Ueber die einfache Vorrichtung, durch welche ſich Menſchen ſtundenlang in irreſpirablen Gasarten, ohne Nachtheil der Geſundheit, und mit brennenden Lichtern aufhalten koͤnnen; oder vorlaͤufige Anzeige einer Rettungsflaſche und eines Lichterhalters. Aus einem Briefe des Hrn. Oberbergraths von Humboldt an den Herrn Berghauptmann von Trebra . Vom Hrn. v. Humboldt gefaͤlligſt zur Einruͤckung in die Annalen mitgetheilt. C. Vor kaum zwey Stunden bin ich ausgefahren, und ſo ermattet ich mich auch von meinen diesmahligen Verſuchen in der Grube fuͤhle, ſo kann ich mir doch nicht die Freude verſagen, Ihnen ſogleich die froͤhlichen Empfindungen mitzutheilen, die ſich mir jetzt aufdraͤngen. Vor Ihnen, der ſie einen ſo warmen Sinn, eine ſo große Empfindlichkeit, fuͤr alles haben, was das Wohl einer arbeitſamen Menſchenklaſſe betrifft, vor Ihnen werde ich leicht Entſchuldigung fuͤr den lebhaften Ausdruck und die Verworrenheit dieſer Zeilen finden. Sie wiſſen, daß ich mich ſeit mehreren Jahren mit Verſuchen uͤber die Zerlegung der Grubenwetter, und uͤber die wunderbaren Erſcheinungen der unterirdiſchen Meteorologie beſchaͤftige. So intereſſant es mir an ſich ſchien, die unterſten Schichten der Atmoſphaͤre, wo ſie ſich tief in die Spalten der feſten Erdrinde einſenkt, mit der obern Wolkenregion zu vergleichen, und zu zeigen, wie es in beyden nebelt, blitzt und weht; ſo konnte ich mich doch nicht mit einer Unterſuchung begnuͤgen, welche zwar mehrere phyſikaliſche Kenntniſſe erweitert, aber nicht unmittelbar zum Nutzen des praktiſchen Bergbaues hinfuͤhrt. Mein eifrigſter Wunſch war daher nicht, die Miſchung der matten oder boͤſen Grubenwetter zu kennen, ſondern Mittel zu erfinden, durch welche der Nachtheil fuͤr das Leben der Menſchen, und den Betrieb der Gruben gemindert wuͤrde; es kraͤnkte mich oft, wenn ich bedachte, wie rieſenmaͤßig die Fortſchritte ſind, welche Phyſik und Chemie in neuern Zeiten gemacht, und wie gering der Einfluß dieſer Fortſchritte auf die buͤrgerlichen Gewerbe geweſen ſind. Der hell-polirte Bergbauſpiegel des trefflichen Balthaſar Roͤßler iſt in der Mitte des vorigen Jahrhunderts geſchrieben, und enthaͤlt das 25ſte Kapitel des 2ten Buches nicht faſt alles, was wir bis jetzt von den Wettern, und den Verwahrungsmitteln dagegen wiſſen? Bey meinem einſamen Gebirgsaufenthalte zu Steben war dieſer Bergbauſpiegel meine gewoͤhnliche Abendlektuͤre, und ich geſtehe Ihnen gern, daß dieſe oder vielmehr der Gedanke an unſere geringen Fortſchritte mit jener Epoche mich hauptſaͤchlich zu den folgenden Arbeiten veranlaßte. Sie waren, wie ich, und bey meiner jugendlichen Erfahrung gewiß unendlich oͤfter als ich, ſelbſt Zeuge, daß ein ungluͤcklicher Bergmann in boͤſen Wettern erſtickt. Sie erinnern ſich lebhaft der marternden Gefuͤhle, mit denen man an dem Schachte, oder vor der Strecke ſteht, in der der Erſtickte liegt, und in welche man ſich vergebens hinein zu wagen ſucht. Indem man zu Vorkehrungen ſchreitet und will, treten oft die Wetter weiter vor, zwingen die Rathſchlagenden, von dem Schachte eiligſt auszufahren, ja in manchen Faͤllen, die ich ſelbſt geſehen, lagert ſich der Schwade wie ein Gewoͤlk um das Haſpelgeviere; ſo daß man ſich auf 4 Fuß weit der Haͤngebank nicht mit Geleuchte naͤhern kann. Nun faͤngt man an mit Tannenreiſern im Schachte zu buſchen, oder Waſſer hineinzugießen, um die boͤſen Wetter zum Ausziehen zu noͤthigen. Unternimmt es ein beherzter Hauer mit einem Schnupftuch um die Naſe und den Mund, welcher in Waſſer oder Harn getraͤnkt iſt, einzufahren, um den Erſtickten zu holen, ſo kommt dieſer gewoͤhnlich nach wenigen Minuten ſchon wieder unverrichteter Sache zuruͤck, weil er ſelbſt zu erſticken beſorgte, oder, (was vorzuͤglich beym Einhaͤngen am Knebel geſchieht) er giebt das Zeichen zum Ausfahren zu ſpaͤt, und wird ſelbſt ein Opfer ſeiner Kuͤhnheit. Selbſt wenn die Wetter weniger toͤdlich, nur ſo matt ſind, daß man 15-20 Minuten lang darin ohne Ohmacht zu exiſtiren hoffen kann; ſo haͤlt doch die Unwahrſcheinlichkeit ohne Licht bey dem Umhertappen im Finſtern, den Erſtickten zu finden, und die Furcht ſich ſelbſt zu verſpaͤten, diejenigen zuruͤck, welche mit einem nicht zu verloͤſchenden Geleuchte ſich gewiß zum Nachfahren entſchloͤſſen. Statt alſo, daß der Verungluͤckte, wenn man ihn in der erſten Viertel- oder halben Stunde herausziehen koͤnnte wahrſcheinlich noch zum Leben zuruͤckgebracht werden wuͤrde, muß man ihn, je nachdem die Wetter ſich fruͤher oder ſpaͤter verziehen, oft 2-3 Stunden liegen laſſen, ohne ſich ihm zu naͤhern. Der Zuſtand des Verungluͤckten iſt waͤhrend dieſer Zeit, bisweilen weit ſchrecklicher, als unſere Phantaſie denſelben ſchildert. Im Salzburgiſchen Alpengebirge wurde mir die Geſchichte eines Bergmanns erzaͤhlt, der eine halbe Stunde ohnmaͤchtig und roͤchelnd ausgeſtreckt lag, dann, als die Wetter ſich von ſelbſt etwas verzogen, erwachte, ſich ein paar Lachter fortſchleppte, wieder ohne Beſinnung niederfiel, und nun erſt, nach einer vollen Stunde da