Uiber den Pico de Teyde auf Teneriffa, aus einem Schreiben des Herrn von Humbold, an den Cit. Delametherie. Aus dem Journal de Phyſique etc. Tom. 49, Cah. 3, pag. 433. — Einige aͤltere Nachrichten von dieſem Berge ſtehen auch ſchon im Bergmaͤnniſchen Journal, Jahrgang 6, B. 2, S. 249. Der Gipfel des Pico de Teyde liegt 1904 Toiſen uͤber der Meeresflaͤche, wie Borda durch eine ſehr genaue geometriſche Meſſung gefunden hat. Das reaumuriſche Thermometer (nicht das hundertgradige) ſtand daſelbſt auf 2°; zu Orotava ſtand es zwiſchen 18 u. 19°. Eine intereſſante Zuſammenſtellung und Vergleichung der verſchiedenen Angaben uͤber die Hoͤhe dieſes Berges findet ſich in der Monatlichen Correſpondenz zur Befoͤrderung der Erd- und Himmelskunde, herausgegeben von Herrn v. Zach, 1800, April, in einer Note, bey Gelegenheit eines anderweiten Schreibens von Herrn v. Humbold. Es wird den Leſern gewiß angenehm ſeyn, dieſe Angaben hier ausgezogen zu finden. „Der Pic von Teneriffa wird auch von den Einwohnern dieſer Inſel Pic von Teyde genennet. Die alten Einwohner der Kanariſchen Inſeln Guanches nannten die Hoͤlle in ihrer Sprache Echeyde, und ſetzten ihren Sitz in den Abgrund dieſes bisweilen feuerſpeyenden Berges, daher der Name Teyde. Die Mauren nennen ihn Elbar, die Spanier und Portugieſen Pico de Terraira. Die Hoͤhe dieſes beruͤhmten Berges wird ſo verſchieden angegeben, als es verſchiedene Reiſende gegeben hat, welche ihn beſtiegen und gemeſſen haben. Der franzoͤſiſche Minorite P. Feuillée hatte im Jahr 1724 ſeine Hoͤhe zuerſt ſowohl mittelſt einer trigonometriſchen Meſſung, als auch mit dem Barometer beſtimmt. ( Mem. de l’ Acad. 1746, pag. 147.) Letzteres ſoll nach ſeiner Beobachtung 10 Zoll 7 Linien niedriger auf dem Gipfel des Berges als an der Meeresflaͤche geſtanden haben. Hieraus berechnete er die Hoͤhe 2213 Toiſen. Caſſini findet nach ſeiner Berechnungsart 2624 Toiſ. und nach dem Mariottiſchen Geſetze nur 2686 T. ( Mem. de l’ Acad 1733, p. 45.) Nach Bouguer wuͤrde ſie 2062 Toiſ. betragen. Der ſpaniſche Ingenieur Don Manuel Hernandez welcher einige Jahre auf dieſer Inſel zugebracht, hat ſeine Hoͤhe im Jahr 1742 gemeſſen, und 2658 [Formel] Toiſen befunden. D. Heberden giebt die Hoͤhe, welche er ſelbſt gemeſſen hat, zu 2405, 6 Toiſ. an. ( Phil. Tranſ. Vol. XXVII, p. 356.) Borda hat ihn wohl am ſorgfaͤltigſten trigonometriſch beſtimmt, und 1904 Toiſen gefunden. ( Voyage fait par ordre du Roi en 1771 et 1772. par Verdun de la Crenne, Borda, Pingré. 1778, Tom. I, Supplem. p 379.) Wir wiſſen daher nicht, warum Hofrath Lichtenberg in ſeiner Erxlebenſchen Naturlehre, ſechſte Ausgabe, Goͤtting. 1794, S. 662, die Hoͤhe dieſes Berges nach dem Ritter Borda zu 1931 Toiſen angegeben hat. In dem neueſten Annuaire de la Rep. franc par le Bureau des Long. 1799 wird dieſe Hoͤhe noch immer nach Borda zu 1904 Toiſ. oder 3710 Metres geſetzt. Auf la Perouſes Reiſe: um die Welt beſtiegen mehrere Officiere und Gelehrte dieſer Expedition den Pic den 30 Aug. 1785. De Lamanon machte barometriſche Beobachtungen, und fand den Barometerſtand auf dem Gipfel 18 Zoll, 4, 3 Linien das Thermometer + 90 R.; an der Meeresflaͤche bey St Croix Barometer 28 Zoll, 3 Lin. Thermom. 