Aus dem Spanischen zusammengefaßt und mit Anmerkungen versehen von Don Francisco Josef de Caldas, Direktor des Observatorio astronómico de Santafé de Bogotá, Mitglied der Botanischen Expedition und Professor für Mathematik am Colegio R. M. de N. S. del Rosario in dieser Stadt.Zu Santafé de Bogotá, Hauptstadt von Cundinamarca. In der Patriotischen Druckerei von Nicolas Calvo y Quixano. Im Jahre 1811.HINWEISIn der Nummer 4 der Zeitschrift El Español , die in London erscheint, haben wir einen Auszug aus der Statistik Mexikos von dem berühmten Humboldt gefunden. Dieser Artikel schien uns beim gegenwärtigen Zustand Amerikas so interessant zu sein, daß wir uns entschlossen haben, ihn in unseren Semanario aufzunehmen. Der Stil des Autors ist weitschweifig, und wir haben seinen Text zusammengefaßt, ohne jedoch irgendeinen der Gedanken wegzulassen. So kann er sehr gut als eine der Abhandlungen unserer Zeitschrift erscheinen. Wir haben noch einige Anmerkungen hinzugefügt, und an den Stellen, wo der Autor Meter und Sterling angab, die Maße in Ellen und die Geldbeträge in harte Pesos umgerechnet. Wir hoffen, unsere Abonnenten lesen mit Freude vom Zustand der Bevölkerung, von den Einkünften, den Bergwerken, dem Handwerk und den Wissenschaften … im wohlhabenden und riesigen Reich Mexiko. Es geht uns nicht darum, unsere Leser nur zu beeindrucken, unser Ziel ist, ein amerikanisches Vorbild darzustellen, damit wir uns bemühen, all die Mittel einzusetzen, die Neu-Spanien jenen üppigen Wohlstand gebracht haben, in dem wir es heute sehen.Statistik von Mexiko(Auszug Nr. 1)Die Geschichte Amerikas von Robertson enthält nur spärliche Informationen über die spanischen Kolonien. Dieser ausgezeichnete Historiker scheute keine Mühe, sein Werk so vollständig wie möglich auszuarbeiten. Doch der undurchdringliche Madrider Hof verweigerte ihm sowohl jegliche Aufklärung als auch den Zugang zu seinen umfangreichen Archiven. Die gedruckten Werke von Ulloa, Bouguer und von La Condamine hingegen waren sehr oberflächlich; die Jesuiten in Paraguay und Kalifornien schrieben nichts über Peru, Mexiko und Neu-Granada; Bucaniers ist zweifelhaft, Gage und Carrier sind nicht vertrauenswürdig; Chappe und Pages sind dürftig und Villa-Señor ist ungenau. Frezier und Ulloa haben etwas mehr über Peru und Neu-Granada gesagt, aber all das war veraltet und entsprach kaum dem gegenwärtigen Zustand dieser Länder. Die Compañia de Caracas hat uns nur mitgeteilt, daß dieser Boden für Kakao fruchtbar sei: Uritariz und Campomanes verfaßten einige Artikel über Amerika, doch entweder wußten sie nichts über die interne Situation dieser Gebiete, oder sie schwiegen aus politischen Gründen.Vor dreißig Jahren begann das verschwiegene und mißtrauische Madrider Kabinett, sein Verhalten in Bezug auf alles, was seine Besitztümer in Amerika betrifft, zu ändern. Obwohl es Raynal verbot, ließ es das Werk von Molina übersetzen und drucken. Der Mercurio Peruano machte weiter, bis seine Autoren ihn verließen. Obwohl Estala viel über Bergbau, Handel, Einkünfte etc. in den Kolonien schrieb, gestattete man ihm, seinen Viagero Universal zu publizieren. Damit nicht zufrieden, vollzog der Hof eine vollständige Wende und gefiel sich darin, der Welt die Geheimnisse seiner alten, finsteren Politik zu enthüllen. Er rüstete Schwadronen aus, um die Küsten seines riesigen Reiches zu