Beobachtungen und Versuche, die Oxidirung des Bodens, als eine Hauptursache seiner Fruchtbarkeit betreffend. Von Alexander von Humboldt. Folgende äußerst gehaltreiche Abhandlung verdanken wir dem scharfsinnigsten Naturforscher unserer Zeit, und wurde uns von einem eben so fleißigen als gemeinnützigen Korrespondenten mitgetheilt. -- Ich kann zwar voraus sehen, daß manche Leser dem rein wissenschaftlichen Vortrage entweder nicht oder nur mühsam werden folgen können, in dem er genau Bekanntschaft der neuern Chemie und Physik voraussetzt, die nicht jedes Landwirths Eigenthum sind; doch dieß sey! was anfänglich noch so abstrakt vorgetragen werden muß, wird nach und nach populair, und geht durch eingeleitere Anwendung doch endlich in die gemeinste Sphäre über, wird gemeinnützig, wenn es auch in einem Zeitraume von zwei oder drei Jahren nicht geschieht und geschehen kann. Wer bisher sich durch das Studium der Thaerschen Grundsätze des Ackerbaues und der wenigen Bücher, welche wir außer diesem klassischen Werke, zur Zeit erst haben, an einen rein wissenschaftlichen Vortrag gewohnt hat, wirds sicherlich vermögen, nachstehende Abhandlung mit höchsten Nutzen zu studiren. Sie enthält sehr wichtige Beobachtungen und erklärte Versuche über die Anziehung, Ansaugung (Absorbtion), des Sauerstoffes der Pflanzenerden. Herr von Humboldt war meines Wissens auch der erste, welcher diese für den Ackerbau höchst wichtige Erscheinung nach Ingenhouß bemerkte und uns vorläufig darauf aufmerksam machte. Hier ist dieses wichtige Problem des Ackerbaues und der Pflanzenökonomie erklärt und gelößt worden. Wir werden überrascht auf diesem Wege einige zwar erkannte aber nie begriffene Erscheinungen, in helles Licht gesetzt zu sehen. Mit einem Worte, wir haben einen neuen Schritt im rationellen Ackerbau gethan und können uns gewiß nicht des Wunsches erwähren, daß auch andere Zweige mit gleich umsichtlichen Kenntnissen und männlich fester Hand möchten durchgeführt werden. Pohl. Es gibt große Erscheinungen die uns wichtig werden, und unsere ganze Aufmerksamkeit fesseln, sobald wir sie bemerken, die aber dennoch in der Masse unserer Naturkenntniß sich isolirt verhalten. Verschiedene Entdeckungen über die Elektricität, den Magnetismus, oder das galvanische Fluidum, und eine große Aufmerksamkeit derer, welche uns die chemische Zerlegung der mineralischen Substanzen zeigt, sind von dieser Art. Noch andere Erscheinungen, die an sich selbst wenig auffallendes haben, und lange unsern Blicken sich entziehn, flößen Interesse ein, weil sie sich leicht an eine große Reihe wichtiger Thatsachen anschließen. Zu dieser letztern Art gehören die Versuche, von welchen hier die Rede ist. So einfach und geringfügig sie auch scheinen; so schmeichle ich mir doch, daß sie dereinst über eines der wichtigsten Probleme des Ackerbaues, und der chemischen Pflanzen-Physiologie Licht verbreiten werden. -- Unter allen Ideen, welche die Betrachtung der Natur in uns hervorbringt, sind keine unserer Aufmerkfamkeit würdiger, als die, welche sich auf die Kultur des Bodens beziehen. -- Das chemische System der Franzosen fängt allmälig an die Geheimnisse der Pflanzen-Oekonomie, zu enthüllen. -- Wir kennen bereits einige wichtige Erscheinungen, welche das Keimen begleiten; wir wissen auch Mittel anzugeben, welche es entweder beschleunigen oder verzögern, wir ahnden die Hauptursachen, von welchen die Ernärung, Absonderung und Gasrespiration der Pflanzen abhängt; allein so glänzend auch die Entdeckungen unserer Zeitgenossen sind, so bleiben doch die größten Probleme des Ackerbaues noch in undurchdringliche Dunkelheit gehüllt. Wie wenig kennen wir die Natur der thierischen Düngung, und hauptsächlich den auffallenden Einfluß des Kalks und des Gypses, auf das Wachsthum der Pflanzen! -- Der Länderei- Besitzer begnügt sich nicht blos damit, das Samenkorn dem Boden anzuvertrauen; er will