Die Entbindung des Wärmeſtoffs, als geognoſtiſches Phänomen betrachtet. Von F. A. von Humboldt. Ohnerachtet in neueren Zeiten, ſeit der wiſſenſchaftlichen Ausbildung der mineralogiſchen Diſciplinen, die Geognoſie von der Erkennungslehre einfacher Foßilien (Oryktognoſie) getrennt, und dadurch in beſtimmtere Gränzen eingeengt worden iſt: ſo ſcheint ſie doch noch immer zwey Objekte zu behandeln, die, ihrer Natur nach, eben ſo heterogen als eines verſchiedenen Grades von Zuverläßigkeit fähig ſind. Die Fragen, wie iſt der feſte Erdkörper gegenwärtig beſchaffen? wie ſind die Gebirgsmaſſen verbreitet? zu welcher Höhe erheben ſie ſich in den verſchiedenen Zonen? welchen Geſetzen der Schichtung und Lagerung ſind ſie unterworfen? welche von ihnen enthalten Spuren organiſcher Körper? deuten dieſe Körper auf eine untergegangene Thier- und Pflanzenſchöpfung hin, oder finden wir die Originale derſelben noch jetzt in den entferntern Himmelsſtrichen? — Alle dieſe wichtigen Fragen betreffen den gegenwärtigen gleichzeitigen Zuſtand der Dinge. Ihre Unterſuchung gehört in die allgemeine Naturbeſchreibung, welche die unbelebte Schöpfung ſowohl, als die Verhältniſſe der Thier- und Pflanzengeſchlechter umfaßt. Eine andere Klaſſe von Objekten berühren die Fragen: wie hat der Erdkörper ſeine gegenwärtige Geſtalt gewonnen? wann ſind die Gebirgsmaſſen erhärtet? waren ihre Grundſtoffe in tropfbare Flüſſigkeiten aufgelöst, oder waren ſie dieſen nur (mechaniſch) eingemengt? welchen Einfluß hat das Feuer auf jene Scheidungen und Niederſchläge, welchen auf die ſchon erhärteten Maſſen ausgeübt? ſind die Seen aus Einſenkungen entſtanden, oder haben die tobenden Fluthen im Herabſtürzen weite Keſſel ausgehölt? Dieſe letzteren Fragen ſind hiſtoriſchen Inhalts. Sie beziehen ſich auf einen ehemaligen Zuſtand der Dinge, und ihre Beantwortung gehört der Naturgeſchichte zu. Sie ſind von den erſtern eben ſo verſchieden, als es ſehr heterogene Unterſuchungen ſind, welche Wanderungen eine Pflanze vom Kaukaſus her nach dem weſtlichen Europa gemacht hat, und zu welcher Tiefe ſie gegenwärtig, in die Ebene herabſteigend, gefunden wird. Note. Die Hauptzüge dieſer Theorie ſind ſeit 1792. in den Manuſcripten des Verfaſſers aufgezeichnet gelegen. Seine Reiſen und Beſchäftigung mit phyſiologiſchen Gegenſtänden haben die öffentliche Bekanntmachung dieſer und anderer geognoſtiſchen Arbeiten verzögert. Heften wir unſern Blick auf den bisherigen Vorrath geognoſtiſcher Schriften, ſo finden wir nicht nur meiſt beyderley Objekte, die der Naturgeſchichte und der Naturbeſchreibung untereinander gemengt ſondern wir bemerken auch, daß die eine Unterſuchung auf Koſten der andern betrieben worden iſt. Man hat ſich von jeher mehr damit beſchäftigt, über die Entſtehung der Dinge nachzuſinnen, als ihre gegenwärtige Verhältniſſe genau zu erforſchen. Daher unſere Dürftigkeit an ſicheren Beobachtungen über Schichtung und Lagerung der Gebirgsmaſſen, an der Identität derſelben in entfernten Ländern, und an ihren geognoſtiſchen Verwandtſchaften! Daher der Ueberfluß an kosmogeniſchen Hypotheſen, ſelbſt an Erklärungen von Phänomenen, die (wie die berufene Muſchel im