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Alexander von Humboldt: „Brief des Herrn von Humboldt an Delambre, beständigen Secretär des Instituts“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1803-Copie_d_une-15-neu> [abgerufen am 07.12.2024].

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Titel Brief des Herrn von Humboldt an Delambre, beständigen Secretär des Instituts
Jahr 1803
Ort Leipzig
Nachweis
in: Französische Annalen für die allgemeine Naturgeschichte, Physik, Chemie, Physiologie und ihre gemeinnützigen Anwendungen 2:7 (1803), S. 47–57.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Antiqua (mit lang-s); Auszeichnung: Kursivierung, Sperrung.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: II.17
Dateiname: 1803-Copie_d_une-15-neu
Statistiken
Seitenanzahl: 11
Zeichenanzahl: 18271

Weitere Fassungen
Copie d’une lettre de M. Humboldt, adressée au C. Delambre, l’un des secrétaires perpétuels de l’Institut national (datée de Lima le 25 novembre 1802) (Paris, 1803, Französisch)
Auszug aus einem Briefe des Hrn. Alexander von Humboldt an Hrn. Delambre (Weimar, 1803, Deutsch)
Letter from M. Humboldt to C. Delambres, one of the perpetual Secretaries of the National Institute (London, 1803, Englisch)
Copie d’une lettre lue à la classe des sciences physiques et mathématiques de l’Institut national. Alexandre Humboldt au citoyen Delambre, secrétaire perpétuel de l’Institut national (Paris, 1803, Französisch)
Copie d’une lettre lue à la Classe des Sciences physiques et mathématiques de l’Institut national. Alexandre Humboldt, au cit. Delambre, Secrétaire perpétuel de l’Institut national (Paris, 1803, Französisch)
Alexandre Humboldt au Citoyen Delambre, Secrétaire perpétuel de l’Institut National (London, 1803, Französisch)
Kurzer Auszug aus Hrn. Alexand. v. Humboldt’s Brief (aus Lima vom 25 Nov. 1802) an B. Delambre zu Paris (Weimar, 1803, Deutsch)
Schreiben Alexanders v. Humbold, an den B. Delambre, immerwährenden Sekretär des National-Instituts, Lima, vom 25 Nov. 1802 (Ulm, 1803, Deutsch)
Copy of a letter read in the class of physical and mathematical sciences. Alexander Humboldt to Citizen Delambre, Perpetual Secretary of the National Institute. From Lima, the 25th November, 1802 (London, 1803, Englisch)
Extrait d’une lettre d’Alexandre Humboldt au C. Delambre, secrétaire-perpétuel de l’institut national (Brüssel, 1803, Französisch)
Letter from M. Humboldt to M. Delambre, relative to his Travels in South America (London, 1803, Englisch)
Copie d’une lettre de M. Humboldt, adressée au citoyen Delambre, l’un des secrétaires perpétuels de l’Institut national (datée de Lima le 25 novembre 1802) (Paris, 1803, Französisch)
Brief van Alexander v. Humbold aan den B. Delambre, Aanhoudenden Geheimschryver van het Nat. Institut te Parys (Haarlem, 1803, Niederländisch)
Briefe des Herrn Oberbergraths von Humboldt (Berlin; Stettin, 1803, Deutsch)
Brief des Herrn von Humboldt an Delambre, beständigen Secretär des Instituts (Leipzig, 1803, Deutsch)
A letter from Baron Humboldt to a member of the National Institute at Paris (Philadelphia, Pennsylvania, 1804, Englisch)
[Copie d’une lettre de M. Humboldt, adressée au citoyen Delambre, l’un des secrétaires perpétuels de l’Institut national (datée de Lima le 25 novembre 1802)] (London, 1805, Englisch)
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Brief des Herrn von Humboldt an De-lambre, beständigen Secretär des In-stituts. — Datirt Lima den 25ten No-vember 1802.

Mein würdiger Freund!

