Ueber einige neuere Galvaniſche Erſcheinungen — aus einem Briefe des Oberbergraths v. Humboldt an den Prof. Marcus Herz zu Berlin. Sie melden mir, theuerſter Freund, daß meine Schrift uͤber die gereitzte Muskel- und Nervenfaſer Sie lange beſchaͤftigt, daß Sie mir fleißig nachexperimentirt, und daß Ihnen faſt alle meine Verſuche, bis auf die Fig. 62. gelungen ſind. Von einem Manne, der, wie Sie, mit philoſophiſchem Geiſte in die Geheimniſſe der Natur eindringt, mußte ein ſolches Zeugniß mich nicht wenig erfreuen. Je ſchmeichelhafter aber die Aufmerkſamkeit iſt, welche man von ſo vielen Seiten meinen phyſiologiſchen Arbeiten ſchenkt, deſto mehr finde ich mich berufen, meine geringen Kraͤfte aufzubiethen, um das, was ich bisher gefunden zu haben glaube, einer ſtrengen Pruͤfung zu unterwerfen. Da ich im Begriffe ſtehe, noch ein Mahl nach Italien zu reiſen, ja da eine groͤßere Unternehmung mich ſogar bald auf lange Zeit von allem literariſchen Verkehr abſchneiden wird: ſo habe ich meine letzte Muße genutzt, alle meine Verſuche zu wiederhohlen. Ich eile Ihnen die Reſultate jener Unterſuchung, das heißt die Puncte anzuzeigen, uͤber welche ich mich unrichtig oder wenigſtens unbeſtimmt ausgedruͤckt zu haben glaube. Sie reduciren ſich auf zwey Gegenſtaͤnde, auf das Galvaniſiren unter Waſſer und auf die transverſale Durchſchneidung des Nervens. Neuere Experimente machen es mir (vergleichen Sie den 1ten Band S. 247 meines Werks) auf’s Neue wahrſcheinlich, daß die Metalle ſelbſt keine, beym Galvaniſmus bemerkbaren Wirkungskreiſe um ſich verbreiten. Ich habe nie Contractionen entſtehen geſehen, wenn die Metalle ſich nicht unmittelbar beruͤhrten. Dagegen habe ich Unrecht gehabt, wenn ich ſagte, daß bey den matteſten Froͤſchen der Contact zwiſchen den erregbaren Organen und dem Metall nicht nothwendig ſey. Was ich damahls fuͤr die matteſten Thiere hielt, waren es nicht. Die Erſcheinungen unter Waſſer ſind in der That weit wichtiger, als ich ehemahls geglaubt, und Fowler’s, ſo wie Hn. Prof. Creve’s ſcharfſinnige Bemerkungen haͤtten mich darauf leiten ſollen. Was ich bisher ſah, reducirt ſich auf drey Abſtufungen der Reitzempfaͤnglichkeit. 1) Sind die Organe im Zuſtande der hoͤchſten Incitabilitaͤt, ſo zeigen ſich alle Waſſerſchichten zuleitend. Die Muskelcontractionen entſtehen dann, wenn auch die Metalle mehrere Zolle weit von den Organen abliegen. Sie entſtehen in jedem Moment, wo die Armaturen ſich von Neuem erſchuͤtternd beruͤhren. 2) Mit abnehmender Erregbarkeit muß das Nervenende auf 3, 2 oder 1 Linie dem Zink genaͤhert werden. Die Zuckungen treten dann ein, wenn der eine Schenkel der ſilbernen Pincette auf dem Zink aufſteht, der andere (β) aber, mehrere Zolle weit von den Organen entfernt bleibt. 3) Hoͤrt dieſe Art der Reitzung auf, wirkſam zu ſeyn, dann muß man (im dritten ſchwaͤchern Zuſtande der Erregbarkeit) den Nerv in unmittelbaren Contact mit dem Zink ſetzen, den Schenkel, β, der Pincette aber dem Muskel auf 2 oder 1 Linie naͤhern. Der entbloͤßte (weniger der mit der Oberhaut bedeckte) Muskel verbreitet naͤhmlich eine reitzempfaͤngliche Atmoſphaͤre um ſich her, die mit hinſchwindender Lebenskraft abnimmt. Es gilt alles von ihr, was ich in den Verſuchen Fig. 36. (S. 82.) und Fig. 65. (S. 233.) bemerkte. Die Zuckungen treten ein, ſo wie die Muskelarmatur die