erforschen, und veröffentlichte die Ergebnisse rückhaltlos. Er vergaß sein Mißtrauen gegenüber Fremden, gestattete den Amerikanern und anderen Schiffen unter neutraler Flagge, seine Häfen anzusteuern, und die Flüchtlinge aus Santo Domingo wurden in Caracas und auf Kuba freundlich aufgenommen. Sogar die Reisenden, deren einziges Ziel es war, die Geographie zu erkunden und die politischen und statistischen Quellen dieser Länder zu erschließen, machten sich diese Wißbegier zu eigen. Zu diesen gehörte Friedrich Alexander Baron von Humboldt, ein preußischer Adliger, in gelehrten Kreisen sehr berühmt. Die Statistik von Mexiko, das Ergebnis seines Aufenthaltes und seiner Beobachtungen in diesem wohlhabenden Reich, liegt uns hier vor und wurde von uns zusammengefaßt. Obwohl noch nicht vollständig, enthalten diese Mitteilungen so viel Interessantes, daß wir uns verpflichtet fühlen, sie schon jetzt der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.Humboldt begann seine Expedition nach Amerika im Jahre 1799, beendete sie 1804 und verbrachte mehr als ein Jahr dieser Zeit in Mexiko. Das Werk, über das wir sprechen, besteht aus sechs Teilen: 1. Allgemeine Beobachtungen über die Ausdehnung und die physische Beschaffenheit von Neu-Spanien, 2. Die Bevölkerung und die Einteilung nach Rassen, 3. Statistische Übersicht über seine Intendencias [Verwaltungsbezirke] und das Verhältnis zwischen Bevölkerung und Flächenumfang, 4. Landwirtschaft und Bergbau, 5. Handel und Manufakturen, 6. Einkünfte und militärische Verteidigung. Die letzten drei sind jedoch noch nicht veröffentlicht.Das gegenwärtige schnelle Wachstum des mexikanischen Reiches ist erstaunlich. Herr Humboldt kannte das Bevölkerungswachstum in diesem Land aus Tauf- und Sterberegistern, die ihm der Erzbischof von Mexiko zur Verfügung gestellt hatte. Er ermittelte, daß im gesamten Reich die Zahl der Geburten zu denen der Sterbefälle in einem Verhältnis von 170 zu 100 stand. In höher gelegenen Regionen steigt das Verhältnis sogar auf 253 zu 100 an, und in Panuco und an der Küste des Atlantischen Ozeans sinkt der Wert auf 123 zu 100. Dieser Unterschied rührt von der gesunden Luft in den höher gelegenen Regionen Neu-Spaniens her, im Vergleich zu den niedrigen sumpfigen Küstengebieten. Die Gesundheit in einem tropischen Land hängt mehr von der Trockenheit der Luft ab als von irgendeinem anderen spürbaren Faktor.1 Die heißen Provinzen Cumaná und Caracas beweisen, daß große Hitze menschlichem Leben nicht entgegensteht, denn in heißen und trockenen Ländern erreichen die Menschen ein sehr hohes Lebensalter. Im Jahre 1802 verstarb in Lima ein Indianer im Alter von 147 Jahren; er war mit einer Frau verheiratet, die 117 Jahre alt wurde. Bis zum Alter von 130 Jahren lief der Mann täglich drei oder vier Meilen; in den letzten zwölf Jahren war er erblindet.In den hochgelegenen Gebieten Mexikos herrschen eine angenehme Temperatur (zwischen 13 und 14 Grad auf dem hundertteiligen Thermometer) und ein trockenes und gesundes Klima. Es stimmt, daß die Temperatur im Winter gelegentlich auf Null sinkt, aber mitten im Sommer steigen die Temperaturen nie über 24. Im Gegensatz dazu beträgt die mittlere Temperatur an den Küsten das ganze Jahr zwischen 25 und 26 Grad auf dem gleichen Thermometer,2 wenn die Luft warm und feucht ist, wird das Klima ungesund. So ist es an den