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Alexander von Humboldt: „Geognostische Skizze von Südamerika, von Alexander von Humboldt, mit erläuternden Bemerkungen des Herausgebers“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1801-Esquisse_d_un-6> [abgerufen am 26.04.2024].

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https://humboldt.unibe.ch/text/1801-Esquisse_d_un-6
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Titel Geognostische Skizze von Südamerika, von Alexander von Humboldt, mit erläuternden Bemerkungen des Herausgebers
Jahr 1804
Ort Halle
Nachweis
in: Annalen der Physik 16:4 (1804), S. 394–449.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Antiqua (mit lang-s); Auszeichnung: Kursivierung, Sperrung; Fußnoten mit Asterisken; Tabellensatz; Schmuck: Initialen.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: II.8
Dateiname: 1801-Esquisse_d_un-6
Statistiken
Seitenanzahl: 56
Spaltenanzahl: 1
Zeichenanzahl: 79359

Weitere Fassungen
Esquisse d’un tableau géologique de l’Amérique méridionale (Paris, 1801, Französisch)
Skizze einer Geologischen Schilderung des südlichen Amerika (Weimar, 1802, Deutsch)
[Esquisse d’un tableau géologique de l’Amérique méridionale] (Salzburg, 1803, Deutsch)
Sketch of a Geological Delineation of South America (London, 1804, Englisch)
Geological Description of South America (London, 1804, Englisch)
Geognostische Skizze von Südamerika, von Alexander von Humboldt, mit erläuternden Bemerkungen des Herausgebers (Halle, 1804, Deutsch)
|[394]|

Geognoſtiſche Skizze von Südamerika, von Alexander von Humboldt, mit erläuternden Bemerkungen des Herausgebers.


[Ich ſchicke dieſem intereſſanten Aufſatze, der,um ganz verſtändlich zu ſeyn und gehörig gewürdigt zuwerden, mehrerer Erläuterungen bedarf, einige Dataüber die Reiſen unſers vortrefflichen Landsmannes vor-aus, die ich insgeſammt aus ſeinen eignen Briefen anden berühmten Botaniker Wildenow in Berlin, anſeinen ältern Bruder, den Legationsrath Karl Wil-helm von Humboldt, jetzt in Rom, und an ver-ſchiedne Aſtronomen und Naturforſcher in Paris ent-lehne, und bei denen ich voraus ſetze, daß der Leſereine Karte vom nördlichen Theile Südamerika’s vorAugen nehme. — Ausgerüſtet mit königlichen Empfeh-lungsſchreiben an alle Vicekönige und Gouverneurs im ſpaniſchen Amerika, ſchiffte ſich Herr von Hum-boldt am 5ten Juni 1799 in Corunna ein. Viel Merk-würdiges von ſeinen frühern Planen und Reiſen und vonſeinem Aufenthalte in Spanien findet man in einem Briefevon ihm an Wildenow, der in der neuen berliniſchenMonatsſchrift von Bieſter, Jahr 1801, Auguſt, S. 119,abgedruckt iſt. Den 19ten Juni landete er in SantaCruz auf Teneriffa. Während ſeines Aufenthalts aufdieſer Inſel bis zum 25ſten beſtieg er den Pik, undwagte ſich bis tief in den Krater. „Hier,“ (ſchreibt erſeinem Bruder,) „brannten die Schwefeldämpfe Löcher |[395]| in unſre Kleider, und doch erſtarrten die Hände bei2° R. Welche Empfindung auf dieſer Höhe! (11500Fuß) die dunkelblaue Himmelsdecke über uns, alteLavaſtröme zu unſern Füßen, umher ein Schauplatzder Verheerung (3 Quadratmeilen Bimsſtein,) um-kränzt von Lorbeerwäldern, und tiefer hinab Weingär-ten, zwiſchen denen Piſangbüſche ſich bis ans Meerund zu den zierlichen Dörfern am Ufer erſtrecken. —Der Krater, in dem wir waren, giebt nur Schwefeldäm-pfe; die Erde iſt 70° R. heiß. Die Laven brechen anden Seiten aus; auch ſind dort die kleinen Krater, wiedie, welche vor 2 Jahren die ganze Inſel erleuchteten.Man hörte damahls 2 Monate lang ein unterirdiſches Ka-nonenfeuer, und häuſergroße Steine wurden 4000 Fußhoch in die Luft geſchleudert. Der Pik iſt ein Baſalt-berg, auf welchem Prophyrſchiefer und Obſidianpor-phyr aufgeſetzt iſt. In ihm wüthet Feuer und Waſſer;überall ſah ich Waſſerdämpfe ausbrechen. Faſt alle La-ven ſind geſchmolzner Baſalt. Der Bimsſtein iſt ausdem Obſidianporphyr entſtanden; ich habe Stücke, diebeides noch halb ſind.“ (Vergl. Annalen, IV, 445.) —Ein heftiger Oſtwind beſchleunigte von hier aus dieFahrt unſers Landsmannes; am 5ten und 6ten Juli ginges langs der braſilianiſchen Küſte hin, am 14ten zwi-ſchen Tabago und Granada durch, und am 16ten Mor-gens warf das Schiff im Hafen von Kumana die Anker. Kumana, an der Mündung des großen Meerbuſens von Cariaco, die Hauptſtadt der Provinz Kumana, liegtunter einem Amphitheater 5 bis 8 tauſend Fuß hoher,dick mit Wald bewachſener Berge, welche zu derHauptkette der Küſten-Kordillere gehören. Das Erdbe-ben von Quito im Jahre 1797 hatte auch Kumana betrof-fen, und noch war die halbe Stadt in Schutt; auch Herr von Humboldt erlebte hier am 4ten Nov. 1799 einziemlich heftiges Erdbeben. Theils in Kumana, theils in |[396]| den benachbarten Gebirgen, (beſonders in dem weſt-licher liegenden Theile der Küſten Kordillere, welcheſich in Paria, nördlich vor den Mündungen des Orino-ko, der Inſel St. Trinidad gegen über, mit der Pun-ta de Paria endigt,) verweilte ſich Herr von Hum-boldt über 4 Monate, und ging dann am 18ten Nov.1799 nach Guayra, dem Hafen von Karakas, (Annalen, VI, 193;) zu Waſſer, eine Reiſe von 2 Ta-gen. Vom November bis in den Januar blieb er in Ka-rakas, und beſuchte die nahen Schneegebirge, welchedie höchſten Spitzen der Küſten-Kordillere bilden.Auch die Annalen, (VII, 329,) haben Auszüge desPhyſikaliſch-Merkwürdigen aus den Briefen enthal-ten, die der unermüdliche Beobachter von hier aus an Lalande und an Fourcroy nach Paris ſchrieb, anletztern am 25ſten Januar 1800, als er eben im Begriffwar, ſeine Abreiſe über Varinas und die Schneege-birge von Merida, (ſüdlich vom großen Meerbuſen von Marecaybo,) nach dem Rio Negro und weiter land-einwärts anzutreten. Hier das, was Herr von Humboldt in einemBriefe vom 21ſten Sept. 1801, (neue berliniſche Monats-ſchrift, 1802, Juni, S. 439,) ſeinem Bruder von die-ſer großen und kühnen Reife durch unbetretne Wild-niſſe ſchreibt, auf deren einen großen Theil der Materia-lien zu dem geognoſtiſchen Aufſatze, den ich den Le-ſern hier mittheile, geſammelt hat. Das Eingeklam-merte ſind erläuternde Bemerkungen von mir. — —„Von Karakas unternahmen wir im Januar die Reiſenach dem Orinoko. Wir kamen durch den Apuré, [der aus den Gebirgen ſüdlich von Merida dem Orinokozuſtrömt,] in dieſen Strom, ſchifften ihn aufwärts, überdie Katarakten hinweg, und dann in die kleinen Flüſſe Atabapo, Tuamini und Temi. [Der Atabapo und der Guaiviari fallen beide zugleich unter 4° |[397]| nördlicher Breite bei St. Fernando de Atabapo in den Orinoko, und nach Surville’s Karte, (vonder weiterhin umſtändlicher die Rede ſeyn wird,)der Temi, vielleicht auch Tuamini genannt, in den Atabapo.] Von da trugen wir unſer Canot 3 Tagelang bis Canno Pimichia am Rio Negro. [Pi-michia liegt nach Surville’s Karte, in gerader Li-nie etwa 6 Meilen vom Temi, am Einfluſſe des Itini-vini in den Rio Negro, unter 2° nördlicher Breite.]Den Rio Negro ſchifften wir erſt herab bis an die Grän-zen von Groß-Para, [der nördlichſten Provinz von Bra-ſilien;] dann aufwärts bis zum Caſiquiari 12 Tagelang zwiſchen ſo dick verwachſenen Wäldern, daßwir große Tieger auf den Bäumen erblickten, weil derzu üppige Pflanzenwuchs ſie auf der Erde zu gehnverhinderte. [Der Caſiquiari iſt nach Survil-le’s Karte der merkwürdige Arm des Orinoko, derdieſen Strom mit dem Rio Negro, mit dem er unweit St. Carlos de Rio Negro zuſammen fließt, inziemlich gerader Linie verbindet; ein Umſtand, der alſoſchon 1779 nicht mehr zweifelhaft ſeyn konnte.] Ausdem Caſiquiari kamen wir wieder in den Orinoko, denwir nun weiter aufwärts, gegen Oſten ſchiffend, bisüber den feuerſpeienden Berg Duida hinaus verfolg-ten, [welches indeß nach Surville’s Karte nichtviel über 6 Meilen iſt, als ſo weit die Kolonie Esme-ralda über die Mündung des Caſiquiari am Orinokohinauf liegt.] Noch weiter vorzudringen, verhinderteuns die Wildheit der menſchenfreſſenden Guaikas; auchiſt nie ein Weißer weiter öſtlich in das unbekannte Landdieſer unabhängigen Indianer gekommen. — — Wirſind in den Wäldern zwiſchen dem Rio Negro, Orino-ko und Amazonenfluſſe, 500 franzöſiſche Meilen tieferlandeinwärts, als Löffler geweſen. — Von Duida ſchifften wir 500 franzöſiſche Meilen weit den Orinoko, |[398]| [in 26 Tagen, die Raſttage ungerechnet,] wieder her-ab, bis unweit ſeiner Mündungen, nach St. Thomasde la Angoſtura, wo wir im Juli 1800 ankamen. Wirverweilten in dieſer Hauptſtadt von Guayana einen Mo-nat, während deſſen Bonpland am Fieber litt, einerFolge der ſchrecklichen Miasmen in den naſſen Wäl-dern des Aequators. Dann gingen wir durch das Land,(oder die ſo genannte Miſſion,) der Karaiben und über Neu-Barcelona, nach Kumana zurück, wo wirim September ankamen. Die Karaiben ſind die größteund muskelſtärkſte Nation, welche ich je geſehn habe;ſie allein widerlegen ſchon Raynal’s und Paw’s Träumereien über die Schwäche und Ausartung desMenſchengeſchlechts in der neuen Welt. Ein ausge-wachſener Karaibe gleicht einem aus Erz gegoſſenen Herkules.