Digitale Ausgabe – Transversalkommentar

Transversalkommentar 20

Das Wissen der Künste

Die Funktionen der Bilder in Humboldts Welt

Von Jugend an, seit der Zeit seiner zeichnerischen Ausbildung vor allem in der Botanik, aber auch in der Mechanik, ist Humboldt von der Unverzichtbarkeit der Bildkünste überzeugt. Mit ‚Bildkünsten‘ sind bei Humboldt alle auf visuelle Darstellung ausgerichteten Medien gemeint, d. h. nicht nur die Malerei, Bildhauerei, Architektur, sondern auch choreographische Künste oder Kartographie, Diagramme, geometrische oder anatomische, geognostische, botanische u. a. wissenschaftliche Illustrationen. Ferner bezieht er auch die (literarische) Sprache in die visuellen Künste ein: Wenn er „Naturgemälde“ nennt, was er in „Totaleindrücken“ von Landschaften literarisch entwickelt, dann ist dies dem Vertrauen in die visuelle Bildkraft der Sprache geschuldet. Sie geht weit über bloß rhetorische Formen der Bildlichkeit hinaus. Diese komprehensive Auffassung von Kunst lässt vermuten, dass sowohl die ästhetischen wie auch die epistemischen Funktionen der Bildkünste genutzt und theoretisch reflektiert werden. ‚Bilder‘ sind bei Humboldt nicht nur Objekte des ästhetischen Genusses und der emotionalen Differenzierung, sondern immer auch Wissensmedien. Dass Kunst um ihrer selbst willen hervorgebracht sein kann, diese Bestimmung der Kunst in der klassisch-romantischen Epoche, ist Humboldt recht gleichgültig. Für ihn sind die funktionalen Aspekte der Künste wichtiger. Es kommt ihm als Wissenschaftler wie Genießendem darauf an, welche Effekte die Künste aufgrund welcher Eigenschaften erzielen. Und diese Effekte sind zuerst die Erregung von Gefühlen, die Formen des Genusses, die kommunikative Vermittlung sensorischer Erfahrungen. Das ist bedeutsam für diejenigen, welche die Erfahrung des ‚Originals‘ nicht gemacht haben, es geht mithin um die ‚vermittelte Erfahrung‘. Humboldt zielt auf die Erweiterung nicht nur von kulturellen, sondern auch von epistemischen Horizonten. Zu diesem Zweck fordert er die präzise Darstellung von Details und Besonderheiten in Natur und Gesellschaft. Es wäre indes zu wenig, wenn man die Funktion der Bilder nur darin sehen würde, dass sie Wissen vermitteln – das wäre ihre illustrative Aufgabe. Vielmehr erzeugen Bilder auch Wissen, sie haben eine wissensgenerierende Funktion. Beide Seiten sind relevant. ‚Illustrationen‘ sind nicht nur die exoterische Seite eines Wissens, in dessen Besitz man schon vorgängig wäre. Illustrationen haben vielmehr eine distinkte und kommunikative Kraft. Erst wenn ein Wissen, wie Descartes sagt, ‚klar und distinkt‘ und damit auch kommunizierbar ist, wird Wissen zum Wissen. Das ist für die professionellen wissenschaftlichen Abbildungen im 16. und 17. Jahrhundert selbstverständlich. Und an diese Tradition schließt Humboldts Leidenschaft für Illustrationen an. Er musste nichts neu erfinden, sondern nur das künstlerische Niveau durch die Zusammenarbeit mit hochrangigen Zeichnern und Stechern seiner Zeit halten.