Granite) nur in der Einbildungskraft der Beobachter exiſtirten! Derjenige Theil der Gebirgskunde, welcher ſich auf die dermaligen Verhältniſſe unſers feſten Erdkörpers bezieht, iſt eine empiriſche Wiſſenſchaft, welche eines hohen Grades der Zuverläſſigkeit fähig iſt. Was Baſalt- und Mandelſtein ſind, ob ſie ſich in hohen Gebirgen unmittelbar auf Gneis, Granit, oder Porphyr aufgeſetzt finden, ob ihre Schichtung Aehnlichkeit mit der der Flötzgebirgsarten hat, in welchen Beziehungen ſie zum Porphirſchiefer, zu gewiſſen Formationen der Steinkohlen, und zu den Thonlagen ſtehen, ob die ſäulenförmigen Abſönderungen des Baſalts mehr Aehnlichkeit mit denen des uranfänglichen Porphirs als mit denen der Lava haben? — dieß ſind Fragen, die nie Gegenſtand eines geognoſtiſchen Streites hätten werden ſollen. Durch ruhige anhaltende Beobachtungen ſind ſie eben ſo beſtimmt, als die, zu beantworten, ob Hund und Schakall eine gleiche Bildung haben? Dieſe Beſtimmtheit fällt aber weg, ſobald man jenen Fragen hiſtoriſche Probleme einmengt. Nun heißt es nicht mehr, worinn ſind die Rheiniſchen Baſalte der veſuviſchen Lava ähnlich, ſondern: ſind Baſalte und Lava gleicher Entſtehung, verdanken jene ihr erdiges Anſehn einer Verwitterung, ſind ſie in dem Meere erkaltet, oder ruhten ſie vormals in dem Inneren eines Vulkans? Nun iſt der Phantaſie ein weites Feld der Vermuthungen, dem Streitliebenden ein Kampfplatz eröffnet, auf dem er ſich neue Gegner fingirt, wenn er alle wirklich erſchienenen beſiegt zu haben glaubt. Dieſe Vermengung ungleichartiger Probleme hat ihre Folgen bey manchem geognoſtiſchen Streite geäuſſert. Die Wiſſenſchaft wurde mit vielen Meinungen, aber mit wenigen Thatſachen bereichert! Geſchieht es zum Nachtheile der Geognoſie, daß man zur Erklärung jener groſſen Denkmäler der Vorwelt ſchreitet, ehe man ihre dunkeln Schriftzüge gefaßt hat, daß man über Entſtehung der Gebirge Hypotheſen wagt, ehe man ihre dermaligen Verhältniſſe gehörig ergründet, ſo iſt die Willkühr , mit der dieſe Hypotheſen gebildet werden, nicht minder ſchädlich. Will man annehmen, daß in chaotiſchen Zeiten Kräfte wirkten, deren Exiſtenz uns gegenwärtig unbekannt iſt, ſo müſſen wir zugleich allen cosmogeniſchen Betrachtungen entſagen. Allerdings bleibt die Möglichkeit unbeſtritten, daß es vormals freye Stoffe gab, die gegenwärtig gebunden, und dadurch in ihren Kraftäuſſerungen gehemmt ſind. Allerdings können dieſe Stoffe das Spiel der zuſammengeſetzten Verwandtſchaften ſo modificirt haben, daß Miſchungen vorgiengen, welche die Kunſt nicht nachzuahmen vermag. Aber dieſe Möglichkeiten, deren Zahl bis ins Unendliche vermehrt werden kann, begründen kein phyſikaliſches Raiſonement. So lange es noch unentſchieden iſt, ob nicht eben die plaſtiſchen Kräfte der Anziehung und Abſtoſſung, welche wir gegenwärtig in dem Univerſum thätig finden, ſchon in der Vorwelt gewirkt haben, ſo lange dürfen wir uns nicht neue Materien ſchaffen, zu denen die Zuflucht freylich eben ſo bequem, als die zu hyperphyſiſchen Urſachen iſt. Ein Feuer, welches ſtrengflüſſige Gemiſche von Erdarten in Fluß bringt, und dabey (wie im Porphirſchiefer) den zarteſten Abdruck ſaamentragender