“ „Eigentlich habe ich,“ (ſchreibt Herr von Hum-boldt von Kumana aus am 16ten October 1800 an Fourcroy,) „während der 16 Monate meines Aufent-halts im ſüdlichen Amerika 2 Reiſen unternommen: dieeine nach den Miſſionen der Chaymas-Indianer zu Pa-ria, [während ſeines erſten Aufenthalts in Kumana,]die andere in das unermeßliche Land nordwärts des Amazonenfluſſes. Wir ſind zweimahl vor den großen Waſſerfällen des Orinoko, denen von Atures un-ter 5° 39′ nördl. Breite und 4St. 41′ 40″ weſtl. Länge,und von [S. Joſeph de] Maypures unter 5° 12′Br. und 4St. 43′ weſtl. Länge vorbei gekommen. — —Vom Tuamini gingen wir zu Fuß durch Wälder von Hevea, Cinchona und Winterana-Canella nach dem Rio Negro, auf dem ich bis San Carlos herab fuhr, um die Länge dieſes Orts nach Berthoud’s Chronometer, mit dem ich noch immer ſehr zufriedenbin, zu beſtimmen. — — Wir überſchicken Ihnendie Milch eines Baumes, den die Indianer die Kuh nen-nen, weil ſie dieſe ſehr nährende und unſchädliche |[399]| Milch trinken. — — Ich habe auch verſucht, Ihnendas Cruare, das berüchtigte Gift der Indianer vom RioNegro, in ſeiner ganzen Reinheit zu verſchaffen. Umdie Pflanze zu ſehn, welche dieſes Gift giebt, machteich ausdrücklich eine Reiſe nach Esmeralda; ſieſtand aber leider nicht in der Blüthe. Ich überſendeIhnen einige Zweige dieſer Liana, (hier Maracury ge-nannt,) welche in den Granitgebirgen ſparſam wächſt.— — Ich füge dieſen noch das Dapiche und eine Artvon Kautſchuk, das daraus bereitet wird, — — das Pendarenharz und die Erde der Otomaguen bei, welche3 Monate lang faſt die einzige Nahrung dieſer Nationiſt.“ — — Manches Abenteuer von dieſer inländi-ſchen Reiſe erzählt ein Brief unſers Landsmannes, derim Publiciſte bekannt gemacht wurde, und den man im Intelligenzbl. der allgem. deutſchen Bibl., B. 58, St. 1,S. 60, überſetzt findet, den ich aber hier übergehe.Man vergleiche auch eben daſelbſt B. 61, St. 2, S. 352;B. 64, St. 1, S. 118; und die Spenerſche berliner Zeitung, 1801, Juni, No. 86 und 87. Noch von Kumana aus überſendete Herr v. Hum-boldt den Directoren des naturhiſtoriſchen Muſeums inMadrit eine geologiſche Sammlung, als die Frucht ſeinerReiſen landeinwärts, und zur Erläuterung derſelben einſpaniſch geſchriebnes geologiſches Gemählde dieſesTheils von Südamerika. Einen Auszug aus dieſer Ab-handlung in franzöſiſcher Sprache ſchickte er an denDr. Delamétherie in Paris, und ſo kam dieſes Ta-bleau géologique de l’Amérique meridionale, nach wel-chem gegenwärtige Skizze bearbeitet iſt, in das Jour-nal de Phyſique, An 9, t. 53, p. 30 — 60. FolgenderBrief, datirt Kumana den 15ten Nov. 1800, beglei-tete dieſes Tableau, (Journ. de Phyſ., t. 53, p. 61.)„Ich überſende Ihnen hier ein geologiſches Tableau,das Sie intereſſiren wird. Aller Mühſeligkeiten undEntbehrungen ungeachtet, denen wir in den Gegenden, |[400]| aus welchen wir eben zurück kommen, uns unterziehnmußten, lebten wir doch in Wonne, denn alles wardort neu, groß und majeſtätiſch. In drei Tagen wer-den wir von hier nach der Havannah abreiſen, um vonda nach Mexico, den Philippinen und nach China zugehn. Ich habe zu St. Carlos del Rio Negro unter 1° 35′ nördl. Breite die magnetiſche Inclination, von der man bisher wähnte, ſie ſey unter dem Aequa-tor 0, mit meiner Bordaiſchen Bouſſole 23° 20′ nachder neuen Centeſimaleintheilung, [das iſt, 20° 53′ nachder gewöhnlichen Eintheilung,] gefunden. In 1 Minutemachte die Inclinationsnadel 21,6 Schwingungen. Die ge-fundne Temperatur des innern Erdbodens betrug unter 10°30′ nördl. Breite, in einer Höhe von 505 Toiſen überder Meeresfläche, 14,8° bis 15,2° R., und blieb dieſelbe,die Temperatur der Luft mochte auf 13° ſinken oderauf 19° ſteigen. Die mittlere Temperatur des Meerwaſ-ſers iſt hier an der Oberfläche 21° R.“ Die meiſten Orte und Flüſſe, welche unſer vor-trefflicher Landsmann in der folgenden geognoſtiſchenSkizze nennt, finde ich auf der großen Mapa coro-gra-fica de la Nueva-Andalucia, Provincias de Cumana y Gua-yana, Vertinentes del Orinoco, ſu cierto origen, commu-nicacion con il de las Amazonas, ſituacion de la LagunaParime, y nuevas Poblaciones. Conſtruido ſobre las mejo-res Obſervaciones y poſteriores Noticias, por D. Luisde Surville, [zweitem Archivar des Depart. von Indien,auf Befehl des Chefs dieſes Dep. D. Joſef de Galvez, ]1778. Sie, und des Fraters Antonio Caulin Hiſto-ria coro-graphica natural, y evangelica de la Nueva An-dalucia etc., 1779, fol., haben mir größten Theils denStoff zu den geographiſchen Erläuterungen gegeben,die man bei dem vorigen Briefe und bei dem folgendenAufſatze findet. d. H.]
|[401]| — — Ich komme von einer Reiſe landeinwärtsvon 1200 Lieues zurück, auf welcher ich ein Vier-eck zwiſchen Caripe, Portocabello, Pimichin undEsmeralde beſchrieben habe *) deſſen Inhalt mehrals 59000 Quadratlieues beträgt, ſo daß ich nundas Land kenne, vom Berge von Parca an bis Por-tocabello und von der nördlichen Küfte bis an dasThal des Rio Negro, der in den Amazonenfluß ſtrömt. Je größer dieſer Erdſtrich iſt, deſto mehrwerde ich mich in dieſer Skizze mit großen Zügenbegnügen müſſen. — — Sollte ich ſo glücklich ſeyn, nach Euro-pa zurück zu kehren, und meine geognoſtiſchenManuſcripte, die ich in Frankreich und Deutſch-land gelaſſen habe, nochmahls zu retouchiren, ſodarf ich hoffen, etwas Allgemeines über den Bauder Erde feſt zu ſtellen. Man wird dann durchüberzeugende Erfahrungen meine frühere Behaup-tung beſtätigt finden, daß das Streichen und das Fallen der Urgebirgslager, oder der Winkel, denſie mit dem Meridiane des Orts und mit der Erd-achſe machen, von der Richtung und den Abhän-gen der Gebirgszüge unabhängig iſt, und vielmehrGeſetze und einen allgemeinen Parallelismus befol-
*) Caripe, der Hauptort der Kapuziner-Miſſionunter den Chaimas und Karaiben, liegt gegen 10Meilen ſüdlich von Kumana, Pimichin am RioNegro, Esmeralde am Orinoko. VergleicheS. 397. d. H.
|[402]| gen, die nur in der Anziehung und der Achſenum-drehung der Erde gegründet ſeyn können. Manwird dann ferner ſehn, daß die Folgen der Flötz-lager, die man ſonſt einzelnen ſehr durchwühltenProvinzen, wie z. B. Thüringen und Derbyſhire,eigenthümlich glaubte, ein allgemeines Phänomeniſt, (wie Freisleben, von Buch und Gru-ner das ſchon ſehr gut durchgeführt haben,) unddaß in dieſen Formationen eine Identität der Lager herrſcht, welche darauf deutet, daß dieſelben Nie-derſchläge über dem ganzen Erdboden ſich zu der-ſelben Zeit abgeſetzt haben; Ideen, die nicht bloßfür den Phyſiker, ſondern auch für den Bergmann,der nach Analogien urtheilen muß, von hohem In-tereſſe ſeyn müſſen, und uns zu einer zuverläſſigen neuen Wiſſenſchaft führen werden, die lediglich beſchreibend feyn wird, und ein Gemählde der Erde wie ſie iſt, nicht ihrer Entſtehungsart aufſtellenſoll. — —
Ueber der hohen Kordillere *) der Anden, die ganz Südamerika von Zitara **) bis Cap Pilar ***) von Nord nach Süd durchzieht, hat man faſt all-gemein vergeſſen, daß Südamerika noch andereKordilleren hat, die von Weſt nach Oſt, parallel mit
*) Der ſpaniſche Name für Gebirgskette. d. H. **) Oder vielmehr von der Landenge von Darien ab. d. H. ***) Eins der ſüdweſtlichſten Vorgebirge Südameri-ka’s in der Straße von Magellan. d. H.
|[403]| dem Aequator ſtreichen, und die wenigſtens ebenſo hoch als die Karpathen, der Kaukaſus, die Al-pen und die Pyrenäen ſind. Gemeiniglich ſtelltman ſich alles Land, das öſtlich von den Anden liegt, und nach den Küſten von Guyana und Bra-ſilien zu ſich verflächt, als niedrige Ebenen vor, dievon den Strömen überſchwemmt werden; und ſelbſtdie Bewohner der Küſte von Karakas meinen, dieweiten Ebenen, (Llanos) in die ſie jenſeits derThäler von Aragua kommen, gingen ununterbro-chen bis zu den Pampas von Buenos-Ayres und biszu den Patagonen fort. Das iſt aber keineswegsder Fall. Die ſüdamerikaniſchen Llanos hängeneben ſo wenig ununterbrochen zuſammen, und lie-gen eben ſo wenig alle in gleichem Niveau, als die Wüſten Afrika’s und die Steppen der Tartarey, wel-che weiter vom Meere ab höher liegende Terraſſenbilden.
Die Hauptkordillere ſcheint vom Cap Pilar biszu den von Stewart 1792 auf ſeiner Reiſe zu denQuellen des Miſſuri entdeckten Aleganhy-Gebirgen über Nutka- und Prinz-Williams-Sund hinaus zuſammen hängend fortzuſtreichen; unddieſe Gebirge, deren indianiſche Bewohner faſteben ſo kultivirt ſind, als es die Peruaner im 15tenJahrhundert waren, ſcheinen nichts anders als dernördlichſte Theil der Anden zu ſeyn. *) Von den
*) Von ihr iſt in dieſer Skizze, die Herr vonHumboldt entwarf, ehe er die Kordillere der
|[404]| Urgebirgsketten, die ſich von der Kette der Anden nach Oſten abziehn, ſind mir die im nördl. Amerika nicht genau bekannt; doch ſcheinen dergleichennach Canada unter 50°, ferner in 42° nördl. Breite,und in dem jetzt überflutheten Landſtriche, der denGolf von Mexico bildet, unter 19 und 22° Breiteabzugehn, (wie die Gebirge von Kuba und Domin-go anzeigen.) Im ſüdlichen Amerika giebt es dreimit dem Aequator parallel ſtreichende Ketten pri-mitiver Gebirge: die Küſtenkette unter 9° und 10°;die Kette, in welcher die großen Waſſerfälle von Atures (5° 39′) und Maypure (5° 12′ 58″)liegen, welche zwiſchen 3° bis 7° nördlicher Breiteöſtlich ſtreicht, und die ich die Kette der Katarakten oder die Kette der Parime nennen will; *) undendlich die Kette von Chiquitos unter 15° und 20°ſüdlicher Breite. Dieſe Ketten laſſen ſich ſelbſt bisin die alte Welt verfolgen. Die UrgebirgsketteBraſiliens findet ſich unter gleicher Breite in Congo
Anden ſelbſt geſehn hatte, nicht die Rede; dage-gen beſchäftigt ſich der auf dieſen folgende Aufſatzausſchließlich mit ihren Merkwürdigkeiten, undergänzt in ſo fern gegenwärtige Skizze. d. H. *) Wahrſcheinlich nach der berüchtigten LagunaParime oder dem See Dorado, der nach Sur-ville’s Karte ſüdlich von den Quellen des RioEsquibo unter 1° nördl. Breite liegt, und ausdem ein Flüßchen hervor kömmt, das ſich in den Rio Parime oder de Aguas Blancas er-gießt. d. H.
