Reiſe der Herren von Humboldt und Bonpland nach den Wendekreiſen. In den Jahren 1799 bis 1804. Eine gedraͤngte Ueberſicht des Auszugs ihrer Memoiren v. J. C. Delametherie. Nach dem Franzoͤſiſchen uͤbertragen von Schirges Dr. Der Franzoͤſiſche Titel des Werkchens, wovon hier eine concentrirte Ueberſetzung geliefert wird, lautet alſo: Notice d’un Voyage aux tropiques exécuté par M. M. Humboldt et Bonpland en 1799, 1800, 1801, 1802, 1803, et 1804. par I. C. Delametherie. 1805. Jahr 1799 — 1800. Das Intereſſe, welches die gelehrte Welt an der Reiſe der Herren v. Humboldt und Bonpland nimmt, ſo wie meine freundſchaftliche Verbindung mit dieſen beyden edlen Maͤnnern, ſagt Delametherie, machet es mir zur willkommnen Pflicht, allen Freunden und Verehrern dieſer merkwuͤrdigen Reiſenden eine genaue Ueberſicht ihrer nunmehr vollendeten Reiſe vorzulegen, welche ich theils aus ihrem oͤffentlichen und privat Briefwechſel, theils aus ihren im (franzoͤſiſchen) National- Inſtitut verleſenen Memoiren zuſammengetragen habe. Nach achtjaͤhrigen, in mehrern Laͤndern Europas angeſtellten phyſicaliſchen Nachforſchungen kam Hr. v. Humboldt 1798 nach Paris, um mit dem Capitain Baudin die Reiſe um die Welt zu machen, welchen der Alexander-Aim é Gougou Bonpland (Arzt und Botaniker) gleichfalls begleiten ſollte. Der neue Krieg mit Oeſterreich noͤthigte indeß das Directorium, die Reiſe aufzuſchieben. Herr von Humboldt, der ſeit 1792 eine phyſicaliſche Reiſe nach den Wendezirkeln beabſichtigte, beſchloß nach Egypten, Arabien und Oſtindien zu gehen. Frankreichs Krieg mit England ſetzte ihm große Schwierigkeiten entgegen, denen er unter ſpaniſcher Flagge auszuweichen hoffte. Er begab ſich nach Madrit, mußte indeß ſein Vorhaben aufgeben, da er den Kriegsſchauplatz in Africa nicht zu gelehrten Unterſuchungen zweckmaͤſſig fand. Dennoch ertheilte ihm der Spaniſche Hof 1799 die ausgedehnteſte Erlaubniß zu einer wiſſenſchaftlichen Reiſe in den ſpaniſch americaniſchen Colonien. Sr. Katholiſchen Majeſtaͤt ſchien ein perſoͤnliches Intereſſe an dem Erfolge dieſes Projects zu nehmen, und der Hr. v. Humboldt verließ Europa im Julius 1799, begleitet von ſeinem Freunde Bonpland; und beendigte in einem Zeitraume von fuͤnf Jahren, und auf ſeine eigene Koſten eine Reiſe zu Waſſer und zu Lande von 9000 Meilen, welche die weiteſte iſt, ſo je ein Privatmann unternahm. Mit der Fregatte Pizarro giengen ſie von Corunna nach den Canariſchen Inſeln unter Seegel, landeten zu Teneriffa, klimmten bis an den Crater des Pic von Teyde, um die atmosphaͤriſche Luft zu analyſiren, und Beobachtungen uͤber die Baſalte und Porphyrſchiefer Africas anzuſtellen. Zu Cuncana im Mittaͤglichen Amerika, beruͤhmt durch Loͤflings Muͤhſeligkeiten und Unfaͤlle, landeten ſie; beſuchten die Kuͤſten von Paria, die Miſſionen der Indier Chayma’s, die Provinz Neu-Andaluſien, ein vorzuͤglich heißes, und den Erdbeben unterworfenes, aber dennoch geſundes Land; ferner Neu- Barcellona Venezuela, und das ſpaniſche Guyana. Die Laͤngen von Cumana, Caraccas u. ſ. w. wurden nach Jupiters Trabanten