Ich komme von dem Innern des Landes, wo ichin einer großen Ebene Versuche über die stündlichenAbweichungen der Magnetnadel gemacht habe, und höremit Bedauern, daß die Fregatte Astigarraga, die erstin 14 Tagen abgehen sollte, ihre Abreise beschleunigtund diese Nacht unter Segel geht. Seit 5 Monatenist es die erste Gelegenheit, die wir in dem einsamenSüdmeere nach Europa haben. Mangel an Zeit machtmirs unmöglich, meiner Pflicht gemäß dem National-Institute, welches mir die rührendsten Beweise desInteresses und der Güte, womit es mich beehrt, ge-geben hat, zu schreiben. — Nur wenige Tage vormeiner Abreise von Quito nach Jaën und dem Amazo-nenfluß erhielt ich den Brief vom 2ten Pluviose desJahres IX., den mir diese berühmte Gesellschaft durchSie hat schreiben lassen. Der Brief bedurfte 2 Jahre,um mich in den Cordilleren von Andu zu finden.Ich erhielt ihn einen Tag nach der Rückkunft voneiner 2ten Expedition nach dem Krater des Vulcansvon Pichincha, die ich machte, um ein Voltaisches Electrometer dahin zu bringen, und um den Durch-messer des Kraters zu messen. Ich fand ihn 752 Toi-sen, statt daß der des Vesuvs nur 312 hat. Dieseserinnert mich, daß La Condamine und Bouguer ihren ersten Brief von der ehemaligen Academic derWissenschaften auf der Spitze des Guaguapichincha, aufder ich oft gewesen bin, und die ich wie classischenBoden verehre, erhalten haben, und ich bilde mir ein,Pichincha (si magna licet componere parvis) bringe |48| den Physikern Glück. Wie soll ich Ihnen die Freudeschildern, mit welcher ich diesen Brief des Instituts,und die wiederholten Versicherungen Ihres Andenkenslas? Wie süß ist es nicht, zu wissen, daß man imAndenken derer lebt, deren Arbeiten unaufhörlich dieFortschritte des menschlichen Verstandes erweitern!— In den Wüsten der Ebenen von Apure, in dendicken Wäldern von Casiguiare, und am Oronocco,allenthalben waren mir Ihre Nahmen gegenwärtig.Indem ich die verschiedenen Epochen meines wan-dernden Lebens durchlief, verweilte ich mit Entzük-ken bey den Jahren VI. und VII., wo ich mittenunter Ihnen lebte, wo in den Ebenen von Lieursaintdie Laplace, Fourcroy, Vauquelin, Guy-ton, Chaptal, Jussieu, Desfontaines, Hal-, Lalande, Prony, und Sie besonders, gütigeund großmüthige Seele, mich mit Wohlthaten über-häuften. Empfangen Sie insgesamt das Zeugniß mei-ner zärtlichsten Anhänglichkeit, und meiner ununter-brochensten Erkenntlichkeit. Lange ehe ich Ihren Brief als Secretär des Insti-tuts erhielt, richtete ich nach und nach 3 Briefe andie physische und mathematische Classe desselben;2 von Santa-fe-di-Bogota, die mit einer Arbeit überdas Geschlecht Cinchona begleitet waren (nehmlichmit Echantillons der Rinde von 7 Species, mit colo-rirten Zeichnungen, die diese Vegetabilien darstellen,mit der Anatomie der Blüthe, die durch die Längeder Staubfäden so sehr verschieden ist, und endlichmit wohlgetrockneten Skeletten.) Dr. Mutis hat mirmehr als 100 prächtige Zeichnungen, in groß folio,von neuen Geschlechtern und Speciebus seiner Floravon Bogota geschenkt. Ich glaubte, daß solche, so-wohl für die Botanik interessante, als wegen derschönen Malerey merkwürdige Sammlung in keinen |49| bessern Händen seyn könnte als in denen eines Jus-sieu, Lamark und Desfontaines. Ich habe siedem Institute als ein schwaches Zeugniß meiner Er-gebenheit verehrt. Diese Sammlung und die Cincho-na sind nach Carthagena im Monat Juny dieses Jahresabgegangen, Mutis selbst hat die Besorgung nachParis übernommen. — Ein 3ter Brief ist von Quitofürs Institut mit einer geologischen Sammlung derProducte vom Pichincha, Catopaxi und