|[405]| wieder; die ungeheure Ebene des Amazonenfluſſes liegt den Ebenen Nieder-Guinea’s, die Kordillereder Katarakten den Gebirgen Ober-Guinea’s, unddie Llanos des Miſſifippi, (die, als der Golf vonMexico entſtand, vom Meere verſchlungen wurden,)der Wüſte Sarah gegen über. Dies darf uns nichtverwundern, da das atlantiſche Meer vermuthlichnichts anderes als ein in die Erdfläche durch einenWaſſerſtrom eingeſchnittnes Thal iſt. Dieſes Waſ-ſer ſtrömte, wie Reinhold Forſter ſehr wahr-ſcheinlich gemacht hat, von Süden nach Norden,wurde durch die Gebirge Braſiliens nach Guineanordöſtlich hinüber gedrängt, wo es den Meerbu-ſen von Guinea aushöhlte; dann durch die Gebirgedes obern Guinea’s nach Nordweſt gewendet, woes den Golf von Mexico eingrub, und ſtrömte dannlängs der jetzigen nordamerikaniſchen Küſte nachNordoſt. — —
Die nördlichſte der drei ſüdamerikaniſchen öſt-lich ſtreichenden Kordilleren, die Kordillere derKüſte von Venezuela, iſt die höchſte, aber auchdie ſchmälſte. Die wahre Kette der Anden ſtreichtvom hohen Plateau von Quito ab durch die Pro-vinzen von Popayan und Choco, an der Weſtſeitedes Rio Atrato, (oder Rio San Juan,) hin, nachdem Iſthmus von Darien, wo ſie am Ufer des Cha-gré nur noch als ein 1200 bis 1800 Fuß hohesBergland vorkömmt. An der Oſtſeite des Rio Atra-to ſind höhere, doch in ihrer Gruppirung minderregelmäßige Bergzüge, die ſich unter dem Namen |[406]| der Sierra de Abile und der Berge von Cau-ca durch die hohen Savanen von Tola nach dem Rio Grande de la Magdalena und nach derProvinz St. Martha hinziehn. Hier geht vonihnen die Küſten-Kordillere ab, *) die immer ſchmä-
*) Herr von Humboldt rechnet dieſe Kette zwarſchon zur Küſten-Kordillere; nachdem er ſie aberſelbſt bereiſt hat, (vergl. den folg. Aufſ.,) ſieht erſie als die Hauptkette der Anden an. Die Anden theilen ſich über Popayan in drei Aeſte, von de-nen die Sierra de Abile der mittelſte, die Kor-dillere, auf welcher Sta Fé liegt, der öſtlichſte, unddie nach Darien ſtreichende Kette der weſtlichſteiſt. Hiernach habe ich den Ausdruck im Textegeändert. Vielleicht, daß Hr. von Humboldt jetzt auch die nordnordöſtlich ſtreichenden Gebirgevon St. Martha noch zu den Anden rechnen dürf-te, da ſie mit der öſtlichſten Kette, auf der Sta Féliegt, unmittelbar zuſammen zu hängen ſcheinen.Hier ein paar Stellen aus Bouguer, der als Au-genzeuge ſpricht, da er über Popayan und Hondaden Magdalenenfluß herunter von Quito nach Euro-pa zurück kehrte: „Die Kordillere der Anden iſt beiQuito doppelt. Die Gipfel der öſtlichen Kette ſindhier im Mittel 40 bis 45 Lieues von der Südſee, undvon ihnen die Gipfel der weſtlichen Kette 7 bis 8Lieues, an einigen Stellen mehr, an andern weni-ger, entfernt. Beide Ketten laufen durchgehendsmit einander parallel und nahe in der Richtungdes Meridians. Das Thal zwiſchen ihnen, dasmeiſt 5 bis 6 Lieues breit iſt, liegt 1500 bis 1600Toiſen über dem Meere, und nur, weil es vonbeiden Seiten mit noch weit höhern Bergzügen
|[407]| ler wird, je mehr ſie ſich dem Meerbuſen von Me-xico nach dem Cap de la Vela zu nähert, undihre anfangs nordnordöſtliche Richtung bald ganzin eine öſtliche ändert. In dieſer Richtung geht ſiebis zum Berge von Paria oder vielmehr bis zur
eingeſchloſſen iſt, deren Gipfel zum Theil mit ewi-gem Schnee bedeckt ſind, gilt es nicht ſelbſt fürein Gebirge. So weit ich die Kordillere der An-den geſehen habe, das iſt, von Cuença, (unter3° ſüdl. Breite,) bis Popayan, (unter 2\( \frac{1}{2} \)° nördl.Breite,) iſt ſie auf dieſe Art doppelt, und ich weiß,daß das noch weit nördlich über Popayan hinausder Fall iſt, obſchon ſie allmählig niedriger, unddas Thal deshalb minder reizend wird. Um Quitoſteht das Thermometer immer auf 14 oder 15° R.und es iſt dort ein immerwährender Frühling,“(Figure de la Terre, p. XXXII.) — „Unter 2°nördl. Br. iſt die Kordillere kaum noch den viertenTheil ſo hoch als bei Quito; weiterhin erhebt ſie ſichplötzlich bei Popayan, welches 800 bis 900 Toi-ſen über dem Niveau des Meeres liegt, da das Ba-rometer dort auf 22″ 10\( \frac{2}{3} \)‴ ſteht, und höchſtensum 1\( \frac{1}{2} \)‴ variirt. Sie nimmt aber bald wieder anHöhe ab; nicht der öſtliche Theil, ſondern die andreKette, welche zunächſt der Südſee iſt; und nach-dem von ihr ein Arm öſtlich des Golfs von Darienabgegangen iſt, ſich weſtlich über den Iſthmus vonPanama, (indem ſie das Choco vom übrigen Südame-rika ſcheidet,) nach Mexico zieht. Dieſe weſtliche Kordillere enthält viel Gold, ſo wie auch der Fußder öſtlichen und der Fuß einer andern ſehr langenGebirgskette, die ſich etwas ſüdlich von Popayantrennt, und ſich über Sta Fé de Bogota und
|[408]| Punta de la Galera auf der Inſel Trinidad. *) Die größte Höhe hat ſie in den Theilen, die unterden Namen Sierra Nevada de St. Martha, (11° 2′ nördl. Br.,) und Sierra Nevada deMerida, (8° 30′ nördl. Br.,) bekannt ſind. **) Erſterer iſt ungefähr 5000, letzterer 5400 Varres,(nahe 2350 Toiſen oder 14100 par. Fuß,) hoch.Die Paramo de la Roſa und de Mucu-chi ***) und die Berge von Merida, die mit ewi-gem Schnee bedeckt ſind, und aus ihren Seitenſiedendes, mit Schwefel-Waſſerſtoff geſchwängertesWaſſer ausſpeien, ſind höher als der Pik von Tene-riffa, und geben vielleicht dem Montblanc an Höhe
Merida nach Karakas zieht, wo ſie ſichnördlich am Meere endigt.“ (p. LIX.) d. H. *) Punta de Paria oder de Megillones iſtdas äußerſte nordöſtliche Vorgebirge des Iſthmusvon Paria, der ſich nördlich von den Mündungendes Orinoko tief in das Meer zieht und den GolfoTriſte bildet. Mit dieſem Vorgebirge endigt ſichdie Küſten-Kordillere auf dem feſten Lande,ſcheint aber in der Inſel Trinidad noch fortzu-gehn, deſſen ſüdöſtlichſte Spitze die Punta dela Galera iſt. d. H. **) Sierra heißt auf ſpaniſch ein Berg oder Gebirge,Sierra Nevada ein mit Schnee bedecktes Gebirge. d. H. ***) Paramo, (Wüſten,) nennt man in den Kor-dilleren die Ebenen auf den Gipfeln der Gebirge,welche über die Gränze der Vegetation hinaufliegen. d. H.
|[409]| nichts nach. Die Coloſſe von St. Martha ſtehn faſtiſolirt, oder ſind vielmehr nur von niedrigen Ber-gen umgeben, indem ſich weſtlich von ihnen bisnach Sta Fé oder bis an die Sierra de Zuin-din kein mit Schnee bedeckter Gipfel zeigt, unddie Sierra Nevada de Merida befindet ſich ſelbſt amRande der Llano von Karakas, welche kei-ne 240 Fuß über die Meeresfläche erhaben iſt. Et-was ähnliches findet ſich beim Montblanc, mit demſich die hohe Kette der Alpen ſchließt. Die höch-ſten Berge ſind im Vergleiche mit der ganzen Erd-maſſe ſo unendlich klein, daß ſehr geringe örtli-che Urſachen hinreichen konnten, an einer Stellegrößere Anhäufungen als an andern zu bewirken.
In den weſtlich vom See Marecaybo gelegnenTheile der Küſten-Kordillere, der ſich unmittel-bar an die Anden anſchließt, *) ſtreichen die Thä-ler von Süd nach Nord, und ſind ſehr lang, enge,und mit Wald bedeckt; ſo die großen Thäler desMagdalenen- und des Caucafluſſes, des Sinu unddes Atrato. Vom Cap de la Vela bis zum CapCoadera **) beſteht die Küſten-Kordillere auszwei parallel laufenden Bergketten, von denen dienördliche eine Fortſetzung der Kette von St. Martha,die ſüdliche eine Fortſetzung der Sierra Nevada de
*) Oder vielmehr noch zu den Ketten der Anden zu rechnen ſeyn dürfte. d. H. **) Ziemlich in der Mitte zwiſchen Karakas undKumana. d. H.
|[410]| Merida iſt. Jene zieht ſich über Burburuta, denRincon del Diablo, die Sierras de Mariana, denBerg von Aguasnegras, den Berg von Avila unddie Silla de Karacas nach dem Cap Coadera; dieſeſtreicht 3 bis 4 Lieues ſüdlicher durch Guigui, laPalma, die hohen Gipfel von Guairaima, Tiara,Guiripa und die Savana de Ocumare bis zur Mün-dung des Tuy. Dieſe beiden Ketten werden durchzwei Bergreihen verbunden, die von Nord nachSüd gehn *) und umſchließen daher drei Thäler, die von Weſt nach Oſt ſtreichen, und gleich Böh-men oder dem Haßlithale in der Schweiz alle Spu-ren tragen, daß ſie ehemahls Seen waren: nämlichdie Llano von Monai, die Thäler von Aragua, und das Thal von Karakas. In Abſicht ihresNiveaus liegen dieſe drei Thäler wie Terraſſen ne-ben einander, und zwar iſt das öſtlichſte das höch-ſte. Ich fand durch Barometermeſſungen das Ni-veau des Thals von Karakas 416, des Thals von Aragua 212, und des weſtlichſten, der Llanos deMonai, kaum 80 bis 100 Toiſen über dem Meere. —Schon dieſes iſt ein offenbarer Beweis, daß ſie zueiner ganz andern Zeit, als die Llanos entftandenſeyn müſſen, da dieſe, wie das ganze feſte Land Südamerika’s diesſeits der Anden, von Weſt nach
*) Zur weſtlichen gehören die Berge von Carora,S. Maria, S. Philippe und Aroa; zur öſtli-chen die dürren Gipſel de los Teques, la Co-quiza, Buena Viſta und los Altos de S.Pedro. v. Humb.
|[411]| Oft abfallen. Im Thale von Karakas ſcheint derehemahlige See ſeine Ufer durchbrochen und ſichAbflüſſe gebildet zu haben; das Becken von Aragua ſcheint dagegen durch Verdunſtung allmählig aus-getrocknet zu ſeyn, da es noch jetzt im See von Valencia einen Ueberreſt des ehemahligen Waſ-ſers zeigt. Dieſer See, der eben ſo hoch als derGenfer über dem Meere liegt, und deſſen Waſſerſtark mit ſalzſaurem Kalke geſchwängert iſt, nimmtjährlich ab, und die Untiefen deſſelben kommenals Inſeln, ( Aparecidas,) immermehr zum Vor- ſcheine. — Oeſtlich vom Cap Coadera iſt ein gro-ßer Strich der Küſten-Kordillere von der Fluth,welche den Golf von Mexico aushöhlte, zerſtörtund unter Waſſer geſetzt worden. Die hohen Piksder Inſel Margarita und die Gebirge auf demIſthmus von Araya *) ſind noch Ueberreſte der-ſelben. Ich habe ſie ſorgfältig unterſucht; ſie be-ſtehn aus derſelben Gebirgsart als dieſe Kordillere,(Glimmerſchiefer,) und die Lager haben in beidengleiches Streichen und Fallen.
Die Höhe der Kordillere der Küſte iſt mehren-theils 3600 bis 4800 Fuß; die höchſte Spitze der Sierra Nevada de Merida hat eine Höhe von14100 Fuß, (2350 Toiſen,) und der Gipfel der Silla de Karacas, den wir mit unſern Inſtru-menten unter großer Beſchwerde beſtiegen haben,
*) Er ſchließt den großen Meerbuſen von Cariaco von Norden her ein. d. H.
|[412]| iſt 7896 pariſer Fuß, (1316 Toiſen,) hoch. *) Oeſt-lich wird ſie immer niedriger, das Cap Coade-ra iſt nur 1056 Fuß und der Macanao auf derInſel Margarita, den ich trigonometriſch ge-meſſen habe, 2052 Fuß hoch. Doch nehmen hiernur die uranfänglichen Gebirgsarten, der blättrigeGranit, [Gneuß] und der Glimmerſchiefer ſo bedeu-tend an Höhe ab. Das Flötz-Kalkgebirge, welchesſich an die Südſeite der Kordillere anlehnt und beider Villa de Cure noch ſehr niedrig iſt, erhebtſich hier bedeutend, und wird höher als die uran-fängliche Kette. Im Cucurucho de Tomi-quiri, dem höchſten Berge der Provinz Kumana,erreicht dieſes Kalkgebirge eine Höhe von 5850par. Fuß, (976 Toiſen,) in dem Kegel von Gua-charo von 4920, und im Bergantin von 4212par. Fuß. Vom Cap Unare an bildet es eineabgeſonderte, mit der Kordillere parallel laufendeBergkette, in der keine Urgebirgsart zu ſehn iſt,und die mit der Kordillere aus Glimmerſchiefer nurdurch einen nördlich laufenden Arm zuſammenhängt, dem Cerro de Meapire, der das Thalvon Cariaco, (das ausgetrocknete Ende des Golfsvon Cariaco,) vom Thale St. Bonifacio, (ehemahlseinem Theile des Golfo Triſte,) trennt, und dem es
*) Silla de Karakas iſt, wie Herr vonHumboldt weiterhin anführt, ein hoch geleg-nes Thal zwiſchen zwei Piks der Sierra de Avila. d. H.
|[413]| zuzuſchreiben iſt, daß die Iſthmen von Araya undvon Paria von der einbrechenden Fluth nicht zueiner Inſel gemacht worden. Dieſe Kalkſteinfor-mation ſcheint, wie wir ſehn werden, Urſach zuſeyn, daß der öſtliche Theil dieſer Küſte den Erd-beben vorzüglich unterworfen iſt. — Die Küſten-Kordillere fällt nach Süden ſanfter als nach Nordenab, welches indeß nur eine ſcheinbare Ausnahmevon der bei den meiſten uranfänglichen Gebirgszü-gen wahrgenommenen Regel iſt, daß ſie nach Südenund Weſten zu am ſteilſten abfallen. Denn wahr-ſcheinlich hat die Fluth, welche den Golf von Me-xico einſchnitt, den ſanftern nördlichen Abhang mitfortgeſpült, und dieſem iſt es zuzuſchreiben, daßdie Kordillere überall nördlich ſehr jäh abfällt.Schwerlich giebt es irgend wo, den Montblanc beiCourmayeur ausgenommen, einen ſchrecklichernAbſturz, als die 7800 Fuß hohe ſenkrechte Mauerder Silla de Karacas über Caravelledo.