von ihnen beſtimmt; ſie botaniſirten auf den Gipfeln des Ceripe, der Sylla von Avila, reiſeten zu den reizenden Thaͤlern von Aragua, wo der See von Valenzia mit der ſchoͤnen tropiſchen Vegetation ſich befindet. Von Portocabello drangen ſie bis an die Grenzen von Braſilien gegen den Aequator vor, wanderten durch die Ebenen von Calabazo, Apura und Nieder-Orinoko, die Llanos, wo durch das Zuruͤckprallen der Sonnenſtrahlen der Reaumuͤrſche Thermometer im Schatten auf 33 bis 37° ſtieg, und der gluͤhende Erdboden auf 2000 Quadrat-Meilen nur eine Abweichung der Bleywage von 5 Zoll zeigt. Die Spuren der Refraction und das ſonderbarſte Aufſchwellen bemerket man an dem Sande der Meersflaͤche. Ohne daß in den heißeſten Monaten das kleinſte Graͤschen auf ihm keimt, verbirgt er doch Krokodille und Schilderſchlangen. Der Reiſende hat hier mit Waſſermangel, Sonnenhitze und dem von den heiſſen Winden aufgeregten Sand zu kaͤmpfen, und muß ſich nach den Geſtirnen und nach einzelnen Straͤuchen der Mauritia, und des Embothrium, die man alle 3 Meilen findet, richten. Von St. Fernando von Apura unternahmen ſie eine muͤhſelige Schiffahrt von 500 Seemeilen in Canots, und entwarfen die Karte des Landes. Der nahen Gefahr eines Schifbruchs bey der Inſel Pananuma entgingen ſie kaum, und beſuchten die beruͤhmten Waſſerfaͤlle von Atures und Maypure, wo eine Hoͤhle die Mumien einer, durch den Krieg zwiſchen den Caraiben und Marariten aufgeriebenen Nation in ſich ſchließet. Sie fanden, daß der Rio Guariare, den der Pater Gumilla faͤlſchlich fuͤr die Quelle des Orenoco gehalten, auf den Anden in Neu-Grenada entſpringt. Von Jarita ſtiegen ſie bis an die Quelle des Guainia, des Rio Negro der Europaͤer, und den Condamine ein Meer vom ſuͤßen Waſſer nennt. Ueber den ſchwarzen Fluß kamen ſie zu der kleinen, faͤlſchlich unter dem Aequator verſetzten Feſtung St. Carlos und bis an Grand Para, der Hauptcapitanarie Braſiliens. Durch Anlegung eines Canals wuͤrde man von Rio Guallaga aus drey Tagereiſen vom Suͤdmeer, auf einen Canot durch den Amazonen- und Schwarzen-Fluß bis an die Muͤndung des Orenoco hinunter fahren koͤnnen, ein Weg von beynah 2000 Meilen. Zur Unterſuchung eines Armes des Orenoco, Caſſiquare genannt, welcher erſtern mit dem Amazonen- Fluß verbindet, und uͤber deſſen Daſeyn man ſich vor 50 Jahren heftig ſtritt, ſchiffte er von St. Carlos wieder nach dem Orenoco, und auf dieſem letztern bis an den Urſprung des Fluſſes bey dem Vulkan Duida. Das Land von Weſten nach Paſimoni wird von den Guaicaz-Indianern, einer weißen, ſehr kleinen, faſt zwerghaften, aber kriegeriſchen Menſchenrace bewohnt; und die noch wildern, kupferfarbenen Guajariben, welche ſogar Menſchenfreſſer ſind, vereiteln jeden Verſuch an die Quellen des Orenoco zu gelangen. Unſere Reiſende legten einen Weg von 340 Franzoͤſiſchen Meilen bis zur Muͤndung des Orenoco bey St. Thomas in Neu-Guayana auf demſelben zuruͤck, paſſirten zum zweyten Mahle die Kataracten, auf deren ſuͤdlichen Seite der Pater Gumilla und Caulin nie vorgedrungen waren. Auf dieſer Schiffahrt ſetzten