Chim-borazo abgegangen. Aber wie betrübt ist es nicht,daß man über die Ankunft dieser Gegenstände in Un-gewißheit schweben muß, so wie auch über dieSammlungen seltener Saamen, die wir seit 3 Jahrendem Pariser botanischen Garten übersandt haben. —Die wenige Muße, die mir heute bleibt, erlaubt mirnur, Ihnen die Tabelle meiner Reisen und Beschäfti-gungen seit unserer Rückkunft von Rio Negro kurz zuschildern. Sie wissen, daß es in der Havanna war, wowir zuerst die falsche Nachricht von der Abreise desCapitain Baudin nach Buenos Ayres erhielten. DemVersprechen getreu, das ich ihm gegeben hatte, ihn,wo ich konnte, aufzusuchen, und überzeugt, denWissenschaften nützlicher zu werden, wenn ich meineArbeiten mit denen der Naturalisten vereinige, diedem Capitain Baudin folgen, stand ich keinen Augen-blick an, meinen kleinen Ruhm, die eigne Expeditionzu endigen, aufzuopfern. — Ich miethete sogleichein kleines Schiff, um mich nach Carthagena zu bege-ben. Der Sturm hat die kurze Überfahrt über einenMonat verlängert, die Winde hatten im Südmeere, woich den Capitain Baudin zu suchen dachte, aufgehört;ich entschloß mich zu der lästigen Reiseroute von Hon-da Ibagué, dem Übergang des Berges Quindin, Po-payen, Pastos nach Quito. Meine Gesundheit hat fort-dauernd wunderbar den Veränderungen der Temperaturwiderstanden, denen man auf diesem Wege ausgesetzt |50| ist, indem man jeden Tag von Schneebergen 2,460 Toi-sen hoch in heiße Thäler, wo das Thermometer nichttiefer als 26° — 24° Reaumur fällt, hinabsteigt. MeinReisegefährte, dessen Einsichten, Muth und unendlicheThätigkeit mir von großer Hülfe in den botanischenUntersuchungen sowohl, als in denen, die vergleichendeAnatomie betreffen, gewesen sind, B. Bompland nehm-lich, hat 2 Monate lang vom 3tägigen Fieber gelitten.Die starke Regenzeit hat uns auf dem critischenWege auf der Höhe von Pastos überfallen; und nach8 Monaten kamen wir erst nach Quito, um zu erfah-ren, daß Capitain Baudin die Straße von Westennach Osten um das Cap der guten Hoffnung genom-men hat. — An Ungemach gewöhnt, haben wir unsmit dem Gedanken getröstet, große Opfer aus gutenAbsichten gebracht zu haben; und indem wir den Blickauf unsere Pflanzensammlung, auf unsere barometrischeHöhenmessungen und Erdmessungen, auf unsere Zeich-nungen, und auf unsere Luftversuche auf den Cordil-leren warfen, so bereueten wir nicht, ein Land durch-laufen zu haben, welches größtentheils von Natur-forschern noch nie besucht worden ist. Wir fühlten,daß der Mensch auf nichts rechnen darf, als auf das,was er, durch eigene Thatkraft bewirkt. Die ProvinsQuito, das höchste Plateau der Welt, welches durchdie große Catastrophe vom 4ten Februar 1797 zerris-sen ward, gab uns ein weites Feld zu physischen Un-tersuchungen. Ungeheure Vulcane, deren Flammen sichzuweilen 500 Toisen hoch erheben, haben nie einen Tro-pfen fließender Lave hervorbringen können; sie speyenWasser, geschwefeltes Wasserstoffgas, Staub und koh-lensaure Thonerde. Seit 1797 ist dieser ganze Theilin Bewegung: alle Augenblicke erfahren wir die fürch-terlichsten Stöße, und das unterirdische Toben in derEbene Rio Bamba gleicht dem eines Berges, der unterunsern Füßen einstürzte. Die atmosphärische Luft, |51| und der nasse Boden (alle Vulcane finden sich nehmlichin einem zersetzten Porphyr) scheinen große Mittelzur Begünstigung dieser Brände und unterirdischenGährungen zu seyn. — Bis jetzt glaubte man zu Quito, daß 2,470 Toisendie größte Höhe sey, auf welcher Menschen der ver-dünnten Luft widerstehen könnten. — Im MonatMärz 1802 verbrachten wir einige Tage in den gro-ßen