Die zweite uranfängliche Kordillere, welcheich die Kordillere der Katarakte des Orinoko oder die Kordillere der Parime oder des Dora-do nennen möchte, geht von den Anden in Quitound Popayan unter 3 bis 6° nördl. Breite ab, undſtreicht von Weſt nach Oſt, von den Quellen des Guaviare an, längs der großen Ströme Meta,Vichada, Zama, Guaviare und Ymiri-da, *) und bildet die furchtbaren Waſſerfälle von
*) Lauter Ströme, die dem Orinoko von Oſt her zu-fließen, und ſich in ihm nach der Ordnung, wie
|[414]| Aturès und Maypuré, welche der einzige bisjetzt offne Paß ſind, um landwärts in das Thaldes Amazonenfluſſes zu dringen. Unter 50° weſtl.Länge *) fängt dieſe Kordillere an ſehr an Höheund Breite zuzunehmen, und nimmt alles Land zwi-ſchen den Strömen von Caura, Erevato, Ca-rony, Paraguamuſi, Ventuari, Jao, Pa-damo und Manariche ein, **) und geht ſelbſtſüdlich bis zu den Quellen des Paſimona und Cababury ***) und bis an die Waldungen herab,
ſie hier genannt ſind, der Meta unterhalb, dieübrigen oberhalb der Waſſerfälle ergießen; nur der Ymirida ſcheint ſich mit dem Guaviari kurz vordeſſen Einfluſſe in den Orinoko zu vereinigen. d. H. *) Das iſt da, wo ſie den Orinoko erreicht. d. H. **) Die vier erſten dieſer Ströme fließen nördlich,die vier andern ſüdlich, und fallen insgeſammt, (ei-nige, nachdem ſie ſich zuvor vereinigt haben,) inden Orinoko: erſtere unterhalb der Waſſerfälle,da wo dieſer Strom unter 8° nördl. Breite faſt ganzin öſtlicher Richtung dem Meere zufließt; letztereoberhalb der Waſſerfälle, wo der Orinoko unter3° nördl. Breite von Oſt nach Weſt fließt. DieKordillere macht folglich hier die Waſſerſcheidung. d. H. ***) Nach Surville’s Karte fließt der Paſimo-na anfangs in oſtſüdöſtlicher, dann in oſtnordöſtli-cher Richtung dem Rio Negro zu, vereinigt ſichaber, ehe er ihn erreicht, bei der Miſſion Paſi-mona mit dem Caſiquiari, der den Orinoko mitdem Rio Negro verbindet, und unweit St. Car-
|[415]| wo die Portugieſen auf ſpaniſchem Gebiete die kräf-tigſte Smilax Saſſaparilla einſammeln. In dieſenGegenden iſt die Kordillere der Parima über 120Lieues breit. Ihre Fortſetzung weiter weſtlich von48° bis 40° Länge iſt wenig bekannt. Auf unſrerReiſe nach dem Rio Negro und bis an die Grän-zen von Para *) haben wir an mehr als 200 Or-ten dieſe Kordillere durchſchnitten, erſt in ſüdli-cher, dann, von der Mündung des Ventuari an, inöſtlicher Richtung, bis zum Vulkan von Duida, der nach meinen aſtronomiſchen Beſtimmungen un-ter 3° 13′ 26″ nördlicher Breite und 48° 31′ 45″weſtlicher Länge liegt. Weiter öſtlich bin ich mitmeinen aſtronomiſchen Inſtrumenten nicht gekom-men, als bis an den Rio Guapo, (?) der ſichunter 48° 33′ Länge in den Orinoko ergießt. Ei-nige Indianer aus der kleinen Miſſion l’Esmeral-da ſind zwar noch 15 Lieues weiter nach Oſtenvorgedrungen; keiner von ihnen und kein hieſigerEuropäer kennt aber die Quelle des Orinoko, derhier den Namen Canno Paragua führt, undnur noch 900 bis 1200 Fuß breit iſt, indeß ich ihnbei der Mündung des Apuré unter 7° 32′ 20″ Brei-
los in dieſen ſich ergießt. Der Cababuri ſtrömt ſüdlich dem Rio Negro zu, und fällt in ihnweit unterhalb St. Carlos, wie es ſcheint, ſchoninnerhalb der Gränzen von Braſilien. d. H. *) Das Gränzgouvernement Braſiliens, welches denganzen nördlichen vom Amazonenfluſſe durch-ſtrömten Theil Braſiliens umfaßt. d. H.
|[416]| te ohne Inſeln 27792 Fuß breit fand. Da alle eu-ropäiſche Niederlaſſungen am obern Orinoko undam Rio Negro jetzt nicht mehr als 400 FamilienIndianer enthalten, und der Weg von l’Esme-ralda nach dem Erevato und Caura ſichganz verloren hat, *) ſo hatten wir ſchon auf demWege bis hierher mit nicht weniger Schwierigkei-ten als Condamine auf ſeiner Fahrt auf dem Amazonenfluſſe zu kämpfen. Die bewunderns-würdige Reiſe, welche D. Antonio Santos nackend, und bald als Karaibe, bald als Macis be-mahlt, von der Mündung des Rio Caroni in den Ori-noko **) nach dem kleinen See Parime und von danach dem Amazonenfluſſe gemacht hat, hat uns in-deß mit der Kordillere der Parime weiterhin bekannt
*) Auf Surville’s Karte iſt er verzeichnet. Erging von Esmeraldas über 5 andre neue Po-blaciones in nördlicher Richtung bis nach der Pa-damo alto, unweit der Quellen des Padamo;dann weſtnordweſtlich über 11 neue Poblacionesnach der Ventuari an den Quellen des gleichna-migen Stroms, und von da in nördlicher Richtungnach St. Vicente am Aredato, (wahrſcheinlichderſelbe Strom, den Herr von Humboldt Ere-vato nennt,) und nach St. Luis an der Mündungdes Aredato in den Caura; ein Weg von mehr als100 Lieues. d. H. **) Mitten zwiſchen Nueva und Vieja Guyana, wo Caroni am Einfluſſe dieſes Stroms in den Orinoko liegt. d. H.
|[417]| gemacht. Unter 4° Breite und 43° Länge wird ſieviel ſchmaler und iſt kaum noch 60 Lieues breit.Sie macht die Waſſerſcheide zwiſchen den Strömen,die nördlich zum Orinoko, Rio Esquibo und denOcean, und ſüdlich in den Amazonenfluß fließen,(dem Rio Curaricana, Parime, Madari und Mao,) *) und iſt hier nur von geringer Höhe.Einige Grad weiter nach Oſten erweitert ſich dieKordillere wieder ſüdwärts, nach dem Canno Pi-rara, **) längs dem Mao hinab, und hier befin-det ſich der aus einem ſtark glänzenden Glimmer-ſchiefer beſtehende Cerro d’Ucucamo, demdie Holländer den prächtigen Namen: Goldberg,(Monte Dorado,) gegeben haben, wie dennauch die kleine Inſel Ypumucena in der La-guna Parime dieſem glänzenden Glimmerſchieferihren Ruf verdankt. Oeſtlich von Rio Esquiboſcheint die Richtung der Kordillere ſüdöſtlich zuwerden. Die Gränitgebirge im Süden des hollän-diſchen und franzöſiſchen Guyana, in denen dieStröme Berbice, Surinam, Maroni, Ap-rouaque und Oyapock entſpringen, gehören
*) Der Rio Parime oder de Aguas Blancas nimmt, nach Surville’s Karte, die andern hiergenannten auf, und fällt ſelbſt in 4 Armen in denRio Negro, der ſich nicht weit unterhalb in den Amazonenfluß ergießt. d. H. **) Der Abfluß der Laguna Parime in den Mao. d. H.
|[418]| zu ihr, und dieſes Granitgebirge ſcheint ſich ſehrweit zu erſtrecken, da man denſelben blättrigenGranit an der Mündung des Orinoko unter 8° 20′,zwiſchen dem Upatu und Acquire, und in den Gebir-gen von Maya nördlich vom Amazonenfluſſe, unter2° 14′ Breite findet.
Das iſt alles, was wir von dieſer unermeßli-chen Kordillere wiſſen, die von einer Menge wil-der, noch unbezwungner und ſelbſt unbekannterNationen bewohnt wird. Ich bin hierbei lediglichmeinen eignen Beobachtungen und den Nachrichtengefolgt, die ich von Indiern eingezogen, oder in Auf-ſätzen gefunden habe, welche D. Antonio Santos und einige ſeiner Gefährten, Freunden in die Federdictirt hatten. Alle Karten von dieſen Gegenden ſindvöllig unrichtig, und die bei der ſonſt verdienſtvol-len Geſchichte des Orinoko vom Pater Caulin, iſtin der Lage der Orte nach unſern Beobachtungen ummehrere Grade unrichtiger, als die 30 Jahr frühergezeichnete Karte von d’Anville; auch ſind darinalle indiſche Namen entſtellt, und Berge und Flüſſegezeichnet, wo es keine giebt; Fehler, die ſehrverzeihlich ſind, da der Verfaſſer nie jenſeits derWaſſerfälle des Orinoko und noch weniger bis zumRio Negro gekommen iſt. *)
*) Dieſes Urtheil über Surville’s Karte, von derhier Herr von Humboldt redet, (S. 400,)ſcheint mir nicht ganz billig zu ſeyn. Alle Orteund faſt alle Flüſſe, welche Herr von Hum-
|[419]| Der höchſte Gipfel dieſer ganzen Kordillereſcheint el Cerro de la Esmeralda oder der Berg von Duida zu ſeyn, deſſen Höhe überdem Meere ich trigonometriſch auf 7938 pariſerFuß, (1323 Toiſen,) beſtimmt habe. Seine Lagemitten in einer lachenden mit Palmbäumen und Ana-nas bedeckten Ebene; die ungeheure Maſſe, in derer ſich von der Miſſion aus zeigt; und die Flammen,die er zu Ende der Regenzeit auswirft, machen ihngleich mahleriſch und majeſtätiſch. Bis jetzt hatihn noch niemand erſtiegen; es würden, bei demjähen Anſteigen des Gipfels und der Stärke der Ve-getation, dazu Wochen erfordert werden. Nächſtihm ſind die höchſten Gipfel 6000 bis 6600 Fußhoch. Die gewöhnliche Höhe der Kordillere be-trägt nur 3600 Fuß, und ſtellenweiſe noch weniger,da der ganze Theil zwiſchen dem linken Ufer des
boldt nennt, finden ſich auf ihr, und mit demwas von ihnen geſagt wird, ſtimmt dieſe Karte, ausder meine Erläuterungen entlehnt ſind, aufs beſteüberein. Abweichungen von 1° in der Lage derOrte in einem ſolchen Lande bedeuten nicht viel;auch finde ich die Lage der meiſten der von un-ſerm Landsmanne beobachteten Orte auf der Kartenicht ſo gar unrichtig. Nur St. Carlos des RioNegro liegt um etwa 1° zu ſüdlich; dagegen iſt dieBreite von Esmeraldas völlig richtig, und die Längenicht um \( \frac{1}{3} \) Grad unrichtig. Auch beruht die Kartewohl nicht bloß auf des Paters Caulin Angaben. d. H.
|[420]| Canſiquiari, (eines Arms des Orinoko, der dieſenStrom mit dem Rio Negro und dem Amazonenfluſſe verbindet,) und den Quellen des Ymirida, den Waf-ſerfällen und Piramena und zwiſchen Cari-chana und Morocote zerſtört iſt, und nur iſo-lirte Felſen auf einem ebnen Grunde enthält; eineZerſtörung, die durch den Abzug der Gewäſſer ausdem Baſſin des Amazonenfluſſes in das von Calabozo *) und vom untern Orinoko, deſſen Niveau 160 Toi-ſen niedriger iſt, als jenes, bewirkt zu ſeyn ſcheint.Auf der geologiſchen Karte, die ich von dieſen Ge-genden entworfen habe, zeigt ſich ein ungeheuresThal, welches die Llanos des Rio Negro, Caſiqui-ari und Amazonenfluſſes mit den Llanos der Pro-vinzen Karakas, Barcelona und Cumana verbindet.Dieſes Thal hat ſeinen Abfall nach Norden, und iſtmit einer Menge iſolirter Felſen beſetzt, die an denUfern des Guaviare und Meta in der Provinz Caſſe-more noch jetzt die Richtung der alten Kordillerezeigen. Der öſtliche Rand dieſes Thals iſt der nie-drigſte Theil deſſelben, weshalb der heutige Ori-noko ſich dort ſein Bett eingegraben hat. Oderſollte vielleicht das Meer ſelbſt dieſes Thal bedeckthaben und den Theil von Südamerika zwiſchen 2°und 8° Breite und von 55° bis 70° Länge ehemahlseine Inſel geweſen ſeyn? — Noch hat die Kordillere
*) Calabozo liegt ſüdlich von Karakas in Ve-nezuela am Rio Guarico, der ſich in den Apu- ergießt. d. H.
|[421]| der Parime zwei Merkwürdigkeiten: Erſtens iſt ihrſüdlicher Abhang weit ſteiler als der nördliche;alle hohe Gipfel, (der Duida, der Maraguaca, derJao u. ſ. w.,) ſtehn im Südtheile und ſind nachSüden faſt ſenkrecht abgeſchnitten. Zweitensſcheinen in ihr nirgends Flötzlagen, und mithinauch keine Spuren organiſcher Weſen vorzukom-men. In dem weiten Raume, in welchem wir ſiebereiſt haben, bemerkten wir in ihr nur Granit,Gneuß, Glimmerſchiefer und Hornblendſchiefer,die nirgends mit Flötzlagen von Sandſtein oder Kalk-ſtein bedeckt waren, dergleichen ſich im öſtlichenTheile der Küſten-Kordillere bis zu Höhen von5856 Fuß erheben. Sollte dieſes mit der Nähebeim Aequator und mit der Achſenumdrehung inZuſammenhang ſtehn?