Bildformen des Wissens

Wissen heißt für die von Humboldt betriebenen Wissenschaften, dass sich ihre epistemische Praxis ober- oder unterhalb unserer sinnlichen Welt entwickelt. Ohne bildgebende Verfahren und Messinstrumentelassen sich die disziplinären wie interdisziplinären Aufgaben der Wissensproduktion nicht mehr bewältigen. Gerade in der Sphäre des Unsichtbaren entfaltet sich das moderne Wissen am dynamischsten.1 Gleichwohl benötigt auch dieses Wissen, das sich nicht mehr auf den Augenschein beschränkt, immer eine Adaptation an die sinnliche Welt des Menschen, damit es ‚Evidenz‘ gewinnt. Kurzum, es benötigt ‚einleuchtende‘ Enargeia (ἐνάργεια): ein ‚Vor-Augen-Stellen‘ von Sachverhalten oder Wissens- Ordnungen. Epistemische Objekte werden nicht nur über kognitive Verfahren konstruiert, sondern sie müssen immer auch für unseren Sinnesapparat und für die Sprache ‚zurechtgemacht‘ werden. Humboldts große Leistung besteht darin, diese Transformation des Unsinnlichen ins Augenscheinliche ‚ins Werk zu setzen‘ – für das gebildete Publikum und für die scientific community. Deren immer größere Spezialisierung, die Humboldt selbst vorantreibt,2 weckt das Bedürfnis nach inter- und transdisziplinärer Darstellung und Übersetzung des Wissens. Ebenso wächst der Bedarf an der Kommunität von Bildwelten, wie sie von den Einzelwissenschaften entwickelt werden. Darum schätzt Humboldt alle Bildmedien des Wissens. Zu ihnen zählt er, als Beginn der Entwicklung, das Mikro- und Teleskop, weil sie den Horizont des Sichtbaren erweitern und die Verwissenschaftlichung der Welt vorantreiben. Die Bildwelten des Wissens mobilisieren den Fortschritt. Man weiß oft nicht, was man sieht; aber man sieht auch nicht, was man weiß; und erst recht kann man nicht wissen, was man nie zu Gesicht bekommen hat. Gewiss gilt dies für die Astronomie wie für die deep biosphere, von deren Relevanz Humboldt überzeugt war. Und es gilt für die Anatomie, von der Pflanzenanatomie, die Humboldt perfekt beherrschte, bis zur Tier- und Menschenanatomie. Die Anatomie war eine so bedeutsame epistemologische Geste, weil sie die Grenzen des Sichtbaren, wahrlich mit dem Skalpell, überschritt und damit erst ermöglichte, was neuzeitliche Wissenschaft ausmacht: Zergliederung, Analyse. Damit revolutionierte sie die Medizin und die medizinische Anthropologie. Keinem Satz von Kant, den Humboldt kaum gelesen hatte – der ortsfeste und auf die kognitiven Vermögen des Subjekts konzentrierte Philosoph ist geradezu der Antityp zur migrierenden, welthaltigen Erfahrung der Humboldtian Science –, keinem Satz Kants also würde er mehr zustimmen als der Formel: „Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind“.3 Für Humboldt heißt dies, dass die Episteme nicht nur auf Experimentalregimen, Messreihen und Algorithmen, Abstraktionen und Prinzipien beruht. Sondern Wissen beruht ebenso auf handfester Körper- und J Sinnenpraxis, aber auch auf Sprache und Bild. Sie repräsentieren das Subjekt ebenso wie Sachverhalte. Sprache in den Wissenschaften meint bei Humboldt nicht nur das begriffliche System, das immer mehr in ein mathematisches Kalkül überführt werden würde. Sprache ist bei Humboldt ebenso allgemein wie besonders, ebenso begrifflich wie metaphorisch, ebenso logisch wie rhetorisch, ebenso objektiv wie subjektiv, ebenso Struktur wie anschauliche Evokation. Sprache schafft Bilder der Erfahrung, der Vorstellung und der Phantasie. Eben deswegen wird sie, als ein anderes Bildmedium, von Humboldt so geschätzt. Für ihn ist Sprache ein hervorragendes Medium von Wissen, wobei dem „gründlichen Studium specieller Disciplinen“ der Naturwissenschaften „ein höherer Standpunkt angewiesen werden kann, von dem aus alle Gebilde und Kräfte sich als ein, durch innere Regung belebtes Naturganzes offenbaren“.4