Farrenkräuter unverſehrt erhält — der Begriff eines ſolchen Feuers verſetzt uns in eine unbekannte Sphäre. Es iſt beſſer, Erſcheinungen unerklärt zu laſſen, beſſer zu geſtehen, daß ſie zu groß ſind, um ihre Erklärung zu wagen, als von Wirkungen auszugehen, die jenſeits unſerer empiriſchen Erkenntniß liegen. Iſt man dagegen einmal bei kosmogeniſchen Betrachtungen (alſo in dem hiſtoriſchen Theile der Geognoſie) von einer Hypotheſe ausgegangen, welche durch die Analogie noch jetzt zu beobachtender Naturwirkungen unterſtützt wird, ſo hat man unmittelbar durch die Annahme einer Urſache eine ganze Reihe anderer Urſachen begründet, welche mit jener unzertrennlich verknüpft ſind. Je unſicherer der Weg iſt, den wir betreten, deſto vorſichtiger müſſen die Schlüſſe aneinander gereiht ſeyn. Kosmogeniſche Phantaſien, wie die des unſterblichen Franklin , ſind nicht nur vorzüglich einer äſthetiſchen Behandlung fähig; — nein! ſie können auch belehren, weil ſie einzelne neue Anſichten gewähren. Aber ihrem Weſen nach gehören ſie nicht in das Gebieth der Geognoſie. Man darf nicht nach Willkuhr das Innere des Erdkörpers aushölen, und mit elaſtiſchen Flüſſigkeiten füllen, wenn Maskelyne’s Pendelverſuche — apodiktiſch — das Gegentheil beweiſen. Phantaſien ſind gefahrvoll täuſchend, ſobald man ſie, wie nur zu oft geſchieht, als Thatſachen vorträgt, und in das ernſte Gewand wiſſenſchäftlicher Unterſuchungen einkleidet. Dieſe vorangeſchickten Betrachtungen ſchienen mir nöthig, um den Geſichtspunkt anzugeben, aus welchem ich die nachfolgenden Blätter beurtheilt zu ſehen wünſche. Sie enthalten einen ſchwachen Verſuch, die Grundſätze der neuern Phyſik auf die Geognoſie anzuwenden. Sie begründen keine neue Hypotheſe, ſondern ſie zeigen nur, daß man (um conſequent zu verfahren) keine Wirkung iſolirt betrachten dürfe, ſondern daß jede Materie, nur mit allen ihr inhärirenden Kräften, thätig gedacht werden könne. Ob dieſe Behandlungsart zu fruchtbaren Reſultaten führe, darüber erlaube ich mir die Entſcheidung nicht. Alle geognoſtiſchen Hypotheſen ſtimmen darinn mit einander überein, daß auch der feſte (ſtarre) Theil unſers Erdſphäroids ſich ehemals in einem flüſſigen Zuſtande befand. Für dieſe groſſe und wichtige Thatſache zeugen die unwiderſprechlichſten Denkmäler der Vorwelt. Unbefriedigender iſt die Frage zu beantworten, ob dieſer flüſſige Zuſtand ein elaſtiſch- oder tropfbar-flüſſiger war? Wir ſehen, daß Gasarten feſte Körper (Waſſerſtoffgas den Schwefel und Arſenik, Stikgas den Phosphor) auflöſen. Vielleicht iſt die Kalkerde, die im Gewitterregen von den oberen Regionen herabkömmt, nicht in latentem Waſſer, ſondern in eben den Luftarten enthalten, welche das elektriſche Feuer zu einem tropfbaren Fluidum verbindet? Denkbar, den jetzigen Naturerſcheinungen analog, iſt es daher allerdings, daß die Beſtandtheile aller Gebirgsarten einſt gasförmig exiſtirten. Denkbar iſt es, daß dieſem erſten Zuſtande ein zweyter folgte, in dem der gröſſere Theil jener Gasarten zu tropfbaren Fluiden zuſammengerann; — aber, was man darüber auch feſtſetze, ſo bleibt immer die Annahme gegründet, daß die feſte Erdmaſſe ſich durch Niederſchläge