er bald zu kriechen verſuchte, bald ohne Bewegung war, unter dem Schacht in friſchere Wetter gelangte. Der Tod der Erſtickenden iſt alſo keineswegs immer ſo ploͤtzlich und ſanft, als man uns zu uͤberreden ſucht. Je tiefer wir von dem Schmerz durchdrungen ſind, einen arbeitſamen Menſchen auf dieſe Weiſe hingeopfert, einer oft kinderreichen Familie ihren Ernaͤhrer geraubt zu wiſſen, deſto unangenehmer muß uns das Gefuͤhl ſeyn, ſo kleine elende Mittel gegen ein ſo großes Uebel angewandt zu ſehen. Hundert Phyſiker haben ſich damit beſchaͤftigt, das Inſtrument zu vervollkommnen, womit man die Atmoſphaͤre wiegt, hundert Bergleute haben Haute, Tonnen, und Goͤpelkoͤrbe bis zur Spielerey veraͤndert: und uͤber die Rettung verungluͤckter Bergleute bietet die Geſchichte der Erfindungen kaum zwey duͤrftige Ideen dar. Nach den Rechnungen zu urtheilen, die ich an Orten, wo ſtarker Steinkohlen-Bergbau, wie in England und den Niederlanden getrieben wird, hoͤrte, kann die Zahl der Bergleute, welche jaͤhrlich in Europa von boͤſen Wetern ſterben, nicht gering ſeyn. Auch ſind dieſen noch die Verungluͤckten beym Brunnengraben, Kellerſprengen, und beym Mineurweſen und Veſtungsbau beyzuzaͤhlen. Aber ſelbſt ohne dieſe Betrachtung, wie viele Gruben ſind nicht, beſonders ehemals bey dem kruͤppelichten Bau der Alten, aus Wettermangel auflaͤſſig geworden. Wie viele ſind mir bekannt, welche in den 2 heißen Sommermonaten unbelegt blieben. Wie koſtſpielig ſind nicht beſonders bey einem kleinen aͤrmlichen Bergbau die Anſtalten, durch welche friſche Wetter herbeygefuͤhrt werden, das Tragwerk und deſſen Verſpindung ſo aͤngſtlich zu ſehen iſt, und welches den Stoͤllen oft eine uͤbermaͤßige Ortstoßhoͤhe zu geben noͤthigt, die Wetterlotten, Waſſertrommeln, Blaſebaͤlge, (in theurem Schichtlohn bewegt) Windoͤfen und was wichtiger denn alles iſt, die Lichtloͤcher, welche oft mit Pumpen oder Maſchinen niedergebracht werden muͤſſen, die Querſchlaͤge und Richtung des ganzen Grubenbaues, welche blos der Wetterwechſel veranlaßt! Ein großer Theil dieſer Anſtalten wird nicht ſo wohl durch den Umſtand nothwendig, daß Wetter fuͤr das Athmen der Menſchen mangeln, ſondern dadurch, daß die an Sauerſtoff armen Gasarten das Geleuchte verloͤſchen. Freylich werden auch Schichten genug im Finſtern verfahren, aber welcher Bergmann weiß nicht, wie langſam und gezaͤhverderbend dieſe Arbeit, oder der Betrieb eines Orts iſt, vor dem der Haͤuer alle zehn Minuten das verloſchene Geleuchte wieder anzuͤnden muß. Wie viel Pulver wird verſchwendet, wenn die Bohrloͤcher uͤbereilt angeſetzt ſind, oder wie elend geht gar die Schlaͤgel- oder Eiſenarbeit im Finſtern von ſtatten? Eine nicht verloͤſchende, in jeder Gasart fortbrennende Lampe, ſcheint daher ſchon ein großer Gewinn fuͤr den Bergbau zu ſeyn. Eine ſolche Lampe muß unmittelbar ſelbſt der Geſundheit des Bergvolks wichtig ſeyn. Denn je langſamer beym Durchfluͤgen in den alten Mann, oder mit vorgeſchlagenen Lichtloͤchern das Ort im Finſtern oder unter beſtaͤndigem Kampf mit dem Geleuchte fortruͤckt, deſto laͤnger iſt der Haͤuer dem Nachtheil der matten Wetter ausgeſetzt. Noch ſind andre Faͤlle uͤbergangen, wo das Nichtbrennen der Grubenlichter von eben ſo großem Nachtheil fuͤr die praktiſchen Vorrichtungen iſt. Der Marktſcheider ſoll von Ort, um eine Oertung an den Tag zu bringen, oder um zu entſcheiden, ob ſtreitige Gewerkſchaften auf einen oder zwey Gaͤngen liegen, aber der Zug kann nicht geſchehen, weil die Kunſt, im Finſtern zu markſcheiden, noch nicht erfunden iſt. Die richtige Vorrichtung des Grubenbaues wird durch ein ſolches Uebel oft Monate lang verzoͤgert, Berggerichte werden dadurch zum Nachtheil des Bergvolks und der Gewerken an der Entſcheidung eines Prozeſſes gehindert. Kolben muͤſſen geliedert werden, aber matte Wetter haben ſich in dem Kunſtſchachte gelagert, und der Kunſtknecht kann das brennende Geleuchte nicht bis an die Saͤtze heranbringen. Eine Strecke, ein Stollfluͤgel ſoll fahrbar gehalten werden, der Zimmerſteiger kann aus Wettermangel Thuͤrſtoͤcke, Kappen und Tragewerk aber nicht auswechſeln, ja nicht einmahl darnach ſehen. Obere Bergofficianten kommen jaͤhrlich vielleicht ein- oder zweymahl in ein entlegenes Bergrefier. Ganze Gruben oder wichtige Theile derſelben ſind nur ohne Geleuchte befahrbar. Wie theuer wuͤrde man dann nicht eine nie verloͤſchende Lampe bezahlen, um ſich von der Natur der Anbruͤche, dem Verhalten des Ganges und Quergeſteins vor den verdungenen Oertern, der Guͤte oder Schlechtigkeit der Zimmerung und Maͤurung ſelbſt durch den Augenſchein zu uͤberzeugen. Ihnen, verehrungswerther Freund, haͤtte ich dieſe Faͤlle kaum ins Gedaͤchtniß zuſammenzurufen gebraucht, da bey Ihrer langen, mit ſo wohlthaͤtigem Erfolg gekroͤnten Erfahrung jeder derſelben gewiß hundertfach vorgekommen iſt. Je wichtiger es mir alſo fuͤr den Bergbau ſchien, ein Licht zu erfinden, welches in jeder Gasart brennt, beſto eifriger war ich ſelbſt darauf aus, eine ſolche Vorrichtung zu Stande zu bringen. Das Mittel dazu iſt in der That ſehr einfach, und ich bin uͤberzeugt, daß jeder nicht ganz ungebildete Menſch, welcher ernſthaft uͤber Wettermangel nachdachte, auf ganz aͤhnliche Inſtrumente, wie mein Lichterhalter und meine Rettungsflaſche ſind, fallen mußte. Ich habe eine eben ſo geringe Meinung von dem Verdienſte meiner Erfindung, als ich eine hohe von ihrem ausgebreiteten Nutzen fuͤr das buͤrgerliche Leben hege. Sie erinnern ſich aus meiner Abhandlung uͤber die Grubenwetter (Annal. B. 2. 