Verſuch uͤber einige phyſikaliſche und chemiſche Grundſaͤtze der Salzwerkskunde, von F. A. von Humboldt. Wenige Aufgaben der techniſchen Chemie ſcheinen ſo einfach zu ſeyn, als die der Bereitung des Kuͤchenſalzes aus natuͤrlichen Soolen. Daher in neuern Zeiten die mannichfaltigen Vorſchlaͤge zu ihrer Verbeſſerung; daher die zuverſichtliche Hofnung, die Hinderniſſe hinwegzuraͤumen, welche den hallurgiſchen Arbeiten (beſonders da, wo ſie im Großen betrieben werden) entgegen ſtehen. Die Kunſt einen Koͤrper, der mit wenigen fremdartigen Theilen in einem betraͤchtlichen Volumen Waſſer aufgeloͤſet iſt, aus dieſem Aufloͤſungsmittel rein zu ſcheiden, ſetzt die Kenntnis jenes Koͤrpers ſelbſt und desjenigen undurchdringlichen elaſtiſchen Fluidums, des Waͤrmeſtoffs, voraus, deſſen wir uns zu dieſem Prozeſſe allein bedienen koͤnnen. Der empiriſche Hallurge wird freylich auch ohne ſcientifiſche Kenntnis den einmal gefundenen Weg mit Sicherheit fortwandeln; ſo bald er aber dieſen verlaſſen und einen neuen einſchlagen will, ſo koͤnnen ihn nur wahre, das heißt, durch ſichere Erfahrungen erwieſene Grundſaͤtze vor Irthuͤmern bewahren. Uiber die Beſtandtheile des Kuͤchenſalzes. Bey dem jetzigen Zuſtande unſerer Chemie ſind wir mit den Beſtandtheilen des Kuͤchenſalzes ſo genau bekannt, als es zu techniſchen Arbeiten im Großen erforderlich iſt. Nach Bergmann enthaͤlt es 0,42 mineraliſches Laugenſalz, 0,52 Kuͤchenſalzſaͤure, 0,06 Kriſtalliſationswaſſer; nach Kirwan 0,50 min. Laugenſ. 0,33 K. Saͤure und 0,17 K. Waſſer; nach Spielmann (Hallers Bemerk. uͤber Schweiz. Salzwerke 1789. S. 211.) 8 Quentchen Saͤure gegen 9 Quentchen min. Laugenſalz. Nach dieſen drey Angaben iſt demnach das Verhaͤltnis des Alkali zur Saͤure Opuſcula 1. p. 134. Elements of Mineralogy, p. 200. = 1 : 1,24 = 1 : 0,66 = 1 : 0,88 oder im Durchſchnitte berechnet = 1 : 0,92. Das Verfluͤchtigen der Saͤure beym Sieden und andere Umſtaͤnde laſſen vermuthen, daß den Kriſtallen, welche unſere Salinen liefern, weniger Saͤure beygemiſcht iſt, als Bergmanns Analyſe angiebt. Welches der Beobachtung des Hrn. Baumé, daß befeuchtetes Salz in einer Retorte gegluͤht keine Saͤure fahren laͤßt, nicht zu widerſprechen ſcheint. Die alte und gewiß ſchaͤdliche Meinung von der weſentlichen Exiſtenz einer alkaliſchen Erde im reinſten Kuͤchenſalze, iſt (ohnerachtet der Pottſchen Widerſpruͤche) durch Duͤ Hamels und Marggrafs Unterſuchungen hinlaͤnglich widerlegt worden. Kalkerde, Alaunerde, Bittererde, Salpeter (wie zu Salzhauſen bey Nidda und Allendorf) Schwefelſaͤure, fixe Luft, Schwefelleberluft (geſchwefeltes Waſſerſtoffgas) ja ſelbſt Eiſen ſind haͤufig in den natuͤrlichen Soolen aufgeloͤſt. Kochſalzgeſaͤuerte Bittererde iſt bey fabrikenmaͤßiger Bereitung nicht ganz vom Kuͤchenſalze zu trennen. Selbſt wirkliches Bitterſalz findet ſich bisweilen darunter gemengt. Auch die ſchwaͤchſte Aufloͤſung vom Koͤſener Salze z. B. fand ich getruͤbt, wenn ich ſie mit Salpetergeſaͤuerter Schwererde pruͤfte , Wie verſchieden die Menge dieſer fremdartigen Salze in den Produkten verſchiedener Salinen iſt, davon giebt der erfahrene Uiberſetzer der Dundonaldiſchen Schrift: Von der Bereit. des Kuͤchenſalzes. 1787. in der Vorrede und S. 40. intereſſante Berechnungen. Dieſe Beymiſchungen, welche den hallurgiſchen Prozeß allerdings erſchweren, koͤnnen mehrentheils durch den Nebengewinnſt, den ſie darbieten, entſchaͤdigen. In vielen Mutterlaugen bleiben Bittererde, Schwefelſaͤure und unreines Kuͤchenſalz zuruͤck, die ſich (doch nicht zugleich! S. Macquers chem. Woͤrterb. 2te Aufl. Th. 4. S. 302.) auf Salzſaͤure, Glauberſalz, Bitterſalz oder durch Fuͤllung mit fluͤchtigem Laugenſalze auf Bittererde und Salmiak nutzen laſſen. — Bisher ſind noch wenige Soolen chemiſch analyſirt. Die Phyſik wuͤrde bey ſolchen Analyſen ohnſtreitig gewinnen, beſonders da die Natur ſo viele Stoffe gemiſcht hat, wie in den Salzquellen zu Nauheim und Homburg vor der Hoͤhe. (H. Grens vortrefliche Unterſuchung der Halliſchen und Schoͤnebeckiſchen Soolen. S. im Journal der Phyſik, Heft 7. S. 33.) — Ich erinnere hier zugleich an eine raͤthſelhafte Beymiſchung der babyloniſchen Salzquellen, deren Plinius erwaͤhnt. Prima denſatio Babylone in bitumen liquidum, oleo ſimile, quo et in lucernis utuntur: hoc detracto ſubeſt ſal. Plin. XXXI. c. 7. (ed. Pint. p. 567.) Die Mittel, reines Kuͤchenſalz, d. h. ſolches, welches die wenigſte Kochſalzgeſaͤuerte Bittererde enthaͤlt, zu liefern, ſind einfach: Abſchaͤumen durch Kruͤcken und Setzpfannen, unſchaͤdliche Zuthaten, ſtarke Feurung bey Anfang des Sudes, langſame Verdampfung der gaarwerdenden Soole, ungehindertes Abtraͤufeln der Mutterlauge aus dem trocknenden Salze, und in gewiſſen Faͤllen Uibertragung in eigene Soggepfannen, oder Waſchen des fertigen Salzes in heißer Soole, nach ſchottiſcher Art. Zuſaͤtze von mineraliſchem Laugenſalze, von Kalkerde ꝛc. um groͤßere Kriſtalle zu erhalten, und neuere aͤhnliche Vorſchlaͤge ſind nach den erſten Lehren der Chemie theils unnuͤtz, theils ſchaͤdlich. Die oben genannten Mittel ſcheinen hinreichend und allgemein gekannt zu ſeyn. Eine unreife oder wenigſtens nicht edle Politik misrathet nur an einigen Orten ihre Anwendung. Uiber die Zerſetzung des Kuͤchenſalzes. Die Zerſetzung des Kuͤchenſalzes zur Benutzung ſeines alkaliſchen Grundtheils koͤnnte fuͤr viele Salinen von großer Wichtigkeit ſeyn, z. B. fuͤr Luͤneburg, wo der Abſatz des Produkts ſo ſchwierig iſt. Aber die vielerley Methoden, welche bisher verſucht worden ſind, ſcheinen fuͤr eine Bereitung im Großen nicht zweckmaͤßig und einfach genug; denn der zerſetzende Koͤrper muß wohlfeil, oder die neue Verbindung, die er mit der Saͤure eingeht, wenigſtens nutzbar ſeyn. Schwererde und Gewaͤchslaugenſalz ſind, nach unſern jetzigen Erfahrungen, der Kuͤchenſalzſaͤure naͤher als andere Stoffe verwandt. Die Entbindung des Mineralalkali durch das letztere entdeckte Hr. Hagen ums Jahr 1768. Hr. Bergmann (ſ. Opuſcula III. p. 351.) beſtaͤtigte dieſe Entdeckung wenige Jahre darauf. Beyder Verſuche aber blieben vergeſſen und fuͤr den Fabrikanten unbenutzt, bis die Hrn. Meyer und Remmler, der eine zufaͤllig, der andere abſichtlich darauf zuruͤckkamen. Hr. Weſtrumb, deſſen geiſtreichen Beobachtungen die Chemie ſo viele Aufſchluͤſſe verdankt, wiederholte alle von den Scheidekuͤnſtlern vorgeſchlagenen Prozeſſe, das mineraliſche Laugenſalz aus ſeinen Mittelſalzen zu ſcheiden, (ſ. Kleine phyſ. und chem. Abhandl. B. 1. H. 1. S. 142.) und entſchied, daß iener Hagenſche der vortheilhafteſte ſey. Aus zwey Aufloͤſungen von 10 Pf. Kuͤchenſalz und 10. Pf. Pottaſche erhielt er 10 Pf. Mineralalkali und eben ſo viel Sylviſches Fieberſalz (Kochſalzgeſaͤuerte Pottaſche.) Herr Gren hat dieſe Arbeit im Großen wiederholt, aber nur zur Winterszeit mit gutem Erfolge. (Handbuch der Chemie, Th. 1. p. 592.) Wenige Salinen ſind indeß in einer Lage, in welcher ſie ſich des Vortheils, das Salz durch Pottaſche zu zerſetzen, bedienen koͤnnen. Viele haben die Waldungen um ſich her ſo verwuͤſtet, oder der Gebrauch des Gewaͤchslaugenſalzes iſt aus andern Urſachen ſo geſtiegen, daß jene vorgeſchlagene Methode zu koſtbar ausfallen wuͤrde. Auch das Sylviſche Salz, welches dabey erhalten wird, iſt, wegen ſeines unangenehmen Geſchmacks, bisher nur von geringem Gebrauche geweſen. Doch koͤnnte es zur Bereitung des Salzgeiſtes, zum Einſalzen, oder, wie Hr. Wiegleb vorſchlaͤgt, zur Verſtaͤrkung der Mutterlauge beym Salpeterſieden benutzt werden. Hr. Scheelen iſt es (nach Bergmanns Anmerk. zu Scheffers chem. Vorleſungen, S. 131) gegluͤckt, das Kuͤchenſalz durch Bleyglaͤtte zu zerlegen. Dieſer Prozeß koͤnnte, wenn er im Großen ausfuͤhrbar waͤre, fuͤr viele bleyreiche Gegenden Deutſchlands anwendbar ſeyn. Ich wiederholte denſelben mehrmals nach Scheelens Vorſchrift, ich ließ kuͤnſtliche Soolen uͤber Bleyglaͤtte durch einen Trichter laufen, ich veraͤnderte den Gehalt und die Temperatur der Soole — doch immer ohne Erfolg. Endlich lehrte mich mein vortreflicher Freund Hr. Del Rio aus Spanien (der das Studium der Mineralogie und Chemie mit dem der hoͤhern Mathematik verbindet) einen ſehr einfachen Weg, auf dem ihm die Zerlegung bereits ehemals in Schemnitz gelungen war. Wir breiteten die Glaͤtte uͤber ein Tuch, und goſſen ſiedendheiße Soole daruͤber; der Bleykalk entfaͤrbte ſich nur wenig, aber die durchgelaufene Soole zeigte durch Reagentien ſogleich freygewordenes Laugenſalz an. Um mich auch von der Wirkung anderer Bleykalke auf die Kochſalzſaͤure zu uͤberzeugen, behandelte ich ſiedendheiße Lauge mit Mennige. Die Zerlegung erfolgte gleichfalls und vollkommener als durch Glaͤtte. Hrn. Weſtrumbs Verfahren ( Crells Annalen 1787. B. 2. S. 143) weicht ganz von dem unſrigen ab. Er ließ den Bleykalk mit Kochſalz und Waſſer reiben, laugte die Miſchung aus und rauchte ſie ab. Er erhielt nur wenige Staͤubchen von Laugenſalze. Die Quantitaͤt deſſelben, welche man durch haͤufiges Uibergießen freylich vermehren kann, iſt dennoch (wie auch die muͤhſamen Verſuche der Herren Achard, Goͤttling, Crell und Gren beweiſen) ſo geringe, daß die ſcheelſche Methode bis jetzt fuͤr fabrikenmaͤßige Abſcheidung des Mineralalkali nicht zu benutzen iſt. Die Sage, daß in England Kochſalz im Großen durch Glaͤtte zerſetzt wuͤrde, wie in der Fabrik des Hrn. Turner (ſ. Cronſtedt’s Syſt. of Mineralogy transl. by Engeſtrom 1788. p. 336) iſt daher ſehr zweifelhaft. Vielleicht werden indeß kuͤnftige Erfahrungen beſtaͤtigen, was Hr. Gadolin (ſ. Weſtrumbs Abh. aus den chem. Journ. geſammlet, S. 176.) laͤngſt vermuthete, daß man in allen bisherigen Verſuchen in dem Verhaͤltniſſe der Bleyglaͤtte zum Kochſalze (und in der Temperatur der Soole) gefehlt habe. Wie uͤberaus wichtig der Einfluß der letztern auf alle Verwandſchaften ſey, hat Hr. Morveau in einer eigenen Abhandlung gezeigt. Die Marggrafſche Methode, das mineraliſche Laugenſalz durch Behandlung mit Salpeterſaͤure und nachheriges Verpuffen des kubiſchen Salpeters (der Salpetergeſaͤuerten Soda) abzuſcheiden, iſt fuͤr den Fabrikanten zu koſtbar und verwickelt. Die Zerſetzung des Kochſalzes durch gebrannten Kalk oder Eiſen, welche Hr. Scheele behauptete, haben neuere Scheidekuͤnſtler, die Hrn. Remmler, Achard und Weſtrumb, widerlegt. Fuͤr die Handelsbalance von Deutſchland waͤre die inlaͤndiſche Fabrikation des Mineralalkali uͤberaus wuͤnſchenswerth. Ob wir gleich uͤber 75 gangbare Salinen in unſerm Vaterlande zaͤhlen, ſo wird uns daſſelbe doch in großer Menge aus den ſuͤdlicheren Laͤndern zugefuͤhrt. Salſola kali und Salicornia herbacea wachſen zwar an der oldenburgiſchen Kuͤſte; die letztere Pflanze und mehrere Arten von Fucus, die man in England auf mineraliſches Laugenſalz benutzt, fand ich ſelbſt haͤufig und ſalzreich an dem Ausfluße der Elbe bey Ritzebuͤttel und Kuxhaven — aber alle dieſe Naturprodukte bleiben; wie ſo manche andere, vergeſſen. Auch die Kultur der Sodepflanzen waͤre an dieſen Kuͤſten vielleicht eben ſo ausfuͤhrbar, als an den ſpaniſchen (ſ. Pluͤers Reiſe, S. 257.) und franzoͤſiſchen Kuͤſten. S. Chaptals Chemie, 1791. Th. 1. S. 295. Beſonders F. veſiculoſus. Bekmanns Technologie, S. 377. Die Soda, welche wir durch den Handel erhalten, kommt nicht, (mie man gewoͤhnlich glaubt) von 2 oder 3, ſondern von ſehr verſchiedenen Pflanzen. Bey meinem Verſuche, eine materia technologica fuͤr das Pflanzenreich zu ſammlen, ſind mir bisher folgende bekannt geworden. 1. Salicornia herbacea. 2. S. fruticoſa aus Italien. 3. Salſola kali aus Frankreich. 4. Chenopodium maritimum aus Spanien. 5. Batis maritima aus Amerika. 6. Salſola Soda, ( Loͤflings Reiſe, S. 185.) 7. Caroxylon Salſola Thunb. (am Cap.) 8. Reaumuria vermiculata. 9. Meſembrianthemum criſtallinum? 10. M. copticum. ( Pauw Recherches ſur les Egypt. I. p. 320.) 11. M. nodiflorum alle vier aus Egypten und von da nach Italien, beſonders fuͤr die Spiegelmanufakturen im Venetianiſchen Gebiete. 12. Fucus veſiculoſus. 