Mangel an Lebensmitteln und Bedeckung, die naͤchtlichen Regenguͤſſe, der ſtete Aufenthalt in den Waͤldern, die Mosquitos und tauſend andere ſtechende und giftige Inſekten nebſt der Unmoͤglichkeit, wegen der Wildheit der Crocodille und der kleinen caraibiſchen Fiſche ſich durch Baden zu erfriſchen, und die Miasmen eines brennend heiſſen Himmelſtrichs, welcher zugleich feucht war, unſere Reiſende unaufhoͤrlichen Leiden aus. Endlich kehrten ſie unter andern uͤber die Miſſionen der caribiſchen Indianer, einer außerordentlichen, und nach den Patagonen, wahrſcheinlich der groͤßten und nervigſten Menſchenrace nach Barcellona und Cumana zuruͤck. Ihre Reiſe ging darauf zur See nach Havanna und Jamaica und war wegen der ſpaͤten Jahrszeit ſo langwierig, als gefaͤhrlich, da ſie Gefahr liefen an Klippen bey Vibora zu ſcheitern. In Cuba beſchaͤftigte man ſich mit Laͤngenbeſtimmung der Havana und der Conſtruction eines neuen Ofens fuͤr Zuckerſiedereyen, der ziemlich allgemein eingefuͤhrt ward. Falſche Nachrichten von des Capitain Baudins Reiſe, die er hier durch Amerikaniſche Zeitungen erhielt, und dahin lauteten: daß er von Buenos Aires das Cap Horn umſchiffen, und an den Kuͤſten von Chyli und Peru hinſegeln wuͤrde; und ſein dem Capitain 1798 gegebenes Verſprechen: auf welchem Theile der Erde er ſich auch befinden moͤge, ſo wolle er ſich doch an die Franzoͤſiſche Expedition anſchlieſſen, ſobald er von ihrem Auskaufen Kenntniß erhalten, bewogen den Hrn. v. Humboldt, ſeine geſammelten Manuſcripte grades Weges nach Europa zu ſenden, und mit einer Goelette von Batabano nach Cartagena in Indien, und von da durch die Landenge von Panama nach der Suͤdſee zu gehen. Er hoffte den Capitain an der Amerikaniſchen Kuͤſte zu treffen. Seine Manuſcripte und Sammlungen wollte er nicht den Gefahren ſo langer Seereiſen ausſetzen, und ſie kamen bis auf einen Theil der Sammlungen, der Dubletten enthielt, gluͤcklich in Philadelphia an; doch verlohr ein Freund deſſelben, der mit ihnen reiſete, in einem Schifbruch das Leben. Er hieß Bruder Juan Gonzales, war ein junger thaͤtiger Franziscaner, der aus dem Spaniſchen Guayana, in dieſe unbekannte Welt, wohin noch kein Europaͤer kam, vorgedrungen war. Jahr 1801. Im Maͤrz 1801 ſegelte der Hr. v. Humboldt von Cuba, beſtimmte mehrere Puncte der Koͤnigs-Gaͤrten genannten Inſel-Gruppen, und des Hafens von Trinidat aſtronomiſch; verweilte am Rio Sinu, wo noch kein Botaniker Kraͤuter ſuchte, und erhielt durch die Gefahr an Geant zu ſcheitern, Muße, die Mondfinſterniß vom 2ten Maͤrz 1801 zu beobachten. Hier erfuhr er, daß die ſpaͤte Jahrszeit die Fahrt nach der Suͤdſee von Panama aus nach Guayaquil nicht erlaube; er verweilte daher einige Wochen in den Waͤldern von Turbaco, fand die ſeltenſten Pflanzen, und ging dann in 35 Tagen den ſchoͤnen Magdalenen Fluß hinauf, wovon er eine Karte trotz der Qualen der Moſquitos entwarf, indeß Bonpland die reiche Vegetation ſtudierte. Von da verfuͤgten ſie ſich auf Mauleſeln nach St. Fé von Bogota, der Hauptſtadt von Neu-Grenada, die in einer ſchoͤnen Ebene