1795. S. 99), daß ich bereits ihrer erwaͤhnt habe. Ich wollte damahls nicht mehr verſprechen, als ich zu leiſten im Stande war. Ich glaubte ein volles Jahr warten zu muͤſſen, ehe ich nach vielfaͤltigen, oft gefahrvollen, koſtſpieligen Verſuchen, meine Inſtrumente praktiſchen Bergleuten vorlegen durfte. Wenn Lichter darum verloͤſchen, weil die Luft, welche ſie umgiebt, zu arm an Sauerſtoff iſt, ſo folgt daraus von ſelbſt, daß das Mittel, das Brennen der Lichter zu unterhalten, nur in der Erſetzung dieſes Mangels an Sauerſtoff liegt. Wie kann aber dieſe kuͤnſtliche Erſetzung auf die wohlfeilſte einfachſte Weiſe geſchehen? Sie wiſſen aus meinem Briefe an Herrn Lampadius, daß ich mich ſonſt um Thermometer Beobachtungen in irreſpirablen Gasarten zu machen, eines Gefaͤßes mit Lebensluft bediente, unter welches ein Licht gehalten wurde. Dieſe Einrichtung war ſehr gut fuͤr einen phyſikaliſchen Verſuch, nicht aber zur Anwendung fuͤr den Bergbau. Wie ſchnell entweicht nicht die Lebensluft, wie oft muß man von Gefaͤßen wechſeln? Ich verfiel daher nach vielen vergeblichen Verſuchen auf folgende Vorrichtung. Meine neue Lampe enthaͤlt, außer dem Brennmaterial, ſey es Oehl, Talg oder Wachs, auch noch das, was allen andern Lampen fehlt, das Sauerſtoffgas, welches von dem Brennmaterial zerſetzt wird. Sie iſt daher ganz unabhaͤngig von der umgebenden Luftſchicht, in welche ſie gebracht wird, weil ſie ſich ſelbſt naͤhrt, blos durch ſich ſelbſt den Lichtſtoff frey macht. Bey ihrer Verfertigung waren drey Aufgaben zu loͤſen: erſtlich mußte ſie, um ein geringeres Volumen einzunehmen, ſo wenig Luft, als moͤglich, konſummiren, zweytens mußte der Zufluß der Luft gleichfoͤrmig und nach Willkuͤhr augenblicklich zu verſtaͤrken ſeyn, und drittens, mußte der Luftvorrath mit der Lampe in ſolcher Verbindung ſtehen, daß die um dieſe ſich bildende Kohlenſaͤure und inflammable Luft den Luftvorrath nicht verunreinigte. Ich glaube, daß mein Inſtrument, wie es jetzt ausſieht, dieſen Forderungen Genuͤge leiſtet. Es beſteht aus einem cylindriſchen blechernen Gefaͤße, welches ohngefaͤhr in der Mitte in zwey Abtheilungen dergeſtalt geſchieden iſt, daß die obere einen kleinern Durchmeſſer, als die untere hat. Beyde haͤngen durch eine Oeffnung zuſammen, welche durch einen Hahn verſchloſſen oder mehr oder weniger geoͤffnet wird, je nachdem die Lampe mehr oder wenig Luftzufluß bedarf, je nachdem man ſich der Lebensluft oder atmoſphaͤriſcher Luft bedient. Die obere Abtheilung wird nun mit Waſſer, die untere mit dem reinen Luftvorrath gefuͤllt. Die Leinwand, welche oben angebracht iſt, um das Waſſer zu reinigen, eine Nadel, mit der man die Communikationsoͤffnung reinigen kann, die bequeme Vorrichtung zum Einfuͤllen der Luft, beſchreibe ich Ihnen nicht. Sie trauen mir von ſelbſt zu, daß ich an meinem Inſtrumente, an dem ich ein Jahr lang abaͤndere, welches dem gemeinen Bergmann in die Hand gegeben werden ſoll, dafuͤr geſorgt habe. Auf der obern Flaͤche der untern Abtheilung, da wo dieſelbe vor der obern vorſteht, iſt die Lampe angebracht. Dieſe Lampe habe ich nach dem Argandſchen Princip eingerichtet. In ihrer Mitte erhebt ſich nemlich ein etwa zwey Linien dicker, hohler, meſſingener Cylinder, deſſen obere Muͤndung (denn auf dieſe kommt es ja allein an) kaum den achten Theil einer Linie im Durchmeſſer hat. Dieſer Cylinder, den ich das Luftrohr nenne, communicirt unten mit dem Luftvorrathgefaͤße, von welchem er zur Reinigung an oder abgeſchroben werden kann. Auf das Luftrohr wird nun ein hohler geſtrickter Tocht gezogen, und um daſſelbe Oehl gegoſſen oder Talg eingeſchmolzen. Was erfolgt nun, wenn der Tocht angezuͤndet iſt, und man den Hahn oͤffnet, durch welchen beyde Abtheilungen in Verbindung ſtehen? Ein duͤnner Waſſerſtrom laͤuft in das Luftgefaͤß. Die dadurch comprimirte Luft will entweichen, und findet keinen andern Ausgang, als den durch das Luftrohr. Sie ſtroͤmt alſo mitten durch die Flamme durch, welche in dem Augenblick heller, laͤnger und pyramidal zugeſpitzt wird. Als ich dieſe Erfindung im Junius des vorigen Jahrs zuerſt beſchrieb, hatte ich die Idee, die Luft wie beym Luftrohr von der Seite in die Flamme blaſen zu laſſen. Dieſe Einrichtung hat aber den Fehler, daß die Flamme ſich nach der dem Luftſtrom entgegengeſetzte Seite neigte und viel Luft unnuͤtz verblaſen ward, weil ſie nicht in die gehoͤrige Beruͤhrung mit dem brennenden Tochte kam, und daher nicht vollkommen zerſetzt, ſondern groͤßtentheils unverſetzt weggeblaſen ward. Weit