aus Flüſſigkeiten bildete, daß aufgelöste Stoffe aus ihren Auflöſungsmitteln abgeſchieden wurden. Was nun war die Urſache des erſten Niederſchlags, oder der erſten Abſcheidung, was die Urſache der nachfolgenden, deren Entſtehungsepoche durch ihre Lagerung karakteriſirt wird? Die Beantwortung dieſer Frage liegt, in ſo fern ſie ſich auf die erſte Entſtehung oder Schöpfung eines Dinges bezieht, auſſerhalb den Gränzen menſchlicher Erkenntniß. Die Cosmogenie darf nicht mit dem Nichts anheben. Sie ſetzt die Exiſtenz aller, jetzt in dem Weltall zerſtreuten Materie voraus, und beſchäftigt ſich nur mit den manchfältigen Zuſtänden, welche dieſe Materie durchlaufen iſt, bis ſie ihre dermalige Form und Miſchung erhalten hat. Was auſſerhalb dieſem Kreiſe liegt, gehört zu den Anmaſſungen der philoſophirenden Vernunft. Setzen wir demnach (wie in allen bisherigen geognoſtiſchen Schriften geſchehen) das Daſeyn eines erſten Niederſchlags, einer einmaligen Abſcheidung aus der chaotiſchen Flüſſigkeit voraus, ſo liegt in dieſer erſten Wirkung ſelbſt die Urſache aller folgenden. Beym Uebergange des Waſſers zu Eis, beym Erhärten des Gypſes, beym Anſchießen des Kochſalzes aus der Soole wird Wärme erregt. So oft ein Stoff aus dem flüſſigen Zuſtande (ſey er tropfbar, oder gasförmig elaſtiſch flüßig) in einen feſten (ſtarren) Zuſtand übergeht, wird Wärmeſtoff entbunden. Dieſes Factum, mit welchem die wichtigſten Erſcheinungen im Dunſtkreiſe, wie im Innern der belebten Körper zuſammenhängen, — dieſes Factum ſteht unerſchütterlich feſt, man mag ſich, wie die atomiſtiſchen Antiphlogiſtiker, die Urſache der Wärme als eine expandirende, in die Zwiſchenräume der andern Grundſtoffe eindringende Materie (gleichſam als Expanſivſtoff), oder dynamiſch, als Modifikation der originellen, (urſprünglichen) Anziehungs- und Abſtoſſungskräfte denken. Steigt nun das Thermoſcop ſchon merkbar, wenn wenige Kubiklinien Eis entſtehen, werden die benachbarten Waſſerſchichten merkbar erwärmt, indem die zarten Salzkriſtalle ſich abſcheiden, — welche Erhöhung der Temperatur, welche Erhitzung mußte nicht erfolgen, indem ungeheure Maſſen erdiger Grundſtoffe, mächtige Gebirgsſchichten, ſich niederſchlugen. Nicht bloß die Form der einfachen Foßilien, aus welchen die gröſſeren Theile der uranfänglichen Geſteinsarten zuſammengeſetzt ſind, bezeugt einen kriſtalliniſchen Anſchuß. Auch der Anblick ganzer Gebirgsſtöcke lehrt, daß ſie ihre urſprüngliche , freylich ſehr verwiſchte Geſtalt den Anziehungskräften verdanken, welche nach einem Punkte hin, und von einem Punkte aus wirkten, daß ſie gleichſam ungeheure Gruppen von Kriſtallen bilden, die ſich um einen Kern verſammelt haben. Die uralte koloſſaliſche Pyramide des Dru’s in Savoyen (man betrachte ihn vom Eismeere aus) und die ſüdliche Wand des Weißenberges gegen Courmayeux hin ſtellt eben ſolche Beziehungen gegen einen Punkt dar, als das Innere eines ſpät entſtandenen Hügels ſäulenförmigen Baſaltes und Porphirſchiefers. Dieſe kriſtalliniſche Bildungen beweiſen, daß jene Niederſchläge, denen der feſte Erdkörper ſeine gegenwärtige Geſtalt verdankt, plötzlich erfolgten, und daß der Uebergang aus dem Flüſſigen