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Alexander von Humboldt: „Notizen Alex. von Humboldt’s von seinen Reisen in der Kordillere der Anden und von seinen physikalischen Beobachtungen in Quito und Mexico / Nachtrag zu Alex. von Humboldt’s Notizen von seinen physikalischen Beobachtungen in Peru und Mexiko“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1802-Auszug_eines_Briefes-3> [abgerufen am 07.12.2024].

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Titel Notizen Alex. von Humboldt’s von seinen Reisen in der Kordillere der Anden und von seinen physikalischen Beobachtungen in Quito und Mexico / Nachtrag zu Alex. von Humboldt’s Notizen von seinen physikalischen Beobachtungen in Peru und Mexiko
Jahr 1804
Ort Halle
Nachweis
in: Annalen der Physik 16:4 (1804), S. 450–493; 18:1 (1804), S. 118–125.
Postumer Nachdruck
Briefe Alexander’s von Humboldt an seinen Bruder Wilhelm, hrsg. von der Familie von Humboldt in Ottmachau, Stuttgart 1880, S. 37.

Alexander von Humboldt, Briefe aus Amerika 1799–1804, herausgegeben von Ulrike Moheit, Berlin: Akademie 1993, S. 162 und S. 242–247 [nach Briefmanuskript].

Alexander von Humboldt, Briefe aus Amerika 1799–1804, herausgegeben von Ulrike Moheit, Berlin: Akademie 1993, S. 235–239.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Antiqua (mit lang-s); Auszeichnung: Kursivierung, Sperrung; Fußnoten mit Asterisken; Schmuck: Initialen.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: II.14
Dateiname: 1802-Auszug_eines_Briefes-3
Statistiken
Seitenanzahl: 53
Zeichenanzahl: 72327
Bilddigitalisate

Weitere Fassungen
Auszug eines Briefes des Hrn Alexander von Humboldt an seinen Bruder Hrn Wilhelm von Humboldt in Berlin (Berlin; Stettin, 1802, Deutsch)
Neuere Berichte vom Hrn. Oberbergrath Humboldt (Leipzig; Zeitz, 1802, Deutsch)
Notizen Alex. von Humboldt’s von seinen Reisen in der Kordillere der Anden und von seinen physikalischen Beobachtungen in Quito und Mexico / Nachtrag zu Alex. von Humboldt’s Notizen von seinen physikalischen Beobachtungen in Peru und Mexiko (Halle, 1804, Deutsch)
|450|

Notizen Alex. von Humboldt’s von ſeinen Reiſen in der Kordillereder Anden und von ſeinen phyſikali-ſchen Beobachtungen in Quito und Mexiko.


[Nach dem letzten ſeiner oben mitgetheilten Brie-fe, (S. 399,) war Herr von Humboldt im Begriffe,ſich in Kumana nach der Havana, der Hauptſtadtder Inſel Kuba, einzuſchiffen; (es geſchah den 18tenNov. 1801.) Auf dieſer Fahrt, die man gewöhnlichin 8 bis 10 Tagen vollendet, hielten ihn Stürme übereinen Monat zurück. In Kuba veränderte er ſeinenReiſeplan, und ſtatt nach Mexiko zu gehn, beſchloß er,nach dem weſtlichſten Theile der Nordküſte Südame-rika’s zurück zu kehren. Dazu beſtimmte ihn einesTheils der Umſtand, daß die Schifffahrt von Mexikonach Peru durch die Südſee, (von Akapulko nach Gua-yaquil,) ſehr langwierig und beſchwerlich iſt, und er,um nach den Philippinen zu kommen, doch wiederhätte nach Akapulko zurück kehren müſſen; andernTheils die falſche Nachricht, Kapitän Baudin ſey vonFrankreich nach Buenos Ayres und der Südſee unterSegel gegangen, indem er ſich durch ſein gegebnesWort verpflichtet hielt, ſeine eigne Reiſe aufzugeben,und ſich mit den Naturforſchern bei der franzöſiſchenEntdeckungsreiſe zu vereinigen. Er übergab ſeineſämmtlichen Manuſcripte, Karten u. ſ. w., und ſeinHerbarium den Händen eines ſeiner Freunde in Hava-na, des Dr. Francisko Remirez, eines geſchick- |451| ten Chemikers, der ſie nach geendigtem Kriege ſelbſtmit nach Europa nehmen wollte, überſendete Dublet-ten ſeines Herbariums durch Reiſende nach Frankreichund Berlin, und beſtieg, nachdem er ſo alles geſicherthatte, am 8ten März zu Batabano an der Südküſtevon Kuba ein kleines Fahrzeug, das ihn nach Kar-thagena bringen ſollte. Meeresſtröme trieben dasSchiffchen zu weit weſtlich, und der Steuermann ver-irrte ſich, aus Unglauben an die Chronometer unſersLandsmannes, ſogar bis in den Golf von Darien, von woer 8 Tage lang gegen einen ſtürmiſchen Oſtwind mit dergrößten Gefahr die Küſte hinauf fahren mußte, umKarthagena zu erreichen. In dem Rio Sinu, wo ſieeinliefen, wurde 2 Tage botaniſirt; unweit Karthagena,wo Herr von Humboldt ſich an der Küſte hatte aus-ſetzen laſſen, um die Mondfinſterniß am 29ſten Märzzu beobachten, entlief er nur eben der Gefahr, von ent-ſprungnen Negerſklaven ermordet zu werden. End-lich am 30ſten März landete er glücklich zu Kartha-gena, (neue berl. Monatsſchrift, 1801, Nov., S. 394.)So weit dieſe vorläufigen Nachrichten. Ich theile nundie hierher gehörigen Stellen aus den Briefen unſersLandsmannes ſelbſt mit. d. H.]

1. Aus einem Briefe an den Legationsrath von Humboldt, damahls in Berlin. *)

— — In Karthagena traf ich Hrn. Fidalgo und die Kommiſſion, welche, um dieſe Küſte aufzu-
*) Neue berlin. Monatsſchr., 1802, Juni, S. 439—453. d. H.
|452| nehmen, mit ſehr ſchönen Chronometern und an-dern Inſtrumenten hierher geſandt iſt. Da ſich mei-ne Ortsbeſtimmungen im Innern des Orinoko-Lan-des auf die Lage mehrerer Küſtenpunkte gründet,ſo war ich begierig, meine Beſtimmung derſelbenmit denen des Herrn Fidalgo zu vergleichen.Wir fanden eine wunderbare und durchgängigeUebereinſtimmung in den Längenbeobachtungen.Auch fanden wir durch Vergleichung unſrer Ta-gebücher, daß die Magnetnadel ſeit 1798 auf die-ſer Küſte eben ſo weſtlich, als in Europa öſtlich,zurück weicht, d. h., daß in Südamerika die öſt-liche Abweichung ſchon angefangen hat, ſich zuvermindern. *)
Der lebhafte Wunſch, den großen BotanikerDon Joſe Celeſtino Mutis, der noch ein Freund Linné’s iſt, und ſich jetzt in Santa Fé de Bogotaaufhält, zu ſehn, und unſre Pflanzenſammlung mitder ſeinigen zu vergleichen, und die Begierde, dieungeheure Kordillere der Anden zu bereiſen, dieſich von Lima ununterbrochen bis an die Mündungdes Fluſſes Atrato, (in den Golf von Darien,) er-ſtreckt, um ſo eine auf eigne Beobachtungen ge-gründete Karte des ganzen Südamerika nordwärts
*) Nach Bouvard’s Beobachtungen auf der pari-ſer Sternwarte zu ſchließen, möchte dieſes Zu-rückweichen ſchwerlich bleibend, ſondern nureine Anomalie ſeyn, dergleichen im Gange derMagnetnadel häufig vorkommen. Mehr davon ineinem der folgenden Hefte der Annalen. d. H.
|453| vom Amazonenfluſſe geben zu können, bewogenmich, den Landweg nach Quito über Sta Fé und Po-payan dem Seewege über Portobelo, Panama undGuayaquil vorzuziehn. Ich ſchickte daher nur mei-ne größern Inſtrumente, die Bücher, welche ichnicht nöthig hatte, und andre Sachen auf dem See-wege ab; wir aber ſchifften uns nach einem faſt3wöchentlichen Aufenthalte in Karthagena, auf dem großen Magdalenenfluſſe ein. Die Gewalt des an-geſchwollnen, mächtig ſtrömenden Waſſers, dieKatarakten, Stürme und Gewitter, die hier faſt un-unterbrochen fortdauern und alle Nächte das ganzeHimmelsgewölbe in Flammen ſetzen, verzögertenunſre Fahrt zwiſchen wenig bewohnten Wäldern.Auf einer Strecke von 40 franzöſiſchen Meilen fan-den wir nicht eine menſchliche Wohnung. Wirſchifften 45 Tage lang bis Honda, unter 5°nördl. Breite. Ich habe den topographiſchen Plandes Fluſſes in 4 Blättern, von denen der Vicekö-nig eine Kopie behalten hat, und ein barometri-ſches Nivellement von Karthagena bis Sta Fé ge-zeichnet, und an vielen Orten den Zuſtand derLuft unterſucht, da meine Eudiometer noch alleim Stande ſind. Ueberhaupt iſt kein einziges mei-ner koſtbarern Inſtrumente zerbrochen. Bou-guer hat zwar auch auf ſeiner Rückreiſe nachFrankreich den Magdalenenfluß [herabwärts] be-ſchifft, er hatte aber keine Inſtrumente bei ſich. *)