gelegen, und in einem immerwaͤhrenden Fruͤhling Waitzen und Seſam cultiviret. Mutis praͤchtige Sammlungen, der Cataract von Tequendama von 98 Toiſen Hoͤhe, die Bergwerke von Mariquita, St. Anna, und Zipaguira, die Felſenbruͤcke von Icononzo, durch ein Erdbeben gewoͤlbet — beſchaͤftigten ihn bis zum September. Um nach Quito zu gelangen, kamen ſie bey den Anden von Quindiu vorbey, wo ſich der beſchneiete Tolina aus Waͤldern von Storax, baumartigen Paſſions-Blumen, Bambusrohr und Wachspalmen erhebt. Durch tiefen Koth und ungebahnte Waͤlder, worin man ſchlafen mußte, nahmen ſie ihren Weg und langten baarfuß und bis auf die Haut durchnaͤßt, am Cauca an, durchſtreiften die Provinz, Choco, dem Vaterlande der Platina, die ſich dort zwiſchen Olivin und Augit enthaltenden Baſalt, Gruͤnſtein und foſſilem Holz findet. Durch die Goldwaͤſchereyen von Quilichao ſtiegen ſie nach Popayan, mit einer reizenden Lage und durch ein vorzuͤgliches Clima geſegnet. Der Crater des Vulkans von Purace war bis zur Muͤndung voll von ſiedendem Waſſer, und wirft mitten im Schnee mit furchtbarem Gebruͤll Duͤnſte von geſchwefelten Waſſerſtoff aus. Sie durchſchnitten die Gebirgsebene der Provinz Delos Paſtos, die wegen ihrer großen Fruchtbarkeit an Waitzen und Erythroxylon Peruplanum ſo beruͤhmt iſt, und kamen nach einer 4 monatlichen Reiſe nach Ibarra und Quito. Die Reiſe durch die Cordilleren der hohen Anden, auf ungangbaren Wegen, bey anhaltenden Regenguͤſſen, beſchweret mit vielen Inſtrumenten und Sammlungen wuͤrde ohne die Verwendung des Hrn. Mendiunetta, Vice-Koͤnigs v. St. Fé und des Barons v. Carondelet, Praͤſidenten zu Quito, welche die Wege und gefaͤhrlichſten Bruͤcken auf einem 450 langen Wege herſtellen lieſſen, unmoͤglich geweſen ſeyn. Jahr 1802. Unſere Reiſende langten am 6ten Januar in der beruͤhmten Hauptſtadt Quito an; und die Liebenswuͤrdigkeit der Einwohner, ihre Neigung zu den Kuͤnſten und Wiſſenſchaften zeichnet ſie noch jetzt aus. Acht bis neun Monate ſetzten ſie ihre Nachforſchungen in dieſem Lande fort, das durch ſeine hohen Gebirge, ſeine ſtets Feuer, Felſenſtuͤcke, Schlamm, und Schwefel ſpeienden Vulkane, ſeine oͤfteren Erdbeben, Vegetation, Reſte peruvianiſcher Baukunſt, und Sitten ſeiner alten Bewohner eins der merkwuͤrdigſten der Erde iſt. Zweymal erklimmten ſie den Feuerſchlund des Pichinga, wo ſie Verſuche mit der Luft anſtellten. La Condamine verglich ihn fruͤher treffend mit dem Chaos der Dichter, konnte es indeß nur kurze Zeit oben aushalten. Damals war ſeine in Baſalt gehoͤhlte Muͤndung mit Schnee gefuͤllt und erkaltet; jetzt war er von neuen entzuͤndet und furchtbar fuͤr das nahe Quito. Nur wenig fehlte, daß der Hr. v. Humboldt nicht ſein Leben dabey eingebuͤſſet hatte, indem er uͤber eine nur mit duͤnnem Eiſe belegte Spalte ging. Er beſuchte unter andern auch den Chimboraſſo, welcher der hoͤchſte Berg unſrer Erde iſt, und ſtudierte vorzuͤglich den geognoſtiſchen Theil der Cordilleren der Anden, woruͤber noch nichts in Europa bekannt geworden iſt. Seine Meſſungen beweiſen uͤbrigens, daß einige von