lufterſparender iſt das Argandſche Princip, nach welchem die Luft in die moͤglichſte Beruͤhrung mit dem Brennmaterial tritt. Das Luftrohr kann ſich nicht verſtopfen, denn der Drang der Luft, welche durch den fortlaufenden Waſſerſtrom anſehnlich comprimirt wird, uͤberwindet jedes Hinderniß. Eben dieſer Drang iſt ſo gleichfoͤrmig, daß Sie Sich nichts gleichfoͤrmigeres als die Figur meiner Flamme, denken koͤnnen. Im matten Wetter will ich dazu die Minute vorherſagen, wann die Lampe verloͤſchen muß. Denn das Ganze bildet eine Waſſeruhr. In jeder Minute laufen in dem Inſtrumente, deſſen ich mich jetzt bediene, drey Kubikzoll Waſſer, alſo iſt die Zeit leicht zu berechnen, in welcher ein Luftgefaͤß von beſtimmtem Volumen erſchoͤpft iſt. Fuͤrchten Sie nicht, daß in Faͤllen, wo man die Lampe mit Sauerſtoffgas, ſtatt mit reiner atmoſphaͤriſcher Luft, fuͤllt, Entzuͤndung in der Knallluft in der Grube zu fuͤrchten ſey. Ich habe dafuͤr durch eine eigne Vorrichtung ebenfalls geſorgt. Auch iſt Ihnen als praktiſchem Bergmann bekannter als mir, wie ſelten die ſchlagenden Wetter ſind, und wie die inflammable Luft in der Grube faſt immer mit Kohlenſaͤure und Stickluft, welche ihre Enzuͤndung hindern, gemengt iſt. Dazu iſt der Strom der Sauerſtoffluft, welche außer meinem Luftrohre in die Hoͤhe ſteigt, ſehr gering, und da wo er die aͤußern Wetter beruͤhrt, bereits durch Einwirkung des Tochtes und Oehls ſehr verunreinigt. Wenn alles, was die Phyſiker von den unterirrdiſchen Wettern und ihrer Analogie mit den kuͤnſtlichen einfachen Gasarten behaupten, gegruͤndet waͤre, ſo muͤßte ich mit ganzen Flaſchenkoͤrben Lebensluft, in allerhand Arten von Wettern gearbeitet, laͤngſt wie in einer Blaſe mit Knallluft zerfetzt ſeyn! (Die Fortſetzung folgt.) Ueber die einfache Vorrichtung, durch welche ſich Menſchen ſtundenlang in irreſpirablen Gasarten, ohne Nachtheil der Geſundheit, und mit brennenden Lichtern aufhalten koͤnnen; oder vorlaͤufige Anzeige einer Rettungsflaſche und eines Lichterhalters. Aus einem Briefe des Hrn. Oberbergraths von Humboldt an den Herrn Berghauptmann von Trebra . S. chem. Annal. J. 1796. B. 2. S. 99. Die Staͤrke der Flamme, oder die Heftigkeit derſelben wird von dreyerley Umſtaͤnden modificirt, von der Weite, zu der der Hahn geoͤffnet iſt, d. i. von der Dicke des Waſſerſtrahls, von der Guͤte der Luft, und von der Weite des Luftrohrs. Da ich jede Lampe mit mehreren wechſelsweiſe aufzuſchraubenden Luftroͤhren von verſchiedner Weite, verſehe, ſo habe ich alle drey Bedingungen in meiner Gewalt. Wenn ich in der matten Grube von Wettern in friſche fahre, ſo verſchließe ich, ſobald ich in die letztern komme, den Wetterhahn. Nun brennt die Lampe fuͤr ſich fort und keine Luft wird verſchwendet. Das Ganze iſt ſo wenig zerbrechlich, daß es anſtoßen oder fallen kann, ohne ſeinen Effekt zu verlieren. Denn ein Theil ſchuͤtzt den andern. In einer Beſchreibung ſieht jedes Inſtrument zuſammengeſetzter aus, als wenn man es in Wirklichkeit vor ſich ſieht . Auch laſſe ich diejenigen Lampen, welche dem Hauer vor Ort leuchten ſollen, ganz anders, als diejenigen, conſtruiren, welche zum Unterfahren in der Grube, zum Markſcheiden, fuͤr Generalbefahrungen, um ſich Maſchinen zu naͤhern oder um Erſtickte zu ſuchen, dienen ſollen. Jene koͤnnen einfahren, ohne alle Hahne und vom großen Volum ſeyn, dieſe muͤſſen kleiner, und alſo mit Haͤhnen und Schrauben zur Erſparung des Luftvorraths verſehen ſeyn. An dieſen habe ich daher auch eine Vorrichtung erſonnen, durch die das Waſſergefaͤß nur halb ſo groß als das Luftgefaͤß zu ſeyn braucht, und mittelſt der man daſſelbe Waſſer mehrmahls durchlaufen laͤßt, ehe der Luftvorrath erſchoͤpft iſt. Sie werden dieſe Vorrichtung ſo wie eine andre mit einer ſiebaͤhnlichen Luftroͤhre zur mehrern Ausbreitung der Flamme bald in einer Beſchreibung leſen, die ich mit Zeichnungen oͤffentlich bekannt zu machen gedenke. Es waͤre ſelbſt unmoraliſch, aus Dingen, welche die Erhaltung menſchlicher Geſundheit und das Wohl des Bergbaus bezwecken, ein Geheimniß zu machen. Ich zoͤgere nur mit der Bekanntmachung und Verſendung des Apparats, weil ich ihn durch taͤgliche Verſuche noch immer zu vervollkommnen gedenke. Ich habe eine Glocke mit reiner fixer Luft mehrmahls uͤber meine Lebensluftlampe gehalten, und nie war ich im Stande ſie zum Verloͤſchen zu bringen. Als die Lampe ſchon herausgenommen war, verloͤſcht der Reſt der kohlenſauren Luft noch jede Wachskerze. Ich zweifle, daß es Grubenwetter giebt, welche bis auf dieſen Grad irreſpirabel ſind. Aber ich begnuͤgte mich damit nicht. Es kam darauf an, die Maſchine durch einen noch entſcheidendern Verſuch zu pruͤfen. Unſer jetziger Oberbergmeiſter, Herr Killinger, der die trefflichſten chemiſchen und bergmaͤnniſchen Kenntniſſe mit einander verbindet, entſchloß ſich leicht den Verſuch mit mir zu wagen. Wir waͤhlten daſſelbe alte Ort auf der Fuͤrſtenzeche zu Goldcronach, welches 3-4 Lachter zuruͤck verblendet iſt, wo wir uns ein Jahr vorher ſo lange mit einigen