*) Außer einer Bouſſole, einer Platte zu einem Gno-mon und einem Proportionalzirkel, vermittelſt de-
|454| Von Honda aus beſuchte ich die Bergwerkevon Mariquita und Sta Anna, wo der un-glückliche d’Elhuyar *) ſeinen Tod fand.Hier giebt es Plantagen von Zimmet, denen von Zei-lon ähnlich, Wälder von Chinabäumen, und einewahre Mußkatnuß, auf welche die Regierung jetztihre Aufmerkſamkeit richtet. Von Honda nach Sta Fé de Bogota ſteigt man 1370 Toiſen auf-wärts, auf einem Felſenwege, der über alle Beſchrei-bung ſchlecht iſt, auf kleinen eingehauenen Trep-pen, die nur 18 bis 20 Zoll breit ſind, ſo daß dieMaulthiere nur mit Mühe hindurch können. Ausdieſer Schlucht tritt man, (unter 4° 35′ nördl. Br.,)
ren Bouguer fleißig Breitenbeſtimmungen mach-te, die freilich nur ungefähr ſind. Er brachte aufder Fahrt, ſeinen Aufenthalt in Munpox abgerech-net, 14 Tage zu, während welcher man alleNächte am Lande ſchlief. Er fand die Abweichungder Magnetnadel im November 1742 zu Quito 8\( \frac{1}{2} \)° NO., und die Inclination ungefähr 10° nörd-lich, ohne doch Uebereinſtimmung mit 3 Inclina-tionsnadeln von verſchiedner Länge erhalten zukönnen. Zu La Plata war 1743 im Februar dieAbweichung ebenfalls 8\( \frac{1}{2} \)°, und zu St. Martha im Juni 6° 35′ nordöſtlich. — Honda iſt nach Bouguer eine kleine freundliche Stadt am Ein-fluſſe des Guali in den Magdalenenfluß unter 5°16′ nördl. Breite, wo die Schifffahrt auf dem Magda-lenenfluſſe anfängt, obgleich dieſer Strom nochhöher hinauf ſchiffbar iſt. d. H. *) Der ältere der beiden Brüder, welcher Directorder Bergwerke zu Sta Fé de Bogota war. d. H.
|455| auf eine weite Ebene, die mehr als 32 Quadrat-lieues faßt, auf der man zwar keine Bäume fieht,die aber mit europäiſchen Getreidearten beſäet, undvoll indiſcher Dörfer iſt. Dieſe Ebene, los Lla-nos de Bogota, iſt nach der Mythologie derEingebornen der Boden eines ehemahligen Sees Funzhe, der durch eine Ueberſchwemmung ent-ſtanden, und als die Sonne den Felſen Tequendamazertrümmert habe, (wo jetzt der berühmte Waſſer-fall des Bogota iſt,) abgelaufen ſey. *) Unſre An-kunft in Sta Fé glich einem Triumphzuge. — —Bei der außerordentlichen Achtung, in welcher Mutis ſteht, ſuchte man ſo ihn und uns zu ehren.Der Vicekönig [von Neu-Granada] darf, der Eti-kette nach, in der Stadt mit niemanden eſſen; erwar aber gerade auf ſeinem Landſitze Fucha undlud uns dahin zu ſich ein. Mutis hatte uns einHaus in ſeiner Nähe einrichten laſſen und behan-delte uns mit ausnehmender Freundſchaft. Er iſt
*) Selbſt die fabelhaften Traditionen, (ſagt Herr von Humboldt in einem ſpätern Briefe an ſeinenBruder,) und die Mythologie des alten KönigreichsBogota ſind intereſſant. Doch iſt die Geſchichtedeſſelben in Europa ganz unbekannt. Die Prieſterwußten hier eine Mittagslinie zu ziehn, beobach-teten den Zeitpunkt des Solſtitiums, und reducir-ten das Mondjahr auf das Sonnenjahr durch Ein-ſchaltungen. Ich beſitze ſelbſt einen 7eckigen beiSta Fé gefundnen Stein, der ihnen diente, dieeingeſchalteten Tage zu berechnen.
|456| ein ehrwürdiger alter Geiſtlicher, von beinahe 72Jahren, und dabei ein reicher Mann: der Königzahlt für die botaniſche Expedition, an deren Spitzeer ſteht, jährlich 10000 Piafter. Seit 15 Jahrenarbeiten 30 Mahler bei Mutis, und er hat 2 bis3000 Zeichnungen in groß Folio, welche Minia-turgemählde ſcheinen. Nächſt der Banksiſchen inLondon habe ich nie eine größere botaniſche Bi-bliothek als die von Mutis geſehn. — Ungeachtetder Nähe beim Aequator iſt doch das Klima wegender hohen Lage empfindlich kalt; das Thermome-ter ſteht meiſt auf 6 bis 7° R., oft auf 0, nie über18°. Ich bin bei den Flußmiasmen und den Ent-zündung erregenden Moskito-Stichen völlig geſundgeblieben; aber der arme Bonpland bekam dasdreitägige Fieber, und das nöthigte uns, 2 volle Mo-nat bis zum 8ten September in Sta Fé zu bleiben.Ich maß indeß die umliegenden Berge, deren meh-rere 2000 bis 2500 Toiſen hoch ſind, und beſuch-te den See Guatavita, die Steinſalzgruben von Zipaguira, und den Waſſerfall Tequenda-ma, der wegen der Menge ſeines Waſſers außer-ordentlich ſchön, aber nur 91 Toiſen hoch iſt. *)
*) Der anſehnliche Fluß Bogota, an welchem StaFé liegt, ſtürzt hier, bei dem Orte Tequenda-ma, 15 bis 16 Lieues unterhalb Sta Fé in einemeinzigen Falle ſenkrecht herab, und ergießt ſichdann 8 Lieues weiterhin in den Magdalenenfluß;die Höhe des Falles war von ältern Schriftſtellernausnehmend übertrieben worden. d. H.
|457| So bald Bonpland wieder hergeſtellt war, ver-ließen wir Sta Fé, und ſind jetzt auf dem Wegenach Quito.
Ich ſchreibe dieſe Zeilen am Fuße der Kordil-lere, die ich in 3 Tagen beſteige. Wir wollen über Ibagua und die Schneegegenden von Quiridiu über die Anden gehn. Bouguer ging über Gua-nacas. *)

2. Aus vier Briefen an denſelben, datirt:

— — Die Kordillere der Anden beſteht, [inNeu-Granada,] aus drei von einander getrenntenAeſten, auf deren öſtlichſtem Sta Fé di Bogo-ta liegt. Wir mußten folglich von dort, um unsden Küſten der Südſee zu nähern, über die höchſte
*) Dieſer Paß durch die öſtliche Gebirgsreihe der Anden von Quito liegt 45 Lieues ſüdlicher, als der,den Herr von Humboldt wählte, und führtüber die kleinen Städte La Plata, (2° 23′ nördl.Br.,) und Neyva, früher zum Magdalenenfluſſe,längs deſſen weſtlichem Ufer faſt der ganze ziem-lich ebne Weg von La Plata nach Honda hinläuft.Die kleine Stadt Ibagua liegt nach Bouguer 6Lieues weſtlich vom Magdalenenfluſſe und 21Lieues ſüdweſtlich von Honda. d. H. **) Die drei letztern Briefe kamen zugleich an; ſiefinden ſich im Auszuge in den Annales du Muſeumd’hiſt. nat., t. 2, p. 322—337. d. H.
|458| Kette, und dies geſchah bei Quiridiu und To-lima, wo wir 14 Tage über Schnee wanderten.Man kann ſich auf dieſem Wege nur der Ochſen be-dienen, die das Gepäck tragen. Die Reiſendenpflegen ſich von Menſchen tragen zu laſſen, Lar-geros genannt. Der Reiſende ſitzt auf einemStuhle, der auf den Rücken des Trägers gebundeniſt, und legt ſo täglich 3 bis 4 Stunden Weges zu-rück. Bei dieſer mühſamen Arbeit verdient derTräger in 5 bis 6 Wochen nur 14 Piaſter. Wirgingen lieber zu Fuß, und da das Wetter ſehr ſchönwar, brachten wir nur 17 Tage in dieſen Einödenzu, wo man keine Spur ſieht, daß ſie je wären be-wohnt worden, und wo man in Hütten aus Helico-nia-Blättern ſchläft, die man zu dem Ende ausdrück-lich mitnimmt. Am weſtlichen Abhange der An-des trifft man auf Brüche, in welche wir bis an dasKnie einſanken. Das Wetter hatte ſich geändert,und es regnete heftig die letzten Tage über. Un-ſere Stiefeln verfaulten uns an den Füßen und wirkamen barfuß und voller Wunden, doch mit ei-ner Menge neuer Pflanzen bereichert, in Kartha-go an. Von hier gingen wir über Buga unddurch das ſchöne Thal des Fluſſes Cauca längsdem Berge von Choca und den Platingruben inihm, nach der Stadt Popayan. *) In Popa-
*) Popayan liegt unter 2° 27′ nördl. Breite, zwi-ſchen den beiden Bergreihen der Anden von Qui-to, welche das Thal von Quito bilden. Eben ſo,nach Bouguer, die Stadt Paſto am Fuße eines
|459| yan blieben wir den ganzen November 1801, undbeſuchten von hier aus die Baſaltberge von Julu-ſuito, die Mündungen des Vulkans von Puracé, aus denen unter einem furchtbaren Getöſe Dämpfe
immer brennenden Vulkans unter 1° 13\( \frac{1}{2} \)′ Breite,und der Flecken Combal unter 49′ nördlicherBreite, am Fuße eines mit ewigem Schnee bedeck-ten Vulkans. „Die öſtliche dieſer beiden Bergrei-hen,“ (ſagt Bouguer, p. LXV,) „geht in gleicherHöhe, (da ſich immer ſtellenweiſe Gipfel mit ewi-gem Schnee in ihr zeigen,) in ihrer erſten Rich-tung noch ungefähr 100 Lieues weiter nach Nor-den, zwiſchen dem Fluſſe Cauca und dem Magda-lenenfluſſe, und hört auf, wo beide ſich vereini-gen. Nur mit Zittern wagt man es, ſie zu über-ſteigen, beſonders wenn man von außen herkömmt.“ Von dem Paſſe von Guanacas, dervon Popayan nach La Plata unter 2° 34′ nördl. Br.durch dieſe Gebirgskette führt, macht Bouguer eine furchtbare Beſchreibung. Ueber 2 Lieuesweit iſt der ganze Weg mit Knochen von Maulthie-ren, die auf ihm umgekommen ſind, wie gepfla-ſtert. Es geht zwiſchen zwei aus ewigem Schneebedeckten Bergen hindurch, dem Berge von Huila,der nördlich, und dem erloſchnen, mit ewigemSchnee bedeckten Vulkan, Kokunuko, der 4bis 5 Lieues ſüdlich bleibt. Auf der Höhe derSchlucht war ein kleiner nicht gefrorner Teich, undkeine 100 Toiſen davon weſtlich eine der Quellendes Kauka und öſtlich eine der Quellen des Magda-lenenfluſſes. Bouguer ſchätzt die Entfernungzwiſchen La Plata und Popayan nur auf 19 bis 20Lieues, und doch bringt man auf dieſem Wege
|460| von ſchwefelwaſſerſtoffhaltigem Waſſer heraus drin-gen, und die Prophyr-Granite von Piſché, wel-che 5ſeitige bis 7ſeitige Säulen, denen ähnlich bil-den, die ich im euganeiſchen Gebirge in Italien ge-ſehn habe, und die Strange beſchrieben hat.
Noch hatten wir den ſchwierigſten Theil desWeges vor uns, da wir über die Paramos vonPaſto mußten, um nach Quito zu kommen, unddas während der Regenzeit, die ſchon angefangenhatte. Paramo, [Wüſte,] nennt man in den Anden die Stellen, wo in einer Höhe von 1700 bis2000 Toiſen faſt alle Vegetation aufhört; es herrſchtauf ihnen eine Kälte, die bis auf die Knochendringt. Um der Hitze im Thale von Patia auszu-weichen, wo man ſich in einer einzigen Nacht Fie-ber zu hohlen pflegt, die Monate dauern, und un-ter dem Namen: Fieber von Patia, berüchtigt ſind,gingen wir über den Gipfel der Kordillere, nebenſchrecklichen Abgründen, nach Almager, undvon da nach der kleinen Stadt Paſto, welche amFuße eines furchtbaren Vulkans liegt, und wo wirdas Weihnachtsfeſt zubrachten. Der Eingang undAusgang aus Paſto ſind der beſchwerlichſte und elen-deſte Weg, der mir vorgekommen iſt. Es geht
mehrentheils 20 bis 22 Tage zu, beſonders, daman ſich vom Dorfe Guanacas aus nicht anders inden Paß wagen darf, als bei ganz ſicherm Wetter.— Nach Bouguer ſteht das Barometer zu Po-payan auf 22″ 10\( \frac{2}{3} \)‴, zu La Plata auf 25″, undzu Honda auf 27″ 5\( \frac{3}{4} \)‴. d. H.
|461| durch dichte moraſtige Waldungen; die Mauleſelfinken bis an den halben Leib ein, und es gehtdurch ſo enge und tiefe Schluchten durch, daß manin ein Bergwerk einzufahren glaubt. Auch liegtder Weg voller Knochen von Maulthieren, die dar-auf vor Froſt und Erſchöpfung umgekommen ſind.Die ganze Provinz von Paſto, einſchließlich derGegenden um Guachucal und Tuquères, iſtein gefrornes Plateau, das beinahe über die Gränzealler Vegetation hinaus liegt, und von Vulkanen und Schwefelgruben umgeben iſt, aus denen immer-fort Wirbel von Rauch aufſteigen. Die bedauerns-werthen Bewohner dieſer Wüſten haben kein an-deres Nahrungsmittel als die Patatas; fehlen dieſe,wie im vorigen Jahre, ſo gehn ſie in die Gebirge,und eſſen die Rinde eines kleinen Baums, (Pourre-tia pitcarnia,) von der auch die Bären der Andes leben und die ſie ihnen ſtreitig machen. Nördlicham Vulkan von Paſto habe ich in dem kleinen in-dianiſchen Dorfe Voiſaco, 1370 Toiſen überdem Meere, einen rothen Thonporphyr mit gla-ſigem Feldſpath und Hornblende gefunden, dereben ſolche magnetiſche Eigenſchaften hat, als dervon mir im Fichtelgebirge entdeckte Serpentinſtein.Er hat ſehr markirte Pole, und äußert auf Eiſennicht die geringſte anziehende Kraft. *)

