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Alexander von Humboldt: „Auszug eines Briefs von Alexander v. Humboldt an den B. Delambre, Mitglied des National-Instituts in Paris“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1801-Lettre_de_M-2-neu> [abgerufen am 24.04.2024].

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https://humboldt.unibe.ch/text/1801-Lettre_de_M-2-neu
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Titel Auszug eines Briefs von Alexander v. Humboldt an den B. Delambre, Mitglied des National-Instituts in Paris
Jahr 1801
Ort Stuttgart
Nachweis
in: Allgemeine Zeitung 120 (30. April 1801), S. 479–480.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Fraktur (Umlaute mit superscript-e); Spaltensatz; Antiqua für Fremdsprachiges; Fußnoten mit Asterisken; Besonderes: geschwungene Bruchstriche.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: II.12
Dateiname: 1801-Lettre_de_M-2-neu
Statistiken
Seitenanzahl: 2
Spaltenanzahl: 4
Zeichenanzahl: 6663

Weitere Fassungen
Lettre de M. A. Humboldt, au cit. Delambre, membre de l’institut national (Paris, 1801, Französisch)
Auszug eines Briefs von Alexander v. Humboldt an den B. Delambre, Mitglied des National-Instituts in Paris (Stuttgart, 1801, Deutsch)
Letter from M. A. Humboldt to C. Delambre, Member of the French National Institute (London, 1801, Englisch)
Carta del Baron A. Humboldt al ciudadano Delambre, Miembro del Insituto nacional de Francia, impresa en el número 214 del Monitor universal, 4 Floreal, año 9º̣ y traducida por Don Martin de Párraga (Madrid, 1801, Spanisch)
Extrait d’une lettre de M. Alexandre Humboldt, au C. Delambre (Paris, 1801, Französisch)
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Auszug eines Briefs von Alexander v. Humboldt an den B. Delambre, Mitglied des National-Inſtituts in Paris.