die Fruchtbarkeit dieses Bodens vermehren, er glaubt ihm das wiederzugeben, was die Wurzeln angebauter Pflanzen ihm entzogen haben. Oft zu arm, um sein Feld düngen zu können, ist er genöthigt, zu dem wohlthätigen Einflusse der Atmosphäre seine Zuflucht zu nehmen. -- Die gepflügte Erde bleibt mit der Luft in Berührung. -- Wie wirkt nun diese bearbeitete Erde auf die untern Lagen der Atmosphäre? -- "Durch gegenwärtige Versuche glaube ich diese Frage beantworten zu können." -- Von Saussure der Jüngere fand, daß man, wenn Pflanzenerde mit der Luft in Berührung gebracht wird, bei der Temperatur von 12--15°. des 100 gradigen Thermometers sich Kohlenstoff bildete. -- Ingenhouß entdeckte, daß diese Bildung von einer ziemlich starken Absorbtion des Oxigens begleitet sey. Bei Wiederholung meiner Versuche, über das Keimen in oxidirter Salzsäure, fand er, daß die Vegetation des Roggens mit dieser fruchtbarmachenden Säure geschwängert, beschleunigt wurde; diese Beobachtungen bewogen diesen erfindsamen Naturforscher die Oxidixung des Bodens als eine Hauptursache seiner Fruchtbarkeit anzusehen; diese Behauptung, welche sich auf wenige Thatsachen stüzte, verdiente unfehlbar näher untersucht zu werden. -- Blos auf dem experimentellen Wege darf man hoffen, die Pflanzen-Physiologie zu vervollkommen, und sie dem Probleme des Ackerbaues zu nähern. Ich unternahm diese Arbeit, und entdeckte, daß nicht nur Pflanzenerde, sondern auch die thonigten Erden, welche man in einer großen Tiefe findet, und was noch auffallender ist, daß die einfachen Erden, als chemische Elemente betrachtet, die Fähigkeiten besitzen , Sauerstoff zu absorbiren, und ganz reinen Stickstoff (Azote) zu bilden. -- Diese Hauptsachen werden wir hier aufstellen, und zugleich, die Wirkungen der mit organischen Ueberresten vermischten Erden, auf die sie umgebende Luft, und die Bildung der Oxide untersuchen, welche bei der Ernärung der Pflanzen eine so wichtige Rolle spielen. -- Die Pflanzenerde ist eine Mischung von: Kohle, Erde, Wasserstoff (Hydrogene), Stickstoff (Azote), Phosphor, Eisen, und Manganes-Oxid. Sie ist die eigentliche Wohnung organisirter Wesen; so wie auch die fruchtbare Quelle, woraus sie ihre Narung erhalten. -- Die Menge Insekten, und unterirdische Pflanzen, welche ich mehrere 100 Meter tief im Innern der Erde entdeckt habe, verschwindet, wenn man sie mit der Menge Thiere und Pflanzen vergleicht, welche die obern Lagen bewohnen. -- Ueberall wo der nackte Fels der Berührung atmosphärischer Luft sich darstellt, sieht man blos Flechten, Warzenkraut; und einige Baumflechten, welche seine Oberfläche bedecken. -- Hieraus folgt, daß alles, was auf diese Gewächserde Bezug hat, denen das größte Interesse einflößen muß, die sich mit den großen Erscheinungen der Natur beschäftigen. Die Pflanzenerde variirt, von [Formel] bis zu 14. Decimetern Dicke, je nachdem eine Strecke Land lange von Gewächsen bewohnt worden ist, und Wasserströme Theile abgesetzt haben, die andern Gegenden entzogen wurden. -- Bei Vergleichung dieser verschiedenen Lagen der Pflanzenerde bemerkt man, daß die untern nicht so fruchtbar sind, als die, welche unmittelbar mit der Atmosphäre in Berührung stehen. -- Nach dem Pflügen muß die neue Oberfläche einige Zeit dem wohlthätigen Einfluß der Luft ausgesetzt bleiben, ehe man das Samenkorn dem Boden anvertrauen kann. -- Diese Berührung der Atmosphäre wirkt als eine Düngung; dies hat man seit einer tausendjährigen Bearbeitung des Bodens bemerkt. -- Worinn besteht aber diese Wirkung der atmosphärischen Luft auf dem Boden? -- Welche Theile assimiliren sich? -- Einige Naturforscher glaubten dies Problem dadurch aufzulößen, wenn sie annähmen, daß das Sonnenlicht, oder die atmosphärische Elektricität, mit der Pflanzenerde sich verbinde. -- Ich zweifle nicht an der Möglichkeit dieser Verbindung, aber welche Analogien beweisen ihre Existenz? -- "Ist