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Alexander von Humboldt: „Beyträge zur Eudiometrie“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1798-Experiences_sur_le-3-neu> [abgerufen am 19.04.2024].

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Permalink:
https://humboldt.unibe.ch/text/1798-Experiences_sur_le-3-neu
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Titel Beyträge zur Eudiometrie
Jahr 1799
Ort Leipzig
Nachweis
in: Allgemeines Journal der Chemie 3:13 (Juli 1799), S. 80–106; 3:14 (August 1799), S. 146–173.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Fraktur (Umlaute mit superscript-e); Antiqua (mit lang-s) für Fremdsprachiges; Auszeichnung: Sperrung; Fußnoten mit Ziffern; Tabellensatz; Schmuck: Initialen; Formelsatz; Besonderes: mathematische Sonderzeichen, Paragraphenzählung.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: I.71
Dateiname: 1798-Experiences_sur_le-3-neu
Statistiken
Seitenanzahl: 55
Zeichenanzahl: 82980

Weitere Fassungen
Expériences sur le Gaz nitreux, et ses combinaisons avec l’Oxigène (Paris, 1798, Französisch)
Ueber das Salpetergas, und seine Verbindungen mit dem Sauerstoff (Leipzig, 1798, Deutsch)
Beyträge zur Eudiometrie (Leipzig, 1799, Deutsch)
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Beytraͤge zur Eudiometrie.


Vorlaͤufige Nachrichten von des Herrn von Humboldt uͤberaus wichtigen Entdeckungen, durch welche dieſer Zweig |81| der analytiſchen Chemie eine betraͤchtliche Erweiterung ge-wonnen, lieferten wir ſchon im erſten Bande S. 263 und573. Folgende ausfuͤhrliche glaubten wir zuruͤcklegen zuduͤrfen, weil es uns ſchon zeitig bekannt geworden war,daß jene im Intelligenzbl. No. II. dieſ. Journ. angezeigteSammlung der einzelnen Abhandlungen des Herrn vonH. erſcheinen wuͤrden. Unterdeſſen bin ich aber von meh-rern Leſern erſucht worden, ſie demungeachtet zu liefern.Ich ſehe mich alſo genoͤthigt dieſer Aufforderung ein Ge-nuͤge zu leiſten, da erſt jetzt jene Sammlung ſich unter derPreſſe befindet. S.

I. Ueber die Urſache und die Wirkungen der Aufloͤs-lichkeit des Salpetergaſes in der Aufloͤſung des ſchwe-felſauren Eiſens von Humboldt und Vau-quelin.


In der Chemie fuͤhrt die Erfahrung bisweilen auf Er-ſcheinungen, welche die Theorie vielleicht nie haͤtte ahn-den laſſen. Die Aufloͤslichkeit des Salpetergaſes (gaz ou oxide nitreux) in der Aufloͤſung des ſchwefelſauren Eiſens,welche Prieſtley 1) zuerſt fand, und welche nachmalsHerr von Humboldt ſo gluͤcklich auf die genauere Ana-lyſe der Atmoſphaͤre anwandte, liefert ein merkwuͤrdigesBeyſpiel hiervon.
1) S. deſſen Verſ. u. Beob. uͤb. verſch. Gatt. der Luft. Th. III. Vorrede, vorletzte Seite — Verſ. uͤb. verſch. Theile d. Naturl. Th. I. S. 44—51. u. dieſ. Journ. V. I. S. 264. S.
|82| Nicht allein die Thatſache ſelbſt konnte man nicht vor-ausſehen, denn es iſt mehr als wahrſcheinlich, daß manſie dem Zufall verdankt; ſondern, und aus ſtaͤrkern Gruͤnden,eben ſo wenig ihre chemiſchen Urſachen und Wirkungen; weildie Gelehrten, von denen ſie bemerkt wurde, uͤber die Art,auf welche ſie ſtatt habe, verſchiedene Meinungen hegten. Ehe wir aber von der innern Veraͤnderung ſprechen,welche das Salpetergas und das ſchwefelſaure Eiſen wech-ſelſeitig erleiden, ſo iſt es, um ihr Verſtaͤndniß zu erleich-tern, nothwendig die Erſcheinungen zu beſchreiben, welcheſich dabey ſinnlich wahrnehmen laſſen. 1. Das Salpetergas verliert ſeinen elaſtiſchen Zu-ſtand gaͤnzlich; es bleibt bloß eine ſehr geringe QuantitaͤtStickgas zuruͤck, die ihm nur mechaniſch beygemiſcht war.2. Die gruͤne Farbe der Aufloͤſung des ſchwefelſauren Ei-ſens wird dunkelbraun, ohne indeſſen weder ihre Durch-ſichtigkeit zu verlieren, noch etwas fallen zu laſſen. 3. Ihrſuͤßer und eiſenartiger Geſchmack wird ſtyptiſch und ſehradſtringirend. Dies ſind die hauptſaͤchlichſten Erſcheinungen, welchediejenigen beobachtet haben, die Prieſtley’s Verſuchwiederholten; es war aber ſehr natuͤrlich, zu fragen, aufwelche Art ſie bewirkt wuͤrden; ob ſie bloß das Reſultatder Aufloͤſung des Salpetergaſes in der Solution desſchwefelſauren Eiſens ſeyen, ohne daß es in der Naturund den Verhaͤltniſſen dieſer Stoffe eine Veraͤnderung ſtatthabe; oder ob dieſe naͤmlichen Stoffe, durch ihre wechſel-ſeitige Wirkung auf einander, zur Entſtehung neuer Zu-ſammenſetzungen Anlaß gegeben habe. Dies ſind die Fra-gen, welche wir, Hr. von Humboldt und ich, uns zu |83| beantworten vorgenommen haben. Um dazu zu gelangen,war es noͤthig, auf die Anzahl und die Natur der Sub-ſtanzen genaue Ruͤckſicht zu nehmen, welche in dieſem Ver-ſuche mit einander in Beruͤhrung kommen, und einige wahr-ſcheinliche Hypotheſen zu bilden, um uns den Weg vor-zeichnen zu koͤnnen, den wir bey unſern Unterſuchungenzu verfolgen haͤtten: Dieſe Subſtanzen ſind das Waſſerund ſeine Grundſtoffe, das ſchwefelſaure Eiſen und ſeineBeſtandtheile, das Salpetergas und ſeine Elemente, undendlich das mit dem Salpetergas vermiſchte Stickgas. Nur dadurch, daß man die verſchiedenen gegenwaͤrti-gen Stoffe in Gedanken von einander trennt, und ſie dar-auf zwey und zwey, drey und drey, u. ſ. w. mit einanderverbindet, iſt man im Stande, die Wirkungen, welchegeſchehen ſollen, vorherzubeſtimmen, oder die, welche mandurch Verſuche wahrgenommen hat, zu erklaͤren. Nachdem wir 252 Cubikzoll (4537 Cubic-Centimeter)Salpetergas in eine Aufloͤſung von einer und einer halben Un-ze ſchwefelſaurem Eiſen hatten gehen laſſen, und davon 180Cubikzoll, oder 3564 Cubik-Centimeter verſchluckt waren,ſtellten wir mit derſelben folgende Verſuche an. 1. Miteiner aͤtzenden Kalilauge vermiſcht, entſtand ein Nieder-ſchlag von dunkelgruͤnen Eiſenoxyd, und man bemerkteſehr deutliche Ammoniakdaͤmpfe. 2. Mit concentrirterSchwefelſaͤure gemiſcht, entbanden ſich weiſſe Daͤmpfe ausihr, die ſehr leicht als Salpeterſaͤure zu erkennen waren.3. Endlich roͤthete ſie die Lakmustinktur ſtark, ob mangleich das Salpetergas durch eine Kaliaufloͤſung hatte ge-hen laſſen, ehe man es zu dem ſchwefelſauren Eiſenbrachte. |84| Wir hatten uns alſo durch dieſe Verſuche ſchon uͤber-zeugt, daß das Salpetergas bey ſeiner Verdichtung in derAufloͤſung des ſchwefelſauren Eiſens, Ammoniak und Salpe-terſaͤure gebildet hatte, oder daß es wenigſtens eine der we-ſentlichſten Urſachen von der Erzeugung dieſer Subſtan-zen war. Wir brachten hierauf, durch dieſe erſtern Beobachtun-gen geleitet, unſere mit Salpetergas geſaͤttigte Aufloͤſungdes ſchwefelſauren Eiſens in eine tubulirte Retorte, und goſ-ſen eine Aufloͤſung von aͤtzenden Kali dazu, von welcher wireinen Ueberſchuß zuſetzten; wir fuͤgten an dieſe Retorteeine Vorlage mit etwas Waſſer, und deſtillirten die Fluͤſ-ſigkeit, bey einer gelinden Waͤrme, bis faſt zur Trockne. Wir erhielten eine Fluͤſſigkeit, welche einen ſehr be-merkbaren Geruch nach Ammoniak hatte, ſehr dicke weißeDaͤmpfe verbreitete, ſo bald man ihr eine mit nicht rau-chender ſalzigter Saͤure befeuchtete Roͤhre naͤherte; unddie endlich den Veilchenſyrup ſehr ſtark gruͤn faͤrbte. Um uns noch vollkommen davon zu uͤberzeugen, daßdieſe Fluͤſſigkeit wirklich Ammoniak enthalte, ſaͤttigten wirſie mit ſalzigter Saͤure, und dampften ſie bis zum Trock-nen ab. Wir erhielten 4 Gran oder 0.212 vollkommenreines ſalzigtſaures Ammoniak. Dieſer Verſuch ließ uns uͤber die Gegenwart des Am-moniaks in der Aufloͤſung des ſchwefelſauren Eiſens, unduͤber die Bildung deſſelben in dem naͤmlichen Verſuche, keineUngewißheit mehr uͤbrig; wir hatten aber noch die Sal-peterſaͤure aufzuſuchen und abzuſondern; wir wuſchenalſo den Ruͤckſtand von der Deſtillation des ſchwefelſaurenEiſens mit Kali, mit Waſſer aus, und unterwarfen die |85| ausgelaugte Fluͤſſigkeit, nachdem wir ihr Schwefelſaͤureim Ueberſchuß zugeſetzt hatten, einer neuen Deſtillation, beywelcher wir eine ſaure Fluͤſſigkeit erhielten, die nach derSaͤttigung mit Kali, und der gehoͤrigen Abdampfung, 17Gran oder 89 Centigrammen eines Salzes lieferte, welchesalle Eigenſchaften des ſalpeterſauren Kali’s hatte. Ehe wir unſere Arbeit beendigten und uns in die Er-klaͤrung der beobachteten Erſcheinungen einließen, bliebuns noch uͤbrig, die 72 Cubikzoll oder 1426 Cubik-Centi-meter Gas zu unterſuchen, welche der Wirkung des ſchwe-felſauren Eiſens, wegen der Schnelligkeit, mit der ſiedurch die Aufloͤſung deſſelben gingen, entgangen waren. Nachdem wir, ehe wir dieſes Gas dem weiter obenbeſchriebenen Verſuch unterwarfen, ausgemacht hatten,daß es in 100 Theilen 12 Theile Stickſtoffgas im Zuſtan-de der Miſchung enthielte, fanden wir, indem wir denRuͤckſtand auf die naͤmliche Art unterſuchten, daß er nun0,14 Stickſtoffgas enthielt; woraus folgt, daß das ſchwe-felſaure Eiſen in dieſem Verſuche nicht blos Salpetergas,ſondern auch eine gewiſſe Quantitaͤt Stickſtoffgas ver-ſchluckt hatte; denn, haͤtte ſich kein Stickſtoffgas in demſchwefelſauren Eiſen aufgeloͤßt, ſo haͤtten wir 30 Cubik-zoll oder 594 Cubik-Centimeter dieſes Gaſes wiederfindenmuͤſſen, waͤhrend wir nicht mehr wie 6,64 Cubikzoll oder170 Cubik-Centimeter deſſelben wirklich vorfanden. Eswaren alſo ungefaͤhr 11 Cubikzoll oder 217 Cubik-Cen-timeter Stickſtoffgas von 100 Theilen der Miſchung abſor-birt worden 1). Dieſer Umſtand wuͤrde eine kleine Unge-
1) Man muß geſtehen, daß die in dieſem Verſuche erhaltene Mengeſalzigtſaures Ammoniak der Quantitaͤt des abſorbirten Gaſes nicht
|86| wißheit in das eudiometriſche Verfahren des Herrn von Humboldt mit dem Salpetergas, bringen, wenn ihrnicht durch vergleichende Verſuche mit dem ſalzſauren Gasabgeholfen waͤre.
Nachdem wir durch Verſuche gefunden hatten, daßſich Ammoniak und Salpeterſaͤure bey der Abſorbtion desSalpetergaſes durch ſchwefelſaures Eiſen bilde, ſo wa-ren wir bemuͤht, uns uͤber die Art zu belehren, auf wel-che die Verwandſchaftskraͤfte gewirkt haͤtten, um die Bil-dung dieſer Materien zu beſtimmen. Da die Erfahrunggezeigt hat, daß das Ammoniak aus Waſſerſtoff und Stick-ſtoff und die Salpeterſaͤure aus Stickſtoff und Sauerſtoffzuſammengeſetzt ſey, ſo ſehen wir nun, wo dieſe 3 Stoffeherkommen konnten. In dem Salpetergas findet man denSauerſtoff und den Stickſtoff, der Waſſerſtoff aber iſt we-der in dem Salpetergas, noch in dem ſchwefelſauren Eiſenenthalten; das Waſſer iſt alſo die einzige Subſtanz, welchees liefern koͤnnte; ſehr natuͤrlich iſt alſo der Schluß, daßdieſe Subſtanz zerſetzt wurde; in dem Maaß alſo, in wel-chem das Salpetergas in die Aufloͤſung des ſchwefelſaurenEiſens tritt, ſind 4 Kraͤfte wirkſam, welche alle zugleichzu der Bildung der Salpeterſaͤure und des Ammoniaksbeytragen. Dieſe Kraͤfte ſind: 1. die Verwandſchaft desSauerſtoffs des Waſſers zu dem Salpetergas, worausSalpeterſaͤure entſteht; 2. die des freyen Stickſtoffs unddes Salpetergaſes zu dem Waſſerſtoff des Waſſers, welches
genau entſpricht. Denn eigentlich haͤtten 21 Cubikzoll oder 415 Cu-bik-Centimeter Stickſtoffgas, mit der zur Bildung des Ammoniaksnoͤthigen Menge Waſſerſtoff verbunden, ungefaͤhr 11 Decigram-men ſalzigtſaures Ammoniak bilden muͤſſen; es iſt aber moͤglich,daß uns ein Theil deſſelben verlohren gegangen iſt.
|87| Ammoniak giebt; 3. die der Schwefelſaͤure zu dem Am-moniak, wodurch ſchwefelſaures Ammoniak entſteht; 4.endlich die der Salpeterſaͤure zu dem Eiſenoxyd, welcheſalpeterſaures Eiſen bildet.
