Beschreibung einer neuen Spin- Zwirn - Haspel- Kratz- und Krempel-Maschine zu hundert und mehrern Faden. Nebst 27 Abrissen. Cöthen in der Hochfürstl. priv. Glandenberg. Buchhandlung 1789. (40 Seiten in 4.) 10 Thaler. Die Erscheinung dieser kleinen Schrift wird jedem Freunde der Technologie gewiß nicht unwillkommen seyn. Die Zeiten sind vorüber, in denen man alle Erfindungen, durch welche menschliche Kräfte erspart werden, gleichsam mit einem Fluche belegte, in denen man das Korn gern wieder von Menschen hätte zerreiben, die Bücher von Abschreibern vervielfältigen lassen u. s. f. Man hat, obgleich erst spät, doch endlich auch in unserem Deutschen Vaterlande eingesehen, daß gefährlich scheinende Mittel durch vorsichtigen Gebrauch unschädlich, ja oft selbst für das Ganze wohlthätig werden. Wenn die in obiger Schrift vorgelegte Maschine ihren Zweck ganz erreichte, so könte sie allerdings die wichtigsten politischen Folgen nach sich ziehen. Sie soll sich eben dadurch von allen älteren Erfindungen dieser Art auszeichnen, daß sie nicht bloß für Baumwollen-, sondern auch für Wollen- und Hanfspinnerey bestimt ist. Die Algemeinheit ihres Gebrauchs also und das mannigfaltige Glück und Unglück, welches sie über verschiedene Länder verbreiten könte, macht sie einer aufmerksamen Zergliederung würdig. Wir wollen erst ihre einzelne Theile betrachten, sie dann mit andern, uns bekanten, Maschinen vergleichen und endlich mit einigen Anmerkungen über ihre Mängel und Vorzüge schließen. Die neue Maschine, welche auf eilf großen Kupfertafeln vorgestelt ist, kan nur in so fern als ein Ganzes betrachtet werden, als die einzelnen Theile durch ein Stirnrad (als vis motrix) bewegt werden. Eine nähere Verbindung findet wenigstens zwischen der Spinn- und Krempel-Maschine nicht stat. Auch wird die Locke nicht durch das Räderwerk selbst der Spinmaschine, das Garn nicht der Zwirnmaschine zugeführt. Alles dies muß unmittelbar durch menschliche Kräfte geschehen. a) Die Spinmaschine § 1 -- 37 ist ihrem Baue nach von allen uns bekanten Spinmaschinen gänzlich verschieden. Die rohen Materien, welche sie verarbeitet, brauchen nicht vorgesponnen zu werden. Die einzelnen (gekrempelten) Locken oder Flöthen werden bloß mit ihren Enden aneinander gedrückt und so, besonders bey Schafwolle, in ein blechernes Gefäß gelegt. Will man die rohen Materien vorspinnen lassen, so ist es allerdings vortheilhafter. Doch muß das Vorgespinste, um das Verwickeln der dicken Fäden zu vermeiden, dann auf eine horizontal schwebende Bobine gewickelt werden. Die Locke oder das Vorgespinste wird zwischen mehrern Walzen von hartem Holze durchgeklemt, welche paarweise über einander liegen, ohngefähr wie die stählernen Walzen an einem Streckwerk. Diese Lockenwalzen können durch Schrauben näher aneinander gepreßt oder gelüftet werden. Die üntern allein werden durch mehrere Schnüre ohne Ende in Bewegung gesetzt. Die öbern erhalten durch die Friction die entgegengesetzte Bewegung und die ganze Verrichtung ist völlig der ähnlich, auf welcher die Hindus die rohe Baumwolle von den Samenkörnern reinigen. Alle Walzen werden durch eine Scheibe bewegt, um welche sich daher halb soviel Schnüre schlingen als einzelne Walzen sind. Diejenigen, durch welche die Locke zuerst geht, müssen einen grösseren Durchmesser haben und sich daher langsamer bewegen, als die entfernteren. Die natürliche Wirkung dieser Verrichtung ist, daß die Locke durch die schnellere Bewegung der kleineren Walzen angezogen, aus der blechernen Büchse durch die grössere Walze durchgeführt und so beträchtlich ausgedehnt wird. Je geschwinder die kleinen Walzen umlaufen, d. i., je kleiner ihr Durchmesser ist, desto dünner (feiner) erhält man die Locke. Die ausgedehnte Wolle muß nun noch