Kurzer Auszug aus Hrn. Alexand. v. Humboldt’s Brief (aus Lima vom 25 Nov. 1802) an B. Delambre zu Paris. Nachtrag zu der Korreſpondenz-Nachricht oben S. 239. Während des Drucks dieſes Bogens iſt uns dieſer Brief durch unſern Pariſer Korreſpondenten zugekommen; wir eilen, hier einige Auszüge daraus unſeren Leſern mitzutheilen; da der Brief mehr phyſikaliſchen, als geographiſchen Inhalts iſt, ſo wird eine vollſtändige Ueberſetzung deſſelben in Voigt’s Magazin der Naturkunde eingerückt. A. d. H. — „Ich habe den Durchmeſſer des Kraters von dem Vulkan Pichincha gemeſſen, und ihn zu 752 Toiſen gefunden. Der Krater des Veſuvs hat deren nur 312. — Die Provinz Quito, dieſes höchſte Hochland der Erde, das durch die Kataſtrophe vom 4ten Februar 1797 ſo ſehr zerrüttet worden iſt, hat uns ein weites Feld zu phyſikaliſchen Beobachtungen angeboten. So ungeheure Vulkane, deren Flamme ſich oft bis auf 500 Toiſen in die Höhe hinaufwirbelt, haben noch nie einen Tropfen flüſſiger Lawa hervorbringen können; ſie werfen nur Waſſer, hydrogenes Schwefelgas, Koth und kohlenartigen Lehm aus. Seit 1797 iſt dieſer Theil der Erde in beſtändiger Bewegung. Jeden Augenblick empfinden wir die heftigſten Erſchütterungen, und das unterirdiſche Getöſe, das man in der Ebene von Rio-Bamba vernimmt, gleich dem Toſen eines unter unſeren Füßen einſtürzenden Berges. Die atmoſphäriſche Luft und die durchnäßte Erde ſcheinen die erſten Veranlaſſungen der Brände und Gährungen dieſer Berge zu ſeyn, die alle aus verwittertem Porphyr beſtehen. — Man glaubte bisher zu Quito, daß man wegen Verdünnung der Luft nur bis auf 2470 Toiſen eine Höhe erſteigen könne; wir brachten am 23 Jun 1802 auf dem Chimborazo unſre Inſtrumente bis auf eine Höhe von 3031 Toiſen. Wir konnten es aber nicht lange daſelbſt aushalten; doch würden wir bis auf den Gipfel dieſes Koloſſen geſtiegen ſeyn, hätte uns nicht eine ungeheure Kluft, den Weg verſperret; wir hatten nur noch 236 Toiſ. zu erſteigen. Nach meinen Meſſungen iſt der Chimborazo 3267 Toiſ. über die Meeresfläche erhaben. — Der Vulkan Tunguragua iſt ſeit Condamine’s Zeiten von 2620 Toiſen auf 2531 eingeſunken. — Wir ſind bey den Bergwerken von Hualgayok vorbeygekommen, welche jährlich eine Million Piaſter abwerfen. Wir ſtiegen nach Cascamasca hinab, wo ich in Atahualpa’s vormaligem Pallaſte die Bogen der peruaniſchen Gewölbe abzeichnete. Von da reiſten wir nach Lima, wo die Hälfte des Jahrs der Himmel mit dicken Dünſten bedeckt iſt; ich eilte dahin, um den Durchgang des Merkurs zu beobachten. — Wir haben eine neue vegetabiliſche Milch entdeckt; die Negerſklaven trinken ſie. — — —