Es mußte ſich alſo in dem Apparat, in welchem derVerſuch geſchah, finden: ſalpeterſaures Eiſen, ſchwefel-ſaures Ammoniak, unzerſetztes ſchwefelſaures Eiſen undWaſſer; und dies beſtaͤtigte die Erfahrung wirklich. Die Summe der Verwandtſchaften, welche den Waſ-ſerſtoff mit dem Stickſtoff, das Ammoniak mit der Schwe-felſaͤure, den Sauerſtoff mit dem Salpetergas, und dieSalpeterſaͤure mit dem Eiſen verbinden, iſt alſo groͤßer,als die Summe der Verwandſchaften, welche den Sauer-ſtoff mit dem Waſſerſtoff, den Stickſtoff mit demSauerſtoff, und die Schwefelſaͤure mit dem Eiſenoxydvereinigen. Dies iſt die Erklaͤrung eines Phaͤnomens, welchesauf den erſten Anblick ſehr einfach zu ſeyn ſcheint, dem-ungeachtet aber ſehr complicirt iſt. Uebrigens glaubenwir, daß viele andere Subſtanzen, vorzuͤglich Metallauf-loͤſungen ebenfalls das Salpetergas, und aus den naͤm-lichen Urſachen, abſorbiren muͤſſen.

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II. Ueber das Salpetergas und ſeine Verbindungenmit dem Sauerſtoffe 1), vom Herrn Oberbergrathvon Humboldt 2).


§. 1. Die Verſuche, welche ich in dieſer Abhandlung dar-lege, wurden angeſtellt, um die Natur des Salpetergaſesund die luftfoͤrmigen Fluͤſſigkeiten kennen zu lernen, mitdenen man es immer vermiſcht findet. Die wichtige Ent-deckung der Grundſtoffe der Salpeterſaͤure verdankt mander neuern Chemie; ſie hat uns bewieſen, daß dieſeSaͤure und das Salpetergas nur in Anſehung des Ver-haͤltniſſes der Quantitaͤten des Stickſtoffs und Sauerſtoffs,die ſie enthalten, verſchieden ſind. So einleuchtend aberauch dieſe Unterſuchung ſeyn mag, ſo widerſprechen ſichdoch die beruͤhmteſten Chemiker noch jetzt bey Beſtimmungder zur Saͤttigung einer beſtimmten Menge Sauerſtoffserforderlichen Quantitaͤt des Salpetergaſes. Eine Be-ſtimmung, die indeſſen zur genauen Zerlegung der Atmo-ſphaͤre unentbehrlich iſt. Man theile eine Summe z inzwey Theile, nach dem gegebnen Verhaͤltniſſe m : n; hier-auf beruht die ganze Aufloͤſung des eudiometriſchen Pro-blems. Es ſey m das zur Saͤttigung einer beſtimmtenMenge Sauerſtoffs, n das erforderliche Volum Salpetergas; z ſey die Quantitaͤt der in der Fontanaiſchen Roͤhre ab-ſorbirten atmoſphaͤriſchen Luft und des Salpetergaſes,und dieſe Summe z wird zuſammengeſetzt ſeyn aus x = demSalpetergas, und aus y = dem durch x abſorbirten Oxy-
1) Vgl. dieſ. Journ. B. I. S. 263 — 268. S. 2) Herr v. H. haͤlt ſich jetzt in Spanien auf. S.
|89| gen; folglich z = x + y; m : n = x : y; m + n:n = x + y : y. y = \( \frac{\textup{zn}}{\textup{m + n}} \); ſetzt man n = 1, ſo wird y = \( \frac{\textup{z}}{\textup{1 + m}} \), und m = \( \frac{\textup{z}}{\textup{y}} \) — 1.
§. 2. Da wir demnach ein gewiſſes Mittel kennen,die Quantitaͤt des Sauerſtoffs y, die eine gegebene Mengeatmoſphaͤriſcher Luft enthaͤlt, direkt zu beſtimmen, ſo wirdder Werth von m leicht zu finden ſeyn. Man wird 100Theile der gegebenen atmoſphaͤriſchen Luft mit 100 Thei-len Salpetergas vermiſchen, und der Quotient des abſor-birten Volums durch y getheilt wird m + 1 geben. Fuͤrjetzt iſt es genug uͤberhaupt den Weg zu zeigen, den man,um den Werth von m zu finden, einſchlagen muß. Ehewir uns in die umſtaͤndliche Darſtellung der Verſuche ſelbſteinlaſſen, wollen wir einen Blick auf die Verhaͤltniſſe wer-fen, welche Lavoiſier, Prieſtley, Ingenhouß, Scherer (in Wien) und andere Chemiker angegeben ha-ben, um das Fundamentalverhaͤltniß m : n zu beſtimmen.Dieſe Zahlen variiren von 1, 7 bis zu 4, 5; eine Unge-wißheit, die man zu einer Zeit, wo die pneumatiſche Che-mie ſich ſo ſichrer Grundlagen erfreut, nicht erwartenſollte. §. 3. Lavoiſier behauptet mehreren Verſuchen zu-folge, die er mit ſehr reinem Sauerſtoffgas, und dem ver-mittelſt Zucker und Queckſilber aus der Salpeterſaͤure ent-bundenen Salpetergas angeſtellt hat, m zwiſchen 1,725und 1,830 gefunden zu haben. Daſſelbe Verhaͤltniß iſtin den meiſten unſerer beſten chemiſchen Handbuͤcher, indem von Chaptal, Girtanner, Jacquin, Gren |90| und Scheele angegeben. Prieſtley bemerkt, daß 100Theile Sauerſtoffgas bis zu 0,03 durch 200 Theile Salpe-tergas abſorbirt worden ſind; dies giebt m = 1,970. Ver-ſuche mit dem Sauerſtoffgaſe ſelbſt ſcheinen in der Thatnicht einmal auf die Beſtimmung zu leiten, wie viel TheileSalpetergas mit einem Theile atmoſphaͤriſchen Sauerſtoffeſich verbinden. Ohne Zweifel weicht dieſer letztere vondem reinſten aus dem ſalzſauren Kali erhaltenen gar nichtab; dieſe Identitaͤt der Eigenſchaften kann indeß doch dieBeſorgniß nicht entfernen, daß dieſelbe Subſtanz verſchie-denen Verwandſchaftsgeſetzen folgen moͤge, wenn ſie alleinoder mit Stickſtoff verbunden, wirkt. Es koͤnnte gar wohlſeyn, daß da indem die beyden conſtituirenden Baſen unſererAtmoſphaͤre bereits dem Zuſtande einer chemiſchen Ver-bindung ſich naͤhern, der atmoſphaͤriſche Sauerſtoff durchdie Bande des Stickſtoffs zuruͤck gehalten, ſich in gerin-gerer Quantitaͤt mit einem Theile Salpetergas, als dasreine im Sauerſtoffgas enthaltene Oxygen verbindet.Es koͤnnte ſeyn, daß eine kuͤnſtliche Miſchung von Sauer-und Stickſtoff uns einen andern Werth von m als die at-moſphaͤriſche Luft zeigte, und daß ſich bald mehr bald we-niger oxygenirte Saͤuren bildeten. Die Thatſachen, diewir weiter unten anfuͤhren werden, beweiſen, wie ſehrdieſe Furcht gegruͤndet war. Wir werden ſehen, daß man,um Reſultate zu erhalten, die dem eudiometriſchen Calculzur Baſis dienen koͤnnen, das Verhaͤltniß m : n durch Ver-ſuche beſtimmen muͤſſe, die mit jenen unter gleichen Be-dingungen angeſtellt worden ſind, welche uns die Zerle-gung der Atmoſphaͤre in der Fontanaiſchen Roͤhre darbie-tet. Vorher wollen wir uns aber noch bey der Pruͤfung |91| des Fundamentalverſuchs von Lavoiſier noch verweilen.Denn die kleinſten Fehler berichtigen, welche in den Wer-ken hie und da zerſtreut ſind, die er der Nachwelt hinter-ließ, heißt das Andenken dieſes großen Mannes ehren. §. 4. Lavoiſier fand bey der Miſchung von 300Theilen Salpetergas mit 100 Theilen Sauerſtoffgas einenRuͤckſtand von 128 Theilen; dies gab fuͤr m 1,72. Manmuß annehmen, daß dieſer beruͤhmte Chemiker mit Sauer-ſtoffgas gearbeitet habe, welches von dem Phoſphor ganzabſorbirt werden konnte. Eine Azotation von 0,10 (dieman haͤufiger findet als man glaubt) wuͤrde den Werthvon m in 1,91 verwandeln. Mit der Unreinigkeit desSalpetergaſes iſt es nicht ſo beſchaffen. Da Lavoiſier die Mittel nicht kannte, ſie zu pruͤfen, ſo exiſtirt wahr-ſcheinlich kein Salpetergas, das nicht wenigſtens 0,10 bis0,14 Stickſtoff enthalten ſollte, wie wir bald beweiſen wer-den. Allein dieſe Miſchung aͤndert Lavoiſier’s Calcuͤlnicht. Es habe ſein Salpetergas auch 0,10 Stickſtoff ent-halten, ſo wird der Ruͤckſtand des Salpetergaſes 128 —30 = 98 ſeyn, und m = \( \frac{270 — 98}{100} \), alſo noch 1,72.Herr Mayer in Erlangen, fand Ruͤckſtaͤnde von 123,118und 122 Theilen Salpetergas. Aber alle ſeine Verſuchewurden in der eudiometriſchen Roͤhre angeſtellt, die nieuͤber 3 Centimeter im Durchmeſſer betraͤgt. Da ich in der-ſelben Roͤhre 300 Theile Salpetergas, und 100 TheileSauerſtoffgas vereinigte, ſo erhielt ich auch 130, 132, 134in 130 nicht abſorbirte Theile. Allein bey Wiederhohlungdieſes Verſuchs in einem Cylinder von 11 Centimetern imDurchmeſſer waren die Ruͤckſtaͤnde nur 51, 53, 49, 58, |92| 61, 59, 52, 53, 62, 49, 51 Theile in eilf Verſuchen. DieAbſorbtion in dem weiten Gefaͤße war demnach von 68bis zu 85 Theilen ſtaͤrker, als in der eudiometriſchenRoͤhre. Das von mir angewandte Salpetergas enthielt0,13, das Sauerſtoffgas 0,06 Stickſtoff, folglich war m = 2,64. (Dieſe 300 — 39 — 13 = 228 getheilt durch100—6, die 39 ſind 3 × 13 Stickſtoff, und die 13 kom-men von einem Ruͤckſtande von 58 Theilen — 39 in 6Stickſtoff). Hier ſind demnach zwey Werthe von m; einer von 1, 72, und der andere von 2, 64. Der erſtereiſt das Reſultat eines Verſuchs, worinn das Sauerſtoff-gas nicht genug Beruͤhrung mit dem Salpetergas hatte. §. 5. Allein wenn man auch die direkten Verſuche,die ich oben aufgeſtellt habe, und die uͤbrigen Umſtaͤnde, dieſchon lange uns haͤtten uͤberzeugen ſollen, daß das Ver-haͤltniß von m : n weder auf 66 : 40 noch auf 69 : 40 ge-ſetzt werden kann, wegrechnet; wenn man auf die eudio-metriſchen Zahlen Ruͤckſicht nimmt, die von den beruͤhm-teſten Naturforſchern angegeben werden; wenn man dievollkommene Uebereinſtimmung, die unter dieſen Zahlenherrſcht, erwaͤgt: ſo erſtaunt man, daß bey Verwand-lung der Grade des Fontanaiſchen Eudiometers in hun-derttheile nach Lavoiſier’s Fundamentalcalcuͤl, dieAtmoſphaͤre zu einem Grade der Reinheit ſich erhebt, dieſie in unſern Himmelsſtrichen nie erreicht. Jacquin und Scherer fanden die mittlere Reinheit der atmoſphaͤri-ſchen Luft zu Wien 107°, das heißt bey 100 Theilen atmo-ſphaͤriſcher Luft fand eine Abſorbtion von 93 Theilen in dereudiometriſchen Roͤhre ſtatt. Nach der im erſten § gegebe-nen Formel, und wenn man m ſetzt = 1, 7, geben dieſe |93| 107° an \( \frac{34}{100} \) Oxygen. Waͤre denſelben Angaben nach diegroͤßte Unreinigkeit der Atmoſphaͤre zu 116°, und die rein-ſte Seeluft zu 90° beobachtet worden, ſo wuͤrde des Ma-ximum des Sauerſtoffs zu 0,40, das Minimum zu 0,31beſtimmt werden; Zahlen die gewiß kein Zutrauen in dieRichtigkeit des Calcuͤls ſetzen laſſen. §. 6. Auf der einen Seite ſetzt der beruͤhmte Lavoi-ſier den Werth von m auf 1, 7 oder 1, 8 herab; aufder andern Ingenhouß und Scherer (in Wien) ſiezu 3, 5 und bis zu 5 hinauf. Ingenhouß ſagt ganzpoſitiv, daß 6, 7 und zuweilen ſogar mehr Maaße Salpe-tergas noͤthig ſind, um 2 Maas Sauerſtoffgas zu ſaͤtti-gen 3). In andern Stellen wiederhohlt er, daß 100 TheileSauerſtoffgas 450 Theile Salpetergas aufnahmen, ehedas Volum der Luftſaͤule anfieng groß zu werden. Scherer in ſeiner Luftguͤtepruͤfungslehre ſetzt m = 4oder 5. Allein in allen Verſuchen, woraus dieſe Reſultategezogen ſind, war die Unreinigkeit des Sauerſtoffgaſes un-bekannt, und da das Salpetergas nicht nach und nach (durcheinen Hahn in einzelnen Blaſen), ſondern zu ganzenMaaßen in die Roͤhre ſtieg, ſo muß man ſorgfaͤltig be-merken, daß in dem Augenblicke, wo man das 4te Maasaufſteigen ließ, alles Sauerſtoffgas vielleicht ſchon bis zu \( \frac{1}{100} \) abſorbirt worden war, und daß von dieſem letzternund 4ten Maaße in dieſem Falle nur 0,02, oder 0,03 wir-ken. Indeſſen wuͤrde immer noch der Werth von m uͤber3 ſeyn, ein Verhaͤltniß, welches von Lavoiſier’s Be-rechnungen gar ſehr abweicht, und wodurch das Maxi-
3) S. deſſen Experiences ſur les végétaux. Paris, 1787. S. 205.296. v. H.
|94| mum und Minimum der atmoſphaͤriſchen Reinheit auf 0,27und 0,21 Sauerſtoff geſetzt werden muͤſſe. Die mittlereReinheit der Luft zu Wien wuͤrde nach dieſen Angaben0,23 Sauerſtoff gleich ſeyn; eine Unreinigkeit der Luft diemit vielen andern Verſuchen, die ich dort vermittelſt desPhoſphors und des Schwefelkali (Schwefelleber) ange-ſtellt habe, im offenbarem Widerſpruche ſteht. Setzt manhingegen die mittlere Reinheit der Luft zu Wien oder Pa-ris auf 0,27 Sauerſtoff, ſo giebt die Formel m = \( \frac{\textup{z}}{\textup{y}} \) — r, da z = 93° iſt, den Werth von m zu z eine Zahl, dieſich beynahe um \( \frac{1}{10} \) naͤhert, die ich in der Folge als dasReſultat meiner eigenen Unterſuchungen angeben werde.