13. F. natans, aus Großbrittannien, vielleicht auch 14. F. plumoſus. Aber dieſe Verſchiedenheit iſt dem Mineralalkali freylich ſo wenig anzumerken, als man es einem großen Theile unſerer Orſeille und unſeres Indigo anmerkt, daß ſie aus Pflanzen bereitet werden, welche uͤberall in Deutſchland wild wachſen. S. Ferbers neue Beytraͤge zur Mineralgeſchichte, B. 1. S. 455. Thunbergii Flora Japon. p. 167. Eine vollſtaͤndige materia technologica wuͤrde auf aͤhnliche Betrachtungen leiten, die vielleicht fuͤr die Staatswirthſchaft nicht gleichguͤltig waͤren — aber die Arbeit iſt ſchwierig und unvorbereitet. Von nicht ſo mannichfaltigem Gebrauche als der alkaliſche Beſtandtheil des Kuͤchenſalzes, aber nicht minder wichtig fuͤr die Kuͤnſte, beſonders ſeit den Entdeckungen der franzoͤſiſchen Chemiker, ſcheint die Saͤure, mit welcher jener gefaͤttigt iſt. Ich rede hier nicht von ihrem Nutzen als gewoͤhnlicher Salzgeiſt, welchen der Thon (mittelſt der Affinitaͤt des kieſelerdigen Antheils zum Alkali) aus dem Kuͤchenſalze austreibt, nicht von ihrer Verbindung mit fluͤchtigem Laugenſalze im Salmiak — ſondern von ihrer Anwendung zum Bleichen, wenn ſie mit Lebensluft uͤberſaͤuret iſt. Als Hr. Scheele die, nach der ſtahlſchen Theorie, ſogenannte dephlogiſtiſirte Salzſaͤure (acide muriatique ſuroxygené) entdeckte, und ihre Faͤhigkeit, Pflanzenſaͤfte zu entfaͤrben, beobachtete, ahndete wohl noch niemand, wie intereſſant fuͤr die Verbeſſerung der Manufakturen dieſe Beobachtung einſt werden wuͤrde. Herr Berthollet, welcher, ſo wie mehrere andere Chemiſten, vorzuͤglich Morveau, Pelletier, Haſſenfratz, Weſtrumb, Hermbſtedt und Gren, die neue Saͤure bearbeitete, fiel am Ende des Jahrs 1788 auf den gluͤcklichen Gedanken, ſie zum Bleichen der Zeugarten und Geſpinnſte aus Pflanzenſtoffen (Baumwolle und Leinwand) anzuwenden. Waͤhrend daß man in Deutſchland noch uͤber die Ausfuͤhrbarkeit ſeines Prozeſſes ſtritt, legte Hr. Bonoeil, aber (wie mich duͤnkt, von ihm ſelbſt gehoͤrt zu haben) in Verbindung mit Hrn. Berthollet, eine Fabrik zu Paris an, in der das Bleichwaſſer bereitet wurde. Eine aͤhnliche unternahm Hr. Valett zu Briſtol. Hr. Bonoeil gieng nachmals ſelbſt nach England uͤber, und errichtete, nach vielen muͤhſeligen Patentſtreitigkeiten, ein eigenes Etabliſſement (Beau-regard) bey Liverpool, von wo aus er ietzt Mancheſter und die umliegende Gegend mit dephlogiſtiſirter Salzſaͤure verſorgt. Auch in Lisle im franzoͤſiſchen Flandern, zu Colmar im Elſaß und in der Normandie, wo die Baumwollenmanufakturen mit den engliſchen wetteifern, wurde Berthollet’s Erfindung benutzt. Die Herren Oberkampf und Royer zu Jouy und Hr. Henry zu Mancheſter verſuchten die Grappbruͤhe auf den Kattunen, ſtatt des Kuhmiſts, durch dephlog. Salzſaͤure zu zerſtoͤhren — und der Erfolg entſprach ihren Erwartungen. Hr. Decroizille zu Rouen bemerkte den wichtigen Umſtand, daß jede Baumwolle, wenn ſie auf die neue Methode gebleicht iſt, die Farben leichter und lebhafter annimmt, beſonders den Grapp (Lizari, eigentlich Rizari) zum rothen tuͤrkiſchen Garne. Hr. von Born wollte den Bleichprozeß in England und Spanien auf Wachs anwenden; aber die Schwierigkeit, ein Patent zu erhalten, hinderte ihn wenigſtens in dem erſtern Lande an der Ausfuͤhrung ſeines Unternehmens. Denn thieriſche Stoffe faͤrbt ſie groͤßtentheils gelb. Waͤre dieſe Erfindung das Eigenthum eines eigennuͤtzigen Mannes geworden, ſo wuͤrde ſie wahrſcheinlich lange eben ſo geheim geblieben ſeyn, als die Bereitung des Salmiaks und der Schwefelſaͤure aus Schwefel oder die Reinigung des Kamphers und Boraxes. Aber Hr. Berthollet war edelmuͤthig genug, ſein ganzes Verfahren beym Bleichen, ſammt den Verbeſſerungsvorſchlaͤgen des Hrn. Decroizille oͤffentlich bekannt zu machen. S. Annales de Chimie 1789. T. II. p. 150 und T. VI. p. 204. — Journ. der Phyſik, Heft 2. S. 328. H. 3. S. 482 und H. 10. S. 122. Die ſo oft wiederholte Beſorgnis, daß die Salzſaͤure die Haltbarkeit der Zeugarten vermindere, ſind durch die genaueſten Verſuche mit Gewichten (nach Reaumur’s Methode) widerlegt worden. Man fand, daß ein Stoff bey der gewoͤhnlichen Bleiche [Formel] ſeiner Feſtigkeit verliert, da hingegen der Verluſt bey der neuen Methode kaum merklich iſt. Wenn man dazu bedenkt, daß die Bereitung der dephlogiſt. Salzſaͤure noch die Gewinnung des Mineralalkali als Nebenvortheil veranlaßt, daß das Kuͤchenſalz in dem ſalzreichen Deutſchland wohlfeiler als in Frankreich, auch der Braunſtein in gewiſſen Gegenden uͤberaus haͤufig iſt, daß feuchte Sommer und andre Hinderniſſe des Bleichens die Fabrikation oft vermindern, daß der bertholletſche Prozeß zu jeder Jahrszeit, in 3 — 5 Tagen, an jedem Orte und mit Erſparung großer Bleichplaͤtze fuͤr den Gartenbau ausgefuͤhrt werden kann — ſo iſt der Wunſch wohl ſehr natuͤrlich, daß auch einige von unſern Salinen anfangen moͤgen, eine Erfindung zu benutzen, welche den Flor der Leinwand- und Baumwollenmanufakturen und durch ſie den Wohlſtand der arbeitſamſten und duͤrftigſten Volksklaſſen befoͤrdern kann. Auch die Mittelſalze, welche die dephlogiſt. Salzſaͤure mit andern Stoffen, beſonders mit dem Mineralalkali (muriate oxygené de Soude) giebt, koͤnnen ein intereſſantes Objekt fuͤr die Kuͤnſte werden. Die ungeheure Exploſion ( Lavoiſier Traité element. T. I. p. 257) welche ſie in Verbindung mit dem Kohlenſtoffe verurſachen, macht ſie zu einem Schießpulver nutzbar, welches allein oder mit gewoͤhnlichem gemengt, fuͤr Kriegskunſt und Bergbau vielleicht gleichwichtig iſt. Hr. Lavoiſier vermuthete bereits, daß das mineraliſche Laugenſalz zuſammengeſetzt ſey. Die großen, fuͤr die Kuͤnſte ſo aufklaͤrenden Entdeckungen des Hrn. Berthollet uͤber das fluͤchtige Alkali ließen ihn ahnden, daß es Stickluft zur Baſis habe. (S. Traité elementaire de Chimie, T. I. p. 170.) Dieſe Stickluft und Bittererde haben die Herren Dehne und Thouvenet durch vielfaͤltige Verſuche wirklich darin entdeckt, (S. Chaptal’s Anfangsgr. der Chemie, Th. 1. S. 303.) ſo daß es den unzerſetzten (einfachen) Stoffen kaum mehr beygezaͤhlt werden darf. — Ob aber die raͤthſelhafte Kuͤchenſalzſaͤure, die an Leichtigkeit den vegetabiliſchen, ja faſt den thieriſchen Saͤuren nahe kommt, die bereits bey dem gewoͤhnlichen Drucke unſrer Atmoſphaͤre in einem gasartigen Zuſtande iſt, (nach Berthollet’s Hypotheſe) gar ein verſaͤuertes metalliſches Gas ſey, die Entſcheidung dieſer Frage iſt kuͤnftigen Zeiten aufbehalten. Intereſſant wird ſie fuͤr den Techniker ſeyn, weil ſie ihn mit den Beſtandtheilen und Eigenſchaften des zu erzielenden Produkts naͤher bekannt macht. Ob ſie ihm aber auch kuͤrzere Mittel darbieten kann, zu ſeinem Zwecke zu gelangen, iſt bey dem jetzigen Maaße unſerer Kenntniſſe ſchwer zu beſtimmen. Wie wichtig die analytiſche Chemie fuͤr Induͤſtrie und Nationalreichthum werden kann, davon zeugen der Amalgamationsprozeß, die Bereitung der Schwefelſaͤure aus Schwefel, und das oben beruͤhrte Bleichen durch dephlogiſt. Salzſaͤure. — Wer kann a priori ſtreiten, daß man nicht kuͤnftig einmal das große, fuͤr die Menſchheit ſo wichtige Problem, den Kohlenſtoff aus der, in ganzen Gebirgsmaſſen ſo reichlich enthaltenen fixen Luft (dem Kohlengeſaͤuerten Gas) durch doppelte Wahlverwandſchaften zu entbinden, loͤſen, oder wie Hr. Lavoiſier in ſeinem philoſophiſchen Werke (Traité élém. T. I. p. 252.) ſagt, den Prozeß der Vegetation nachahmen werde? Vielleicht iſt die Zeit, da dies geſchehen kann, nicht mehr fern. S. den denkwuͤrdigen Verſuch des Hrn. Tennant, welchen Kirwan erzaͤhlt in Crells Annalen 1791. B. 1. S. 539. Wichtiger und mehrverſprechend ſind die Ausſichten, welche die neuen Beobachtungen uͤber die Natur des Waͤrmeſtoffs und ſeiner Wirkungen auf tropfbare Fluͤſſigkeiten dem Hallurgen eroͤfnen. Alle ſeine Arbeiten beym Gradiren und Sieden beruhen darauf, daß Salz und Waſſer verſchiedene Grade der ſpezifiſchen Waͤrme haben, d. h. daß durch Erhitzung ein Theil der Soole, die waͤſſerichte, verdampft, waͤhrend daß der andere mit ſeinen molécules naͤher an einander gedraͤngt, die Wirkung der gegenſeitigen Anziehungskraͤfte ſtaͤrker empfindet und ſich zu einem feſten Koͤrper vereinigt. Deutliche Einſicht in die Urſachen der Verdampfung, ihre Befoͤrderungsmittel und Hinderniſſe ſind daher nothwendig, um unter den vielen Vorſchlaͤgen, nach welchen neuerlichſt die Salzwerkskunde hat verbeſſert werden ſollen, die wahren von den taͤuſchenden zu unterſcheiden. Die Auffindung eines Stoffes, welcher (wie der Waͤrmeſtoff) dem Kuͤchenſalze ſein Menſtruum entzoͤge, wuͤrde, wenn er im Großen anwendbar waͤre (alſo nicht Weingeiſt) alles Gradiren und Sieden entbehrlich machen. Ob Waſſer in der Luft blos verduͤnſtet, ſo darin aufgeloͤſt wird, daß es latent, d. h. ohne Wirkung auf den Feuchtigkeitsmeſſer iſt, oder ob daſſelbe auch zerlegt und dann mit vermehrter Capacitaͤt in einen permanent elaſtiſchen Zuſtand uͤbergehen kann; ſind zwey der intereſſanteſten Fragen, mit welchen ſich die neuere Chemie beſchaͤftigt hat. Die großen Entdeckungen der Herren Watt, Cavendiſh , Lavoiſier, de la Place, Meusnier, Mongé, Deimann und Troſtwyck uͤber die Beſtandtheile des Waſſers haben das letztere außer Zweifel geſetzt. Feſtigkeit, Fluͤſſigkeit und Elaſticitaͤt, Eis, Waſſer und Gas ſind nur Modifikationen verſchiedener Zuſtaͤnde von einerley Subſtanz. Durch die ausdehnende Kraft des Waͤrmeſtoffs werden dieſelben bewirkt. Nach Hrn. Sauſſure’s Theorie, welche neuerlichſt Hr. Hube in ſeiner Schrift: Uiber die Ausduͤnſtung, Leipzig 1790. uͤberaus gluͤcklich vertheidigt hat. Waſſer kann nach unſern jetzigen Erfahrungen auf dreyerley Art in die Atmosphaͤre uͤbergehen: 1. zerlegt, in ſeine beyden Grundbeſtandtheile das Saͤureſtoff- und Waſſerſtoffgas (die dephlogiſtiſirte und brennbare Luft.) S. Memoires de l’Academie des ſciences 1781. Lavoiſier Traité élément. de Chimie. T. I. p. 87. T. II. p. 465. und Hr. Girtanner in ſeiner vortreflichen Uiberſetzung der neuen Nomenklatur (Berlin 1791.) wo die letzteren Verſuche der Hrn. Fortin, Seguin und Jacquin erzaͤhlt werden. 2. unzerlegt, von der Luft mechaniſch getragen, aufs Hygrometer wirkend, mit Waͤrmeſtoff als Dampf verbunden (par Vaporiſation) nicht permanent elaſtiſch. Ich bediene mich des gewoͤhnlichen Ausdrucks: Permaneitaͤt. Aber eigentlich iſt es nicht allein nicht erwieſen, ſondern es ſcheint vielmehr wahrſcheinlich, daß die athmoſphaͤriſche Luft ſo wenig permanent elaſtiſch als Daͤmpfe iſt, wie Hr. Lambert aus analytiſchem Calcuͤl, und die Hrn. Baader (Vom Waͤrmeſtoff, 1786. S. 206.) und Mayer (Uiber die Geſetze des Waͤrmeſtoffs, 1791. S. 94.) aus analogiſchen Schluͤſſen mit aͤhnlichen Erſcheinungen ſcharfſinnig erwieſen haben. 3. unzerlegt, von der Luft (chemiſch?) aufgeloͤſt, latent, durch Verduͤnſtung (par evaporation) wie die meteorologiſchen Erſcheinungen vermuthen laſſen. Verduͤnſtung iſt daher nach Hrn. Sauſſure, dem auch Hr. Lavoiſier ( Traité element. T. I. p. 50. T. II. p. 432.) beyzutreten ſcheint, eine wahre Aufloͤſung des Waſſers in Luft, wobey der Waͤrmeſtoff blos als Anneigungsmittel wirkt. Wenn es nicht unbeſcheiden geweſen waͤre, meine Ideen den Ideen jener vortreflichen Maͤnner vorzuziehen, ſo haͤtte ich die ſchwierigen und beſtrittenen Phaͤnomene der Verdampfung und Verduͤnſtung und ihren Unterſchied ungefaͤhr ſo dargeſtellt: Wenn das Waſſer ſich durch die Elaſticitaͤt des Waͤrmeſtoffs als Dampf (gasfoͤrmiges Waſſer) erhebt, ſo wird dieſer Waͤrmeſtoff entweder von dem Medium ſelbſt hergegeben, von dem es getragen wird, oder von einer dritten Subſtanz, welche von dieſem Medium verſchieden iſt. In dem erſtern Falle haͤngt die Quantitaͤt deſſelben von dem Unterſchiede zwiſchen der Temperatur der Luft und der des Waſſers ab, und da durch die Verdampfung ſelbſt das Gleichgewicht hergeſtellt wird, ſo fehlt die Urſache der Zerſetzung der Daͤmpfe, und dieſelben koͤnnen daher dem Auge nicht ſichtbar ſeyn. Ob dieſe unſichtbaren Daͤmpfe nun nochmals von der Luft chemiſch aufgeloͤſt, oder durch Verwandſchaft des Zuſammenhangs von ihr getragen werden (ſ. Pictet’s Verſuch uͤber das Feuer, S. 146 und den geiſtreichen Kommentator zu Erxlebens Naturlehre 1791. S. 364.) iſt bis jetzt wohl nicht zu entſcheiden. Ruͤhrt der Waͤrmeſtoff in den Daͤmpfen von einer dritten Subſtanz her, welche das tragende Medium nicht iſt (wie beym Sieden) ſo muß ihre Temperatur groͤßer ſeyn als die der athmosphaͤriſchen Luft und alſo ſichtbarer Dampf durch Zerſetzung entſtehen. Das gasfoͤrmige Waſſer wird dabey entweder auf einmal tropfbar oder es verliert ſo lange von ſeinem Waͤrmeſtoffe, bis ſeine Temperatur mit der der umgebenden Atmosphaͤre ins Gleichgewicht tritt. Dann iſt es wieder unſichtbar, den Daͤmpfen, welche durch den Waͤrmeſtoff der Luft entſtehen, voͤllig gleich, und ſeine fernere Beſtimmung eben ſo ungewiß. Will man dieſe ungewiſſe Beſtimmung, dieſen geheimen Proceß, durch welchen Daͤmpfe ſich dem Hygrometer entziehen, Verduͤnſtung nennen, ſo iſt freylich auch Verdampfung mit Verduͤnſtung verbunden, oder dieſe die Folge von jener. Bezeichnet man hingegen, nach dem Sprachgebrauche, die ganze Wirkungsart der waͤrmeren Luft auf ein kaͤlteres tropfbares Fluidum mit dem Ausdrucke Verduͤnſtung, ſo iſt in dieſer ſelbſt eine Verdampfung enthalten. Im luftleeren Raume iſt daher keine Verduͤnſtung, wohl aber, und zwar im hoͤhern Grade, als beym Zutritte der Luft, Verdampfung denkbar. Dieſe Vorſtellungsart iſt von der des Hrn. De Luc (Recherches ſur les modificat. de l’ atmoſph. T. II. §. 