Küsten von Mexiko, von der Mündung des Río Albarado bis zum Río Tampico in der Ebene von Santander und von S. Blas bis nach Acapulco. Das Gleiche läßt sich von Neu-Barcelona bis nach Portocabello in der Provinz Caracas beobachten.Nach der Zählung, die der Vizekönig Revillagigedo 1793 in Mexiko durchführen ließ, betrug die Bevölkerungszahl Mexikos im gesamten Reich 4.483.539 Seelen. Doch dieselben Beauftragten, welche die Zählung vorgenommen hatten, erklärten, daß die Bevölkerungszahl dieses Vizekönigreichs etwa ein Sechstel höher liege als angegeben. Humboldt, der nur einen Fehler von einem Zehntel annahm, und der zum Bevölkerungswachstum die Hälfte dessen hinzufügte, was die Kirchenregister ergaben, nahm an, daß Mexiko im Jahr 1803 5.800.000 Seelen zählte, und hielt es für sehr wahrscheinlich, daß die Zahl schon 6 Millionen erreiche. Aus den Kirchenbüchern leitete er außerdem Folgendes ab: die gesamte Bevölkerung steht zu den Geburten in einem Verhältnis von 17 zu 1; zu den Sterbefällen wie 30 zu 1, die Geburten von Jungen und Mädchen verhalten sich wie 100 zu 97, fast ebenso wie in Frankreich. In Chile, sagt Malespina, ist das Verhältnis von Frauen zu Männern wie 2 zu 1.3Das Bevölkerungswachstum in Neu-Spanien geht mit Fortschritten in der Landwirtschaft einher. Dieses Land bietet den Augen des Reisenden, egal in welchen Teil er sich vorwagt, bestellte Felder, ländliche Ansiedlungen und Populationen, die entstehen, wachsen und prosperieren. In den letzten 24 Jahren haben sich die Abgaben des Zehnten verdoppelt. Das alles beweist, daß die Landwirtschaft ebenso schnell wächst wie die Bevölkerung.Die Alcabala, jene durch ihre Wiederholung erdrückende Abgabe, ist beträchtlich gestiegen. Von 1766 bis 1778 erbrachte sie 19.844.054 Pesos und von 1779 bis 1791 34.218.463 Pesos, was eine Differenz von 14.374.409 ausmacht.Der deutlichste Beweis dafür, wie sehr Neu-Spanien floriert, ist sein Straßenbau. Die königliche Straße von México nach Veracruz reichte im Jahr 1793 kaum bis nach Puebla und geht heute bis zum oben genannten Hafen. 1800 wurde eine weitere Straße gebaut, welche die Landenge von Tehuantepec durchquert und von Huasacualco bis zum Río Chimalapa reicht, um das Indigo von Guatemala nach Veracruz zu transportieren. Außer diesen beiden wurden noch weitere Wege im Inneren des Reiches gebaut.Die Erträge der Bergwerke von Neu-Spanien sind das, was in der alten und in der neuen Welt am meisten begehrt ist. In der Geschichte findet sich nichts Reicheres. Es ist ein Irrtum zu glauben, daß die Arbeit in den Bergwerken die Bevölkerungszahl verringere. Diese Arbeit ist in Neu-Spanien freiwillig, und man kann sie auch aufgeben, wenn man will. Zugleich ist die Zahl der Individuen, die diese mühevolle Arbeit auf sich nehmen, im Vergleich zur Gesamtbevölkerung sehr gering; in ganz Mexiko sind es nicht mehr als 30.000.Die Bergwerke von Neu-Spanien liegen sehr viel günstiger als jene von Peru. Während die Bergwerke von Potosí, Pasco, Chota … nahe an der Grenze des ewigen Schnees liegen, befinden sich die in Mexiko nicht höher als 2.200 oder 2.400 Ellen über dem Meeresspiegel. Sie sind von bestellten Feldern umgeben, von Städten und Dörfern, sie liegen sozusagen inmitten von Wohlstand und Bequemlichkeit. Man hat auch festgestellt, daß die Zahl der Todesfälle in den Bergbauländern die gleiche ist wie in Gegenden