Marburg, b. Bayrhoffer: Das Hessische Mineralien- Cabinet bey der Fürstl. Hessischen Universität Marburg beschrieben -- von J. S. Waldin, Prof. der Mathem. u. Physik. 1. St. 1791. 2. St. 1792. 3. St. 1792. 8. Für einen Lehrer der Physik, für einen Aufseher einer geognostischen Sammlung auf der Universität Marburg ist vorliegende Schrift, welche Heftweise geliefert wird, eine auffallende Erscheinung. Jeder Schriftsteller sollte doch so viel Achtung für das Publicum haben, daß er sich mit den Fortschritten seiner Wissenschaft bekannt machte, um zu beurtheilen, ob er etwas neues (sey es Beobachtung oder Hypothese) liefern, ob er es in der Reinheit der Sprache ausdrücken könne, welche wenigstens von einem akademischen Lehrer zu fodern ist. Rec. würde sich dieser Rüge gern überheben, wenn nicht der elenden mineralogischen und bergmännischen Schriften jetzt so viele erschienen, wenn nicht durch dieselben bey angehenden Bergleuten, (welche bequemer Bücher lesen, als Gruben befahren,) irrige Begriffe über die Gebirgskunde so schnell und unaufhaltsam verbreitet würden. -- Hn. W's. Idee, der Marburger Akademie eine vaterländische geognostische Suitensammlung zu verschaffen, ist überaus glücklich, und er hat sich dadurch ein ausgezeichnetes Verdienst um die hessische Gebirgskunde erworben. Möchte er doch der Versuchung, als mineralogischer Schriftsteller aufzutreten, noch widerstanden haben! Der reg. Landgraf, Wilhelm IX, hat durch seine Oberrentkammer zu Cassel allen Vorstehern hessischer Bergwerke und Salinen Befehl ertheilt, die Fossilien ihrer Gegend an Hn. W. einzusenden. Noch nützlicher wäre es, da die Gebirgsarten in ähnlichen Fällen oft unter so corrumpirten Benennungen (Horn, Wakke, taubes Liegende, Feuerstein) einlaufen, und jede geognostische Bestimmung nach einzelnen, von den Geburtsörtern entfernten Stücken höchst unsicher ist, wenn junge, mit geognostischen Kenntnissen ausgerüstete Männer Fußreisen anstellten, und die Fossilien selbst einsammelten. -- 1. St. Der Vf. handelt in diesem Theile S. 15 -- 32. von den Flözgebirgen und ihrem Ursprunge im Allgemeinen, von S. 32 -- 92. von den hessischen Flözgebirgen. Die allgemeine Theorie der Flözgebirge, welche Hr. W. nicht Hypothese genannt wissen will, ist die unendlich oft vorgetragene von Auflösungen und Niederschlägen. Siehe Lehmann, Ferber, Charpantier, Werner, Gerhard, Voigt etc. Nach Hn. W. sind keine großen Wasserbedeckungen nöthig, denn die Flüsse führen den Stoff der Flözgebirge ins Meer, auf dessen Boden nach den specifischen Gewichten der Theile die Niederschläge erfolgen. Aber sind die Bestandtheile vieler Flözschichten nicht sichtbar aus chemischen Auflösungen präcipitirt worden? Der Vf. dachte wohl nur an Sandstein und Grauwakke. Auch die Eisensteinflöze (S. 78.) sollen wie der Sandstein entstanden, und ihre Urstoffe von dem Flußwasser ins Meer getragen worden seyn. Wer das fasrige Gewebe des Glaskopfes aus den Flözgebirgen des Westerwaldes aufmerksam betrachtet, dem ist eine solche mechanische Auflösung des Eisens wohl nicht wahrscheinlich. Bey unserer Unbekanntschaft mit den plastischen Kräften der Natur sollten wir doch behutsamer mit den Erklärungen von der Entstehungsart der Fossilien seyn. Auch Hr. W. ist von dieser Erklärungssucht angesteckt. Er definirt 1) die Steinkohle, welche theils eine vom Bergöl des Meerwassers durchdrungene Erde, theils (nicht etwa nach der Hypothese der Vulkanisten, durch Lava verkohltes Holz, sondern) wirkliche Lava ist. Denn die Vulkane werfen S. 40. Harz, Schwefel, Salze, Kiese (?) Eisentheile und Erde aus, der Auswurf ist geschichtet, erhärtet mit der Zeit, und wird in Steinkohlen verwandelt!! 