dem Muskel nahen Waſſerſchichten beruͤhrt. Wird eine Metallplatte ſo gehalten, daß ſie die Atmoſphaͤre durchſchneidet, aber weder die Organe, noch die Armatur beruͤhrt, ſo iſt die Wirkung nicht gehindert. Dagegen verſchwindet der Reitz ſogleich, wenn die Metallplatte mit einer Glastafel verwechſelt wird. Mit jedem Momente wird der reitzempfaͤngliche Wirkungskreis ſchmaͤler und ſchmaͤler, und zuletzt erfolgt die Erſchuͤtterung nur, wenn entweder der Schenkel an einer andern Stelle friſch entbloͤßt, oder wenn die Pincette mit demſelben in unmittelbaren Contact gebracht wird. Daß dieſe Wirkungen aus der Ferne hier den Organen, und nicht den Metallen zugeſchrieben werden muͤſſen, ſchließe ich (außer dem ſchon oben angefuͤhrten Grunde) auch aus folgenden Beobachtungen: Wenn ein Stuͤck Schwamm oder gekochtes Fleiſch an die Grenze jenes problematiſchen Wirkungskreiſes gelegt wird, alſo in 1 oder 2 Linien Entfernung vom Muskel, ſo erfolgt die Reitzung nur dann, wenn die zuleitende Subſtanz von der Pincette unmittelbar beruͤhrt wird. Ja bey einem hohen Grade der Incitabilitaͤt habe ich den Verſuch Fig. 4. mit Erfolg unter Waſſer angeſtellt. Hier war gar kein Metall, keine Kohle im Spiel. Die Muskular-Contractionen erfolgten, indem ein Stuͤck Froſchleber mittelſt einer Glasroͤhre an einer Seite am Nerven anlag, mit dem andern Ende ꝛc. aber dem entbloͤßten Muskel auf 1 Linie weit genaͤhert wurde. Stelle ich den S. 32 beſchriebenen Verſuch an, bog ich unter Waſſer den Wadenmuskel gegen den Ischiadnerven zuruͤck, ſo ſah ich in einzelnen Faͤllen Zuckungen entſtehen, wenn Muskel und Nerve noch durch eine Waſſerſchichte von 1 Linie entfernt waren. Wurde hier nicht vielleicht ſinnlich dargeſtellt, was der tiefſinnige Mathematiker, Hr. Mayer zu Erlangen in einem Briefe an mich (vergleichen Sie S. 485) aͤußerte? Geſchah hier eine Exploſion durch Beruͤhrung und Zerſetzung zweyer Atmoſphaͤren? — Wer wollte bey ſo zarten Gegenſtaͤnden apodiktiſch entſcheiden! Laſſen ſie uns nicht auf halbem Wege ſtehen bleiben, ſondern unermuͤdet, ungenuͤgſam, aber erwartungsvoll im Experimentiren fortfahren, wo unvollſtaͤndige Inductionen immer zu falſchen Schluͤſſen verleiten! Ich komme nun zu den Erſcheinungen des Galvaniſmus, wo die Kette durch Luftſchichten unterbrochen iſt. Sie erinnern ſich, mein theurer Freund, daß ich dieſelben auf dreyerley Weiſe beobachtet habe, ein Mahl indem das an die Pincette gebundene Muskelfleiſch (Fig. 65.) ſich der Lende des Froſches naͤherte, dann indem die entbloͤßte Pincette (Fig. 37.) von dem auf dem Zink liegenden Muskelfleiſch entfernt blieb, und endlich indem der armirte Nerve (Fig. 63.) der Quere nach durchſchnitten war. Da dieſe Verſuche, und der auch von Hn. Keutſch gluͤcklich wiederhohlte Verſuch ohne Kette (Fig. 9 — 13.) vielleicht zu den auffallendſten meiner Schrift gehoͤren, ſo verdienen ſie die unparteyiſchte Pruͤfung. Wenn ich uͤber die Art nachdenke, wie ich die Phaͤnomene Fig. 65. und 37. beobachtet, wenn ich erwaͤge, daß ich ſelbſt und mein Reiſegefaͤhrte, der die Glastafel zwiſchen dem Muskel und der Pincette hielt, doch wohl mit Sicherheit wahrnehmen konnten, ob irgend ein Theil beruͤhrt ward: ſo ſcheinen mir unter ſo einfachen Bedingungen jene Thatſachen von jedem Verdacht der Taͤuſchung frey. Ich glaube alſo den Satz wiederhohlen zu