nicht der ganze Erdball beständig mit elektrischer Flüssigkeit angefüllt?" -- Die Verdampfung die auf seiner Oberfläche verursacht wird, vermindert sie nicht die Last der höhern Lagen die Pflanzenerde, indeß die niedern sie behalten? -- Andere Naturforscher schreiben die Wirkung der Atmosphäre dem Einflusse des Thaues, der Nebel und des Regenwassers zu, von welchen sie irriger Weiße glaubten, daß sie mit Kohlenstoffsäure angefüllt wären. -- Allein sind nicht oft alle Lagen der Pflanzenerde, oder der bearbeiteten Thonerde durchgängig feucht, obgleich ihre Fruchtbarkeit verschieden ist? -- Diese Einwürfe sind dem Scharfsinne, selbst der gemeinsten Landleute nicht entgangen. -- Unbekannt mit den Bestandtheilen der Atmosphäre, nehmen sie ein darinn existirendes unbekanntes dem Salpeter analoges Salz an. -- Wenn wir berechtiget wären, dies Salz für den Spiritus nitro aereus Mayow's zu halten; so könnte man sagen, daß ein glücklicher Zufall dem Landwirthe das entdeckt habe, -- was chemische Erfahrung in unsern Tagen bewiesen hat. Die Pflanzenerde in Berührung mit der Atmosphäre zersetzt ihre untern Lagen, sie absorbirt den Sauerstoff, welcher seine Elasticität oder seinen gasartigen Zustand verliert, und sich als Oxid mit der Kalkerde, der Thonerde, dem Kohlenstoff, dem Wasserstoff, dem Phosphor, dem Stickstoff, und vielleicht selbst mit dem Eisen, und dem Manganes verbindet, welchen Bergmann, Rückert, Fourcroy und Hassenfratz in ihren Untersuchungen der Pflanzenerde gefunden haben. -- Eine Menge Thatsachen beweisen uns, daß das Oxigene die wichtigste Rolle, in der thierischen- und der Pflanzen-Oeconomie spielt, und daß die Anhäufung desselben, ganz besonders die Entwickelung der organischen Theile beschleuniget. -- Die Entwickelung der Schlüsselblume -- Primula veris officinalis L. -- kann in gewissen Fällen um [Formel] beschleuniget werden. -- Da die Wirkung des Oxigens sich auch sehr lebhaft hierbei äußert, sind wir dann nicht genöthiget, mit Ingenhouß der Analogie gemäß anzunehmen, daß die Oxidation der Pflanzenerde, ohne ihre Eigenschaft zu absorbiren das Oxigen, hauptsächlich während der Bearbeitung des Bodens wirke? -- Die oxidirbaren Grundstoffe, welche die Ueberreste von Gewächsen und Insekten beständig mit dem Erdreiche vermischen, die Kalk- und Thonerde, die nicht weniger oxidirbar sind, bemächtigen sich vielleicht des Oxigens, es sey nun, daß diese Erden selbst oxidirbar sind, oder daß sie oxigenirtes Wasser bilden. -- So wie sich die Säuren mit doppelter oder dreifacher Basis leichter, als die mit einfachen Grundstoffe zersetzen lassen, so werden auch die Pflanzenwurzeln leichter der Verbindungen, des Wasser-, Sauer- und Kohlenstoffs (Carbones d'hydrogenes oxydes) als Wasser, oder Kohlenstoffsäure zu zersetzen fähig seyn. -- Das Wasseroxid, ist von dem Wasser in festen Zustande sehr verschieden. -- Es ist eine Verbindung, worinn sich der Wasserstoff vielleicht noch in größerer Menge als der Sauerstoff verbindet. Der Kohlenstoff kann ebenfalls, als reiner Kohlenstoff, als Kohlenstoffoxid, als Kohlenstoffsäure, und vielleicht selbst als oxigenirte Kohlenstoffsäure existiren. -- Ich glaube sogar, daß die große Verschiedenheit der Pflanzenkohle und des Diamanten nicht sowohl in der Mischung des Kohlenstoffs, mit den kalischen und erdigen Substanzen, als in seinem Zustande der Oxidation bestehe. -- Die Pflanzenkohle enthält vielleicht blos Kohlenstoffoxide und oxidirten Kohlenwasserstoff ( Carbones d'hydrogene oxyde) indeß der Diamant blos der reine nicht oxidirte Kohlenstoff zu seyn scheint. Diese Einfachheit macht, daß er so schwer zu behandeln ist, da jede etwas zusammengesetzte Substanz durch ein Spiel der doppelten Verwandschaft wirkt. -- Die Existenz der Kohlenstoff-Oxide ist nicht nur durch die in dieser Abhandlung aufgestellten Versuche; sondern auch die großen Erscheinungen der unteridischen