Die dritte uranfängliche Gebirgskette, die Kor-dillere von Chiquitos, iſt mir nur aus Nachrich-ten bekannt, welche ich von einigen unterrichte-ten Männern eingezogen habe, die in Buenos-Ay-res gewohnt und die Pampas durchſtrichen haben.Sie verbindet die Andes von Peru und Chili mit denGebirgen Braſiliens und Paraguay’s, indem ſie ſichvon la Paz, Potoſi und Tucuman, durch die Pro-vinzen von Moxos, Chiquitos und Chaco nach demGouvernement der Minen und von St. Paul in Bra-ſilien zieht. Die höchſten Spitzen ſcheinen zwiſchen15° und 20° ſüdlicher Breite zu liegen, wo die Ge-wäſſer ſich theilen, und nördlich dem Amazonen-fluſſe ſüdlich dem Rio de la Plata zufließen. |[422]| Zwiſchen dieſen drei Kordilleren befinden ſichdrei ſehr breite und tiefe Thäler: 1. das Thal des Orinoko und Aburé ſüdlich von der Küſten-Kor-dillere zwiſchen 8° und 10° nördlicher Breite;2. das Thal des Rio Negro und des Amazonen-fluſſes, zwiſchen den Kordilleren der Parime undvon Chiquitos, zwiſchen 3° nördlicher und 10°ſüdlicher Breite; und 3. das Thal der Pampasvon Buenos-Ayres, das ſich von St. Cruz de laSierra bis zu den Patagonen und Cap Virgin von19° bis 52° ſüdlicher Breite herab zieht. Daszweite dieſer Thäler hängt einiger Maßen mitdem erſtern durch den zerſtörten Theil der Kor-dillere der Parime zuſammen. Ob auch eine ſol-che Verbindung zwiſchen dem dritten und zweitenStatt findet, iſt mir unbekannt; doch zweifle ichdaran. — Dieſe ungeheuren Thäler oder Ebenenſind alle nach Oſten zu offen, wo ſie ſich an denniedrigen und ſandigen Küſten endigen; nach We-ſten ſind ſie dagegen durch die Kette der hohen An-des geſchloſſen. Es ſind gleichſam Buchten, dievon Oft nach Weſt, (in der Richtung von Strömun-gen durch die Achſenumdrehung bewirkt,) in dasInnere des Landes, und zwar defto tiefer hineingehn, je breiter es iſt, da ſich das Thal des Ori-noko und Apuré an der Gebirgskette, die von Pam-plona nach Merida geht, in 73° L., das Thal derPampas aber in 70° L. endigt. Sie haben insge-ſammt etwas Abdachung nach Oſten zu, und ſchei-nen mit denſelben Flötzformationen bedeckt zu |[423]| ſeyn. — — Faſt noch merkwürdiger als ſelbſtdie Gebirge ſind dieſe Llanos, dieſe Ebenen, diemehrere hundert Lieues von der Küſte entfernt undnahe bei Gebirgen von 18000 Fuß Höhe doch zumTheil nicht mehr als 40 bis 50 Toiſen über dasjetzige Niveau des Meeres erhaben ſind. Das amhöchſten liegende Llano, deſſen Höhe ich ge-meſſen habe, das zwiſchen den Flüſſen Ymirida,Temi, Pimichia; Caſiquiari und dem Rio Negro,iſt 180 Toiſen über das Meer erhaben, fällt aberſo wohl nördlich nach Aturès als ſüdlich nach dem Amazonenfluſſe ab. Das Thal des Apuré und Ori-noko liegt viel niedriger als das des Caſiquiari;bei Calabozo im Mittelpunkte dieſes Llano, (8° 56′56″ Br. und 4St. 40′ 39″ weſtl. Länge von Paris,)hat es nur eine Höhe von 30 Toifen, und bei l’Angoſtura, (8° 8′ 24″ Breite und 4St. 25′ 2″Länge von Paris,) der Hauptſtadt von Guyana,mehr als 80 Lieues weſtlich von der Küſte, kaum ei-ne Höhe von 8 Toiſen über dem Niveau des Meeres.In Europa haben die Ebenen der Lombardei durchihre geringe Höhe über dem Meere die meiſte Aehn-lichkeit mit den Llanos, de Pavia nach Pini nur 34,und Cremona nur 24 Toiſen über dem Meere liegt.Die andern Ebenen in Europa liegen viel höher;die Niederdeutſchlands 87 bis 120 Toiſen, unddie Baierns und Schwabens 230 bis 250 Toiſenüber dem Meere. Der Abhang der großen Llanos in Amerika iſt ſoſanft, und die Ungleichheiten derſelben ſind ſo wenig |[424]| merklich, daß ein Nichts den Lauf eines großenFluſſes zu beſtimmen ſcheint. Der Orinoko, derunter 50° weſtlicher Länge ſich nach Portocabellohin in das Meer ergießen zu wollen ſcheint, wen-det ſich bei Cabruta *) nach Oſten, ohne daß manhier oder bei St. Fernando de Atabapo, (3° 55′ 8″ Br.,) **) das geringſte Hinderniß ſieht,das ſeinem Laufe entgegen geſtanden hätte. Imgroßen Thale des Rio Negro und des Amazonen-fluſſes liegt zwiſchen den Strömen Atabapo, Caſi-quiari, Rio Negro und Orinoko ein Parallelogrammvon 1600 Quadratlieues, (unter 2° oder 3° nördl.Breite,) in welchem die Gewäſſer der einander ge-gen über ſtehenden Seiten gerade nach entgegen ge-ſetzter Richtung fließen. ***) Ich fand, daß derOrinoko von der Mündung des Guaviare bis zu derdes Apuré auf 70 Lieues 151 Toiſen, von Ango-ſtura bis zum Meere dagegen nur 8 Toiſen Fall hat.Gerade daſſelbe fand Condamine bei dem Ama-zonenfluſſe, der von der Stromenge der Pauxis bis
*) Im neuen Gouvernement von Cumana am Einfluſſedes Manapire in den Orinoko unter 7\( \frac{1}{2} \)° Breite. d. H. **) Wo der Orinoko, in welchen von Weſten herder Guaiviari und von Süden her der Atabapo ſtrömt, ſeine öſtliche Richtung plötzlich in einenördliche, die ihm der Atabapo zu geben ſcheint,verwandelt. d. H. ***) Der Atabapo nördlich, der Caſiquiari ſüdlich;der Orinoko weſtlich, der Rio Negro öſtlich. d. H.
|[425]| Para auf 240 Lieues nur 14 Toiſen Fall hat. —Vielleicht exiſtirte einſt nördlich von der Küſten-Kordillere ein Llano, das eben ſo viel unter demdes Orinoko als dieſes unter dem Llano des Rio Ne-gro lag, und daher jetzt von den Fluthen des Mee-res bedeckt iſt.
Das Thal der Mitte oder das Llano des Ama-zonenfluſſes unterſcheidet ſich ſehr auffallend vondem nördlichen und von dem ſüdlichen Llano. Esiſt mit undurchdringlichen Wäldern bedeckt, durchdas allein die Flüſſe Wege zu bahnen vermochten,und ſcheint faſt nur für Thiere, die auf den Bäu-men leben, bewohnbar zu ſeyn; die beſtändigenRegen unter dem Aequator veranlaſſen dieſe ſo üp-pige Vegetation. Dagegen ſind die Llanos des Ori-noko und der Pampas mit Gras bedeckte Ebenen, Savannen, auf denen ſich nur einzelne Palm-bäume zeigen, und die dieſelbe Hitze, denſelbenMangel an Waſſer, und dieſelben Spiegelungendurch irdiſche Strahlenbrechung, als die Wüſten Afrika’s und Arabiens darbieten. Sollte es aberwohl irgendwo anders ſo vollkommen ebne Flächenals hier geben, Flächen von 800 Quadratlieues,auf denen man keine auch nur 10 Zoll hohe Un-gleichheit findet? Die Ebenen in Nieder-Ungarn,öſtlich von Presburg, nähern ſich ihnen am mei-ſten; La Mancha, die Champagne, Weſtphalen,Brandenburg und Polen ſind dagegen, im Vergleichemit den Llanos Südamerika’s, bergige Länder.Nur Gewäſſer, die lange Zeit hier ſtanden, konn- |[426]| ten, wie es ſcheint, einen ſo völlig horizontalenBoden hervor bringen. Von St. Borjo bis an dieMündung des Rio Negro ſah Condamine nicht ei-nen Hügel, und eben ſo iſt das Llano des Orinokoohne Inſeln, indem die Morros de St. Juan nochzum ſüdlichen Abfalle der Küſten-Kordillere gehö-ren. Dagegen finden ſich in den Llanos ganz völ-lig ebene Striche von 200 bis 300 Quadratlieues,die um 2 bis 4 Fuß höher als der übrige Theil lie-gen; man nennt ſie Meſas oder Bancos; ein Na-me, der ſchon daran zu erinnern ſcheint, daßdieſes Untiefen in den alten Seen waren. Auchmuß ich bemerken, daß im Llano des Orinoko dieMitte der ſchönſte und ebenſte Theil iſt, (ich ver-ſtehe hier das ganze Llano, und nicht das kleineBett, welches der Orinoko im Südtheile deſſelbeneingegraben hat.) Nach den Rändern zu erhebtſich der Boden dieſes weiten Baſſins und wird un-gleich, daher die Llanos, durch die man von Guy-ana nach Barcellona kömmt, viel weniger voll-kommen und eben, als die von Calabozo und Uri-tucu ſind. — In dem nördlichen Llano, oder demdes Orinoko, ſind die Urgebirgsarten überall mitdichtem Kalkſtein, Gyps oder Sandſtein bedeckt;im Llano des Rio Negro und des Amazonenfluſſes ſteht dagegen der Granit überall faſt zu Tage. Jemehr man ſich dem Aequator nähert, deſto dünnerwird das Sandlager, (zerſetzter Sandſtein,) der dieuranfängliche Rinde des Erdballes bedeckt, und manfindet hier mitten in den Waldungen Flecke von |[427]| 40000 Quadrattoiſen, wo der Granit, ungeachtetder ausnehmend mächtigen Vegetation, doch kaummit einigen Lichenes bedeckt iſt, und nicht um 2Zoll über das Niveau des übrigen Llano hervor ragt.Ob auch etwas Aehnliches ſich in Afrika findenwird, dem einzigen feſten Lande außer Amerika,das unter dem Aequator liegt?