§. 7. Da ich geſehn hatte, wie ſehr die eudiometri-ſchen Berechnungen der beruͤhmteſten Chemiker von derWahrheit abweichen, ſo glaubte ich eine Arbeit wiederhoh-len zu muͤſſen, die noch nicht mit aller Genauigkeit, derenſie faͤhig iſt, unternommen worden iſt. Meine Verſuchehatten zum Zwecke: 1) die Natur des Salpetergaſes unddie Grade ſeiner vermittelſt des ſchwefelſauern Eiſens unddes ſalzſauren Gaſes gefundenen Azotirung kennen zu ler-nen; 2) die Bildung der Salpeterſaͤure durch Miſchungdes Salpetergaſes und der atmoſphaͤriſchen Luft uͤberQueckſilber zu erforſchen; 3) die Zerſetzung des Waſſers,und die Zuſammenſetzung des Ammoniaks durch Schuͤttelndes Salpetergaſes mit deſtillirtem Waſſer zu erfahren;4) den Werth von m durch Miſchung des Salpetergaſesmit Sauerſtoffgas nach den Verhaͤltniſſen von 1 : 1, oder3 : 1, und in mehr oder weniger weiten Gefaͤßen, zu be-ſtimmen. 5) Die Verſchiedenheiten zwiſchen einer kuͤnſt- |95| lichen Miſchung von Sauerſtoff und Stickſtoff und dernatuͤrlichen atmoſphaͤriſchen Luft anzugeben; 6) den Werthvon m durch Zerſetzung der atmoſphaͤriſchen Luft durchSalpetergas und durch Zerlegung des Ruͤckſtandes zu be-ſtimmen. Der groͤßte Theil dieſer Verſuche wurde imVentoſe und Germinal, (Febr. und Maͤrz 1798.) waͤhrendmeines Aufenthalts zu Salzburg in Teutſchland ange-ſtellt. Ich habe ſie der erſten Klaſſe des National-Inſti-tuts in zwey Aufſaͤtzen, die in den Sitzungen am 6tenund 11ten Prairial vorgeleſen wurden, mitgetheilt. An-dere, und die entſcheidendſten wurden zu Paris im Labo-ratorium des Bergbauamts waͤhrend zweyer Monate inVerbindung mit dem Buͤrger Taſſaert angeſtellt undwiederhohlt. Die Einſichten und die große Genauigkeitdieſes geſchickten Chemikers waren mir bey ſo genauen Un-terſuchungen ungemein nuͤtzlich. §. 8. Alle Naturforſcher, die mit dem FontanaiſchenEudiometer arbeiten, haben ſchon lange bemerkt, daß beydem Gebrauche einer bald mehr bald weniger mit Waſſerverduͤnnten Salpeterſaͤure, die Reſultate ihrer Verſuchevon 10 bis zu 15 Graden der hundertgradigen Scale va-riiren. Dieſelbe atmoſphaͤriſche Luft mit zwey Salpeter-gasarten verbunden, wird auf ſehr verſchiedene Volumereducirt. Von 200 Theilen bleiben bald 109, bald 124uͤbrig, und mit Unrecht wuͤrde man nach dem Volum desRuͤckſtandes die gepruͤfte Luft fuͤr mehr oder weniger azo-tirt halten. Bedient man ſich hingegen immer deſſelbenreinen Kupferdraths und derſelben, mit 4 bis 5 Theilendeſtillirten Waſſer, verduͤnnten Saͤure, ſo wird man einſo einfoͤrmiges, in ſeinen Eigenſchaften ſo gleichbleiben- |96| des Salpetergas erhalten, als wenn man dieſelbe atmo-ſphaͤriſche Luft mit 12 Theilen Salpetergas aus denſelbenSubſtanzen in 12 verſchiedenen Gefaͤßen zerlegt haͤtte; dieReſultate dieſer Zerlegungen werden nicht uͤber einen bisanderthalb Grad der eudiometriſchen Scale differiren.Dieſe wichtige, ſchon von Ingenhouß, Scherer, Vanbreda, Prieſtley und Jacquin bemerkteThatſache ſtimmt mit den Erſcheinungen, die ich bey einerArbeit von mehreren Jahren beobachtet habe, voͤllig uͤber-ein. Aber was fuͤr Urſachen machen bisweilen das Sal-petergas in ſeiner abſorbirenden Eigenſchaft ſo ungleich?Iſt es mit heterogenen Subſtanzen gemiſcht, die auf dasSauerſtoffgas nicht wirken, und bloß zur Ausdehnungder Ruͤckſtaͤnde dienen? dieſe Frage muß die Natur desSalpetergaſes kennen lehren, ehe man zu Unterſuchungſeiner Verbindungen mit dem Sauerſtoffe uͤbergeht. §. 10. Die gasartigen Subſtanzen, welche demSalpetergas beygemiſcht ſeyn koͤnnen, ſind folgende drey:naͤmlich der Sauerſtoff, Waſſerſtoff und Stickſtoff. DerSauerſtoff kann aus den Zwiſchenraͤumen der angewand-ten Subſtanzen herruͤhren; der Stickſtoff ebenfalls aberhauptſaͤchlich durch eine Zerſetzung der Salpeterſaͤure ſowie der Waſſerſtoff durch eine Zerſetzung des Waſſers ent-wickelt werden; letztre iſt indeſſen in Zuſtaͤnden, wo dasMetall ſich des Sauerſtoffs der Saͤure bemaͤchtigen kann,nicht ſehr wahrſcheinlich. Wir wollen den Sauer-ſtoff zuerſt betrachten. Entbindet ſich das Salpetergasvermittelſt einer ſehr ſtarken Saͤure; gebraucht man einegroße Quantitaͤt der letztern auf Einmahl, ſo erhaͤlt man,ſelbſt wenn man eine ſehr kleine Retorte genommen, und die |97| darin enthaltene atmoſphaͤriſche Luft ſorgfaͤltig darausentfernt hat, ein Salpetergas, worin der Phoſphor einenſchwachen Schimmer verbreitet. Der atmoſphaͤriſcheSauerſtoff, beſonders aus den Zwiſchenraͤumen der Saͤure,ſcheint nicht Zeit zu haben mit dem Salpetergas ſich zuverbinden; er wird fortgeriſſen, und einige Atomen davonbleiben dieſem luftfoͤrmigen Fludium mechaniſch beyge-mengt. Der Stickſtoff, deſſen Daſeyn in derſelben baldbewieſen werden ſoll, ſcheint zur Verbergung dieſes Oxy-gen, und gleichſam zum Schutze gegen die Beruͤhrung deroxydirbaren Baſen zu dienen. Ich habe bisweilen denPhoſphor in dem Salpetergas 4 bis 5 Minuten langleuchten ſehn; der Schimmer verſchwindet alsdann ohnedaß man das Volum des Gaſes merklich veraͤndert findet.Dieſe letztere Erſcheinung darf uns nicht befremden.Wir wiſſen aus andern Verſuchen, daß es eines Mini-mums von Saͤure bedarf, um Pflanzenfarben zu roͤthen;daß ein Minimum von Sauerſtoff hinreicht, um den Phos-phor wie ein leuchtendes Holz ſchimmern zu machen. DieVerbrennung dieſes Atoms von Sauerſtoff kann um deſtoweniger durch eine Volumaͤnderung ſich offenbaren, da ſienicht von einer Abſorbtion nothwendig begleitet iſt, ſondernda ſich eine neue gasartige Verbindung von Phoſphor, Oxy-gen und Stickſtoff bildet. Das langſam durch eine ſchwacheSaͤure entbundene und in geringer Quantitaͤt angewandteSalpetergas loͤſcht den Phoſphor bey ſeiner erſten Beruͤh-rung aus. Es ſcheint kein Atom von freyem Sauerſtoffbeygemiſcht zu ſeyn; denn dieſe Subſtanz findet nur we-nig Stickſtoff (kaum 0,12) um es zu verbergen, und ver-zehrt ſich indem ſie etwas Salpeterſaͤure bildet. Alle dieſe |98| Erſcheinungen zeigen uns, daß der Sauerſtoff womit dasSalpetergas bisweilen vermiſcht iſt, auf unſere beſondreAufmerkſamkeit eben nicht rechnen darf. Es giebt unsaber einen neuen Beweis von der ſtarken Anziehung, diezwiſchen dem Sauerſtoffe und dem Stickſtoffe ſtatt findet,ſo wie es uns auch zugleich daruͤber einen Aufſchluß ge-waͤhrt, wie gasartige Subſtanzen ſich vermiſchen koͤnnen,ohne ſich zu verbinden. §. 10. Die Gegenwart des Stickſtoffs iſt in dem Sal-petergas ſchwerer als die des Oxygen zu erkennen. Ichbediente mich in dieſer Hinſicht zweyer Mittel, die beydeihre Vortheile haben; der Aufloͤſung des ſchwefelſaurenEiſens, und der Salzſaͤure. Dieſe beyden Subſtanzen,wovon erſtere bisher bey der Zerlegung des Gaſes zu weniggebraucht worden iſt, abſorbiren auf gleiche Weiſe dasSalpetergas, und ſcheiden den Stickſtoff davon ab. Prieſtley bemerkte zuerſt die Zerſetzung des Salpetergaſesdurch eine Aufloͤſung des gruͤnen Vitriols. Er erwaͤhntſie in der Vorrede zum 4) 4ten Bande ſeiner Verſucheuͤber die Luft (1780. S. 45.). Er ſetzt hinzu, daß dieAufloͤſung des ſchwefelſauren Eiſens davon dunkel, unddaß ſie wieder gruͤn wird, wenn ſie der freyen Luft aus-geſetzt bleibt, und daß dieſer Verſuch zu andern weit nuͤtz-lichern fuͤhren koͤnne. Da ich ſeit dem vorigen Winter ſehroft durch Zerſetzung der atmoſphaͤriſchen Luft vermittelſt desSalpetergaſes, und durch Auslaugen des Ruͤckſtandesmit der Aufloͤſung des ſchwefelſauren Eiſens, Stickſtoff-gas erhielt, und ſelbſt einen Theil meiner eudiometriſchen
4) Vgl. oben die Anm. 2. S.
|99| Berechnungen auf die Wirkung dieſes ſchwefelſauren Sal-zes gruͤndete, ſo kann ich die Unterſuchung der Verwand-ſchaftsgeſetze, nach welchen dieſe Abſorbtion des Salpeter-gaſes bewirkt wird, nicht uͤbergehn. Ich glaubte anfangsmit andern Chemikern, das ſchwefelſaure Eiſen wirke inſo fern, als es ſich desoxydire. Ich ſchrieb die ſchwarzeFarbe der Aufloͤſung des gebildeten ſchwarzen Eiſen-oxyds zu, welches einen durch die oxydirbare Baſis desSalpetergaſes angezogenen Theil ſeines Sauerſtoffes ver-lohren haͤtte. Andere Betrachtungen indeſſen ſetzten ſichdieſer Hypotheſe entgegen, und machten es wahrſcheinlich,daß dieſe ſonderbare Erſcheinung, die man bis jetzt zuſehr außer Acht gelaſſen hat, auf eine, durch ein Spieldoppelter Verwandſchaften verurſachte Zerſetzung des Waſ-ſers ſich gruͤnde. Verſuche mit großen Luftmengenkonnten allein dieſe Zweifel entfernen 5). SalpeterſauresEiſen und ſchwefelſaures Ammoniak bilden ſich hierbey,wie eine Unterſuchung mir wieß, indem das Waſſer, we-gen der doppelten Verwandſchaft des Waſſerſtoffs zumStickſtoffe, und des Sauerſtoffs zum Salpetergaſe zerlegtwird.