koͤnnen, den ich S. 86. aufſtellte, den Satz: daß die thieriſche Materie ſich bisweilen in einem Zuſtand befindet, in dem ſie unſichtbar eine leitende Atmoſphaͤre um ſich verbreitet, welche in ihrer Wirkung allmaͤhlig mit der Lebenskraft abnimmt. Ich glaube ſinnlich wahrgenommen zu haben, was Hr. Reil in ſeiner claſſiſchen Schrift uͤber die Nerven von einem ſenſibeln Wirkungskreiſe praͤdicirte. Die phyſiologiſchen Folgerungen, welche ich am Ende des ſiebenten Abſchnitts entwickelt, ſcheinen mir noch jetzt viel Wahrſcheinlichkeit fuͤr ſich zu haben. Wenn aber auch die Erſcheinungen Fig. 36. und Fig. 65. unerſchuͤtterlich feſt ſtehen, ſo iſt die dritte Beweisart, die von Fig. 26. hergenommen iſt (wie ich jetzt einſehe), bey weitem nicht eben ſo vor dem Verdacht der Selbſttaͤuſchung geſichert. Schon Hr. Michaelis, der in ſeinem Briefe an mich ( Gren’s neues Jour. der Phyſ. 4ten B. 1tes H. S. 9) meine Verſuche ſo ſcharfſinnig erweitert, ja einige chemiſche ſogar mit Gluͤck auf die praktiſche Heilkunde angewandt hat, ſchon Hr. Michaelis erinnerte mich, wie leicht man durch Lymphe, welche den Raum zwiſchen beyden Nervenenden ausfuͤllt, getaͤuſcht werden kann. Wenn Sie meine Verſuche S. 213 — 220 nachleſen, ſo werden Sie zwar ſehen, wie vorſichtig ich dieſem Irrthum zu entgehen ſuchte. Neuere Experimente, welche ich Stundenlang bloß in dieſer Hinſicht angeſtellt, haben mich indeſſen uͤberzeugt, daß ich mich in jenen 4 Blaͤttern viel zu allgemein ausgedruͤckt. Ich habe geirrt, wenn ich das Phaͤnomen als haͤufig eintretend geſchildert. Ich glaube jetzt, daß ich in vielen Faͤllen, wo ich den Nerven durchſchnitt, die Enden entfernte, und keine Feuchtigkeit dazwiſchen zu laſſen waͤhnte, mich ſelbſt und andere unwillkuͤrlich getaͤuſcht. Wie ſchwer iſt es, uͤber die Trockenheit einer Glastafel zu entſcheiden, wenn ein Atom von Naͤſſe, der leiſeſte Hauch zur Ueberleitung hinlaͤnglich iſt? Ich fuͤhle dieß ſehr lebhaft bey einem ſehr feinen Elektrometer, deſſen ich mich zur Unterſuchung der atmoſphaͤriſchen Elektricitaͤt auf hohen Gebirgen bediene. Ich kann eine erwaͤrmte Glastafel leitend fuͤr E. machen, wenn ich ſie einige Secunden lang uͤber ein Stuͤck friſches Muskelfleiſch, ſelbſt in 3 Linien Entfernung davon, halte. Nach dieſen Erfahrungen bediene ich mich jetzt entweder der Methode, welche Sie S. 218 angegeben finden, der Methode, die Nervenenden durch untergelegte Glasroͤhren frey durch die Luft gehen zu laſſen, oder (was noch ſicherer, wenn gleich etwas muͤhſam iſt) die Nervenenden eben ſo frey in Haarſchlingen zu legen, welche, um eine Glasroͤhre gewunden, ſenkrecht herabhaͤngen. Daß dieſer Apparat tadelfreyer ausgeſonnen iſt, erkenne ich daraus, daß ich Nerven, welche in den Haarſchlingen ſchwebend gereitzt nicht aus der Ferne wirkten, auf Glasplatten liegend, Contractionen im Muskel erregen ſah. Dagegen habe ich aber auch in dieſem Jahre wieder zwey Mahl die ſenſibeln Wirkungskreiſe bey Nerven beobachtet, welche auf die eben beſchriebene Art durch Haarſchlingen getragen wurden, und deren Enden durch eine Luftſchichte getrennt waren. Die Zuckungen dauerten 4 — 5 Minuten, und ich hatte Muße, alle Nebenumſtaͤnde ſo genau zu beobachten, daß mir in dieſen Faͤllen ſo wenig Zweifel als bey Fig. 37. und 65. uͤbrig blieben. Auch waren die Organe ſo reitzbar, daß noch