Ich komme nun zu einem noch wichtigern undnoch weniger unterſuchten Gegenſtande, nämlichzu dem Streichen und Fallen der Urgebirgslager indem Theile der neuen Welt, den ich durchſtreiftbin. Schon im Jahre 1792 wurde ich auf die Be-merkung geführt, daß beides einem allgemeinenGeſetze unterworfen ſey, und daß, (abgeſehn vonden Ungleichheiten, die von kleinen Localurſachenherrühren, beſonders von Erzgängen und Erzla-gern, oder von ſehr alten Thälern,) die Lagen desgeſchichteten grobkörnigen Granits, des blättrigenGranits, [Gneuß,] und ganz beſonders des Glim-merſchiefers und des Thonſchiefers, insgeſammt in Stunde 3\( \frac{1}{2} \) des bergmänniſchen Kompaſſes ſtrei-chen, d. h., einen Winkel von 52\( \frac{1}{2} \)° Südweſt oderNordoſt mit dem Meridiane des Orts machen, unddaß ſie dabei nach Nordweſt einfallen. In demStreichen iſt hierbei mehr Beſtändigkeit als in demFallen, beſonders bei den einfachen Gebirgsarten,(Thonſchiefer, Hornblendſchiefer,) und bei den zu-ſammen geſetzten von minder kryſtalliniſchem Kor- |[428]| ne, wie dem Glimmerſchiefer. In dem Granit,(den ich jedoch auch dieſem Geſetze gemäß in derSchneekoppe, im Ochſenkopfe, im Siebengebirgeund in den Pyrenäen ſehr regelmäßig geſchichtetgefunden habe,) und im Gneuß ſcheint die gegen-ſeitige Anziehung der kryſtalliſirten Theilchen ofteine regelmäßige Schichtung gehindert zu haben.In der Lagerung des Glimmerſchiefers und Thon-ſchiefers zeigt ſich daher mehr Gleichförmigkeit;auch waren es dieſe Gebirgsarten, die mich zuerſtwährend meines Aufenthalts im Fichtelgebirge undim Thüringer Walde auf die Idee dieſes Streichungs-geſetzes geführt haben. Ich habe ſeitdem dasStreichen und Fallen der Urgebirgslager in andernTheilen von Deutſchland, in der Schweiz, in Ita-lien, im ſüdlichen Frankreich, in den Pyrenäen,und zuletzt noch in Galicien mit Sorgfalt gemeſſen.Herr Freisleben, von dem wir ſchon viele wich-tige geologiſche Arbeiten haben, hat mir bei eini-gen dieſen Unterſuchungen geholfen, und wir wa-ren beide über die Gleichförmigkeit des Streichensund Fallens erſtaunt, die ſich uns in einer derhöchſten Kordilleren der Welt, den Savoyer; Walliſer und Mailänder Alpen, auf jedem Schrittezeigte. Es war einer der Hauptzwecke, den ich mirbei meiner Reiſe nach beiden Indien vorgeſetzt hat-te, dieſem Phänomene und der Identität der Lagerweiter nachzuforſchen. Alle Meſſungen, die ichdarüber bis jetzt in der Küſten-Kordillere und in der |[429]| Kordillere der Parime angeſtellt habe, geben mirvöllig daſſelbe Reſultat, als meine Unterſuchungenin Europa. In der ganzen Glimmerſchieferkettevon Cavaralleda bis zum Rio Mamon, ſo wohl inder Silla de Karakas in 1000 Toiſen Höhe, als imRincon del Diablo, dem Berge von Guigue, den In-ſeln des reizenden Sees von Valencia, und dem gan-zen Iſthmus von Maniquare; in dem Hornblend-ſchiefer, der in den Straßen von Guayana zu Tageausſteht; ſelbſt bei den Waſſerfällen und im geſchich-teten Granit am Fuße des Duida; — ſtreichen dieLager überall von Nordoſt nach Südweſt unter einemWinkel von 50° mit dem Meridiane, (Stunde 3 bis4 der ſächſiſchen Bouſſole,) und fallen nach Nord-weſt unter einem Winkel von 60 bis 80°. Dieſe gänzliche Einförmigkeit der Lagerung derUrgebirgsarten in der alten und in der neuenWelt belehrt uns von einer höchſt wichtigen geo-logiſchen Thatſache. Es läßt ſich nun nicht fernermehr wähnen, daß das Streichen der Lager vonder Richtung der Gebirgskette abhänge, und daßdas Fallen ſich nach dem Abhange des Gebirgesrichte. Eine Menge Profile, und beſonders einDurchſchnitt der Gebirge von Genua, durch dieBochetta und den St. Gotthard bis in Franken, dieich nach meiner Rückkunft bekannt zu machen den-ke, beweiſen ganz das Gegentheil. Die Richtungund beſonders der Abfall der Gebirgsketten, ſo wiedie ganze Geſtalt dieſer kleinen Ungleichheiten desErdkörpers, ſcheinen von neuern und kleinern |[430]| Phänomenen abzuhängen; eine Strömung von Ge-wäſſern hat ein Thal in dieſer oder jener Rich-tung eingeſchnitten, und indem ſie einen Theil desGebirges mit fortſchwemmte, das Gebirge ſo oderanders ſtreichen gemacht. Die Urgebirgslagerſcheinen vor allen jenen Kataftrophen ſchon in ihremjetzigen Streichen und Fallen vorhanden geweſenzu ſeyn, und kommen auf den Gipfeln der Alpen und in der Tiefe unſrer Bergwerke auf dieſe Artgleichmäßig vor. Wenn man 15 Lieues weit un-unterbrochen durch Thonſchiefergebirge gekom-men iſt, deren Schichten alleſammt parallel ſindund unter 70° nach Nordweſt einfallen, ſo darf mannicht mehr glauben, daß dies geſtürzte Lager ſind,die vordem horizontal gelegen haben; das würdeeinen 15 Lieues hohen Berg voraus ſetzen. Undmit welcher Regelmäßigkeit müßte der nicht ein-geſtürzt ſeyn, und in welch einen ungeheurenSchlund! Und was ſoll man vollends zu den La-gern auf der Höhe der Lanterne von Genua, oderauf der Höhe der Bochetta, oder zu St. Mauritiusſagen, die genau parallel ſind mit den Lagern imFichtelgebirge, in Galicien, in der Sierra de Ka-rakas auf dem Iſthmus von Araya, am Caſiquiarinahe beim Aequator? — — — Man muß ge-ſtehn, daß dieſe Einförmigkeit eine ſehr alte, ſehrallgemeine, und in den erſten Anziehungen derMaterie gegründete Urſache, als dieſe ſich in pla-netariſche Sphäroide zuſammen häufte, vorausſetzt. Dieſe große Urſache ſchließt den Einfluß lo- |[431]| caler Urſachen nicht aus, welche kleine Theile derMaterie beſtimmt haben, ſich ſo oder anders, denGeſetzen der Kryſtalliſation gemäß, zuſammen zuordnen. Delamétherie hat dieſe Phänomene,dieſen Einfluß eines großen Berges als Kerns auf diebenachbarten kleinern mit Scharfſinn nachgewieſen.Ueberhaupt darf man nie vergeſſen, daß alle Ma-terie nicht bloß nach dem Mittelpunkte getriebenwird, ſondern auch ſich gegenſeitig anzieht. —Auf die Fruchtbarkeit der Provinzen Karakas, Cu-mana und Barcellona hat dieſe Schichtung der Ur-gebirgslager in der Küſten-Kordillere einen ſehrnachtheiligen Einfluß. Die Gewäſſer, welche dieBerghöhen einſaugen, laufen in der Richtung dieſerLagerung ab, daher es in den weiten Landſtrichenſüdlich von der Kordillere an Waſſer fehlt, indeßder nördliche Abhang derſelben äußerſt quellen-und flußreich, aber auch wegen allzu großer Feuch-tigkeit und zu dichter Waldungen eben ſo unge-ſund als fruchtbar iſt. Die Flötzgebirge, welche ich bis jetzt in der neuen Welt geſehen habe, ſind faſt von derſelbenBeſchaffenheit als die in Europa. Auf die älteſtenFlötzformationen ſcheint noch dieſelbe Urſache ge-wirkt zu haben, welche die uranfänglichen Gebirgs-lager beſtimmt hat, in Stunde 3 bis 4, (oder in N. 50O. nach dem Schiffskompaſſe,) zu ſtreichen, undhäufig fallen ſie, wie auf den Berner, Walliſer, Ty-roler und Steyermärker Alpen, ſüdöſtlich ein. Diemeiſten jedoch, und beſonders die jüngſten Flötz- |[432]| formationen, die in den von mir bereiſten Diſtri-cten am häufigſten entblößt ſind, befolgen keinGeſetz, da ſie faſt horizontal gelagert ſind, odernach dem Rande der großen ausgetrockneten Baſ-ſins, die man hier Llanos, und in AfrikaWüſtennennt, etwas anſteigen. Condamine erzählte ſeinen Freunden, erhabe in Peru und Quito keine Verſteinerung gefun-den; und doch iſt die Kordillere der Anden keinbloßer Granit, ſondern bei Cuença und weiter ſüd-lich mit Gyps und Flötzkalk bedeckt. Ich habeder Verſteinerungen unendlich viel in einer For-mation von kalkartigem Sandſteine gefunden, derden nördlichen und ſüdlichen Abhang der Küſten-Kordillere von den Gipfeln St. Bernardin und losAltos de Conoma an, bis an die Punta de Pariaund das Endgebirge der Inſel Trinidad bedeckt,und die ſich auch auf Tabago, auf Domingo, zuGuadeloupe auf Grandeterre, (Baſſeterre beſtehtaus Granit,) und auf andern Inſeln wieder findet.Eine unzählbare Menge von Meer- und von Land-muſcheln, (zwei Klaſſen, die man in Europa ſo ſel-ten vermengt findet,) Cellularia, Korallen, Ma-dreporen, Aſtroiten, ſind in dieſem Sandſteine miteingekittet, und zwar alle zerbrochen. GanzeFelſen beſtehn aus dieſen, faſt zu einem Pulverzerkleinerten Bruchſtücken. Mein Reiſegefährte Bonpland fand unter ihnen ſelbſt Pinnas, Ve-nusmuſcheln und Auſtern, von denen die Originale noch jetzt an dieſer Küſte leben; eine für die Geo- |[433]| logie ſehr wichtige Beobachtung. Alles deutet dar-auf hin, daß dieſe Formation, die ich nirgendsüber 9 bis 10 Lieues von der gegenwärtigen Küſteentfernt gefunden habe, ſehr neu iſt, und daß dieFlüſſigkeit, in der ſie gebildet worden, in heftigerBewegung war. Auch habe ich ſie nicht in Höhenbis über 30 oder 40 Toiſen gefunden; dagegenſcheint ſie an mehrern Stellen den Boden des Golfsvon Mexico auszumachen, z. B. am Cabo Blancound an der Punta Araya. Nimmt man dieſe neueFormation von Sandſtein mit Kalkbaſis aus, ſo ſindallerdings die Verſteinerungen in dieſen Gegendennicht häufig; beſonders iſt mir nicht ein einziger Belemnit oder Ammonit vorgekommen, die dochfaſt in allen europäiſchen Flötzgebirgen zu Hauſeſind. — Das Llano des Orinoko und ſelbſt dasdes Rio Negro iſt mit einer Breccie aus groben Kie-ſeln (Nagelfluch) bedeckt, die ſelbſt keine Mu-ſcheln enthält, doch vielleicht andre muſchelhaltigeFlötzlagen bedeckt, und in der ſich Stämme verſtei-nerten Holzes finden, die bis auf 6 Fuß lang und 2Fuß dick ſind, und einer Art von Malpigia anzu-gehören ſcheinen. Viel ſeltner, und in einer ganz andern Lage alsin jenem kalkartigen Sandſteine ganz neuer Forma-tion finden ſich die verſteinerten Muſcheln, die ineiner dichten Kalkſteinformation vorkommen, wel-che weit älter als der Sandſtein und der Gyps iſt.Anomia, Terebratuliten, — — — liegen da fa-milienweiſe bei einander, wie im Salève bei Genf, |[434]| auf dem Göttinger Heinberge und bei Jena; einZeichen, daß ſie an den Stellen ſelbſt lebten, woman ſie jetzt verſteinert findet. Sie ſind nicht durchdie ganze Maſſe des Geſteins verbreitet, ſonderneinigen Lagern eigenthümlich; in vielen Bergenfinden ſie ſich gar nicht, wo ſie aber vorkommen,da iſt es immer in großer Zahl, dicht bei einander,und beſonders immer in bedeutenden Höhen; Ei-genſchaften, die ſie mit den Muſcheln im Kalkſteineder hohen ſchweizer und ſalzburger Alpen, (dereinerlei Formation mit dem thüringer Zechſtein iſtund auf Grauwacke oder ſehr altem Sandſteine auf-liegt,) gemein haben. Im dichten Kalkſteine habe ich Muſcheln nurbis auf eine Höhe von 800 Toiſen angetroffen. In-deß beweiſen andre, ziemlich neue Monumenteden Aufenthalt der Gewäſſer noch in weit größernHöhen. Abgerundete Kieſelſteine, die ſich auf der Silla de Karakas in 1130 Toiſen Höhe finden,beweiſen, daß, (wie auf dem Bonhomme in Savo-yen,) die Gewäſſer vor Zeiten dieſes Thal zwi-ſchen den beiden Pics von Avila ausgehöhlt haben;ein Durchbruch, der unſtreitig weit älter iſt, alsdie jetzigen fünf Päſſe der Küſten-Kordillere, näm-lich die Thäler des Rio Neveri, des Unare, des Tuy, des Mamon und das Thal von Guyguaca. *) In einer ſehr entfernten Periode
*) Einige ſehr ſonderbare kreisförmige Thäler, diein den Gebirgen von Kumana vorkommen, (z. B.
|[435]| ſcheint das einbrechende Meerwaſſer den Golf von Cariaco und den Golſo Triſte gebildet, dieInſeln Trinidad und Magarita vom feſtenLande getrennt und die Küſte von Kumana zerriſſenzu haben, wo die Inſeln de la Boracha, Pi-cua und Karakas nichts als einen Haufen vonTrümmern darſtellen. Jetzt zieht ſich der Oceanhier überall zurück. Die Inſeln Coche *) und Cuagua ſind Untiefen, die aus dem Waſſer her-vorſehn, und die große Ebene, (le Salado,) worauf Kumana ſteht, und die keine 5\( \frac{1}{2} \) Toiſenüber die Meeresfläche erhaben iſt, gehörte ehe-mahls zum Meerbuſen von Cariaco, wie die vielenfaſt friſchen Muſcheln auf ihr beweiſen. Auch be-merkt man hier und zu Barcelona, daß ſich das Meer jährlich weiter zurück zieht. Bei dem letz-tern Hafen iſt es in 20 Jahren um 900 Toiſen zu-rück gewichen. Rührt dieſes von einer wirklichenVerminderung des Waſſers im Meerbuſen von Me-xico her? oder findet auch hier vielleicht das Statt,was man im mittelländiſchen Meere bemerkt hat,daß nämlich das Waſſer an andern Orten gewinnt,was es an einigen verliert?