ohne Bergwerke. Humboldt hat ermittelt, daß sich zwischen 1797 und 1802 in Guanaxuato die Geburten zu den Todesfällen verhielten wie 201 zu 100.Der Nachteil des Betriebs von Bergwerken, über den viele Autoren geschrieben haben, besteht in der Vermehrung der Münzen und der Entwertung des Geldes. Doch dieser Nachteil wirkt sich in allen Industriezweigen aus, in allen Handwerken und bei allen landwirtschaftlichen Produkten. Die folgende Tabelle zeigt die in Mexiko geprägten Münzen; sie entstammt den Registern des Münzamtes.SilberGoldVon 1733 bis 1742 8.998.209 434.050Von 1743 bis 1752 11.566.030 455.109Von 1753 bis 1762 11.971.835 462.773Von 1763 bis 1771 11.777.909 761.553Von 1772 bis 1782 17.551.906 835.586Von 1783 bis 1792 19.491.309 644.040Im Jahr 1793 .......... 23.428.680 884.262Von 1795 bis 1804 21.084.787Es ist festzustellen, daß aus Mexiko allgemein sehr wenig Silber in Barren kommt. 1760 schickte man dem König 1.500.000 Pesos ungemünzt.Wenn die Arbeit in den Bergwerken und in der Landwirtschaft wächst, muß auch der Handel zunehmen. Obgleich dieser Teil von Humboldts Werk das Licht der Öffentlichkeit noch nicht erblickt hat, kann man schon sagen, daß zwischen 1766 und 1778 die Exporte von Veracruz aus nach Spanien durch Privatpersonen sich auf 104 Millionen, oder etwas weniger als 8 Millionen pro Jahr, beliefen. Von 1779 bis 1791 stiegen die Exporte auf 115.500.000 beziehungsweise um etwa 9 Millionen pro Jahr. Die Importe aus Spanien nach Veracruz umfaßten 1791, 1792 und 1793 mehr als 14 Millionen. Es steht außer Zweifel, daß Mexikos Handel in den letzten Jahren weiter gewachsen ist. Allein Veracruz exportiert 120.000 Quintale Zucker, obwohl man vor 20 Jahren dieses mexikanische Produkt noch nicht einmal kannte. Und wie wunderbar ist es zu wissen, daß die Kultur dieses Produkts nicht mit dem Blut und den Tränen unglücklicher Afrikaner erkauft ist! In Neu-Spanien gibt es nicht mehr als 6.000 Neger, und es kommen in diesem riesigen Reich jährlich nicht mehr als 100 Opfer der Sklaverei hinzu.Ein politischer Blick braucht keine statistischen Einzelheiten, um zu erkennen, wie schnell sich der Fortschritt in Neu-Spanien vollzieht. Es genügt, dieses Land gründlich in Augenschein zu nehmen. Die Ausdehnung seiner Landwirtschaft und seines Handwerks, das Wachstum seiner Städte und Dörfer, die Pracht seiner Hauptstadt, die wissenschaftlichen Einrichtungen, die Fortschritte in der öffentlichen Bildung und die Förderung der Wissenschaften sind unverkennbare Anzeichen seiner Prosperität. Seit 1769, als der Abbé Chappe sie besuchte, hat sich der Zustand der Stadt México erheblich verbessert. Ihre hervorragende Polizei, ihre Beleuchtung und das Straßenpflaster verdankt die Stadt dem Vizekönig Revillagigedo. Das Gebäude der Escuela de Minería [Schule für Bergbau] hat etwa 600.000 Pesos gekostet und würde auch den stolzesten Plätzen in London oder Paris alle Ehre machen. Wenn seine Schönheit den Geschmack seiner Gründer ehrt, so beweist seine Bestimmung ihr Urteilsvermögen. Das bronzene Reiterstandbild von Carlos IV. wiegt 450 Quintale und ist das Werk von Tolsa, einem mexikanischen Künstler. Die Großartigkeit dieses Werkes, die Schwierigkeiten und die Kunstfertigkeit seiner Ausführung werden diesem Amerikaner immer zur Ehre gereichen. Es steht auf einem Sockel aus Marmor und überragt alle Monumente