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Alexander von Humboldt: „Ueber einige Gegenstände der Chemie und der Naturgeschichte des südlichen Amerika’s“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1800-Sur_plusieurs_objets-4> [abgerufen am 16.04.2024].

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Permalink:
https://humboldt.unibe.ch/text/1800-Sur_plusieurs_objets-4
Die Versionsgeschichte zu diesem Text finden Sie auf github.
Titel Ueber einige Gegenstände der Chemie und der Naturgeschichte des südlichen Amerika’s
Jahr 1800
Ort Helmstedt
Nachweis
in: Chemische Annalen für die Freunde der Naturlehre, Arzneygelahrtheit, Haushaltungskunst und Manufakturen 2:11 (1800), S. 351–355.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Fraktur (Umlaute mit superscript-e); Antiqua (mit lang-s) für Fremdsprachiges; Auszeichnung: Sperrung; Fußnoten mit Asterisken; Schmuck: Initialen.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: II.6
Dateiname: 1800-Sur_plusieurs_objets-4
Statistiken
Seitenanzahl: 5
Zeichenanzahl: 6248
Bilddigitalisate

Weitere Fassungen
Sur plusieurs objets d’histoire naturelle et de chimie (Paris, 1800, Französisch)
Humboldt’s travels through Spanish America (London, 1800, Englisch)
Over verscheidene onderwerpen van Natuurlyke Historie en Scheikunde (Haarlem, 1800, Niederländisch)
Ueber einige Gegenstände der Chemie und der Naturgeschichte des südlichen Amerika’s (Helmstedt, 1800, Deutsch)
Aus einem Briefe an Fourcroy (Halle, 1801, Deutsch)
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Ueber einige Gegenſtaͤnde der Chemie undder Naturgeſchichte des ſuͤdlichenAmerika’s.Vom Hrn. A. v. Humboldt . *)