675. etc.) ſehr abweichend. Vergl. aber damit die Anmerkung zu Erxlebens Phyſ. 1791. S. 361. Denn waͤre ſie geringer, koͤnnte die dritte Subſtanz dem Waſſer nicht ſo viel Waͤrmeſtoff abgeben, als das tragende Medium, die Luft; ſo wuͤrde ſie auch ganz unwirkſam ſeyn, und der obige Fall unſichtbarer Verdampfung eintreten. — Eben ſo verhalten ſich ſolche Fluͤſſigkeiten, welche von Natur ſchon waͤrmer als das Medium ſind. S. unten das Gradiren der Muͤnſterſchen Soole. Die Hauptſchwierigkeit liegt wohl in der richtigen Vorſtellung von der Aufloͤſung einer Subſtanz in der andern, von der man ſich um ſo mehr entfernt, je mehr man den bildlichen Vorſtellungen von einfachen Koͤrpertheilchen anhaͤngt. Von der Anwendung der Grundſaͤtze, welche Herr Kant in ſeiner Naturlehre uͤber dieſen Gegenſtand aufgeſtellt hat, laſſen ſich große Aufſchluͤſſe erwarten. Ich habe mich bemuͤht, dieſe Grundſaͤtze ſo genau und einfach, als moͤglich, zu entwickeln, weil alle hallurgiſche Arbeiten darauf beruhen. Freylich iſt nicht darum jeder Verbeſſerungsplan, wenn er mit ihnen uͤbereinſtimmt, auch ausfuͤhrbar. Denn wie viele in Lokal- oder andern Nebenverhaͤltniſſen gegruͤndete Hinderniſſe, laſſen nicht oft den ſchoͤnſten Entwurf ſcheitern! Aber eine aͤchte, aus Erfahrungen abſtrahirte Theorie iſt wichtig genug fuͤr die Kuͤnſte, wenn ſie zu neuen Erfindungen leitet, die Urſachen eines mislungenen Proceſſes kennen lehrt, vor ſolchen Verſuchen warnt, deren ungluͤcklicher Erfolg vorherzuſehen iſt, und andere anrathet, welche nach genauer Pruͤfung Vortheil verſprechen. — Die Bereitung des Kuͤchenſalzes aus natuͤrlichen Soolen wird hauptſaͤchlich durch zwey, einander entgegengeſetzte Hinderniſſe geſtoͤhrt. Beym Gradiren auf Lekwerken iſt eine leichte Verduͤnſtung, (das Wort im engern Sinne genommen,) aber eine geringe gleichſam das Material zum Dunſt liefernde Verdampfung. Beym Verſieden der Soole iſt hinlaͤngliche Verdampfung, aber eine langſame, durch veraͤnderte Temperatur geſtoͤhrte Verduͤnſtung. Ich werde verſuchen, dieſe Verhaͤltniſſe genauer zu pruͤfen, und eine Uiberſicht der Mittel zu geben, durch welche man auf verſchiedenen Salinen in- und außerhalb Deutſchland den Nachtheil derſelben zu vermindern ſucht. Uiber das Gradiren der Soole. In dem unfreundlichen Klima des noͤrdlichen Deutſchlands wird das Gradiren oft ſehr erſchwert. Die Quantitaͤt des Waͤrmeſtoffs, welche die athmosphaͤriſche Luft enthaͤlt, iſt im Ganzen gering. Daher koͤnnen nur wenige Daͤmpfe ſich bilden. Uiberdies wird durch die Verdampfung ſelbſt Kaͤlte erregt. Denn das Waſſer geht von einem tropfbar fluͤſſigen in einen gasartigen elaſtiſchen Zuſtand uͤber, ſeine Kapacitaͤt wird vermehrt und da durch Waͤrmeſtoff gebunden — ein Umſtand, der wenig bemerkt und dem Gradiren doch ſehr hinderlich iſt. Bey dem Anſchießen der Kriſtalle wird umgekehrt Waͤrmeſtoff entbunden, woraus Hr. Langsdorf (ſ. Hallers Bemerkungen, S. 208) ſehr gluͤcklich ein Phaͤnomen beym Soggen erklaͤrt. S. auch Lavoiſier Tr. élém. T. II. p. 425 und p. 438. Um ſo wichtiger ſcheint es daher, da der Waͤrmeſtoff das Hauptagens bey der Verdampfung iſt, und die Abendwinde uͤberdies viel Feuchtigkeit bringen, die Gradirhaͤuſer (wenn es ſonſt das Lokal erlaubt) mit den Giebeln gegen Abend und Morgen zu ſtellen. Die Sonnenſtrahlen fallen dann unmittelbar auf die Dornwaͤnde. Je mehr Oberflaͤche uͤberdies die Sooltroͤpfchen der Athmosphaͤre darbieten, d. h. je vielfacher und kleiner ſie ſind, deſto leichter wird ihr waͤſſericher Antheil in Dampf aufgeloͤſt. Darauf beruht die Regel, die Stellagen ſo dicht als moͤglich mit Dornwellen auszuſtopfen (gegen den Sturm iſt durch die Windſtreben hinlaͤnglich geſorgt;) darauf der Nachtheil alter mit Dornſtein belegter Waͤnde, darauf der Vorzug, den Schwarzdornen, vor den weniger ſperrigen Birkenreiſern und dem jetzt freylich vergeſſenen Strohe haben, darauf das nicht ſehr eintraͤgliche Anſtellen der Gradirer mit Lekſchaufeln, wie es zu Allendorf Sitte iſt. Bisweilen hindert daran die Beſorgnis vor dem allzuhaͤufigen Dornſtein, wie z. B. bey den beyden 2500 und 3000 Fuß langen Lekwerken zu Bruchſal und den 50000 □ F. Gradirwaͤnden zu Pyrmont. Die Bruchſaler Soole, welche ſich in neuern Zeiten (durch zuſtroͤmende wilde Waſſer?) bis 1 und [Formel] loͤthig verſchlimmert hat, und ſchon in 6 Jahren die Dornen untauglich macht; die Pyrmonter, welche 2 graͤdig iſt; und die Nauheimer, gehoͤren zu den unreinſten Soolen, die ich geſehen. Der Gehalt zweyer Soolen an kalkerdigen Theilen iſt äußerſt verſchieden. Die Soole der Karlshalle (auf der Suͤdweſtſeite von Kreuznach ) iſt ſo rein, daß ſie gar keinen Dornſtein und uͤberaus wenig Pfannenſtein (die Pfannen dauern hier 40 Jahre) abſetzt. Demnach duͤrfen die Dornwellen nicht lange auf den Stellagen liegen, weil ſie leicht faulen, woran wahrſcheinlich die waͤſſeriche 1 graͤdige Soole ſchuld iſt. Eine aͤhnliche Faͤulnis bewirkt die ſchwache Soole bey der Dachgradirung zu Wimpfen. Wo die Dornen uͤbermaͤßig theuer und der Gradirwaͤnde ſo viel als zu Nauheim ſind, ſcheinen Birkenreiſer doch nicht ganz unvortheilhaft. Auch zu Allendorf fand ich eine ganze Gradirwand damit bekleidet. Sie muͤſſen daſelbſt alle 6 Jahre umgewechſelt werden, da hingegen die Soole die Dornwellen erſt in 12 Jahren untauglich macht. Zu Nauheim ſind die Lekwerke mit Birkenreiſern vielleicht gerade die aͤlteſten. Hr. Langsdorf behauptet (Anmerk. zu Haller, S. 82.) daß 1000 F. Birkenreiſer nicht mehr als 500 F. Dornwellen im Gradiren leiſten. Nach den Erfahrungen, die man zu Allendorf angeſtellt, ſcheint dies Verhaͤltnis zu groß angegeben zu ſeyn. Uiber die zunehmende Seltenheit der Schwarzdornen darf ſich keiner wundern, der bedenkt, wie viel man an der Ausrottung, wie wenig aber an Anpflanzung dieſes Strauchs arbeitet. Bewegte Luft, Winde vermehren nicht, wie man gewoͤhnlich glaubt, die Verdampfung, es ſey denn dadurch, daß ſie die Sooltropfen zertheilen und auf den Dornen umherſpruͤtzen, ſondern vielmehr die (chemiſche?) Aufloͤſung (oder die phyſiſche Adhaͤſion?) der Daͤmpfe in Luft, das Verduͤnſten derſelben. Sie verjagen die feuchte, ſchon geſaͤttigte Luftſchicht, deren Stelle eine trocknere und ungeſaͤttigte einnimmt. Daher die vortheilhafte Lage der Gradirhaͤuſer in der Ebene, wie ich ſie zu Schoͤnebek, Nauheim, Bruchſal, Salz der Helden, Suͤlbek und Pyrmont ſahe. In bergigten Gegenden wie zu Allendorf, oder gar in ſchmalen Thaͤlern, wie an der Nahe bey Kreuznach muͤſſen ſie nach der Oefnung des Thals oder dem Hauptſtreichen des Windes erbaut werden — eine Kunſt, welche oft dem erfahrenſten und behutſamſten Hallurgen misgluͤckt. So wurde vor der Anlegung der Theodorshalle (welche ſammt der Karls-Philippshalle und Mosbach gegenwaͤrtig der Hofrath Schmolz fuͤr 100000 fl. gepachtet hat) der Wind 14 Wochen lang mit ausgeſteckten Fahnen beobachtet, und das Lekwerk nach dem damaligen Hauptſtreichen aus Suͤden erbaut. Dennoch leidet daſſelbe jetzt von Kopfwinden. Die 9 Gradirhaͤuſer, jedes zu 7 Fallen = 1080 Fuß, ſtehen mit den Giebeln zwiſchen Abend und Morgen, und gerade der uͤber das hohe Gebirge ſtreichende Weſtwind iſt der haͤufigſte und anhaltendſte. Die Lage eines Lekwerks darf ſich weder allein nach der Mittagsſonne, noch nach dem Hauptwinde richten. Lokalumſtaͤnde koͤnnen (wo ſich nicht beyde Vortheile vereinigen laſſen) bald fuͤr den einen, bald fuͤr den andern entſcheiden. Iſt aber der Luftzug von Norden oder Suͤden her voͤllig gehemmt, ſo ſcheint es rathſamer, den Gewinn an Waͤrmeſtoff durch die Mittagsſonne aufzugeben. Ein Theil der Gradirwaͤnde zu Nauheim, Allendorf und Suͤlbek ſind mit der langen Seite gegen Oſt und Weſt ein anderer Theil gegen Nord und Suͤd gerichtet. Die Lekwerke zu Schoͤnebek, Salz der Helden, Bruchſal, Pyrmont (wo 69 Bund = 1104 Fuß,) auf der Rheingraͤflich Muͤnſterſchen Saline an der Nahe, der Karls- und Theodorshalle, ſind alle nach einer Richtung erbauet. Zu Alt-Koͤſen an der Saale, wo das Flußthal gegen Suͤdweſt geoͤfnet, der Luftzug aber durch eine Kette kleiner Huͤgel (die ſich von Nordweſt gegen Suͤdoſt hinzieht) merklich verringert iſt, ſind alle 3 Gradirhaͤuſer mit den Giebeln gegen Norden und Suͤden gekehrt. Das erſte derſelben 77 Bund (= 1232 Fuß Laͤnge etwa = 39,424 □ F. Flaͤcheninhalt) und 3 Faͤlle, das zweyte 64 Bund (= 1024 Fuß Laͤnge = 32,768 □ F.) und 2 Faͤlle, und das dritte 87 B. (= 44,544 □ F.) und 1 Fall. Das zweyte Gradirhaus gradirt merklich vortheilhafter, als das erſte und dritte, weil es auf eben den Huͤgeln erbaut iſt, welche das Thal durchſchneiden, und jenen den freyen Luftzug rauben. Die Lekwerke auf dem Graͤflich-Beuſtiſchen Salzwerke zu Sulze, von denen das erſte 16 Bund = 8,192 □ F. und 2 Faͤlle, das zweyte 40 Bund = 20,480 □ F. und 4 Faͤlle, das dritte 50 Bund = 25,600 □ F. und 4 Faͤlle hat, ſind wie die Koͤſener konſtruirt. Man mag ſie als Menſtruum, oder mit den Herren Pictet und Lichtenberg als hygroſkopiſche Subſtanz betrachten. Geſaͤttigte Luft hat keine Wirkung aufs Waſſer. In derſelben iſt eben ſo wenig Verduͤnſtung als im luftleeren Raume. Feuchte Luft, ſie mag bewegt oder unbewegt ſeyn, iſt der Verduͤnſtung ungemein hinderlich. Daher iſt dieſelbe in der heißen Zone ſo uͤber alle Vermuthung geringe, wie die meteorologiſchen Beobachtungen des Hrn. Caſan’s lehren, ſ. Grens Journal der Phyſik, Heft 7. S. 116. In der Rheingraͤflich-Muͤnſterſchen Saline bey Creuznach, welche ich vor 2 Jahren mit meinem ſcharfſinnigen Freunde Herrn van Geuns beſuchte, fanden wir eine ſchwache [Formel] graͤdige Soole, die zu jeder Jahreszeit, bey jeder Temperatur der Athmosphaͤre betraͤchtlich warm iſt. Sollte es nicht dieſer natuͤrlichen Waͤrme zuzuſchreiben ſeyn, daß ſich die muͤnſterſche Soole ſo ſchnell concentrirt und oft in einem Falle von 5 zu 15 Grad ſteigt? Warme Soolen ſind ſehr ſelten. Doch kannten die Alten die Pagaſeiſche Quelle. Sunt et in Africa lacus, ſalem ferentes. Ferunt quidem et calidi fontes, ſicut Pagaſaei. Plin. XXXI. 7. Naͤchtliche Gradirung iſt, wo eine treue Aufſicht der Gradirer oder eine Geſchwindſtellung, vor dem uͤbermaͤßigen Soolenverluſte bey Veraͤnderung des Windes ſichert, allerdings rathſam. Die Waͤrme heller Sommernaͤchte iſt, wie die Erfahrung lehrt, der Verduͤnſtung ſehr guͤnſtig. Vielleicht ſpielt das Mondlicht keine ſo unbetraͤchtliche Rolle dabey, als man gewoͤhnlich glaubt. Freylich iſt es ſelbſt im Vollmonde nach Bouguer nur [Formel] des Mittagslichts der Sonne, freylich wirkt nach den Beobachtungen des Abts Giuſeppe Toaldo ſelbſt die Mondnaͤhe nur ſo wenig auf die Athmosphaͤre, daß der Barometerſtand kaum um [Formel] Linie abnimmt — dennoch ſcheinen Verſuche, die man zu Rom und Paris anſtellte (ſ. Etudes de la Nature par J. B. de Saint-Pierre. 1788. T. I. p. 6 und 17.) und Beobachtungen der Seefahrer zu beweiſen, daß die waſſeraufloͤſende Kraft der Luft durch dieſes ſo unwirkſam ſcheinende Mondlicht betraͤchtlich zunimmt. Dieſe Erfahrung war ſelbſt den Alten bekannt: Ferunt Lunae foemineum ac molle ſidus — ſoluere humorem et trahere — glaciem refundit, cunctaque humifico ſpiritu laxat. Plin. II. 101. und in Anwendung auf das Verduͤnſten des ſalzigen Meerwaſſers: Africa circa Vticam conſtruit aceruos ſalis ad collium ſpeciem, qui, vbi Sole Lunaque induruere, nullo humore liquescunt. Plin. XXXI. 7. Der Mond wirkt hierbey wahrſcheinlich nicht als erwaͤrmender, ſondern als leuchtender Koͤrper. Denn nach den geiſtreichen Verſuchen der Herren Chaptal, Petit und Dorthes (Annales de Chymie, 1789. T. II. p. 92.) befoͤrdert jedes Licht (ohne Waͤrme) das Aufſteigen der Waſſerdaͤmpfe. Die Quantitaͤt Waſſer, welche ein beſtimmtes Volumen Luft aufnehmen kann, iſt ebenfalls beſtimmt. Hr. von Sauſſure fand, daß bey einer Temperatur von 15° in Einem Kubikfuße athmosphaͤriſcher Luft 10 — 11 Gran Waſſer verduͤnſten. Eben ſo verhaͤlt ſich die brennbare Luft (Waſſerſtoffgas) und, ob gleich andere es bezweifeln, die Stickluft. S. Eſſais ſur l’hygrometrie. Eſſ. 2. ch. 3 et 9. Fixe Luft (Kohlengeſaͤuertes Gas) kann nach Hrn. Lavoiſier (Traité élem. I. p 50.) erſt bey einer groͤßern Menge Waſſer geſaͤttigt werden. Vielleicht iſt dieſer Umſtand fuͤr die techniſchen Kuͤnſte kuͤnftig einmal nicht unwichtig. Bey Gradirhaͤuſern mit breiten Waͤnden wird, wenn auch von innen gradirt werden ſoll, die Verduͤnſtung merklich gehindert. Auf der Churhannoͤveriſchen Saline zu Salz der Helden fand ich eine neue Vorrichtung, durch welche man dieſer Unbequemlichkeit abzuhelfen ſucht. In einer neuen etwa 13 F. breiten Wand waren die Dornſtellagen nicht gaͤnzlich bekleidet, ſondern die Wellen in vier Reihen unterbrochen, gleichſam ſchachbretfoͤrmig, gelegt. Der Luftzug traf dadurch unaufgehalten und mit gleicher Staͤrke die aͤußere und innere Flaͤche der Dornwand. So wie die athmosphaͤriſche Luft die waͤſſerichen Theile der Soole verjagt, ſo nimmt ſie auch keine unbetraͤchtliche Menge des Salzes ſelbſt auf. Die Verwandſchaft oder Anhaͤnglichkeit dieſes Koͤrpers zu ſeinem Aufloͤſungsmittel iſt ſo groß, daß er demſelben durch beyde Zuſtaͤnde der Gasform und Feſtigkeit folgt. — Hr. von Haller nahm unbedingt an, daß durch das Gradiren auf Dornwaͤnden [Formel] der Soole verloren gehe. Die verſchiedene Loͤthigkeit der Brunnenſoole aber, und die Stufe, zu der man ſie concentriren will, veraͤndern dieſen Verluſt ungemein. Die Erfahrung lehrt, daß 1 loͤthige Soole, wenn ſie bis 16 Loth ſteigt, auf 3 Ctn. Salz etwa 1 Ctn. einbuͤße. Zweyloͤthige Soole bis 18 Loth gradirt, giebt [Formel] , 3loͤthige [Formel] Verluſt. Herr Langsdorf hat dieſe verwickelten Verhaͤltniſſe neuerlichſt durch eine ſinnreiche, mit der Erfahrung uͤbereinſtimmende Formel dargeſtellt. (S. Hallers Bemerk. 1789. S. 102. wo der Calcuͤl in der Sammlung praktiſcher Bemerk. fuͤr Freunde der Salzwerkskunde, Th. 2. S. 218. und in der Anleit. zur Salzwerkskunde, 1784. S. 61 berichtigt wird.) Wie die Eisgradirung, deren weiter unten erwaͤhnt iſt, und die vortreflichen Beobachtungen der Herren Reinhold und Georg Forſter uͤber das Eis am Suͤdpole lehren. Noch betraͤchtlicher iſt der Verluſt bey Concentrirung der Soole durch Kaͤlte. Mit dem Eiſe wird allemal Salz verſchuͤttet, und deſto mehr, je hochloͤthiger die Soole war. Wenn 5 loͤthige Soole durch Eisgradirung bis zu 6 [Formel] loͤthiger ſteigt, ſo bleibt das Eis noch 2 loͤthig; wenn 12 loͤthige bis 13 [Formel] ſteigt, ſo bleibt das Eis 4 [Formel] loͤthig. Dieſe Methode, welche große Baſſins, viele und ſchwache Soolen, und ein kaltes Klima erfordert, kann daher fuͤr das noͤrdliche Deutſchland nur in ſeltenen Faͤllen vortheilhaft ſeyn. S. Acta Acad. Erf. 1780. Arnold de ſalium aqua ſolutor. phaenomenis quibusdam Erlang. 