dieser Art, die es in Europa gibt, wenn man von dem Standbild des Marc Aurel in Rom absieht. Keine Stadt in Amerika hat so große und so solide ausgestattete wissenschaftliche Einrichtungen. Die erhabenen Gebiete der Mathematik, der Physik, der Chemie, der Mineralogie und der Botanik werden von den Einwohnern aufs Glücklichste gepflegt, und so gibt es in vielen Städten in diesen Wissenschaften sehr gut ausgebildete Männer. Von den drei hervorragendsten Astronomen Neu-Spaniens hat Humboldt zwei, Velasquez und Gama, voll Hochachtung erwähnt. Und Alzate hat sich besonders ausgezeichnet durch den Impuls, den er der Forschung und Bildung gegeben hat. Als Humboldt den Saal der Academia de Pintura y Escultura [Akademie für Malerei und Bildhauerei] betrat, war er überrascht beim Anblick der Sammlung antiker Statuen, einer Sammlung, die, wie er bestätigt, dem überlegen ist, was man auf diesem Gebiet in Deutschland besitzt. Die Aufmerksamkeit, die man in Mexiko der Architektur und der Bildhauerei gewidmet hat, spiegelt sich in den modernen Gebäuden der Hauptstadt und der Provinzen wider. In der kleinen Stadt Xalapa fand Humboldt eine Zeichenschule, in der man armen Kindern kostenlosen Zeichenunterricht erteilte.Dieser Geist des Aufbruchs und des Fortschritts ist nicht auf das Gebiet Mexikos beschränkt. In unterschiedlicher Stärke hat er sich über alle Herrschaftsgebiete Spaniens auf diesem Kontinent ausgedehnt. Die Liebe zu den Wissenschaften und zur Literatur ist in allen großen Städten Amerikas entbrannt. Lima, Quito oder Santafé stehen México in nichts nach, was den Fortschritt der Bildung betrifft. Überall hat die Jugend den entschiedenen und energischen Wunsch nach Wissen und auch die Ausdauer, es zu erlangen.4 Es scheint, daß man sich in Lima und Quito mehr für Literatur und schöpferische Werke interessiert, während man sich in Méxiko und Santafé eher den exakten Wissenschaften widmet.Im Jahr 1774 hatte Kuba nur 171.628 Einwohner, 1804 war die Einwohnerzahl auf 432.000 gestiegen. 1792 exportierte es 400.000 Quintale Zucker, 1804 waren es 1.000.000 Quintale jährlich. Diese Steigerung, das muß man zugeben, verdankt das Land dem widerwärtigen Negerhandel. Die Zahl der in Kuba von 1789 bis 1803 Eingeführten belief sich auf 76.000 Seelen und erhöhte sich in den letzten Jahren auf 8.600 pro Jahr. Die Bevölkerung dieser Insel bestand 1804 aus 108.000 Sklaven und 324.000 Freien. Der Anteil der weißen Bevölkerung auf Kuba beträgt 54 von Hundert, gerechnet auf die Gesamtbevölkerung. In Caracas sind es 20, in Mexiko 19, in Peru 12 und in Jamaica 10.Die Einführung von Negern nach Amerika war dem spanischen System der Restriktion unterworfen. Man darf aber nicht glauben, daß diese Einschränkung irgend etwas mit Gerechtigkeit oder Humanität zu tun hatte. Man fürchtete schlicht, den eigenen Glauben in Gefahr zu bringen bei einer großen Zahl von Negern, mohammedanischen Götzenanbetern und Juden. Im 16. und 17. Jahrhundert war es in Spanien üblich, Privilegien für die Einführung von Negern in die Kolonien zu verkaufen. Den Verträgen entsprechend verpflichteten sich die Unternehmer, jedes Jahr an den Küsten Afrikas 5.000 Neger zu fangen. Diese Unternehmer, oder nennen wir sie lieber Räuber mit Genehmigung eines korrupten Hofes, mußten 3.500 Neger lebend nach Spanisch-Amerika bringen, das heißt, die Verluste unter