Ich habe Ihnen und dem B. Lalande waͤhrend meines Auf-enthalts im mittaͤglichen Amerika mehreremale geſchrieben. Ichkenne den Antheil, den Sie an meinem Schikſale nehmen, undwerde daher nicht muͤde, Ihnen Nachricht von mir zu geben,wie ſchwach auch meine Hofnung iſt, daß meine Briefe wirklichzu Ihnen gelangen. Ich bin eben im Begrif von hier nach der |480| |Spaltenumbruch| Havana und Mexiko abzugehen, nachdem ich eine Reiſe von mehrals 1,300 SeeMeilen in das Innere dieſes Landes geendigt habe,in dem unbekannten Theile der neuen Welt, zwiſchen dem Popayan,Quito und Cayenne. Drei Monate hindurch ſchlief ich beſtaͤndigunter freiem Himmel in Waͤldern, wo mich Tiger und ſcheußli-che Schlangen umgaben, oder in ſumpfigen Ebenen, die mitKrokodillen bedekt ſind. Bananen (des bananes), Reis undManioc waren unſre einzige Nahrung; denn aller andrer Speis-Vorrath verfault in dieſem zugleich naſſen und gluͤhenden Him-mels Strich. Wie gros und majeſtaͤtiſch aber iſt die Natur indieſen Gebirgen! Denn von dem Baraguan (le Baraguan) undUruana, welche unbekannte Nationen mit Hieroglyphen bedekten,bis zum Vulkan von Duida, (welcher 60 Meilen vom kleinen SeeDorado entfernt liegt, und den ich 2,176 * Metren hoch fand),laͤuft eine einzige GranitCordillere hin, welche von Quito her-abſteigt, und ſich von Weſten gegen Oſten an die Gebirge desfranzoͤſiſchen Guyanas anſchließt. Welche Verſchiedenheit vonindianiſchen Staͤmmen, die alle frei, ſich nach Willkuͤhr ſelbſtbeherrſchen und auffreſſen, von den Guaicas des Gehette (lesGuaicas du Gehette) — einer PygmaͤenNation, deren groͤſeſteIndividuen indeß doch 4 Fuß 2 Zoll haben — bis zu den weiſſenGuajariben, welche wirklich die Weiſſe der Europaͤer beſizen; vonden Otomacos, die taͤglich bis auf 1 1∫2 Pfund Erde eſſen, biszu den Marivitanos und Maquiritores, die ſich von Ameiſen undHarzen naͤhren. Ich habe uͤber alle dieſe Gegenſtaͤnde ſchon neu-lich in dem Briefe geſprochen, welchen ich von der Muͤndungdes Orinoco aus unſerm Freunde P. ſchrieb. ** Ich ſchraͤnke michdaher heute nur auf einige aſtronomiſche Beobachtungen ein, dieich mit vieler Sorgfalt angeſtellt zu haben glaube. Mein Zeithalter von L. Berthoud iſt noch immer aͤuſſerſt genauin ſeinem Gange. Ich pruͤfe ihn alle 4 bis 6 Tage durch korre-ſpondirende SonnenHoͤhen, die ich mit den Inſtrumenten, dieich bei mir habe, bis auf 1 Sekunde Zeit und weniger nehmenkan. Sie wiſſen, daß die Aſtronomie nie meine HauptBeſchaͤfti-gung ausmachte; aber mit Eifer und ausdauerndem Fleiß, undbei dem taͤglichen Gebrauch der nemlichen Inſtrumente, kommtman endlich dahin, etwas Ordentliches zu Stande zu bringen.Sie wuͤrden gelacht haben, wenn Sie meinen Beobachtungenunter den Ydapaminariſchen Indianern (in den Waͤldern des Ca-ſiquiare) zugeſehen haͤtten. Meine Inſtrumente auf Kiſten undKuffern aufgeſtellt, SchildkroͤtenSchaalen, die uns zu Stuͤhlendienten, 8 bis 9 Affen, die wir mit uns herumfuͤhrten, und dievor Begierde brannten, auch Verſuche mit meinen Hygrometernund Barometern anzuſtellen — um das alles herum 10 bis 12Indianer auf ihren Matten ausgeſtrekt, und endlich Feuer, unsgegen die Tiger ſicher zu ſtellen, die in dieſen Gegenden nichtweniger wild als inAfrikaſind. Der Mangel an Nahrung, dieMosquitos, die Ameiſen, ein kleiner Acarus, der ſich in dieHaut ſezt, und ſie ordentlich, wie einen Aker, durchpfluͤgt, dieLuſt, ſich durch Baͤder zu kuͤhlen, und die Unmoͤglichkeit zu ba-den wegen der Gefraͤſſigkeit der Kaimans, des Stichs der Rayas,und der Zaͤhne einer kleinen Art Fiſche — es fordert Jugend undgroſe Standhaftigkeit, alles dis auf einmal zu erdulden. Aberdie Beſchwerden ſind voruͤber, und ich habe mehr geſammelt, alsich hoffen durfte. |Spaltenumbruch| Man glaubt gewoͤhnlich, daß die ſpaniſchen Beſizungen inGuyana bis an den Aequator gehen, und die Karte des P. Cau-lin, die beſte unter den bisherigen, obgleich alle Namen darauffalſch ſind, giebt es ſo an. Aber ich habe durch ſehr gu-te Beobachtungen, die ich in den Felſen von Culimacarian dem Canopus ꝛc. anſtellte, gefunden, daß S. Carlos delRio Negro, das mittaͤglichſte ihrer Etabliſſements noch um 1°53′ noͤrdlich vom Aequator liegt, und daß dieſer in dem Gouver-nement du Grand Para bei S. Gabriel de las Cachuellas durch-geht. An dieſer Stelle befindet ſich eine Cataracte, die aber we-niger betraͤchtlich iſt, als die beiden beruͤhmten von Atures undMaypure. Ich bin nach einem Jahr von Beobachtungen dahin gekom-men, 54 Oerter im mittaͤglichen Amerika nach ihrer Breite undLaͤnge zu beſtimmen, und bin izt beſchaͤftigt, nach dieſen ver-ſchiedenen Punkten eine Karte der Laͤnder, die ich durchlaufenhabe, zu entwerfen. Da meine Beobachtungen hier die Luͤke aus-fuͤllen, welche ſich auf unſern Karten zwiſchen Quito und Ca-yenne im Norden des Amazonen Fluſſes befindet, ſo ſchmeichleich mir, den Geographen damit ein angenehmes Geſchenk zumachen. Mein Begleiter Bonpland iſt wohl, und ich habe mehr als1,200 Pflanzen mit ihm beſchrieben. (Den Uiberreſt des Briefes fuͤllen einzelne aſtronomiſche Beob-achtungen uͤber Ein- und Austritte der JupitersTrabanten, Ab-weichung der MagnetNadel u. ſ. w. an, welche nur den Aſtro-nomen intereſſiren koͤnnen. Wer ſie nachzuſehen wuͤnſcht, kanſie im Moniteur finden, wo das NationalInſtitut, welchem derB. Delambre dieſen Brief mitgetheilt hat, den ganzen Briefwird abdruken laſſen.) Durch dieſelbe Gelegenheit, durch welche der B. Delambre den vorſtehenden Brief empfieng, erhielt der B. Fourcroy einen andern von dem B. Hapel la Chenage, einem Chemiker,der ſich in Guadeloupe aufhaͤlt. Er iſt vom 15 Nivoſe (5 Jan.)datirt, und enthaͤlt noch einige Nachrichten uͤber Herrn vonHumboldt. „Der B. Breſſeau (Agent der franz. Regierung auf Guade-loupe) hat auf ſeiner Ruͤkreiſe von Curacao Herrn von Hum-boldt in Cumana angetroffen. Er hat von demſelben eine Kiſtefuͤr das National Inſtitut, und zwei Pakete, eins fuͤr Sie, dasandre fuͤr den B. Delambre empfangen. Ich denke, Sie werdendas Ihrige mit demſelben AvisSchif erhalten, das Ihnen die-ſen Brief bringen wird. Herr von Humboldt iſt izt in derHavana. Ich haͤtte ſehr gewuͤnſcht, er waͤre der Einladung un-ſers Agenten gefolgt, der ihn ſehr bat, mit ihm unſre Inſel zubeſuchen. Aber es iſt ihm nicht moͤglich geweſen, ihn dazu zuvermoͤgen.” Die Kiſte fuͤr das NationalInſtitut, und das Paket an denB. Fourcroy ſind nicht angekommen, welches um ſo ſonderbareriſt, als Delambre das ſeinige erhalten hat.

* Etwas uͤber 1,100 Toiſen.** Dieſer Brief iſt nicht angekommen.