nach 15 Minuten der Verſuch mit bloß thieriſchen Theilen Fig. 3. gluͤckte. Ich kann dieſe Betrachtungen nicht verlaſſen, ohne Sie noch an eine Beobachtung zu erinnern, auf welche mich Hr. Ritter zu Jena geleitet hat, ein junger Mann, der mit den gruͤndlichen phyſikaliſchen und chemiſchen Kenntniſſen ein großes Talent zum Experimentiren verbindet, und dem ich eine vortreffliche kritiſche Abhandlung uͤber den erſten Band meines Werkes verdanke. Hr. Ritter wirft die Frage auf: Ob bey den S. 82 und S. 233 von mir erzaͤhlten Verſuchen nicht ein eigner Zuſtand der Atmoſphaͤre mitwirkend ſeyn koͤnne, ob nicht bey ſehr exaltirter Incitabilitaͤt der Organe die Luftfeuchtigkeit das Medium iſt, mittelſt welchem die Organe aus der Ferne wirken? Sie ſehen, mein Theurer, daß bey dieſer Vorſtellungsart ſchlechterdings nicht von einer bloßen Zuleitung die Rede iſt (denn bey leitenden Ketten wirken 300 Fuß Laͤnge, wie die einer Linie; dieſelben Organe, welche nur in einer ſchmalen Waſſerſchichte empfindlich ſind, habe ich durch fußlange, in dieſe Schichten gelegte Metallſtaͤbe gereitzt!), ſondern daß der Fall Fig. 37. und 65., auf den der Wirkungskreis unter Waſſer reducirt wird. Jene ſcharfſinnige Vermuthung des Hn. Ritter gewinnt dadurch an Wahrſcheinlichkeit, daß ich bey dem einen Experimente, bey welchem die Nervenenden in Haarſchlingen lagen, die Contractionen lebhafter werden ſah, als ich eine warme aber behauchte Glastafel 1 Linie tief unter den Nerven hielt. Sollten hier nicht aufſteigende Daͤmpfe das Medium geweſen ſeyn, durch welches die ſenſibeln Organe ihren Wirkungskreis verbreiteten? Als bloße Leiter duͤrfen aber jene Daͤmpfe nicht betrachtet werden, denn ſonſt muͤßte der Reitz ſo lange wirkſam geblieben ſeyn, als die Glastafel neu behaucht wurde, und mit hinſchwindender Lebenskraft waͤre die Annaͤherung der Nervenenden nicht erforderlich geweſen! Da ich faſt den ganzen Tag uͤber fortexperimentire, ſo bin ich auf einige neue Thatſachen geſtoſſen, die der zweyte Band meines Werkes enthalten wird, von denen ich Ihnen aber eine, mir ſehr auffallende vorlaͤufig anzeige. Sie bezieht ſich auf die Anwendung kuͤnſtlicher Elektricitaͤt, als Reitz der ſenſibeln Faſer. Wenn ich eine Glasroͤhre, die auf einer Seite in Metall gefaßt iſt, durch Reiben ſo ſchwach elektriſire, daß ein Bennetſches Electrometer kaum um ¼ Linie divergirt, ſo entſtehen lebhafte Muskelcontractionen, wenn das metallene Ende der ſchwach geladenen Roͤhre einen praͤparirten Cruralnerven beruͤhrt. Der Effect iſt derſelbe, die Electricitaͤt mag unmittelbar, oder mittelſt einer metallenen Armatur eingeleitet werden. Das, werden ſie ſagen, iſt leicht vorherzuſagen. Aber — wenn ich dieſelbe oder eine andere Glasroͤhre (die aber nicht in Metall gefaßt iſt) ſo ſtark durch Reiben elektriſire, daß das Elektrometer um 4 Linien divergirt, ſo bleiben die Organe in Ruhe, wenn die bloße Glasroͤhre den Nerven beruͤhrt, ſey es unmittelbar, oder ſo, daß die Elektr. aus dem Glaſe durch die Zinkarmatur des Nerven ſtroͤmt. Was iſt nun der Grund dieſes wunderbaren Phaͤnomens? Die ſchwaͤchere Elektr. wirkt reitzender, als die ſtaͤrkere, nicht wenn jene durch ein Metall, das man an die ſchon geladene Roͤhre anlegt, durchſtroͤmt, ſondern wenn ſie aus einem Metalle kommt, welches mit der Glasroͤhre bereits verbunden war, als