diesen Opfern der Habgier betrugen 30 von 100. Mit dem Beginn des spanischen Erbfolgekrieges ging das Recht zur Zufuhr von Negern auf die Franzosen über und nach dem Frieden von Utrecht auf die Engländer. Ergebnis dieser skandalösen Transaktion war der Krieg von 1739. Danach besorgte Amerika sich bis 1788 Neger durch besondere Genehmigungen, denn während der unrühmlichen Regierungszeit von Carlos IV. begann man, die erteilten Privilegien für diesen menschenverachtenden Handel zu erneuern. Nach Buenos Aires brachte man zwischen 1792 und 1796 1.338 Neger, nach Chile 500 pro Jahr und nach Mexiko 100.Es scheint, daß die fortwährenden Kriege zwischen Spanien und England seit 1796 in Caracas den Fortschritt verzögert haben. Im Jahr 1804, schreibt Dispons, hatte die Provinz 500.000 Einwohner, während es 1787 nicht mehr als 333.000 gewesen waren.Das brutale und unterdrückende System, dem Spanien alle Einwohner von Río de la Plata unterwarf, indem es ihnen den Handel verbot, damit die Einwohner von Lima und die Monopolisten von Cadiz sich bereichern konnten, hat diese Regionen in Elend und in Rückständigkeit gehalten. Aber ab 1778, als der Hof diese Ungerechtigkeit anerkannte und ein Vizekönigreich in Buenos Aires einrichtete, änderten sich die Dinge. Die folgende Tabelle zeigt die Exporte zwischen 1793 und 1796.Exporte aus Río de la Plata1793 ...... 3.570.690 harte Pesos1794 ...... 5.564.7041795 ...... 4.782.3151796 ...... 5.058.982Summe... 18.976.691Jahresdurchschnitt... 4.744.173Zwischen 1748 und 1753 überstieg der Jahresdurchschnitt nie 1.677.250.An der Produktion der Münze von Potosí zeigt sich der rasche Anstieg in diesem Teil von Buenos Aires.Münze von PotosíGold SilberVon 1780 bis 1790 257.247 3.960.010 Pesos1791 .......... 257.526 4.365.1751801 .......... 481.278 7.700.448Chiles Bevölkerung wächst, Molina und Raynal zufolge, seit es seinen Handel um das Kap Horn abwickelt. D. Cosme Bueno gibt die Bevölkerungszahl für Chile mit 240.000 Seelen an: Malespina jedoch, der das Land 1790 besucht hat, glaubt, daß sie viel höher ist: schließlich wissen wir aus guten Quellen, daß Chile 720.000 Seelen erreicht, einschließlich der 70.000 unabhängigen Araukaner.Über Peru können wir nur das Wachstum des Handels bekanntgeben, wie es in verschiedenen Abschnitten des vorigen Jahrhunderts stattgefunden hat.Jährlicher Export nach Europa zwischen 1714 und 1739, während des Systems der Galeonen 2.125.000Von 1748 bis 1778, im System der Registerschiffe ... 4.260.479Von 1785 bis 1794, im System des Freihandels .. 6.686.884Über Neu-Granada wissen wir wenig, aber es gibt Gründe anzunehmen, daß es am allgemeinen Aufschwung teilgenommen hat. Estala berichtet über die Fortschritte in Cartagena und Guayaquil, und Humboldt ordnet die lateinamerikanischen Städte nach ihrer Bevölkerungszahl folgendermaßen: México, Guanaxuato, Havanna, Puebla, Lima, Quito, Santafé, Caracas. México hat 137.000 Einwohner, Guanaxuato 70.600, Puebla 67.800, Lima 54.000, Caracas 40.000. Des weiteren ergeben sich für Havanna 70.000, Quito und Santafé sollten zwischen 40.000 und 50.000 Seelen haben. Robertson gibt für Quito 60.000 an und Estala für Santafé 30.000. Die Wollmanufakturen von Quito sind seit der Einführung des Freihandelssystems heruntergekommen.