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Alexander von Humboldt: „[Kurze Nachrichten]“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1790-xxx_Kurze_Nachrichten-1> [abgerufen am 16.04.2024].

URL und Versionierung
Permalink:
https://humboldt.unibe.ch/text/1790-xxx_Kurze_Nachrichten-1
Die Versionsgeschichte zu diesem Text finden Sie auf github.
Titel [Kurze Nachrichten]
Jahr 1790
Ort Zürich
Nachweis
in: Magazin für die Botanik 4:11 (1790), S. 185–188.
Postumer Nachdruck
Lange, Fritz G[ustav]: Alexander von Humbolt und Paulus Usteri. Unbekannte Jugendbriefe Humboldts, in: Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaften, Technik und Medizin, herausgegeben zum 60. Geburtstag Gerhard Harigs (= Schriftenreihe für Geschichte der Naturwissenschaften, Technik und Medizin. Beiheft), Leipzig 1964, S. 221.

Die Jugendbriefe Alexander von Humboldts 1787–1799, herausgegeben von Ilse Jahn und Fritz G. Lange, Berlin: Akademie 1973, S. 95–99. [nach Briefmanuskript]
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Antiqua (mit lang-s); Auszeichnung: Kursivierung; Schmuck: Initialen.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: I.6
Dateiname: 1790-xxx_Kurze_Nachrichten-1
Statistiken
Seitenanzahl: 4
Zeichenanzahl: 4296

|185|
Die Zweifel, welche man vor einigen Jahren im Südengegen die Sexualität der Pflanzen erregte, werden jezt mitſtarken Gründen in Schottland erneuert. Mr. Rutherfort,Profeſſor der Botanik zu Edinburgh glaubt durch ſorgfäl-tige Verſuche erwieſen zu haben, daß Saponaria dioïca Willd., (beym Linné, Lychn. dioïca) auch ohne antherenreifen, keimenden Saamen trägt. Zu einer Zeit, wo derunſterbliche Hedwig männliche und weibliche Zeugungs-theile in ſo vielen Cryptogamiſten entdeckt hat, muß dieſeBehauptung über die Phainoſtæmonen ſonderbar ſcheinen.Daß man ſie nur durch Gegenverſuche, nicht aber durchſogenannte Schlüſſe a priori (die ſich der D. Edward Smith gegen den Abt Spallanzani erlaubt) widerlegen könne, da-vor warnt ſchon Linné in ſeiner meiſterhaften Abhand-lung de Sexu plantarum. Unſere allgemeinen phyſiologi-ſchen Geſetze beruhen auf unvollſtändigen Inductionen,auf analogiſchen Schlüſſen. Erfahrungen wie Linné ander Clutia pulchella, Gleditſch an den Palmen und Köhl-reuter an der Nicotiana und Malua machte, ſind ſeitdem Sir Thomas Millington in Oxford und Vaillant in Paris dieanimaliſche und vegetabiliſche Generation verglichen, kauman zwey Duzend verſchiedenen Speciebus angeſtellt.

H — t.


|186| Der D. James Edward Smith, Mitglied der kön. Acad. zu London, der ſich durch ſeine Beobachtungen über die Pflan-zen des ſüdlichen Europa, noch mehr aber durch ſeine Be-nutzung des Linnæiſchen Herbarium um die Botanik ver-dient gemacht hat, kündigt ein neues Werk an unter demTitel: Icones pictæ plantarum rariorum und ColouredFigures of rare Plants. Die Pflanzen ſollen nach derNatur gemahlt, von Mr. Sowerby geſtochen und unter deſ-ſen Aufſicht illuminirt werden. Jeder Faſciculus zu ſechsPlatten in Folio auf vellum paper koſtet 12 Schilling engl.Die Beſchreibungen werden lateiniſch und engliſch beſon-ders herausgegeben.
Die ſcharfſinnigen Verſuche, welche Hr. D. Girtanner über die Reizbarkeit organiſcher Weſen zu Edinburgh an-ſtellte und der königl. Societät daſelbſt vorlegte, ſind fürdie Phythologie nicht weniger wichtig, als für die Zoo-tomie. Die ſichere Hofnung, die wir haben eine neuePhyſiologie der Pflanzen aus der Feder dieſes philoſophi-ſchen Naturforſchers zu erhalten, iſt um ſo angenehmer,da dieſer merkwürdige und unterhaltende Theil der Bo-tanik noch ſo wenig bearbeitet iſt.
Die wunderſame Rettung des Lieutenant William Bligh,der in einem offenen, 23 Fuß langen Boote von Tofoa bis Timor, 1200 leagues weit, ſeegelte — iſt in mehreren |187| Blättern bereits angezeigt. Die Narrative of the mutiny on board his Majeſty’s Ship Bounty, welche hier ſo ebenerſcheint, giebt eine ausführliche Nachricht davon, ausder folgendes den deutſchen Botanikern nicht unintereſ-ſant ſeyn kann. — Die Bounty wurde ausgeſchickt umBrodbäume in der Südſee zu ſammeln und ſie nach Weſt-indien zu bringen. Nie ſchien eine wohlthätige Abſichtglücklicher erfüllt zu werden als dieſe. Mr. Bligh, alser am 4ten April 1789. von Otaheite abſeegelte, hatte 1015Brodbäume, die er mit dem Botaniſten David Nelſon in23 Wochen geſammlet, am Borde. Die meiſten davonwaren blühend und verſprachen die ſicherſte Erhaltung —Nur die gleich darauf ausbrechende Empörung konnte dieſeſüßen Hoffnungen zerſtöhren. Das Schif mit allen ſeinenSchätzen gieng für England verloren. Der Botaniſt DavidNelſon erreichte im offenen Boote die Inſel Timor, aberein inflammatoriſches Fieber koſtete ihm wenige Tage nachſeiner Rettung das Leben. Er ſtarb den 20ten Jul. 1789,da er den Lohn für ſo viele erduldete Leiden zu erndtenhofte. Er hatte vor dieſer mislungenen Expedition dieReiſe um die Welt auf die ihn Sir Joſeph Banks aus-ſchickte, mitgemacht. Eifer für die Erfüllung ſeiner Pflich-ten, Standhaftigkeit in Gefahren und jegliche Tugend desgeſelligen Lebens ſchmückten ſeinen Character und laſſenſeinen Verluſt tiefer empfinden — Sein Leichnam wurdeam 21 Jul. hinter der Capelle zu Cupang beerdigt. DerHolländiſche Gouverneur und die ganze engliſche Mann-ſchaft folgten der Beſtattung. Ein Leichenſtein für Nelſons Grab war nicht zu finden. — Wenn auch der Ort ver- |188| geſſen iſt, wo die heilige Aſche des Märtyrer’s ruht, ſohaben ſie ein bleibendes Denkmal doch in dem Mitge-fühle der Edlen!

H — t.