Ebenen, die den Vulcan Antisana 2,107 Toisenhoch umgeben, und wo die Ochsen, wenn man siedahin jagt, zuweilen Blut brechen. Den 16ten Märzfanden wir einen Weg auf dem Schnee von leisemAbhange, und stiegen 2,773 Toisen hoch. Die Luftenthielt daselbst 0,008 Kohlensäure, 0,218 Oxygen,0,774 Azote. Das Thermometer von Reaumur warnur 15°, und es war gar nicht kalt; aber das Blutlief uns aus Lippen und Augen. Das Local erlaubteden Versuch mit der Bordaschen Boussole nur in einerGrotte 2,467 Toisen tiefer zu machen. Die Intensitätder magnetischen Kräfte war auf dieser Höhe in demVerhältniß von 230 : 218 größer als in Quito. Manmuß jedoch nicht vergessen, daß die Zahl der Oscil-lationen bey verminderter Inclination oft zunimmt,und daß diese Intensität auch durch die Masse derPorphyrberge, die den Magneten afficiren, sich ver-mehrt. — Bey der Expedition, die ich den 23tenJuny 1802 nach den Chimborazo unternahm, bewie-sen wir, daß man mit Geduld noch größere Luftver-dünnung ertragen könne. Wir kamen 500 Toisenhöher als La Condamine (auf den Carazon), undbrachten die Instrumente auf dem Chimborazo bis3,031 Toisen, wobey wir das Barometer bis 13 Zoll11,2 Linien fallen sahen. Das Thermometer war 1°,3unter 0. Auch hier bluteten wir aus den Lippen.Unsere Indianer verließen uns wie gewöhnlich. Bom- |52| pland und Herr Montufar, Sohn des Marquis deSelvalègre aus Quito, waren die Einzigen, die wider-standen. Wir fühlten alle eine Unbehaglichkeit, eineSchwäche, einen Hang zum Brechen, welcher ge-wöhnlich eben so sehr vom Mangel des Oxygens alsvon der verdünnten Luft herrührt. — Eine entsetzli-che Kluft verhinderte uns auf die Spitze des Chim-borazo selbst zu kommen, von welcher wir nur 236Toisen entfernt waren. Sie wissen, daß noch großeUngewißheit über die Höhe dieses Colosses herrscht,den La Condamine nur von weitem maß, undihm 3,220 Toisen gab, statt daß Don George Juan ihm 3,380 gibt, ohne daß der Unterschied von derverschiedenen Höhe, die diese Astronomen für dasSignal Carabura annehmen, herrührte. Ich habe inder Ebene von Tapia eine Basis von 1,702 Metergemessen. (Verzeihen Sie, daß ich bald von Toisen undbald von Meter spreche. Es versteht sich, daß ichbey der Herausgabe meines Werks alles auf Meterund Thermometer centigrade reduciren werde.) ZweyMessungsoperationen gaben mir für den Chimborazodie Höhe von 3,267 Toisen über das Meer. Aber dieBerechnung muß nach den Entfernungen des Sextan-ten vom künstlichen Horizonte und andern Umständenberichtigt werden. — Der Vulcan Tunguragua hatseit den Zeiten des Condamine sehr abgenommen:statt 2,630 Toisen fand ich nur 2,531, und ichschmeichle mir, daß dieser Unterschied nicht von einemIrrthume bey der Operation herrührt, denn meine Mes-sungen von Cayambe, Antisana, Cotopaxi, Ilinizaweichen von denen des Condamine und Bouguer nicht um 10-15 Toisen ab. Auch sagen die Ein-wohner dieser unglücklichen Gegenden, daß der Tun-guragua augenscheinlich abgenommen habe. Den Co-topaxi, der so unendliche Explosionen gehabt hat,finde ich im Gegentheil noch immer 1,744 oder viel- |53| mehr noch etwas höher, welches von einem Irrthumemeinerseits herrühren mag. Aber die steinigte Spitzedes Cotopaxi zeigt es auch, daß es ein Heerd sey, derwiderstebt und seine Gestalt erhält. — Die Ope-rationen, die wir vom Januar bis July in den Anden von Quito gemacht haben, haben den Einwohnern dietraurige Neuigkeit gebracht, daß der Krater von Pi-chincha, den Condamine mit Schnee bedeckt sah,von neuem brennt, und daß Chimborazo, den manfür so still und unschuldig hielt, ein Vulcan gewesenist, und es vielleicht