zum Starren nicht allmälig in unendlich kleinen Maſſen, wie beym Fällen des Silbers aus der Salpeterſäure, geſchah. Niederſchläge überhaupt, und beſonders Niederſchläge groſſer Gebirgsmaſſen, können alſo nicht ohne Entbindung von Wärme gedacht werden. Dieſe Wärme gieng in die noch übrigen Theile der Auflöſung über, und erregte in dieſen — Verdampfung, Verminderung des Menſtruum’s, und (als unmittelbare Folge der Verminderung) neue Niederſchläge. Die Entſtehung der erſten Gebirgsſchicht iſt alſo ſelbſt die Urſache der Entſtehung einer folgenden. Wir bedürfen nicht neuer Hypotheſen, nicht der Annäherung eines Kometen, um die groſſe Waſſerverminderung zu erklären. Erhärtung einer Gebirgsmaſſe und Verdampfung ſind unzertrennliche Begriffe! Je gröſſer die erhärtete, oder niedergeſchlagene Maſſe war, deſto ſchneller mußte derſelben ein neuer Niederſchlag folgen. Je mehr Niederſchläge vorhergegangen waren, deſto erwärmter mußte im Ganzen der Reſt des Menſtruums ſeyn. Im Ganzen; denn es iſt nicht bloß denkbar, ſondern auch ſehr wahrſcheinlich, daß in einzelnen Fällen, ſelbſt bey erhöhter Temperatur, die chemiſchen Ziehkräfte der ſich bildenden neuen Geſteinſchichten ſo balancirt wurden, daß die Bildung oder Abſönderung nur ſehr langſam erfolgte, und daß während dieſes Zeitraums die Auflöſung ſich von neuem erkältete. Für dieſe Zwiſchenepochen ſcheinen manchfältige geognoſtiſche Phänomene zu zeugen. In den uranfänglichen Gebirgsarten, welche als die früher niedergeſchlagenen in einem kühleren Medium entſtanden, erkennt man einen ruhigern kriſtalliniſchen Anſchuß, in den ſpäteren Flötzgebirgen aber, bey deren Formation das Medium bereits eine hohe Temperatur hatte, ein erdigeres Anſehen, gleichſam als Folge mechaniſcher Anſchwemmnng. Zur Zeit der Erhärtung der letztern war das Menſtruum zu ſehr erhitzt. Allzu viele Ziehkräfte wirkten gleichzeitig, als daß die homogenen Grundſtoffe ſich ruhig hätten abſondern können. Dennoch ſehen wir, wenngleich ſelten, mitten in der Folge neuer Gebirgsarten, Schichten von kriſtalliniſchem Anſchuß, körnig-blätterigen Kalkſtein, Gyps, oder Stinkſtein, im dichten Kalkſtein des Jura. Der Bildung dieſer ſcheint jene Ruhe, jene Abkühlung vorausgegangen zu ſeyn, deren wir oben erwähnten. Bemerken wir in der Entbindung des Wärmeſtoffs einen Grund von der verſchiedenen Miſchung der uranfänglichen und Flötzgebirgsarten, ſo muß dieſelbe noch wirkſamer bey der urſprünglichen Poroſität der Mineralien gedacht werden. Dieſe urſprüngliche Poroſität darf nicht mit der ſecondären verwechſelt werden. Die letztere, ſey ſie Folge der Auswitterung eingewachſener Foßilien, oder der Einwirkungen des Feuers, iſt unendlich ſpäter als die Formations-Epoche ſelbſt. Die erſtere iſt dieſer Epoche gleichzeitig; ſie verdankt ihr Daſeyn den chemiſchen und mechaniſchen Kräften ſelbſt, welche bey der Erhärtung der Gebirgsmaſſen thätig waren. Nehmen wir warme, erzeugende Niederſchläge aus einem allgemeinen chaotiſchen Menſtruum an, ſo muß (beſonders wenn die Temperatur ſchon mächtig erhöht iſt) eine groſſe Maſſe elaſtiſcher Dämpfe erzeugt werden. Das Menſtruum ſelbſt geräth in ein Aufwallen, deſſen Spuren