Meteorologie bewiesen. Die Gänge in den Torfgruben enthalten sehr häufig vieles Stickgas (Azote) und wenig Kohlenstoffsäure. -- Das Oxigen der atmosphärischen Luft wird durch die Kohle absorbirt, und diese neue Mischung erhält sich im festen Zustande. -- Das Kohlenstoffoxid mit mehr Oxigen verbunden, bildet die Kohlenstoffsäure, und diese Säure mit Sauerstoffgas gemischt, kann man in gewisser Hinsicht, für eine oxigenirte Kohlenstoffsäure ansehen. Die Affinität des Kohlenstoffs zum Oxigen ist so stark, daß diese Mischung sich schon dem Zustande einer chemischen Verbindung nähert. -- In einem Gas, welches aus 0,75 Oxigen, und 0,25 Kohlenstoffsäure besteht, löschen die Lichter aus; einer Erscheinung die nicht statt finden könnte, wenn die 75 Theile Oxigen in einem freien Zustande darinn existirten. Ich habe geglaubt, diese Idee über dem Wasser- und Kohlenstoff darstellen zu müssen, da die Oxide eine so wichtige Rolle in der Meteorologie und Oekonomie organisirter Wesen spielen. -- Drei thierische Substanzen können aus denselben Quantitäten vom Oxigen, Stickstoff, Kohlenstoff und Wasserstoff zusammengesetzt, und dennoch ihren chemischen Eigenschaften nach sehr verschieden seyn. -- In der einen verbindet sich der Stickstoff mit dem Wasserstoff, und bildet eine dem Ammonium analoge Mischung, die mit dem Kohlenstoffoxid verbunden seyn wird. In der andern verbinden sich der Kohlenstoff und Wasserstoff im öligten Zustande, und der Kohlenwasserstoff (Carbone d'hydrogene) ist oxidirt, wie der Stickstoff. Die dritte Sudstanz zeigt eine bloße Mischung der Kohlenstoff-Stickstoff- und Wasserstoffoxide. -- Verschiedene Erscheinungen zeigen uns diese sehr hervorstehenden Verschiedenheiten, und wir ahnden sie gleichsam, ohne daß die chemischen Zerlegungen, bis jetzt über den Zustand der Verbindungen, in welchen die Elemente sich vereinigen, hätten entscheiden können. Mit den Pflanzenerden die so verschieden an Fruchtbarkeit sind, ist es derselbe Fall. Im Ganzen genommen, habe ich bemerkt, daß die schwärzesten, fettesten, und die, welche den stärksten Geruch haben, die atmosphärische Luft am schnellsten zersetzen. -- Allein ich habe auch andere gesunden, die zwar dem Anscheine nach magerer, und weniger kohlenstoffhaltig waren, und dennoch nicht weniger Oxigen absorbirten. -- Wenn eine Erde um desto fruchtbarer ist, jemehr sie Oxigen absorbiren kann; so hängt ihre Fruchtbarkeit nicht von der Quantität der oxidirbaren Grundstoffe, nicht von der Quantität Kalkerde, Thonerde, Kohlen- Wasser- und Stickstoff, die man darin bemerkt, sondern von dem Zustande der Verbindung ab, nach welchen diese Basen sich vereinigen, und der sie zur Zersetzung der Atmosphäre mehr oder weniger geschickt macht. -- Diese Betrachtung zeigt uns, warum der Chemiker nur selten, die Wünsche des Landwirths befriedigen kann, und warum die genaueste Zerlegung zwei an Fruchtbarkeit äußerst verschiedenen Erden dieselben Elemente zueignet. -- In der Naturlehre so wie überhaupt in jeder Wissenschaft hat man schon viel gewonnen, wenn man nicht allein die Grenzen kennt, über welche hinaus man sich nicht wagen darf; sondern auch, wenn man einsehen lernt, was uns hindert, sie zu überschreiten. Der Bürger Candole aus Genf, dem wir schätzbare Aufklärungen über die Ernärung der Baumflechten verdanken, hat die Versuche mit der Pflanzenerde in Berührung mit dem reinen Sauerstoffgas wiederholt. -- Er versichert, daß er von Stunde zu Stunde die Absorbtion desselben durch die Pflanzenerde bemerkt habe. -- Da er Samenkörner in die Erde säte , die durch Berührung dieses Gases oxidirt waren, und das Keimen derselben, mit dem in dem Stickstoffgas verglich; so erstaunte er über die auffallende Wirkung des Oxigens. -- Von dieser Wirkung wird er in einem Werke über die Pflanzen-Physiologie, woran er mit vielem Fleiße arbeitet, Beweiße aufstellen. Die bis jetzt angeführten