zu einem Faden zusammengedreht werden. Dies verrichtet ein dritter wesentlicher Theil der neuen Spinmaschine, die Spindel. Sie ist völlig der eines gewöhnlichen Tretrades ähnlich, steht aber senkrecht und wird durch ein horizontales Spinrad bewegt. Damit das gesponnene Garn sich nicht immer auf eine Stelle der Spule aufwickele, sind bey unserem Tretrade in der Scheere kleine Häckchen, durch welche die Spinnerin den Faden nach und nach immer höher leitet. Diese Unbequemlichkeit des öfteren Eingreifens in die Maschine zu verhindern, hat der Erfinder eine neue Vorrichtung anbringen wollen, die aber sehr mangelhaft beschrieben ist. Ein langer Arm, der an der Spindel beweglich ist, soll an derselben von selbst hinansteigen und so das Garn immer höher und höher leiten. Nach §. 36 scheint es, als solte das Garn selbst, so wie es sich unter dem gewölbten Ausschnitte jenes Arms oder Leiters anhäuft, denselben in die Höhe treiben. Die Schnur, welche Rad und Spindel verbindet, kann durch eine Schraube, welche auf die Spindel wirkt, stärker oder schwächer angezogen werden. Jede dieser neuen Spinmaschinen kan nur einen Faden spinnen. Ihrer Zusammensetzung nach bestehen sie aus einer 8 Fuß hohen Seule, die durch 3 horizontale Bretter durchschnitten ist, von denen auf dem üntern die Spindel und das Spinrad, auf dem mittleren das Lockengefäß, und auf dem oberen die Lockenwalzen angebracht sind. b) Das Haspeln § 37. Die Spinmaschine verrichtet das Haspeln selbst. Auf das untere Brett wird neben die Spindel ein Haspel gesetzt, welcher mit den oberen Lockenwalzen in Verbindung steht. Das Spinrad bewegt nun nicht mehr die Spindel, weil die Schnur ohne Ende gelöset ist. Der gesponnene Faden wird von der Spule auf den Haspel geleitet und wickelt sich so, von dem Haspelarm gezogen, gänzlich ab. c) Das Zwirnen § 38. Auch zu diesem Geschäfte kan die Spinmaschine gebraucht werden. Das mittlere Brett, der Lockentisch, wird durch einen Schieber verlängert. Auf diese Verlängerung schraubt man eine Garnwinde. Statt der Lockenbüchse erscheinen nun mehrere horizontale Bobinen, welche die Maschine durch Schnüre ohne Ende bewegt. Das Garn wird unmittelbar durch menschliche Kräfte von dem unteren Haspel auf die Garnwinde übergetragen. Es wickelt sich dann nach und nach auf die Bobinen, deren, je nachdem der Zwirn zwey oder dreydrätig seyn soll, zwey oder drey erfordert werden. Sind die Bobinen gefüllt, so klemt man die Fäden durch die Walzen und die Spindel spint oder dreht dieselben zusammen. Zum Zwirnen gehören demnach drey Operationen: 1) daß ein Mensch die Garnwinde bewickelt; 2) daß die Maschine das Garn nach und nach auf die Bobinen leitet; 3) daß die Fäden zusammenlaufen. d) Die Krempelmaschine § 39 -- 44. Ein völlig abgesondertes Stück, das man mit dem großen Stirnrade (vis motrix) verbinden oder besonders durch Wasser treiben lassen kan. Es besteht aus 6 hölzernen, 3 Fuß langen Walzen, die theils neben, theils auf einander liegen und wie Schrobel, mit Häckchen besetzt sind. Die rohe geflackte Wolle fällt aus einem schrägen Kasten gegen ein eisernes Gitter, durch welches die erste, nahe liegende Walze sie ergreift, ihrem Nachbar abgiebt u. s. f. Die Maschine hat einen elenden, verwirten Mechanismus von 1 Stirnrade, 7 Kammrädern, und 13 Trillingen. Nur die letzte Walze, welche (ohngefähr wie eine Kniestreiche) mit den feinsten Häckchen besetzt ist, hat einen sehr scharfsinnig ersonnenen Lockenmacher. Ein gewölbtes Brett, welches von innen ebenfalls feine Zacken hat, wird von Zeit zu Zeit durch ein Heberad gehoben und bedeckt im Fallen einen Theil der Walze. Die auf derselben ausgebreitete Scheibe streift sich gegen die Zacken oder Häckchen ab, rollt sich zusammen und sinkt als eine Locke in ein