1755. — Hamb. Mag. B. 16. S. 67. Von dieſem zweifachen Soolenverluſte bey der Dorn- und Eisgradirung, welcher aus der Anhaͤnglichkeit des Salzes an ſeinem Menſtruum entſpringt, iſt ein dritter, mechaniſcher, welchen Stuͤrme oder ſchnell umſetzende Winde verurſachen, voͤllig verſchieden. Bey Lekwerken, wo die einzelnen Kranen verſchloſſen werden muͤſſen, iſt derſelbe uͤberaus betraͤchtlich. Die Geſchwindſtellung aber vermindert ihn; indem ſie ihn blos auf die Sooltropfen einſchraͤnkt, welche oben in der Dornwand haͤngen. — (Die Vorrichtungen zu dieſer Geſchwindſtellung ſind im Ganzen wenig benutzt, und noch weniger alle oͤffentlich beſchrieben. Ich habe drey weſentlich verſchiedene Arten derſelben zu Nauheim, Theodorshall und Salz der Helden geſehen. Die erſte beſteht in einem Roͤhrengange, welcher, (angenommen, das Lekwerk ſey mit den Giebeln zwiſchen Oſten und Weſten gerichtet,) tiefer als der mittaͤgliche Sumpfkaſten liegt, und mit demſelben durch eine gebogene, mit einem Zapfen verſehene Kommunikationsroͤhre dergeſtalt in Verbindung ſteht, daß bey Oefnung des Zapfens die Soole aus dem mittaͤglichen Sumpfkaſten in den Roͤhrengang, und von da in die mitternaͤchtliche Flaͤche der Dornwand geleitet wird. — Die zweyte uͤberaus einfache Art der Geſchwindſtellung iſt ein Gerinne, welches unter den Ausgußroͤhren der Pumpen, parallel, mit der ſchmalen Seite des Gradirhauſes, von dem mittaͤglichen Sumpfkaſten nach dem noͤrdlichen fuͤhrt, und dergeſtalt verſchoben werden kann, daß die Soole aus der Ausgußroͤhre bald unmittelbar in den mittaͤglichen bald mittelbar, durch das Gerinne, in den mitternaͤchtlichen, Sumpfkaſten fließt. — In der dritten Art der Geſchwindſtellung liegen viele ſchmale Gerinne, unter den Kranen, rechtwinklich gegen die lange Seite der Soolkaͤſten. Sie koͤnnen ſo bewegt werden, daß die Soole aus den Kranen bald unmittelbar in die mitternaͤchtliche, bald durch die ſchmalen Gerinne mittelbar in die mittaͤgliche Flaͤche der Dornwand troͤpfelt. Dieſe Bewegung geſchieht durch einen ſehr einfachen Mechanismus. Das mitternaͤchtliche Ende der Gerinne ruht naͤmlich zwiſchen zwey ſenkrechten Zapfen auf einer ſoͤligen Latte, auf welcher daſſelbe mittelſt eines Winkelhebels bald oͤſtlich, bald weſtlich, alſo bald unter die Oefnung der Kranen, bald von ihnen hinweg geſchoben werden kann. — Um die Soole bey wechſelnden Winden noch ſchneller von einer Wandflaͤche in die andere zu leiten, iſt auf dem Gutkaſten zu Nauheim die ſinnreiche Vorrichtung getroffen, durch welche der Wind ſelbſt die Geſchwindſtellung regiert. Dieſelbe iſt nach der erſten, (von Hrn. Langsdorf allein beruͤhrten) Methode angelegt, aber ſtatt der Zapfen mit Ventilen verſehen. Auf dem Dache des Gradirhauſes ſteht eine Windfahne, deren ſeigere Axe am unteren Ende mit einem Krumzapfen verbunden iſt. Dieſer bewegt durch eine Zugſtange ein halbes Kreuz, an welchem (ſtatt der Kolbenſtange bey Pumpenkuͤnſten) eine Schnur befeſtigt iſt. Dieſe Schnur oͤfnet und verſchließt, ſo wie die Windfahne ſich drehet, das oben genannte Ventil in der Kommunikationsroͤhre. Auf einem andern Lekwerke zu Nauheim wird dies Ventil blos durch eine uͤber eine Rolle herabhaͤngende Schnur geoͤfnet. Der Gradirwaͤrter kann hier die Soole leiten, ohne das Gradirhaus zu beſteigen. Vollſt. Anleitung zur Salzw. 1784. S. 186. Der koſtſpielige Bau der Lekwerke, der zunehmende Mangel an Dornen, die Erſparung ſaͤmmtlicher Bewegkraͤfte und der mannichfaltige Soolenverluſt beym Gradiren, brachten Herrn von Haller ums Jahr 1759 auf die Idee, die zu Nauheim (1579) erfundenen, von Doktor Meth in Sachſen (1599) verbreiteten, und von den Herren von Beuſt (1730) Waitz von Eſchen und Borlach verbeſſerten Gradirhaͤuſer zu verlaſſen. Er verſuchte ſtatt derſelben die Sonnengradirung, wie in Poitou und Pays d’Aunis, doch in bedachten hoͤlzernen und marmornen Baſſins, einzufuͤhren. Der Regen, welcher in den noͤrdlichen Gegenden unſers Vaterlandes jaͤhrlich herabfaͤllt, betraͤgt etwa 22 Zoll, die natuͤrliche Verduͤnſtung hingegen 48 Zoll. Fuͤr eine 8monatliche Gradirzeit kann man dieſe, von jener abgezogen, ohngefaͤhr 22 Z. rechnen. (S. Langsdorfs Anmerk. zu Haller. S. 168.) Herr von Haller berechnete aus dieſen und aͤhnlichen Erfahrungen die Vortheile der Sonnengradirung, und ſchloß, daß dieſelbe die Gradirung auf Dornwaͤnden ſechsmal an Vortheil uͤbertreffe. Aber Hr. Langsdorf hat uͤberaus ſcharfſinnig gezeigt, 1) daß in dieſer Berechnung die Lekwerke fuͤnfmal zu lang angenommen, und 2) daß eine Menge Rechnungsfehler (wie z. B. 168000 K. F. ſtatt 18000 K. F. fuͤr den Inhalt der Baſſins) eingeſchlichen ſind. Er folgert daraus, daß nur in Gegenden, wo die Soole ſparſam, Feurung, Dornen und Bewegkraͤfte aber uͤberaus koſtbar ſind, der Hallerſche Plan ein vorzuͤgliches Augenmerk verdiene. Dieſer Doktor Matthaͤus Meth aus Langenſalza iſt alſo nicht der erſte Erfinder. Vergl. Bekmanns oͤkon. Bibl. Th. 3. S. 558. und Ausf. Anleit. zur Anlegung der Salzwerke. 1781. S. 108. Wuͤrden dieſe Reſultate aber nicht vortheilhaͤfter fuͤr die Sonnengradirung ausfallen, wenn man ſtatt der koſtbaren hoͤlzernen Baſſins, mit Letten ausgeſtampfte, und mit Moͤrtel uͤberzogene Gruben annaͤhme, (wie Hr. Langsdorf ehemals ſ. Anleitung zur Salzwerkskunde. S. VIII. ſelbſt vorſchlug); wenn man die berechnete Menge des gefallenen Regens um einige Zolle verminderte, (denn zu Upſala fielen nach einem Mittel von 23 Jahren nur 14,289 Zoll, in Weſtmuͤnſter nach dem Mittel von 18 Jahren nur 18,5 Zoll, in Paris n. d. M. von 66 Jahren nur 17 Zoll; wenn nicht bloß der Bau der Lekwerke, ſondern auch die Koſten der Kunſtraͤder, Pumpen, der Lohn der Gradirwaͤrter, Kunſtmeiſter ꝛc. (wie Hr. Langsdorf auch in ſeiner fruͤheren Anleitung zur Salzwerkskunde, S. 121 that) in Anſchlag braͤchte? Dieſe Verhaͤltniſſe, welche nach der Natur der Gegend mannichfaltig veraͤndert ſeyn koͤnnen, laſſen ſich jedoch nicht durch allgemeine, nutzbare Formeln ausdruͤcken, ſondern muͤſſen, nach bewaͤhrten oͤkonomiſchen und phyſikaliſchen Erfahrungen, fuͤr individuelle Faͤlle gepruͤft werden. Mitterpachers phyſik. Erdbeſchreibung. 1789. S. 129. Die Vortheile der Sonnen- und Troͤpfelgradirung koͤnnen durch die ohnedies wohlfeilere Erbauung unbedachter Lekwerke zugleich benutzt werden. Da die Wirkungen des Regens aber ſo viel auffallender, als die der Verduͤnſtung ſind, ſo ſteht das allgemeine Vorurtheil ihnen entgegen. Wenige Hallurgen haben daher bis jetzt ihre Anlegung gewagt. Doch ſind ſie keine Erfindung neuerer Zeiten. Denn zu Nauheim werden die bedachten Gradirhaͤuſer fuͤr juͤnger als die unbedachten gehalten. Die letzteren ſind neuerlichſt auch zu Pyrmont und (wie ich hoͤre) auf der vortreflich eingerichteten Saline zu Duͤrrenberg erbauet worden. Vorausgeſetzt, daß ſie nicht den Gutkaſten enthalten. Die Verduͤnnung der Soole durch Regen im oberen Troge iſt betraͤchtlich geringer, als in den Baſſins, welche auf der Oberflaͤche der Erde angelegt ſind. Dies beweiſt die merkwuͤrdige Entdeckung des D. Heberden, auf welche andere Phyſiker bisher wenig geachtet zu haben ſcheinen. Hr. Heberden beobachtete naͤmlich ein Jahr lang, die Quantitaͤt des gefallenen Regens am Fuße eines Hauſes, ſo wie auf dem Dache dieſes Hauſes, und dem der Weſtminſter Abtey. Er fand dieſelbe: S. Philoſ. Transactions. Vol. 59. an dem erſten Orte zu 22,608 Zoll an dem zweyten — 18,139 — an dem dritten — 12,099 — Nach dieſer Beobachtung ſcheint demnach die Verduͤnſtung der fallenden Regentropfen geringer, als der Niederſchlag der Feuchtigkeit aus der unteren Luftſchicht zu ſeyn, und der Vortheil unbedachter Gradirhaͤuſer kann, wenn die oberen Troͤge auch nie bedeckt ſind, noch groͤßer angenommen werden, als man ihn neuerlichſt berechnet hat. Man ſieht hieraus, wie mich duͤnkt, daß die Angaben uͤber die Menge des gefallenen Regens unbeſtimmt ſind, wenn der Stand des Inſtruments nicht nach Fußen angegeben iſt. Betraͤchtlich wird der Irthum, wenn die Hoͤhe deſſelben uͤber der Oberflaͤche der Erde ſo betraͤchtlich iſt, als bey dem vortreflichen meteorologiſchen Apparate zu Manheim. Die vorzuͤglichere Guͤte und Schaͤrfe des Sonnenſalzes in Vergleich mit dem Siedſalze, iſt keine geringe Empfehlung der Sonnengradirung. Herr Spielmann fand, daß 1 Unze Saͤure aus jenem 12, eine aus dieſem nur 9 Quentchen Laugenſalz ſaͤttigten, eine Erfahrung die allerdings auffallend iſt; indeß, da das Siedſalz mehrerer Salinen ſich ſo merklich unterſcheidet, kein allgemein geltendes Reſultat giebt. Zwar ruͤhrt die Verſchiedenheit des Siedſalzes nicht vom Gradiren auf Dornwaͤnden her, wie man wohl gar in aͤlteren Zeiten waͤhnte: aber das Verſieden einer allzuhochloͤthigen Soole, welche zu ſchnell gaar wird, und mehrere Umſtaͤnde beym Soggen des Salzes, haben einen entſchiedenen Einfluß darauf. S. des Geh. Raths und Salzgrafen J. C. von Dreyhaupts Preisſchrift von Verbeſſerung des Salzes, worin Gradirhaͤuſer, große Pfannen und Steinkohlenfeurung als drey Haupturſachen eines ſchlechten und ſchmierigen Kuͤchenſalzes betrachtet werden. So wie ſich, wie eben gezeigt, die Sonnengradirung bey unbedachten Lekwerken benutzen laͤßt, ſo kann man dieſe auch mit einer Art der Britſchengradirung vereinigen. Hierzu iſt eine ſinnreiche Vorrichtung auf dem churfuͤrſtlich ſaͤchſiſchen Salzwerke zu Altkoͤſen an der Saale getroffen. Die Soolenbehaͤlter unter der Dornwand ſind hier voͤllig verſchloſſen, ſo daß die Oberflaͤche der Soole nicht ſichtbar iſt. Die Bretter, welche ihnen zum Deckel dienen, laufen unter einem geringen Winkel gegen die Wand zu, an, und die Soole fließt, ſo wie ſie von den Dornen herabtraͤufelt, uͤber denſelben bis in ein Gerinne an den Seitenboͤden der Soolbehaͤlter, durch welches ſie ſich in dieſelben ergießt. Hierdurch geht zwar der Vortheil, daß die Sonne unmittelbar auf die Baſſins wirkt, verloren, aber die Britſchengradirung erſetzt denſelben vielfaͤltig und gewaͤhrt noch groͤßere Vortheile. Denn 1) die Soole wird durch den Deckel der Behaͤlter vor Verunreinigung mancherley Art geſichert. 2) die Verduͤnſtung nimmt zu, weil fließendes, bewegtes Waſſer ſchneller verduͤnſtet, als ſtehendes, und weil (wenn man auch dies in Anſchlag bringen duͤrfte) der Deckel wegen des Anlaufens mehr Flaͤcheninhalt, als der ſoͤlige Spiegel der Soole hat. Dies ſind ohngefaͤhr die Hauptmomente des Gradirens. — Neuere Vorſchlaͤge, das Verduͤnſten durch kuͤnſtliche Waͤrme zu vermehren, Troͤpfelgradirungen in geheizten Zimmern vorzurichten u. ſ. f. ſcheinen bis jetzt noch zu wenig ausfuͤhrbar, um ſie naͤher zu betrachten. Freylich wuͤrde dieſe Methode, bloß fuͤr hochloͤthige Soole angewendet (die man auf Lekwerken oft vergeblich repetirt, und die dabey einen ſehr betraͤchtlichen Soolenverluſt leiden) nicht allzugroße Gebaͤude erfordern, eine uͤberaus ſchnelle Concentrirung verſchaffen, und einen Theil der gewoͤhnlichen Gradirhaͤuſer entbehrlich machen; aber die Theuerkeit des Brennmaterials und die Schwierigkeit die Zimmer warm zu erhalten, und zugleich die geſaͤttigte Luft durch eine friſchere und und ungeſaͤttigte zu erſetzen, ſteht ihr entgegen. Vielleicht naͤhert ſich Deutſchland einer Periode, in welcher alle Gradirung auf Dornwaͤnden aufhoͤren kann. Sollte es gluͤcken, auch in dem noͤrdlichen Theile unſeres Vaterlandes einen Salzſtock zu entdecken, ſo wuͤrde man ſich des Steinſalzes zum Anreichern der Soole bedienen, ſo wuͤrden die (natuͤrlichen) Preiſe des Kochſalzes fallen, einige Salinen eingehen, andere ſich heben u. ſ. f. Es giengen dann bey uns aͤhnliche Revolutionen vor, als die waren, welche England erlitt, ſeitdem (1670) auf dem Landſitze des Sir William Madbury in Cheſhire das (fuͤr Großbrittannien, Holland und die baltiſchen Laͤnder ſo wichtige) Salzfloͤz entdeckt, und dadurch die Kokturen zu North- und South- Shilds auf der oͤſtlichen Kuͤſte faſt gaͤnzlich vernichtet wurden. — Ob aber die Spuren von Steinſalz, welche (wiewohl ſelten) in Gips oder dichtem Kalkſteine eingeſprengt gefunden ſind, die nahe Gegenwart eines Salzſtocks erwarten, oder ob ſie vielmehr (weil chemiſche Gruͤnde den gleichzeitigen Niederſchlag von Gyps und Steinſalz zweifelhaft machen) als ſekundaͤre Wirkungen einer verduͤnſtenden Soole zu betrachten ſind, die Entſcheidung dieſer Frage iſt fuͤr den Hallurgen uͤberaus wichtig, gehoͤrt aber in das Gebiet der Geognoſie. S. Abhandl. uͤber die Produkte des Mineralreichs in den Preuß. Staaten. 1786. S. 89. S. Hrn. von Charpentiers Nachricht davon in ſeiner vortreflichen Miner. Geographie der Churſaͤchſ. Lande. S. 380. — Außer den Schriften der Herren Wild und Struve uͤber den Urſprung der Salzquellen; ſ. auch Herrn Klipſteins intereſſante Abhandlung von den Wetterauer Salinen in ſeiner Beſchreib. des Vogelgebirges. 