Thatsachen dienen zur Erklärung anderer Erscheinungen in der vegetabilischen und thierischen Oekonomie. -- Die Luft in den Zwischenräumen der Pflanzenerde ist ungemein stark azotirtes Gas. Die Würmer und Insekten, welche in dem Innern dieser Erdlagen leben, athmen demnach ein, mit 0,05 bis 0,07 Sauerstoffgas, geschwängertes Stickstoffgas ein. Da sie an diese unreine Atmosphäre gewöhnt sind, so bringt die Berührung des Sauerstoffgases, oder jeder der andern Luft, die dasselbe enthält, die Wirkung der stärksten Reinigungsmittel an ihnen hervor. -- Die Regenwürmer -- Les lombries -- die Larven des Tenebrio molitor L. -- und mehrete Arten der Maloe sterben eher unter der Glocke mit Oxigen, als in einem Wasserstoffgase, das so unrein ist, daß der Phosphor darinne leuchtet. Mit den Pflanzen, deren Blätter und Stengel, in die atmosphärische Luft sich erheben, ist es derselbe Fall, indeß ihre Wurzeln von einem Stickstoffhaltigen Gas umgeben sind. Die Landleute haben schon längst bemerkt, daß für die Pflanzen nichts nachtheiliger ist, als die Wurzeln von Erde entblößt, der freien Luft auszusetzen. -- Diese Gefahr rührt nicht von der Trokkenheit der Luft her; denn das Wasser, womit man die Wurzeln befeuchtet, schützt sie nicht vor der Gefahr die ihnen droht. -- Sollte man nicht vielmehr diese der Wirkung des Oxigens auf die Theile, die seit ihrer erstern Entwickelung an einem so starken Reitz nicht gewöhnt, und mit Stickstoff umgeben sind, zuschreiben? -- Es ist eine wahre Verbrennung, die von den Lichtstrahlen begünstiget wird . -- Dieselben Betrachtungen verbreiten auch Licht über einige Erscheinungen, welche die Erden und die Beete darbieten. Je niedriger und enger sie sind, jemehr wird die Luft durch Berührung der Erde mit Stickstoff geschwängert. Wie sehr dieser Umstand einer sorgfältigen Untersuchung gewürdiget zu werden verdient, ergibt sich aus der, vom Hrn. Director Achard entdeckten Bedingung die Runkelrüben-Kultur in Rücksicht der reichlichen Zuckergewinnung betreffend. -- Vergl. das chem. Journal. Th. II. S. 575. Ich habe den Sauerstoffgehalt der Luft bis 0,21. in Gewächshäusern von 3 Metern hoch gefunden, in welchen die Musa, die Hatrionias, oder der Gewürzarten, Scitaminicae, häusig viel Sauerstoffgas entwickelten. -- Hingegen in den Gewächshäusern zu Schönbrunn bei Wien, welches die größten und schönsten in Europa sind, war die Luft so rein, als auf freiem Felde! -- Die Luftmasse ist in denselben zu beträchtlich, als daß die Pflanzenerde sie zersetzen könnte. Man darf sich nicht wundern, wenn die Pflanzen darinn das schönste Grün zeigen, indeß in der mit Stickstoff geschwängerten Luft der kleinen Gewächshäuser alles ein verkümmertes und kränkliches Ansehen hat. -- Die Beete hingegen sind jungen Pflanzen sehr günstig, die, wie Ingenhousz und Sennebier scharfsinnig bewiesen haben, zu ihrer Entwickelung einer nicht so reinen Luft, als erwachsene Pflanzen bedürfen; indessen ersticken sie in bloßen Stickstoffgas, wenn man ihnen nicht von Zeit zu Zeit atmosphärische Luft gibt, und die Fenster öfnet, welche die Beete bedecken. -- Im nördlichen Europa hat man bemerkt, daß die Lungensüchtigen Erleichterung fühlen, wenn sie sich über ein offnes Beet beugen, oder wenn sie große Haufen Pflanzenerde an ihre Betten bringen. Alle ihre leicht oxidirbaren oder eudiometrischen Substanzen, wie das Schwefelkali, die Mischung von Eisen und Schwefel, und das Salpetergas, haben die Eigenschaft das Wasser zu zersetzen; die Gewächserde und die Erden gehören zu derselben Klasse. Man kann an ihrer Wirkung auf das Regenwasser, und dem Thau, wovon sie beständig angefeuchtet wird, nicht zweifeln. -- Ich schließe aus mehrern Gründen, daß in der Pflanzenerde mehr zersetztes Wasser sey, als die Pflanzenorgane besitzen. -- Die große Masse von Wasserstoffgas die in der Gewächserde enthalten ist, muß dieser Zersetzung zugeschrieben werden, und