Flaſchen Lebensluft den Athem gefriſtet hatten. Wir waren mit den matten Wettern, die wir heute fanden, unzufrieden, und warfen einen großen Haufen brennender Holzſpaͤhne in den Verſchlag. Die Blende blieb auf, bis die Flamme aufhoͤrte, und nun wurde ſie nicht allein verſchloſſen, ſondern auch alle Fugen ließ ich mit Letten verſtreichen. Als wir glaubten, das Holz habe ausgeſchwehlt, und der Raum ſey ganz mit Kohlendampf erfuͤllt, beſchloſſen wir die Blende aufzureißen . Der Oberbergmeiſter Killinger, der Steiger Bauer und ich ſtanden, zwey mit Grubenlichtern und einer mit der Maſchine, (welche mit einem Gemiſche von 2 Theilen Lebensluft und einem Theil atmoſphaͤriſcher Luft gefuͤllt war) bereit. Der Augenblick des Aufmachens war, ich geſtehe es Ihnen, uͤber unſere Erwartung ſchrecklich. Ich war mehrmahls dabey, als mir Retorten mit dephlogiſtiſcher Salzſaͤure ſprangen, aber Herr Killinger kann Ihnen wie ich verſichern, daß jene Saͤure ein belebender Hauch gegen das iſt, was wir hier einſchluckten. Denken Sie ſich eine kruͤppeliche Strecke, die kaum [Formel] Lachter hoch und [Formel] Lachter weit iſt; und eine Saͤu - le ſchwarzen Kohlendampfs, welche aus dem alten Orte uns entgegen fuhr, um nach dem weit entfernten Tannenſchachte zu ziehen. Alle Grubenlichter verloͤſchten, als waͤren ſie ausgeblaſen, aber meine Lebensluftlampe loderte hoch auf. Ein unartiger Zuruf der freudigſten Verwunderung war alles, was wir vorbringen konnten. Der Schmerz im Halſe und in den Augen war unertraͤglich. Wir ließen die Maſchine hinter der Blende ſtehen, und waren, ein jeder auf unſere Flucht bedacht. Als ich mich bereits in einer etwas ertraͤglichern Atmoſphaͤre befand, vermißte ich Hrn. Killinger, der zunaͤchſt hinter mir gefahren war. Ich rief ihn zu, ſich ſchleunigſt aus dem Dampfe herauszumachen. Auch war meine Beſorgniß fuͤr ihn ſehr gegruͤndet, denn der Dampf hatte bey gehemmter Reſpiration ihn dergeſtalt betaͤubt, daß er einige Secunden lang unbeweglich da ſtand. Endlich neigte er ſich mit dem Munde gegen die Waſſerſeige weil er dort Linderung hoffte, und raffte ſeine letzten Kraͤfte zuſammen, um mir nachzufahren. Wir waren nun zu den uͤbrigen Bergleuten in einem Querſchlag verſammelt, wo der Kohlendampf ſich in ein Ueberſichbrechen auf dem Rautenkraͤnzergange verlor. Wir kamen alle darin uͤberein, daß der Schmerz, den wir im Halſe, in den Augen und in der Naſe empfanden, nicht von den rauchenden Holzſpaͤhnen allein herruͤhren koͤnne, ſondern daß wahrſcheinlich waͤhrend des Brennens eine Zerſetzung der aufgeloͤſten Arſenik- und Schwefelkieſe, mit denen die Sole des alten Orts bedeckt war, vorgegangen ſey. Auch ſchien der Geruch eine verfluͤchtigte Saͤure anzudeuten. Wir waren indeß innigſt erfreut, daß uns ein ſo entſcheidender Verſuch gegluͤckt ſey, und fuhren nun wechſelsweiſe, indem wir feuchte Schnupftuͤcher vor den Mund hielten, vor das alte Ort, um die Lebensluftlampe zu beobachten. Die Grubenlichter verloſchen immer ſchon, ehe wir uns der Maſchine naheten, und wir konnten ſie nur an dieſer wieder anzuͤnden. Wir wagten nun den letzten entſcheidenden Verſuche. Steiger Bauer mußte die Lebensluftlampe in den Verſchlag ſelbſt ſetzen, wo der Kohlendampf ſich am meiſten angehaͤuft hatte. Die Blende wurde verſchloſſen, und jede Fuge feſt verklebt. Nach 8-10 Minuten riſſen wir die Blende weg, eine neue Dampfwolke walzte ſich uns entgegen, unſer Geleuchte war wie ausgeblaſen, aber die Flamme meiner neuen Lampe war nicht blos nicht verloͤſcht, ſondern wurde von der aufſtroͤhmenden Luft eben ſo lang gezogen, als wenn ſie im weiteſten Zimmer brennte. Sie ſehen aus der einfachen Erzaͤhlung des heutigen Vorfalls, daß ich keine Bemuͤhung geſcheut habe, um mich von der Guͤte meiner Erfindung zu uͤberzeugen. Auch kann ich in dieſe Unverdroſſenheit mein einziges Verdienſt ſetzen. Ich hoͤre Sie als Praktiker fragen, ob die Menge der Luft, welche die Flamme erfordert, durch Verſuche beſtimmt iſt, ob ſie nicht die Lampe zu einer unbequemen Groͤße anwachſen laͤßt? Nach meinen jetzigen Erfahrungen kann eine Lampe, welche 7 Zoll weit und 10 Zoll hoch iſt, zwey Stunden brennen. Ich bedarf dazu 120 Cubikzoll Waſſer. Lampen, welche vor Ort 8 Stunden hinter einander brennen, ſind ebenfalls leicht einzurichten. Ich erinnerte vorhin, daß die Helligkeit und Staͤrke der Flamme von drey Stuͤcken, von der Dicke des einfallenden Waſſerſtrahls, der Weite des Luftrohrs und von der Guͤte der ausgetriebenen Luft abhaͤngt. Hieraus folgt a priori, 1) daß, wenn die Groͤße des Apparats durch ſeinen Gebrauch (ſeine Tragbarkeit) nicht beſchraͤnkt waͤre, es moͤglich ſeyn muͤßte, mittelſt einer Luft, die ein Miuimum von Sauerſtoff enthielte, bey Erweiterung des Waſſer- und Luftrohrs die Flamme anzublaſen, 2) daß, je reiner die Luft im Luftbehaͤlter iſt, deſto enger das Waſſereinfallsrohr, und deſto kleiner die ganze Maſchine ſeyn kann, und 3) daß, je matter die Wetter ſind deſto reiner der Luftvorrath oder deſto groͤßer die einfließende