*) Bouguer hatte ähnliche magnetiſche Felſen au-ßerhalb des Thals zwiſchen beiden Gipfelreihen,hinter La Plata wahrgenommen. Er habe, ſagt er,(Fig. de la terre, p. LXXXIII,) um vermittelſt der
|462| Nachdem wir zwei Monate Tag und Nachtdurchnäßt worden, und beim Städtchen Ibarra durch ein plötzliches Wachſen des Waſſers bei ei-nem Erdbeben in Gefahr geweſen waren, zu ertrin-ken, kamen wir endlich am 6ten Januar 1802in Quito an, wo der Markis von Selvalègre
Bouſſole ſeinen Weg richtig aufzunehmen, mehr-mahls die Abweichung der Magnetnadel beobach-ten müſſen, da ſich in ihr manche Irregularitätenzeigten: „Ich fand öfters Felsſtücke, (des quar-tiers de roches,) über den Boden zerſtreut, die vonaußen ſchwarz außahen, als wären ſie im Feuergeweſen, und die vielleicht von einem Vulkanemögen ausgeworfen ſeyn. Ich weiß ſie mit nichtsbeſſer, als mit Thonmaſſen zu vergleichen, die ander Sonne geriſſen und geborſten, und dann zuStein geworden ſind. In dieſen Gegenden hattedie Magnetnadel ganz verſchiedne Abweichungen,und 5 bis 6 Schritt reichten hin, um die Abwei-chung bedeutend, manchmahl um volle 30°, ſichverändern zu ſehn. Man findet dergleichen Stei-ne an verſchiednen Orten, die beiden ausgezeich-netſten aber zwiſchen La Plata und Honda 3 Lieuesvom Dorfe Bacche, (3° 16′ nördl. Breite.) Dergrößte beider hat eine Länge von 20 und eine Hö-he von 11 Fuß, iſt ſehr glatt, ohne Riß, und eswaren darauf verſchiedne Charaktere eingegraben.— — Die Eigenſchaft aller dieſer Felsſtücke, ſtarkauf die Magnetnadel zu wirken, beweiſt zwar,daß ſie viele Eiſentheile enthalten; dieſe ſind aberin ihnen ſehr verſteckt, denn das Innere derſel-ben iſt weiß und von einem ſehr feinen Korne. d. H.
|463| für uns ein ſchönes Haus hatte einrichten laſſen,das nach ſo viel Beſchwerden uns alle Bequemlich-keit darbot, wie wir ſie nur immer in Londonund Paris hätten wünſchen können. Quito iſt eineſchöne Stadt, aber der Himmel iſt ſehr traurig undneblig, die Berge umher zeigen uns wenig grün,und es iſt bedeutend kalt. Das gewaltige Erdbeben vom 4ten Februar 1797, das die ganze Provinz er-ſchütterte, und in einem Augenblicke 35000 bis40000 Menſchen tödtete, *) iſt auch in dieſer Hin-ſicht den Einwohnern nachtheilig geweſen; denn eshat die Temperatur der Luft ſo außerordentlichgeändert, daß jetzt das Thermometer hier gewöhn-lich zwiſchen 4° und 10° R. ſteht, und nur ſeltenbis auf 16 oder 17° ſteigt, indeß Bouguer eshier immerfort auf 14 oder 15° R. ſtehn ſah. **) Seit dieſer Kataſtrophe haben die Erdbeben nichtaufgehört. Und welche Stöße! Es iſt mir ſehrwahrſcheinlich, daß der ganze hoch liegende Theilder Provinz Quito nur ein einziger Vulkan iſt.Was man die Berge Cotopaxi und Pichincha nennt, ſind nur kleine Gipfel, und ihre Kraterverſchiedne Röhren, die alleſammt zu derſelben
*) Cavanilles Nachrichten von dieſem Erdbeben,erläutert aus den frühern Erzählungen von Bou-guer und Condamine, findet man in den An-nalen, VI, 67—80. d. H. **) Das Barometer ſteht, nach Bouguer, in Quitoauf 20″ 1‴, daher die Luft hier um \( \frac{1}{4} \) dünner alsan der Meeresfläche iſt. d. H.
|464| Höhlung herab gehn. Das Erdbeben von 1797 hatdieſe Hypotheſe nur allzu ſehr beſtätigt; überall öff-nete ſich damahls der Erdboden, und ſpie Schwe-felwaſſer u. d. m. aus. Die Einwohner von Quitoſind, ungeachtet dieſer Schrecken und Gefahren, mitdenen die Natur ſie umgeben hat, fröhlich, leb-haft und liebenswürdig; ihre Stadt athmet nurWolluſt und Luxus, und nirgends herrſcht viel-leicht ein mehr entſchiedner und allgemeiner Trieb,ſich zu ergötzen.
Wir haben uns beinahe 8 Monat in der ProvinzQuito aufgehalten, von Anfang Januar bis im Au-guſt, und uns während dieſer Zeit damit beſchäf-tigt, die Vulkane derſelben, einen nach dem an-dern, zu unterſuchen. So haben wir den Pichin-cha, Antiſana und Illiniça durchforſcht, in-dem wir uns bei jedem 14 Tage bis 3 Wochen auf-hielten, und in den Zwiſchenzeiten immer wiedernach Quito zurück kehrten; erſt am 9ten Juni 1802verließen wir dieſe Stadt für immer, um den ſüd-lichen Theil der Provinz zu unterſuchen. Ich bin zwei Mahl, (den 26ſten und 28ſten Mai,)am Rande des Kraters des Pichincha geweſen,des Vulkans, an deſſen Fuße die Stadt Quito ſteht. *)
*) Es gehört zur weſtlichen Kette. Auf dem felſigenGipfel deſſelben, der die Gränze des ewigenSchnees eben erreicht, brachten Bouguer und Condamine, bei ihren Meſſungen, in einer Hö-he von 2434 Toiſen über dem Meere und mehr
|465| Bis jetzt hatte ihn, ſo viel man weiß, noch nie-mand, außer Condamine geſehn, der ihn erſtnach 5 oder 6 Tage vergebner Bemühung, ohne In-ſtrumente erreicht, und wegen der ausnehmendenKälte nur 12 bis 15 Minuten dort auszudauern ver-mocht hatte. Es iſt mir geglückt, meine Inſtru-mente mit hinauf zu bringen, und manche Meſſun-gen mit ihnen anzuſtellen; auch habe ich eine Fla-ſche hier geſammelter Luft analyſirt. Das erſteMahl war ich mit einem Indianer allein, und ſchlugdenſelben Weg ein, den Condamine genom-men hatte, über die Schneewand an der niedrig-ſten Stelle des Kraters. Wir liefen indeß hier Ge-fahr, umzukommen. Mein Begleiter verſank plötz-lich bis an die Bruſt, und wir fanden mit Schre-cken, daß wir auf einer Brücke aus gefrornemSchnee gegangen waren, da wenige Schritte vonuns ſich Löcher zeigten, durch die das Tageslichtſchien. Ohne es zu wiſſen, befanden wir uns alſo
als 900 Toiſen über Quito, 3 volle Wochen zu. DasBarometer ſtand hier auf 15″ 11‴, das Thermome-ter variirte zwiſchen 17° R. und mehrern Gradenunter 0, und des Abends war die Kälte in ihrerſorgfältig verwahrten Hütte ſo groß, daß das Waſ-ſer in ihren Trinkgläſern fror, ungeachtet ein Koh-lenbecken und mehrere Lichter auf dem Tiſcheſtanden. Die körperlichen Beſchwerden, die ſiehier empfanden, rührten, nach Bouguer, nurvon dieſer Kälte, und nicht von der Dünnheit derLuft her. d. H.
|466| auf Gewölben, über dem Krater. Dieſes benahmmir indeß den Muth nicht, beſtimmte mich aber,den Plan zu ändern. Aus der Umgebung des Kra-ters ragen 3 felſige Pics hervor, die nicht mit Schneebedeckt ſind, weil die Dämpfe des Vulkans denSchnee auf ihnen unaufhörlich ſchmelzen. Einendieſer Felſen erſtieg ich, und fand auf der Spitzedeſſelben eine Art von Balcon, 12 Fuß lang und6 Fuß breit, der von der Seite des Kraters her un-terminirt iſt, und in ihm vorſteht. Hier verweilteich, ungeachtet dieſer Felſen oft und heftig bebte;in weniger als 30 Minuten zählten wir 18 Stöße.Auf dem Bauche liegend, ſchauten wir von hier bisauf den Boden des Kraters herab. Schwerlich giebtes in der ganzen Natur etwas traurigeres, finſtereresund ſchreckbareres, als was uns dieſer Anblickzeigte. Die Mündung des Vulkans iſt ein kreisrun-des Loch von faſt 1 Lieue Umfang, deſſen ſenk-rechte Wände oben mit Schnee bedeckt ſind. DasInnere iſt dunkelſchwarz, und der Abgrund ſo un-ermeßlich, daß man darin deutlich die Gipfel meh-rerer in ihm ſtehenden Berge wahrnimmt, derenSpitzen 300 Toiſen unter uns zu ſeyn ſchienen.Hiernach zweifle ich nicht, daß der Boden desKraters in einerlei Niveau mit der Stadt Quito liegt. Condamine fand dieſen Krater erloſchen undſelbſt mit Schnee bedeckt; es war eine traurigeNachricht, die wir den Einwohnern von Quito mitherab bringen mußten, daß der Vulkan, an wel-chem die Stadt liegt, jetzt in Brand iſt, wovon un- |467| verkennbare Zeichen uns offenbar überzeugten.Wir wurden von Schwefeldämpfen faſt erſtickt, dawir uns dem Rande näherten; wir ſahen ſelbſt hierund da bläuliche Flammen aufwallen, und alle 2bis 3 Minuten fühlten wir heftige Stöße von Erdbe-ben, welche den Rand des Kraters erſchüttern, unddie 100 Toiſen davon nicht mehr merkbar ſind. Wieich vermuthe, hat die große Kataſtrophe am 4tenFebr. 1797 auch das Feuer im Pichincha wiederentzündet. — Nach zwei Tagen wagte ich michin Begleitung von Bonpland und Karl vonMontufar, Sohn des Markis von Selvaalègre, noch ein Mahl hierher. Wir nahmen jetzt nochmehrere Inſtrumente mit, und maßen den Durch-meſſer des Kraters und die Höhe des Berges. Jenenfanden wir 754, dieſe 2477 Toiſen. Der Kraterdes Veſuvs hat nur 312 Toiſen im Durchmeſſer. Einſehr ſtarkes Erdbeben, welches wir in den 2 Ta-gen zwiſchen beiden Expeditionen in Quito hatten,ſchrieben die Indianer einem Pulver zu, das ich inden Vulkan geworfen haben ſollte. *)
Auf unſrer Reiſe zum Vulkan Antiſana wur-den wir ſo vom Wetter begünſtigt, daß wir bis zueiner Höhe von 2773 Toiſen hinauf klommen. **)
*) Der Pichincha hat 1577, 1639 und 1660 Ausbrü-che gehabt, von denen aber keiner der Stadt Qui-to ſchädlich geworden iſt. d. H. **) Einer der höchſten kegelförmigen Vulkane derOſtkette, nur wenig ſüdlich von Quito und nord-öſtlich vom Cotopaxi. Sein Gipfel iſt, nach Con-
|468| Das Barometer ſtand da auf 14″ 7‴, und wegender ſehr dünnen Luft drang uns Blut aus den Lip-pen, dem Zahnfleiſche, und ſelbſt aus den Augen.Wir fühlten eine außerordentliche Ermattung, undeiner unſrer Begleiter fiel in Ohnmacht. Auchhatte man es bisher für unmöglich gehalten, höherzu kommen, als der Gipfel des Corazon iſt, den Condamine erſtiegen hatte, und der 2470 Toi-ſen, (14620 Fuß,) über das Meer erhaben iſt. *) Die auf dem höchſten Punkte, den wir erreichthatten, eingeſammelte Luft enthielt, als ich ſie zer-legte, 0,008 kohlenſaures Gas und 0,218 Sauer-ſtoffgas.
Den Krater des Cotopaxi zu erreichen, fan-den wir unmöglich. Daß dieſer Berg beim Erd-beben am 4ten Febr. 1797 niedriger geworden ſey,iſt unrichtig. Den 9ten Juni 1802 verließen wir Quito, umim ſüdlichen Theile der Provinz den Chimbora-zo und Tunguragua **) zu unterſuchen, ihre