1790. S. 73 — 83 und 91 — 96. — Uiberaus auffallend iſt es, beſonders wenn man die chemiſchen Verwandſchaftsgeſetze beyder Saͤuren betrachtet, daß die Kuͤchenſalzſaͤure, welche das Steinſalz, die natuͤrlichen Soolen, das Meerwaſſer, ja ſelbſt die vegetabiliſchen Stoffe (wie in den tauriſchen und nordaſiatiſchen Steppen) in ſo ungeheurer Menge enthalten, unter ſo vielen Stein- und Metallarten bisher nur in 2 oder 3 Gattungen, dem Hornerze, dem Queckſilberhornerze, und dem Weißſpießglaserze, entdeckt worden iſt, da hingegen die Schwefelſaͤure, welche ſich durch einen ſo großen Theil der feſten Erdmaſſe verbreitet, vergleichungsweiſe nur in ſo geringer Menge außer Verbindung mit erdartigen oder metalliſchen Theilen vorkommt. (Die Fortſetzung kuͤnftig.) Verſuch uͤber einige phyſikaliſche und chemiſche Grundſaͤtze der Salzwerkskunde, von F. A. von Humboldt. (Beſchluß.) Uiber das Verſieden der Soole. Bey dem Verſieden der Soole in Pfannen, wenigſtens bey der Methode, welche bisher faſt uͤberall befolgt wird, iſt die Verdampfung leicht, die Verduͤnſtung hingegen deſto ſchwieriger. Die aufſteigenden Daͤmpfe treten bey Beruͤhrung der kaͤlteren, aͤußeren Luft in einen tropfbar fluͤſſigen Zuſtand zuruͤck, oder verdichten ſich dergeſtalt, daß ſie den ſchon ohnedies ſo ſchaͤdlichen Druck der Atmosphaͤre auf den Soolſpiegel vermehren und der ferneren Verdampfung deſſelben ſelbſt hinderlich werden. Sehr einfache Grundſaͤtze uͤber die Entbindung und Mittheilung des Waͤrmeſtoffs koͤnnen dieſe Behauptung in ein helleres Licht ſetzen. Die verſchiedenen Zuſtaͤnde eines Koͤrpers, Feſtigkeit, Fluͤſſigkeit und Elaſticitaͤt ſcheinen vorzuͤglich das Reſultat dreyer entgegengeſetzter Kraͤfte, des Waͤrmeſtoffs, der Cohaͤſion und des Drucks der Atmosphaͤre zu ſeyn. Der Waͤrmeſtoff entfernt die einzelnen Theile von einander und ſtrebt ſie zu zerſtreuen; die Anziehung vereint mit dem Drucke der Luft, wirkt ihnen entgegen und feſſelt ſie. Dies beweiſen die Phaͤnomene bey Erhitzung der Koͤrper, die Verdampfung aller Fluiden im luftleeren oder luftverduͤnnten Raume, wie auf hohen Gebirgen in den oberen Schichten der Atmosphaͤre. Der Sprachgebrauch bezeichnet einerley Subſtanz in verſchiedenen Zuſtaͤnden mit verſchiedenen Namen, z. B. Eis, Waſſer, Dampf, (Dunſt — Permanentes Waſſergas oder Luft?). Gewiſſe Subſtanzen kennen wir nur in Einem Zuſtande unter der elaſtiſchen Form, als: Kuͤchenſalzſaͤure, fluͤchtiges Laugenſalz, Kohlengeſaͤuertes Gas ꝛc. — wahrſcheinlich weil die gewoͤhnliche Temperatur und der Druck der Atmosphaͤre ſie darinn enthalten. Vergl. Lavoiſiér Traité élém. 1789. Vol. I. p. 8. und die ſinnreiche Darſtellung der Urſache aller Fluͤſſigkeit in Hrn. Baaders Schrift vom Waͤrmeſtoff 1786. S. 201. — Die oben genannten Kraͤfte ſchließen die vielmehr hoͤchſt wahrſcheinliche Mitwirkung anderer Subſtanzen, als des Lichtſtoffs, der Elektricitaͤt u. ſ. f. nicht aus, nur ſind dieſe letztern bisher noch ſo wenig ein Objekt chemiſcher Unterſuchung geweſen, daß man die Art, auf welche ſie dabey wirken, nicht genau angeben kann. — Auch wird es, glaub ich, das Schickſal jeder chemiſchen Nomenklatur ſeyn, ſo bald ſie karakteriſtiſche Benennungen einfuͤhrt, daß ſie unter mehrern palpablen und unpalpablen Stoffen, welche eine Erſcheinung begleiten, den erſteren eine Wirkſamkeit zuſchreibt, welche vielleicht den letzteren zukommt; eine Schwierigkeit, die fuͤr die rationale Naturlehre um ſo groͤßer iſt, weil ſie die Exiſtenz ſo vieler ſpecifiſch verſchiedener Materien vorausſetzt u. ſ. w. Tropfbare Fluͤſſigkeiten (und mit dieſen beſchaͤftigen wir uns allein in der Halurgie) gehen daher, nach unſeren jetzigen Erfahrungen in Dampfform uͤber: 1) durch Anhaͤufung des Waͤrmeſtoffs, 2) durch Verminderung des Drucks der Athmosphaͤre. Da dieſe Anhaͤufung des Waͤrmeſtoffs aber nur dadurch bewirkt werden kann, daß derſelbe aus einer andern Subſtanz in die zu verdampfende Fluͤſſigkeit geleitet wird, und da bey dieſem Uibergange viel Waͤrme verloren geht, ſo iſt hier noch zu betrachten, wie bey jeder Koktur: 3) die Leitung und Concentrirung des Waͤrmeſtoffs auf die zu verdampfende Fluͤſſigkeit. 1. Anhaͤufung des Waͤrmeſtoffs durch Entbindung deſſelben aus einer brennbaren Subſtanz. — Ob die raͤthſelhaften Phaͤnomene bey dem Verbrennen der Koͤrper nach der Stahlſchen, ehemals auch von Hrn. Morveau vertheidigten Theorie, die Annahme eines eigenen Brennſtoffs, des Phlogiſtons, nothwendig machen, oder ob ſie nicht vielmehr in einer Zerſetzung der Lebensluft durch den brennbaren Koͤrper und einer dabey bewirkten Entbindung von Licht- und Waͤrmeſtoff aus dieſer Lebensluft gegruͤndet ſind — die Aufloͤſung dieſes Problems hat die ſcharfſinnigſten Scheidekuͤnſtler unſrer Zeit beſchaͤftigt. Die ſchoͤnen Verſuche, welche die Herren Lavoiſier und Berthollet uͤber das Verbrennen dreyer einfacher (unzerſetzter) Stoffe, der Kohle, des Phosphors und des Schwefels in verſchloſſenen Gefaͤßen, und uͤber das daraus entſtandene Kohlengeſaͤuerte Gas, die Phosphor- und Schwefelſaͤure angeſtellt haben; die genaue Uibereinſtimmung, welche ſich zwiſchen der Gewichtszunahme des verbrannten Koͤrpers und der Gewichtsabnahme der ihn umgebenden Lebensluft findet; die neuen Erfahrungen uͤber die Verkalkung der Metalle, die Zerſetzung des Waſſers und andre Thatſachen ſcheinen die antiphlogiſtiſche Lehre zu einem hohen Grade empiriſcher Gewißheit zu erheben. Brennbare Koͤrper ſind daher ſolche, welche bey der jetzigen Temperatur unſerer Atmosphaͤre mit dem Saͤureſtoff (oxygene) noch nicht geſaͤttigt und daher der Zerſetzung der Lebensluft (des Saͤureſtoffgas) dieſer Quelle von Licht- und Waͤrmeſtoff faͤhig ſind. Keine Naturkraft bringt dieſelbe in ſo reicher Fuͤlle hervor, als die der vegetabiliſchen Organiſation, welche auf einem uns unbekannten Wege den Kohlenſtoff aus der fixen Luft abſcheidet. Traité élément. de Chimie, T. I. p. 57 und 35. T. II. p. 478. Wie dieſer Kohlenſtoff nach den ſinnreichen fuͤr die Technologie ſo wichtigen Verſuchen der Hrn. Lowitz (S. Crells chemiſche Annalen, 1788. B. 2. S. 38. 1790. B. 4. S. 390. 1791. B. 1. S. 494.) auf die Entfaͤrbung der Pflanzenſaͤfte wirkt, welche bisher nur bey Anhaͤufung des Saͤureſtoffs zu erfolgen ſchien, oder ob andere Subſtanzen dabey im Spiele ſind, wage ich hier nicht zu entſcheiden. So viel und vielleicht ſchon zu viel von der allgemeinen Theorie des Feuers! Fuͤr den Techniker iſt es hinlaͤnglich zu wiſſen, daß die Lebensluft, welche aber kaum den dritten Theil unſrer Atmosphaͤre ausmacht, zum Verbrennen erforderlich iſt, und daß dieſelbe, (ſie mag nun dazu dienen, das Phlogiſton hervorzulocken, oder ſelbſt zerſetzt werden) durch das Verbrennen der Koͤrper die Kraft das Feuer zu naͤhren, verliert. Auf dieſen beyden unbeſtrittenen Erfahrungen beruht der Nutzen des Roſts und der Windzuͤge. Das Verhaͤltnis iſt = 27 : 100 und zwar in den flachen noͤrdlichen Laͤndern. So wie die Oberflaͤche der Erde unter verſchiedenen Zonen verſchieden iſt, ſo iſt es auch die Guͤte der Athmosphaͤre. In Sandwuͤſten und auf hohen Bergen iſt ſie, aus Mangel an Vegetation und andern Urſachen, verdorben, auf dem Meere wegen Bewegung des Waſſers an Lebensluft reicher u. ſ. f. Roſte ſind jetzt, da man ſich ſo allgemein gezwungen ſieht, auf die Erſparung des Feuermaterials zu denken, faſt allgemein fuͤr vortheilhaft anerkannt. (Doch fehlen ſie zu Nauheim, und, wenn ich mich nicht irre, auch bey der uͤbrigens ſo ſchoͤn eingerichteten Feurung zu Salz der Helden.) Die ausdehnende Kraft der Waͤrme kruͤmmt die Roſtſtangen, wenn ſie nicht, mit Knoͤpfen verſehen, durch den Rahm frey durchgehen und Spielraum haben. Dieſe einfache Vorrichtung iſt an wenig Orten benutzt. Daher, beſonders im weſtlichen Deutſchlande, die vielfaͤltigen Klagen uͤber gebogene Roſtſtangen, und, (weil der ſenkrechte Abſtand des Roſtes vom Pfannenboden nicht gleichguͤltig iſt,) manches andere Hindernis der Koktur! — Auch das Durchfallen der kleinen Kohlen durch weite Roſtſtangen iſt ſehr nachtheilig. Herr Scheidt ſchlaͤgt dagegen in ſeiner lehrreichen Preisſchrift von dem Baue der Salzpfannen einen doppelten Roſt vor. In Flandern habe ich denſelben mit vielem Vortheile ausgefuͤhrt geſehen. Auf der Hochfuͤrſtl. Waldeckiſchen Saline bey Pirmont iſt die Heerdſoole bey der einen Pfanne bloß mit wenigen ſchmalen Einſchnitten verſehen, wodurch ſich der Kohlenverluſt zugleich aber auch der Luftzug, vermindert. Bey unſeren gewoͤhnlichen horizontal-liegenden Roſten wird der Luftwechſel dadurch bewirkt, daß die untere kaͤltere Luft die obere, durch das Feuer verduͤnnte, verdraͤngt. Sollte dieſer Luftwechſel aber nicht beſchleunigt werden, wenn man bey unſeren Salinen die Vorrichtung nachahmte, welche ich in den Manufakturen zu Soho (in Warwikſhire ) bey Birmingham ſahe? Der Roſt liegt dort nicht ſoͤlig, ſondern laͤuft unter einem Winkel von mehrern Graden an. Die bewegte Luft ſtoͤßt dadurch unmittelbar in die Flamme. Wobey alſo ein Theil des Feuers dem Pfannenboden naͤher als der andere iſt — ein Nachtheil, der die Feuerung unter den Pfannen, nicht die, unten zu erwaͤhnende, neben den Pfannen (durch Reverberationen) trift. — Uiber die mathematiſchen Gruͤnde des Luftwechſels unter und uͤber dem Roſte, ſ. Hrn. Lavoiſier’s wichtige Erinnerungen im Traité élément. T. II. p. 544. Bey den Windzuͤgen, welche die Luft unter den Roſt leiten, iſt es uͤberaus wichtig, ob ſie ſich in dem Siedhauſe (Kothe) oder im Freyen oͤfnen. Die Luft im Siedhauſe hat, und wenn daſſelbe auch noch ſo geraͤumig iſt, aus bekannten Urſachen einen groͤßeren Antheil von Stickluft und iſt daher weniger feuernaͤhrend, als die reine Luft der Athmosphaͤre. Daher ſind, wo es das Lokale erlaubt, ſolche Windzuͤge am vortheilhafteſten, welche die letztere herzufuͤhren, wie z. B. auf der Theodorshalle und Karlshalle bey Kreuznach (wo das Feuer von drey Luftzuͤgen zugleich angeblaſen wird, von denen einer parallel mit der langen, zwey parallel mit der kurzen Seite der Pfanne ſtreichen.) 2. Concentrirung des Waͤrmeſtoffs auf die verdampfende Fluͤſſigkeit. — Die Oekonomie der Feurung bey techniſchen Arbeiten hat gewiſſermaßen in eben dem Grade zugenommen, als die Entdeckungen uͤber die Natur des Waͤrmeſtoffs ſich allgemeiner verbreitet haben. Ehemals hielt man es fuͤr hinlaͤnglich, die Quantitaͤt der brennbaren Subſtanz zu vermehren, ohne auf den Zutritt der Luft zu achten. Jetzt, da es durch vielfaͤltige Verſuche erwieſen iſt, daß nur bey Zerſetzung der (Lebens-) Luft durch jene brennbaren Subſtanzen Waͤrmeſtoff frey wird, jetzt iſt auch fuͤr die ſchnelle Entbindung des Feuers genugſam geſorgt. Aber ein dritter, eben ſo wichtiger Vortheil, die Concentrirung dieſes entbundenen Waͤrmeſtoffs auf das zu erhitzende Fluidum, wird noch wenig benutzt. Einen undurchdringlichen fluͤſſigen Stoff, welcher ſich nach allen Seiten auszubreiten ſtrebt, und von mehreren (kaͤlteren) Koͤrpern umgeben wird, die alle eine Verbindung mit ihm eingehen koͤnnen; einen ſolchen Stoff auf Einen dieſer Koͤrper allein anzuhaͤufen, iſt bey dem Gleichgewichte (der Temperatur), welches alle ſuchen, ein uͤberaus ſchwieriges Problem. Es theilt ſich daſſelbe in Anwendung auf die Halurgie in zwey verſchiedene Aufgaben: 1) die groͤßtmoͤglichſte Menge Waͤrmeſtoff in die Soole zu leiten, und 2) die ihr einmal mitgetheilte Menge moͤglichſt ſo zu erhalten, daß ſie nur durch die aufſteigenden Daͤmpfe abſorbirt wird. Hauptmomente ſcheinen mir dabey, fuͤr die erſte Aufgabe: Groͤße des Schuͤrlochs, Zirkulirgaͤnge, Anlaufen der Heerdſoole, Abſtand des Roſts vom Pfannenboden und Schieber im Rauchfange; fuͤr die zweyte: Groͤße der Siedpfannen und uneingemauerte Pfannenborden; fuͤr beyde zugleich: Runde Figur der Pfannen, und das Material, aus dem ſie konſtruirt ſind. Ich habe dieſe vielleicht zu kleinlichen Abtheilungen vorzuͤglich darum gewaͤhlt, weil ſie eine Lehre vereinfachen, die man ſich ſehr haͤufig als verworren und ſchwierig denkt. Durch das Schuͤrloch geht keine unbetraͤchtliche Quantitaͤt Waͤrmeſtoff verloren. Seine Groͤße iſt durch ſeinen Gebrauch beſtimmt, ſein Verhaͤltnis zum inneren Ofenraum aber bey großen und kleinen Pfannen ſehr verſchieden. Bey den letzteren iſt der Verluſt an Waͤrme betraͤchtlicher als bey den erſteren ( Langsdorfs Anleit. zur Salzwerksk. S. 379.) Dieſer Nachtheil nimmt zu, wenn das Brennmaterial nicht auf einem Roſte liegt, Aſchen- und Schuͤrloch vereint und, wegen des Luftzuges, unverſchloſſen ſind. Durch Zirkulirgaͤnge wird vorzuͤglich bey großen Pfannen, die Waͤrme laͤnger unter dem Pfannenboden erhalten, und gleichmaͤßiger in dem Fluidum vertheilt, wovon die Zeit der Koͤrnung und die Groͤße der Salzkriſtalle abhaͤngt. Die Herren Abich, Langsdorf, Scheidt und Angermann haben die Einrichtung der Zirkuliroͤfen ſehr lehrreich und ausfuͤhrlich beſchrieben. Ich wundere mich, daß ich ſie in den Salinen laͤngſt der Kuͤſte der Nordſee) zu Oſtende, Antwerpen ꝛc. deren Kokturen ſo allgemein geprieſen werden, nirgends bemerkte. Zirkuliroͤfen mit zu ſchmalen Gaͤngen haben den Nachtheil, daß ſie ſich leicht mit Ruß anfuͤllen, wobey der zur Feuerung ſo unentbehrliche Luftwechſel geſtoͤrt und die Flamme durch eine verdorbene, mit Luftſaͤure geſchwaͤngerte Luft gedaͤmpft wird. Die anlaufende Soole des Heerdes verengt die Zirkulirgaͤnge allmaͤhlig, damit die erkaltende Luft, deren Elaſticitaͤt ohnedies abnimmt, in einen kleineren Raum eingeſchraͤnkt wird und eine laͤngere Zeit hindurch auf dem Pfannenboden wirkſam bleibt. Der Abſtand des Roſts von dem Pfannenboden iſt fuͤr Holz-Torf- und Steinkohlenfeurung ſehr verſchieden. Bey der erſteren rechnet man ihn zwiſchen 2 Fuß 8 Zoll bis 3 F. 6 Z. bey den zwey letztern Arten etwa 1 F. 8 Z. bis 2 F. 4 Z. Je geringer derſelbe iſt, deſto ſtaͤrker iſt das Einſtroͤhmen des Waͤrmeſtoffs in die Soole, deſto ſchwaͤcher zugleich aber auch der Wechſel zwiſchen den unteren und oberen Luftſchichten im Ofenraume — ein Minimum, das alſo ſehr genau begrenzt iſt. Schieber im Rauchſange verhindern den allzufruͤhen Austritt der noch warmen (d. h. Waͤrmeſtoff abſetzenden) Luft. Schieber in Windzuͤgen ſind nuͤtzlich um die Staͤrke des Feuers zu mildern, und die Waͤrme der