wir eben ſo ſehr an der Form und Richtung der Geſteinſchichten, als an ihrer Dichte erkennen. Wo ſich Erdmaſſen niederſchlagen, ſuchen Dämpfe zu entweichen; die noch weiche Maſſe bläht ſich auf; es bilden ſich theils Zellen und kleinere Oeffnungen, theils weite Durchbrüche, welche wir mit dem Namen Hölen bezeichnen. Viele Quadratmeilen in Deutſchland ſind mit Sandſtein- und Kalkſteinflötzen bedeckt, welche ſchlackenartig, wie Laven, durchlöchert ſind. Bey den genannten Gebirgsarten (bey der erſtern nämlich, nur da, wo ein kalkartiges Bindemittel vorhanden iſt) mag die durch Wärme entweichende Kohlenſäure mitwirkſam geweſen ſeyn; doch iſt dieſe Wirkung nur örtlich. Gerade die poröſe Formation, welche am meiſten für die entwickelte Hypotheſe zeugt, welche am allgemeinſten über den ganzen Erdkörper verbreitet iſt, die neueſte Trapp-Formation, iſt faſt völlig leer von kohlengeſäuerten Foßilien. Die blaſige, zellige, und dabey gar nicht verglaſete, ſondern erdige Grundmaſſe ſo vieler Baſalte und Mandelſteine ſcheint aus einem erhitzten aufſchäumenden Medium entſtanden zu ſeyn. Ich glaube, die Wirkung elaſtiſcher Dämpfe da zu ſehen, wo andere Geognoſten die Spuren eines ſchmelzenden und verglaſenden Feuers finden. Dieſe hypothetiſchen Betrachtungen über Entbindung des Wärmeſtoffs ſetzen nicht die Exiſtenz eines tropfbaren Mediums voraus; die Entbindung mußte ſtatt finden, wenn auch dieſes Medium urſprünglich in einem gasförmig elaſtiſchen Zuſtande war. Welche Annahme auch die richtigere ſey, ſo hat die Erhärtung der Gebirgsmaſſen einen wichtigen Einfluß auf die Formation des Dunſtkreiſes gehabt. Die organiſchen Stoffe, die in den Flötzgebirgen vergraben ſind, beweiſen das Daſeyn eines tropfbaren Fluidums, des Waſſers, in dem die Niederſchläge geſchahen, und die Analogie zwiſchen den Flötz- und uranfänglichen Geſteinsſchichten macht ein gleiches auch für die letzteren wahrſcheinlich. Während nun, daß das Medium ſeine Temperatur allmählig erhöhte, während daß die aufgelösten, ſich abſcheidenden Grundſtoffe ihre Ziehkräfte gegen einander, und gegen das Medium ausübten, wurde ein Theil des letzteren zerſetzt. Mit den aufſteigenden Dämpfen giengen luftförmige Stoffe über, und der Dunſtkreis gewann eine neue Miſchung, und neue Schichten. Dieſe allmählige Zunahme, die gewiß nicht gleichmäßig über den ganzen Erdkörper vorgieng, modificirte nun wiederum die Leichtigkeit der Verdampfungen. Wenn das Medium von höheren und dichteren Schichten gedrückt war, nahm daſſelbe nach phyſiſchen Geſetzen eine höhere Temperatur an. Die Veränderung des Auflöſungsmittels geſchah langſamer; die Niederſchläge bildeten ſich allmäliger, und ſo iſt in dieſen Verhältniſſen der Atmosphäre ein neuer Grund aufzufinden, warum die Formation der Geſteinſchichten nicht immer mit zunehmender Geſchwindigkeit vor ſich gieng, — warum reinere und unreinere Anſchüſ - ſe, kriſtalliniſche, und erdige Maſſen miteinander abwechſeln. Mit den aufſteigenden gasförmigen Stoffen gieng endlich auch eine groſſe Maſſe von Wärmeſtoff in den neuen Dunſtkreis über. Das tropfbare Medium, welches durch die erhärtenden (zuſammengeronnenen) Steinſchichten erwärmt