damine, 3016 Toiſen über das Meer erhaben.Er warf 1590 Feuer aus. d. H. *) Der Corazon und der Illiniza ſtehn beide inder Weſtkette, dem Antiſana und Cotopaxi ge-gen über. Auf dem Corazon, der höchſten Höhe,welche Bouguer und Condamine erſtiegenhaben, ſtand das Barometer auf 15″ 9\( \frac{1}{5} \)‴. d. H. **) Beide liegen einander gegen über, unter 1° 30′ſüdl. Breite, der Tunguragua in der Oſt-, der
|469| Höhe zu meſſen, und den Plan des ganzen durchdie Kataſtrophe von 1797 zerſtörten Landſtrichsaufzunehmen. Es iſt uns geglückt, uns der Spitzedes Chimborazo bis auf 250 Toiſen zu nähern.Eine Reihe vulkaniſcher Felſen, die frei von Schneewaren, erleichterte uns das Hinanklimmen. Wirkamen bis zu einer Höhe von 3031 Toiſen, in-dem wir dieſelben Unbequemlichkeiten als auf demGipſel des Antiſana empfanden; ja, es blieb unsſelbſt noch 2 bis 3 Tage nachher eine Unbehaglich-keit, die wir lediglich der Wirkung der verdünn-ten Luft zuſchreiben konnten. Die hier aufgefan-gene Luft enthielt nur 0,20 Sauerſtoffgas. DieIndianer, welche uns, (das heißt, Bonpland, Karl von Montufar, mich und einen meinerBedienten, der einen Theil meiner Inſtrumentetrug,) begleiteten, hielten es nicht aus, und ver-ließen uns, ehe wir dieſe äußerſte Höhe erreich-ten, indem ſie uns fragten, ob wir ſie tödten woll-ten. Wir würden deſſen ungeachtet unſern Wegbis zur höchſten Spitze fortgeſetzt haben, hätteuns nicht eine Spalte, die zu tief war, als daß wirhätten hindurch klettern können, den Weg abge-ſchnitten. Es war ſehr gut, daß wir da umgekehrtwaren; denn auf unſerm Rückwege bekamen wirſo viel Schnee, daß wir uns kaum zurecht fanden.Nur ſchlecht geſchützt gegen die durchdringende
Chimborazo in der Weſtkette. Nach Bou-guer und Condamine iſt jener 2623, dieſer3217 Toiſen hoch. d. H.
|470| Kälte dieſer hohen Regionen litten wir alle außer-ordentlich, beſonders ich, dem vor ein paar Tagenein Fall einen geſchwollenen Fuß zugezogen hatte,auf dieſem Wege, wo man jeden Fußtritt berech-nen mußte, und alle Augenblicke an einen ſpitzi-gen Stein ſtieß. Unſer kurzer Aufenthalt in jeneraußerordentlichen Höhe war gar traurig; Nebel(brume) umhüllten uns, und ließen uns nur dann undwann die ſchrecklichen Abgründe erblicken, dieuns umgaben; nicht ein einziges lebendes Weſenzeigte ſich in dieſen Höhen, obſchon auf dem Anti-ſana der Condor noch über unſerm Haupte ge-ſchwebt hatte; kleine Mooſe waren die einzigen or-ganiſchen Weſen, die uns daran erinnerten, daßwir uns noch auf der bewohnten Erde befanden.— — Dieſer ganze ungeheure Koloß, (ſo wie allehohe Gipfel der Anden,) beſteht nicht aus Gra-nit, ſondern aus Porphyr, vom Fuße bis zur Spitze,und der Porphyr hat hier eine Mächtigkeit von1900 Toiſen, (11400 Fuß.) Höchſt wahrſchein-lich iſt auch er ein Vulkan, ſo gut als der Pichin-cha und der Antiſana. Der Felſenweg, auf demwir ihn beſtiegen, beſteht aus einer gebranntenund verſchlackten, mit Bimsftein gemengten Ge-birgsart, und gleicht in allem den Lavaſtrömen die-ſes Welttheils; er ging noch über den Punkt, wowir unſre Nachforſchung endigen mußten, zum Gi-pfel des Bergs hinauf. Es iſt möglich, daß dieſerGipfel der Krater eines erloſchenen Vulkans iſt, unddas ſcheint mir ſelbſt wahrſcheinlich zu ſeyn. — —
|471| Während unſers Aufenthalts zu Riobamba, wo wir bei dem Bruder Montufar’s, der Corre-gidor iſt, einige Wochen zubrachten, führte unsder Zufall eine ſehr intereſſante Entdeckung zu.[Bei dem Könige der Indianer zu Lican fandenſie eine von ſeinen Vorfahren im 16ten Jahrhundertgeſchriebne Geſchichte von Quito, vor dem Ein-falle der Peruaner 1470.] Wir ſchöpften aus ihrbeſonders ſehr wichtige Nachrichten über den Aus-bruch des Nevado del Attas, *) der ehemahlshöher als der Chimborazo und folglich der höchſteBerg der Erde geweſen ſeyn muß, und den die Ein-gebornen Capa-urcu, das heißt, Haupt der Ber-ge, nannten. Damahls regierte zu Lican der letzteunabhängige König des Landes; und die Prieſterweiſsagten ihm aus jener Kataſtrophe ſeinen Unter-gang. Der Ausbruch des Vulkans dauerte 7 Jahr,und das Manuſcript erzählt, es ſey wegen desAſchenregens in Lican 7 Jahre lang unaufhörlichNacht geweſen. Nach der ungeheuren Menge vul-kaniſcher Materien zu urtheilen, die ſich in derEbene von Tapia um den gewaltigen Berg fin-den, der damahls eingeſtürzt ſeyn ſoll, möchte mandieſes faſt für möglich halten, da der Cotopaxiſchon oft Quito 14 bis 18 Stunden lang in Finſter-
*) Wahrſcheinlich der el Altar mont neigée auf Bouguer’s Karte, der in der Weſtkette, zwi-ſchen dem Tunguragua und dem Sangay, geradeweſtlich über Riobamba und Lican ſteht, und nach Condamine jetzt 2730 Toiſen hoch iſt. d. H.
|472| niß gehüllt hat. — — — Ich beſuchte noch vonhier aus die großen Schwefelbergwerke von Tir-rau. Dieſen Berg von Schwefel wollten die India-ner, die ſich nach dem Erdbeben von 1797 empörthatten, in Feuer ſetzen, um, wie ſie hofften, da-durch einen Vulkan hervor zu bringen, der dieganze Provinz von Alauſſy verſchlingen ſollte.
Von Riobamba gingen wir nach Cuença, überdas berüchtigte Paramo del Aſſuay, *) aufdem man in einer Höhe von 2300 Toiſen noch jetztdie Ruinen des herrlichen Weges der Incas ſieht,der faſt bis nach Cuzco ging. Er war ganz aus ge-hauenen Steinen erbauet, ſehr gut allignirt, undglich den ſchönſten Heerſtraßen der Römer. Auchfinden ſich hier die Ruinen des Pallaſtes des Inca Tupayupangi, (des Eroberers von Quito,) welchen Condamine in den berliner Mémoires beſchrie-ben hat. — — In Cuença blieben wir nur 10Tage, gingen dann in die Provinz von Jaen, wowir uns in der Nachbarſchaft des Amazonenfluſſes einen Monat verweilten, und langten am 23ſtenOctober 1802 in Lima an. Von hier denke ichim December nach Akapulko in Mexiko abzu-
*) Der Aſſuay trennt die Provinzen Riobamba undCuença. Auf einem ſeiner Gipfel, dem Sinaza-huan, ſtand, 2334 Toiſen über dem Meere, dashöchſte Signal der franzöſiſchen Akademiker, daszu ihrer Gradmeſſung wirklich diente, und ſiebrachten dort über 10 Tage unter einem Zelte mitLebensgefahr zu. d. H.
|473| gehn. — — Den Plan, über die Philippinen zu-rück zu kehren, habe ich aufgegeben. Ich würdeauf dieſer langwierigen Fahrt nichts als Manillaund das Cap zu ſehn bekommen haben; und ſelbſt,um nach Oſtindien zu kommen, würde mir die Ge-legenheit gefehlt haben.
In der Stadt Munpox *) hatten wir uns 40bis 50 junge, 7 bis 8 Zoll lange Krokodille ver-ſchafft, über deren Reſpiration ich ſehr merkwür-dige Verſuche angeſtellt habe. Statt, daß andreThiere das Gasvolumen, worin ſie leben, vermin-dern, vermehren es die Krokodille. Ein Krokodillin 1000 Theilen atmoſphäriſcher Luft eingeſchloſ-ſen, die 274 Th. Sauerſtoffgas, 15 Th. kohlenſau-res Gas und 711 Th. Stickgas enthielten, vermehr-te dieſe Luftmaſſe innerhalb 1 Stunde und 43 Mi-nuten, um 124 Theile, und die 1124 Theile, wel-che nun vorhanden waren, enthielten 106,8 Th.Sauerſtoffgas, 79 Th. kohlenſaures Gas und 938,2Th. Stickgas, vielleicht mit andern unbekanntenGasarten, auf welche die ſalzbaren Grundſtoffe kei-ne Wirkung äußerten, vermiſcht. Das Krokodillerzeugt folglich in 1\( \frac{3}{4} \) St. 64 Th. kohlenſaures Gas,
*) Eine bedeutende Handelsſtadt, unter 9° 19′ nördl.Br., am weſtlichen Uſer des Magdalenenfluſſes, der7 Lieues oberhalb Munpox den Fluß von Caucaaufnimmt, und ſich 44 Lieues nördlicher in dasMeer ergießt. Im December ſchwillt hier derſehr breite Strom um 12 bis 13 Fuß jährlich an. d. H.
|474| und abſorbirt 167,2 Th. Sauerſtoffgas, wovon 46 imkohlenſauren Gas vorhanden ſind, 121 aber dasThier ſich aneignet, welches bei der Farbe ſeinesBluts ſehr wenig iſt. Zu der Analyſe der Luft dien-te mir Kalkwaſſer und ſehr ſorgfältig bereitetesSalpetergas. Die Verſuche ſind ſehr mühſelig underfordern große Vorſicht. — Das Krokodill iſtfür kohlenſaures Gas ſo empfindlich, daß es ſtirbt,wenn man es in Luft bringt, die ſchon durch einKrokodill verdorben worden iſt; doch kann es 2bis 3 Stunden ohne alle Reſpiration leben. So kleindie Thiere auch waren, ſo hätten ſie doch einenFinger abbeißen können, und ſie hatten den Muth,einen Hund anzugreifen. Wir bringen ſehr genaueund umſtändliche Beſchreibungen des ſüdamerika-niſchen Krokodilles mit, wovon es 3 verſchiedneArten giebt, die das Volk durch die Namen: Bava,Caiman, Krokodill, unterſcheidet. Dieſe Ungeheuerſind in den hieſigen tropiſchen Gegenden die wah-ren Fiſche der Flüſſe, und an einigen Orten voneinem ſo guten Naturell, daß man ſich in ihrer Ge-genwart badet, an andern ſo bösartig und grau-ſam, daß ſie wohl Indianer mitten in der Straße anden Kayen anfallen und verſchlingen. — —
Nahe bei Sta Fé findet ſich im Campo deGigante in einer Höhe von 1370 Toiſen eineungeheure Menge foſſiler Elephantenknochen, theilsvon der afrikaniſchen, theils von der fleiſchfreſ-ſenden Art, deren Skelette man am Ohio entdeckthat. Wir haben da nachgraben laſſen, und meh- |475| rere Exemplare dem Nationalinſtitute überſendet.Ich zweifle, daß man dieſe Knochen ſchon anders-wo in einer ſolchen Höhe gefunden hat. Seitdemhabe ich einen ſolchen Knochen erhalten, den man inden Andes von Quito unter 2° Breite gefunden hatte,und einen zweiten aus Chili. Daraus läßt ſich dieExiſtenz dieſer gigantesken Elephanten vom Ohiobis zu den Patagonen darthun. Ich bringe eineſchöne Sammlung dieſer foſſilen Knochen für Cu-vier mit. Im Thale des Magdalenenfluſſes hat manvor 15 Jahren ein vollſtändiges verſteinertes Kroko-dillſkelett in einem Kalkſteinfelſen gefunden; leideriſt es zerſchlagen worden, und der Kopf, der nochvor kurzem exiſtirte, war nicht mehr aufzu-treiben.