dieſen Vulkanen, hauptſaͤchtlich der von Tunguragua ſich ſeit 1753 geſenkt haben, welches die Einwohner als Augenzeugen bemerkten. Alle dieſe groſſen Maſſen ſind das Werk der Kriſtalliſation. „Alle Maſſen, die ſich bildeten, (ſchreibt Hr. v. Humboldt ) vereinigten ſich nach ihren Verwandſchaften durch die Geſetze der Attraction, und brachten dieſe mehr oder weniger betraͤchtlichen Erhoͤhungen an den verſchiedenen Orten der Oberflaͤche der Erde durch die Geſetze der allgemeinen Kriſtalliſation hervor. Ein gewiſſer Marquis v. Selralegre beſchaͤftiget ſich in Quito, die Pyramiden von Sarouguier, Termen von der beruͤhmten Baſis der franzoͤſiſchen und ſpaniſchen Akademiker wiederherſtellen zu laſſen. Der Sohn dieſes Mannes Carl Montufar begleitete den Hrn. v. Humboldt nicht allein auf ſeinen Reiſen in Peru und Mexico, ſondern ſelbſt nach Europa. Auf dem Antiſana brachten ſie ihre Inſtrumente 2200, auf dem Chimboraſſo 3300 Fuß hoͤher, als Condamine und Bouquer . Auf dem letztern kamen ſie zu der Hoͤhe von 3036 uͤber die Flaͤche des Meers, und ſahen das Blut aus ihren Augen, Lippen und Zahnfleiſch hervordringen, erſtarrten von einer Kaͤlte, die der Thermometer nicht anzeigte, die aber von dem wenigen Waͤrmeſtoff entſtand, der ſich waͤhrend dem Einathmen in einer ſo verduͤnnten Luft entwickelte. Durch eine tiefe und breite Spalte wurden ſie gehindert, den Gipfel des Chimboraſſo, ohngefehr 224 Toiſen zu erſteigen. Hier erhielt er Nachrichten von der Route des Capitain Baudin, welche ihn noͤthigten, die Hoffnung, ihn zu treffen, aufzugeben. Er beſuchte daher Cinna und den Amazonen-Fluß, um den Durchgang des Merkurs durch die Sonne zu beobachten; ferner die Ruinen von Lactacunga, Hambato und Riobamba, welche in dem Erdbeben von 1797 zerſtoͤhrt wurden; uͤber Paramo und Soraguro-Loxa, wo ſie den Baum, den die Chinarinde bekleidet, unterſuchten. Ueber Loxa trafen ſie in Peru ein; ſie uͤberſtiegen die Anden, um den Amazonen-Fluß zu erreichen. In zwey Tagen mußten ſie 35 Mal uͤber den Rio von Chamaya ſetzen, eine Paſſage, die immer ſehr gefaͤhrlich war. Sie betrachteten die ſtolzen Reſte der Chauſſeé von Ynga, die uͤber den porphyrnen Ruͤcken der Anden auf 1200 bis 1800 Toiſen Hoͤhe von Cusco an bis Aſſoney gehet, und mit Herbergen und Springbrunnen beſetzet iſt. Herr v. Humboldt ſuchte die Luͤcken der ſonſt ſchoͤnen Karte des franzoͤſiſchen Aſtronomen Condamine uͤber den Amazonen- Fluß dadurch auszufuͤllen, daß er auf dieſem Strohm bis an die Cataracten von Rentema fuhr, und zu Tomependa einen detaillirten Plan von dieſem unbekannten Theile des hohen Maranou, durch eigene Unterſuchungen und eingezogene Nachrichten von andern Reiſenden entwarf. Herr Bonpland entdeckte in der Gegend von der Stadt Jean neue Arten der Cinchona und andere Pflanzen, worauf unſere Reiſende zum fuͤnften Mahl die Cordilleren der Anden paſſirten, um nach Peru zuruͤckzukehren. In den Minen von Hualguayok befindet ſich das Silber in groſſen Maſſen 2000 Toiſen hoch uͤber dem Meere. Einige metallreiche Gaͤnge derſelben enthalten verſteinerte