240, 5. R. ( Voy. de la Perouſe, Tom. II, p. 21.) La Perouſe berechnet die Hoͤhe nicht, ſondern uͤberlaͤßt es einem jeden, ſie nach einer beliebigen Hypotheſe zu berechnen. Wir haben ſie nach der Sauſſureſchen; harmoniſchen Progreſſion der Waͤrme, und nach den orianiſchen Formeln berechnet, welche wir im 2ten Bande der A. G. E. S. 302 mitgetheilt haben. Hiernach ergiebt ſich die Hoͤhe des Pics nach de Luc 1856, 5 Toiſen, nach Schuckburgh 1893, 2 Toiſ., nach Roy 1889, 4 Toiſ. Die Hoͤhe nach Schuckburgh ſtimmt am naͤchſten mit Borda’s Meſſung, und weicht davon nur 11 Toiſen ab. Man kann demnach mit ziemlicher Zuverlaͤſſigkeit die Hoͤhe des Pics von Teneriffa zu 1900 Toiſen annehmen; eine groͤſſere Genauigkeit duͤrfte ſchwerlich zu erwarten ſeyn. Der Ingenieur-Capitain de Monneron welcher La Perouſe begleitete, wollte die noch nicht verſuchte Methode des Nivellirens anwenden; er hatte ſie beynahe zu Stande gebracht, als er ſie wegen ſeiner Fuͤhrer und Maulthiertreiber aufgeben mußte. (Man ſehe La Perouſes Reiſe, 2t Bd. p. 23.) Sir Georg Staunton in ſeiner Beſchreibung von Macartneys Geſandſchaftsreiſe nach China (London 1797, S. 113) fuͤhrt an, daß ein engliſcher Kaufmann in Madeira Namens W. Johnſtone, der Wiſſenſchaften liebt und treibt, und die ganze Inſel Madeira geometriſch aufgenommen hat, auch den Pic von Teneriffa geometriſch gemeſſen, und 2023 engliſche Fathom hoch gefunden habe; dies betruͤge nur zwey Pariſer Fuß weniger, als 1899 franzoͤſiſche Toiſen, folglich bis auf 4 Fuß daſſelbe Reſultat, welches wir eben als arithmetiſches Mittel geſetzt haben.“ Wenn man den Unterſchied zu 16° rechnet, ſo wuͤrden 119 Toiſen auf den Grad kommen, was recht gut mit Sauſſure’s Beobachtungen uͤbereinſtimmt, der, wie ich glaube, 107 Toiſen fuͤr den Grad angiebt. Der Pic de Teyde iſt ein ungeheurer Baſaltberg, der uͤber dichten Floͤtzkalkſtein gelagert zu ſeyn ſcheint. Dies iſt der naͤmliche Kalkſtein, den man mit vielem Feuerſteine am ſchwarzen Vorgebirge (Capo negro) in Afrika, bey Cadix, im Kanale le Manche, und in Provence findet; der naͤmliche, uͤber welchem die Baſalte von St. Loup bey Agde, und die in Portugall zu liegen ſcheinen. Man ſieht, welche Gleichfoͤrmigkeit in der Struktur der Erde herrſcht! Die Azoren, die Kanariſchen Inſeln, die Inſeln des gruͤnen Vorgebirges ſcheinen blos die Fortſetzung der Baſaltformation bey Liſſabon zu ſeyn. Die Wellen fuͤhren Granit, Sienit und den granitartigen Glimmerſchiefer, den wir am St. Gotthardt und in Salzburg haben, von der afrikaniſchen Kuͤſte nach den Ufern von Teneriffa. Es iſt zu vermuthen, daß der hohe Ruͤcken des Atlas, der ſich gegen Abend nach den Kuͤſten von Marocko hinzieht, aus dieſen Gebirgsarten beſteht. Der Krater des Pics, naͤmlich der des Gipfels, iſt nur 40-60 Fuß tief, und wirft (ſeit Jahrhunderten) keine Laven mehr aus. Dieſe kommen blos aus den Seiten hervor. Dagegen liefert der Krater eine erſtaunende Menge Schwefel und Eifenvitriol. Erzeugt ſich nun hier der Schwefel erſt, oder kommt er aus jenem Kalkſteine unter dem Baſalte, der mit dem in Andaluſien , (und dem bey Kreczezowitz