§. 11. Um die Quantitaͤt der gasartigen heterogenendem Salpetergas beygemiſchten Subſtanzen zu beſtimmen,muß man ſich einer warmen und ſtark geſaͤttigten Aufloͤ-ſung des ſchwefelſauren Eiſens bedienen. Wenn man einVolum von 100 Theilen mit dieſer Aufloͤſung 4 bis 5 Mi-nuten lang ſchuͤttelt, ſo wird man es bald bis zu 0,09,
5) Die Reſultate der hieruͤber angeſtellten Unterſuchung befinden ſichim vorhergehenden Aufſatze. S.
|100| bald bis zu 0,45 vermindert finden. Nun fragt ſich, obz. B. dieſe letztern 0,09 Ruͤckſtand, nicht mehr Salpetergasenthalten? Um dieſe Frage zu beantworten, darf man ſienur mit 100 Theilen Sauerſtoffgas vermiſchen. Es ent-ſteht nicht die geringſte Verminderung, ſondern das Volumvon 109 Theilen erhaͤlt ſich unveraͤndert; jene 0,09 zeigenalle Eigenſchaften des Stickſtoffgaſes. Wird das Salpe-tergas, ſtatt es mit dem ſchwefelſauren Salze zu ſchuͤtteln,bloß damit in Beruͤhrung gebracht, ſo geſchieht die Ab-ſorbtion ſehr langſam; man braucht oft 8 bis 9 Stunden,um das Ende davon abzuwarten. Man wird alsdann,wenn man ſorgfaͤltig verfaͤhrt, bemerken, daß daſſelbeSalpetergas, welches geſchuͤttelt, einen Ruͤckſtand von0,090 zuruͤck ließ, nach der letztern Methode nur 0,065,oder 0,070 zuruͤck laͤßt. Meine Abſorbtionsroͤhre, die ichin dem Aufſatze uͤber die dreyfachen Verbindungen 6) er-waͤhnt habe, iſt ſehr geſchickt, dieſen Unterſchied genau zu-beſtimmen. Er ruͤhrt von der in den Zwiſchenraͤumen derAufloͤſung des ſchwefelſauren Eiſens enthaltenen Luft her;die zwar nicht entweicht, wenn man die Roͤhre in Ruhelaͤßt, ſondern waͤhrend dem Schuͤtteln in der erſten Ope-ration mit dem Ruͤckſtande vermiſcht. Zwey Beobachtun-gen beſtaͤtigen dies. Hundert Theile atmoſphaͤriſche Luft,mit dem ſchwefelſauren Salze geſchuͤttelt, nehmen auchum 0,020 bis zu 0,025 am Volum zu. Das Salpetergas,worinn der Phoſphor kein Licht verbreitet, laͤßt oft nachdem Auslaugen Stickſtoff zuruͤck, welcher das Phoſphore-ſciren ſchwach unterhaͤlt. Nun beweiſen aber andere Ver-
6) Vgl. dieſ. Journ. B. I. S. 547 — 589.
|101| ſuche, deren Aufzaͤhluͤng hier zu weitlaͤuftig ſeyn wuͤrde,daß die atmoſphaͤriſche Luft, die in den Zwiſchenraͤumendes ſchwefelſauren Salzes enthalten iſt, noch mehr Stick-ſtoff enthaͤlt, als die, welche ſich im Brunnenwaſſer be-findet; daß ſie bloß 0,12 Sauerſtoff und 0,88 Stickſtoffenthaͤlt. Dieſelbe Luft demnach, indem ſie das Volumder Ruͤckſtaͤnde vergroͤßert, verurſacht, daß einige AtomeSauerſtoff hinzukommen, die vorher nicht darinn exiſtirten,und denen man ſchwerlich einen andern Urſprung zuſchrei-ben kann. Hieraus erhellt alſo, daß man bey demSchuͤtteln des Salpetergaſes mit dem ſchwe-felſauren Salze, den Ruͤckſtand um 0,02, bis0,03 vermindern muͤſſe, welches als das Vo-lum des praͤexiſtirenden Stickſtoffs anzuſe-hen iſt. Sehr viele Verſuche, die in Geſellſchaft desBuͤrgers Taſſaert angeſtellt wurden, haben darge-than, daß dieſe Entbindung der Luft aus den Zwiſchen-raͤumen des ſchwefelſauren Eiſens auf eine ſehr einfoͤrmi-ge Weiſe geſchieht. Daſſelbe Salpetergas, 3 bis 4 malgepruͤft, gab immer einen Ruͤckſtand von 0,090 bis zu 0,095,wenn man ſich nur einer Flaſche von gleicher Capacitaͤt,eines gleichen Volums von Gas, und einer nach gleicherTemperatur erhitzten Aufloͤſung bediente.
§. 12. Man koͤnnte verleitet werden zu glauben, daßder Stickſtoff, den man auf dieſe Art erhaͤlt, nicht in demSalpetergas praͤexiſtire, ſondern daß er ſein Daſeyn einerpartiellen Zerſetzung deſſelben, verdanke. Man koͤnnte an-nehmen, daß das ſchwefelſaure Eiſen dem Salpetergaseinen Theil ſeines Sauerſtoffs entziehe, indem es wieEiſenfeile oder ſchwefelſaures Kali darauf wirkt und wo- |102| durch es nach den Verſuchen des Buͤrgers Deimann und Troostwyk in Stickſtoffoxyd 7) verwandelt wird.Die mit dem Buͤrger Vauquelin gemeinſchaftlich ange-ſtellte Unterſuchung uͤber die Wirkung des ſchwefelſaurenEiſens auf das Salpetergas zeigt indeß die Unhaltbarkeitdieſer Vorausſetzung. Das Salpetergas wird abſorbirt,weil es ſich mit dem Sauerſtoffe des Waſſers vereinigt, in-deß der Waſſerſtoff des zerſetzten Waſſers mit dem Stick-ſtoffe Ammoniak bildet. Das in dem Ruͤckſtande desſchwefelſauren Salzes gefundene ſalpeterſaure Eiſen zeigt,daß das Salpetergas ſich oxydirt anſtatt ſich zu desoxydi-ren. Nun wuͤrde es aber gegen alle chemiſche Analogieſeyn, wenn dieſelben Subſtanzen zu gleicher Zeit geradezu entgegengeſetzten Verwandſchaftsgeſetzen folgen ſollten.Es iſt unwahrſcheinlich, daß ein Theil eines Gaſes Sauer-ſtoff aufnehmen ſollte, waͤhrend ein andrer ihn verloͤre.Auch wuͤrde man das Problem nicht aufloͤſen, warumdaſſelbe Salpetergas beſtaͤndig (in 6 bis 8 Verſu-chen) einen Ruͤckſtand von 0,12, oder 0,13 Stickſtoff zu-ruͤcklaͤßt, indeß ein anderes 0,35 oder 0,34 zeigt. Dieſebeſtaͤndigen Differenzen beweiſen hinlaͤnglich, daß die Na-tur des Gaſes nicht immer dieſelbe ſey. Schon lange,ehe die neuere Chemie gegruͤndet war, hatte ſchon derBuͤrger Fourcroy bemerkt, daß faſt immer das Stick-ſtoffgas mit dem Salpetergas gemiſcht ſey. §. 13. Dieſelbe Quantitaͤt Stickſtoff, welche die Auf-loͤſung des ſchwefelſauren Eiſens in dem Salpetergas zeigt,findet man auch darinn vermittelſt des ſalzſauern Gaſes.
7) Vgl. Gren’s Neu. Journ. d. Phyſ. B. I. S. 243 — 264. unddeſſen ſyſt. Handb. d. Chemie Th. III. S. 749 — 756. S.
|103| Verſuche mit dieſer letztern Subſtanz dienen nicht nur dieRichtigkeit des Calcuͤls darzuthun, ſie ſcheinen mir ſogarunumgaͤnglich nothwendig, um ihn zu berichtigen; dasſchwefelſaure Ammoniak, welches ſich in dem Ruͤckſtandedes ſchwefelſauren Eiſens befindet, mit Salpetergas ge-ſchuͤttelt, erweiſet, daß einige Hunderttheile Stickſtoff ihregasartige Form verlohren haben, um ſich mit dem Waſ-ſerſtoff des zerſetzten Waſſers zu verbinden. Die Zerle-gung des Salpetergaſes vermittelſt des ſchwefelſauren Ei-ſens deutet daher uͤberall auf den praͤexiſtirenden Stickſtoff.Das Maximum dieſes Fehlers mußte durch Zerlegung deſ-ſelben Gaſes mit ſchwefelſaurem Eiſen und ſalzſaurem Gasbeſtimmt werden. Um die in dieſem letztern enthaltene Quan-titaͤt atmoſphaͤriſcher Luft zu erfahren, brachten wir ſie mitdem Waſſer in Beruͤhrung; es war von dem ſalzſauren Kalientbunden worden, und wurde vom Waſſer bis zu 0,10abſorbirt. Dieſer Ruͤckſtand enthielt nur 0,07 oder 0,06Stickſtoff. Nun ließen 100 Theile des ſehr reinen Salpe-tergaſes, mit 100 Theilen dieſer Salzſaͤure, die wir ebenunterſucht haben, einen Ruͤckſtand von 0,20, der alle Ei-genſchaften des Stickſtoffs hatte. Da das Salpetergasdie 0,03, bis 0,04 Theile der atmoſphaͤriſchen Luft,welche in der Salzſaͤure enthalten waren, zerſtoͤrthatte, ſo zogen wir von dem Ruͤckſtande von 0,20 die0,06 atmoſphaͤriſchen Stickſtoff ab, und fanden folglichin dem gepruͤften Salpetergaſe 0,14 praͤexiſtirenden Stick-ſtoff. Daſſelbe Salpetergas mit dem ſchwefelſauren Eiſenbehandelt, gab einen Ruͤckſtand von 0,11 Stickſtoff.Da nun ungefaͤhr 0,02 fuͤr die in den Zwiſchenraͤumenenthaltene Luft abgezogen wurde, ſo beweißt dieſer Ruͤck- |104| ſtand von 0,09, daß 14 — 9 oder fuͤnf HunderttheileStickſtoff in die Bildung des Ammoniaks uͤbergegangenſind. Andere Verſuche, die mit denſelben Subſtan-zen angeſtellt wurden, gaben immer Verſchiedenheitenvon 0,05 oder 0,06. Die Richtigkeit dieſer Beſtimmungwurde ſogar durch eine ſehr unreine Salzſaͤure darge-than, welche 0,55 atmoſphaͤriſche Luft enthielt. Sie be-ſtanden aus 43 Stickſtoff und 12 Oxygen. Da 100 Theiledieſer Salzſaͤure zu 100 Theilen Salpetergas gemiſchtwurden, ſo enthielt der Ruͤckſtand 57 Theile, die ſichdurch Salpetergas als reinen Stickſtoff erwieſen. Da nun43 Theile in der Salzſaͤure praͤexiſtirten, ſo muß man0,14 fuͤr das Salpetergas rechnen. Daſſelbe Gas durchſchwefelſaures Eiſen gepruͤft, gab einen Ruͤckſtand von0,09 und 0,08. Aus dieſen mehreremale mit dem Buͤr-ger Taſſaert wiederhohlten Verſuchen folgt, daß manbey dem Schuͤtteln des Salpetergaſes mit dem ſchwefel-ſauren Eiſen, um die Quantitaͤt des praͤexiſtirenden Stick-ſtoffs zu beſtimmen, den Ruͤckſtand ungefaͤhr um 3 Hun-derttheile vermehren muß; denn indem man 0,02 fuͤr dieZwiſchenraͤume abzieht, muß man wegen der Bildung desAmmoniaks 0,05 hinzuſetzen. Es iſt uͤberfluͤſſig zu be-merken, daß dieſe Regel nur fuͤr Gaſe von mittlerer Rein-heit gelten kann, welche die Chemiker gewoͤhnlich bereiten.Wenn man mit Salpetergas zu 0,30 bis 0,40 Stickſtoffarbeitet, ſo muͤſſen die Reſultate, die man durch dasſchwefelſaure Eiſen und die Salzſaͤure erhaͤlt, nothwendignoch mehr von einander abweichen. Es iſt alſo nothwen-dig zu zeigen, wodurch dieſe Schwierigkeit gehoben werdenkann.
|105| §. 14. Wir haben bisher geſehn, daß das Salpetergaseinige Atome Sauerſtoff enthaͤlt; daß aber der Stickſtoff dieeinzige Subſtanz iſt, die ſein Volum aͤndert. Es wuͤrdenur noch uͤbrig ſeyn, die Gegenwart des Waſſerſtoffs, dervielleicht durch eine Zerſetzung des in der Salpeterſaͤureenthaltenen Waſſers gebildet wird, zu unterſuchen, wenndie analytiſche Chemie Mittel an die Hand gaͤbe, den mitStickſtoff vermiſchten Waſſerſtoff zu charakteriſiren. DasGewicht, die Verbrennung und die Bildung des Ammo-niaks, wuͤrden die drey Wege ſeyn, die man in dieſerRuͤckſicht anwenden koͤnnte. Reiner Stickſtoff muß ge-wiß ein groͤßeres ſpecifiſches Gewicht haben, als Stick-ſtoff mit Waſſerſtoff vermiſcht; allein das in dem Gasenthaltne Waſſer, welches nicht ganz davon entfernt wer-den kann, verhindert uns uͤber das Gewicht einer gasar-tigen, mit einigen heterogenen Atomen gemiſchten Sub-ſtanz richtig zu urtheilen. Der Phoſphor loͤſt ſich gewißin Stickſtoff auf. Wer wollte es aber wagen, die Veraͤn-derung des Gewichts, welche dieſe Aufloͤſung verurſachenmuß, zu beſtimmen. Viel Waſſerſtoff mit Stickſtoff ge-miſcht, kuͤndigt ſich durch Verbrennung an, deren dieMiſchung faͤhig wird, wenn man ſie mit Sauerſtoff ver-bindet. Aber ein wenig Waſſerſtoff verbirgt ſich ſo ſehrin einer großen Maſſe von Stickſtoff, wird durch ſo großeAffinitaͤt davon zuruͤck gehalten, daß weder Verbrennung,noch Waſſerbildung bemerklich werden kann. Die Mof-fetten in den Torfgruben zeigen frappante Beyſpiele dieſerletztern Erſcheinung. Man koͤnnte das Eudiometer Vol-ta’s anwenden, welches, vermittelſt des electriſchen Fun-kens eine Miſchung von Waſſerſtoff und Stickſtoff in Am- |106| moniak verwandelt. Da aber die Electricitaͤt zu gleicherZeit die in dem Gas und dem ganzen Apparat enthalteneFeuchtigkeit zerſetzt, ſo wuͤrde man nie gewiß ſeyn, obder Waſſerſtoff in dem Stickſtoffe oder in dem zerſetztenWaſſer praͤexiſtirte. Ich hielt fuͤr nothwendig die Schwie-rigkeiten dieſer Methode zu unterſuchen, um auf ein ſo in-tereſſantes Problem, als die Scheidung des Waſſerſtoffsvon dem Stickſtoffe iſt, die Aufmerkſamkeit der Chemikerzu leiten. Ich glaube das atmoſphaͤriſche Stickgas iſt inden niedrigſten Luftſchichten immer mit etwas Waſſerſtoffvermiſcht. Es wuͤrde fuͤr die Meteorologie, beſondersfuͤr die Hygrometrie ſehr wichtig ſeyn, dieſe Vorausſe-tzung durch Thatſachen darzuthun oder zu widerlegen. (Die Fortſetzung folgt.)
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BeytraͤgezurEudiometrie.


Beſchluß der S. 88 — 106. befindlichen Abhandlung desHerrn von Humboldt uͤber die Verbindungen des Salpetergaſes mit demSauerſtoffe.

