Digitale Ausgabe

Download
TEI-XML (Ansicht)
Text (Ansicht)
Text normalisiert (Ansicht)
Ansicht
Textgröße
Originalzeilenfall ein/aus
Zeichen original/normiert
Zitierempfehlung

Alexander von Humboldt: „Vom Hrn. v. Humboldt in Freiberg“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1792-Vom_Hrn_v_Humboldt_in_Freiberg-1> [abgerufen am 28.03.2024].

URL und Versionierung
Permalink:
https://humboldt.unibe.ch/text/1792-Vom_Hrn_v_Humboldt_in_Freiberg-1
Die Versionsgeschichte zu diesem Text finden Sie auf github.
Titel Vom Hrn. v. Humboldt in Freiberg
Jahr 1792
Ort Helmstedt
Nachweis
in: Chemische Annalen für die Freunde der Naturlehre, Arzneygelahrtheit, Haushaltungskunst und Manufacturen 9:1:1 (1792), S. 70–72.
Postumer Nachdruck
Die Jugendbriefe Alexander von Humboldts 1787–1799, herausgegeben von Ilse Jahn und Fritz G. Lange, Berlin: Akademie 1973, S. 149-151.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Fraktur (Umlaute mit superscript-e); Antiqua und Griechisch für Fremdsprachiges; Auszeichnung: Sperrung; Schmuck: Initialen.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: I.29
Dateiname: 1792-Vom_Hrn_v_Humboldt_in_Freiberg-1
Statistiken
Seitenanzahl: 3
Zeichenanzahl: 3813
Bilddigitalisate

Weitere Fassungen
Vom Hrn. v. Humboldt in Freiberg (Helmstedt, 1792, Deutsch)
De M. de Humbaldt, à Freyberg (Paris, 1792, Französisch)
Estratti di lettere di diversi chimici al Sig. Crell del Sig. De Humbaldt a Freyberg (Pavia, 1793, Italienisch)
|70|

Vom Hrn. v. Humboldt in Freiberg.

Auf einer Reiſe, die ich von hier aus durch das Boͤhmiſche Mittelgebirge machte, beobachtete meinſcharfſinniger Freund, Herr Freiesleben, einPhaͤnomen, welches mir fuͤr das geognoſtiſche Ver-halten des Baſalts uͤberaus merkwuͤrdig und bis jetzt noch einzig zu ſeyn ſcheint. „Er„entdeckte an der nord-oͤſtlichen Kuppe des Kau-„ſaner Bergs (ohnweit Podſedlitz) in den„unregelmaͤßigen Baſaltſaͤulen Olivin, Kalk-„ſpathnieren, Hornblende und große Maſſen von„gruͤnlich-weißem, gelblich-grauem und berggruͤ-„nem Thonmergel, und in dieſem derben Thon-„mergel einen vollkommen deutlichen„Pflanzen-Abdruck, etwa von einem Cera-„ſtium oder einer Alſine. Derſelbe iſt gegen drey„viertel Zoll hoch, etwas erhaben und von dunkel-„gruͤnlich-grauer Farbe.” Unpartheiiſchen Mine-ralogen, die ihr Syſtem der Natur, nicht dieNatur ihrem Syſteme anpaſſen wollen, muß dieſe intereſſante Beobachtung des Hrn. Frei-esleben, dies Vorkommen eines Petrefakts in einer in Baſalt enthaltenen Maſſe ſehr wichtig ſeyn. Unſere Geognoſie kann nur dasReſultat vorher entdeckter Thatſachen ſeyn. Jedeneue Thatſache muß ihr zum Pruͤfſtein dienen, ſiebeſtaͤtigen, anderſ modificiren oder gar umſtuͤrzen.– Von Hrn. D. Reuß haben wir bald eineFortſetzung ſeiner Orographie des Mittelgebirgeszu erwarten, deren aͤcht klaſſiſchen Werth |71| jeder erkennen muß, der auch nur einen kleinenTheil dieſes ſonderbaren Floͤzgebirges durchwandertiſt. — In der neuen Litologia del Veſuvio desRitters Gioeni finde ich die Entdeckung ange-kuͤndiget, daß „das Innere des Aetna auswahrem Baſalt (nicht Lava, denn Gioeni unterſcheidet beide) beſtehe.” Fuͤr Erdkundeim Allgemeinen und beſonders fuͤr die vortreflicheTheorie des Hrn. Werners uͤber den Urſprungder Vulkane iſt dieſelbe ſehr aufklaͤrend und beleh-rend. — Bey meiner nun bald vollendeten Unter-ſuchung uͤber den Weberſtuhl und die Webeſtoffeder Alten bin ich ſehr zufaͤllig auf eine Bemerkunggeſtoßen, die mir ſehr auffallend und ganz uͤberſehen ſcheint. In dem kleinen Bucheπερι χρωματων, welches dem Ariſtoteles zuge-ſchrieben wird ( Ariſtotelis Opera omnia, Ed.du Val. I. p. 1200. c. 5.) wird ſchon die gruͤneFarbe der Pflanzen von der Einwir-kung des Sonnenlichts hergeleitet. Die ganze Farben-Theorie des Griechen iſt ohn-gefaͤhr dieſe: Es giebt nur drey einfache Farben,weiß, ſchwarz und gelb. Sie ruͤhren von denElementen her; die weiße Farbe von Luft, Waſſerund Erde; die gelbe vom Feuer (dem Brennbaren). Schwarz entſteht durchMangel am Lichte. Durch die Verbindungder Elemente entſtehen mannichfaltige Farben. Wo Waſſer und Sonnenſtrahlen zuſammenwirken, erhalten die Pflanzentheile eine gruͤneFarbe, wo Waſſer und Erde ohne Sonnen- |72| ſtrahlen wirken, eine weiße Farbe. Daherſind die unterirdiſchen Wurzeln weiß und die Pflan-zen uͤber der Erde gruͤn. Alſo ahndete der Griecheſchon, was Ingenhouß und Senebier inunſern Tagen durch ihre geiſtreichen Verſuche zumRange phyſiſcher Wahrheiten erhoben haben! — Die unterirdiſche Vegetation, die ichhier faſt taͤglich zu beobachten Gelegenheit habe,zeigt mir indeß, daß einige Pflanzen auch ohneSonnenlicht gruͤn und hauptſaͤchlich bunt gefaͤrbtſind. Die meiſten Arten der Flechten und Schwaͤm-me in den Gruben, Bysſus floccoſa Scop., B. pe-nicellum, B. bombicina Retz., Agaricus umbelli-ferus, A. longipes &c. ſind freilich blendend weiß.Dagegen fand ich mehrmals in betraͤchtlichen Teu-fen den Boletus verſicolor mit demſelben ſchoͤnenFarbenſpiel, das er uͤber Tage hat; die Sproͤß-linge eines noch unbeſchriebenen, mehrere Fuß lan-gen Lichen. filamentoſi (Vsnea Dillen.) hellgruͤn,und auf einem alten Raſenſtuͤcke die ſich in derGrube entwickelnden Blaͤtter und Keime von Poa annua und Plantago lanceolata von gewoͤhn-licher Farbe.