der Wärmestoff der sich zu gleicher Zeit entbindet, erhöht die Temperatur des Bodens, und begünstiget das Spiel der Verwandschaften, wodurch die Ernärung der Gewächse bewirkt wird. Der Bürger Chaptal hat dargethan , daß der Kohlenstoff der im gesammten Gewächsreiche cirkulirt, in dem öligen extraktiven oder harzigen Princip aufgelößt wird, und daß alles, was diese Auflösung vorbereitet, die Entwickelung der Gewächse beschleuniget. Wenn wir die Zersetzung des Wassers durch die Erde erwägen, so sehen wir ein, daß dies öligte oder harzigte Princip schon außer den Pflanzen- Organen sich zu bilden anfängt. -- Während der chemischen Wirkung, welche die Elemente der Erde beständig gegen einander äußern, verbindet sich der Wasserstoff, der nur mit einer kleinen Quantität Oxigen vereinigt bleibt, mit dem Kohlenstoffe, und dieser oxidirte Kohlenwasserstoff scheint den absorbirenden Wurzeln der Gewächse die reichlichste Narung zu gewähren. -- Vielleicht beruht die ganze Theorie des Düngers auf diesem Princip, und vielleicht wirken die Dünger hauptsächlich durch die Natur ihrer oxidirbaren Basen, d. h. durch ihre Eigenschaft, das Wasser, und die atmosphärische Luft zu zersetzen. Vergl. Memoires de l'Institut. nat. T. 1. oder Annales de Chymie. T. XXI. S. 284--293. Obgleich die oben angeführten Versuche über die Absorbtion des Oxigens keinen Zweifel übrig lassen, so wäre es doch wünschenswerth, diese Absorbtion durch eine genaue Zerlegung des Sauergases vermittelst der Erde, welche denselben lange exponirt würde, darzuthun. Es wäre zu erwarten, daß dieselbe Erde, die vor der Berührung mit dem Oxigen nur 20 Cubicmeter Kohlenstoffsäure geben würde, nach der Oxidation der oxidirbaren Basen, 30 -- 40 geben müßte. -- Allein wenn man bedenkt, und die Natur dieses Problems reiflich überlegt, so sieht man, daß es durchaus unmöglich ist, es durch Versuche aufzulösen, denn: a) Die Gewächserde ist so ungleich gemischt, daß 3 Zerlegungen von 3 Hectogrammen von einer und derselben Stelle genommen, ganz verschiedene Resultate geben würden. Nun ist es aber physisch unmöglich, dieselbe Portion Erde, vor und nach der Absorbtion des Sauerstoffs, zweimal zu untersuchen. Die Vergleichung kann demnach nur zwischen zwei Quantitäten Erde von gleichem Gewichte angestellt werden. Man würde nie wissen, ob die weiße Kohlenstoffsäure, welche die oxidirte Erde entbindet, dieser Oxidation, oder einer Verschiedenheit der Bestandtheile zuzuschreiben sey. b) Da es nicht darauf ankommt, die in der Erde enthaltene Quantität Kohlenstoff, sondern den Grad ihrer Oxidation kennen zu lernen, so müßte der Versuch so angestellt werden, daß die Gewächserde mit dem Oxigen der Atmosphäre nicht in Berührung käme. Allein gesetzt auch diese Schwierigkeit würde gehoben, so würde ein Minimum von mehr oder weniger Feuchtigkeit die Resultate verändern. -- Das Wasser zersetzt sich in Berührung mit den oxidirbaren Grundstoffen, und das was man den Kohlenstoffoxiden zuschriebe, würde von dem Oxigen des hinzugesetzten Wassers herzuleiten seyn. g) Die Pflanzenerde enthält keine Kohlenstoffoxide, wohl aber Wasserstoff, Stickstoff, Phosphor, Eisenoxide und Oxide mit zwei und dreifachen Basen. -- Man würde daher schon fehlen, wenn man den Absorbtionsgrad des Oxigens durch die Erde, blos nach der Quantität Kohlenstoffsäure messen wollte. In einer hohen Temperatur werden die Oxide mit doppelten Basen, von Kohlenstoff und Wasserstoff, oder Stickstoff und Phosphor, durch ein äußerst zusammengesetztes Spiel der Verwandschaften sehr verändert. -- Es bildet sich: Wasser, Salpetersäure, Ammonium und Oel. -- Es wird aber eben so unmöglich seyn, die durch die Erde hierbei absorbirte Quantität Oxigen zu bestimmen, als es unmöglich ist, aus den Venen-Blute den Sauerstoff entbinden, den es während der Einwirkung des gasartigen aufgenommen hatte. Die Chemie zeigt uns mehrere Fälle, wo