in Pohlen ) von gleicher Art iſt, und ihn gar wohl liefern koͤnnte? Es iſt bekannt, daß der Kalkſtein und der Gips von Andaluſien (die zu einer Formation gehoͤren, indem der Gips lagerweiſe im Kalkſteine vorkommt) ganz Europa mit Schwefel verſorgen koͤnnten. Der Pico de Teyde beſteht aber nicht blos aus dem Baſalte, welcher Hornblende nebſt blaͤttrichem und kryſtalliſirtem Olivine enthaͤlt, ſondern es finden ſich auch, beſonders gegen den Gipfel zu, Lager von Werners Porphirſchiefer und einem andern Porphire, deſſen Hauptmaſſe aus Obſidiane beſteht. Der Porphirſchiefer iſt blaͤttrig, klingend, an den Kanten durchſcheinend, und beſteht aus einer ſehr harten gruͤnen Hauptmaſſe, die mit der Jade verwandt iſt, und Kryſtalle von glaſichem Feldſpathe eingeſchloſſen enthaͤlt. Die Bimsſteine des Pics ſind nichts anders als durchs Feuer zerſetzter Obſidian. Man kann ihre Entſtehung nicht vom Feldſpathe herleiten. Ich habe viel Stuͤcke geſammelt, und auch ſchon in den Sammlungen von Madrit geſehen, die zur Haͤlfte aus braͤunlichſchwarzem Obſidiane, und zur Haͤlfte aus weißem faſrichem Bimsſteine beſtanden. Zuſatz des Herausgebers. Einige Stellen der obigen Nachricht haben Herrn de Luc veranlaßt, in eines der folgenden Stuͤcke des Journal de Phyſique eine Pruͤfung derſelben einruͤcken zu laſſen, die ich der Vollſtaͤndigkeit wegen hier noch in der Kuͤrze erwaͤhnen muß. Examen de quelques opinions de M. A. Humboldt, contenues dans une lettre qu’il a adreſſée à J. Delametherie, par G. A. Deluc. — Im Journal de Phyſique, Tom, L. Cah. 2, pag. 141. Herr de Luc hat ſich bekanntlich in fruͤhern Zeiten ſein eignes Syſtem uͤber die Entſtehung des feſten Theils unſers Erdkoͤrpers gebildet, das von dem neuern auf genauere Beobachtungen und daraus hergeleitete Reſultate ſich gruͤndenden geognoſtiſchen Syſteme betraͤchtlich abweicht. Er gehoͤrt noch unter die Zahl derjenigen, welche der Vulkanitaͤt einen großen Antheil an der Bildung der gegenwaͤrtigen Erdoberflaͤche zuſchreiben, und er ſieht in jedem Baſaltberge die Wirkung eines erloſchenen Vulkans. Die jenem neuern geognoſtiſchen Syſteme guͤnſtigen Beobachtungen und Aeuſſerungen des alle Theile der Naturgeſchichte und Phyſik mit gleich raſtloſem Eifer umfaſſenden Herrn von Humboldt mußten alſo Herrn de Luc nothwendig auffallen, und ihn zur Pruͤfung derſelben veranlaſſen. Der in der Note ausfuͤhrlich angefuͤhrte Aufſatz deſſelben enthaͤlt die Reſultate von letzterer, die aber freylich den unpartheyiſchen Kritiker nicht gaͤnzlich befriedigen werden. Herr de Luc verweilt ſich zuerſt bey folgenber Stelle des Humboldtſchen Schreibens: „die Azoren, die Kanariſchen Inſeln — aus dieſen Gebirgsarten beſteht.