Waſſermenge ſeyn muß. Dieſe drey Saͤtze ſtimmen mit meinen bisherigen Erfahrungen uͤberein, und ſind von unendlicher Wichtigkeit fuͤr die Praxis. Es waͤre ein großer Fehler meiner neuen Vorrichtung, wenn es unbedingt nothwendig waͤre, den Lichterhalter mit Sauerſtoffgas zu fuͤllen. Bey einem wichtigen Bergbau, wo es wichtig iſt, daß der Markſcheider vor Ort ſoll, wo auf Revierſtoͤllen Durchſchlaͤge gemacht, Lichtloͤcher erſpart werden ſollen, iſt es allerdings eine Kleinigkeit, dephlogiſtiſirte Luft in Menge bereiten zu laſſen. Es kann in jeder Probierſtube oder Apotheke geſchehen, und ich halte das Seifenkochen fuͤr eine weit ſchwierigere Operation, als das Gluͤhen von Salpeter oder Braunſtein. Dazu laͤßt ſich die Luft, wie ich aus eigner Erfahrung weiß, in großen hoͤlzernen oder blechernen Gefaͤßen ſehr bequem Monate lang aufbewahren und meilenweit verſenden. Die Koſten ſind bey den vorgedachten wichtigen Unternehmungen ebenfalls gering, denn der Kubikfuß Sauerſtoffgas, hier, wo ein Pfund Braunſtein 10 Xr. 1 Unze Salpeter 8 Xr. gild, aus erſterm 15 Xr. aus letzterm 37 Xr. koſtet. Bedarf nun 1 Lampe zu einer Stunde nur 180 Kubikzoll Lebensluft, ſo ſteigt eine 8 ſtuͤndige Schicht erſt auf 12 Xr. Bey einem unwichtigern Bergbau waͤre der Verbrauch von dephlogiſtiſirter Luft, und waͤre ſie auch wie Ruͤboͤhl und Talglicht kaufbar, doch vielen Hinderniſſen ausgeſetzt. Gluͤcklicherweiſe ſcheint es aber nur wenige Faͤlle zu geben, in denen die Wetter ſo matt ſind, daß mein Lichterhalter, mit gemeiner athmoſphaͤriſcher Luft gefuͤllt, nicht hell brennen ſollte. Was iſt denn einfacher, als wenn der erſte Luftvorrath verbrannt iſt, einen neuen Luftbehaͤlter unter dem Schachte, oder wo ſonſt friſche Wetter ſtreichen, fuͤllen zu laſſen. Wie, wenden ſie vielleicht ein, wenn die Grubenwetter ſo boͤsartig ſind, daß, trotz ihrer reinſten Lebensluft, die Flamme doch nur dunkel brennt, der Markſcheider aber ſchlechterdings ſicher ziehen, der Geſchworne das Abſchneiden des Ganges durch eine Kluft oder das Abſetzen eines Trumms genau beobachten will? Fuͤr dieſen aͤußerſten Fall habe ich ebenfalls eine Vorrichtung erſonnen, mit der ich noch heute Verſuche gemacht habe. Das Dunkelbrennen der Lampe in ſolchen Wettern kann nur daher ruͤhren, daß das einfallende Waſſer dem Sauerſtoffgas nicht Stoß genug giebt, um raſch die Flamme anzublaſen. Dieſen Stoß bringe ich leicht auf eine andre Weiſe hervor. Eine Blaſe mit Lebensluft gefuͤllt und mit einem Hahn verſchloſſen, iſt an ein ſenkrecht in eine Lampe ſteigendes Luftrohr angeſchroben. Die Muͤndung des Luftrohrs betraͤgt kaum [Formel] Linien im Durchmeſſer, und iſt nach Argandſchem Princip von der Flamme umgeben. Oeffnet ſie den Hahn, ſo faͤhrt die Lebensluft aus der geſpannten Blaſe in die Flamme, und blaͤſt ſie an. Waͤre die durch das Brennen des Tochtes erzeugte kohlenſaure Luft nicht ſchwer und mit Oehldampf gemengt, welcher die Muͤndung des Luftrohrs umgiebt, ſo wuͤrde (auch wenn die Blaſe nicht mehr geſpannt iſt) die untere, kaͤltere Lebensluft von der aͤußern Atmoſphaͤre gedraͤngt, die Stelle der durch die Flamme verduͤnnten obern Luft einnehmen und aufwaͤrts ſteigen. So aber hindert der Oehldampf dieſes Aufwaͤrtsſteigen, und man muß durch einen Druck mit der Hand das Aufſtroͤhmen der Luft befoͤrdern. Auf dieſe Art erhaͤlt man (wenn man will) eine 3 Zoll lang Flamme, deren prachtvollen Glanz das Auge nicht ertragen kann. Eine kleine Blaſe zu 120 Kubikzoll bedarf eine kleine Viertelſtunde, um ſie auszuleeren, und ich habe ſchon Blaſen von 450 Kubikzoll gehabt! Hier, verehrungswerther Freund, habe ich Ihnen das Weſentliche einer Erfindung beſchrieben, von welcher ich mir nicht blos Vortheile fuͤr den Bergbau, ſondern (da man nun ſchneller in boͤſen Wettern auffahren, Verungluͤckte ſchneller finden, ihnen nachzufahren ſich leichter entſchließen kann,) auch weſentliche Vortheile fuͤr die Erhaltung des Lebens unſers Bergvolks zu verſprechen . Daß eine Klaſſe von Menſchen, welche alles neue oder alles, was ſie auf den erſten Augenblick nicht einſehen, fuͤr kuͤnſtliche und unausfuͤhrbare theoretiſche Hirngeſpinnſte verſchreyen, auch dieſe meine Bemuͤhungen verſpottet wird, davon ſind Sie mit mir uͤberzeugt. Indeß gehen wir ruhig unſern Weg fort, ziehen den Nutzen jedem auch noch ſo bittern Tadel vor, und erinnern die Veraͤchter chemiſcher Kenntniſſe daran, daß das Sprengpulver auch in einem chemiſchen Laboratorium entdeckt ward. Wenn aber auch der Fall, wo die Wetter fuͤr das Grubenlicht, nicht aber fuͤr die Reſpiration, verdorben ſind, der gewoͤhnlichere, und ein Mittel dagegen das allgemein willkommnere iſt, ſo verdient die erſtickende Eigenſchaft gewiſſer Gemenge von unterſchiednen Gasarten gewiß eine noch ernſthaftere Betrachtung. Der Schwaden ſteht auf der Strecke, der Verungluͤckte athmet, iſt vielleicht noch zu retten, wenn er ſchnell herausgezogen wird. Der Contrefourneau iſt zerſprengt, die Gallerie iſt mit ſchwarzem Pulverdampf gefuͤllt, der Mineur ſoll