§. 15. Wenn man Salpeterſaͤure auf den reinſten Kup-ferdrath gießt, ſo zerſetzt ſich ein Theil dieſer Saͤurevoͤllig, und entbindet Stickſtoff, indeß ein anderer ſichblos desoxydirt, und Salpetergas bildet. Ich weiß nicht,ob es moͤglich ſey, ganz reines Salpetergas darzuſtellen.In einer ein ganzes Jahr hindurch fortgeſetzten Unterſu-chung, wo ich taͤglich mit dieſem Gas beſchaͤftigt war,erhielt ich nie anderes als mit Stickſtoff gemiſchtes. DasMinimum der Azotation, das ich geſehn habe, betrug0,10; das Maximum 0,68. Da Prieſtley 200 TheileSalpetergas zu 100 Theilen ganz reinem Sauerſtoffgasmiſchte, erhielt er nur einen Ruͤckſtand von 0,03. Mankoͤnnte hieraus fuͤr erwieſen herleiten, daß er mit einemweit reinern Salpetergas als das meinige gearbeitet habe;allein wir werden weiter unten ſehen, durch welche Urſa-chen in den eudiometriſchen Verſuchen mit Sauerſtoffgas |147| ein Theil Stickſtoff verſchwindet. Das Salpetergas,welches die Chemiker zur genauen Zerlegung der Atmoſphaͤrebereiten muͤſſen, erhaͤlt man mit einer Salpeterſaͤure, diemit ſo vielen Theilen deſtillirten Waſſers verduͤnnt wordeniſt, daß ihr ſpecifiſches Gewicht nur auf 17 bis 21 Graddes Araͤometers von Baum é ſteigt. In dieſer Dichtigkeitgeben 3 Decagrammen Kupfer und 50 Decagrammen Saͤure5227 Cubikcentimeter Salpetergas, welches 0,13 bis 0,14Stickſtoff erhaͤlt. Sehr ſtarke, oder ſehr ſchwache Saͤurenentbinden Gaſe, die nicht nur aͤußerſt unrein, ſondern auchin dem Grade ihrer Azotation aͤußerſt verſchieden ſind. Eswuͤrde ſehr ſchwer werden, die Urſachen dieſer Erſcheinun-gen zu erklaͤren, die von Verwandſchaftsſpielen herruͤhren,deren Modification wir nicht kennen. Allein es iſt ſehrgewiß, und durch eine große Menge Verſuche bewieſen,daß die Salpeterſaͤure bey einem gewiſſen Grade der Ver-duͤnnung beſtaͤndig Salpetergas liefert, das 0,10 oder0,13 Stickſtoff enthaͤlt; obgleich dieſer Grad durch die obenangegebne aerometriſche Zahl ziemlich genau beſtimmtwird, ſo ſcheint es doch weit ſicherer zu ſeyn, auf dieſeMeſſung ſich nicht einzuſchraͤnken, ſondern vielmehr zumVerſuche mit ſchwefelſaurem Eiſen ſeine Zuflucht zu nehmen;ein ſehr einfacher Verſuch, der wenig Schwierigkeiten unter-worfen iſt. Hat man Einmal eine kleine Quantitaͤt Saͤurebereitet, ſo iſt es leicht eine Quantitaͤt zu erhalten, welchedas Gas von derſelben Reinheit entbindet. Man darf nurvergleichende Verſuche mit derſelben atmoſphaͤriſchen Luftanſtellen. Wenn das Salpetergas, das man durch dieneue Saͤure erhalten hat, genau denſelben Grad der eu-diometriſchen Scale giebt, als das Salpetergas, deſſen |148| Azotation man kennt, ſo kann man der Zerlegung durchſchwefelſaures Eiſen oder Salzſaͤure uͤberhoben ſeyn. §. 16. Die ſtarken Saͤuren geben uͤberhaupt ein mehrazotirtes Gas, als die ſchwachen, indeſſen habe ich ſehrauffallende Ausnahmen wahrgenommen. Eine Salpeter-ſaͤure, die ein Salpetergas von 0,35 Stickſtoff entbundenhatte, wurde mit 9 Theilen deſtillirten Waſſers gemiſcht.Es verſtrichen einige Stunden, ehe ein Luftblaͤschen indem pneumatiſchen Apparate erſchien. Waͤhrend einerganzen Nacht bildeten ſich nach und nach 17 Cubikcenti-meter Salpetergas, welches mit ſchwefelſaurem Eiſen ge-pruͤft, 0,47 Stickſtoff enthielt. Iſt hingegen die Saͤureſehr ſtark, und bildet ſich ein ſehr ſtark azotirtes Salpeter-gas, ſo kann man ſicher ſeyn, daß der Grad dieſer Azo-tation abnimmt, je mehr Gas ſich entbindet, und je lang-ſamer es zum Vorſchein koͤmmt. Wenn man gleiche Raͤu-me zu verſchiedenen Zeiten ihrer Bildung auffaͤngt, ſowird man ſehr oft Gasarten erhalten, worinn der Stick-ſtoff nach arithmetiſcher Progreſſion abnimmt. Ich habenach und nach 40 Kubikcentimeter Salpetergas geſammelt,welche 0,62 — 0,51 — 0,43 — 0,30 Stickſtoff enthielten.Die Aufloͤſung des Ammoniaks entdeckte immer ſalpeterſaureDuͤnſte in dieſen luftfoͤrmigen Miſchungen. Die Reinig-keit des angewendeten Metalls hat auch einen ſehr ent-ſcheidenden Einfluß auf die Reinheit des Salpetergaſes.Dieſelbe Saͤure auf Meßingdrath und auf Kupferdrath ge-goſſen, entbindet Salpetergaſe, die nach dem Grade ihrerAzotation ſehr verſchieden ſind. Die erſtere wird 0,25Stickſtoff enthalten, indeß die letztere nur 0,12 habenwird. Die große Verwandſchaft des Zinks zum Sauer- |149| ſtoffe ſcheint dieſe Verſchiedenheit in der Zerſetzung (Des-oxydirung) der Salpeterſaͤure zu verurſachen. Modifica-tionen des Salpetergaſes wuͤrden es zu den analytiſchenArbeiten ziemlich untauglich machen, wenn wir nichtſichere und directe Mittel wuͤßten (§. 11. — 13.), den Gradſeiner Unreinheit zu finden. §. 17. Wir gehen nun zu der Betrachtung uͤber dasVerhalten des Salpetergaſes zum Sauerſtoffgaſe uͤber.Da das Waſſer ſchon fuͤr ſich das Salpetergas zerſetzt,ſo ſcheint es allerdings vorzuͤglicher, dieſe Unterſuchungin einem Queckſilberapparate anzuſtellen. Hierdurch, unddurch vergleichende Verſuche mit Waſſer ſollte man zu fin-den glauben, was dem Sauerſtoffgaſe und dem Salpeter-gaſe oder den Fluͤßigkeiten, durch welche man ſie aus einemGefaͤß in das andre leitet, zuzuſchreiben ſey. Allein dieArbeit, die ich in dieſer Hinſicht im Laboratorium der po-lytechniſchen Schule unternahm, bewieß, wie ungegruͤn-det dieſe Hoffnung war. Da 100 Theile Salpetergas(von 0,12 Stickſtoff) zu 100 Theilen atmoſphaͤriſcher Luft(von 0,274 Oxygen) gemiſcht wurden, ſo entſtanden ſo-gleich rothe Daͤmpfe, alle ſich bildende Saͤure aber bliebluftfoͤrmig. Nach 18 Stunden hatten ſich bloß einigeTropfen Saͤure gebildet, die auf dem Queckſilber ſchwam-men. Seit den 14ten bis zum 16ten Thermidor zeigtekeine Glocke eine Abſorbtion uͤber 0,36; indeß man wenig-ſtens 0,94 bis 0,96 haͤtte erwarten ſollen. Um dem Ruͤck-ſtande von Stickſtoff die große Quantitaͤt Salpetergas zuentziehn, die man darinn vermuthen mußte, brachte ichihn in Beruͤhrung mit kauſtiſchem Kali, es vermindertedas Volum in 36 Stunden nur um 0,02. Dieſe Erſchei- |150| nung darf uns indeß nicht befremden. Wir ſehen in einergroßen Menge von analogen Verſuchen, daß zum Uebergangeeiner Saͤure aus dem gasartigen Zuſtande in den tropfba-ren Waſſer gehoͤre. Es kann ſich demnach, waͤhrend derBeruͤhrung der atmoſphaͤriſchen Luft und dem Salpetergaſeuͤber dem Queckſilber nur inſofern Salpeterſaͤure bilden,als ſich Feuchtigkeit in dem Apparate und in den Gaſenbefindet. Da ich 100 Theile Ammoniakgas unter die Glo-cken brachte, die noch einen Ruͤckſtand von 164 Theilenenthielten, ſo fand eine Abſorbtion von 53 und 55 Thei-len ſtatt, nun waren aber abſorbirt worden.
  • 0,36 durch die Beruͤhrung der Luftarten ſelbſt
  • 0,02 durch das Kali
  • 0,54 durch das Ammoniakgas
  • 0,92.
Folglich waren \( \frac{92}{100} \) weniger am Volum; eine Verminde-rung, die ſich der ziemlich naͤhert, die man nach der Ana-logie der mit Waſſer angeſtellten Verſuche erwarten konnte.Da das Ammoniakgas nie ganz rein iſt, und die zur Saͤt-tigung eines Theils Salpetergas erforderliche Quantitaͤtnicht bekannt iſt, ſo kann man ſich auf die Genauigkeiteines ſo complicirten Calcuͤls nicht verlaſſen. §. 18. Um alſo das Verhalten des Salpetergaſesmit dem Sauerſtoffe zu unterſuchen muß man die Arbeitmit Queckſilber aufgeben. Man muß zu der mit Waſſerzuruͤckkehren, und dieſe Unterſuchung wird um deſto nuͤtz-licher ſeyn, da auch der beruͤhmte Lavoiſier beſtaͤndigſich immer derſelben Methode bediente. Durch Verglei-chung ſeiner Reſultate mit den unſrigen wird es uns ge-lingen, zum Theil die Zweifel zu entfernen, welche die |151| Chemiker bey dem eudiometriſchen Calcuͤl in Verlegenheitſetzen. Seit der Unterſuchung der Reinheit der Luft, hatman bemerkt, daß das Salpetergas mit Waſſer geſchuͤt-telt eine Verminderung des Volums erleidet. Einige Na-turforſcher ſchreiben dieſe Veraͤnderung einer wahren Ab-ſorbtion, einer Aufloͤſung des Salpetergaſes im Waſſer,andere der Luft in den Zwiſchenraͤumen aller Fluͤſſigkeitenzu. Der Buͤrger Vandreda zu Delft hat ſehr genaueUnterſuchungen uͤber den Einfluß des Regen- und Brun-nenwaſſers nach eudiometriſchen Zahlen angeſtellt; und diewichtigen Verſuche des Buͤrgers Haſſenfratz uͤber denSauerſtoffgehalt des Schnees und Regenwaſſers laſſenvermuthen, daß die Luft in den Zwiſchenraͤumen des Waſ-ſers eine wichtige Rolle bey der Abſorbtion des Salpeter-gaſes ſpiele. Bey Vergleichung dieſer Wirkungen mit denErſcheinungen, die man bey der Zerſetzung des ſchwefel-ſauren Eiſens bemerkt, glaubten wir, der Buͤrger Taſ-ſaert und ich, daß die bloße Beruͤhrung des Salpetergaſesmit dem deſtillirten Waſſer vielleicht eine Zerſetzung die-ſes letztern bewirken koͤnne. Wir unterſuchten genau einekleine Quantitaͤt deſtillirtes mit vielem ſehr reinen Salpe-tergas geſchuͤtteltes Waſſer, und fanden vermittelſt derKalkerde und der ſalzigten Saͤure, daß ſich ſalpeterſauresAmmoniak darinn bildete. Das Waſſer wird in dieſerOperation durch eine doppelte Verwandſchaft des Sauer-ſtoffs zum Salpetergas, und des Waſſerſtoffs zum Stick-ſtoffe zerſetzt; es bildet ſich Salpeterſaͤure und Ammoniak;und ob gleich die Quantitaͤt des letztern zu klein ſcheint,um ſie genau beſtimmen zu koͤnnen, ſo offenbart ſich dochihre Exiſtenz durch die Entbindung der Duͤnſte, welche ſich |152| bey Beruͤhrung der ſalzigten Saͤure weiß faͤrben. Die Zu-ſammenſetzung einer alkaliſchen Subſtanz durch die Be-ruͤhrung einer Saͤure und des Waſſers iſt eine ſehr frap-pante Sache, und die Leichtigkeit womit wir dieſe ſeltſameErſcheinung erklaͤren koͤnnen, verdanken wir der neuernchemiſchen Theorie, und hauptſaͤchlich den Bemuͤhungendes Buͤrgers Bertholet. §. 