3. Aus einem Briefe an Delambre, einen der Se-cretaires perpetuels des Nationalinſtituts. *)

Mein verehrter Freund. Eben komme ich vomInnern des Landes zurück, wo ich in einer weitenEbene Beobachtungen über die ſtündlichen Abwei-chungen der Magnetnadel angeſtellt habe, und er-fahre mit Bedauern, daß die Fregatte Aſtigarraga,welche erſt in vierzehn Tagen abgehn ſollte, ihreReiſe beſchleunigt hat, und dieſe Nacht nach Cadixunter Segel gehn wird. Seit 5 Monaten iſt das die
*) Annales du Muſeum d’hiſt. nat., t. 2, p. 322. d. H.
|476| erſte Gelegenheit, um von dieſen Ländern an derSüdſee nach Europa zu ſchreiben. *) Dem Natio-nalinſtitute, das mir ſeine Theilnahme auf eine ſoaufmunternde Weiſe bezeugt hat, wie ich ſollte, zuſchreiben, iſt mir bei der Kürze der Zeit unmög-lich. Der Brief, den Sie, als Organ deſſelben,mir am 9ten Pluvioſe Jahr 9 geſchrieben haben,hat volle zwei Jahre gebraucht, um mich in derKordillere der Anden zu erreichen. Ich erhielt ihnkurz vor meiner Abreiſe von Quito, den Tag nacheiner zweiten Expedition zum Krater des Pichincha,die ich unternommen hatte, um dort ein Voltaiſches Electrometer zu beobachten, und den Durchmeſſerdes Kraters zu meſſen. Auf der Spitze des Guaga-Pichincha, wo ich oft geweſen bin, und die ichals klaſſiſchen Boden liebe, war es auch, wo Con-damine und Bouguer den erſten Brief von derpariſer Akademie erhielten; und ſo ſcheint der Pi-chincha den Phyſikern Glück zu bringen. — —Wie ſüß iſt es, zu wiſſen, daß man im Anden-ken derer lebt, deren Arbeiten unausgeſetzt dasGebiet des menſchlichen Wiſſens erweitern. — —Lange zuvor, ehe ich dieſen Brief erhielt, habe ichder phyſikaliſchen und mathematiſchen Klaſſe des
*) Mit derſelben Gelegenheit erhielt der Herr Le-gationsrath von Humboldt in Rom die obenmitgetheilten Briefe von ſeinem Bruder, ſ. S. 457. d. H.
|477| Nationalinſtituts drei Briefe überſandt: zwei vonSta Fé di Bogota und den dritten von Quito aus.Bei den erſtern befand ſich ein Aufſatz von mirüber das Genus Cinchona, [des Baums der Fieber-rinde,] mit einer Sammlung von 7 verſchiednenArten von Chinarinde, mit farbigen Zeichnungender Bäume, von denen ſie kommen, und der Ana-tomie ihrer Blüthen, welche ſich durch die Längeder Staubfäden weſentlich von einander unterſchei-den, und mit trocknen, ſorgfältig gemachten Ske-letten. Der Dr. Mutis, der mich mit der aus-gezeichnetſten Freundſchaft behandelt hat, und ausLiebe zu dem ich 40 Tage zugebracht habe, umden [Magdalenen-] Strom hinauf zu fahren, hattemir gegen hundert prachtvolle Pflanzengemählde ingroß Folio, von neuen Geſchlechtern und Arten,aus ſeiner Flora von Bogota, die noch Manuſcriptiſt, geſchenkt. Ich habe geglaubt, dieſe könntenſich nicht in beſſern Händen als denen der Juſſieu, Lamark und Desfontaines befinden, und habe michdaher beeifert, ſie dem Nationalinſtitute als einſchwaches Zeichen meiner Anhänglichkeit zu über-reichen. Sie und die Sammlung der Cinchonenſind in der Mitte Juni 1802 nach Karthagena abge-gangen, und Mutis ſelbſt hat es übernommen,für ihre Ankunft in Paris zu ſorgen. Den drittenvon Quito aus geſchriebnen Brief begleitete einegeologiſche Sammlung der vulkaniſchen Produktedes Pichincha, Cotopaxi und Chimborazo. Wie |478| unangenehm iſt es, in Zweifel zu bleiben, ob dieſeSendungen gehörig angekommen ſind. *) — — —
Meine Geſundheit hat fortdauernd den gro-ßen Temperaturveränderungen, denen man aufdem höchſt beſchwerlichen Wege von Sta Fé überden Berg von Quiridiu, und über Popayan und Pa-ſtos nach Quito ausgeſetzt iſt, auf eine bewunderns-würdige Art widerſtanden. Täglich ſtiegen wirvon Schneefeldern, die 2460 Toiſen über demMeere liegen, in brennend heiße Thäler hinab,wo das Thermometer auf 24 bis 26° R. ſtand. Da-gegen litt mein Gefährte Bonpland, deſſenKenntniſſe, Muth und unendliche Thätigkeit mirbei den botaniſchen und anatomiſchen Unterſuchun-gen vom größten Nutzen ſind, 2 Monate lang am3tägigen Fieber. Die Regenzeit überfiel uns aufder mißlichſten Stelle, auf dem hohen Plateau vonPaſtos. Endlich, nach einer Reiſe von 8 Monaten, **) kamen wir in Quito an, und erfuhren hier, daß Baudin ſeinen Weg öſtlich um das Vorgebirgeder guten Hoffnung genommen habe. Des Miß-geſchicks gewohnt, tröſteten wir uns mit dem Ge-danken, ſo große Opfer einem guten Zwecke ge-bracht zu haben, und ein Blick auf unſer Herba-rium, unſre barometriſchen und geodätiſchen Meſ-ſungen, unſre Zeichnungen, unſre Verſuche mit
*) Beide Sendungen hat das Nationalinſtitut vor kur-zem erhalten. d. H. **) Das heißt, von Karthagena ab gerechnet. d. H.
|479| der Luft auf den Kordilleren, reichte hin, uns esnicht bedauern zu laſſen, daß wir Landſtrichedurchwandelt waren, die größten Theils noch nieein Naturforſcher betreten hatte. Wir ſahen ſehrdeutlich, daß der Menſch auf nichts rechnen muß,als auf das, was er durch ſeine eigne Energie be- wirkt. *)
Die Provinz Quito, das höchſte Plateau aufunſrer Erde, welches durch die große Kataſtro-phe am 4ten Febr. 1797 zerriſſen und verwüſtetiſt, hat uns ein weites Feld zu phyſikaliſchen Beob-achtungen geöffnet. So ungeheure Vulkane, de-ren Flammen oft eine Höhe von 500 Toiſen errei-chen, haben noch kein Tröpfchen fließender Lavahervor zu bringen vermocht; ſie ſpeien nichts alsWaſſer, Schwefelwaſſerſtoffgas, Koth und kohlen-ſtoffhaltigen Thon aus, (argile carbonnée.) Seit1797 iſt dieſer ganze Erdſtrich in Aufruhr; alle Au-genblicke verſpüren wir heftige Erdſtöße, und dasunterirdiſche Getöſe in den Ebenen von Riobambagleicht dem eines Berges, der unter unſern Füßeneinſtürzt. Die atmoſphäriſche Luft und der durch-näßte Boden, (alle dieſe Vulkane befinden ſich ineinem verwitterten und zerſetzten Porphyr,) ſchei-nen das große Agens bei dieſen Bränden und beidieſen unterirdiſchen Gährungen zu ſeyn. **)
*) Vergl. S. 453. d. H. **) Vergl. S. 443. d. H.
|480| Man hatte bisher in Quito geglaubt, eine Hö-he von 2470 Toiſen, (14820 par. Fuß,) über derMeeresfläche ſey die äußerſte, in welcher derMenſch die verdünnte Luft zu ertragen vermöge.Im März 1802 brachten wir einige Tage auf dengroßen Ebenen zu, welche den Vulkan von An-tiſana umgeben, und 2107 Toiſen über dem Mee-re liegen. *) Die Ochſen, welche man auf dieſerEbene jagt, ſpeien oft Blut aus. Am 16ten Märzentdeckten wir auf dem Schnee einen Weg, deruns einen ſanften Abhang herauf führte, bis zu ei-ner Höhe von 2773 Toiſen, (16638 Fuß.) DieLuft enthielt hier 0,08 kohlenſaures Gas, 0,218Sauerſtoffgas und 0,774 Stickgas. Das Reaumüri-ſche Thermometer ſtand auf 15°, und es war nichtim mindeſten kalt; das Blut aber drang uns aus denLippen und aus den Augen. Das Local erlaubtees nicht hier, ſondern nur in einer tiefer liegendenGrotte, 2467 Toiſen über dem Meere, Beobachtun-gen mit Borda’s Inclinationsbouſſole anzuſtellen.Die Intenſität der magnetiſchen Kraft war hiergrößer als zu Quito, im Verhältniſſe von 230:218.Doch darf man dabei nicht aus der Acht laſſen, daßoft die Zahl der Schwingungen der Nadel in einergegebnen Zeit zunimmt, wenn gleich die Inclina-tion abnimmt, und daß die Intenſität der magneti-ſchen Kraft durch die Maſſe des Berges vermehrt
*) Vergl. S. 467. d. H.
|481| wurde, da der Porphyr, woraus er beſteht, aufdie Magnetnadel wirkt. *)
Bei unſrer Expedition auf dem Chimborazo, die wir am 23ſten Juni 1802 in Geſellſchaft von
*) Es ſey mir erlaubt, bei dieſer Gelegenheit ein paarStellen in den frühern Bänden der Annalen, die Intenſität der magnetiſchen Kraft betreffend, zuberichtigen. Annalen, IV, 451, ſoll es heißen:„Bei gleichen Pendellängen verhalten ſich die Zah-len von Schwingungen in einerlei Zeit wie die Quadratwurzeln der beſchleunigenden Kräfte; undin ſo fern kann die Zahl der Oſcillationen der In-clinationsnadel die magnetiſche Kraft meſſen.“Durch ein Verſehen ſind die beiden hier Curſiv ge-druckten Worte dort ausgelaſſen, und dadurch iſtdas Reſultat aus den Nouetſchen und von Hum-boldtſchen Verſuchen in den Annalen, V, 184, un-richtig geworden. Schwingt die Inclinationſnadelin 1 Minute in Paris 24,5 und in Cumana 22,9Mahl, wie Herr von Humboldt fand, dagegenin Alexandrien, nach Nouet’s Beobachtung, nur20,8 oder 21,83 Mahl; ſo ſteht die Intenſität dermagnetiſchen Kraft zu Paris, zu Cumana und in Alexandrien zu einander in dem Verhältniſſe von2452:2292:218,32 oder 2082, das iſt, in dem Ver-hältniſſe von 1:0,874:0,794 oder 0,721, und diemagnetiſche Kraft der Erde iſt in Cumana um \( \frac{1}{8} \) undin Alexandrien um \( \frac{1}{5} \) oder ſelbſt \( \frac{1}{4} \) ſchwächer alsin Paris und im ſüdlichen Frankreich. Hiernachmöchte auch die obige Angabe des Herrn von Humboldt zu berichtigen ſeyn, wenn 230:218,wie es ſcheint, das Verhältniß der Schwingungs-mengen der Inclinationsnadel in einerlei Zeit andem Antiſana und zu Quito iſt. d. H.
|482| Karl von Montufar, Sohn des Marquis von Sel-valègre zu Quito, unternahmen, bewieſen wir, daßman, wenn man nur Geduld und Standhaftigkeithat, eine noch weit beträchtlichere Verdünnungder Luft zu ertragen vermag. Wir kamen 500 Toi-ſen höher als Condamine, (auf dem Carazon,)und nahmen bis auf dieſe Höhe von 3031 Toiſen,(18186 par. Fuß,) Inſtrumente mit hinauf. DasQueckſilber im Barometer ſtand hier auf 13″ 11,2‴und das Thermometer auf — 1°,3 R. Wir blute-ten wiederum aus den Lippen. Unſre Indianer ver-ließen uns, wie gewöhnlich, und Bonpland, Montufar und ich, wir waren die einzigen, dieaushielten. Wir empfanden insgeſammt eine Un-behaglichkeit, eine Schwäche, eine Neigung zumErbrechen, die ſicher eben ſo ſehr von dem Man-gel an Sauerſtoff in dieſen Regionen, als von derVerdünnung der Luft bewirkt wurden. Ich fandden Sauerſtoffgehalt der Luft in dieſer ungeheurenHöhe nur zu 0,20. Eine furchtbare Spalte hinder-te uns, ganz bis zum Gipfel des Chimborazo hinaufzu klimmen; es fehlten uns daran nur noch 236Toiſen ſenkrechter Höhe. Die wahre Höhe dieſesKoloſſes war bisher noch ſehr zweifelhaft. Con-damine, der ihn indeß nur aus einer großen Ent-fernung maß, giebt ihm 3217, dagegen Don George Juan 3380 Toiſen ſenkrechter Höheüber dem Meere, obgleich beide Aſtronomen überdie Höhe des Signals auf dem Carabura einig ſind.Ich habe in der Ebene von Tapia eine Grundlinie |483| von 1702 Mètres gemeſſen, und zwei geodätiſcheOperationen geben mir die ſenkrechte Höhe desChimborazo über dem Meere auf 3267 Toiſen;doch bedarf die Berechnung noch einiger kleinerCorrectionen, z. B. wegen der Entfernung desSpiegelſextanten vom künſtlichen Horizonte, u. ſ. f.