die Zerlegung das nicht finden kann, was auf dem synthetischen Wege zusammengesetzt wurde. Der grüne färbende Stoff der Pflanzen in Alkohol aufgelößt, wird durch Absorbtion des Oxigens gelb. -- Ich sah die grüne Farbe zum Vorschein kommen, wenn ich dieser Auflösung Ammonium zusetzte. -- Wahrscheinlich wird in dieser Veränderung durch eine Zersetzung des Ammoniums bewirkt, welches, während es Wasser bildete, dem färbenden Stoffe das Oxigen entzieht, und Stickstoffgas entbindet. -- Der Theorie nach müßten wir in diesem Wasser das Oxigen wiederfinden. Aber welcher Chemiker wird einer solchen schwierigen Untersuchung sich gewachsen dünken? -- Die große Menge der in der Erde enthaltenen oxidirbaren Substanzen ergibt sich aus der Quantität atmosphärischer Luft, die sie zu zersetzen fähig ist. Ich habe versucht, dieselbe Menge zu verschiedenen Malen mit der Luft in Berührung zu bringen; ihre Wirkung wurde oft erst nach dem vierten und fünften Male geschwächt. Ein Hectogramm zersetzte nach und nach 17 Cubic-Centimeter atmosphärische Luft. -- Nur das letzte Mal schien die Affinität zum Oxigen vermindert zu seyn, denn der Rückstand von Stickstoff enthält noch 0,12 desselben. Wahrscheinlich oxidiren sich die Atome des Kohlenstoffs nur auf der Oberfläche, und eine mechanische Trennung oder eine Erhöhung der Temperatur, gibt der Erde die Eigenschaft, wieder Sauerstoffgas zu absorbiren. Das Ackern, und hauptsächlich die Sonnenstrahlen, müssen diese heilsame Wirkung hervorbringen; das erstere, indem es neue Oberfläche darbietet, letztere, indem sie den Boden erwärmen, und die Kohlenstoffoxide aus dem festen Zustande in dem gasartigen übergehen lassen. Schlüßlich kann ich nicht umhin auch einen Blick auf die Bildung eines Salzes zu werfen, welches die Natur gleichsam vor unsern Augen hervorbringt, und worüber die neuere Chemie bereits viele Aufklärung gegeben hat. -- Da wir die Bestandtheile der Salpetersäure so wie ihre Identität mit den Grundstoffen unserer Atmosphäre kennen gelernt haben, so wundern wir uns nicht mehr, über die Bildung der Säure, in den untern Schichten der Luft, wir halten es für möglich, daß sich unter dem Einflusse der Elektricität ein Theil der Atmosphäre in Salpetersäure verwandle; allein erklären uns wohl diese Ideen warum der Salpeter häufiger auf den Thon- und Kalkartigen, als auf den quarzigen Erden hervorgebracht wird? -- Warum blos die untern Regionen der Luft, die in unmittelbarer Berührung mit der Erde sind, Salpetersäure abzusetzen vermögen? -- Meines Wissens hat noch kein Naturforscher diese interessanten Erscheinungen zu erklären gewußt. -- Die Länder, welche den meisten Salpeter liefern, die Ebenen von Thibet, von Ungarn, von Teutschland und Polen einerlei enthaltenden Boden, haben entweder fette Thonarten, oder eine schwarze aus Pflanzen oder Thierstoffen bestehende Erde. -- In Deutschland errichtet man auf den Feldern, Mauern von Thon (terre laise) in paralleler Richtung, auf welchen Salpeter sich von Zeit zu Zeit sammelt. -- Es muß ein genaues Verhältniß zwischen der Bildung des Salpeters, und der Natur der Substanzen Statt finden, auf welchen er sich absetzt, die Thonerden absorbiren sehr begierig das Oxigene der Atmosphäre. -- Selbst die, welche ihrer weißen Farbe nach die reinsten zu seyn scheinen, zersetzen die Atmosphäre sehr schnell. In Gegenwart des Bürgers Vauquelin stellte ich folgenden Versuch an: -- atmosphärische Luft welche 0,274 Oxigen enthielt, wurde in einer Röhre mit Phosphor in Berührung gebracht, und in einer zweiten, mit weißen Thon von Montmartre, dessen wir uns in den Laboratorien zum Lutiren der Retorten bedienten . -- Nach zehn Tagen wurden die Rückstände der Luft analisirt. -- Der Phosphor hatte nur 0,07, und der Thon 0,10 Oxigen absorbirt. -- Andere thonigte Erden, die von einem fruchtbaren Weizenacker genommen wurden, entzogen in 13 Tagen der atmosphärischen