19. Hundert Theile Salpetergas (von 0,14 Stick-ſtoff) mit deſtillirtem friſch geſottenen Waſſer geſchuͤttelt,nehmen am Volum um 0,11 bis 0,12 ab. Daſſelbe Gasin Beruͤhrung mit dem Brunnenwaſſer, verliert nur 0,02.Die Urſache dieſes Unterſchiedes 0,09 bis 0,10 darf we-der der Unreinigkeit der atmoſphaͤriſchen Luft in den Zwi-ſchenraͤumen des Waſſers, noch der Zerſetzung dieſes Waſ-ſers ſelbſt zugeſchrieben werden. Er iſt bloß ſcheinbar;denn die Salpeterſaͤure, die ſich durch Beruͤhrung desSalpetergaſes mit dem Brunnenwaſſer bildet, zerſetzt diekohlenſtoffſaure Kalkerde. Es entbindet ſich Kohlenſtoff-ſaͤure, die das Volum des Ruͤckſtandes vermehrt, und dieAbſorbtion des Salpetergaſes weniger merklich macht. Umdie Quantitaͤt dieſer Kohlenſtoffſaͤure zu beſtimmen, laugte ichden Ruͤckſtand mit Kalkwaſſer aus. In einer großen Men-ge von Verſuchen nahm das Volum um 0,09 bis 0,07 ab.Hieraus ergiebt ſich, daß das Brunnenwaſſer wirklich9 + 2 oder 7 + 2 Theile Salpetergas, das heißt unge-faͤhr dieſelbe Quantitaͤt, als das deſtillirte Waſſer abſor-birt. Dieſelben ſcheinbaren Unterſchiede, welche das Waſ-ſer in Beruͤhrung mit dem Salpetergas allein zeigt, offen-baren ſich auch bey Zerlegung der atmoſphaͤriſchen Luft inzwey Roͤhren, wovon die eine mit deſtillirtem, die andere |153| mit Brunnenwaſſer gefuͤllt iſt. Acht Verſuche gaben fuͤrdas erſtere einen Ruͤckſtand von 101 oder 102, fuͤr daszweyte einen Ruͤckſtand von 112 oder 113. Ich bereitetevermittelſt der atmoſphaͤriſchen Luft und dem reinen Stick-gaſe aus Dammerde oder Thon eine gasartige Miſchungvon 0,12 Sauerſtoff, und 0,8 Stickſtoff. Dieſe Mi-ſchung uͤber deſtillirtem Waſſer gepruͤft hinterließ einenRuͤckſtand von 156, 155, 155\( \frac{1}{2} \); uͤber Brunnenwaſſer aberblieb 165, 166, 164\( \frac{1}{2} \) uͤbrig. Die Unterſchiede waren dem-nach beſtaͤndig von 0,10 bis zu 0,11; ein fuͤr die Zerle-gung der Gasarten eben ſo wichtiges als beruhigendesReſultat. Man braucht daher nicht immer mit deſtillirtemoder gekochten Waſſer zu arbeiten, um die eudiometriſchenZahlen, die dem Publikum vorgelegt werden ſollen, ver-gleichbar zu machen. Man darf nur Ein fuͤr Allemal dieabſorbirende Eigenſchaft des Waſſers, deſſen man ſich be-dient, in Beziehung auf das deſtillirte Waſſer beſtimmen.Da dieſe Eigenſchaft durch den Unterſchied der abſorbirtenVolume angezeigt wird, ſo kann man ſich leicht eine kleineBerichtigungstabelle verfertigen, um alle eudiometriſchenZahlen auf den Zuſtand der mit deſtillirtem Waſſer ange-ſtellten Verſuche zu reduciren. §. 20. Wenn man uͤber die Mittel nachdenkt denWerth von m : n, oder die zur Saͤttigung eines TheilsSauerſtoff erforderliche Quantitaͤt Salpetergas zu finden, ſozeigen ſich uns dazu zwey Wege, von denen der beruͤhmte Lavoiſier einen gewaͤhlt hat. Man kann, wie er, 300Theile Salpetergas zu 100 Theilen Sauerſtoffgas miſchen,und die Verminderung des Volums bemerken, oder manverbindet gleiche Theile atmoſphaͤriſche Luft und Salpe- |154| tergas und zerlegt den Ruͤckſtand, um die Quantitaͤt Sauer-ſtoff durch das Volum des atmoſphaͤriſchen Stickgaſes zubeſtimmen. Ehe wir uns aber in die ausfuͤhrliche Dar-ſtellung dieſer Methode einlaſſen, muͤſſen wir bemerken,daß alle beyde einem kleinen Irrthume unterworfen ſind,von dem wir zum Gluͤck die Graͤnzen angeben koͤnnen.Da wir die Quantitaͤt Stickſtoff in dem Salpetergas,womit wir arbeiten, zu beſtimmen wiſſen: ſo werdenwir das Volum des abſorbirten Gaſes genauer angebenkoͤnnen, als man es zu Lavoiſier’s Zeit vermochte.Allein wir muͤſſen, wie dieſer große Chemiker, mit Waſſeroperiren, und da dieſe Fluͤſſigkeit einen Theil Salpetergasabſorbirt und zerſetzt, ſo kann man nicht annehmen, daßdas ganze Volum, welches in dem Ruͤckſtande ſichnicht wieder findet mit dem atmoſphaͤriſchen Gas ſich ver-bunden habe. Es iſt ſehr wahrſcheinlich daß die oxydir-baren Baſen des Salpetergaſes, die ſich mit der atmoſphaͤ-riſchen Luft in Beruͤhrung befinden, weniger auf das Waſ-ſer wirken, als wenn man ſie allein mit dieſer Fluͤſſigkeitſchuͤttelt; wenn indeß auch dieſe Wirkung ſtatt findet, ſoſind wir doch nicht im Stande ihren Erfolg genau zu be-ſtimmen. Wir werden weiter unten ſehen, (§. 29.) daßdas Maximum dieſes Fehlers den Werth von m nur um0,3 veraͤndern kann; m : n kann ſtatt 2,6 : 1, wie 2,3 : 1ſeyn. Allein ſelbſt dieſe kleine Ungewißheit greift bloß in dietheoretiſche Speculation ein; auf den eudiometriſchen Cal-cuͤl der Luft hat ſie faſt gar keinen Einfluß. Sollte dasWaſſer einmal 0,07, ein andermal 0,05 Salpetergasentziehn, ſo wuͤrde der Calcuͤl aͤußerſt fehlerhaft ſeyn.Man wuͤrde nicht wiſſen, ob man den Unterſchied der ab- |155| ſorbirten Volume der Reinheit der Luft oder der Wirkungdes Waſſers in der eudiometriſchen Roͤhre zuſchreiben ſollte.Zum Gluͤck haben die ſorgfaͤltigen Arbeiten eines Ingen-houß und m. a. dieſe Zweifel gehoben. Dieſelbe atmo-ſphaͤriſche Luft uͤber demſelben Waſſer zerlegt, giebt immerdieſelben Zahlen der eudiometriſchen Scale. Bey der Ar-beit gehen die Unterſchiede nicht uͤber einen Grad. Eineatmoſphaͤriſche Luft uͤber Brunnenwaſſer von zwey ver-ſchiedenen Arten gepruͤft, wird einen Ruͤckſtand von 108und 105 Theilen zuruͤck laſſen. Man miſche einige Blaͤs-chen Stickſtoffgas mit dieſer Luft, und die zweyte Zerle-gung wird aus gleichen Urſachen 112 und 109, oder 108,5geben. Hieraus folgt alſo, daß das, was das Waſſerabſorbirt, indem man es mit gleichen Theilen Salpeter-gas und atmoſphaͤriſcher Luft ſchuͤttelt, einen unveraͤn-derlichen Werth habe. Setzt man dies = λ, ſo ſieht manleicht, daß unſere Verſuche uns nicht den Werth z = y + x angeben, ſondern = y + x + λ; ſo giebt ebenfalls dieFormel \( \frac{\textup{z}}{\textup{y}} \) — 1 nicht genau den Werth von m, ſondernden von m — \( \frac{\lambda}{\textup{y}} \). Es iſt hinreichend dieſen Punkt einerſcheinbaren Ungewißheit angezeigt zu haben. Vergleich-bare Verſuche und am Ende dieſer Abhandlung angeſtellteBetrachtungen, werden darthun, daß in dieſer Ruͤckſichtjede Berichtigung beynahe uͤberfluͤßig ſey. §. 21. Von den zwey angezeigten Methoden, denWerth von m : n zu beſtimmen, verdient die, welche La-voiſier befolgte, zuerſt unſere Aufmerkſamkeit. DieVerſuche, welche ich angeſtellt habe, ſollen in tabellari- |156| ſcher Form aufgeſtellt werden. Das Sauerſtoffgas, wo-mit ich gleiche Theile Salpetergas miſchte, war bald ausſalpeterſaurem, bald, um es rein zu haben, aus ſalzſau-rem Kali entbunden. Die Worte ſcheinbare und reelle Ab-ſorbtion bezeichnen eine Berichtigung, welche die Chemi-ker bis jetzt außer Acht gelaſſen haben. Wenn man naͤm-lich 100 Theile Salpetergas zu 0,10 Stickſtoffgas, und100 Theile Sauerſtoffgas miſcht, ſo wird eine Volums-verminderung von 0,28 ſtatt finden. Allein dieſe Vermin-derung iſt bloß ſcheinbar; da der Ruͤckſtand um 0,10 Stick-ſtoff vermehrt worden iſt, ſo muß man die Zahl hinzu- ſetzen, um die durch das Salpetergas wirklich abſorbirteQuantitaͤt Sauerſtoff zu beſtimmen. Da die Abſorbtionſehr ſchnell geſchah, und die eudiometriſche Roͤhre faſt garnicht geſchuͤttelt worden war, ſo habe ich nicht fuͤr noͤthiggehalten, die Luft in Anſchlag zu bringen, die aus denZwiſchenraͤumen des Waſſers hervorgekommen ſeyn mochte.Der Werth von m iſt der Quotient von 100 dividirt durchdie wirkliche Abſorbtion. Verſuche mit gleichen Theilen Sauerſtoff- und Salpetergas.
Volum desStickſtoffsin dem Sal-petergas. ScheinbareAbſorbtion. WirklicheAbſorbtion. Werth von m : n.
0,10 0,29 0,39 2,5 : 1
0,10 0,28 0,38 2,6 : 1
0,12 0,26 0,38 2,6 : 1
0,14 0,26 0,40 2,5 : 1
0,18 0,18 0,36 2,7 : 1
0,18 0,19 0,37 2,7 : 1
0,18 0,20 0,38 2,6 : 1
0,20 0,10 0,30 3,3 : 1
0,20 0,11 0,31 3,2 : 1
0,21 0,08 0,29 3,4 : 1
0,21 0,15 0,36 2,7 : 1
0,23 0,14 0,37 2,7 : 1
0,25 0,06 0,31 3,2 : 1
|157| Die Mittelzahl fuͤr den Werth von m iſt folglich= 2,82; welches von der Zahl 1,72, die bis jetzt von denneuern Chemikern angenommen wurde, ſehr abweicht. Ineiner großen Menge von Verſuchen mit ſehr unreinenSauerſtoffgaſen, deren Beſchreibung den Leſer ermuͤdenwuͤrde, glaubte ich zu bemerken, daß die Abſorbtion derGaſe deſto kleiner und folglich der Werth von m deſtogroͤßer iſt, je reiner das Sauerſtoffgas iſt. Da der Sauer-ſtoff in einem unreinern oder mehr Stickſtoffhaltigen (azo-tirten) Gas weniger frey iſt, ſo ſcheint alsdann die Ver-bindung des Salpetergaſes langſamer zu erfolgen, undwenigere Theile des letztern ſich mit ihm zu vereinigen. Esbildet ſich eine Salpeterſaͤure die ſich mit Waſſer ver-miſcht, aber weniger ſauerſtoffhaltig iſt, und ſich mehrdem Zuſtande der ſalpetrigten Saͤure naͤhert. Im Ganzenhabe ich bey dieſen Verſuchen bemerkt, daß die mit demSauerſtoffgaſe bey weiten die Uebereinſtimmung unter ein-ander nicht zeigen, die man bey Zerlegung der atmoſphaͤ-riſchen Luft bemerkt. Eine von der Natur gebildete gas-artige Miſchung iſt homogener, in Ruͤckſicht ihrer Affini-taͤten ſich gleichbleibender, als kuͤnſtliche aus verſchiedenenSubſtanzen, in ſehr verſchiedenen Temperaturen entbun-dene Gasarten. §. 22. Wenn man, ſtatt gleicher Theile Salpeter-und Sauerſtoffgas, 300 Theile Salpetergas und 100Theile Sauerſtoffgas in die eudiometriſche Roͤhre bringt,ſo ſinkt der Werth von m, ſtatt auf 2,8 bis 3,1 zu blei-ben, bis zu 1,8 herab. Die Abſorbtion des Gaſes ſcheintalsdann unendlich klein zu ſeyn, nicht als ob wenigerSalpetergas erfordert wuͤrde, um 0,02 Oxygen zu ſaͤtti- |158| gen, ſondern weil in einer Roͤhre von 25 Millimetern imDurchmeſſer, die Salpeterſaͤure groͤßtentheils ihren gas-artigen Zuſtand behaͤlt, da ſie von der kleinen Oberflaͤchedes Waſſers, welches ſie in den tropfbaren Zuſtand ver-ſetzen koͤnnte, zu entfernt iſt. Ich glaube, daß ſich die-ſelbe Schwierigkeit zeigt, die ſich unſern Arbeiten imQueckſilberapparat entgegenſetzt; denn laͤßt man, wie §. 4.angegeben worden, dieſelbe Miſchung von Sauerſtoff-und Salpetergas in einem Gefaͤß von 10 bis 15 Centi-metern im Durchmeſſer treten, ſo iſt die Abſorbtion ſehrgroß, und der Werth von m ſteigt wieder zu 2,6, oder 2,7.Da ich das aͤußerſt reine Sauerſtoffgas, welches der Buͤr-ger Guyton zur Verbrennung eines Diamanten be-ſtimmt hatte, zerlegte, miſchte ich 3 Maaße Salpetergas(zu 0,10 Stickſtoff) zu 1 Maaß Sauerſtoffgas in einerſehr weiten Glocke, und ohne den Apparat zu ſchuͤtteln.Der Ruͤckſtand war nur 0,31; ein ſicherer Beweiß, daßnur der in dem Salpetergas praͤexiſtirende Stickſtoff zuruͤckblieb. Dieſer Verſuch giebt m = \( \frac{270}{100} \) = 2,7. §. 23. Ehe ich zur zweyten Methode, den Werthvon m : n in den Verſuchen mit atmoſphaͤriſcher Luft zubeſtimmen, uͤbergehe, kann ich nicht umhin, eine fuͤr dieMeteorologie ſehr wichtige Beobachtung zu erwaͤhnen.Da wir mit reinem Sauerſtoffgas Verſuche anſtellten, ge-riethen wir auf den Einfall, die Natur nachzuahmen, undaus 0,25 Sauerſtoff und 0,75 Stickſtoff eine der atmoſphaͤri-ſchen Luft aͤhnliche Miſchung zu bilden. Haͤtte dieſe Mi-ſchung Reſultate gegeben, die der natuͤrlichen Luftmiſchunganalog geweſen waͤren, ſo wuͤrde, da der Werth von y bekannt war, der von m leicht haben beſtimmt werden |159| koͤnnen. Wir bereiteten Stickſtoffgas vermittelſt des Sal-petergaſes und ſchwefelſauren Eiſens. 