Soole zu modificiren. Eine ſehr bequeme Vorrichtung der letzteren Art findet ſich auf der Theodorshalle. So ſehr aber auch ein kleines Schuͤrloch, Zirkulirgaͤnge, anlaufende Heerdſoolen ꝛc. die vortheilhafte Erwaͤrmung der Salzſoole befoͤrdern, ſo bleiben doch noch andere Verhaͤltniſſe zu betrachten uͤbrig, auf deren Modifikation der Halurge kaum zu wirken vermag. Der (bey Zerſetzung der Lebensluft durch brennbare Koͤrper) freygewordene Waͤrmeſtoff ſtroͤhmt nicht etwa unmittelbar in die Soole, ſondern geht, in dem Momente ſeines Freywerdens, ſogleich eine neue Verbindung mit der noch unzerſetzten, das Brennmaterial umgebenden, athmosphaͤriſchen Luft ein. Dieſe Luft theilt ihn, da ſie den kaͤlteren Pfannenboden beruͤhrt, nach bekannten pyrometriſchen Geſetzen, der Fluͤſſigkeit mit, reißt aber auch wegen ihrer eigenen Elaſticitaͤt und wegen der theils durch dieſe, theils durch den Druck der kommunicirenden, aͤußeren Luftſchichten vermehrten Zirkulation keine unbetraͤchtliche Menge davon durch den Rauchfang fort. Auch die Seitenwaͤnde des Ofens, ja die Heerdſoole oder der Roſt ſelbſt (es mag nun derſelbe von Eiſen, oder von Ziegeln konſtruirt ſeyn) vermehren jenen Verluſt, indem ſie Waͤrmeſtoff verſchlucken. — Dem Vorſchlage, eiſerne Oefen mitten in der Soole anzulegen, ſtehen, ob man gleich durch Roͤhren fuͤr Luftzug und Rauchfang ſorgen koͤnnte, viele andere Schwierigkeiten entgegen. Wie genau die alten Phyſiker bereits auf dieſe Gegenſtaͤnde achteten, ſ. im Ariſtot. Problem. Sect. 24. n. 5. wo die Frage aufgeworfen wird, warum der Boden eines Gefaͤßes, in dem Waſſer ſiedet, weniger heiß iſt? Dieſer allerdings bedenkliche Umſtand ſcheint Hrn. Wild bewogen zu haben, in ſeinem geognoſtiſch- und techniſch-wichtigen Werke (Eſſay ſur la montagne ſalifere du Gouvern. d’Aigle 1788.) die Zuggewoͤlbe unter dem Heerde zu verwerfen. Sollte aber der Nachtheil dieſer Zuggewoͤlbe und des ſchnellen Luftwechſels nicht durch Zirkulirgaͤnge verringert, ja durch die Erſparung an Feuerungsmaterial, bey ſchneller Entbindung des Waͤrmeſtoffs, nicht uͤberreichlich erſetzt werden? Der der Soole bereits mitgetheilte Waͤrmeſtoff wird theils durch die aufſteigenden Daͤmpfe, (deren Capacitaͤt ſich zu der des Waſſers = 1,00 : 1,55 verhaͤlt), theils durch die Seitenborden der Pfannen, und die ſie umgebende kaͤltere Luftſchicht, abſorbirt. Der erſtere Verluſt iſt nothwendig und beabſichtet, der zweyte aber moͤglichſt zu vermindern. Auf dieſer Verminderung beruht ein Hauptvortheil — S. Crawfords Verſuche uͤber die Waͤrme der Thiere. 2te Aufl. S. 381. Großer Pfannen. Denn zwey kleinere Pfannen haben, bey einerley koͤrperlichem Inhalte mit Einer großen, mehr Bordenflaͤche, als dieſe, und entziehen der Soole daher eine betraͤchtlichere Quantitaͤt Waͤrmeſtoff. Jnhalt 96 K. F. Zwey kleine Pfannen, Eine große Pfanne, jede: lang . 8 F. .... 12 F. breit . 6 - .... 8 - tief . 1 - .... 1 - Wärmeleitende Bodenfläche: fuͤr beyde fuͤr eine 56 □ F. ..... 40 □ F. Differenz = 16 □ F. Die bisherigen Erfahrungen uͤber den Unterſchied großer und kleiner Pfannen ſtimmen mit dieſen Grundſaͤtzen vollkommen uͤberein. — Der Verluſt an Waͤrmeſtoff durch die Groͤße der Bordenflaͤchen macht, andere Unbequemlichkeiten abgerechnet, die (vom Herrn von Beuſt eingefuͤhrte) Stellung mehrerer Pfannen hinter einander eben nicht rathſam. Auf der Biſchoͤflich Speyeriſchen Saline zu Bruchſal ſtoßen fuͤnf, zu Theodorshall (wo die Soole jetzt 17loͤthig verſotten wird) drey Pfannen an einander. Von jenen hat die groͤßte 20 F. im Gevierte, von dieſen iſt ſie 19 F. lang und 18 F. breit. Die vorderen Pfannen geben hier, weil ſie einer groͤßeren Hitze ausgeſetzt ſind, feineres Salz, kleinere Kriſtalle, als die hinteren. Die vornehmſten Salinen Deutſchlands ſind jetzt faſt allgemein mit großen Pfannen verſehen. Zu Allendorf befinden ſich unter 44 Pfannen (von denen die eine Haͤlfte mit Steinkohlen vom Weißener, die andere mit Holze gefeuert wird) zwey, welche 21 F. lang und 13 [Formel] F. breit ſind. Die 3 [Formel] loͤthige Soole wird hier bis auf 23 Loth gradirt, aber nur 18 loͤthig verſotten, weil man 14 loͤthige Soole zuſetzt. Dieſe Vermiſchung geſtattet die vortrefliche, in oͤkonomiſcher Hinſicht nicht genug zu empfehlende Waiziſche Vorrichtung der Siedſoolenbehaͤlter. Zu Karlshalle wird jetzt in zwey Pfannen geſotten, von denen (wie man mir angab, die eine ein Werk von 27 Maltern (× 225 Pf.) = 6075 Pf. die andere, bey 18 F. im Gevierte, ein Werk von 35 Mltr. = 7885 Pf. liefert. Zu Nauheim ſind 24 Pfannen, die mehreſten zu 18 F. Laͤnge und 16 F. Breite. Sie liefern woͤchentlich 3 Werke = 56 Achtel. Die beyden neuen ſehr vortheilhaft konſtruirten Salzpfannen zu Pyrmont (wo jaͤhrlich an 3000 Malter Salz producirt werden) ſind 32 F. lang, 22 F. breit und 20 Zoll tief = 1173 K. F. Sie liefern Werke von 53 Malter. Die drey Pfannen zu Salz der Helden ſind 30 F. lang und 20 F. breit u. ſ. f. Nach der dritten von Hrn. Langsdorf bekannt gemachten Probeſiedung gab eine Pfanne von 19 Fuß Laͤnge, 14 F. Breite, und 1 F. 4 Z. Tiefe; bey 391 Kubikfuß Buͤchenholz, von 16loͤthiger Soole 19 Achtel (× 260 Pf.) = 4940 Pf. Salz. — Demnach ſcheint die obige Angabe etwas groß. Von dieſen 3000 Mlt. gehen nur 12 — 1400 Malter ins Fuͤrſtenthum Waldek; die uͤbrigen werden ins Osnabruͤckiſche, Paderborniſche und Lippiſche und zwar in Saͤcken verfuͤhrt, zur Erſparung des Holzes zu Tonnen. S. Abh. uͤber die Prod. des Mineralreichs in den Preuß. Staaten. S. 47. So ſehr aber auch bey zunehmender Groͤße der Pfannen der Verluſt an Waͤrmeſtoff, welchen die Seitenborden verurſachen, abnimmt; ſo ſcheint es doch, als wenn dieſe Groͤße innerhalb gewiſſer Grenzen eingeſchraͤnkt ſey, die ſie nicht uͤberſchreiten darf. Die Konſtruktion der Pfannen beſtimmt dieſelbe weniger, als die Schwierigkeit durch den Feuersgrad, welchen wir zu erregen vermoͤgen, eine große Soolenmaſſe in ein gleichmaͤßiges Sieden zu bringen. Die groͤßten, bisher verſuchten Pfannen ſind wohl die zu Inthal in Tyrol. Sie haben 48 F. Laͤnge, 34 F. Breite und 3 F. Tiefe (= 4896 K. F.) Ob dieſe das noch unbekannte Maximum der vortheilhafteſten Pfannengroͤße bereits erreicht, oder gar uͤberſchritten haben, kann bisher durch keine Rechnung gepruͤft werden — weil es an phyſikaliſchen Verſuchen fehlt, welche die Data hergeben ſollten, und weil jeder Grad des Feuers (der ſchnellen Entwickelung des Waͤrmeſtoffs) durch neuentdeckte Mittel erhoͤht gedacht werden kann. Sollte der Vorſchlag, eine Pfanne mit zwey Feuern zu verſehen, nicht ausfuͤhrbar ſeyn? Brownrigg’s Kunſt Kuͤchenſalz zu bereiten mit (uͤberaus lehrreichen) Anmerkungen des Hrn. Heun. S. 105. Diejenigen Theile der Soole, welche den Pfannenborden am naͤchſten liegen, ſind, ſo ſehr auch die ganze Soolmaſſe durch die aufwallende Bewegung des Siedens unter einander gemiſcht wird, dennoch am ſchwerſten zu erwaͤrmen. Daher iſt es uͤberaus vortheilhaft, wenn bey Zirkuliroͤfen die letzten Gaͤnge die Seiten der Pfanne umſchließen. Die Soole empfaͤngt bey dieſer Vorrichtung auch von den Borden her neuen Waͤrmeſtoff, und dieſe, von einem waͤrmeren Medium umgeben, verlieren ihre leitende Kraft. Wo Zirkulirgaͤnge gaͤnzlich fehlen, und nicht Lokalverhaͤltniſſe es verbieten, ſcheint es rathſam, die Seitenflaͤchen der Pfannen mit keiner Mauer zu umgeben, wie in den Salinen zu Bruchſal, Karlshalle, Alt-Koͤſen, Antwerpen u. ſ. f. Die Urſache davon iſt in ſehr einfachen und genugſam bekannten pyrotechniſchen Lehren gegruͤndet. Durch die runde Figur der Pfannen wird die Wirkung des Feuers verſtaͤrkt und der oben erwaͤhnte, bey jeder Feuerungsmethode ſo mannichfache Verluſt an Waͤrmeſtoff (man mag ihn nun vor ſeinem Uibergange in die Soole, oder nach demſelben betrachten) vermindert. Das erſtere folgt aus den ſelbſt fuͤr den Techniker wichtigen Geſetzen, welche Herr Lambert in ſeinem Meiſterwerke, ſeiner Pyrometrie, vorgetragen hat, und die keiner weiteren Erlaͤuterung beduͤrfen; das letztere aus der Betrachtung uͤber die waͤrmeverſchluckenden Ofenwaͤnde und Pfannenborden, deren Flaͤcheninhalt bey runden Pfannen verhaͤltnismaͤßig geringer, als bey den gewoͤhnlichen, viereckigen iſt. Auch werden dieſe Grundſaͤtze, (die man in unſerem Vaterlande wohl noch nirgends befolgt) durch die Erfahrungen der hollaͤndiſchen Saliniſten und durch die kugelrunden Braupfannen der Englaͤnder beſtaͤtigt. Die Braupfannen, in denen Porter gebraut wird, ſind vollkommene Kugeln von 12 — 18 Fuß im Durchmeſſer, die nach oben zu eine geringe Oefnung haben. Dieſe Geſtalt verſchaft nicht nur Erſparung an Brennmaterial, ſondern die geiſtigen (ſich gasfoͤrmig entbindenden) Theile, welche bey unſeren ofnen Braupfannen verfliegen, und deren Verfluͤchtigung die Schwaͤche des Biers vorzuͤglich bewirkt, werden auch dadurch erhalten. — Ich wundere mich, daß dieſe einfache, von unſerer Brauart ſo voͤllig verſchiedene Vorrichtung in keinem technologiſchen Werke bisher deutlich beſchrieben iſt. Ein uͤberaus intereſſanter und bis jetzt faſt ganz vernachlaͤßigter Gegenſtand der Halurgie, iſt das Material, aus welchem die Pfannen konſtruirt werden. So bald man daſſelbe bloß in Ruͤckſicht auf die Dauer und den Preis betrachtet, ſo iſt ſeine Wahl nicht ſchwierig. Unter den vorgeſchlagenen eiſernen, (zinnernen!) kupfernen und bleyernen Pfannen ſind die letzteren die wohlfeilſten. Doch ſteht die Aufloͤslichkeit des Bleyes in der Salzſaͤure ihrem Gebrauche entgegen. Zwar ſoll nach Herrn von Juſti das Kuͤchenſalz in bleyernen Pfannen groͤßere und ſchoͤnere Kriſtalle, als in eiſernen geben, zwar iſt das luͤneburger (auch in bleyernen Pfannen verſottene) Salz, nach der durch hohen Befehl 1733 veranlaßten Unterſuchung der luͤneburger Stadtaͤrzte reiner und geſuͤnder, als das halliſche und allendorfiſche befunden worden — aber dennoch hat man aus Furcht vor vergiftenden Beymiſchungen die etwas koſtbareren, eiſernen Pfannen jetzt faſt uͤberall eingefuͤhrt. Kupferne, wie man ſie ehemals zu Frankenhauſen hatte, (und zinnerne, welche Herr von Juſti vorſchlaͤgt) werden wegen ihres hohen Preiſes, die gegoſſenen eiſernen aber, wegen ihrer ſchwierigen Konſtruktion nirgends zum Salzſieden angewendet. Phyſ. oͤkonom. Auszuͤge. B. 7. S. 65. Chem. Schriften. B. 3. S. 116. Langsdorfs Anleit. 1784. S. 376. Die neuen Entdeckungen uͤber die verſchiedene waͤrmeleitende Kraft der Koͤrper bieten dem Halurgen zugleich neue Vortheile dar. Wenn, wie eben gezeigt, die Groͤße der Pfannen bereits nicht gleichguͤltig fuͤr den Verluſt an Waͤrmeſtoff iſt, ſo verdient auch in dieſer Ruͤckſicht das Material, aus dem ſie verfertigt werden, eine genauere und ſtrengere Pruͤfung. Der unſterbliche Franklin hat durch ſeine Verſuche die Aufmerkſamkeit der Phyſiker zuerſt auf dieſen, fuͤr die Kuͤnſte ſo vielverſprechenden Gegenſtand geleitet. Er theilte die Koͤrper in Beziehung auf den Waͤrmeſtoff, wie in Beziehung auf Elektricitaͤt, in leitende und nicht leitende Stoffe. Herr Mongé fuͤhrt in ſeinem, ſo viel ich weiß, noch ungedruckten Tableau ſur les combinaiſons du Calorique dieſe Idee ſehr ſcharfſinnig aus. Er betrachtet darinnen alle Subſtanzen als: Auffallend iſt es immer, daß die beſten Leiter der elektriſchen Materie, zugleich die beſten Waͤrmeleiter ſind. (S. Rozier Journ. de Phyſ. Oct. 1773. p. 276. und Hr. Achard im Goth. Magazin. B. 2. St. 2. S. 39.) Auch kommen, denk ich, beyde darin uͤberein, daß die Leitungskraͤfte bey verſchiedenen Temperaturen verſchieden ſind. Nicht-Leiter des Waͤrmeſtoffs oder ſolche, welche in Beruͤhrung mit warmen Koͤrpern denſelben ganz abſorbiren. Z. B. Eis, wenn es dem Schmelzen nahe iſt. Darauf gruͤndet ſich der ſinnreiche Eisapparat der Herren (Wilke!) Lavoiſier und de la Place, und ihre Meſſungen der ſpecifiſchen Waͤrme. Halbleiter des Waͤrmeſtoffs, die denſelben theils abſorbiren, theils als ſenſible, freye Waͤrme durchlaſſen. Hieher gehoͤren die meiſten Koͤrper, unter denen die harzigen und glaſigen (idioelektriſchen!) die ſchlechteſten Leiter ſind. Herr Volta unterſcheidet eben ſo Nicht-Leiter und Halbleiter der Elektricitaͤt. Auf dieſe Eigenſchaft des Glaſes gruͤndet ſich der Feuerſammler der Herren Sauſſure und Ducarla. Vollkommene Leiter des Waͤrmeſtoffs, wenn es welche gaͤbe, waͤren ſolche, die alle Waͤrme frey erhielten, und durch welche die Temperatur-Mittheilung am ſchnelleſten vor ſich ginge. Die Metalle (ſymperielektriſchen Stoffe!) kommen dieſem Ideale am naͤchſten. Denn ſie haben eine geringe ſpecifiſche Waͤrme, (werden bey einem geringen Aufwande von Waͤrmeſtoff ſtark erhitzt) und erkalten ſchnell. Die Leitungskraft der verſchiedenen metalliſchen Subſtanzen ſelbſt iſt wiederum ſehr verſchieden, wie die Verſuche der Herren Richmann, Thompſon und Ingenhouß lehren. Sie ſteht weder in geradem, noch umgekehrtem Verhaͤltniſſe zu ihrer Dichtigkeit; fluͤſſige Koͤrper leiten die Waͤrme nicht beſſer als feſte — alles ſcheint auf der ſpecifiſchen, unentraͤthſelten Verſchiedenheit der Elemente zu beruhen. Comment. Petrop. nou. T. III. p. 309. Grens Grundriß der Naturlehre. S. 224. Vermiſchte Schriften. 1784. B. 2. S. 341. Aber leider! hatte der vortrefliche Mann aus Verſehen aus ſchoͤnen Verſuchen unrichtige Reſultate gefolgert, wie Herr Mayer auffand. Grens Journ. der Phyſik. 