das Thal von Cumanacoa und das von St. Auguſtinin 507 Toiſen Höhe, berühmt durch ſeine erqui-ckende Friſche,) ſcheinen ausgetrocknete, viel-leicht durch Erdfälle entſtandne Seen zu ſeyn. v. Humb. *) Zwiſchen Margarita und dem Iſthmus von Araya. d. H.
|[436]| Eine hiermit nicht zuſammen hängende Erſchei-nung iſt die Abnahme der ſüßen Gewäſſer, des Re-gens und der Ströme in dieſem Welttheile. Derjetzige Orinoko iſt nur noch ein Schatten von dem,was er ehemahls, und vielleicht noch vor tauſendJahren war, wie die Spuren beweiſen, die dasWaſſer an beiden Ufern bis auf eine Höhe von 70 bis80 Toiſen zurück gelaſſen hat, nämlich Höhlen undſchwarze Striche durch das Reißblei bewirkt, wel-che der Strom abſetzt. Auch haben die Indianerdie Sage von einer Sündfluth, bei der ſich mehrereMenſchen auf Flößen von Agaveholz gerettet, unddarauf die Inſchriften und Hieroglyphen ſollen ein-gegraben haben, die man in beträchtlichen Höhenim Granit bei Urnana, Incaramada und amUfer des Caſiquiari findet, obſchon keine der jet-zigen Nationen ein Alphabet beſitzt.
Von den Gebirgsarten habe ich bis jetzt folgen-de in dem Theile von Südamerika, den ich durch-reiſt bin, gefunden: 1. Urgebirge: Granit. Die ganze Kordillereder Parime, beſonders in der Gegend des Vulkansvon Duida, beſteht aus einem Granit, der nicht inGneiß übergeht. In der Küſten-Kordillere iſt derGranit faſt überall bedeckt und mit Gneiß undGlimmerſchiefer gemengt. Ich habe ihn ſüdlichvon Cambury zwiſchen Valencia und Por-tocabello geſchichtet gefunden, in 2 bis 3 Fuß |[437]| dicken, ſehr regelmäßig, (in Stunde 3 bis 4,) ſtrei-chenden Lagera, die nordweſtlich einfielen. Am Rincon del Diabolo, ſüdöſtlich von Portoca-bello, kommen in ihm große und ſchöne Feldſpath-kryſtalle vor, die bis auf 1\( \frac{1}{2} \) Zoll ſtark ſind, wie imgrobkörnigen Granit des Fichtelbergs, zu Chamouny,in Schottland und zu Guadarama. Auf der Sillade Karakas und an mehrern Stellen kömmt erdurch regelmäßige Spalten in Prismen getheilt vor,wie ihn Karſten auf dem Schneeköpfe in Schle-fien gefunden hat. Mehrere Granitberge bei Kara-kas, bei Valencia und in der Sierra Nevada de Meri-da enthalten, wie der St. Gotthard, förmliche Gang-klüfte, die mit ſehr großen und ziemlich ſchönenQuarzkryſtallen tapezirt ſind. In den beiden Lla-nos, die ich geſehen habe, findet man weder Gra-nitgeſchiebe, dergleichen im nördlichen Deutſch-land, (aber nicht in den Ebenen Frankens, Bai-erns und Schwabens,) in ungeheuren Blöcken vor-kommen, noch andre Kieſel von Urgebirgsarten,In den Granitbergen bei Karakas, in denen zwi-ſchen Valencia und St. Carlos, und in der Sierra Ne-vada de Merida kommen, wie im St. Gotthard,offne Gänge vor, die mit ſehr großen und ziemlichſchönen Bergkryſtallen beſetzt ſind. Gneiß, (blättriger Granit,) und Glimmerſchie-fer, welche den Granit beſonders in der Kordil-lere der Küſte von Venezuela bedecken. Der Gneiß herrſcht vorzüglich vom Cap Chichibocoa bis zumCap Coadera; (auch in den Inſeln des Sees von Va- |[438]| lencia) bei Cap Blanc *) fand ich in ihm einenſchwärzlichen Quarz, der in Werner’s Kieſel-ſchiefer übergeht. Der Macanao auf Margarita, unddie ganze Kordillere des Iſthmus von Cariaco be-ſteht aus Glimmerſchiefer mit rothen Granaten.An einer Stelle fand ich darin etwas weniges Cya-nit. Im Gneiß des Bergs von Avila fand ich grüneGranaten, indeß der Glimmerſchiefer da keineGranaten enthält; in Europa findet ſich gewöhn-lich das Gegentheil. An einem Orte am Caſiquiariſah ich im Gneiß, (ſo wie unweit Valencia im Gra-nit,) runde Maſſen von 3 bis 4 Zoll Durchmeſ-ſer, von feinkörnigem Granit, der aus gelbem Feld-ſpath, viel Quarz und faſt gar keinem Glimmer be-ſtand. Iſt dies etwa ein älterer Granit, der in ei-nem neuern vorkömmt? oder ſind nicht vielmehrdieſe Maſſen, die wie Kieſel ausſehn, Wirkungender Anziehung, die, als die ganze Steinmaſſe ſichbildete, einige Moleculen einander mehr wie an-dere näherte? Auch in Schleſien, zu Wunſiedel imFichtelberge, zu Chamouni, am St. Bernard, beimEscurial und in Galicien findet man Granit, der an-dern in ſich zu enthalten ſcheint. An mehrern Orten der Küſten-Kordillere gehtder Glimmerſchiefer in Talkſchiefer über. In derKordillere der Parime kommen große Maſſen einesſehr glänzenden Talks vor, denen der Berg Dora-do und die Inſel Ypumucena, (S. 417,) ihren Ruf
*) Unweit Karakas. d. H.
|[439]| zu danken haben. Ich habe kleine Götzenbilderaus Nephrit oder feiner Jade geſehn, die vom Ero-vato herkamen. Vielleicht kommen da im GneißFelſen von Jade vor, dergleichen ich bei Urſernam St. Gotthard gefunden habe. Condamine fand die harte Art der Jade, die unter dem Na-men des Amazonenſteins bekannt iſt, am Ama-zonenfluſſe.
Im Granit, Gneiß und Glimmerſchiefer kom-men hier, wie in Europa, verſchiedne untergeord-nete Lager vor: im Meere bei Cap Blanc, weſtlichvon Guayra Chloritſchiefer; in den Straßen von St.Thomas in Guayana, und ſüdlicher in der Kordillereder Parime ſehr reiner und ſchöner Hornblend-ſchiefer; in der Silla de Karakas zu Porzellänthon verwitterte Feldſpathlager; im Ifthmus von Caria-co und bei Guayra Quarzlager mit Titanium; beiKarakas Quarzlager mit magnetiſchem Eiſen; zwi-ſchen Karakas und Guayra körnigblättriger Kalk-ſtein ohne Tremolith, aber mit viel Schweſelkies und ſpäthigem Eiſenſteine, indeß in der Kordillereder Parime Kalkſtein gänzlich zu fehlen ſcheint, daman ihn dort ſchon ſeit vielen Jahren umſonſt ge-ſucht hat; bei Chacao und im Iſthmus von Caria-co Zeichenſchiefer oder ziemlich reines Reißblei, und an andern Orten Quarzgänge, worin ſich Kieſe und Spießglanz, die goldhaltig ſind, finden, ge-diegenes Gold, Kupferfahlerz, Kupferlaſur, Mala-chit u. ſ. w. Auf Kupfer ſteht jedoch nur das ein- |[440]| zige Bergwerk von Aroa *) in Umtrieb, wo 60bis 70 Sklaven jährlich 1500 Zentner Garkupferproduciren, wovon der Zentner für 12 Piaſter ver-kauft wird. Das Thal, worin die Gruben liegen,die auf ein Stockwerk, (oder eine Vereinigung vie-ler Gänge,) zu bauen ſcheinen, iſt minder unge-ſund, als es die dem Meere näher liegenden Thälerſind, wo die Indier zu Urama, Maron und Alpa-goto Gold waſchen, und wo, wie in dem fruchtba-ren Thale von Kavarinas, die Luft Gift zu ſeynſcheint; an dieſen ungeſundern Orten finden ſichaber viel reichere Erzgänge. Das Gold iſt dortdurch die ganze Provinz verbreitet, vorzüglich inden Quarzlagern, beſonders im Cerro de Chacaound Real de Santa Barbara bei St. Juan, dem einzi-gen Orte in Südamerika, wo ich Schwerſpath ge-funden habe. Alle Flüſſe in der Provinz Karakasführen Gold; doch iſt das kein Beweis, daß ſich inihr reiche, noch unbekannte Goldadern finden. DasGold könnte wohl durch die ganze Maſſe des Gra-nits zerſtreut ſeyn; wenigſtens kenne ich weder inEuropa noch hier irgend eine hohe aus Granitbeſtehende Kordillere, deren Flüſſe nicht Goldführten. Thonſchiefer iſt ziemlich ſelten; doch kömmtüber dem Glimmerſchiefer am ſüdlichen Abhangeder Küſten-Kordillere, nahe beim Llano, an einigenStellen blauer Thonſchiefer mit Quarzgängen vor,
*) Aroa liegt weſtlich von Portocabello. d. H.
|[441]| und an mehrern Stellen des Iſthmus von CariacoThonſchiefer mit 2 bis 3 Fuß mächtigen Lagern Alaunſchiefer, woraus natürlicher Alaun, dem vonTolfa ähnlich, auswittert, womit die Indianer ei-nen kleinen Handel treiben.