400 Theile da-von wurden zu 100 Theilen ganz reinem aus ſalzſauremKali entbundenen Sauerſtoffgas gemiſcht. Dieſe in der Fontanaiſchen Roͤhre zu gleichen Theilen zerlegte Mi-ſchung, zeigte eine Abſorbtion von 0,98; indeß die atmo-ſphaͤriſche Luft (von 0,27 Oxygen) nur 0,93 gab. Einezweyte kuͤnſtliche Miſchung, die 0,20 Sauerſtoffgas und0,80 Stickſtoff enthielt, ließ in der eudiometriſchen Roͤhrebloß einen Ruͤckſtand von 121 Theilen. Dieſe oͤfters wie-derhohlten Verſuche gaben den Werth von m = 2,9.Da eine kuͤnſtliche, weniger reine Luft, mehr Salpetergas,als eine natuͤrliche Luft abſorbirt, ſo folgt daraus, (wasauch von einer großen Menge anderer Erſcheinungen un-terſtuͤtzt wird), daß der Zuſtand der Verbindung, worinnder Stickſtoff und der Sauerſtoff ſich befinden, auf denWerth von m Einfluß habe. Die kuͤnſtliche atmoſphaͤri-ſche Luft, behaͤlt noch die Eigenſchaft des Sauerſtoffgaſes,viel Salpetergas zu abſorbiren; es iſt eine mechaniſcheMiſchung von Stickſtoff und Sauerſtoff, indeß dieLuft, welche wir athmen, ſich dem Zuſtande einer chemi-ſchen Verbindung naͤhert. Da in der letztern der Sauer-ſtoff von dem Stickſtoffe ſtark angezogen wird, ſo ſtrebt erweniger mit dem Salpetergas ſich zu verbinden, und ab-ſorbirt eine kleinere Quantitaͤt deſſelben. §. 24. Allen dieſen Beobachtungen zufolge, muͤſſenwir den Gedanken die Aufloͤſung der eudiometriſchen Auf-gabe durch Verſuche mit Sauerſtoffgas, oder mit kuͤnſtli-chen Miſchungen von Sauerſtoff und Stickſtoff finden zuwollen, aufgeben. Die erſtern zeigen ſo gar bisweilen |160| eine Schwierigkeit, die in Anſehung der Theorie der Ver-wandſchaften ziemlich auffallend iſt. Wir haben beſondereFaͤlle bemerkt, in denen von 300 Theilen Salpetergas (von0,10 Stickſtoff) und 100 Theilen reines, Sauerſtoffgas,nur ein Ruͤckſtand von 0,19 oder 0,22 Stickſtoff uͤbrigblieb. Ein bis zweymal ſtieg dieſe Verminderung ſogarbis zu 0,16. Es iſt nicht wahrſcheinlich, daß ſich dieſerStickſtoff mit dem Waſſerſtoff des zerſetzten Waſſers zumAmmoniak vereinigt habe. Wie koͤnnte ſich dieſes ſo haͤu-fig bilden, da die kleine Oberflaͤche des Waſſers mit einerLage von Saͤure bedeckt iſt? Man muß vielmehr anneh-men, daß es Umſtaͤnde giebt, wo bey einer ſehr ſchnellenBildung von Salpeterſaͤure dieſe Saͤure ſelbſt Stickſtoffabſorbirt. §. 25. Wenn die Zerlegung des Sauerſtoffgaſes unsnichts als Schwierigkeiten zeigt, ſo giebt uns hingegendie der atmoſphaͤriſchen Luft Reſultate, die ſicherer undeinfoͤrmiger ſind. Wenn man Mittel kennt, den Stick-ſtoff und das Salpetergas zu ſcheiden, ſo kann man dieSauerſtoffsmenge in der gepruͤften Luft durch Zerlegungdes Ruͤckſtandes beſtimmen, der aus der Miſchung derbeyden Gasarten entſteht. Dieſer Ruͤckſtand iſt der at-moſphaͤriſche Stickſtoff + Salpetergas, welches keinenSauerſtoff gefunden, um in Salpeterſaͤure uͤberzugehen +Stickſtoff, der in dieſem Salpetergas enthalten iſt. Ent-zieht man das zweyte durch ſchwefelſaures Eiſen undſchaͤtzt man den letztern nach einem vergleichenden Ver-ſuche, ſo wird man den Stickſtoff der Atmoſphaͤre beſtim-men koͤnnen. Dieſe Berechnung wird um deſto richtigerſeyn, wenn man die Volume der Luft aus den Zwiſchen- |161| raͤumen des Waſſers und ſchwefelſauren Eiſens, die manin dieſen verſchiedenen Operationen gebraucht, mit in An-ſchlag bringt. Da ich einen Theil meiner Verſuche intabellariſcher Form aufgeſtellt habe, ſo wird es noͤthigſeyn meine Berechnungsart durch ein einziges Beyſpiel zuerlaͤutern: 100 Theile atmoſphaͤriſche Luft zu 100 TheilenSalpetergas (von 0,14 Stickſtoff) gemiſcht, hinterlaſſen,wenn alles in der eudiometriſchen Roͤhre ſtark unter einan-der geſchuͤttelt worden, einen Ruͤckſtand von 100 Theilen.Bey dieſer Operation kommen 0,04 Luft aus den Zwiſchen-raͤumen des Waſſers, wovon 0,01 Sauerſtoff durch dasSalpetergas mit dem Sauerſtoffe der Atmoſphaͤre abſor-birt werden. Man muß folglich rechnen, daß das Vo-lum des Ruͤckſtandes = 100 um 0,03 vermehrt wordenſey. Dieſer Ruͤckſtand, nachdem man ihn gewaſchen undſtark mit dem ſchwefelſauren Eiſen durch einander geſchuͤt-telt hat, verliert nur 0,08. Es bleiben demnach 92 Theile,welche einen neuen Zuwachs von 0,03 an Stickſtoff erhalten,welche aus den Zwiſchenraͤumen des ſchwefelſauren Eiſensherruͤhren. Dieſer Calcul giebt:
  • 3 aus den Zwiſchenraͤumen des Waſſers
  • 3 aus dem ſchwefelſauern Eiſen
  • 14 die in den Salpetergas praͤexiſtirten
  • 20
oder 92 — 20 = 72 atmoſphaͤriſchen Stickſtoff. Nunwaren aber 100 Theile Salpetergas eigentlich nur 100 —14 = 86, und da 0,08 + 0,03 in dem Ruͤckſtande wiedergefunden wurden, ſo ſind die 0,28 atmoſphaͤriſcher Sauer-ſtoff + 0,01 aus den Zwiſchenraͤumen des Waſſers durch86 — 11 = 75 abſorbirt worden oder m = \( \frac{75}{29} \) = 2,59. |162| Es ſcheint uͤberfluͤßig zu ſeyn in dieſem Calcul dieKohlenſtoffſaͤure in Anſchlag zu bringen; ihr Volum be-traͤgt oft weniger als ein Hunderttheil; ſo daß der Werthvon m : n nicht merklich veraͤndert werden wird. Verſuche mit gleichen Theilen Salpetergas undatmoſphaͤriſcher Luft.
Werth derbeyden ab-ſorbirtenGaſe. Ruͤckstandnach der Ab-ſorbtiondurch dasſchwefel-ſaure Eiſen. Stickſtoff indem ange-wandtenSalpeter-gaſe. Stickſtoff inder atmo-ſphaͤriſchenLuft. Werth von m : n.
1,00 0,92 0,14 0,72 2,59 : 1
0,98 0,95 0,16 0,73 2,64 : 1
0,95 0,93 0,14 0,73 2,53 : 1
0,98 0,94 0,16 0,72 2,51 : 1
0,97 0,91 0,11 0,74 2,74 : 1
0,87 0,92 0,10 0,76 2,60 : 1
0,97 0,90 0,12 0,72 2,47 : 1
0,90 0,96 0,14 0,76 2,76 : 1
0,99 0,92 0,14 0,72 2,55 : 1
0,99 0,92 0,15 0,71 2,43 : 1
0,92 0,94 0,14 0,74 2,55 : 1
0,90 0,95 0,14 0,75 2,61 : 1
0,88 0,96 0,14 0,76 2,63 : 1
0,95 0,91 0,11 0,74 2,64 : 1
0,94 0,93 0,14 0,73 2,50 : 1
0,95 0,92 0,14 0,72 2,41 : 1
0,90 0,95 0,14 0,75 2,62 : 1
0,81 0,93 0,12 0,75 2,65 : 1
0,97 0,90 0,12 0,72 2,48 : 1
§. 26. Hier uͤber ſieht man nun eine große Reihe vonVerſuchen, in denen die Werthe von m nur um 0,02 ver-ſchieden ſind. Die meiſten geben ein Reſultat, welcheszwiſchen 2,5 und 2,6 faͤllt, und in Anſehung der Richtig-keit des eudiometriſchen Calculs wird man mit vieler Zu-verſicht annehmen koͤnnen, daß, wenn man gleiche Raͤume |163| Salpetergas und atmoſphaͤriſche Luft mit deſtillirtem Waſ-ſer ſchuͤttelt, 2,55 vom erſtern erfordert werden, um 0,01Sauerſtoff zu abſorbiren; hieraus folgt 1) daß, wenndie Salpeterſaͤure aus 3,9 Sauerſtoff und 1 Stickſtoff be-ſteht, das Salpetergas nicht (wie Lavoiſier angiebt)2,1 Sauerſtoff und 1 Stickſtoff enthalten kann, ſonderndaß die Beſtandtheile des letztern ſich wie 1,4 : 1 verhaltenmuͤſſen; und 2) daß wenn man mit Salpetergaſen arbeitet,die ſehr ſtark mit Stickſtoff geſchwaͤngert ſind (z. B. zu 0,50Stickſtoff), 100 Theile dieſes unreinen Gaſes nicht hin-reichen werden, um allen Sauerſtoff in einem Volum at-moſphaͤriſcher Luft zu ſaͤttigen: denn da 67,8 Theile Sal-petergas erforderlich ſind, um 0,27 Sauerſtoff zu vernichten,ſo muß ein Salpetergas, welches 0,50 Stickſtoff enthaͤlt,einen Ruͤckſtand von 0,07 Sauerſtoff, der ungeſaͤttigt bleibt,uͤbrig laſſen. Die Verſuche, welche zur Unterſuchung derNatur dieſer unreinen Gaſe angeſtellt wurden, gewaͤhrtennicht die Uebereinſtimmung in den Zahlen, die man zu er-warten berechtigt war. Es gab Faͤlle, wo es unmoͤglichſchien den nicht abſorbirten Sauerſtoff in dem Ruͤckſtandewieder zu finden. Eine Menge Verſuche ſchienen anzu-zeigen, daß der Werth von m abnaͤhme, je mehr das an-gewandte Salpetergas mit Stickſtoff geſchwaͤngert iſt.Ich glaubte, daß ſie alsdann, (wie in dem Verſuche mitSauerſtoff §. 21.) mehr oder weniger oxydirte Saͤuren bil-deten. Da aber die Abweſenheit des Sauerſtoffs in denRuͤckſtaͤnden nicht ſo wohl direkt, als durch die Gegen-wart einiger Hundertheile Salpetergas, welche das ſchwefel-ſaure Eiſen anzeigte, dargethan wurde, ſo wollte ich michnicht auf die Veraͤnderung des Werthes von m verlaſſen. |164| Eine durch die Bildung des Ammoniaks verurſachte Vo-lumsverminderung, die ich erſt ſeit den Thermidor kennenlernte, kann mich zu einem Irrthume verleitet haben,und Verſuche, die ich gemeinſchaftlich mit dem Buͤrger Taſſaert mit kuͤnſtlichen Miſchungen von Stickſtoffgasund Salpetergas anſtellte, ſetzten es außer Zweifel, daßbeynahe 2\( \frac{1}{2} \) Hunderttheile des letztern zur Saͤttigung vonEinem Hundert Sauerſtoffgas gehoͤrten. Wir berei-teten ein Salpetergas zu 0,60 Stickſtoff. Zu gleichenTheilen atmoſphaͤriſcher Luft gemiſcht, wurden nur 0,52Theile abſorbirt. Geſetzt alſo, es ſey in der gepruͤftenLuft 0,27 Sauerſtoff enthalten geweſen, und m = 2,5,ſo mußte der Ruͤckſtand in der Roͤhre noch 0,12 Sauer-ſtoff enthalten. Und da man wirklich 100 Theile ſehrreines Salpetergas zu dieſem Ruͤckſtande miſchte, ſo be-trug die Abſorbtion noch gegen 0,40, welches hinlaͤnglichzeigt, daß der Werth von m ſich nicht veraͤndert hatte.Andere Verſuche mit Salpetergas zu 0,35; 0,38; 0,45;0,52; und 0,68 Stickſtoff gaben ſehr uͤbereinſtimmendeReſultate. Jedes Salpetergas, welches viel uͤber 0,32Stickſtoff enthaͤlt, kann das Oxygen der Atmoſphaͤrenicht ſaͤttigen. Dieſe unreinen Gaſe zeigen eudiometriſcheZahlen, die ſehr von einander abweichen. Da man aberſichere Mittel kennt ihren Stickſtoffgehalt (Azotation) zupruͤfen, ſo darf man ſich nicht vor Fehlern fuͤrchten, daman ihre Graͤnzen zu beſtimmen weiß. Wir haben gefun-den, daß im Ganzen genommen die atmoſphaͤriſche Luftgegen 85 Salpetergas erfordert, um ſie gaͤnzlich zu zer-ſetzen; denn da 0,85 gegen 0,13 Stickſtoff enthalten, ſowerden die 0,72 ganz reines Salpetergas hinreichen, die |165| 0,28 atmoſphaͤriſchen Oxygen + 0,01 aus den Zwiſchen-raͤumen des Waſſers herruͤhrenden Sauerſtoff zu ſaͤttigen.Beobachtet man dies Verhaͤltniß, ſo wird man nur wenigSalpetergas mit dem Stickſtoffe gemiſcht finden, welcherin der eudiometriſchen Roͤhre zuruͤck bleibt. Es iſt nuͤtz-lich dieſe Zahlen fuͤr diejenigen anzugeben, die ſich ziem-lich reines Stickſtoffgas in großer Menge bereiten wollen,ohne zu dem ſchwefelſauren Eiſen ihre Zuflucht zunehmen. §. 