1791. H. 7. S. 30. Ich vermuthe aus den ſpecif. Waͤrmen der Metalle und Metallkalke, des Schwefels und der Schwefelſaͤure, der Kohle und fixen Luft ꝛc. daß die Saͤttigung einer und derſelben Subſtanz mit oxygene ihre Waͤrme-leitende Kraft vermindere. Die Entwickelung dieſer Idee gehoͤrt an einen andern Ort. Tafel fuͤr die Waͤrme-leitende Kraft metalliſcher Subſtanzen. Specifiſches Gewicht Specifiſche Waͤrme Relative Waͤrme Waͤrme-leitende Kraft Eiſenroſt 4,5000 0,2500 1,1250 0,8889 nach meiner Berechnung. Kupfer 8,8760 0,1111 0,9861 0,8970 nach Richmann. Eiſen 7,8076 0,1269 0,9907 0,9430 nach Richmann. Meßing 8,3960 0,1123 0,9403 0,9430 nach Richmann. Gold 19,0400 0,0500 0,9520 1,0504 n. mn. Ber. Silber 10,0010 0,0820 0,8200 1,2195 n. mn. Ber. Zinn 7,2910 0,0680 0,4957 1,5410 nach Richmann. Zink 6,8620 0,0943 0,6470 1,5455 n. mn. Ber. Bleykalk 8,9400 0,0680 0,6079 1,6474 n. mn. Ber. Spiesglas 6,8600 0,0860 0,5899 1,6952 n. mn. Ber. Quekſilber 13,5800 0,0330 0,4656 1,9700 nach Mayer. Bley 11,4459 0,0352 0,4029 2,3138 nach Richmann. Wismuth 9,8610 0,0430 0,4240 2,3584 n. mn. Ber. Das Waſſer angenommen zu 1,0000 1,0000 1,0000 1,0000 Vergleicht man die metalliſchen Subſtanzen mit einigen andern Stoffen, ſo ergiebt ſich ohngefaͤhr folgende Stuffenfolge: Harzige Koͤrper — Baumwolle — [Athm. Luft,] — Holzaſche — Holz — Schwefelſaͤure — Eiſenroſt — Kupfer — Eiſen — Meſſing — Waſſer — Gold — Silber — Salzſaͤure — Kalkſtein — Zinn — Zink — Bleykalk — Spiesglas — Quekſilber — Bley — Wismuth. Herr Mayer zu Erlangen iſt neuerlichſt ſo gluͤcklich geweſen die Geſetze zu entdecken, nach denen man aus der Capacitaͤt (waͤrmebindenden Kraft) der Stoffe und ihrem ſpecifiſchen Gewichte die Leitungskraft finden kann. Seine ſcharfſinnigen Formeln ſtimmen genauer mit den Erfahrungen uͤberein, als es bey den, oft ſo ſchwankenden Angaben der Capacitaͤten zu erwarten war. (S. Mayer uͤber die Geſ. des Waͤrmeſtoffs. S. 257.) Ich habe dieſelben, in der beyliegenden Tafel, bey meinen Berechnungen uͤber die Leitungskraft des Bleykalkes, Spiesglaſes ꝛc. zum Grunde gelegt. Wo direkte Verſuche mangeln, muß man ſich mit Zahlen begnuͤgen, die ſich der Wahrheit naͤhern. (Wenn ich das ſpecifiſche Gewicht = p, die ſpec. Waͤrme = c, die waͤrmeleitende Kraft = L ſetze, ſo iſt L = [Formel] alſo c = [Formel] oder p = [Formel] und aus L kann daher auch c gepruͤft werden.) Die ſpecifiſchen Gewichte habe ich nach Briſſon und Muſchenbroek, die Capacitaͤten nach Bergmann, Crawford und Lavoiſier angenommen; die relativen Waͤrmen (= r) aber, wo ich ſie nicht berechnet fand, nach Wilkens Begrif davon (r = p c) ſelbſt hinzugefuͤgt. Aus der oben mitgetheilten Tafel erſieht man leicht, wie wichtig fuͤr jede Koktur (Alaun- Salpeter-Vitriol- und Salzſieden, Bier- und Eſſigbrauen ꝛc.) das Material der Pfannen iſt, deren man ſich bedient. Waͤre es, wie bisher allgemein geglaubt wurde, eine unbedingte Nothwendigkeit, die Soole von unten her zu erwaͤrmen, ſo muͤßte , nach pyrometriſchen Grundſaͤtzen, eine vollkommene Salzpfanne aus zweyerley Subſtanzen verfertigt ſeyn. Der Waͤrmeſtoff ſoll durch den Pfannenboden ſchnell in die Soole uͤbergehen, von dem Seitenborde hingegen ſo wenig als moͤglich abgeleitet werden. Dieſer muß daher ein mehr iſolirender, jener, der Boden, ein vollkommenerer Waͤrmeleiter ſeyn. Fuͤr dieſen waͤre Kupfer, fuͤr jenen Eiſen, oder (wenn die Aufloͤslichkeit deſſelben nicht davon abriethe) Bley am geſchickteſten. Noch vortheilhafter ſcheint es mir, die Pfannenborden aus Holze zu verfertigen, und ſie entweder frey der Luft auszuſetzen, die ein ſchlechter Leiter iſt, oder falls ſie eingemauert werden ſollen, den Raum zwiſchen dem Holze und der Mauer mit Holzaſche auszufuͤttern. So wie man bey den kleinen Walkerſchen Verſuchen uͤber das kuͤnſtliche Gefrieren die Gefaͤße durch Baumwolle iſolirt, ſo wird im Großen der Waͤrmeſtoff durch die wenig leitende Aſche zuruͤckgehalten. Dieſen Vortheil, der manchem Empiriker ſehr geringfuͤgig ſcheinen wird, benutzt ſchon laͤngſt Herr Watt in ſeinen großen Manufakturanlagen um Birmingham. Doch im Siedhauſe ein beſſerer, vielleicht weil ſie dort nie ſehr trocken iſt, und von der ſtarken Leitungskraft des Waſſers participirt. Die Leitungskraft trockner Luft iſt (das Quekſilber zu 1000 angeſetzt) nach Hrn. Thompſon — 80, die der feuchten Luft 330 d. h. wenn man das Waſſer = 1,000 nimmt, trockne Luft — 0,255, feuchte Luft — 1,054. Aus Gruͤnden, die ſich ebenfalls auf die Waͤrme-leitende Kraft der Koͤrper beziehen, rathet Herr Wild ſehr richtig „daß die Oefen unter den Pfannen nicht unmittelbar auf die Erde geſetzt, ſondern mit Boͤgen unterzogen werden muͤſſen, damit ſie in ſo wenig Punkten als moͤglich die Erde beruͤhren, welche ein weit ſtaͤrkerer Waͤrmeleiter als die Luft iſt.“ Auffallend, ja uͤberaus befremdend war es mir in der That, in der Allgem. Litteratur-Zeitung (1791. n. 310. S. 368.) in einer uͤbrigens ſehr gruͤndlichen und lehrreichen Recenſion des Eſſay ſur la mont. ſal. du Gouv. d’Aigle jenen Rath des Herrn Berghauptmann Wild fuͤr wenig nuͤtzlich erklaͤrt zu ſehen. „Um etwas anzufuͤhren, heißt es dort, was Hrn. Wild uͤberzeugen kann, daß die Theorie (von der Waͤrmeleitung) in der That einer weitlaͤuftigeren Unterſuchung bedarf, wollen wir von einer Menge von Fragen nur Eine herſetzen: Wenn man in ein Kohlenfeuer einen eiſernen Stab ſo legt, daß man ihn am andern Ende mit der Hand haͤlt, ſo wird derſelbe nach und nach ſo ſehr erhitzt, daß man ihn nicht mehr zu halten vermag; ſteckt man dies Ende in einen ganz genau einpaſſenden dichten Stein, der bequem zum Umfaſſen mit der Hand zugerichtet iſt, ſo laͤßt ſich der, im Feuer liegende Stab viel laͤnger halten; giebt man ihm einen hoͤlzernen Griff, ſo wird der, im Feuer liegende Theil gluͤhend erhalten werden koͤnnen, ohne daß der Hand die Hitze unertraͤglich wird. Man koͤnnte hiernach ſagen, das Eiſen iſt ein ſtaͤrkerer Waͤrmeleiter, als der dichte Stein, und dieſer ein ſtaͤrkerer als das Holz. Folgt aber hieraus, daß der, im Feuer liegende Theil des Stabes mehr bey Einſteckung des ſteinernen Griffs und noch mehr bey Einſteckung des hoͤlzernen erhitzt werde? Noch mehr, man laſſe das Ende des eiſernen Stabes in Waſſer eingreifen, und halte die Hand in dies Waſſer, man wird auch waͤhrend des Gluͤhens des, im Feuer liegenden Theils nichts von der Waͤrme des Waſſers empfinden: das Waſſer waͤre alſo der ſchwaͤchſte Leiter fuͤr die Waͤrme, und man braucht nun die wenigſten Kohlen , um dem Stabe eine verlangte Hitze mitzutheilen? Hr. Wild wird das ſelbſt bezweifeln.“ Die Quantitaͤt Waͤrmeſtoff, welche in dem einen Ende des eiſernen Stabes angehaͤuft wird, theilt ſich, weil alles nach Gleichgewicht der Temperatur ſtrebt, dem andern Ende, und durch dieſes der Luft, dem kaͤlteren Medium mit. Dieſe Mittheilung findet ſtatt, der Stab mag mit oder ohne hoͤlzernen Griff ſeyn. Da aber Holz und Eiſen bey einerley Figur und Groͤße wegen verſchiedener Capacitaͤt oder Affinitaͤt zum Waͤrmeſtoffe, in einerley Mittel die Waͤrme nicht gleich geſchwind verlieren (denn auf den Begrif der Zeit der Erkaͤltung kommt es bey der Waͤrmeleitung vorzuͤglich an) ſo wird jene Mittheilung bey beyden Subſtanzen ungleich, wie Verſuche lehren, beym Holze langſamer, als beym Eiſen ſeyn. Beym hoͤlzernen Griffe wird daher in einem gewiſſen Zeitraume, der Verluſt an Waͤrmeſtoff und Kohlenaufwande geringer ſeyn, durch welchen man dem Stabe eine verlangte Hitze beybringt — faſt wie ich, um einem Koͤrper einen beſtimmten Grad von Elektricitaͤt beyzubringen, die Scheibe derſelben Maſchine weniger oft bey trockner als bey feuchter Luft herumdrehen muß. Daß in den einzelnen Verhaͤltniszahlen, welche die Leitungskraͤfte fuͤr verſchiedene Luftarten und Metallgeſchlechter angeben (wegen Unzuverlaͤſſigkeit einiger ſpecifiſchen Waͤrme ꝛc.) noch manches unrichtige ſeyn mag, gebe ich gerne zu. Daß aber Luft weniger als Steine, Holz weniger als Metall u. ſ. f. leiten, iſt wohl außer Zweifel, und den engliſchen Fabrikanten laͤngſt bekannt. — Auch duͤrfte die „Lehre von der Waͤrmeleitung und deren Einfluß auf den Waͤrmeverluſt des urſpruͤnglich erwaͤrmten Koͤrpers“ wohl kaum noch „verwickelt, wenig bearbeitet “ ꝛc. heißen koͤnnen, ſeitdem Herr Mayer in Erlangen dieſelbe zu einem hohen Grade mathematiſcher Klarheit erhoben hat. S. deſſen Theorie der Erkaͤltungsexponenten in der Schrift uͤber die Geſetze des Waͤrmeſtoffs. 1791. S. 228. Aber die Feuerung auf einem Heerde unterhalb den Pfannen iſt nicht die einzig moͤgliche, vielleicht nicht einmal die vortheilhafteſte Methode, Salz zu ſieden. Wenn das Brennmaterial nach Herrn Arduini’s Ideen in oder neben der Pfanne angebracht werden kann, ſo verdient der ſchottiſche Vorſchlag, in ganz hoͤlzernen Pfannen zu ſieden, die groͤſte Aufmerkſamkeit. Leider! hat Herr Crawford auch in der neuen Ausgabe ſeiner Schrift uͤber das Feuer die wahrſcheinlich ſehr betraͤchtliche ſpecifiſche Waͤrme des Holzes nicht angegeben. Es war mir daher nicht moͤglich, ſeine Leitungskraft nach dem mayerſchen Geſetze zu beſtimmen. Sehr einfache Erfahrungen und die Konſtruktion unſerer gemeinſten Werkzeuge lehren uns aber, daß dieſelbe ſehr geringe iſt, oder daß ein heißer Koͤrper nur wenig Waͤrmeverluſt durch Holz leidet. (Ein zinnernes oder eiſernes Gefaͤß iſt oft gluͤhend, wenn die Hand noch nicht durch die Waͤrme des hoͤlzernen Griffes verletzt wird. Bey eiſernen Haspelhoͤrnern frieren die Haspelknechte mehr, als bey hoͤlzernen. Unſere Fuͤße leiden mehr und fruͤher Kaͤlte, wenn ſie auf Steinen ſtehen, als auf einem hoͤlzernen Fußboden, oder, um mit Franklin, ein recht einfaches Beyſpiel anzufuͤhren, wenn man ein Stuͤck Gold und ein Stuͤck Holz von gleichem Gewichte und Groͤße an eine Flamme haͤlt, ſo muß man das Gold fruͤher hinwerfen, als das Holz, wenn dieſes gleich ſchon am andern Ende mit hellen Flammen brennt, u. ſ. f.). 3. Verminderung des Drucks auf die zu verdampfende Fluͤſſigkeit. — Fluiditaͤt iſt nach den oben entwickelten Grundſaͤtzen (vorzuͤglich) das Reſultat dreyer ſich entgegen wirkender Kraͤfte, des Waͤrmeſtoffs, der Cohaͤſion und des Drucks der Athmosphaͤre. Wenn daher der Waͤrmeſtoff durch brennbare Koͤrper haͤufig aus der (reinen) Luft entbunden, wenn er in die zu verſiedende Fluͤſſigkeit ſchnell uͤbergegangen und mit moͤglichſter Sparſamkeit auf dieſelbe concentrirt iſt — ſo wird die Verdampfung doch nur langſam geſchehen, wenn nicht zugleich auch der Druck auf das Fluidum gemindert iſt. (S. Antiphlog. Anmerk. zu Kirwan. 1791. S. 31.) Dieſer Druck hat bey dampfenden Soolen eine zweifache Urſache, in der athmosphaͤriſchen Luft und in den nicht aufſteigenden, ſich zerſetzenden Daͤmpfen, dem Schwaden. Die erſtere Urſache ſcheint bisher faſt ganz uͤberſehen zu ſeyn, und da man den Nachtheil, den ſie hervorbringt, nicht kannte, ſo war man auch wenig auf ihre Hinwegraͤumung bedacht. Schon Papin, deſſen große Entdeckungen fuͤr die wiſſenſchaftliche und techniſche Chemie gleich wichtig waren, kannte (ums Jahr 1673) die geringe Temperatur, bey der Waſſer und Weingeiſt im luftleeren Raume zu ſieden anfangen. Fahrenheit bemerkte, was Amontons entgangen war, daß der Siedpunkt bey verſchiedenem Barometerſtande verſchieden ſey, und le Monnier und Secondat de Montesquieux beſtaͤtigten dieſe Bemerkungen durch Erfahrungen auf den Gipfeln der Pyrenaͤen. In neueren Zeiten haben die Herren de Luc, Sauſſure und Lavoiſier die ganze Lehre von der Wirkung des Drucks der Athmosphaͤre auf ſiedende Fluͤſſigkeiten durch ihre ſo mannigfaltigabgeaͤnderten und ſinnreichen Verſuche aufs einfachſte dargeſtellt. Selbſt der gewoͤhnliche Waſſerhammer, ein phyſikaliſches Spielwerk, die Verdampfung des Quekſilbers im Barometer (Pictet Verſuch uͤber das Feuer. 1791. S. 147.) und die, von Franklin erfundene, luftleere Roͤhre mit zwey, halb mit Weingeiſte gefuͤllten Kugeln, in denen das Fluidum ſchon durch die natuͤrliche Waͤrme der Hand ſiedet, geben ſehr uͤberzeugende Beweiſe davon. Baader vom Waͤrmeſtoff. 1786. S. 191. Gehlers Phyſ. Woͤrt. Th. 4. S. 48. Recherches ſur les modif. de l’athmosphère. T. II. §. 857. Eſſais ſur l’ hygrom, Eſſ. III. §. 