eigenes Gefäß. Die ganze Spin- Zwirn- Haspel- Kratz- und Krempel- Maschine soll von einem Menschen durch einen Hebelarm an einer senkrechten Welle bewegt werden. Das Stirnrad dieser Welle greift auf der einen Seite in die Streichwalzen, auf der anderen in die Spinräder, welche im Kreise, wie die Haspel an der gewöhnlichen Zwirnmühle stehen. Wir müssen bekennen, daß es nicht wenig Anstrengung erfordert, sich nach des Erfinders unvollständigen, oft räthselhaften Beschreibung einen deutlichen Begrif von diesem weitläuftigen Mechanismus zu machen. Es ist leider! noch immer das Schicksal der meisten Deutschen technologischen Schriften, daß sie dunkel und widrig geschrieben sind. Wie wenige haben wir aufzuweisen, welche an Faßlichkeit und Eleganz den Descriptions des arts et metiers, der Diderotschen Encyclopädie oder den neuesten Meisterwerken des Herrn Roland de la Platiere gleichkommen! Der Styl, welcher in vorliegender Schrift herscht, ist unter aller Critik. Die Vorrede, die man erst dem Verfasser und dann der Verlagshandlung zuschreiben muß, ist in einem gemeinen, marktschreierischen Tone geschrieben. Sie kan leicht von der beschwerlichen, aber doch interessanten Lectüre des Ganzen abschrecken. Die Glandenberg. Buchhandlung hat die Zeichnung der neuen Spinmaschine, welche alle bereits existirende übertrift, für schweres Geld an sich gekauft; sie verspricht noch andere Werke, über die man erstaunen wird, warnt vor einem Magister Dreschütz u. s. f. Die Kupfertafeln sind sehr sauber gestochen. Einige sind ganz entbehrlich z. B. Tab. VI und VIII. Sie vertheuren das Werk unnöthiger Weise und alle 26 Figuren hätten auf wenigen Tafeln hinlänglich Raum gehabt! Die Maschine existirte bey Erscheinung der Beschreibung noch nicht. Die Hochfürstl. Buchhandlung wolte, "um ihr Privilegium nicht mit Füßen zu treten", sie nicht selbst erbauen. Doch versprach ein Freund in Cöthen den ersten Versuch zu wagen. Jeder, welcher ein ächtes Exemplar der Beschreibung vorzeigt, soll die Maschine in Augenschein nehmen dürfen. Wenn wir die neue Maschine mit den schon existirenden älteren vergleichen, so scheint jene vor diesen , im Ganzen, wenig Vorzüge zu haben. Dennoch bleibt die Bekantmachung derselben für den Mechaniker immer wichtig und lehrreich. Sie enthält im Einzelnen allerdings viel schönes und sinreiches, welches vielleicht nicht ohne Nutzen auf andere Maschinen angewandt werden kan. Die englischen Spinmaschinen spinnen 30 -- 40 Fäden auf einmal. Die neue Cöthensche § 1 -- 37. liefert nur einen Faden. Die Spinmaschine von 300 Fäden, deren S. 38 Erwähnung geschieht, besteht eigentlich aus 300 einzelnen Maschinen welche zugleich bewegt werden. Sie soll demnach mit Einem Arbeiter so viel Garn liefern, als 10 englische Spinmaschinen mit 10 Spinnerinnen! Aber der Erfinder scheint die Größe seiner Maschine schlecht oder vielmehr gar nicht berechnet zu haben. Angenommen die kleinen einzelnen Spinräder § 1 -- 6 stehen auch nur 6 Zoll breit auseinander, so gehört doch zu 300 solchen Spinrädern ein 50 Fuß breites Stirnrad, welches Ein Mensch bewegen soll! Um aber nur 25 Fäden zu spinnen (S. Anhang), wäre es doch sonderbar, ein ganzes Zimmer mit einer so weitläuftigen Vorrichtung zu füllen, da man durch eine kleine 4 oder 5 Fuß lange Englische Spinnmaschine eben diesen Zweck bequemer erreichen kan. Ueberdem wird der Preis einer Engl. Spinmaschine (gewöhnlich 7 bis 8 Carolinen !) den von 25 Cöthenschen, die einen sehr sauber gearbeiteten Walzenkasten erfordern, wohl kaum das Gleichgewicht halten. Dennoch heißt es in vorliegender Schrift: "die Kosten bey einer Maschine zu 25 Faden samt "Beschreibung und Abrissen sind in Zeit von 14 Tagen durch das wohlfeilere Gespinste gleich wieder ersetzt!" Das