Muſcheln, und ſind jetzt die reichſten mit in Peru. Caramarca, durch ſeine Baͤder und durch die Truͤmmer von Atahualpas Pallaſt beruͤhmt, wie die Spuren der ungeheuren alten Stadt Menſiche mit Pyramiden geziert, in deren einer man im 18ten Seculo fuͤr mehr als 4 Millionen Livres geſchlagenes Gold fand, wurden von ihnen beſuchet. Von den Anden erblickten ſie zuerſt das Stille Meer, und das Thal, deſſen Bewohner nichts vom Regen und Donner wiſſen, und wo unter einem gluͤcklichen Clima die abſoluteſte, und dem Menſchen gefaͤhrkichſte Gewalt, die Theocratie ſelbſt die Wohlthaͤtigkeit der Natur nachzuahmen ſcheint. An der duͤrren Kuͤſte des Suͤdmeers reiſeten ſie nach Lima, verweilten daſelbſt einige Monate, und bemerkten die Lebhaftigkeit des Geiſtes und die liberalen Geſinnungen ihrer Einwohner. Ein ungewoͤhnliches Gluͤck erlaubte den Hrn. v. Humboldt da den Durchgang des Merkurs zu beobachten. Auffallend war es ihm, die neueſten litterariſchen Producte in der Chemie, Mathematik und Phyſiologie hier zu finden; und er mußte den Verſtand der Eingebohrnen, die in Europa fuͤr Weichlinge gelten, bewundern. (Der Schluß folgt.) Reiſe der Herren von Humboldt und Bonpland nach den Wendekreiſen. (Schluß.) Jahr 1803. Im Januar ſchifften ſich unſere Reiſenden nach Guayaquil ein, eine Fahrt, die bei guͤnſtigen Stroͤhmungen und Winden in 3 bis 4 Tagen vollbracht wird, da die Ruͤckreiſe ſo viele Monate erfordert. Die ſtolze Vegetation des Hafens uͤbertrifft alle Beſchreibung; er liegt an einem großen Fluß, und hier war es, wo ſie das ununterbrochene Bruͤllen des Vulkans Cotopaxi hoͤrten, der am 6ten Januar zum Ausbruch kam. Sie reiſten ſogleich ab, um nahe Zeugen ſeiner Verwuͤſtung zu ſeyn, aber die Nachricht des baldigen Abgangs ihrer Fregatte Atlante noͤthigte ſie, wieder umzukehren. Nach einer 30taͤgigen gluͤcklichen Fahrt auf dem ſtillen Meere erreichten ſie Acapulco in Neuſpanien, das durch ein Baſſin, welches in Granitfelſen gehauen zu ſeyn ſcheint, durch die heftigen Erdbeben, ſein ungeſundes Clima, und das Elend ſeiner Einwohner beruͤhmt iſt, die hier Millionen von Piaſtern nach den Philippinen und China muͤſſen einſchiffen ſehen. Hr. v. Humboldt wollte aus erheblichen Gruͤnden nur wenige Monate in Mexico bleiben, und dann nach einer vierjaͤhrigen Abweſenheit nach Europa zuruͤckkehren; doch die Reize des Landes, die Hoſpitalitaͤt der Einwohner, die Furcht vor dem in Vera Crux herrſchenden ſchwarzen Erbrechen, bewogen ihn, ſeine Abreiſe bis im Winter aufzuſchieben. Nachdem ihn botaniſche, phyſikaliſche Unterſuchungen und die Laͤnge von Acapulco beſchaͤftigt hatten, erhob er ſich durch die ſchwuͤlen Thaͤler von Mescala und Papagayo, wo der Thermometer ſich im Schatten auf 32° Reaumuͤr hielt, zu den 6 bis 700 Toiſen uͤber dem Meere erhabenen Ebenen von Tasco u. ſ. w., wo unter einem kuͤhlen Clima die Eichen, Cypreſſen, Taunen, die baumartigen Farrenkraͤuter und europaͤiſches Getreide gedeihen. In den aͤlteſten und ſonſt reichſten Bergwerken von Tasco unterſuchten ſie die Natur der Silbergaͤnge, und ſtiegen durch