186. Sonderbar genug, daß man von dieſen Erfahrungen, welche die Phyſiker in den letzten Jahrzehnden ſo lebhaft beſchaͤftigten, noch immer keine nuͤtzliche Anwendung fuͤr die Kuͤnſte gemacht hat! Und doch iſt wohl kaum ein Vortheil zu erſinnen, durch den eine groͤßere Erſparung an Brennmaterial bewirkt werden koͤnnte, als die Verduͤnnung der Luft uͤber der zu verdampfenden Fluͤſſigkeit. Bey allen Kokturen gebrauchen wir, (wenn ich mich eines Ausdrucks der Alten bedienen darf) den Waͤrmeſtoff als ein Werkzeug. Wer wird ein Werkzeug aber nicht ſo anzuwenden ſuchen, wie es die groͤßte Wirkung leiſtet? Der menſchliche Scharfſinn hat in den Kuͤnſten bisher ſchon ſo manche Schwierigkeit uͤberwunden, die ſich weiter ausſehenden Planen entgegenſtellten, daß die Moͤglichkeit einer ſolchen Luftverduͤnnung im Großen wohl nicht zu bezweifeln iſt. Aeltere Entdeckungen muͤſſen den Weg zu neueren bahnen. Ariſtot. de ſpiritu c. 9. (Op. omn. 1606. T. II. p. 1082.) Koͤnnte die Elaſticitaͤt der aufſteigenden Daͤmpfe ſelbſt die Luftverduͤnnung uͤber den Soolſpiegel bewirken? Man denke ſich uͤber der Pfanne ein halbes Kugelgewoͤlbe, welches ſich blos nach oben zu durch ein mit Gewichten beſchwertes Ventil oͤfnet. Die Daͤmpfe werden ſich ſo lange in dem Gewoͤlbe anhaͤufen, bis ſie den Druck der athmosphaͤriſchen Luft + der Gewichte auf das Ventil uͤberwinden, dann das Ventil oͤfnen, den groͤßten Theil der athmosphaͤriſchen Luft gewaltſam mit ſich austreiben u. ſ. f. Dieſer Idee (welche ſich nach dem Muſter der Wilkiſchen Luftpumpe freylich noch weiter ausbilden ließe) ſtehen vielfaͤltige Hinderniſſe im Wege — Hinderniſſe, welche in der Konſtruktion eines ſolchen Gewoͤlbes, in der fruͤhern Zerſetzung der Daͤmpfe durch die Capacitaͤt des luftleeren (allzu luftduͤnnen) Raums, in der Verſperrung der Pfanne u. ſ. w. liegen. Das ſicherſte Mittel zur Luftverduͤnnung ſcheint bis jetzt die Wirkung des reinen (nicht im Dampfe enthaltenen) Waͤrmeſtoffs ſelbſt, oder die des Feuers, wenn es in einer Flaͤche mit dem Soolſpiegel angebracht wird. Der Druck der Atmosphaͤre auf die Pfannen wird durch den der Daͤmpfe vermehrt, und ſo wie der Siedpunkt auf der Thermometerſkale durch Veduͤnnung der Luftſchichten faͤllt, ſo ſteigt er hingegen durch Verdickung derſelben. Die Daͤmpfe, welche aus der Soole aufſteigen, erheben ſich vermoͤge ihrer Elaſticitaͤt bis in den Schwadenfang. Hier kommen ſie mit der kaͤlteren Luft in Beruͤhrung und theilen derſelben eine gewiſſe Quantitaͤt des freygewordenen Waͤrmeſtoffs mit. Der noch uͤbrig gebliebene hat nicht Dehnkraft genug, die Waſſertheilchen im gasfoͤrmigen Zuſtande zu erhalten, und ſie zerſetzen ſich. Die oberen zerſetzten Daͤmpfe, welche erſt im tropfbaren Zuſtande dem Auge ſichtbar werden, hindern die unteren, ſich emporzuheben, und ſtoͤhren dadurch die Verdampfung der Fluͤſſigkeit. Dieſer Nachtheil des Schwadens uͤber der Soole iſt jedem Sieder hinlaͤnglich bekannt. Ich will mich bemuͤhen, die verſchiedenen Mittel zu pruͤfen, durch welche man denſelben zu verringern oder gar zu vernichten ſucht. Uiber dieſen und andere Gegenſtaͤnde der Halurgie hat Herr Doktor Girtanner uͤberaus ſcharfſinnige und intereſſante Unterſuchungen angeſtellt, deren oͤffentliche Bekanntmachung ſehr lehrreich ſeyn wuͤrde. Alle deutſche Salinen ſind mit einem Schwadenfange verſehen, der piramidaliſch zulaͤuft. Die Daͤmpfe werden darin aus dreyerley ſehr verſchiedenen Urſachen zerſetzt: a) durch Beruͤhrung mit der kaͤlteren Athmosphaͤre, eine Beruͤhrung, welche unvermeidlich, bey einem ſchnellen Luftwechſel aber weniger ſchaͤdlich iſt. b) durch Anhaͤufung in dem oberen engen Raume des Schwadenfanges. Die waͤſſerichten Theile werden durch den elaſtiſchen Waͤrmeſtoff in einem gewiſſen Abſtande von einander gehalten, der ſein Groͤßtes und Kleinſtes hat, das ſie, ohne Zerſetzung, nicht uͤberſchreiten duͤrfen. Dieſes Uiberſchreiten geſchieht aber, wenn die Daͤmpfe in einen engen Raum zuſammen gepreßt und verdichtet werden; ſie treten dabey „in den Wirkungskreis ihrer gegenſeitigen Anziehung“ und werden tropfbar. c) durch Beruͤhrung mit den piramidal-zulaufenden (und daher entgegenſtehenden) Seitenwaͤnden des Schwadenfanges. Die Daͤmpfe theilen dieſen, da ſie eine ungleiche Temperatur haben, von ihrem Waͤrmeſtoffe mit, und zerſetzen ſich wie in den obigen Faͤllen. Mayer a. a. O. S. 55. Dieſe drey Urſachen wirken natuͤrlich an der Muͤndung des Schwadenfanges am meiſten und verſperren deshalb den unteren Daͤmpfen den Ausgang. Niedrige und nicht allzu enge Schwadenfaͤnge ( Langsdorf a. a. O. S. 453.) haben einen geringeren Nachtheil. Doch gehoͤrt die vortheilhafteſte Bauart derſelben ohnſtreitig zu den ſchwierigſten Aufgaben der Halurgie. Ich muß hier noch eines Vorſchlages erwaͤhnen, den Schwaden durch eine mit Windfluͤgeln verſehene Welle uͤber der Pfanne in den Schwadenfang zu jagen. Die Hollaͤnder befolgen (wenigſtens in den Salinen laͤngſt der weſtlichen Meereskuͤſte) eine Theorie, die der unſrigen gerade entgegengeſetzt iſt. Sie verſchließen den Raum uͤber der Pfanne, wo bey uns der Schwadenfang ſich oͤfnet, mit einem Tonnengewoͤlbe, und laſſen die Daͤmpfe ihren Ausgang durch eine Seitenoͤfnung, von etwa 2 □ Fuß, ſuchen. Dieſe Vorrichtung fand ich in Flandern und an dem Ausfluße der Schelde. Die Daͤmpfe verbreiten ſich hier gleichmaͤßig durch das ganze Siedhaus, und druͤcken daher nicht ausſchließlich auf den Soolenſpiegel. Sie beruͤhren die aͤußere kaͤltere Luft an einem Orte, wo ihre Zerſetzung weniger ſchaͤdlich iſt. — Dagegen aber haͤufen ſie ſich, (weil ſie ſchneller aus der Pfanne aufſteigen, als ſie durch die enge Seitenoͤfnung entwiſchen koͤnnen) dergeſtalt an, daß ſie durch Verdichtung tropfbar werden. Das ganze Koth iſt meiſt mit einem dicken Nebel erfuͤllt, der alles verfinſtert und die Reſpiration aufs aͤußerſte erſchwert. Von den, bey dem Schwadenfange angefuͤhrten drey Urſachen der Dampfzerſetzung wirkt hier alſo vorzuͤglich nur eine, (Preſſung in einem engeren Raume,) aber dieſe ſo lebhaft, daß unſere vaterlaͤndiſche Methode mir vorzuͤglicher, als die hollaͤndiſche zu ſeyn ſcheint. Dieſen letzteren Vortheil gewaͤhrt auch der Vorſchlag, den Schwadenfang nicht uͤber der Pfanne, ſondern ſeitwaͤrts anzubringen. Auch in den neuen ſchottiſchen Salinen wird der Raum uͤber den Pfannen verſchloſſen, der Luftwechſel aber durch ein ſehr einfaches Mittel befoͤrdert. Beyde Waͤnde des Siedhauſes, welche den langen Borden der Pfanne parallel laufen, ſind durchbrochen, und mit ſchmalen, ſoͤligen Oefnungen verſehen. Durch dieſe Oefnungen ſtreicht ein friſcher Luftzug uͤber dem Soolſpiegel hin, und verjagt den aufſteigenden Schwaden. Waͤhrend des Soggens muͤſſen ſie aus bekannten Urſachen verſchloſſen werden. Die ſchnelle Vertreibung der Daͤmpfe und viele andere nicht minder wichtige halurgiſche Vortheile ſcheint die Erwaͤrmung der Soole durch Reverberirfeuer zu gewaͤhren. Dieſe ſinnreiche Methode, welche der beruͤhmte, um die Vervollkommnung der techniſchen Chemie ſo uͤberaus verdiente Herr von Born noch kurz vor ſeinem Tode verbreitete, ſchreibt hoͤlzerne, uͤberwoͤlbte Pfannen und eine Heerdſoole vor, die zur Seite und zwar in gleicher Flaͤche mit ihnen angebracht iſt. Die Flamme ſtreicht hier unmittelbar uͤber der Fluͤſſigkeit hin, von einem Pfannenborden bis an den gegenuͤberſtehenden, wo ſich der Rauchfang befindet. Die Daͤmpfe, ſtatt, wie bisher, von einem waͤrmeren Medium in ein kaͤlteres zu ſteigen, und ſich ſichtbar (als Schwaden) zu zerſetzen, erheben ſich in eine waͤrmere Region, vermehren ihre Elaſticitaͤt durch neu empfangenen Waͤrmeſtoff, und entziehen ſich ſchnell dem Auge. Die Luftſchicht uͤber der Pfanne ſelbſt wird durch das Reverberirfeuer verduͤnnt, und die, der Soole einmal mitgetheilte Waͤrme durch die hoͤlzernen Pfannen concentrirt. Alle Vortheile, welche das neue Verfahren hoffen laͤßt, gruͤnden ſich daher auf a) Erſparung am Aufwande fuͤr die Pfannen, b) Verminderung des Drucks der Athmosphaͤre und der Daͤmpfe, und c) auf die geringe waͤrmeleitende Kraft des Holzes. Ob dieſe Hoffnungen alle erfuͤllt werden koͤnnen, oder ob unvorhergeſehene Schwierigkeiten ſie in der Ausfuͤhrung vereiteln, muͤſſen Verſuche im Großen entſcheiden. Kann die bisher fuͤr vortheilhaft befundene große Breite der Salzpfannen auch beym Reverberirfeuer beybehalten werden? Ich glaube, daß dieſe Frage bejahet werden darf, da bey gehoͤrigem Luftzuge eine Flamme 6 — 7 und mehr Ellen fort ſtreicht. Auch ſcheinen, da der Verluſt an Waͤrmeſtoff ſich auf das Material und die Groͤße der leitenden Bordenflaͤchen zugleich bezieht, kleinere hoͤlzerne Pfannen vortheilhafter, als groͤßere eiſerne zu ſeyn. — Die Wirkung eines Reverberirfeuers, wobey die Flamme den zu erwaͤrmenden Koͤrper unmittelbar beruͤhrt, und eine ſo große Maſſe von Lebensluft (der alleinigen Quelle des Feuers) zerſetzt wird, iſt uͤberaus groß. So werden z. B. auf der churfuͤrſtl. Seigerhuͤtte zu Gruͤnthal beym Groß-Gahrmachen, wo die Flamme 5 [Formel] Elle lang blaͤſt, an 50Ctn. Kuͤhnſtoͤcke, bey einem Aufwande von nicht mehr als [Formel] Schragen [Formel] ellichtes Fichtenholz, 16 Stunden lang, in Fluß erhalten (1 Schragen betraͤgt 3 Klaſter = 486 Kub. Fuß.) Noch ſind einige andere Umſtaͤnde, die faſt bey jeder Methode der Koktur eintreten, zu betrachten uͤbrig. — Da der Siedpunkt einer Fluͤſſigkeit oder die Menge von Waͤrmeſtoff, die ſie aufnehmen kann, ehe ſie in Dampfform uͤbergeht, hauptſaͤchlich von dem Drucke abhaͤngt, den dieſelbe leidet; ſo muͤſſen die unteren Soolſchichten auch einen hoͤheren Siedpunkt haben, als die oberen. Durch die Bewegung des Siedens ſelbſt erhaͤlt aber das ganze Fluidum einerley Temperatur. Der Waͤrmeſtoff, welcher den aufſteigenden Daͤmpfen ihre Elaſticitaͤt giebt, wird nicht dem Waſſer, ſondern unmittelbar der Feuerquelle, die ihn frey macht, entzogen, und die unteren Soolſchichten verdampfen nur darum fruͤher, weil ſie (wenn der Heerd unter der Pfanne iſt) dieſer Feuerquelle am naͤchſten ſind. Je tiefer eine Pfanne iſt, deſto mehr werden die unteren Schichten von den oberen gedruͤckt, deſto mehr Waͤrmeſtoff muͤſſen ſie bis zum Siedpunkte abſorbiren, deſto groͤßer iſt der Aufwand an Brennmaterial oder umgekehrt, je niedriger die Seitenborden, deſto ſchneller die Verdampfung. Schade nur, daß bey flachen Pfannen, wenn ſie ein großes Volumen Soole faſſen ſollen, auch der Umfang ſo betraͤchtlich zunimmt, mehr oft, als daß das Feuer, welches wir zu geben vermoͤgen, die ganze Fluͤſſigkeit bis zum Siedpunkte gleichmaͤßig erwaͤrmen koͤnnte. Mayer a. a. O. S. 62. Dieſer Druck und dieſe Erhoͤhung des Siedpunktes ſind hier zu erwaͤgen, nicht aber der Umſtand, daß flache Pfannen der aufloͤſenden Luft mehr Oberflaͤche darreichen. Denn beym Sieden kommt es hoͤchſtens auf Verduͤnſtung der Daͤmpfe, nicht auf Verduͤnſtung der Fluͤſſigkeit ſelbſt an. Lavoiſier Traité élém. T. II. p. 433. Geſalzenes Waſſer verlangt zum Sieden uͤberdies eine groͤßere Intenſitaͤt des Feuers als reines, und dieſe Intenſitaͤt ſteigt mit der Hochloͤthigkeit der Soole. Herr Lambert hat den Siedpunkt des Meerwaſſers auf 218 Grad Fahrh. beſtimmt. Aber dieſe Angabe iſt vieldeutig, da der Salzgehalt des Meerwaſſers ſo verſchieden iſt. Herr Gadolin bemuͤhte ſich durch vielfaͤltige Verſuche die ſpecifiſche Waͤrme der Soole bey verſchiedenem Verhaͤltniſſe des Waſſers zum Salze zu unterſuchen. Er fand An der norwegiſchen Kuͤſte enthaͤlt das Meerwaſſer [Formel] , bey Cumberland [Formel] ſeines Gewichts an Kochſalze. ( Bergmanns phyſ. Erdbeſchr. Th. 1. S. 360.) An den deutſchen Kuͤſten iſt der Salzgehalt noch nicht gehoͤrig erforſcht, und doch waͤre dieſe Unterſuchung in mancherley Ruͤckſicht intereſſant. — In dem Seewaſſer bey Ritzebuͤttel an der Nordſee, welches Herr Heyne zu Hamburg, ein gelehrter und arbeitſamer Chemiker, auf meine Bitte analyſirte, ſind in 1 Pfunde (buͤrgerlichen Gewichts) außer Glauberſalz, Selenit und luftſaurer Bittererde 184 [Formel] Gran Kochſalz und 46 Gran ſalzſaure Bitterde aufgeloͤſt. Das ſpecifiſche Gewicht beſtimmte Herr Heyne auf 1,021632. (Ich wog im September 1790 Seewaſſer, das ich in S. O. der Inſel Helgoland in ofnem Meere geſchoͤpft hatte, und fand es = 1,032064.) Crawford uͤber die Waͤrme der Thiere. 1789. S. 359. bey [Formel] Salze, die Capacitaͤt = 0,932 ‒ [Formel] ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ = 0,873 ‒ [Formel] ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ = 0,824 wenn die Capacitaͤt des reinen Waſſers = 1,000 geſetzt wird. Aber alle dieſe Unterſuchungen ſind noch zu unvollkommen, um auf beſtimmte Reſultate zu fuͤhren. Ich beſchließe hiermit dieſen rohen Verſuch uͤber einige chemiſche und phyſikaliſche Grundſaͤtze der Halurgie. Da ich einzelne, wie ich glaubte, noch nicht deutlich entwickelte Lehren einer Theorie, nicht aber eine Theorie ſelbſt entwerfen wollte, ſo wird es dieſer Abhandlung wohl nicht zum Vorwurfe gereichen, daß ſie manches, der Ausuͤbung naͤher liegende abſichtlich uͤberging, und ſich dagegen oft mit Gegenſtaͤnden beſchaͤftigte, die Viele in das weite Gebiet unnuͤtzer Spekulationen verweiſen, deren Unterſuchung mir aber wichtig und vielverſprechend fuͤr die Zukunft zu ſeyn ſchien. Die wiſſenſchaftliche Bearbeitung einer Kunſt befolgt uͤberdies eine Methode, die von der der Ausuͤbung ſelbſt voͤllig verſchieden iſt. Bey jener muͤſſen Grundſaͤtze aus allen verwandten Wiſſenſchaften geſammlet, Erfahrungen der Phyſiker mit den techniſchen verglichen, jeder auch noch ſo geringfuͤgig ſcheinende Umſtand beobachtet werden; dieſe hingegen, die Methode der Ausuͤbung muß, wenn ſie ihren Zweck nicht verfehlen will, nicht zu aͤngſtlicher Unentſchloſſenheit fuͤhren ſoll, einen entgegengeſetzten Weg einſchlagen. Sie muß, wenn die Verfahrungsart einmal gewaͤhlt iſt, ſich gleichſam auf ein Objekt iſoliren, mehr auf Lokalverhaͤltniſſe, als auf allgemeine Spekulationen Ruͤckſicht nehmen, ſich durch kleine Umſtaͤnde nicht zerſtreuen laſſen, geringere Vortheile den groͤßeren aufopfern u. ſ. f. Durch dieſe Anſicht der Dinge iſt dann der Streit zwiſchen dem Theoretiker, der oft ſo ungeſtuͤm Belehrung aufdringt, und dem Praktiker, der ſich ihr oft ſo abſichtlich entzieht, von ſelbſt entſchieden; ein Streit, welchen die unerfuͤllten Verſprechungen der einen, und die ungerechten Forderungen der anderen Parthey veranlaßten, ja zum Schaden leider bis jetzt noch unterhalten. „Eine falſche, nicht durch Erfahrung unterſtuͤtzte Theorie ſchadet im buͤrgerlichen Leben mehr, als alle Unwiſſenheit in wiſſenſchaftlichen Grundſaͤtzen. Die Theorie muß aus der Praxis entſtehen, noch beſſer waͤre es, wenn ſie in der Praxis ſo verſteckt bleiben koͤnnte, daß ſie immer als Syſtem erſchiene.“ S. das philoſophiſche Werk des Herrn Profeſſor Buͤſch uͤber Staatswirthſchaft und Handlung. B. 2. S. 17. Tafeln