war, theilte ſeine hohe Temperatur den angränzenden Luftſchichten mit. Hier treffen wir auf Verhältniſſe, in denen ich die urſprüngliche, oder Grundwärme unſers Erdkörpers ſuche, auf Verhältniſſe, welche unabhängig von der Lage eines Planeten gegen die Sonne ſind. Allgemein beobachtete Erſcheinungen lehren unwiderſprechlich, daß es Epochen der Vorwelt gab, in denen die Thier- und Pflanzenſchöpfung der heißen Zone auch über die kältere und gemäßigte verbreitet war. Baumartige Farrenkräuter von Südamerika , oſtindiſche Scitamineen, Löwen, Elephanten- und Rhinoceros- Gerippe finden ſich in einer Lagerſtätte, welche unwiderſprechlich beweist, daß alle dieſe organiſchen Produkte nicht angeſchwemmt, ſondern in ihrer damaligen Heimath vergraben ſind. Um dieſe groſſe Erſcheinung zu erklären, hat man bald ſüdlichen Thieren (den dunkel-gefärbten Macedoniſchen Löwen) eine gröſſere Biegſamkeit der Organiſation, eine Fähigkeit Kälte zu tragen angedichtet; bald ſie ſchaarenweiſe ſich in Länder verlaufen laſſen, in denen der erſte Eintritt ihnen ſchon den Tod bereitet hätte; bald brennende und erwärmende Irrſterne herbeygeführt; bald endlich die Erde aus ihren Angeln gehoben. Dieſes letztere Wagſtück hat man beſonders durch die aſtronomiſche Beobachtungen über die ſeit Pytheas Zeiten veränderte Schiefe der Ekliptik zu rechtfertigen geſucht. Weil von Eratoſthenes an bis Caſſini der Winkel um 7 Minuten abgenommen hat, hielt man es für denkbar, daß vor vielen tauſend Jahren die kältere Zone vom Sonnenſtrahle eben ſo, als die Palmengegend getroffen wurde. Aber die tiefſinnigſten Analytiker unſers Zeitalters, la Grange und la Place , haben berechnet, daß die Veränderungen jener Schiefe der Ekliptik (als Folge der zuſammengeſetzten Gravitation der Planeten) einen Cyclus hält, welcher die Gränzen von 1° 21′ nie überſteigt. Ja! Herr Bode hat ſcharfſinnig erwieſen, daß, wenn auch je der Aequator auf der Ekliptik ſenkrecht geſtanden hätte, dieſe Stellung der Erdaxe, weit davon entfernt die Vegetation zu befördern, ihr vielmehr ſehr nachtheilig geweſen ſeyn müßte. Erinnert man ſich dagegen der Entbindung des Wärmeſtoffs, womit die Erhärtung der Gebirgsmaſſen unzertrennlich verknüpft iſt, ſo werden jene hypothetiſchen Annahmen entbehrlich. Wo plötzlich eine groſſe Menge feſter Stoffe abgeſchieden ward, nahm die Temperatur der umgebenden Luftſchichten zu. Unter dem 70° Grade der Breite, wie unter dem 20ten konnte nun ein Palmenklima entſtehen. Von dieſer Zunahme der Wärme begünſtigt, äußerten alsbald die plaſtiſchen Kräfte der Natur ihre wohlthätige Energie. Südliche Bildungen von Thier- und Pflanzenſtoffen ſproſſen üppig hervor. Sie würden in ihrem Wachsthume fortgefahren haben, wenn nicht die Dauer dieſer Temperatur-Erhöhung nur auf einen kurzen Zeitraum eingeſchränkt geweſen wäre. Die Höhe der Luftſchichten, und ihrer Wärme erreichten allmählig das Gleichgewicht, nach welchem ſie lange vergeblich ſtrebten. Nur auf einem kleinen Raume begünſtigte der hohe Sonnenſtand fortwährend die ſchnellere Entwicklung der organiſchen Kräfte. Gegen den Süd- und Nordpol hin nahm, mit Erkältung des Dunſtkreiſes, die Fülle des Lebens ab.