einst wiederum seyn werde.Wir haben gebrannte Felsenmassen und Bimssteine3,031 Toisen hoch gefunden. — Unglückliches Men-schengeschlecht, wenn das vulcanische Feuer (mankann sagen, daß das ganze Plateau von Quito eineinziger Vulcan mit mehreren Spitzen ist,) wenn die-ses, sage ich, sich einst quer durch den Chimborazoden Weg bahnt! Man hat oft drucken lassen, daßdieser Berg von Granit ist, aber man findet keinAtom von demselben; hin und wieder ist es ein Por-phyr in Säulen gestaltet, und verglasten Feldspath,Hornblende und Olivin enthaltend. Dieses Porphyr-lager hat 1,900 Toisen Dicke. Ich kann Ihnen beydieser Gelegenheit von einem polarisirenden Porphyr,den wir zu Viasco, nahe bey Pasto, gefunden haben,sprechen, der dem Serpentin gleicht, den ich im Journalde Physique beschrieben habe. — Ich könnte Ihnen auchnoch andre Thatsachen, die das große Gesetz des Pa-rallelisurus der Lager und ihrer besondern Dicke beym Äquator betreffen, erwähnen, aber alles das ist füreinen Brief zu viel, der vielleicht verloren geht. Ichkomme ein anderes Mal hierauf zurück. Ich füge nurhinzu, daß wir außer den Elephantenzähnen, die wirdem Herrn Cuvier bereits vom Plateau Santa-Fe1,350 Toisen hoch geschickt haben, noch andere schö-nere, nebst einem Zahn von einem fleischfressenden, |54| und einem andern von einem, von der africanischenElephantengattung etwas verschiednen, aus dem ThaleTimana, aus der Stadt Ibarra, und aus Chili, für ihnaufbewahrt haben. Die Existenz dieses fleischfressen-den Ungeheuers vom Ohio oder 50° nördl. Breite biszum 35° südlicher ist demnach erwiesen. Ich habeeine sehr angenehme Zeit zu Quito verbracht. DerPräsident der Audienza, der Baron Corondelet, hat uns mit Güte überhäuft, und seit 3 Jahren habeich mich nicht einen einzigen Tag über die Agentendes spanischen Gouvernements zu beklagen gehabt,die mich allenthalben mit einer Delicatesse und einerAuszeichnung behandelten, die mich zu einer ewigenErkenntlichkeit verpflichtet. Wie sind Zeiten und Sit-ten doch verändert! — Ich beschäftigte mich viel mitden Pyramiden und ihrem Fundament (welches ich,was die Mahlsteine (pierres molaires) betrifft, garnicht verändert finde). Ein großmüthiger Particulier,ein Freund der Wissenschaft und derer, die sieverherrlichen, wie eines Condamine und Bou-guer, der Marquis Selvalègre zu Quito nehmlich,denkt sie wieder aufzubauen; aber das führt mich zuweit. Nachdem ich Assonay und Cuença (wo man unsStiergefechtfeste gegeben hat) passirt bin, nahmen wirden Weg von Oxa, um unsere Arbeiten über die Cin-chona vollständig zu machen. Nachher verbrachtenwir einen Monat in der Provinz Jaën de Bracamorros,und in den Pongos des Amazonenflusses, dessen Ufermit Andiva und Bugainvillaea des Jussieu verziertsind. Es schien mir wichtig, die Länge von Tome-penda und Chuchunga, wo die Condaminische Kartesich endigt, und die Puncte an den Küsten zu be-stimmen. La Condamine hat nur die Länge derMündung de Napa bestimmen können; die Zeitmes- |55| ser existirten nicht mehr; so daß die Längen dieserGegenden verändert zu werden verdienten. MeinChronometer von Louis Berthoud thut Wunder,wie ich das sehe, wenn ich mich von Zeit zu Zeitdurch den 1ten Satelliten orientire, und Punct fürPunct meine Differenzen des Meridians, und die, diedie Expedition des Herrn Fidalgo, der auf königl.Befehl trigonometrische Operationen von Cumana bisCarthagena gemacht hat, gab, vergleiche. Vom Amazonenfluß passirten wir die Anden, durchdie Minen von Hualgayoc, die eine Million Piasterjährlich einbringen, und wo das Bergwerk des grauensilberhaltigen Kupfers