Ueber den Syenit oder Pyrocilus der Alten; eine mineralogische Berichtigung. Von Herrn H -- t. Wenn es auch nicht schon für die Geschichte des menschlichen Wissens überhaupt wichtig wäre zu untersuchen, welche Mineralien von Griechen und Römern gekannt, wie ihre Lagerstätte gefunden, wie ihre Kräfte benuzt wurden; so müßte uns doch ein besonderes geognostisches Interesse auf die Schriften des Theophrastus und Plinius zurükführen. Die natürliche Gestalt gewisser Länder ist seit ein Paar Jahrtausenden mannichfaltig verändert. Meeresfluthen, Vulcane und Erdbeben haben ihre verheerende Macht ausgeübt. Berge sind zersplittert, Thäler ausgefüllt, Inseln aus dem Wasser emporgetrieben worden. Aristides würde Aegypten, Cäsar das Belgische Gallien, Plinius das untere Italien kaum wieder erkennen. Freilich haben diese gewaltsamen Revolutionen nur einzelne Gegenden betroffen. Denn Nachrichten von allgemeinen Umwandlungen unsers Planeten, wie die, deren räthselhafte Spuren wir noch in den Schieferbergen und Kalkflözen erkennen, hat uns die Geschichte nirgends erhalten. Aber auch da, wo Erderschütterungen, Kohlenbrände und Lavagüsse keine Zerstörungen angerichtet, haben die ununterbrochenen und darum so unmerklichen Würkungen der Verwitterung doch ganze Gebirgsmassen verändert und durch allmählige Auflösung der primitiven Theile der Natur reichen Stoff zu neuen Mischungen bereitet. Mit jedem Jahrhunderte gewinnt die Oberfläche unserer Erde eine andere Ansicht, und je wichtiger uns die Geognosie ist, desto weniger dürfen wir die ältesten mineralogischen Schriften von den dürftigen Zauberliedern der Griechen an, bis zum Plinius herab vernachlässigen. Räthselhaft aus zwiefachem Grunde. Einmal, durch welche Hypothese läßt sich die Entstehung von Typolithen weicher Körper, z. B. saamentragender Farrenkräuter erklären? Jedem Botaniker ist bekannt, daß der leichte Saamenstaub von der leisesten Berührung verwischt wird. Zweitens, sollten alle Conchylien der Vorwelt, die wir jezt nur in ihren Grabstätten finden, gänzlich untergegangen seyn? Entfernte Aehnlichkeiten zwischen den petrificirten und in unseren Meeren lebenden Chamen und Mytilen sind nicht zu läugnen. Daher Linne eine Ostrea diluviana, eine Anomia pecten, A. angulata, A. plicatella und andere Versteinerungen mit dem Beisaz: habitat ... fossilis, in sein Systema naturae eintrug. Daß aber zu den unzähligen fossilen Muscheln bisher kaum ein bestimmtes Original in der jetzigen Thierschöpfung gefunden worden ist, kann ich mit dem Zeugniß eines Mannes belegen, der die Lehre von den Petrefacten mit dem glüklichsten Scharfsinne in ein neues System umgearbeitet und für geogenische Untersuchungen fruchtbar gemacht hat. (s. Blumenbachs Beiträge zur Naturgeschichte Th. 1. S. 7.) Muß man auch darum die Hofnung aufgeben, diese Originale künftig noch zu entdecken? Unsere Kenntniß des Meeresbodens, deucht mich, ist zu gering, die Mittel, ihn zu untersuchen, sind zu mangelhaft, um diese Frage mit Herrn Blumenbach bejahen zu können. Wie viele Produkte werden nicht jährlich auf dem festen Lande, in dem bewohntesten Theile von Europa selbst entdekt, die man Jahrhunderte lang übersehen hatte! Wenige Beispiele von der Art sind so auffallend, als die plözliche Erscheinung der Linnea borealis in Deutschland, die mein gelehrter und vortreflicher Freund Willdenow zuerst fand. Dieser merkwürdige Strauch bedekt den Boden am Ehrenpfortenberge (nahe am Schlosse Tegel) in einer Strecke, die 20 -- 30 Schritte lang ist. Gleditsch botanisirte fast jährlich an derselben Stelle, und vermuthete nie, daß eine Pflanze des nördlichen Schwedens 1 1/2 Meilen weit von Berlin wachse. Gesammlet unter dem Titel: Orpheus de lapidibus. Dazu standen die Alten mit mehreren Gegenden in Verkehr, die uns fremd geworden sind. Die Mineralogie von Afrika ist uns bis auf einzelne Küsten, völlig dunkel. Selbst die merkwürdige Reise des Herrn Bruce, die so vieles Licht über den politischen Zustand von Aegypten und Abyssinien verbreitet, giebt uns über die Gebirgsarten jener Länder wenig Aufklärung. Strabo und Plinius hingegen scheinen äthiopische Steinarten besser als manche gallische und pannonische gekannt zu haben. Ptolemäus ist für die Küsten des arabischen Meerbusens z. B. ein wichtiger Geograph. Genaue Berechnungen seiner Meridiane und sorgfältige Untersuchungen gelehrter Reisenden könnten die Mineralogie der Alten sehr erleichtern. Diese Ideen von der Wichtigkeit der classischen Mineralogen munterten mich auf, kritische Untersuchungen über einige der dunkelsten Steinarten zu wagen. Ich fand den Basanites mit dem lapis aethiopicus, den Magnetes mit dem lap. lydius. unsern Basalt mit dem Syenites, mit dem lap. heracleus, und mit dem Granit verwechselt. Ich trug meine Ideen darüber in der Einleitung zu meiner kleinen Schrift: Mineralog. Beobachtungen über einige Basalte am Rhein etc. vor. -- Diese Einleitung enthält einen eigenen Abschnitt über den pyropoecilus oder Syenit der Alten, den einige Commentatoren auch Stignites nennen. Kleine Stücke Granit, die aus Aegypten seyn sollten, und die ich jezt für unächt halte, ließen mich, da sie mir nirgends Hornblende zeigten, vermuthen: "der Syenites Wern. sey eben so von dem Syenites Plin. verschieden, als es unser stannum von dem stannum der Alten ist." Die Nachricht über den Syenit in Köhlers bergmännischem Kalender S. 208. war mir damals entgangen, und ich halte es jezt für meine Pflicht auch unaufgefordert jene irrige Behauptung zurückzunehmen, da ich, indem ich vor Irrthum warne, selbst andere zu einem Irrthum verleiten könnte. Der vortrefliche englische Mineraloge, Herr Hawkins, auf den auch unser Vaterland stolz seyn darf, da er sich unter Werner bildete, hat eine interessante Sammlung antiker Granite, Porphyre etc., aus Italien nach London gebracht. In allen Stücken antiken Syenits, die er die Güte hatte, mir zu zeigen, war ächte Hornblende nicht zu verkennen. Der Syenit des Herrn Inspektor Werner ist also mit dem alten Syenit einerlei Mineral! Da mir die Wahrheit, nicht aber meine Meynungen wichtig sind, so werd' ich nicht anstehen, jeden andern Irrthum, den ich bei einer so schwierigen Untersuchung etwa begangen habe, so bald er mir aufstößt, freimüthig anzuzeigen. H -- t.