durchfahren, um zu recognoſciren, was fuͤr Schaden der Feind angerichtet. Bey einer Feuersbrunſt ſind alle Zimmer ſchon voll von erſtickendem Kohlendampf. Ein Kind, das zuruͤck geblieben, ſoll gerettet, wichtige Papiere ſollen herbeygeſchafft werden. Wie es wagen, um durch die Dampfſaͤule durchzugehen? Fuͤr alle dieſe Faͤlle habe ich eine einfache Vorrichtung erſonnen. Die einzelnen Theile derſelben ſind an den bekannteſten phyſikaliſchen Inſtrumenten angebracht. Es kam nur auf eine phyſikaliſche Verbindung derſelben an. Die große Menge Luft aber, welche in einer Stunde durch unſere Lunge geht, die Abſonderung der eingeathmeten Luft von der einzuathmenden, der Umſtand, daß die Luftverduͤnnung, welche das Inſpiriren hervorbringt, eine ſehr geringe Kraft zur Oeffnung von Ventilen darbietet, und die Verfertigung luftdichter Saͤcke ſetzen der Ausfuͤhrung meiner Ideen die geduldpruͤfendſten Hinderniſſe in den Weg. Ich ermuͤde Sie nicht mit der Erzaͤhlung meiner vergeblichen Verſuche, ſondern beſchreibe Ihnen blos die Einrichtung meiner jetzigen Rettungsflaſche. Das Mittel, wodurch Menſchen ſich ihren Aufenthalt in irreſpirablen Gasarten ſichern koͤnnen, beſteht darin, daß ihre Reſpirationsorgane von dem Contrakt mit jenen Gasarten ausgeſchloſſen werden, und daß man ihnen dagegen einen Vorrath athembarer Luft mitgiebt. Zur Errichtung dieſes Zwecks beſteht meine Rettungsflaſche aus vier Stuͤcken: aus einem Luftſack, einem Schlauch, einer Reſpirationsroͤhre und einer Binde oder Maske. In Faͤllen nemlich, wo wegen Pulver, Holzkohlen oder Schwefel-Dampf auch die Augen geſchuͤtzt werden ſollen, verdecke ich das ganze Geſicht mit einer Maske von Eiſenblech, die weit vom Geſicht abſteht, und wo ſie am Kopfe anliegt, um allen Zutritt der aͤußern Luft zu hemmen, mit Leinwand und Baumwolle gefuͤttert iſt. Sie beſteht aus einem konnexen Blech, welches blos ſtatt der Augen mit zwey runden Glasſcheiben verſehen iſt. Die abendtheuerliche Geſtalt, welche eine ſolche Armatur giebt, wird bey ernſthaften Menſchen wohl keine Einwendung gegen ihren Nutzen ſeyn. Vor dem Munde tritt ruͤſſelfoͤrmig das Reſpirationsrohr hervor. Es bildet ſich im Innern der Maske eine trichterfoͤrmige Muͤndung, gegen welche die Lippen ſich von ſelbſt anlegen. Um die inſpirirte und exſpirirte Luft von einander abzuſondern, iſt es mit zwey Ventilen verſehen, von denen das eine ſich nach innen, das andre nach außen oͤffnet. Es gleicht ganz dem Mundſtuͤcke einer Reſpirationsmaſchine, deren Erfindung man jetzt ziemlich ungelehrt dem Dr. Beddoes zuſchreibt, deren Einrichtung ich aber ſchon bey Hales, ja um noch weiter zuruͤck zu gehen, ſeit Cteſibius Zeiten in allen hydrauliſchen Schriften beſchrieben finde. So einfach aber der Gedanke iſt, das Ausſtoßen und Einſaugen der Luft durch zwey Ventile zu verrichten, ſo ſchwierig iſt die bequemſte Lage, Schwere und Weite duͤnner Ventile. Sie ſehen, daß man eine ziemliche Laſt mit einer ſehr geringen Kraft zu uͤberwinden hat. Das Reſpirationsrohr wird mit dem untern Ende, wo das Einathmungsventil ſich nach innen oͤffnet, in den Schlauch geſteckt, welcher die Luft aus dem Luftſacke zum Munde fuͤhrt. Seine Laͤnge iſt willkuͤhrlich, da ſie ſich nach dem Umſtand richtet, ob die Perſon, welche zur Rettung eilt, den Luftſack auf den Ruͤcken traͤgt, oder bey engern Raͤumen an einer Schnur hinter ſich her ſchleppt. Dagegen iſt ſein nothwendigſtes Erforderniß, daß er leicht und biegſam iſt. Ich laſſe ihn eben ſo vorrichten, wie die Schlaͤuche, deren ich mich bediene, um kuͤnſtliche Luftarten von einer Glocke zur andern zu leiten. Er beſteht inwendig aus ſpiralfoͤrmig gedrehetem Drathe, der mit Leder luftdicht uͤberzogen iſt. Ich bin aber mit Verſuchen beſchaͤftigt, ihn eine ganz andre Zuſammenſetzung zu geben. Da wo der Schlauch durch einen meſſingenen Anſatz in den Luftſack eingemuͤndet iſt, kann das Ausſtroͤhmen der Luft durch einen Hahn willkuͤhrlich gehemmt, vermehrt oder vermindert werden. Dieſe Vorrichtung dient, wie bey dem Lichterhalter, dazu, daß der Luftvorrath nicht unnuͤtz conſumirt werde, wenn die zum Retten beſtimmte Perſon von matten Wettern in friſche faͤhrt. Ueber das beſte Material des Luftſackes bin ich noch ſelbſt zweifelhaft. Wachstaffent, Leder und Blaſe, (mit Streifen Wachstaffent oder aufgeloͤſtem Caouchoak geflickt) geben luftdichte Behaͤlter. Doch ziehe ich bis jetzt den Wachstaffent allen andern vor, da es wenig Naͤthe erfordert und die Luft ziemlich rein erhaͤlt. Dieſelben Gruͤnde, welche mich bewegen, bey dem Lichterhalter der atmoſphaͤriſchen Luft den Vorzug vor der Lebensluft zu geben, beſtimmen mich auch hier den Luftſack mit erſterer zu fuͤllen. Wie traurig, wenn die Rettung eines Menſchen von dem Umſtande abhaͤngen ſollte, ob Lebensluft, und zwar mehrere Kubikfuß derſelben (1 Kubikfuß iſt = 43 Bouteillen) vorhanden waͤre? Und wie konnte dieſer Vorrath auf jeder armſeligen Kohlen- oder Eiſenſtein-Grube gehalten werden? Eine gemeinnuͤtzige Erfindung muß auf einfachern oder ſichern