Luft bis 0,06 Oxigene. Diese Wirkung der Thonarten auf die Luft, war in erhöhter Temperatur noch auffallender. -- Eben dieser Wirkung ist auch der Ursprung des Stickstoffgases zuzuschreiben, welches man in den schlechten Versuchen sammelt, die in thönernen Röhren angestellt werden, durch welche man indeß die Unrichtigkeit unserer Theorie über die Zersetzung des Wassers darzuthun sich bemüht hat. Sie verursacht die ungesunde Luft in den Wohnungen armer Leute in Norden, welche durch thönerne Oefen geheizt werden. In der atmosphärischen Luft müssen zwei Veränderungen vorgehen, um selbige in Salpetersäure, zu verwandeln, die eine bezieht sich auf den Verwandschaftsgrad, welcher die beiden Grundstoffe, das Sauergas und Stickgas vereinigt, und die andere auf das Verhältniß, nach welchen sie sich vereinigen müssen, um eine neue Verbindung zu bewirken. -- Es ist in der Chemie ein allgemeines Gesetz, daß, wenn eine zusammengesetzte Substanz A. eine Veränderung der Verbindung leiden soll, diese Veränderung um desto leichter von statten geht, wenn eine zweite Substanz B. die Kraft der Verwandschaften, wodurch die Bestandtheile A. vereinigt werden, vermindern hilft. Die Schichten der atmosphärischen Luft, in Berührung mit der Oberfläche der Erde, sind um so geneigter, den Zustand ihrer Aggregation zu verlassen, je stärker diese Erde auf eine Basis dieser gasartigen Mischung wirkt. Die Nähe des Thons modificirt die Anziehung, wodurch der atmosphärische Sauerstoff mit dem Stickstoff vereinigt wird. In den nächsten Lagen existirt freier Stickstoff, der andern Verwandschaften folgt, als die ist, wodurch dem Stickstoff in der atmosphärischen Mischung das Gleichgewicht gehalten wird. Dieser tritt mit einer großen Masse Oxigen zusammen, und wird durch die oxidirbaren Basen des Thons, der Kalkerde unter der Pflanzenerde angezogen. -- Jedes Erdtheilchen wird von einer besondern Atmosphäre (angezogen) umgeben, die mehr Oxigen enthält, als die Luftschichten worinnen wir leben. -- Indeß die letztern nur 0,28 Oxigen enthalten, befindet sich in der Atmosphäre des Thons 0,50 bis 0,60, und die Erdtheilchen zunächst der Erde, müssen reines Sauerstoffgas entwickeln. -- Das Oxigen sinkt herab, um sich mit den erdigen Basen zu verbinden. -- In diesem Uebergange geht wenig freier Stickstoff, der mit vielen freiem Oxigen zusammentrift, in dem Zustand der Salpetersäure über. -- Die atmosphärische Elektrizität scheint diese Vereinigung zu bewirken. -- Die Gewitter sind zur Erzeugung des Salpeters am günstigsten, besonders die, wo die positive Elektrizität 8 -- 10 Mal des Tages in den negativen Zustand übergeht, welcher oft durch Windstöße, Hagel und Regen angekündigt wird. -- Ich könnte noch hinzu fügen, daß das Kali, welches die Basis des Salpeters bildet, sich nicht dem achten Theile nach in dem Thone, oder der Gewächserde befindet, worauf das Salz sich präcipitirt, daß das Wasser, welches sich auf der Oberfläche der Erde zersetzt, und dieß Kali wohl von der Berührung des Hydrogens mit dem atmosphärischen Stickstoffe herrühren, daß endlich in den großen Ebenen Cujaviens der Salpeter beständig mit salzigtsauren Natron gemischt ist, und daß ich die Bildung der Salzsäure in der Atmosphäre beobachtet habe. -- Allein diese Betrachtungen würden uns in eine Sphäre führen, wo Muthmaßungen die Stelle der Thatsachen vertreten; es sollte blos bewiesen werden, wie die Nähe der Erde die Bildung des Salpeters begünstigen könne, wenn wir auch die großen Naturoperationen nicht zu erklären vermögen; so ist doch die Kenntniß der vornehmsten Agentien, die ihre anziehenden Kräfte in dem unermeßlichen Laboratorium der Natur äußern, immer ein Gewinn. -- Ich schmeichle mir, daß obige Versuche über diese Agentien eine Aufklärung gewähren, und daß sie vielleicht interessante Entdekkungen in Ansehung des Ackerbaues zu veranlassen vermögend seyn möchten. --