Serpentinſtein kömmt auf dem Glimmerſchieferin einer Höhe von 245 Toiſen liegend, auf demPlateau der Villa de Cura in der Küſten-Kordil-lere vor. Er iſt hier und da olivengrün, enthältGlimmer, aber weder Granaten noch Schillerſpath,noch Hornblende, dagegen Klüfte mit bläulichemSpeckſtein. Urtrapp oder Werner’s Urgrünſtein, der auseiner innigen Mengung von Hornblende und Feld-ſpath beſteht, worin manchmahl Schwefelkies undQuarz eingeſprengt ſind, (einerlei Formation mitdem Paterleſtein (?) des Fichtelbergs,) der ſelbſtin Europa wenig bekannt iſt, und den man oft mitBaſalt verwechſelt hat. Er findet ſich an mehrernStellen am nördlichen und ſüdlichen Abhange derKüſten-Kordillere, des Berges von Avila, im Meeream Cap Blanc, — — in Lagen von 2 Toiſen oderin Kugeln von 4 Fuß bis 3 Zoll Durchmeſſer, dieaus concentriſchen Lagen beſtehn, und durch Glim-merſchiefer und Urthonſchiefer zuſammen gebackenſind, welches für das hohe Alter dieſer Gebirgsartzeugt; auch bei Karakas in einem wahren, die La-gen des blättrigen Granits durchſetzenden, dochin einem neuern Granit eingeſprengten Gange, und |[442]| hier enthält der Grünſtein rothe Granaten, der-gleichen ich in ihm in Europa nie gefunden habe. 2. Werner’s Uebergangsformation. Sie fin-det ſich vorzüglich im nördlichen Theile der Kor-dillere der Parime und in großer Maſſe am ſüdli-chen Abhange der Küſten-Kordillere, zwiſchen denLlanos und den Morros de St. Juan, zwiſchen derVilla de Cura und Parapara, (9° 33′ und 9° 55′Br.,) wo ſie von 1800 Fuß Höhe über dem Meerebis 378 Fuß Höhe herab geht, und wo man ſichin ein Land von Baſalt verſetzt zu ſehn glaubt. Al-les erinnert hier an die Berge um Bilin in Böh-men, oder um Vicenza in Italien. — Der Urſerpentin an den Ufern des Tucutunemo, (der,gleich dem ſchleſiſchen, Kupfergänge enthält,) wirdallmählig feldſpath- und hornblendhaltig und gehtin den Trapp oder Grünſtein über. Dieſer Trappſindet ſich in Maſſe, ſtreichend in St. 7 und fal-lend unter 70° nördlich, oder lagenweiſe con-centriſch in Kugeln, die bald in einem mit Magneſiagemengten Thone, der kleine koniſche Berge bil-det; bald in einem ſehr ſchweren grünen Schiefer,der innig mit Hornblende und Thonſchiefer ge-mengt iſt, ( Werner’s Uebergangs-Thonſchiefer, der an einer Stelle in den Thonſchiefer, über wel-chem er liegt, übergeht,) vorkommen. In dieſemTrapp oder Grünſtein findet ſich blättriger Olivin in vierſeitigen Prismen kryſtalliſirt, wie ihn Freis-leben auf einer Reiſe, die wir mit einandernach Böhmen machten, entdeckt hat; Augit mit |[443]| muſchlichem Bruch; Leucit-Dodecaeder; und Höh-lungen, die tapezirt ſind, mit Grünerde, der vonVerona ähnlich, und mit einer Subſtanz von Per-lenmutterglanz, die ich für Zealith halte. NachParapara zu werden dieſer eingeſprengten Theilsimmer mehr, und hier bildet der Trapp wahren Mandelſtein, auf welchem, nahe beim großen Tha-le des Orinoko, die ſonderbare Gebirgsart aufliegt,welche Werner Porphyrſchiefer und Charpen-tier Hornſchiefer nennen, und, gleich dem des bi-liner Steins im böhmiſchen Mittelgebirge aus einengrünen Maſſe ſehr harten foſſilen Klingſteins be-ſteht, der an den Kanten halb durchſcheinend iſt,Glas ritzt und Feuer ſchlāgt, und worin ſich Kry-ſtalle von glaſigem Feldſpath finden. Ich erwartetenichts weniger als dieſe Gebirgsart in Südamerika wieder zu finden, wo ſie indeß keine ſo groteskenGruppen als in Böhmen und in den euganeiſchenGebirgen bei Vicenza bildet, wo ich ſie ebenfallsgefunden habe. 3. Flötzgebirge. Sie ſind von neuerer Bildungals die organiſchen Weſen, und folgen hier, ihremrelativen Alter nach, in derſelben Ordnung aufeinander, wie man ſie in den Ebenen Europa’s fin-det, und die der treffliche Mineralog Herr vonBuch in ſeiner mineralogiſchen Skizze der Graf-ſchaft Glatz geſchildert hat, (einem kleinen Werkevoll großer Anſichten und intereſſanten Thatſa-chen.) Ich habe hier zwei Formationen von dich-tem Kalkſteine bemerkt: die eine macht den Ueber- |[444]| gang in den feinkörnigen und unmerkbar blättrigenKalkſtein, und iſt mit dem Kalkſteine der hohen Alpen identiſch; die andere iſt dicht, ſehr homo-gen, mit mehr Muſcheln vermengt, und gleichtdem Kalkſteine vom Jura, von Pappenheim, Gi-braltar, Verona, Dalmatien und Suez. Ferner ei-ne Formation von blättrigem Gyps, und eine von Salzthon, dem beſtändigen Begleiter des Steinſalzesin Tyrol, Steiermark, Salzburg und in der Schweiz. Mergelſchiefer, der in Lagern im Alpenkalkſteinevorkömmt. Endlich zwei Formationen von Sand-ſtein, die eine älter und faſt ohne Muſcheln, baldklein-, bald gorbkörnig, (Sandſtein der Llanos;)die andere, ſehr neu und voller Trümmer von Meer-thieren, geht in dichten Kalkſtein über. Der blaue Alpenkalk mit Gängen von weißemKalkſpath liegt auf Glimmerſchiefer in der Quebra-da Secca, nahe am Tuy, öſtlich von Punta Delga-da, (Stunde 3, mit 70° ſüdöſtl. Fallen,) zu Bordo-nes, auf der Inſel Trinidad, und auf dem Bergevon Paria. Sollte er nirgends auf todt liegendemruhen? Wie in der Schweiz, ſo auch hier enthältdieſe Kalkformation drei untergeordnete Formatio-nen. a. Mehrfache Lager von Mergelſchiefer, (dem thuringiſchen Kupferſchiefer,) die hier mitSchwefelkies und Erdharz vermengt ſind. DieſerSchiefer enthält Kohlenſtoff und zerſetzt die atmo-ſphäriſche Luft, indem er das Sauerſtoffgas aus ihreinfaugt. b. Lagen von Salzthon mit Steinſalz undGypskryſtallen. In ihm befinden ſich die Salinen |[445]| von Araga, die von Pozuelas de la Margarita. — — c. Ein Sandſtein, der aus kleinen Quarzkörnernbeſteht, die in eine kalkartige Maſſe eingemengt ſind,faſt ohne verſteinerte Muſcheln iſt, und immerWaſſer, manchmahl auch kleine Lagen braunenEiſenſteins enthält, von denen ich nicht gewiß bin,ob ſie über oder unter dem Kalkſteine liegen. Auf dieſem Kalkſteine liegt der andere viel neuere, der ſehr weiß, ſehr dicht, ſehr foſſil, voller Höhlen,die von Millionen von Vögeln bewohnt ſind, zuwei-len auch porös wie der in Franken iſt, und Felſenvon grotesken Figuren bildet, (Morros de St. Juan,de S. Sebaſtian.) Er enthält Lagen von einem merk-würdigen ſchwarzen Hornſtein, der in Kieſelſchie-fer oder lydiſchen Stein übergeht, ägyptiſchenJaspis — — — Auf dieſem dichten Kalkſteine,der dem des Jura ähnlich iſt, liegt bei Soro amGolfo Triſte ein ſehr ſchöner Alabaſter in einergroßen Maſſe. Alle dieſe Gypſe enthalten Schwe-fel, wie der zu Bex und zu Kretzetzow in den Kar-pathen. Dieſelbe Kalkformation mit ſchwarzemHornſtein ſcheint Condamine auch im Thaledes Amazonenfluſſes und des Rio Negro bemerktzu haben. Er und der Gyps ſind in den Thälern des Ori-noko und des Amazonenfluſſes mit einem Conglo-merat aus großen Kieſeln, (Geſchieben von Kalk-ſtein, Quarz und lydiſchem Stein,) bedeckt, wel-ches der Nagelfluch im Salzburgiſchen, bei Aran-juez, — — — ähnlich iſt. Dieſes findet ſich in |[446]| den Llanos über einen Raum von mehr als 18000Quadratlieues verbreitet. Es enthält kleinkörni-gere Lager und Spuren von braunem und rothemEiſenſtein. Verſteinerungen habe ich nie daringeſehn. Neuer als dieſes Conglomerat und immer nurunweit der Küſte befindlich, iſt der muſchel- undkorallenreiche Sandſtein, der in Kalkſtein über-geht, doch immer, wenn man ihn genau unter-ſucht, Quarzkörner enthält, (ſ. S. 432.) 4. Vulkaniſche Produkte. Man wird erwarten,daß ich mit einer Aufzählung vulkaniſcher Stein-arten dieſe geologiſche Skizze eines Landes be-ſchließe, deſſen unglückliche Bewohner den furcht-barſten Erdbeben ausgeſetzt ſind, wo hohe Berg-gipfel, (der Duida,) und ſeit kurzem ſelbſt Höh-len, (die Cueva del Cuchivano im eben erwähntenFlötzkalke,) Flammen ausſpeien, wo es vom GolfoTriſte bis zur Sierra Nevada de Merida ſiedendheiße Quellen giebt, (die Hitze der von Triache-var fand ich auf 72,3° R.,) wo unweit Cumacatorauf der Küſte von Paria ein Luftvulkan ſteht, deſſenGetöſe man weithin hört, und wo man an mehrernOrten Schwefelgruben, der auf Guadeloupe ähn-lich, findet; in einem Lande endlich, wo an Stellen,(Tierra Hueca de Cariaco,) der Boden in einerAusdehnung von einigen Quadratlieues hohl undunterminirt iſt, wo 1766 nach eilf Monaten Erd-beben der Boden ſich aller Orten öffnete, um mitErdharz vermengtes Schwefelwaſſer auszuſpeien, |[447]| und wo man aus der Erde, mitten in den trocken-ſten Ebenen, (in der Meſa de Guanipa und von Ca-ry,) Flammen hat hervor kommen ſehn, welchedas Volk für den Geiſt des Tyrannen Aguirre hielt. Allein die Natur ſelbſt überhebt mich dieſerMühe. Die Wirkungen der Vulkane in dieſer neuen Welt ſind von denen in Europa verſchieden.So groß und ſchrecklich ſie in ihren Wirkungenſind, ſo verändern ſie hier doch nicht die Natur derSteinarten, auf welche ſie ihre Kraft ausüben.Der ungeheure Ausbruch des Tonguragua, derPelileo zerſtörte, *) bedeckte den Boden nicht mitLaven, ſondern mit einem lehmigen Kothe, der ſichaus den ſchwefelwaſſerſtoffhaltigen Waſſern nie-derſchlug, welche die Erde ausſpeite. Zu dieſenvulkaniſchen Wirkungen ſcheinen die Hauptſachebeizutragen: die ſchwefelhaltigen Gypsformatio-nen; die allen Gebirgsarten und ſelbſt dem Granitbeigemengten Schwefelkieſe; die oben beſchriebnebituminöſe Salzthon-Formation; das Steinöhl oderder Asphalt, (brea, chapapote,) welche man auf
*) Cavanilles Nachrichten von dieſem verwü-ſtenden Ausbruche eines der Vulkane der Anden,ſüdlich von Quito, habe ich den Leſern der Anna-len ſchon vor mehrern Jahren, (Annalen, VI, 67,)mit Erläuterungen und Bemerkungen mitgetheilt.Beides, die Nachricht und die Erläuterungen, ver-dienen hierbei, und noch mehr bei dem folgendenAufſatze, nachgeleſen zu werden. d. H.
|[448]| allen Waſſern ſchwimmen ſieht, oder auf dem Ba-den derſelben findet; und endlich eine ungeheureMaſſe von Regen- oder Meerwaſſer, die dann wahr-ſcheinlich in den von der Sonne ſtark erhitzten Bo-den eindringt, und darin theils in Dämpfe verwan-delt, theils zerſetzt wird, wobei ſich überallSchwefelwaſſerſtoffgas entbindet. Die Schwefel-gruben auf der Baſſeterre von Guadeloupe, von de-nen wir vor kurzem eine ſo intereſſante Beſchrei-bung erhalten haben, vom Montmiſene, von St.Chriſtophe de l’Oualiban, von St. Lucie und vonMontſerratte, ſtehn wahrſcheinlich mit denen aufder Küſte von Paria in Verbindung.
Doch dieſe Vulkane gehören mehr für die Phy-lik als für die Mineralogie, und ich muß noch inmehrern Gegenden Beobachtungen ſammeln, eheich über einen ſo mißlichen Gegenſtand gehörigurtheilen kann. Gebe der Himmel, daß der öſtli-che Theil von Neu-Andaluſien nicht einmahl eineähnliche Kataſtrophe erfahre, als die, welche dieEbenen von Pelileo zerſtört hat. Folgende Tabelle ſtellt das verhältnißmäßigeAlter der Ur- und der Flötz-Formationen in denbeiden Kordilleren von Venezuela und von der Pa-rime, und in den beiden großen Thälern des Ori-noko und des Amazonenfluſſes dar, oder die Folge,in welcher ſie über einander liegen: |[449]| |Spaltenumbruch|
Urgebirgsarten. Flötzlager.
Prophyrſchiefer. Sandſtein mit Muſcheln derjetzigen Welt.
Mandelſtein mit Leuciten. Sandſtein ohne Muſcheln,(Conglomerat.)
Urtrapp mit Olivin, (Grün-ſtein.) Gyps, körniger und blättriger.
Uebergangs-Hornſchiefer. Dichter Kalkſtein m. Lagernlydiſch. Steins u. Hornſteins.
Ur-Thonſchiefer mit Lagernnatürlichen Alauns. Dichter Kalkſtein, in den blätt-rigen übergehend, mit Kalk-ſpathgängen und LagernMergelſchiefer.
Glimmerſchiefer mit Granaten und Lagern vonReißbleiſchiefer.
Blättriger Granit. Gneiß mit Lagern von Urkalk.
Granit in Maſſe, oft gemengt mit Jade und Reißblei.