Die Höhe des Vulkans von Tunguragua hatſeit Bouguer’s und Condamine’s Zeit be-trächtlich abgenommen. Damahls betrug ſie 2620,jetzt finde ich ſie nur zu 2531 Toiſen, und ſchwer-lich rührt dieſer Unterſchied von Irrthümern in denMeſſungen her, da bei den Höhen des Cayambe,des Antiſana, des Cotopaxi und des Illiniza die Re-ſultate meiner Meſſungen von den ihrigen oft kaumum 10 bis 15 Toiſen abweichen. Auch verſicherndie Bewohner der benachbarten Gegend, daß ſiebei dem Erdbeben von 1797 den Gipfel deſſelbenhaben einſtürzen ſehen. Dagegen finde ich den Cotopaxi, der ſo ge-waltige Exploſionen gehabt hat, noch gerade ſohoch, und ſelbſt noch etwas höher, als er 1744war, welches an einer kleinen Unrichtigkeit mei-ner Meſſung liegen kann. Der Felſenmaſſe des Gi-pfels des Cotopaxi ſieht man es indeß auch an, daßdies ein Rauchfang der unterirdiſchen Werkſtätteiſt, welcher widerſtehn und ſeine Geſtalt beibehal-ten kann. Von unſern Excurſionen und Operationen inden Anden von Quito, die uns vom Januar bis inden Juli beſchäftigt haben, mußten wir leider den |484| Bewohnern die traurige Neuigkeit mitbringen, daßder Krater des Pichincha, den Condamine voll Schnee fand, von neuem in Brand iſt, und daßder Chimborazo, den man für ſo friedlich undunſchuldig hielt, ehemahls ein Vulkan geweſen iſt,und es vielleicht künftig einmahl wieder ſeyn wird.Wir haben auf ihm gebrannte Steinmaſſen und Bims-ſteine in einer Höhe von 3031 Toiſen gefunden.Wehe den Bewohnern Quito’s, wenn das vulkani-ſche Feuer, (denn man darf behaupten, daß das gan-ze hohe Plateau von Quito ein einziger Vulkan, nurmit mehrern Gipfeln, iſt,) ſich durch den Chimbo-razo Luft macht. Man hat oft gedruckt, dieſerBerg beſtehe aus Granit; allein es findet ſich aufihm nicht das kleinſte Stückchen Granit. Er be-ſteht aus Porphyr, der hier und da in Säulen vor-kömmt, und in welchem glaſiger Feldſpath, Horn-blende und Olivin eingeſprengt iſt; und dieſes Por-phyrlager iſt 1900 Toiſen mächtig. Ich könnte Ihnen bei dieſer Gelegenheit etwasvon einem polariſirenden Porphyr ſagen, den wirbei Voiſaco unweit Paſto gefunden haben, undder gerade ſo, wie der von mir im Fichtelbergeentdeckte Serpentin, Pole hat, aber nicht attra-ctoriſch iſt. *) Auch könnte ich Ihnen intereſ-ſante Thatſachen mittheilen, das große Geſetz des Parallelismus der Gebirgslager, **) und deren
*) Vergl. S. 461. d. H. **) Vergl. S. 427. d. H.
|485| ungeheure Mächtigkeit nahe bei dem Aequator be-treffend. Doch das wird zu viel für einen Brief,der ohnedies vielleicht verloren geht. Ich bemer-ke nur, daß wir für Cuvier, dem wir ſchon Elephantenzähne überſchickt haben, die auf demPlateau von Santa-Fé 1350 Toiſen über dem Mee-re gefunden ſind, noch ſchönere Zähne aufheben,ſo wohl von dem fleiſchfreſſenden Elephanten, alsauch von einer Art, die von der afrikaniſchen et-was verſchieden iſt, aus dem Val de Timana, von derStadt Ibarra und aus Chili. So iſt alſo die Exiſtenzdieſes fleiſchfreſſenden Ungeheuers vom Ohio odervon 50° nördlicher Breite an, bis zu einer ſüdli-chen Breite von 35°, erwieſen.
Ich habe in Quito eine ſehr angenehme Zeitverlebt. Vom Präſidenten der Audienza, dem Ba-ron von Corondelet, wurden wir mit Güteüberhäuft, und überhaupt habe ich ſeit den 3 Jahren,die ich nun im ſpaniſchen Amerika bin, nicht eineinziges Mahl Urſache gehabt, mit dem Gouverne-ment unzufrieden zu ſeyn, das mich überall mit ei-ner Feinheit und Auszeichnung behandelt hat, diemich zu immerwährender Dankbarkeit verpflichtet.Wie die Zeiten und Sitten ſich geändert haben! Die Pyramiden, welche Condamine, Go-din und Bouguer bei ihrer Meſſung errichtenließen, *) haben mich ziemlich beſchäftigt. Ich
*) Zur immerwährenden Bezeichnung der beidenEndpunkte der 6272 Toiſen langen Grundlinie, wel-
|486| glaube gefunden zu haben, daß die Mahlſteine der-ſelben noch völlig unverrückt ſind. Ein liberaldenkender Particulier, der ein Freund der Wiſſen-ſchaften und der Männer iſt, die in ihnen geglänzthaben, der Marquis von Selvalègre in Quito,hat ſich vorgeſetzt, die Pyramiden wieder aufzu-bauen. Doch, dieſes würde mich zu weit führen.
Wir gingen von Quito über den Aſſonay nach Cuença, wo man uns ein Stiergefecht gab;und nach Loxa, um unſre Unterſuchungen überdie Cinchona, (Quinquina,) zu vervollſtändigen, *) und brachten dann einen Monat in der Provinz von Jaën de Bracamorros und an den Pongosdes Amazonenfluſſes zu, deſſen Ufer mit der An-diva und Bougainvillaea Juſſieu’s geziert ſind.Es ſchien mir intereſſant zu ſeyn, hier die Längevon Tomependa und Chuchunga zu beſtim-men, wo Condamine’s Karte anfängt. **)
che ſie bei Yaruqui, öſtlich von Quito, gemeſ-ſen hatten. Die Inſchrift dieſer beiden Pyramidenverwickelte Condamine in einen Prozeß, dener erſt nach zwei Jahren vor dem Parlamente vonQuito gewann. d. H. *) Ueber die Städte Cuença und Loxa geht dergewöhnliche Weg nach Lima, und auf dem Berge Caxanuma, 2 Lieues ſüdlich von Loxa, wächſt,nach Condamine, die beſte Quinquina. d. H. **) Jaen ſelbſt iſt ein ſchlechtes Dorf unter 5° 30′ſüdl. Breite; die Pongos ſind Stromengen, da,wo der Amazonenfluß durch die Kordilleren ſicheinen Weg gebahnt hat; zu Chuchunga, einem
|487| Condamine hat bloß die Länge der Mündungdes Napo durch Beobachtung *) beſtimmt, unddamahls gab es noch keine Zeithalter; die Längenaller dieſer Gegenden ſind beträchtlich zu ändern.Mein Chronometer von Louis Berthoud thutWunder, wie ſich zeigt, wenn ich mich von Zeit zuZeit, vermittelſt des erſten Jupiterstrabanten, orien-tire, und als ich meine Meridianunterſchiede mitden von Fidalgo beſtimmten verglich, der aufBefehl des Königs eine Reihe von Dreiecken zwi-ſchen Kumana und Karthagena gemeſſen hat.
Von dem Amazonenfluſſe gingen wir nach Truxillo. Ueber die Anden kamen wir beiden Bergwerken von Hualgayoc, welche manin einer Höhe von 2065 Toiſen über dem Meereauf ſilberhaltiges Kupferfahlerz betreibt, und diejährlich eine Million Piaſter geben, und ſtiegenüber Cascamasca herab, wo ich im Pallaſte des Atahualpa die Bogen der peruaniſchen Gewölbe ge-
Dörfchen an dem gleichnamigen Flüßchen, öſtlichvon Jaen, ſchiffte Condamine ſich ein, nach-dem er hier einige Beobachtungen gemacht hatte.Das Barometer ſtand hier auf 26″ 8‴, und beimEinfluſſe dieſes Stroms in den Amazonenfluß, wo-hin Condamine in 8 Stunden gelangte, um 4‴höher, woraus Condamine die Höhe des Ortsauf 235 Toiſen über dem Meere und den Fall biszu dem Amazonenfluſſe auf 50 Toiſen beſtimmt. d. H. *) Eines Austritts des erſten Jupiterstrabanten. d. H.
|488| zeichnet habe. Von Truxillo nahmen wir unſernWeg durch die Wüſten der Meeresküſte nach Li-ma, wo der Himmel die Hälfte des Jahres übervoll dicker Dünſte iſt. Ich beſchleunigte hier un-ſere Reiſe, um von Lima aus den Durchgang desMerkurs durch die Sonne am 9ten November 1802zu beobachten. — —
Unſre Sammlung von Pflanzen und unſre Zeich-nungen über die Anatomie der Geſchlechter nach Juſſieu’s Idee, ſind durch die Schätze, die wir inder Provinz Quito, zu Loxa, am Amazonenfluſſe und in der Kordillere von Peru gefunden haben,ſehr bereichert worden, beſonders an Palmenartenund Grasarten. Wir beſitzen jetzt 3784 ſehr voll-ſtändige lateiniſche Pflanzenbeſchreibungen, vondenen mehr als zwei Drittel von Bonpland her-rühren, und faſt noch ein Drittel Pflanzen in un-ſerm Herbarium, die zu beſchreiben wir nochnicht Zeit gehabt haben. Von allen können wirden Wohnplatz und die Höhen deſſelben in Toiſengenau angeben, ſo daß die Pflanzengeographie ausunſern Manuſcripten manche Bereicherung zu erwar-ten hat. Wir haben unſre Herbaria mit denen desDr. Mutis und mit vielen Werken in der zahlrei-chen Bibliothek dieſes großen Botanikers vergli-chen, und ſind überzeugt, viel neue Geſchlechterund Arten zu beſitzen. — Auch bringen wir einedem Tabaſcher in Oſtindien ähnliche Kieſelſubſtanz aus den Knoten einer gigantesken Grasart mit, dieman für Bambusrohr ausgiebt, deren Blüthe aber |489| von der des Baumbusrohrs abweicht. Ich weißnicht, ob Fourcroy die Milch der von den In-dianern ſo genannten vegetabiliſchen Kuh erhaltenhat. Wir fanden den Baum auf unſrer Reiſe nachdem Orinoko, in einer Pflanzung, wo die Negerdieſe Milch tranken. Statt daß die Milch der an-dern Pflanzen cauſtiſch und ſchädlich iſt, iſt dieſenahrhaft und ſchmeckt angenehm. Mit Salpeter-ſäure behandelt, gab ſie mir ein Kautſchuck vonBalſamgeruch. Auch habe ich an Fourcroy undan Banks unſer Dapiché, oder den weißen oxy-genirten Kautſchuck, geſchickt, welchen ein Baumin den Waldungen von Pimichin, unweit der Quel-len des Rio Negro, aus ſeinen Wurzeln ausſchwitzt. Ich gehe nun nicht nach den Philippinen, ſon-dern über Akapulko nach Mexiko, wo ich im Fe-bruar 1803 zu ſeyn denke, und von da im Juniüber die Havannah nach Europa, wo ich Sie im Sep-tember oder October 1803 in Paris zu umarmenhoffe. Denn jetzt iſt meine größte Sorge, meineManuſcripte in Sicherheit zu ſehn und ſie zur Her-ausgabe zu bearbeiten. — —