Ausdehnen der Locke, welches die Spinnerin sonst durch das Zurückschieben der Springfederlocke bewirkt, verrichten hier die Walzen. Dieser Theil ist in der That schön ersonnen. Die Locke wird im Ziehen gepreßt, und es scheint als könte durch diese Vorrichtung das öftere Reißen der Fäden, welches den Werth unserer älteren Spinmaschinen sehr herabsetzt, verhindert oder geschwächt werden. Der Leiter an der Spule dürfte leicht seine Wirkung verfehlen. Es ist ein schwieriges mechanisches Problem, wenn man sich der Schnur oder des Gezähnes nicht bedienen kann, Theile anzubringen, welche, von selbst, regelmäßig steigen oder sinken. Wir fürchten sehr, jeder Leiter möchte zu schwer seyn, um von dem Garne gehoben zu werden. Die neue Spinn-Maschine soll auch Schafwolle und präparirten Hanf spinnen. Worauf gründet der Erfinder dieses Versprechen? Auf Erfahrungen? Sie sind nicht angestelt. Auf Theorie? Die Vernunft kan hier wenig a priori entscheiden. Die schöne Einrichtung der Walzen läßt hier allerdings mehr hoffen, als bey den englischen Spinmaschinen, wo die Locke ganz ungepreßt und frey ausgedehnt wird. Der Hanf soll präparirt werden. Der Verfasser setzt nicht hinzu wie? ob macerirt oder gelauget? Er scheint den Hanf allein vorbereiten zu wollen. War ihm denn unbekant, daß auch selbst die Baumwolle durch ein eigenes Bad gehen muß. L'art du Fabricant de velours de coton 1780 p. 8. Unsere teutschen Spinmaschinen leisten vorzüglich eben darum so wenig, weil unsere Fabrikanten nicht das englische Seifenbad kennen. Das Zwirnen § 38 auf der neuen Maschine ist sehr unbequem. Es erfordert viele Vorbereitungen. Das Reiben des Garns zwischen den hölzernen Walzen ist für dasselbe gewiß schädlich. Selbst bey der gewöhnlichen Zwirnmühle. ( Jacobssons Schauplatz. Th. IV. Tab. II. Fig. 8.) wird, um alle Friction zu vermeiden, der Faden über gläserne Röhren geleitet; und doch bewegt sich hier alles frey ohne Klemmung. Gesetzt aber auch die Cöthensche Maschine lieferte einen starken, wohlgedrehten Zwirn, welche Vorzüge hat sie vor den älteren? Der Vorzug, daß sie zugleich spint und zwirnt wäre allerdings wichtig, aber eine kleine Berechnung lehrt, daß er nur ein eingebildeter sey. Zu einer Maschine von 120 Fäden wird ein Stirnrad von wenigstens 20 Fuß Durchmesser erfodert. Die Kraft eines Menschen ist kaum hinreichend, die Last dieses Stirnrades und die Friction der Krempelmaschinen zu überwinden. Dennoch giebt diese weitläuftige Vorrichtung nicht mehr Garn als 3 englische Spinmaschinen zu 40 Bobinen. Bey einer sehr geringen Fabrikation wird man jene 120 Spinräder gewiß immer zum Spinnen beschäftigen können. Zum Zwirnen also muß eine besondere Maschine errichtet werden. Wer wird sich aber hier wohl der Cöthenschen bedienen wollen? Eine gewöhnliche Zwirnmühle hat gegen 400 Bobinen, die in 3 Etagen über einander stehen. Die Cöthensche Zwirnmaschine müßte, um eben die Wirkung zu thun, 200 Fuß im Umfange haben! Ueberdem hat man die Unbequemlichkeit solcher kreisförmigen Zwirnmühlen längst eingesehen, da sie übermäßigen Raum wegnehmen, ein Gebäude belästigen, für den Arbeiter unbequem, ja selbst seiner Gesundheit nachtheilig sind u. s. f. Die schmalen, ovalen Schifmühlen sind schon häufig eingeführt und selbst die vortrefliche englische Zwirnmühle, welche durch eine senkrechte Kurbel bewegt wird, und ein Parallelogramm ausmacht, ist in grossen teutschen Manufakturen z. B. in der Manschesterfabrik zu Berlin, bereits im Gebrauch. Die neue Krempelmaschine § 39 ist nichts weniger als neu. Ganz ähnliche werden in Deutschland z. B. in Offenbach von dem geschickten Maschinisten Storch erbauet. Roland de la Platiere beschreibt sie in dem eben angeführten Art du fabric de velours etc. auf 3 planches als eine