2) Das Erdbeben, welches theils von feuerspeyenden Bergen, theils von Steinkohlendämpfen, die sich in Hölen sammeln, herrührt. Rec. läugnet gar nicht, daß Vulkane und Steinkohlenbrände manches Erdbeben erregen mögen (s. darüber die Schriften der Herren De Luc, Beroldingen und Werner,) aber lächeln muß er doch über die apodiktische Behauptung: "hieraus folgt, daß in Ländern, die keine Steinkohlen in der Erde haben, und von Vulkanen entfernt genug sind, keine Erdbeben gespürt werden können." Auch mit den Höhlen bey den Steinkohlenflözen, deren Dach nur Schieferthon, Sandstein, Grünstein und wenig mächtiger dichter Kalkstein zu seyn pflegt, hat es seine Schwierigkeit. Dazu gibt es Erdbeben, die nur die obere Erdfläche erschüttern, und in mäßiger Tiefe nicht gespürt werden; 3) gar alles Feuer. S. 65. heißt es ausdrücklich und ächt aristotelisch: "Wir wissen zur Zeit noch keine andere Ursache des Ursprungs des Feuers, als die innere Bewegung in den Körpern, die sich entzünden." Noch unerwarteter ist die Unbekanntschaft des Vf. mit der neueren Chemie, wenn er S. 19. von der Wasserverminderung handelt, und die Fragen auflöst: ob Wasser vernichtet, zerstreut, oder in Erde verwandelt werden könne. Von der Zersetzung oder Auflösung des Wassers in zwey Gasarten wird gar nichts geahndet, wohl aber der Pythagoraischen Verwandlung der Elemente in einander erwähnt. Und doch ist gerade die Wasserzersetzung ein für die Geognosie so überaus aufklärendes Phänomen. -- Die specielle Beschreibung der hessischen Gebirge enthält Nachrichten vom Meißner, vom Habichtswalde und den Eisenstözen bey Hohenkirchen und Homberg. Die Schichtungen sind meist aus Cancrins Werken genommen, und die Benennung der Fossilien nicht wie man sie von einem Aufseher eines mineralogischen Kabinets erwarten sollte: "das Dachgestein am Meißner ist nicht Basalt, sondern eine Art Horngestein"-- "Lava vom Hohengrase, die eingesprengten fremden Theile werden für Kalkspath gehalten." -- "Blanker Eisenstein von Hohenkirchen. Den Beweis, daß das "reine gediegene Eisen zwar nichts mercurialisches und arsenikalisches, wohl aber Schwefel enthalte." übergehen wir. 2. St. System der natürlichen Ursachen der Revolutionen, welche auf der Erde vorgegangen sind. Von Gestalt der Erde. Von den Bergen, die "entweder Urgebirge oder entstandene heißen. Urgebirge von Granit, Gneiß etc. sollen kein Erz enthalten. Ganggebirge sind frey von Versteinerungen, und hindern die Vegetation! Erze können in den Flözgebirgen darum seltner, als in den Ganggebirgen, gediegen gefunden werden, weil das Meerwasser alles auflöst. Von den brennenden und erloschenen Vulkanen. 3. St. Fortsetzung des vorigen. Vom großen platonischen Jahre und dem Verrücken der Erdaxe. Der Vf. scheint die Regelmäßigkeit der abnehmenden Schiefe der Ekliptik zu läugnen. Auf das Phänomen vergrabener Südproducte in der nördlichen Hemisphäre läßt sie sich nicht anwenden. Der ganze Cyklus ist nach Hn. la Place nur 1° 21', und näher kommen uns die Tropen nie. -- In der speciellen Landesbeschreibung folgt hier die Herrschaft Schmalkalden. Allgemeine bergmännische Nachrichten darüber vom Hn. Amtmann Kröschel, neu und sehr reichhaltig, das beste im ganzen Mineralienkabinet. Außer dem hohen Gebirgsrücken von Porphyr am Inselsberge (3172 Fuß über dem Meere) am großen Hermannsberge, am Rupberge, gibt es noch eine Kette von Syenitbergen am mittlern Höhnberge. Vom Stahlberg, Mommel und Kuhberge, Berichtigungen der flüchtigen Cancrinischen Compilationen. Die 14 Stahlfeuer in der Herrschaft Schmalkalden liefern 4000 Centner Stahl. Wenn Hr. Kröschel aber sagt, daß das Hangende des Stahlberger Ganges (?) Glimmerschiefer, das Liegende eisenschüssiger Kalkstein sey, so bleibt dem Rec. hier einiger Zweifel übrig. Auch der Kobelt am Porphyrschiefer verdient genauere Untersuchung. -- Von den Gruben bey Biber und Riegelsdorf. Beschluß.