4. Aus einem andern Briefe an Delambre.

Ich fahre fort, Ihnen, mein würdiger Freund,Nachrichten von meiner Reiſe mitzutheilen. — —
*) Annales du Muſ. d’hiſt. naturelle, t. 3, p. 228. d. H.
|490| Seit drei Jahren bin ich ohne Antwort; ich weißnicht, was ich davon denken ſoll, und betrübe michdarüber oft; doch verliere ich den Muth nicht, undarbeite unaufhörlich. — — In einem Briefe anden B. Chaptal habe ich im Detail unſre letz-ten Streifzüge in der Provinz von Quito, unſernEintritt in das Land des Amazonenfluſſes durch Jaende Bracamorros, unſern Aufenthalt in Lima, undunſre Reiſe nach Akapulko beſchrieben. Auf die-ſer letzten Schifffahrt habe ich mich vollends davonüberführt, daß ſich durch Borda’s Inclinations-bouſſole nicht bloß die Breiten, ſondern in einigenGegenden, (wo die Declinationskreiſe in die Rich-tung der Meridiane fallen,) ſelbſt die Längen aufdem Meere beſtimmen laſſen. Ich denke hierübereine große Zahl von Beobachtungen bekannt zumachen, und zweifle nicht, daß die Theorie Mittelfinden werde, die, welche mir noch fehlen, zu er-gänzen.
Für heute theile ich Ihnen nur eine Entdeckungmit, die ich über die Länge der Hauptſtadt vonMexiko gemacht zu haben glaube. Unter einemnebligen und trügeriſchen Himmel, in einer Hö-he von 1160 Toiſen, habe ich hier ſeit dem 11tenMai beobachtet, — — und finde die Länge vonMexiko, (die man bis 1769 auf 86° 1′) beſtimm-te,) 81° 22′ 30″, oder 6St. 45′ 30″ von Paris.Die Länge von Akapulko iſt 6St. 48′ 40″ weſtl.von Paris, oder 82° 10′. — Ich habe auch Verfin-ſterungen von Jupiterstrabanten unter dem ſchreck- |491| lichen Klima von Akapulko beobachtet, und auseiner Menge von Beobachtungen im Innern desLandes zwiſchen der Südſee und Mexiko, die Lagemehrerer nordöſtlicherer Punkte, nach Acto-pan und Totonisco zu, beſtimmt. In drei Tagen geht es in die nördlichen Pro-vinzen, nach Goanaxoata, wo die Bergwerkejährlich mehrere Millionen Piaſter produciren. —Ich habe eine Analyſe des Waſſers aus den Seen von Mexiko angefangen; es enthält viel kohlenſauresNatron, ſalzſauren Kalk, Schwefel-Waſſerſtoff-gas. — — Ich habe ein ſehr intereſſantes Pro-fil von der Höhe des Bodens, vom Nordmeere biszum Südmeere gezeichnet, worauf die Höhe überdem Meere, die wahren Längenunterſchiede, diebisher um 30 bis 40 Lieues ungewiß waren, unddie Höhen, in welchen die ausgezeichnetern Pflan-zen wachſen, angegeben ſind, und ſetze hier mei-ne mineralogiſchen und phyſikaliſchen Beobachtun-gen fort. — — Wir haben nun ſchon Beſchrei-bungen von mehr als 6000 Arten von Pflanzen.Ich habe viele Palmen- und Grasarten und andereſeltne Gewächſe gezeichnet, und bringe viel fürdie vergleichende Anatomie und Kiſten voll Inſek-ten und Muſcheln mit. Wir hoffen, zu zeigen, daßzwei Beobachter mit Thätigkeit und Energie ſehrviel leiſten können, darf man gleich von uns ſo vielnicht, als von Expeditionen erwarten, an denenviele Gelehrte auf Koſten des Gouvernements An-theil nehmen. — — Ich habe von hier aus eine |492| Kiſte mit mexikaniſchen Mineralien an das Natio-nalinſtitut geſendet. Ich habe Ihnen ſchon mehrmahls geſchrieben,daß die Länge unſrer Reiſe in den Anden, der Zu-ſtand unſrer Inſtrumente, das Ausbleiben allerNachrichten aus Europa, und die Furcht, unſre Ma-nuſcripte und Zeichnungen in Gefahr zu bringen,mich beſtimmt haben, die Reiſe nach den Philippi-nen für jetzt aufzugeben. Doch nur für jetzt;denn ich habe noch große Plane auf Indien. Erſtwill ich indeß die Früchte meiner jetzigen Expe-dition bekannt machen. Ich denke im Anfangedes künftigen Jahres bei Ihnen zu ſeyn. Zwei bisdrei Jahre wenigſtens werde ich haben müſſen, umunſre Bemerkungen zu verarbeiten. Und dann —Lachen Sie nicht über meine Unbeſtändigkeit, überdie maladie centrifuge, deren Madame *** michund meinen Bruder beſchuldigte. Jeder Mann mußſich in die Lage ſetzen, in der er glaubt am nütz-lichſten ſeyn zu können, und ich für meinen Theilglaube, daß ich am Rande eines Kraters oder inden Fluthen des Meeres umkommen müſſe. Die-ſes iſt meine Meinung jetzt, nach 5 Jahren von Stra-pazen und Erduldungen; doch wäre es wohl mög-lich, daß bei fortſchreitenden Jahren, und wiederim Genuſſe der Reize des Lebens in Europa meineMeinung ſich änderte. Das ſchwarze Erbrechen,(gelbe Fieber,) macht in der Havannah und zuVera Cruz ſeit dem Mai große Verwüſtungen, |493| und ich werde daher nicht vor dem Novemberfort können. — — *)
*) Herr Prof. Willdenow in Berlin, von dem ichmir ſeine neueſten Nachrichten von unſerm vor-trefflichen Landsmanne für die Annalen erbat,meldet mir, das letzte Schreiben, welches er vonſeinem Freunde erhalten habe, ſey zwar aus derStadt Mexiko, es finde ſich darin aber nichts überdieſe Gegenden. Herr von Humboldt behalteſich dieſe Nachrichten bis zu ſeiner Ankunft nachEuropa vor, da doch der größte Theil ſeinerBriefe verloren gehe, und der Brief enthalte mei-ſtens nur Nachrichten über ſeine Sammlungen, undAdreſſen für Herrn Prof. Willdenow, um fürihre glückliche Ankunft ſorgen zu können. d. H.
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NACHTRAG zu Alex. von Humboldt’s Notizen vonſeinen phyſikaliſchen Beobachtun-gen in Peru und Mexiko. (Annalen, XVI, 450 f.)


5. Aus einem Schreiben Alex, von Hum-boldt’s an das National-Inſtitut. Mexiko den 2ten Meſſid., J. XI, (21ſten Juni 1803.) *)