Hoffentlich werden meine Abhandlungen uͤber diePhosphoreſcenz des Meers, uͤber das beſondreGas, welches im Sonnenſcheine aus dem Fleiſcheder friſchen Kaffeefrucht ſich entbindet **), uͤbereinen ſchneeweißen Feldſpath, welcher, angefeuch-tet, allen Sauerſtoff der Atmoſphaͤre einſaugt;uͤber die Milch der Cecropia peltata und Euphor-bia curaſſauica (als Beytrag zur Entſtehungsartdes Caoutchouc); uͤber die Luft, die in den Pflan-zen circulirt — gehoͤrig eingelaufen ſeyn. Ich ge-nieße hier ſtets der beſten Geſundheit von der Welt,werde mit Gefaͤlligkeiten von den Einwohnern uͤber-haͤuft, und die Verguͤnſtigungen und Empfehlungs-ſchreiben der Spaniſchen Regierung verſchaffen miralle Leichtigkeit zu den vorgeſetzten wiſſenſchaftlichenUnterſuchungen. Alle meine Inſtrumente, auchdie feinſten, haben nichts gelitten, und mitten in
*) Aus einem Briefe an den B. Fourcroy Annal.de Chim. T. 35. pag. 102-111.**) Es iſt angeſaͤuertes gekohltes Waſſerſtoffgas, wel-ches, vom Waſſer eingeſogen, ihm den Geſchmackvon Alkohol giebt.
|352| den Beſitzungen der Indianer, Choymas, inden Gebirgen von Tumiriquiri, iſt mein Laborato-rium eben ſo eingerichtet, als es in Paris war.Mein Reiſegefaͤhrte Bonpland , ein guter Kraͤu-terkenner, wird mir jeden Tag unentbehrlicher. Diegroßen Verguͤnſtigungen vom Koͤnige, deren nochnie ein Reiſender genoß, waͤren ſchon allein ver-moͤgend, unſre Thaͤtigkeit zu verdoppeln. Seit7 Monaten, daß wir in dieſem ſchoͤnen Lande ſind,haben wir faſt 4000 Pflanzen (und jede doppelt)getrocknet, 800 Beſchreibungen von neuen oderwenig bekannten Arten abgefaßt, Inſekten und Mu-ſchelſchaalen geſammelt, viele Zeichnungen uͤber dieAnatomie der Meergewuͤrme gefertigt. Wir un-ternahmen viele Beobachtungen uͤber den Magne-tismus, die Elektricitaͤt, die Feuchtigkeit, dieTemperatur, die Menge des Sauerſtoffs in derLuft, die Meſſung der hohen Kette der Gebirge,welche ſich bis nach Paria zu erſtrecken, deren Vul-kane wir unterſucht haben, Vulkane, die entzuͤnde-te brennbare Luft, Schwefel und Schwefelleber-Waſſer ausſtoßen. Wir ſammelten viele Saamen-koͤrner, welche fuͤr den Pflanzengarten zu Parisbeſtimmt ſind. Wir haben uns 3 Monate im In-nern von Neu-Andaluſien, und an den Ufern desParia aufgehalten, wo wir ein ſehr ſtarkes Erdbe-ben erlitten. Ein Theil dieſer Gegenden iſt nochdurch Wilde bewohnt, ein andrer nur erſt ſeit 5bis 6 Jahren angebaut. Wie vermoͤchte ich, Ih-nen die Majeſtaͤt dieſer Vegetationen, dieſe Gehoͤl- |353| ze von Ceiba, Hura, Hymenaͤa zu beſchreiben, woman niemals die Sonnenſtrahlen empfindet; diegroße Mannigfaltigkeit der Thiere, das praͤchtigeGefieder der Voͤgel, die Affen, Tieger, den ab-ſcheulichen Anblick der (30′ langen) Crokodile, vonwelchen die Fluͤſſe wimmeln? — — Caraccas iſteine reizende Hauptſtadt, die in einem Thale gele-gen iſt, welches 426 Lachter Hoͤhe hat, und bey10° 31 der Breite, der kuͤhlen Temperatur vonParis genießt. Von dort ab erſtiegen wir die Spiz-ze des beruͤchtigten Silla de Caraccas, oder Sierra de Avila , wo, auf 1316 Lachter Hoͤhe,wir ſchoͤne prismatiſche Kryſtallen von Titanium;und außer denſelben noch Dendriten (ſtatt des Braun-ſteins) von Titankalke fanden.
Wir denken von hier uͤber Varina, und die mitSchnee bedeckten Gebirge von Merida nach denCaſcaden des Rio nigro, zu gehn, um durchGujana und Cumana zuruͤckzukommen, von dawir nach der Havana und Mexico gehen werden. —Schon vor 3 Jahren erwaͤhnte ich, daß man inden uranfaͤnglichen Gebirgen von Italien, Frank-reich, Deutſchland, Pohlen (und jetzt fuͤge ich hin-zu) Spanien einen Parallelismus in der Rich-tung (oder Neigung) zwiſchen den Lagen derblaͤttrigen Granite und der Thon-, Glimmer-und Hornſchiefer wahrnimmt, daß dieſe Lagennach Nordweſt fallen, und daß ihre Richtungmit der Achſe der Erdkugel einen Winkel von |354| 45,57° machen, daß dies Fallen und Streichenkeinesweges von der Direktion oder Geſtalt des Ge-birges abhaͤngt; daß die Thaͤler keinen Einflußdarauf haben, ſondern daß jenes ſich auf eine vielgroͤßere und allgemeinere Urſache, und zwar aufdie Anziehungskraft beziehe, die bey dem Feſtwer-den des Erdkoͤrpers wirkſam war. Da ich dengroͤßten Theil von Europa zu Fuß und mit demSextanten und der Magnetnadel durchwandert ha-be, ſo habe ich eine betraͤchtliche Menge Beobach-tungen uͤber dieſen Gegenſtand geſammelt. Zumeinem großen Erſtaunen habe ich in den Cordille-ren des Paria, in Neu-Andaluſien, Neu-Bar-cellona und Venezuela beobachtet, daß in der neuenWelt, nahe beym Aequator, die Schichten dieſel-ben Geſetze, denſelben Parallelismus befolgen. Nach Coulomb’s merkwuͤrdigen Verſuchenuͤber die Luft, die mit einer Art von Verplatzungaus den Baumſtaͤmmen geht, wenn man in ſiebohrt, verſuchte ich daſſelbe mit der Cluſea roſea in deren vaſis cochlear. (nach Malpighi ) eineunermeßliche Menge Luft circulirt. Dieſe Luft ent-haͤlt \( \frac{35}{100} \) an Sauerſtoff. Ihre Blaͤtter, im Son-nenſcheine unter Waſſer, geben nicht einen Millime-ter-Wuͤrfel an Luft. Dieſe umlaufende Luft dientſicherlich (wie im thieriſchen Koͤrper) die faſerigtenTheile durch Einſaugung des Sauerſtoffs gerinnenzu machen; aus jener Milch bildet ſich ein elaſti-ſcher Schleim. Obgleich die Reinigkeit der hieſigen |355| Luft uͤber 0,305 an Sauerſtoff, beſonders dieNachtzeit ſteigt, ſo habe ich dagegen gefunden, daßdie Luft in den Schoten und Kapſeln der Aequino-ctial-Pflanzen, z. B. die Paulinien viel mehrStickſtoff enthaͤlt, als in unſrer atmoſphaͤriſchenLuft iſt; ſie ſteigt ſelten auf 0,24 oder 0,25 anSauerſtoff. Die Luft in den Knoten der grasarti-gen Pflanzen (culmi genic.) hat hier nur 0,15 anSauerſtoff. Alles dies beweiſt, daß die Luft, die cir-culirt, reiner iſt, und die Luft, die in Ruhe, und inKapſeln oder Beutelchen abgeſetzt iſt, weniger reinals die atmoſphaͤriſche Luft ſey. Die erſte iſt friſchdurch die Werkzeuge hervorgebracht, die das Waſ-ſer zerlegt, und ſie begiebt ſich hin, wo ſie die Faͤ-ſerchen niederſchlagen ſoll, um das faſerigte Gewe-be zu bilden. Die andre iſt das Ruͤckbleibſel einesGas’s, welches ſchon ſeine Dienſte gethan hat.