehr nach der Hauptstadt von Mexiko blieben sie mehrere Monate über daselbst, um ihre Kräutersammlung, die hauptsächlich in Grasarten sehr reichhaltig war, und ihre geologischen Sammlungen zu reguliren; um die Berechnung der in dem Laufe dieses Jahres vollzogenen barometrischen und trigonometrischen Messungen und Vermessungen zu ziehen, und hauptsächlich, um die Risse des geologischen Atlasses, welchen Hr. v. Humboldt herauszugeben sich vorgenommen hat, ins Reine zu zeichnen. Dieser nämliche Aufenthalt gab ihnen auch Gelegenheit, der Aufstellung der colossalischen Statue des Königs zu Pferde beizuwohnen, die ein einziger Künstler, Hr. Tolsa, mit Ueberwindung solcher Schwierigkeiten, wovon man sich in Europa gar keinen Begriff machen kann, modellirt, gegossen, und auf ein sehr hohes Piedestal aufgerichtet hat; eine Statue, die im simpelsten und reinsten Geschmacke gearbeitet ist, und der schönsten Hauptstadt der alten Welt zur Zierde gereichen würde. Im Januar 1804 verließen unsere Reisenden Mexiko, um den östlichen Fall der Cordilleren von Neu-Spanien zu erforschen. Sie nahmen eine geometrische Vermessung der beiden Vulcane von Puebla, des Popocatepek und Iztaccihuatl vor; von dem unzugänglichen Crater des erstern erzählt eine fabelhafte Tradition, daß sich Diego Ordaz in Stricken hängend hinabgelassen habe, um Schwefel von da zu holen, den man ohnedies in der Ebene sammeln konnte. Hr. v. Humboldt fand, daß der nämliche Vulcan Popocatepek, auf welchen Hr. Sonnenschmidt, ein eifriger Mineralog, sich bis auf 2557 Toisen zu steigen gewagt hat, viel höher ist, als der Pik von Orizava, welchen man bis jetzt für den höchsten Coloß des Landes Anahuac gehalten hat. Er maaß auch die große Pyramide von Cholula aus, ein mysteriöses Werk, welches von den Tultequen aus ungebrannten Ziegelsteinen aufgeführt worden ist, und von deren Spitze man eine prächtige Aussicht auf die beschneiten Berggipfel und die lachenden Ebenen von Tlascala genießt. Nach diesen gemachten Erforschungen stiegen sie über Perote nach Xalapa hinab, einer Stadt, die 674 Toisen über der Meeresfläche erhaben liegt, eine mittlere Höhe, welche die Früchte aller Klimate begünstigt, und wo man einer für die Gesundheit der Menschen gleich sanften und wohlthätigen Temperatur genießt. Hier fanden unsere Reisenden an dem Hrn. Thomas Murphy, einem achtungsvollen Manne, welcher, was so selten ist, ein großes Vermögen mit dem Geschmacke für die Wissenschaften verbindet, einen Freund, der ihnen alle mögliche Erleichterungen, ihre Operationen in den Gebirgen zu vollenden, verschaffte. Der abscheuliche Weg, welcher von Xalapa nach Perote durch fast undurchdringliche Eichen- und Tannenwälder führt; ein Weg, den man zur Chaussee umzuschaffen anfängt, ward vermittelst des Barometers dreimal nivellirt. Hr. v. Humboldt gelangte, trotz der Menge des Tages vorher gefallenen Schnees, bis zum Gipfel des berühmten Cofre, der 162 Toisen höher, als der Pik von Teneriffa ist. Er nahm auch eine trigonometrische Vermessung des Pik von Orizava vor, den die Indianer Sitlaltepetl nennen, weil die aus seinem Crater aufsteigenden leuchtenden Dünste ihnen von weitem wie ein untergehender Stern vorkommen, und von dessen Länge Hr. Ferrino sehr genaue Versuche bekannt gemacht hat. Nach einem sehr interessanten Aufenthalte in diesen Gegenden, wo im Schatten der Liquidambars und Amyrisse, die Epidendrum vanilla, und der Convolvulus jalappa, zwei zur Ausfuhr gleich kostbare Erzeugnisse gedeihen, stiegen unsere Reisenden gegen die Küste nach dem Haven von Vera-Cruz hinab, welcher zwischen lokkern Sandhügeln liegt, deren Reverberation der Sonnenstrahlen eine erstickende Hitze verursacht. Sie blieben glücklicherweise von dem schwarzen Erbrechen, welches schon daselbst grassirte, verschont. Sie giengen mit einer Spanischen Fregatte nach Havanna, um dort die im Jahr 1800 in Verwahrung gegebenen Kräutersammlungen wieder zu sich zu nehmen. Nach einem Aufenthalte von zwei Monaten segelten sie nach den vereinigten Americanischen Staaten; ein heftiger Sturm setzte sie beim Herausschiffen aus dem Canale von Bahama in große Gefahr; der Orcan wütete sieben Tage in einem fort. Nach einer Fahrt von 32 Tagen kamen sie zu Philadelphia an. Sie hielten sich in dieser Stadt, und zu Washington zwei Monate lang auf, und kamen im August 1804 zu Bordeaux mit einer großen Menge Zeichnungen, mit 35 Kisten Sammlungen, und 6000 Pflanzenarten versehen, wieder in Europa an.