Vorausſetzungen beruhen. Wollte man, wie Cavallo darauf rechnen, den Apparat dadurch zu verkleinern, daß das Reſpirationsrohr ohne Ventil ſey, und die ausgeathmete Luft wieder in den Luftſack zuruͤckginge, ſo waͤre der Calcul falſch. Aus Abernetty’s, Menzie’s und Fothergill’s Verſuchen folgt zwar, daß 2-3 Mahl durchgeathmete Lebensluft doch noch ſo rein als atmoſphaͤriſche ſey. Daraus ſcheint zu folgen, daß der Luftſack, da er ſich nicht ausleert, unelaſtiſch von Eiſenblech und faſt [Formel] kleiner ſeyn koͤnnte. Verſuche aber haben mich gelehrt, daß die kohlenſaure Luft, welche man ſammt der Lebensluft ausathmet, ſich gleichmaͤßig unter die andre Luftmaſſe vertheilt, daß ſie im Schlauch ſtehen bleibt, wieder eingezogen wird und beaͤngſtigende Bruſtſchmerzen erregt. Dazu habe ich vielfaͤltige phyſiologiſche Gruͤnde, um gegen das Athmen einer reinen Lebensluft in der Grube ſehr zu proteſtiren. Die zu große Menge Sauerſtoff, welche an das venoͤſe Blut tritt, und dieſem die ſchoͤne hochrothe Farbe ertheilt, vermehrt die Reizbarkeit der ganzen thieriſchen Maſchine. Kommt Gemuͤthsunruhe, Muſkelanſtrengung, wie beym Mineur oder Bergmann, dazu, ſo wird die Diſpoſition zur Entzuͤndung noch mehr erhoͤht, und inflammatoriſche Krankheiten, Folgen der Ueberreizung wuͤrden die unausſprechlichen Folgen ſeyn. In meinem phyſiologiſchen Werke uͤber den Muſkelreiz werden Sie mannigfaltige Verſuche finden, welche dies und den chemiſchen Proceß, auf dem mir alle vitale Functionen zu beruhen ſcheinen, in ein noch helleres Licht ſetzen. Man fuͤlle daher den Luftſack mit reiner atmoſphaͤriſcher Luft, und gebe dem Bergmann eben das Gemiſch von Gasarten zu athmen, das ſeit ſeiner Geburt ein habitueller Reiz ſeines Syſtems iſt. Das Fuͤllen geſchieht mittelſt eines wenig veraͤnderten gemeinen Blaſebalgs, der da eingeſteckt wird, wo der Schlauch in den Luftſack eingemuͤndet iſt. Das Material zum Fuͤllen iſt demnach in der Grube ſelbſt, auf dem Stollen, unter dem Schacht uͤberall, wo friſche Wetter ſind, anzutreffen. Da die Sicherheit des Menſchen, welcher ſich der Rettungsflaſche bedient, von der Dichtigkeit des Luftſacks abhaͤngt; ſo laſſe ich denſelſelben, damit er beym Auftreiben nicht zerplatze, in ein cylindriſches Gefaͤß von Eiſenblech einſchließen. In dies Gefaͤß geht der Schlauch durch eine Oeffnung hinein, welche weit genug iſt, um die aͤußere Luft mit der zwiſchen dem Luftſack und dem Cylinder in Verbindung zu ſetzen. Durch dieſe Communication wird nemlich der Luftſack, in welchem das Athmen die Luft verduͤnnt, zuſammengedruͤckt und ausgeleert. Auch dient das Gefaͤß dazu, wenn es mit ein paar Rollen verſehen iſt, den Luftvorrath, wo man ihn nicht auf dem Ruͤcken tragen kann, bequemer wie den Treckhund der Floͤtzbergleute nachzuſchleppen. Die Groͤße des Luftſacks habe ich nach den Edinburger Verſuchen von Menzie, von denen ich die meiſten wiederholt habe, minutenweiſe berechnet. Leider wird dieſelbe ziemlich betraͤchtlich, da ein Menſch in einer Minnte 18mahl inſpirirt und in einer Inſpiration 40 Cubikzoll Luft bedarf. Doch iſt ſie nicht ſo betraͤchtlich, um von der ganzen Vorrichtung abzuſchrecken, um ſo mehr, da das Nachfahren nach einem Erſtickten und das Recognoſciren eines Mineurs nur wenige Zeit erfordert, auch durch einen Schacht mehrere Luftſaͤcke nachgelaſſen werden koͤnnen, wenn man nicht Muße hat den aus - geleerten wieder zu fuͤllen. Zu einer halben Stunde bedarf man eines Luftſacks, der 12 Cubikfuß enthaͤlt; alſo prismatiſch eine Grundflaſche von 4 Quadratfuß bey 3 Fuß Hoͤhe hat. Wie ſelten aber hat man ſich in boͤſen Wettern oder in Kohlendampf aufzuhalten! In den meiſten Faͤllen waͤren 12-18 Minuten hinlaͤnglich, um die toͤdtliche Luftſchicht zu durchfahren, und den Erſtickten heraus zu ziehen. Ich appellire an Ihre vieljaͤhrige bergmanniſche Erfahrung. Daß in Faͤllen, wo man nicht mit Koblendampf zu kaͤmpfen und fuͤr das Auge nichts zu beſorgen hat, die abendtheuerliche Maſke vor dem Geſicht ganz wegfaͤllt, daß man bey boͤſen Wettern nur einer bloßen Binde um den Mund bedarf, in der das Reſpirationsrohr ſteckt, brauche ich nicht zu erinnern. Sie ſehen uͤberhaupt ſelbſt, verehrungswerther Freund, wie mannigfaltigen Abaͤnderungen dieſer Rettungsapparat noch unterworfen iſt. Ich wuͤnſchte es ſo weit damit zu bringen, daß er nur wenige Thaler koſte, daß ſeine Zuſammenſetzung einfach genug wird, um jeden Bergmann einzuleuchten. Durch Thaͤtigkeit und harrende Geduld laͤßt ſich viel leiſten — am meiſten, wenn mehrere Menſchen mit mir zu einem ſo wichtigen Zwecke arbeiten wollen. Herr Fothergill, der edle Befoͤrderer der human society, glaubte, ſein Buch uͤber Rettung der Ertrunkenen den Aerzten dadurch wichtig zu machen, daß er ihnen vorſtellte, ſie koͤnnten wohl ſelbſt einmal ertrinken. Ich achte die Menſchen, denen das Wohl des deutſchen Bergvolks anvertraut iſt, zu ſehr, um mich ſolcher Motive zu bedienen, und wer ihrer bedarf, haͤlt ſich ohne dies vor der Gefahr unterirdiſcher Luftarten geſichert.