“ Herr de Luc bemerkt hierbey, ohne doch weitere Gruͤnde dafuͤr anzugeben, daß die angefuͤhrten Inſelgruppen keine Fortſetzung von entfernten Baſaltbergen ſeyn koͤnnten, ſondern daß jede Gruppe, und jede einzelne Inſel das Werk einer vulkaniſchen Eruption waͤre. Sodann zeigt er, daß die Wellen die Geſchiebe von Granit und Schiefer nicht von Afrika heruͤber nach Teneriffa gefuͤhrt haben koͤnnten, und daß, „wenn Herr von Humbold dies recht uͤberlegt haͤtte, er gefunden haben wuͤrde, daß, wenn die erwaͤhnten Foſſilien wirklich Granit und Schiefer, und nicht etwan gar eine Art von Lava waͤren, die nur das Anſehen von jenen haͤtte, (!) ſie von den Gebirgslagern herruͤhrten, welche bey den vulkaniſchen Eruptionen durchbrochen worden waͤren.” Die Vermuthung, daß Herr v. Humboldt ſich wohl geirrt, und Laven fuͤr Granit ꝛc. angeſehen haben moͤchte, findet Herr de Luc auch ſogleich durch eine Beobachtung des D. Gillan, der die letzte, engliſche Geſandſchaft auf der Reiſe nach China begleitet hatte, beſtaͤtigt, indem letzterer auf Teneriffa nichts als vulkaniſche Produkte geſunden haben will. Es kommt nun hierbey alles auf die Entſcheidung der Frage an, welcher von den beyden Beobachtern richtiger geſehen hat, und welchen derſelben man in mineralogiſchen Beſtimmungen fuͤr zuverlaͤſſiger zu halten berechtiget iſt? Herr von Humbold hatte ferner geaͤuſſert, daß der Baſalt des Pics von Teneriffa auf Floͤtzkalkſteine zu liegen ſcheine; aber auch dieſe Vermuthung erklaͤrt Herr de Luc fuͤr einen bloßen Sprung der Einbildung, und beweißt durch folgende Schlußfolge, daß ſie unrichtig ſey. Die Baſis des Pics von Teneriffa befinde ſich auf dem Meeresgrunde, und koͤnne folglich nicht beobachtet werden; der Pic ſelber ſey ein Vulkan; da nun der Veſuv, der Aetna, und alle Lipariſche Inſeln, welches Vulkane theils geweſen, theils noch waͤren, von ihrer Baſis an, von der Meeresflaͤche weggerechnet, bis zu ihren Gipfeln, nichts als vulkaniſche Produkte zeigten: ſo koͤnne auch der Pic von Teneriffa nichts als dergleichen Produkte enthalten. Dieſer auf die Analogie ſich gruͤndende Satz wird denn auch ſogleich durch eine Beobachtung des D. Gillan noch mehr beſtaͤtigt, indem dieſer ſagt: „daß es keinen Kalkſtein auf Teneriffa gebe, und daß der Kalk, deſſen man ſich zum Bauen bediene, von einer der benachbarten Inſeln heruͤber geſchaft werde (die aber ja doch nach Herrn de Luc wohl auch nichts als ausgebrannte Vulkane ſind?). Endlich bemerkt Hr. de Luc noch, wie noͤthig es ſey, die Geologie, ſo viel als moͤglich, fuͤr den Irrthuͤmern zu ſichern, in welche die Schriftſteller, die ſich mit dieſer Wiſſenſchaft beſchaͤftigen, aus Mangel an Aufmerkſamkeit (und, moͤchte man hinzuſetzen, aus Mangel an hinlaͤnglichen oryktognoſtiſchen und geognoſtiſchen Kenntniſſen, und ſelbſt aus Vorurtheilen) ſo leicht verfallen koͤnnten; erinnert an die wichtige Rolle, welche die vulkaniſchen Eruptionen geſpielt haben, weshalb er auch ehemals die Naturforſcher in ſeinen phyſikaliſchen und moraliſchen Briefen uͤber die Geſchichte der Erde und des Menſchen darauf aufmerkſam zu machen geſucht habe, und ſchließt mit der Erzaͤhlung, wie er ſchon im Jahr 1757 bey Gelegenheit des Anblicks der Lipariſchen Inſeln vom Gipfel eines nahen Berges in Sicilien auf einmal auf den gluͤcklichen Gedanken gekommen ſey, daß alle dergleichen kleine in den Meeren zerſtreute Inſeln und Inſelgruppen durch vulkaniſche Eruptionen entſtanden waͤren. — Das angefuͤhrte wird hinlaͤnglich ſeyn, um zu zeigen, in wie weit es Herrn de Luc gegluͤckt iſt, die Glaubwuͤrdigkeit der Humboldtſchen Beobachtungen zweifelhaft zu machen. H.