— — Seit zwei Jahren ſind wir ohne alle Nach-richt von Europa, und über das Schickſal derSammlungen, die wir Ihnen überſchickt haben, inder unangenehmſten Ungewißheit. — — Unterden Gebirgsarten der Kordillere der Anden, welcheSie über Madrit werden erhalten haben, findenſich ſehr merkwürdige, mit problematiſchen Foſſi-lien untermengte, ſchwarze, grüne, gelbe, weißeund rothe Obſidiane aus den Vulkanen von Quito, be-ſonders von Quinché. Um die Naturgeſchichte die-ſer für die Geologie ſo intereſſanten Gebirgsart zuvervollſtändigen, überſchicken wir Ihnen dieſes
*) Zuſammen gezogen aus den Ann. du Muſ. d’hiſt.nat., t. 3, Cah. 17, p. 396 — 404. Dieſer Briefiſt über einen Monat älter, als der an Delambre, Annalen, XVI, 489. Hier das, was aus den dortausgezogenen Briefen noch nicht bekannt war. d. H.
|119| Mahl eine Sammlung von Obſidianen aus dem Kö-nigreiche Neu-Spanien. Die große Leichtigkeit,womit die ſchwarzen und grünen Obſidiane ſich imFeuer zu einer weißen, ſchwammartigen Maſſe,vom ſieben - bis achtfachen Volumen aufblähen, unddie Hartnäckigkeit, womit dagegen die rothen undbraunen der Veränderung durch Feuer widerſtehn,zeigen weſentliche Verſchiedenheiten in der Mi-ſchung beider an, über welche die chemiſche Zer-legung Belehrung geben wird. Während der Ob-ſidian beim Glühen ſich aufbläht, entweicht ausihm Gas, welches unterſucht zu werden verdiente.
In keinem Theile der Welt kömmt Porphyr häu-figer und in gewaltigern Maſſen, als zwiſchen denWendekreiſen vor. Um Riobamba und am Tunguragua haben wir ihn in einer Mächtigkeitvon 2080 Toiſen gefunden. Man reiſt Monate langin der Kordillere der Anden, ohne Thonſchiefer,Glimmerſchiefer, Gneuß, und beſonders ohne diegeringſte Spur von Granit zu ſehen, der in Europa,und überhaupt in den gemäßigten Zonen, die höch-ſten Punkte der Erde bildet. In Peru, beſondersin der Gegend der Vulkane, zeigt ſich der Granitnur an den niedrigſten Stellen, in den tiefſten Thä-lern, zu Tage. In den Höhen von 1000 bis 3000Toiſen über die Südſee iſt hier der Granit überallmit Porphyren, Mandelſteinen, Baſalten und an-dern Gebirgsarten von der Trappformation bedeckt.Der Porphyr iſt hier überall der Sitz des vulka-niſchen Feuers; und in dieſen Porphyren, welche |120| glaſigen Feldſpath, Hornblende und ſelbſt Olivinenthalten, finden ſich die Obſidiane, bald als La-ger, bald als halb zerſtörte Felſenmaſſen von gro-tesker Geſtalt. In den Vulkanen von Popayan, Pa-ſto, Quito und andern Theilen der Anden, ſcheintdas vulkaniſche Feuer ſeine Kraft auf dieſe Obſi-diane geäußert zu haben. Große Maſſen von Ob-ſidian ſind aus den Kratern heraus geworfen wor-den, und die Wände dieſer Schlünde, welche wirin der Nähe unterſucht haben, beſtanden aus Por-phyren, deren Grundmaſſe das Mittel zwiſchenObſidian und Pechſtein hielt. Daſſelbe überraſchteuns auf dem Pic von Teyde, [auf Teneriffa,]auf welchem die durch das Feuer veränderten Ge-birgsarten noch ſehr gut von den unverändertenPorphyrlagern, die vor den vulkaniſchen Ausbrü-chen da waren, zu unterſcheiden ſind. Einige ach-tungswerthe Mineralogen betrachten noch immerBaſalt, baſaltiſchen Porphyr und Obſidian als vul-kaniſche Produkte; wie ſollte aber ein Foſſil, dasſich, gleich den Obſidianen der Anden und aus Mexi-ko, bei geringen Graden unſrer Ofenhitze ſchon ent-färbt, aufſchwillt, ſchwammartig und faſerig wird,ein Produkt des vulkaniſchen Feuers ſeyn? Sollteman nicht vielmehr das ungeheure Aufſchwellen desObſidians beim Glühen, und die Menge von Gas,welche aus ihm entweicht, für Urſachen der vul-kaniſchen Erdbeben in den Anden halten dürfen? Die Höhe, wo der Porphyr in größter Mengein der neuen Welt vorkömmt, iſt 1800 bis 1900 |121| Mètres über dem Meere; und über dieſem Niveauhaben wir auch die meiſten Obſidiane gefunden.Um Popayan, bei den Vulkanen von Puracéund Sotara, fangen die Obſidiane in einer Höhevon 4560 Mètres an; in der Provinz Quito kom-men ſie in Menge in einer Höhe von 2700 Mètresvor; und in Neu-Spanien finden ſie ſich nord-öſtlich von der Hauptſtadt Mexiko, (derenMarktplatz über das Südmeer 2256 Mètres, oder1163 Toiſen nach Trembley’s, 1133 Toiſen nach de Lüc’s Formel erhaben iſt,) in einer Höhe von2292 bis 2948 Mètres, am Oyamel und am Cerros de las navajas, (zu Deutſch Bergder Meſſer,) *) von wo die beiliegenden Obſidianeherkommen. **) Dieſe Gegend hatte durch den
*) Dieſer Berg iſt nach Herrn von Humboldt 694Mètres über den See Tescuco und 2948 Mètresüber das Meer erhaben. d. H. **) Außer 11 Abarten von Obſidian und einigen an-dern mineralogiſchen Merkwürdigkeiten, fandenſich in dieſer Kiſte, nach Herrn von Humboldt’s Katalog, auch polariſirender Porphyr von Voiſaco,(Ann., XVI, 484;) gediegener Schwefel in Quarzvon dem großen 2312 Mètres hohen Schwefelberge,zwiſchen Alauſi und Ticſan in der Provinz Quito;(Ann., XVI, 472;) und eine Stufe des merkwürdigenbraunen Bleies von Zimapan. „Statt daß in Europa“,ſagt Herr von Humboldt, „der Schwefel ſichimmer nur im Flötzgebirge, beſonders im Gypſefindet, bildet er in jenem Schwefelberge mit demQuarze ein Lager in einem uranfänglichen Berge
|122| ungeheuern Depot von Obſidianen, welcher hieram Fuße der Porphyrfelſen von Jacal zwiſchenMoran, Totoapa und dem indianiſchen Dorfe Tulan-cingo liegt, einen ganz beſondern Werth für die al-ten Bewohner von Anahuac, da ſie ihre ſchneiden-den Werkzeuge aus Obſidian machten. Zwar iſt dasEiſen in Peru und Mexiko ſehr häufig, wo bei To-luca und in den nördlichen Provinzen große Maſ-ſen gediegenen Eiſens, den ſibiriſchen und ſüdameri-kaniſchen ähnlich, und von eben ſo problemati-ſchem Urſprunge als dieſe, auf den Feldern umherliegen; *) die alten Bewohner dieſer Länder bedien-ten ſich deſſelben aber nicht zu ſchneidenden In-ſtrumenten, ſondern nur des Kupfers und dreier
aus Glimmerſchiefer; zwei andere Schwefelgru-ben der Provinz Quito ſind beide in primitivemPorphyr, die eine bei Ibarra, weſtlich von Cueſa-ca, die andere am Vulkane Antiſana 4850 Mètresüber dem Meere. In dem braunen Blei von Zima-pan hat Herr Delrio, Profeſſor der Mineralogiezu Mexiko, ein vom Chromium und dem Ura-nium ſehr verſchiedenes Metall entdeckt, welcheser für ein neues hält, und, weil die Salze deſſel-ben im Feuer und in Säuren alle ein ſchönes Rothannehmen, Erithronium genannt hat. Die Minerenthält in 100 Theilen 80,72 Theile gelben Blei-oxyds, 14,8 Erithronium, und etwas Arſenik undEiſenoxyd.“ d. H. *) Alſo wieder ein neues Beiſpiel meteoriſcher Ei-ſenmaſſen, denen am Senegal ähnlich, wo ſie ſichals kleine ſchwarze Felſen ſinden. d. H.
|123| Arten von Stein, die dazu noch jetzt unter denInſulanern der Südſee und den Wilden am Oronokogebraucht werden, nämlich des Nephrits, des li-diſchen Steins, den man oft mit Baſalt verwechſelthat, und des Obſidians, (Itztli.) Hernandes ſahnoch mexikaniſche Meſſermacher arbeiten, die ineiner Stunde über 100 Meſſer aus Obſidian verfer-tigten; und Cortez erzählt in einem ſeiner Brie-fe an Kaiſer Karl V., zu Tenochtitlan habe erSchermeſſer aus Obſidian geſehn, womit die Spa-nier ſich hätten raſiren laſſen. Noch ſieht man amCerro de las navajas eine Menge von Gruben, auswelchen die Mexikaner die Obſidiane förderten,Spuren ihrer Werkſtätte, und halb vollendete Stü-cke. Es ſcheint, daß hier mehrere tauſend Indianerauf einem Flächenraume von etwa 2 Quadratlieuesarbeiteten. Ich habe durch Beobachtungen des An-tares die Breite von Moran, welches etwas ſüd-lich von den Obſidiangruben liegt, 20° 9′ 26″ ge-funden.
Das ſchwarze Erbrechen und das gelbe Fieber,welche jetzt in Vera Cruz ſchreckliche Verheerun-gen anrichten, machen es uns unmöglich, früherals im November nach der Küſte herab zu ſteigen,ſo daß wir nicht vor dem Mai 1804 in Europa an-zukommen hoffen dürfen. Nach einem Aufenthaltevon mehr als einem Jahre in der Provinz Quito inden Wäldern von Loxa und am Amazonenfluſſe, ver-ließen wir Lima, (wo ich das Ende des Durchgan-ges des Merkurs durch die Sonnenſcheibe beob- |124| achtet habe,) im Januar 1803, (Nivoſe An XI.) Wirblieben faſt 1\( \frac{1}{2} \) Monat in Guayaquil, und wurdenhier faſt Augenzeugen des damahligen ſchrecklichenAusbruchs des Cotopaxi. Unſre Schifffahrt durchdie Südſee nach Acapulco war äußerſt glück-lich, ungeachtet eines heftigen Sturms, den wirin der Breite der Vulkane von Guatimala, doch 300Lieues weſtlicher, auszuhalten hatten. Der beſchä-digte Zuſtand unſrer Inſtrumente; die Fruchtloſig-keit unſrer Bemühungen, uns neue zu verſchaffen;das Ausbleiben des Kapitäns Baudin, auf den wiran den Ufern der Südſee umſonſt gewartet hatten;die Scheu, welche wir hatten, einen ungeheuernOcean auf einem Kauffahrteiſchiffe zu durchſe-geln, ohne an einer der dem Naturforſcher ſo in-tereſſanten Inſeln anzulegen; und vor allem dasſchnelle Fortſchreiten der Wiſſenſchaften, welcheses nothwendig machte, nach einer Abweſenheitvon 5 bis 6 Jahren die neuen Entdeckungen nachzu-hohlen: — alles das beſtimmte uns, die Rückreiſeüber die Philippinen, das rothe Meer und Aegy-pten aufzugeben. Der ausgezeichneten Protectiondes Königs von Spanien ungeachtet, hatten wir,die wir auf eigne Koſten reiſten, doch tauſendevon Schwierigkeiten zu überwinden, welche Expe-ditionen, die eine Regierung ausſchickt, nicht ken-nen. Wir werden uns von jetzt an mit der Bear-beitung und Bekanntmachung unſrer Beobachtun-gen beſchäftigen. Noch jung, und der Gefahrenund Entbehrungen gewohnt, behalten wir indeß |125| Aſien und die benachbarten Inſeln noch immer imAuge, und mit tiefern Kenntniſſen und genauernInſtrumenten ausgerüſtet, werden wir vielleicht inder Zukunft eine zweite Reiſe unternehmen kön-nen; wir beſchäftigen uns mit dem Plane dazu,wie mit einem verführeriſchen Traume. *)
*) Nach Zeitungsnachrichten befand ſich Herr von Humboldt im März gegenwärtigen Jahrs aufCuba, von wo er über Boſton nach Frankreich zu-rück zu kehren dachte. (Hamb. Correſp., 2ten Jun.)Am 19ten Juni langte er in Neu-York an, (daſ., No.126.) „Nach einer ſehr glücklichen Fahrt von 29Tagen ſind die Herren von Humboldt und Bon-pland von Philadelphia zu Bordeaux angekom-men, und haben, außer den Sammlungen, die ſieſchon nach Europa geſchickt hatten, noch gegen30 Kiſten mit Naturalien mitgebracht.“ (daſ., No.134, aus Briefen von Bordeaux den 6ten Auguſt.)— Noch in Bordeaux machte Herr von Hum-boldt einen berichtigenden Brief in den Zeitungenbekannt, in welchem es unter andern heißt: „Esiſt bekannt, daß ich im Jahre 1799 nur deßhalbnach Madrit kam, um mir die Erlaubniß des Ho-fes auszubitten, auf meine eignen Koſten Nach-ſuchungen in den weitläufigen ſpaniſchen Kolo-nieen anzuſtellen. Dieſe Erlaubniß iſt mir mit denliberalen Ideen bewilligt worden, welche unſerJahrhundert auszeichnen, und denen man denſchleunigen Fortgang der menſchlichen Kenntniſſezu danken hat. Der König, welcher an dem gutenFortgange meiner Reiſe Antheil nahm, geruhte,mich mit dem großmüthigſten Schutze zu beehren;
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und indem ich von dieſer von dem Könige fortge-ſetzten Gunſt Gebrauch machte, habe ich in ei-nem Zeitraume von 5 Jahren, die ich im ſpani-ſchen Amerika herum gereiſt bin, Bemerkungenmachen können, von welchen einige vielleicht dieAufmerkſamkeit der Naturkündiger verdienen.“(daſ., No. 137.) — „Seit 3 Wochen befindet ſich Alex. von Humboldt unter uns. Von allenhieſigen Gelehrten iſt er auf eine ſeiner großenTalente würdige Art aufgenommen worden.Seine lange und mühevolle Reiſe, und ſeine derNaturwiſſenſchaft gebrachten Opfer aller Art, ver-bürgen ihm auch hier die allgemeine Verehrung.“(daſ., No. 155. Aus einem Schreiben aus Parisvom 18ten Sept.) d. H.