Digitale Ausgabe – Übersetzung

Entdeckung einer Platinlagerstätte in Kolumbien – Bedeutung dieser Entdeckung für das Handwerk. – Gold- und Platinlager im Uralgebirge in Rußland

Herr von Humboldt hat das Wort für eine mündliche Mitteilung. Das berühmte Mitglied der Akademie gibt bekannt, daß Herr Boussingault,1 der französische Chemiker, kürzlich in Antioquia, Departamento de Cundinamarca (Kolumbien), eine Lagerstätte von Platin entdeckt hat. Bisher war dieses kostbare und für das Handwerk so bedeutende Metall nur im Uralgebirge in Rußland, in Brasilien und in den Provinzen Chocó und Barbacoas an den Küsten der Südsee gefunden worden, jedoch stets im angeschwemmten Land, wo man daher nur zufällig darauf stieß. Da dieser Umstand die Entdeckung von Herrn Boussingault besonders interessant macht, ist Herrn von Humboldt sehr daran gelegen, den Beweis dafür zu erbringen. Er weist darauf hin, daß man in allen Gesteinsmassen, in denen bisher Platin entdeckt wurde, in großer Tiefe sehr gut konservierte Baumstämme gefunden hat. Daher ist nicht zu vermuten, daß man in diesem Fall, wie es bisweilen geschehen ist, wirkliches an Ort und Stelle zersetztes Gestein für angeschwemmtes Land gehalten hat. Bei dem Platin, welches Herr Boussingault in der Provinz Antioquia gefunden hat, besteht kein Zweifel: Dieses Metall existiert dort im Bärental (valle de Osos) tatsächlich auf Gängen, und man braucht nur die Materie, die diese Gänge enthalten, zu zermahlen, um das darin eingeschlossene Gold und Platin herauswaschen zu können. Herr von Humboldt hat die Gebiete, in denen Herr Boussingault Platin und Gold gefunden hat, nicht selbst besucht. Aber nach seiner Erfahrung gehören fast alle goldführenden Gebirgsarten Amerikas der Diorit- und Syenitformation an, und in einer solchen Formation hat Herr Boussingault auch das mit Gold vermengte Platin gefunden. Das Bärental, in dem das Platin auf Gängen anzutreffen ist, liegt sehr nahe bei der Provinz Chocó, von der es nur ein Zweig der Kordillere der Anden trennt; dieser Umstand erklärt das Vorkommen des gleichen Metalls im angeschwemmten Land des Bärentals. Herr von Humboldt teilt ebenfalls mit, daß man kürzlich im Uralgebirge (Gouvernement Perm) Platinlager gefunden hat. Diese Lager sind so reich, daß behauptet wird, sie hätten in Sankt Petersburg den Platinpreis um nahezu ein Drittel gesenkt: Es besteht also die berechtigte Hoffnung, daß der Preis dieses wertvollen Metalls bald nicht mehr so hoch sein wird wie bisher. 1824 hat das Gold- und Platingebiet des Ural 286 Pud erbracht. Das entspricht 5.700 Kilogramm Metall oder einem Wert von 19 Millionen 500 Tausend Francs. Alle Gruben im ganzen übrigen Europa produzieren zusammen jährlich nur 1.300 Kilogramm. Die Gruben Chiles liefern nur 3.000 und die in ganz Kolumbien nur 5.000. Der Ural liefert heute so viel Gold wie Brasilien zu der Zeit, als seine Gruben am ertragreichsten waren. Deren höchste Ausbeute im Zeitraum eines Jahres war 6.000 Kilogramm Gold im Jahr 1755. Heute liefert Brasilien nicht einmal 1.000 Kilogramm. Der Gedanke liegt nahe, daß der erstaunliche Anstieg des Ertrags der Gruben im Ural bedeutende Auswirkungen sowohl auf den Wohlstand Rußlands als auch auf den Realwert des Goldes haben könnte. Man wird seine Meinung allerdings bald ändern, wenn man beachtet, daß die derzeit über die ganze Erde verteilte Menge dieses Metalls so beträchtlich ist, daß ein Wert von 18 Millionen in Wirklichkeit völlig unbedeutend ist; und daß die Verringerung der Erträge fast aller Gruben der Neuen Welt im übrigen genügen würde, um diesen Zuwachs auszugleichen. Im Verhältnis zum außerordentlichen Reichtum Rußlands ist also eine Steigerung um 18 Millionen für einen so riesigen Staat sehr wenig, vor allem, wenn man von dieser Summe nahezu ein Drittel an Kosten für die Produktion abziehen muß. Im übrigen schwankt nichts so sehr wie der Ertrag von Gruben; diejenigen Mexikos förderten im Jahr 1700 nur 6 Millionen Piaster an Gold und Silber, 1809 waren es 25 Millionen; von diesem ungeheuren Zuwachs hatte man in Europa, wo er keinerlei spürbare Wirkung gehabt hatte, nichts gewußt, als Herr von Humboldt ihn wesentlich später bekannt machte. Seither hält sich der Ertrag in Mexiko ungefähr bei 18 Millionen Piastern, ohne daß sich dadurch der Preis der Waren irgendwo verändert hätte. Mit Platin verhält es sich ganz anders. Da die Menge dieses Metalls, das erst seit kurzem abgebaut wird, noch sehr gering ist, könnte eine Zunahme des Ertrags der Platingruben leicht zu einem viel niedrigeren Preis führen. Dieser Umstand wäre, das sei wiederholt, von größtem Nutzen für das Handwerk.