Cuernaraca nach der Hauptſtadt Mexico, welche 150,000 Einwohner zaͤhlet, und auf dem alten Tenochritlaͤn erbauet iſt. Sie liegt mit breiten und ſchnurgraden Straßen zwiſchen zwey Schneecoloſſen, wovon der eine noch brennet, und die die Hoͤhe von 1160 Toiſen haben; genießt ein gemaͤßigtes Clima, hat Canaͤle, Alleen, und eine große Menge kleiner Doͤrfer um ſich her: ſo daß ſie mit den ſchoͤnſten Staͤdten in Europa eine Vergleichung ertraͤgt. Noch zeichnet ſie ſich durch große wiſſenſchaftliche Anſtalten aus, die ihres gleichen nicht in der neuen, und ſich nicht haͤufig in der alten Welt finden. Der botaniſche Garten, unter Direction des Herrn Cervantes, das Inſtitut des Herrn Seſſe, lediglich dem Studium mexicaniſcher Pflanzen beſtimmt, und mit den beſten Zeichnern verſehen, die Bergſchule, die man der Freigebigkeit des Bergwerks-Corps, und dem Genie des Herrn D’Ethuyar verdankt, die Maler, Kupferſtecher- und Bildhauer-Akademie, verbreiten Geſchmack und Aufklaͤrung in einem Lande, wo Reichthuͤmer ihnen entgegenſtreben. Die Laͤnge von Mexico, die bisher um zwei Grad unrichtig war, beſtimmte Herr von Humboldt mit ſchoͤnen Inſtrumenten aus der Bergwerks- Schule. Er beſuchte darauf die Bergwerke von Moran und Real del Monte, und unterſuchte die Obſidiane von Oyamel, welche in dem Perlſtein und Porphyr Lager bilden, und den alten Bewohnern zu Meſſern dienten. Das ganze Land bietet die merkwuͤrdigſten Phaͤnomene fuͤr die Geologie dar, die Herr del Rio, ein Schuͤler von Werner, entwickelt hat. Nach der Ruͤckkehr von Moran im Julius, unternahm man einen Ausflug in den mitternaͤchtlichen Theil des Koͤnigreichs. Zu Huehuetoca hat man eine Oeffnung in das Gebirge von Sincoq gemacht, die 6 Millionen Piaſter koſtet, um das Waſſer aus dem Thale von Mexico in den Fluß Montezuma zu leiten. Guanaxuato, mit 50,000 Einwohnern, liegt in einem engen Keſſel, und hat noch betraͤchtlichere Bergwerke, als Potoſi. Das Bergwerk des Grafen von Valenziana, wodurch eine betraͤchtliche Stadt entſtand, auf einem Huͤgel, wo vor 30 Jahren noch Ziegen weideten, hat bereits eine ſeigere Tiefe von 1840 Fuß. Es iſt das tiefſte und reichſte auf der Erde; der reine Gewinn betraͤgt im Durchſchnitt jaͤhrlich 3 Millionen Livres, in einzelnen Jahren belief er ſich auf 5 bis 6 Milionen. Nach zweimonatlichen Meſſungen und geologiſchen Unterſuchungen und Pruͤfung der Baͤder von Comagillas, die Sonnerat fuͤr die waͤrmſten auf der Erde haͤlt, deren Temperatur 11° Reaumur hoͤher, als die der Philippiniſchen Inſeln iſt, gingen unſere Reiſende nach der ehemaligen Hauptſtadt des Koͤnigreichs Michoacan, Valladolid. Von da begaben ſie ſich an die Kuͤſten des ſtillen Meers, in die Ebene Jorullo, wo im Jahre 1750 in einer einzigen Nacht, in einer der furchtbarſten Revolutionen, die je der Erdball erlitt, aus der Ebne ſich ein Vulkan von 1494 Fuß Hoͤhe erhob, der noch mit mehr als 2000 kleinen Oeffnungen umgeben iſt. Sie ſtiegen in den brennenden Crater des großen Vulkans 258 Fuß perpendiculair hinab, ſprangen uͤber Spalten, die entzuͤndetes, geſchwefeltes