Über Guatemala wissen wir lediglich, daß es das beste Indigo und den besten Kakao in Amerika produziert, daß es fruchtbar ist und dort Ackerbau betrieben wird.Man kann berechnen, daß Amerika derzeit etwa 13 und eine halbe Million Einwohner hat, und wenn man für die Philippinen etwa 1 und eine halbe Million annimmt, ergibt sich für die Gesamtheit der spanischen Kolonien eine Bevölkerung von 15 Millionen. Von ihnen sind 2 und eine halbe Million Weiße, 5 Millionen Mestizen, eine halbe Million Neger und sieben Millionen Indianer.Der Ertrag aus Edelmetallen in Amerika liegt nicht unter 36 Millionen. Humboldt gibt ihn mit 35 Millionen an, Brongniart mit 36.095.736 und Estala mit 38.200.000 Pesos; Helms zufolge könnte man diesen immensen Ertrag noch verdoppeln.Die Vorkommen von Quecksilber, das so wichtig ist, um die Metalle aus dem Gestein zu lösen, sind auf dem amerikanischen Kontinent unvorstellbar reich. In den Provinzen Coquimbo und Quillota in Chile gibt es Zinnober-Minen; dort wird aber nicht gefördert, denn der spanische Geist der Unterdrückung verbietet es streng. Neben der Mine von Guancavelica gibt es noch andere in Peru, und man hat auch in Mexiko viele entdeckt.5 Kupfer findet man allgemein überall in Amerika, und in Chile gibt es reiche Minen.Die Produkte, die Amerika nach Spanien schickt, sind: Kakao, Zucker, Indigo, Baumwolle, Leder, Talg, Pökelfleisch, Vikunja, Wolle, Pelze, Kupfer, Kaffee, Vanille, Mahagoni und andere Hölzer. Diese Waren haben einen Wert von etwa 25 oder 26 Millionen harten Pesos. Und so kann man die gesamte Einfuhr ausländischer Waren auf 61 oder 62 Millionen pro Jahr beziffern.Wir geben hier den Wert aller Waren an, welche die Kolonien zwischen 1786 und 1796 ins Mutterland geschickt haben.Jahre _ _ Harte Pesos1786............ 31.083.7641787............ 34.214.3281788............ 40.324.1961789............ 35.363.3681790............ 35.753.6251791............ 45.504.9841792............ 37.334.3161793............ 35.710.2731794............ 49.574.6271795............ 45.906.3711796............ 61.068.333Von Dezember 1801bis August 1804 .... 170.658.742Pro Jahr sind das ..... 68.267.497Auf drei Dingen beruht der gegenwärtige Wohlstand, den man in Amerika verzeichnet: 1. Der Freihandel. 2. Die Einrichtung der Intendencias. 3. Der niedrige Quecksilberpreis. Aber hat die spanische Regierung alle Übel beseitigt, womit sie diesen Kontinent unterdrückt hat? Zeigt die Abschaffung dieser enormen Ausbeutung nicht, daß es eine noch viel größere Schuld zu tilgen gibt? Die geringe Bevölkerung, das Elend und die Armseligkeit so vieler Dörfer, die Verrohung des Indianers, die allgemeine Ignoranz in den Wissenschaften, die Auslöschung der Künste, die Schwäche der Landwirtschaft, die Einschränkung des Handels, die Steuern, all die Hemmnisse, mit einem Wort, dieser Zustand von Schwäche und Verderben, in dem sich die Völker Amerikas befinden. Ist all dies nicht das Werk jener barbarischen, unterdrückenden, despotischen, besitzgierigen und korrupten Regierung?Wir haben festgestellt, daß der Freihandel eine der drei heilsamen Verfügungen war, welche die spanische Regierung trotz ihrer Barbarei erließ. Aber dieser Handelskodex atmet allenthalben noch jenen Geist der Restriktion, von dem die spanische Regierung immer gekennzeichnet war. Nur bestimmte Städte dürfen mit dem Mutterland Handel treiben: die anderen sind von diesem Recht ausgenommen, müssen sich selbst mit dem versorgen, was