Vom Hrn. v. Humboldt in Freiberg. Auf einer Reiſe, die ich von hier aus durch das Boͤhmiſche Mittelgebirge machte, beobachtete mein ſcharfſinniger Freund, Herr Freiesleben, ein Phaͤnomen, welches mir fuͤr das geognoſtiſche Verhalten des Baſalts uͤberaus merkwuͤrdig und bis jetzt noch einzig zu ſeyn ſcheint. „Er entdeckte an der nord-oͤſtlichen Kuppe des Kauſaner Bergs (ohnweit Podſedlitz) in den unregelmaͤßigen Baſaltſaͤulen Olivin, Kalkſpathnieren, Hornblende und große Maſſen von gruͤnlich-weißem, gelblich-grauem und berggruͤnem Thonmergel, und in dieſem derben Thonmergel einen vollkommen deutlichen Pflanzen-Abdruck, etwa von einem Ceraſtium oder einer Alſine. Derſelbe iſt gegen drey viertel Zoll hoch, etwas erhaben und von dunkelgruͤnlich-grauer Farbe.” Unpartheiiſchen Mineralogen, die ihr Syſtem der Natur, nicht die Natur ihrem Syſteme anpaſſen wollen, muß dieſe intereſſante Beobachtung des Hrn. Freiesleben, dies Vorkommen eines Petrefakts in einer in Baſalt enthaltenen Maſſe ſehr wichtig ſeyn. Unſere Geognoſie kann nur das Reſultat vorher entdeckter Thatſachen ſeyn. Jede neue Thatſache muß ihr zum Pruͤfſtein dienen, ſie beſtaͤtigen, anderſ modificiren oder gar umſtuͤrzen. – Von Hrn. D. Reuß haben wir bald eine Fortſetzung ſeiner Orographie des Mittelgebirges zu erwarten, deren aͤcht klaſſiſchen Werth jeder erkennen muß, der auch nur einen kleinen Theil dieſes ſonderbaren Floͤzgebirges durchwandert iſt. — In der neuen Litologia del Veſuvio des Ritters Gioeni finde ich die Entdeckung angekuͤndiget, daß „das Innere des Aetna aus wahrem Baſalt (nicht Lava, denn Gioeni unterſcheidet beide) beſtehe.” Fuͤr Erdkunde im Allgemeinen und beſonders fuͤr die vortrefliche Theorie des Hrn. Werners uͤber den Urſprung der Vulkane iſt dieſelbe ſehr aufklaͤrend und belehrend. — Bey meiner nun bald vollendeten Unterſuchung uͤber den Weberſtuhl und die Webeſtoffe der Alten bin ich ſehr zufaͤllig auf eine Bemerkung geſtoßen, die mir ſehr auffallend und ganz uͤberſehen ſcheint. In dem kleinen Buche περι χρωματων, welches dem Ariſtoteles zugeſchrieben wird ( Ariſtotelis Opera omnia, Ed. du Val. I. p. 1200. c. 5.) wird ſchon die gruͤne Farbe der Pflanzen von der Einwirkung des Sonnenlichts hergeleitet. Die ganze Farben-Theorie des Griechen iſt ohngefaͤhr dieſe: Es giebt nur drey einfache Farben, weiß, ſchwarz und gelb. Sie ruͤhren von den Elementen her; die weiße Farbe von Luft, Waſſer und Erde; die gelbe vom Feuer (dem Brennbaren). Schwarz entſteht durch Mangel am Lichte. Durch die Verbindung der Elemente entſtehen mannichfaltige Farben. Wo Waſſer und Sonnenſtrahlen zuſammen wirken, erhalten die Pflanzentheile eine gruͤne Farbe, wo Waſſer und Erde ohne Sonnenſtrahlen wirken, eine weiße Farbe. Daher ſind die unterirdiſchen Wurzeln weiß und die Pflanzen uͤber der Erde gruͤn. Alſo ahndete der Grieche ſchon, was Ingenhouß und Senebier in unſern Tagen durch ihre geiſtreichen Verſuche zum Range phyſiſcher Wahrheiten erhoben haben! — Die unterirdiſche Vegetation, die ich hier faſt taͤglich zu beobachten Gelegenheit habe, zeigt mir indeß, daß einige Pflanzen auch ohne Sonnenlicht gruͤn und hauptſaͤchlich bunt gefaͤrbt ſind. Die meiſten Arten der Flechten und Schwaͤmme in den Gruben, Bysſus floccoſa Scop., B. penicellum, B. bombicina Retz., Agaricus umbelliferus, A. longipes &c. ſind freilich blendend weiß. Dagegen fand ich mehrmals in betraͤchtlichen Teufen den Boletus verſicolor mit demſelben ſchoͤnen Farbenſpiel, das er uͤber Tage hat; die Sproͤßlinge eines noch unbeſchriebenen, mehrere Fuß langen Lichen. filamentoſi (Vsnea Dillen.) hellgruͤn, und auf einem alten Raſenſtuͤcke die ſich in der Grube entwickelnden Blaͤtter und Keime von Poa annua und Plantago lanceolata von gewoͤhnlicher Farbe.