Waſſerſtoffgas ausdampften, und kamen mit vieler Gefahr faſt bis in den Grund des Craters, deſſen mit Kohlenſaͤure auſſerordentlich uͤberladene Luft ſie unterſuchten. Aus Mechoacan kehrten ſie uͤber die Ebene von Tolucca nach Mexico zuruͤck, auf welchem Wege ſie den beruͤhmten Haͤnde-Baum, den Cheironthoſtaemon des Herrn Cervantes, eine Gattung, die ein faſt einziges Phaͤnomen darſtellt, weil naͤmlich von den aͤlteſten Zeiten her nur ein einziges Individuum davon exiſtiret, in Augenſchein nahmen. In Mexico verweilten ſie, um ihre beſonders an Grasarten reiche Herbaria und geologiſche Sammlungen zu ordnen, und vorzuͤglich um die Blaͤtter zu dem geologiſchen Atlas, den Herr von Humboldt herauszugeben Willens iſt, ins Reine zeichnen zu laſſen. Sie wohnten der Errichtung der coloſſaliſchen Statue des Koͤnigs zu Pferde bei, die ein einziger Kuͤnſtler, Tolſa, mit Ueberwindung von Schwierigkeiten, wovon man ſich in Europa keine richtige Vorſlellung machen kann, modellirte, goß, und auf einem hohen Fußgeſtell errichtete. Sie iſt, im reinſten, einfachſten Styl gearbeitet, ein Meiſterwerk. Jahr 1804. Im Januar verlieſſen unſre Reiſenden Mexico, um den oͤſtlichen Abhang der Cordilleren Neuſpaniens zu unterſuchen; ſie maßen die Vulkane von La Puebla. Sie fanden, daß der Vulkan Popocatepec, den Sonnenſchmidt 2557 Toiſen hoch erkletterte, hoͤher als der Pic von Oricaba ſey, auch maßen ſie die große Pyramide von Cholula, ein myſterioͤſes Werk, aus gebrannten Ziegeln von den Toltuquen emporgethuͤrmt, die man bis zum Gipfel erſteigen kann. In Xalapa, 674 Toiſen uͤber das Meer erhaben, genießt man die Fruͤchte aller Himmelsſtriche. Die Temperatur iſt hoͤchſt geſund. Ein Herr Thomas Murphy, reich und gelehrt, erleichterte ihnen, ihre Verſuche in den benachbarten Gebirgen zu machen. Der Weg nach Perote geht durch undurchdringliche Waͤlder; indeß arbeitet man jetzt an einer Heerſtraße, die unſere Reiſenden dreimal mit dem Barometer nivellirten. Sie erſtiegen den Cofre, der 162 Toiſen hoͤher, als der Pic auf Teneriffa iſt. Man maaß auch den Pic von Orizava, deſſen hellleuchtende Ausduͤnſtungen aus ſeinem Crater, ihn einem untergehenden Sterne aͤhnlich machen. Ueber ſeine Laͤnge ſind von Ferrer genaue Unterſuchungen angeſtellt. Nach einem intereſſanten Aufenthalte ſtiegen unſere Reiſenden nach Vera Crux hinab, der zwiſchen beweglichen Sandhuͤgeln liegt, wo das Zuruͤckprellen der Sonnenſtrahlen ein erſtickende Hitze verurſacht. Gluͤcklich entgingen ſie dem dort graſſirenden, ſchwarzen Erbrechen. Sie reiſeten mit einer ſpaniſchen Fregatte nach der Havanah, um ihre daſelbſt deponirten Herbaria und Sammlungen in Empfang zu nehmen. Darauf beſuchten ſie die vereinigten Staaten; ein heftiger Sturm brachte ſie in dem Canal von Bahame in die groͤße Gefahr; er dauerte 7 ganze Tage. Nach 32 Tagen landeten ſie in Philadelphia an, beſuchten die Stadt Waſhington, und kehrten im Auguſt 1804. nach Europa zuruͤck. Sie gingen uͤber Bordeaux, und brachten eine große Anzahl Zeichnungen, 35 Kiſten mit Sammlungen, und 6000 Arten Pflanzen mit ſich.