sie brauchen, und ihre Überschüsse in fremde Hände geben. An der unermeßlichen Küstenstrecke von Acapulco bis Guayaquil gibt es nicht einen Hafen, der mit Europa Handel treiben darf. Das ist der Grund dafür, daß all die fruchtbaren Provinzen, die dieser Küstenstreifen umschließt, in Untätigkeit leben, es kein Handwerk gibt und der Handel erlischt. Doch was uns am meisten gegen den spanischen Despotismus aufbringt, ist, daß die Früchte auf den Feldern verrotten und der unglückliche Amerikaner trotz all der Gaben der Natur arm ist und die Freuden und Annehmlichkeiten des Lebens nicht kennt. Peru und Chile haben jeweils nur zwei Häfen, und die Menschen, die weit entfernt von diesen privilegierten Orten wohnen, sind in Trägheit versunken und von Not betroffen. Und diese Restriktionen, diese despotischen Launen und diese asiatische Politik betreffen ganz Amerika. Wieviele fruchtbare Provinzen sind dazu verdammt, im Elend zu leben, weil der korrupte Madrider Hof ihnen verweigert, mit den Früchten ihres Fleißes Handel zu treiben! Spanien hat stets all jenen Regelungen, die für Amerika in irgendeiner Weise vorteilhaft waren, den Stempel seiner Barbarei und seines Despotismus aufgedrückt.Überall sind die Einwohner Amerikas in ihrem Handel durch niederdrückende Steuern behindert, sie sind umzingelt von Wachen mit Bajonetten, von Abkassierern, niederen Söldnern, welche die Untertanen unterdrücken, ohne den Staat reicher zu machen. Kaum zeigt eine Region Anzeichen von Gewerbefleiß, wird sie belästigt von einer Vielzahl von Eintreibern und Oberaufsehern, die ihr alle Substanz aussaugen und dem fleißigen Bewohner mehr als genug Grund geben, eine Tätigkeit zu bereuen, die ihm nur schädlich war.Die schwerste Last, die Amerika unter dem spanischen Joch zu tragen hatte, war das Verbot, mit allen Nationen der Welt Handel zu treiben, und der einer ganzen Welt auferlegte Zwang, sich aus den Fabriken Spaniens oder durch die Hände der Spanier zu versorgen. Kannte Spanien denn die Borniertheit, die Ignoranz, die Trägheit und die Schwäche seiner Fabrikanten? Welches Recht hatte diese stolze Nation, den Handel mit Amerika allein zu beanspruchen, mit dieser Nation ohne Kapital, ohne Industrie, ohne Maschinen und ohne Wissen? Spanien ist die letzte Nation der Welt, die von ihren Kolonien einen exklusiven Handel fordern dürfte.Diese Bevormundung, diese grausame Neigung, sich in alle Interessen seiner Untertanen einzumischen, unter dem Vorwand, sie so zum allgemeinen Wohl des Reiches zu führen, ist der verachtenswerteste Teil seiner Politik. Die bevorzugte Maxime seiner ignoranten Staatsmänner ist es, daß die Regierung das Gemeinwohl im Auge behalten müsse, vor allen privaten Interessen. Diese Maxime, so gerecht sie auch erscheinen mag, wurde immer auf die gefährlichste und zerstörerischste Weise angewandt. Täglich sehen wir, wie die Privatperson ruiniert wird, ohne daß es dem vielberufenen Gemeinwohl nützt. Parteiische Berichte, meistens eigennützig, trügerische Absichten, echter oder vermuteter Betrug, das sind die Mittel, mit denen die spanische Regierung ihre Gunst gewährt oder entzieht, Privilegien verleiht oder Fesseln anlegt, mit Geld unterstützt oder durch Steuern unterdrückt. All dies führt dazu, daß Vertrauen zerstört wird und die Handelsgeschäfte der Untertanen zunichte gemacht werden.(Wird fortgesetzt.)