mecanique a carder, le coton. Sie wurde schon 1775 in Frankreich eingeführt. In Teutschland ist sie auch im Gange, z. B. in der Wollenzeugmanufaktur der Herren Gebrüder Hesse und in der Kattun- und Zitzmanufaktur des Herrn Sieburgs zu Berlin. Doch möchten wir fast glauben, der Erfinder der sogenanten neuen Krempelmaschine habe die älteren nicht gekant. Er würde sonst die Vortheile derselben bey den seinigen genutzt haben. Wir würden diese Recension übermäßig verlängern, wenn wir alle einzelne Mängel der neuen Streichwalzen durchgehen wolten. Also nur wenige Beyspiele zur Probe! Die erste Walze darf die rohe Wolle nicht selbst an sich raufen. Sie wird ihr weit bequemer und gleichmäßiger durch einen Rumpf zugeführt. Bisweilen, was noch besser, liegt die Wolle gar auf einer beweglichen Leinwand, die durch den Rumpf (fast wie eine Schnur ohne Ende) der Maschine näher gezogen wird. Bey den neuesten englischen Krempelmaschinen soll die rohe, geflackte Materie gar durch einen Trichter von oben auf die Walzen geschüttet werden. Der Mechanismus, durch welchen die cöthenschen Walzen bewegt werden, verursacht gewiß übermäßige Friction und Klemmung. Die französischen, englischen und teutschen Krempelmaschinen werden fast alle auf eine sehr einfache Art durch Schnüre ohne Ende bewegt. Zwar hat man, weil die Schnüre dem steten Wechsel der Luft zu sehr ausgesetzt sind, auch eine neue Vorrichtung mit Schrauben ohne Ende und Stirnrädern versucht. Aber bey dieser stehen die Walzen unmittelbar in Verbindung, nicht durch 7 Kamräder und 13 Trillingen, die in 6 gezähnte Cylinder greifen! Dennoch sagt Herr Roland de la Platiere von solchen Maschinen ohne Schnüre: elles ont la marche plus egale, mais elles sont plus lourdes. Der Cöthensche Lockenmacher ist schön und sinreich ersonnen, aber er ist zerbrechlicher und weitläuftiger als der ältere. Bey den englischen Krempelmaschinen stehen der letzteren Walze zwey Flügel an einer horizontalen Welle gegenüber. Der vordere Theil dieser Flügel ist mit feinen (durch eine leicht sich zurückschiebende Feder bedeckten) Zähnen versehen. Diese Zähne streichen die wollene Scheibe von der Walze ab, und werfen dieselbe auf einen Rumpf, der sie gegen eine geschweifte messingene Fläche als Locke zusammenrollt. Die neuen Cöthenschen Streichwalzen sollen nur 3 Fuß lang seyn. Daher glaubt der Erfinder, sie würden zu wenig gekrempelte Wolle liefern, und räth 4 oder mehr solche Kratzmaschinen anzulegen. Warum dürfen die Walzen nicht lieber um einige Fuß verlängert werden? So ersparte man wenigstens die ungeheure Friction so vieler Getriebe. Eine gewöhnliche Krempelmaschine von 8 -- 10 Cylindern, welche 4 -- 5 Fuß lang sind, liefert ja täglich 50 -- 60 Pfund gestrichene Wolle! Diese Angabe war wohl dem Verfasser unbekant. Wenn wir einen Blick auf das Ganze werfen, so können wir uns des Wunsches nicht enthalten, der Erfinder der neuen Spin- Zwirn- Haspel- Kratz- und Krempel- Maschine, hätte vor Bekantmachung seines, in vieler Rücksicht lobenswerthen Werks, dasselbe im Einzelnen genauer untersucht, andere Maschinen daneben gehalten, Kraft und Last berechnet, die Zahl der Zähne, Kämme und Triebstöcke angegeben u. s. f. Wie ist es denkbar, daß ein Mensch zwey Stirnräder von wenigstens 150 Fuß Umfang, 1200 auf einander schleifende Lockenwalzen, und 4 Krempelmaschinen (von denen eine, wie die Erfahrung selbst in Teutschland lehrt, fast 2 Arbeiter erfodert) in Bewegung setze? Wir hoffen, daß geschickte Mechaniker das mancherley Gute, welches vorliegende Schrift enthält, über die Mängel die wir ihr vorwerfen, nicht übersehen, sondern vielmehr, daß sie es zu anderen Maschinen benutzen und so für das Wohl der menschlichen Geselschaft anwenden werden. Alexander von Humboldt.