27. Wenn man in der eudiometriſchen Roͤhre300 Theile Salpetergas zu 100 Theilen atmoſphaͤriſcherLuft miſcht, ſo zeigt ſich eine ziemlich ſonderbare und demanalog Erſcheinung, die wir bey den Verſuchen uͤberQueckſilber bemerkt haben. Iſt die atmoſphaͤriſche Luft inunmittelbarer Beruͤhrung mit dem Waſſer, ſo findet die-ſelbe Abſorbtion ſtatt, als wenn die Roͤhre bloß gleicheTheile Salpetergas und atmoſphaͤriſche Luft enthielt.Wenn hingegen dieſe letztere, ſtatt im untern Theile derRoͤhre zu ſeyn, den obern Theil einnimmt, ſo ſcheint dieAbſorbtion um \( \frac{1}{3} \) geringer zu ſeyn. Die erſte Methode z.B. giebt einen Ruͤckſtand von 112 Theilen, waͤhrend letztreuͤber 140 betraͤgt. Man mag die Roͤhre ſchuͤtteln, wieman will, das Volum nimmt um nichts mehr ab. DerSauerſtoff hat gewiß ſich ganz ſaͤttigen koͤnnen, und derWerth von m ſcheint in dieſem Verſuche bis zu 1,3 herab-geſunken zu ſeyn. Allein dieſer Mangel der Abſorbtioniſt bloß ſcheinbar; denn wenn man den Ruͤckſtand von 140Theilen in einem Gefaͤß von 12 Centimeter im Durchmeſſermit Waſſer waͤſcht, ſo nimmt er bis zu 116 Theilen ab.Man ſieht hieraus, daß ſich Saͤure im obern Theile der |166| Roͤhre gebildet habe, die ihrer zu großen Entfernung vonder Oberflaͤche des Waſſers wegen, im gasartigen Zu-ſtande bleibt. Man wuͤrde außerordentlich von dieſer Er-ſcheinung uͤberraſcht werden, wenn ſie nicht vollkommenmit den zu Anfange dieſer Abhandlung angefuͤhrten Ver-ſuchen uͤberein kaͤme. (§. 4 — 17 — 21.). §. 28. Wenn die oxydirbaren Baſen des Schwefel-kali (Schwefelleber), oder des Phoſphors allen Sauerſtoffder atmoſphaͤriſchen Luft abſorbirten, ſo wuͤrden wir eintreffliches Mittel haben, den Werth von m zu beſtimmen.Bey Zerlegung derſelben Luft durch das Salpetergas undSchwefelkali, wuͤrde man die gefundene Quantitaͤt Sauer-ſtoff, mit der eudiometriſchen Abſorbtion in der Fontanai-ſchen Roͤhre, vergleichen; man wuͤrde ſagen, daß 97 ab-ſorbirte Grade gleich ſind 0,276 Sauerſtoff, oder 104° =0,292; man wuͤrde die Zerlegung vermittelſt des Salpe-tergaſes, des ſchwefelſauren Eiſens und der Salzſaͤuredurch die mit Phoſphor berichtigen, und da der Werth von y wohl erwieſen waͤre, wuͤrde man m durch z finden;allein der Phoſphor, das Schwefelkali entzieht dem atmo-ſphaͤriſchen Stickſtoffe nie allen Sauerſtoff. Es bildenſich entweder gasartige Oxyde mit doppelten Baſen vonPhoſphor und Stickſtoff, oder es bildet ſich Sauerſtoffgas,welches das Volum der Ruͤckſtaͤnde ausdehnt. Das Sal-petergas entzieht faſt immer dieſem Ruͤckſtande noch bis0,04 Sauerſtoff, allein es bleiben immer noch einige Theiledeſſelben darinn verborgen; Erſcheinungen die ich in einerAbhandlung uͤber die dreyfachen Verbindungen des Phos-phors, Sauerſtoffs und Stickſtoffs zuſammengeſtellt |167| habe 8). Man darf daher nicht auf eine lange Reihevon vergleichbaren Verſuchen zur Beſtimmung von m rech-nen. Unter einigen hunderten trift man nur 2 bis 3, indenen der Phoſphor bis zu 0,28 Sauerſtoff abſorbirt. Am28 Brumaire des 6ten Jahrs, da ich in einem genaugemeſſenen Gefaͤße ſehr ſchnell Phoſphor verbrauchte,zeigte dieſelbe atmoſphaͤriſche Luft in der FontanaiſchenRoͤhre mit einem Salpetergas (von 0,14 Stickſtoff zer- legt) eine Abſorbtion von 101 Theilen, hiernach wuͤrdealſo der Werth fuͤr m = 2,6 ſeyn. §. 29. Dieſe verſchiedenen Methoden, die QuantitaͤtSalpetergas zu beſtimmen, die zur Saͤttigung von 0,01Sauerſtoff der atmoſphaͤriſchen Luft erfordert wird, ſetzenuns in den Stand, die Grade des Fontanaiſchen Eudio-meters in Tauſendtheile des Sauerſtoffs zu verwandeln.Wer ſich mit der pneumatiſchen Chemie beſchaͤftigt, wirdunfehlbar den großen Nutzen dieſes Verfahrens einſehn.Die kleine beygefuͤgte Tabelle iſt nach einer Approxima-tionsrechnung eingerichtet. Sie gruͤndet ſich auf ſehr vieleVerſuche mit deſtillirtem Waſſer, und mit einem Salpeter-gas von 0,10 bis zu 0,15 Stickſtoff. Da ein geſchickterNaturforſcher ſich nicht um mehr als einen, oder 1,5Grad irren kann, ſo iſt es einleuchtend, daß wir mit Ge-wißheit bis zu drey Tauſendtheilen Sauerſtoff beſtimmenkoͤnnen. Der Irrthum um ein Hunderttheilchen wuͤrde eineUngewißheit von 4 Graden vorausſetzen; eine Betrach-tung die fuͤr diejenigen ſehr troͤſtend iſt, welche ſich mitden Variationen der Atmoſphaͤre beſchaͤftigen. Ich ſelbſt
8) Vgl. dieſ. Journ. B. I. S. 573 — 589. S.
|168| habe dieſe Variationen von 99° bis zu 116° der eudiome-triſchen Scale beobachtet; dies beweißt, daß die Luft,ſtatt beſtaͤndig zwiſchen 0,27 oder 0,28 Sauerſtoff zu ent-halten, in unſern gemaͤßigten Himmelsſtrichen auf demfeſten Lande zwiſchen 0,284 und 0,236 deſſelben ſchwankt.Nach Verſuchen von andern Naturforſchern zur See undauf der Inſel Maltha ſcheint die Reinheit der Luft nochum 0,02 bis 0,03 Sauerſtoff mehr zunehmen zu koͤnnen.Es iſt gewiß, daß ein Unterſchied von 7° der eudiometri-ſchen Scale einen Unterſchied von 0,02 am Sauerſtoffebezeichnet; allein es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß ich michin den abſoluten Zahlen irre, und daß 92 Grade gleichſind 0,264, ſtatt 0,259. Wir koͤnnen unſere Berechnungbloß auf Zerlegungsmethoden gruͤnden, in deren Beſitzwir gegenwaͤrtig uns befinden. Es koͤmmt der Nachweltzu, die dabey eingeſchlichenen Fehler darzuthun, und zuberichtigen; man muß daher die Zahlen in beygefuͤgterTabelle bloß fuͤr Beſtimmungen nach Approximationen an-ſehen.
|169|
AbſorbirtesVolum. Sauerſtoff. Volumdes Ruͤck-ſtandes.
109° 0,307 90°
108 0,304 92
107 0,301 93
106 0,298 94
105 0,295 95
104 0,293 96
103 0,290 97
102 0,287 98
101 0,284 99
100 0,281 100
99 0,278 101
98 0,276 102
97 0,274 103
96 0,270 104
95 0,267 105
94 0,264 106
93 0,261 107
92 0,259 108
91 0,256 109
90 0,253 110
89 0,250 111
88 0,247 112
87 0,245 113
86 0,242 114
85 0,239 115
84 0,236 116
Fuͤr die, welche die Theorie des Calculs beſondersintereſſirt, muß ich noch hinzuſetzen, daß dieſe Tabellebloß nach der Formel y = \( \frac{\textup{z}}{1 + \textup{m}} \) berechnet, und die kleineQuantitaͤt \( \frac{\lambda}{\textup{y}} \); um welche (§. 20.) der Werth von m we-gen der Wirkung des Waſſers auf das Salpetergas ver-groͤßert wird, uͤbergegangen worden ſey; allein es bleibt |170| uns wenigſtens noch uͤbrig, die Graͤnzen dieſes Fehlerszu unterſuchen. Wenn man 100 Theile Salpetergas zu100 Theilen ganz reinem Stickſtoffe miſcht, und das wiegewoͤhnlich durch einander ſchuͤttelt, ſo ſcheint das Vo-lum der beyden Gaſe nicht veraͤndert zu ſeyn. Nun be-weiſen aber andere Verſuche, daß bey dieſer Operationgegen 0,03 Stickſtoff aus den Zwiſchenraͤumen des Waſ-ſers herruͤhren: folglich iſt es gewiß, daß daſſelbe Waſſer0,03 Salpetergas abſorbirt habe, weil ohne dieſe Opera-tion, ſtatt der 200 Theile, 203 bleiben wuͤrden. Wenndas Salpetergas ſo wenig auf das Waſſer wirkt, indemman es zu dem Stickſtoffe miſcht, ſo wird wahrſcheinlichdieſe Wirkung noch weit geringer ſeyn, wenn es in demVerſuche mit atmoſphaͤriſcher Luft, freyen Sauerſtoff fin-det, und die Oberflaͤche des Waſſers in der Roͤhre mit friſchgebildeter Salpeterſaͤure ſich bedeckt. Geſetzt die Abſorb-tion des Salpetergaſes durch das Waſſer betruͤge in ihremMaximum 0,11, ſo wuͤrde m — \( \frac{\lambda}{\textup{y}} \) zwiſchen 2,18, und2,08 ſchwanken, und die Tabelle wuͤrde ſtatt 0,307 und0,236 die Zahlen 0,308 und 0,237 angeben; ein Unter-ſchied, der um deſto weniger in Anſchlag gebracht zu wer-den verdient, da er bloß den abſoluten Werth der eudio-metriſchen Grade veraͤndern wuͤrde. Aus obigen Verſuchen ſcheint nun zu folgen; 1) Daß die Quantitaͤt Salpetergas, welche zur Saͤt-tigung eines Theils Sauerſtoff erforderlich iſt, von demWerthe 1,8 ſehr verſchieden ſey, und daß, wenn die Be-ſtandtheile der Salpeterſaͤure ſich wie = 3,9 : 1 verhalten,die des Salpetergaſes nicht, wie der beruͤhmte Lavoiſier angiebt, = 2,1 : 1 ſeyn koͤnnen. |171| 2) Daß die Aufloͤſung des ſchwefelſauren Eiſensdas Salpetergas gaͤnzlich abſorbire, indem es den Stick-ſtoff, welchen es enthaͤlt, davon ſcheidet; und daß, waͤh-rend dieſer Abſorbtion ſalpeterſaures Eiſen und ſchwefel-ſaures Ammoniak ſich bilde. 3) Daß das ſalzſaure Gas beſtaͤndig mehr Stickſtoffin dem Salpetergas, als das ſchwefelſaure Eiſen angiebt,und daß dieſer Unterſchied von 0,05 von dem Stickſtoffeherruͤhre, der mit dem Waſſerſtoffe des Waſſers ſich zumAmmoniak vereinigt. 4) Daß waͤhrend der Beruͤhrung eines Metalls mitder Salpeterſaͤure, ein Theil dieſer Saͤure desoxydirtwerde, indeß ein anderer ſich gaͤnzlich zerſetzt, und daßdeshalb das ganze Salpetergas mit 0,10 bis 0,68 Stick-ſtoff gemiſcht ſey. 5) Daß das zu chemiſchen Verſuchen brauchbarſteSalpetergas, welches man durch eine verduͤnnte Saͤurezu 17 bis 20 Graden des Bauméiſchen Areometers erhaͤlt,0,10 bis 0,15 Stickſtoff enthalte. 6) Daß bey Vermiſchung des Salpetergaſes mitSauerſtoff im Queckſilberapparat, ſich nur ſo viel tropf-bare Salpeterſaͤure bildet, als Waſſer in den Gaſen ent-halten iſt. Die Abſorbtion ſcheint ſehr gering zu ſeyn,weil ſie, wie das Ammoniakgas es darthut, in einem gas-artigen Zuſtande ausgedehnt bleibt. 7) Daß bey dem Schuͤtteln des Salpetergaſes mitdeſtillirtem Waſſer, durch eine Zerſetzung des Waſſers, undein Spiel der doppelten Verwandſchaft, ſich ſalpeterſauresAmmoniak bilde. |172| 8) Daß die Weite der Gefaͤße, worinn man Salpe-tergas und Sauerſtoffgas miſcht, auf das abſorbirte Vo-lum merklichen Einfluß habe. In der Roͤhre ſcheint derWerth von m bis zu 1,8 abzunehmen, weil die ſich bil-dende Salpeterſaͤure von der Oberflaͤche des Waſſers zuentfernt iſt, um davon abſorbirt werden zu koͤnnen. 9) Daß Miſchungen von Salpetergas und Sauer-ſtoffgas keine ſo gleichfoͤrmigen Reſultate als Verſuche mitatmoſphaͤriſcher Luft geben, da der Werth von m von 3,2bis zu 2,8 variirt, je nachdem der Sauerſtoff mit dem Sal-petergas ſich mehr zu verbinden ſtrebt, und mehr oderweniger oxydirte Saͤuren ſich bilden. 10) Daß eine kuͤnſtliche Miſchung von 0,27 Sauer-ſtoff und 0,73 Stickſtoff von der atmoſphaͤriſchen Luft dar-inn verſchieden ſey, daß der Stickſtoff der letztern, durcheine chemiſche Anziehung des Sauerſtoffs verhindert wird,ſich ſo frey mit dem Salpetergas zu verbinden, als es indem Sauerſtoffgaſe zu geſchehn ſcheint. 11) Daß, wenn man durch das ſchwefelſaure Eiſenden Ruͤckſtand der Miſchungen von Salpetergas und at-moſphaͤriſcher Luft in der eudiometriſchen Roͤhre zerlegt,die Quantitaͤt Sauerſtoff in der gepruͤften Luft ſehr genaubeſtimmt werden koͤnne. Der Werth von m, welcherdurch dieſe Fundamentalverſuche und durch die ver-gleichungsweiſe mit Phoſphor angeſtellten, gefunden wird,faͤllt zwiſchen 2,6 und 2,5. 12) Daß, wenn man den Werth von m, und einezuverlaͤſſige Methode kennt, die Natur des Salpetergaſeszu erforſchen, durch die vereinigten Mittel des ſchwefel-ſauren Eiſens, der Salzſaͤure und des Salpetergaſes die |173| atmoſphaͤriſche Luft ſo zerlegt werden kann, daß man imStande iſt Unterſchiede von 0,003 Sauerſtoff anzugeben. 13) Daß, wenn man das abſorbirte Volum vongleichen Theilen Salpetergas, (von 0,10 bis 0,15 Stick-ſtoff), und atmoſphaͤriſcher Luft, durch 3,55 theilt, derQuotient durch eine annaͤhernde Rechnung die QuantitaͤtSauerſtoff in der zerlegten Luft angiebt.