in einer Entfernung von 2,065Toisen sich befindet. Wir stiegen Cascamasca hinab(wo ich im Pallast Atahualpa die Bogen peruvianischerGewölbe zeichnete,) nach Truxilla, und folgten durchdie Wüsten, die Küste des Südmeers nach Lima, woder Himmel die Hälfte des Jahres mit dicken Däm-pfen bedeckt ist. — Ich eilte nach Lima, um denDurchgang des Mercurs am 9ten November 1802 daselbstzu beobachten.... Unsere Sammlungen von Pflanzen und Zeichnungen,die ich über die Anatomie der Geschlechter (nach denIdeen, die Herr Jussieu mir in der Gesellschaft fürNaturgeschichte mittheilte) gemacht habe, haben durchdie Reichthümer, die wir in der Provinz Quito, Loxa,am Amazonenfluß und in den peruanischen Cordillerengemacht haben, sehr zugenommen. Wir haben vielePflanzen wieder gefunden, die Joseph de Jussieu gesehen hat, als Lloque affinis, Quillaja und andre. —Wir haben eine neue Species Jussiaea, die trefflich ist,Colletia passiflora, und den Loranthus in Baumgestaltvon 60 Fuß hoch. Besonders reich sind wir an Palmenund Gramineae, über welche Herr Bompland einesehr weitläufige Arbeit unternommen hat. Wir haben |56| jetzt 3,784 vollkommene Beschreibungen im Lateinischen,und noch ein Drittel so viel Pflanzen im Herbario, diewir aus Mangel an Zeit nicht haben beschreiben kön-nen. Es gibt kein Vegetabile, von dem wir den Fels,auf dem es sich befindet, und die Höhe in Toisen nichtangeben könnten, so daß die Pflanzen-Geographie inunserm Manuscripte sehr genaue Materialien findenwird. Um noch besser zu machen, haben wir, Herr Bompland nehmlich und ich, jede Pflanze besondersbeschrieben, aber \( \frac{2}{3} \) der Beschreibungen gehören Herrn Bompland allein, dessen Eifer und Hingebung zumFortbringen der Wissenschaft man nicht genug bewun-dern kann. Die Jussieu, Desfontaines und La-mark haben in ihm einen Schüler gebildet, der weitgehen wird. Wir haben unsre Pflanzensammlung mitdenen des Herrn Mutis verglichen, und viele Werkeconsultirt, die sich in der trefflichen Sammlung diesesgroßen Mannes finden. Wir sind überzeugt, daß wirviele neue Geschlechter und Arten haben; es erfordertaber viel Zeit und Arbeit, um zu sagen, was wirklichneu ist. Wir bringen auch eine Kieselsubstanz, diedem Tabaschir von Ostindien ähnlich ist, die Herr Maçée analysirt hat. Sie befindet sich in den Knoteneines riesenhaften Grasgeschlechts, welches man mitdem Bambou verwechselt, dessen Blüthen aber von de-nen der Bambusa des Schreber verschieden sind. Ichweiß nicht, ob Herr Fourcroy die Milch der vege-tabilischen Kühe (wie sie die Indianer nennen) erhaltenhat; es ist eine Milch, die, mit Salpetersäure behandelt,mir Caoutchouc mit balsamischem Geruch gab, aberweit entfernt, caustisch und schädlich zu seyn, wie sonstvegetabilische Milch, nahrhaft und angenehm zum Trin-ken ist. Wir haben sie auf dem Wege nach dem Oro-nocco entdeckt, in einer Plantation, wo sie die Negerviel trinken. Ich habe Herrn Fourcroy auch überGuadeloupe, so wie Sir J. Banks über Trinité, unser |57| Dapiché oder den weißen Caoutchouc, der oxygenirt ist,geschickt, den ein Baum in den Wäldern von Pimichin, indem entferntesten Winkel der Welt, gegen die Quelle desRio Negro zu, aus seinen Wurzeln durchschwitzt. — Ich gehe nicht nach den Philippinen; ich gehevon Acapulca nach Mexico, nach der Havanna und Eu-ropa. Ich umarme Sie, wie ich hoffe, im Septbr. oderOctbr. 1803 in Paris.

Gruß und Hochachtung. Humboldt.

Ich werde February in Mexico seyn. Im Juny in der Havanna. Ich denke an nichts als meine Manuscripte zu be-wahren, und zu publiciren. Wie gerne wäre ich nicht schon in Paris!!! Fdrl.