in dieſer die Elektr. erregt ward. Bey + E. und — E. waren die Erſcheinungen dieſelben. Aus einer Recenſion in der Salzb. med. chir. Ztg. ſehe ich , daß das Journal der Erfindungen St. 17. Int. No. 13. mich beſchuldigt, ich hielte den Stickſtoff fuͤr die Urſache der Reitzbarkeit. In andern Schriften leſe ich, daß ich den Sauerſtoff fuͤr jene Urſache annehme. Da ich mich nie erinnere, weder die eine noch die andere Behauptung ausgeſprochen zu haben, da ich an gar kein materielles Subſtrat (Principe) der Reitzbarkeit glaube, ſondern zu beweiſen ſtrebe, daß die vitalen Erſcheinungen, in ſo fern ſie in der Materie gegruͤndet ſind, von der Miſchung aller Elemente der Thier- und Pflanzenfaſer herruͤhren, ſo bedarf es wohl keiner Rechtfertigung gegen ſolche Anklagen. In Italien hat Hr. Brera eine Abhandlung uͤber meine Verſuche drucken laſſen. Bey den Ruͤckenwunden bemerkte er die von mir aufgezeichneten Erſcheinungen. Nur die ſo auffallende Veraͤnderung der lymphatiſch-nervoſen Feuchtigkeit, welche ſich bey mir ſelbſt zwey Mahl zeigte, erfolgte nicht. Dennoch beweiſen die Verſuche des Hn. Aſh und Michaelis (letzterer trug eine ſchmerzhafte Geſchwulſt davon), daß jene Veraͤnderung nicht auf einer Idioſynkraſie meiner Organe allein beruht. Es iſt gar ſchwer in der Experimental-Phyſiologie bey Wiederhohlung von Verſuchen dieſelben Reſultate zu erwarten. Wir experimentiren unter unbeſtimmten unbekannten Bedingungen! So wollten Anfangs einigen Gliedern des National-Inſtituts zu Paris meine Verſuche uͤber Stimmung der Erregbarkeit durch chemiſche Mittel nicht gluͤcken; dieſelben Verſuche, die ich vielen Perſonen, und zuletzt noch in ihrer ganzen Staͤrke unſerm vortrefflichen Freunde, Hn. Hufeland zu zeigen die Freude hatte. Oft mißlingen Verſuche, bey welchen die Urſache des Mißlingens gar nicht zu errathen iſt. So meldete man mir, daß meine in der Flora Fribergenſis beſchriebenen Verſuche uͤber das Keimen der Saamen in oxygenirter Salzſaͤure nicht gluͤcklich zu wiederhohlen waͤren — und einige Monathe nachher ſehe ich, daß man bey dem akademiſch-botaniſchen Garten in Wien dieſe kleine Entdeckung ſeit Jahren praktiſch benutzt, daß man dort aus veralteten Saamen durch jene Saͤure Pflanzen erzeugt hat, welche noch nie zum Keimen zu bringen waren. — Meine Antwort auf Hn. Fourcroy’s Bemerkungen uͤber mein Mémoire ſur le Procès chymique de la vitalité werden Sie wahrſcheinlich bald in Gren’s neuem Journal der Phyſik leſen. Wenn es in eben dem Journale (4ten B. 2. H.) heißt, der Galvaniſmus koͤnne nicht zum Maaße der Reitzempfaͤnglichkeit dienen, weil die Intenſitaͤt des Reitzes durch Benetzung der Organe mit excitirenden Stoffen modificirt werde, ſo widerſprechen dieſer Behauptung alle Erfahrungen. Ein mattes Organ zeigt fortwaͤhrend ſchwache Contractionen, das Galvaniſche Fluidum mag unmittelbar oder durch Stoffe eingeleitet werden, die mit jenen Stoffen benetzt ſind. Wenn ein Reitz ein Mahl ſtaͤrker als das andere Mahl wirkt, ſo folgt wohl daraus, daß die Erregbarkeit ſich veraͤndert habe. Auch lehren analoge Erfahrungen (das langſamere Pulſiren der Herzen in Stickgas, das Kneipen friſcher Nerven vor und nach der Benetzung mit excitirenden Stoffen) die Richtigkeit jenes Maaßes. Man muß mit dieſen Erſcheinungen ſehr vertraut ſeyn, um raſch daruͤber aburtheilen zu wollen.