Formkraft und Bildvermögen

Dieses „belebte Naturganze“ ist zugleich Voraussetzung wie Ziel der Humboldtian Science. Sie gewinnt Evidenz erst durch die von Sprache und Bild verliehene Kraft zur synthetischen Veranschaulichung riesiger Datenmengen oder abstrakter Zusammenhänge. Beides ‚sieht‘ man nicht, und doch soll beides zum ‚Bild’ und zum ‚Ausdruck‘ werden. Aus keiner naturwissenschaftlichen Information geht hervor, was das Wissen um das „Naturganze“ sein könnte, um das es Humboldt zu tun ist und warum er zu den Gründern des naturphilosophischen Holismus gezählt werden kann. Die Naturwissenschaften dagegen bedürfen keiner besonderen Legitimation. Sie sind „allgemein anerkannt“ und können „längst schon jedes Lobes entbehren“. 5 Was ihnen jedoch mangelt, ist das Feld der universalen Wechselwirkungen, worin die Mannigfaltigkeit von Naturkräften und Natursegmenten zu einem selbstregulativen Netzwerk interagierender Faktoren synthetisiert wird. Und es mangelt an Genuss, an Erlebbarkeit, an dichter Erfahrung, also an den Erlebnisqualitäten von Natur. Beides zu realisieren, ist das Neue in Humboldts Wissenschaft. Erfahrung ist bei Humboldt nicht nur szientifische Empirie, sondern auch emotionales Erleben, das vom Genuss des Harmonischen bis zum Schrecken der Verwüstung reicht, also vom Schönen bis zum Erhabenen. In diesem Spannungsfeld agiert die widersprüchliche Totalität des Naturganzen ebenso physikalisch wie ästhetisch. Wenn dies in Bildkünsten, in Sprachbildern oder in der Natur selbst erfahrbar wird, dann ist jener „höhere Standpunkt“ gefunden. In diesem Konzept herrscht ein ästhetischer Maximalismus. Das Inkommensurable der Natur ist das, was nicht durch „Zahl, Maß und Gewicht“ (vgl. Sapientia Salomonis 11,20), also nicht in Algorithmen erfasst wird. Für Humboldt gewinnt es Bild und Gestalt durch die oft beschworene „Allbelebtheit der Natur“.6 Im „schaffenden Leben der Natur“,7 in der „allverbreitete[n] Fülle des Lebens“8 muss jene naturimmanente Formkraft wahrgenommen und empfunden werden: vis superba formae, die stolze Kraft der Form, wie es Goethe von Johannes Secundus übernimmt.9 Schiller spricht von „Formtrieb“ und meint damit ebenfalls einen natürlichen drive zur Form, den der Mensch mit allen Entitäten teilt.10 Man kann mit Aristoteles auch von der vis formativa oder der vis plastica naturae sprechen. Kant ist vorsichtiger. Er schreibt von einer „Technik der Natur“, die eine Entsprechung von Natur und subjektiver Urteilskraft voraussetzt.11 „Technik der Natur“ ist eine „unabsichtliche Technik (technica naturalis)“.12 Im teleologischen Urteil ermittelt Kant eine „Zweckmäßigkeit“ der Natur, die „als zur Analogie mit der Kunst gehörig“ erscheint.13 Kunst ist ein Analogon der Natur und umgekehrt. Natur ist aistheton, weil und indem sie zum Bild wird. So ist die Natur nicht allein ein Objekt des Verstandes, sondern auch, als Analogon des Kunstwerks, figürlich sprechend und wohltuend, also uns korrespondierend. Dies löst die positive Lust am Schönen der Natur aus, aber auch die negative Lust des Erhabenen und Schrecklichen. In der Formkraft also zeigt sich die natura naturans, die von Humboldt beschworene Allbelebtheit. Sie setzt sich im Bildvermögen und in der gestaltenden Technik des Menschen um, in den Figurationen der Kunst, in den Artefakten der Technik und in den „Ansichten der Natur“. Diese Formkraft ist der Kern der ästhetischen Erfahrung, die ins Bild drängt. Sie ist der Kern der Evidenz, die im Auge des Betrachters zur Gestalt wird – im äußeren Auge, das im Modus visueller Ästhetik arbeitet, und im inneren Auge, das seine Form in der „denkenden Betrachtung“, der Vorstellungskraft und der Phantasie findet.14

Die Zweckmäßigkeit der Natur für das ästhetische Urteil

Aus dieser Kooperation geht das ebenso ästhetische wie epistemische Wissen hervor: „So sind auch die verborgensten Räume der Schöpfung mit Leben erfüllt.“15 Das ist der Kern dessen, was Humboldt als ‚Kosmos‘, als geschmückte Ordnung bezeichnet. Es ist die ästhetische Lebendigkeit des Universums, die als „tableau physique“, als „physische Weltbeschreibung“ oder als „Naturgemälde“ Evidenz gewinnt.16 Indem er die vis formativa der Natur selbst zuschlägt und dennoch „den allbelebenden Hauch der Phantasie den edlen Werken bildender Künste“ nicht entzieht, stellt Humboldt, eine Verflechtung von Künsten, Wissenschaften und Natur selbst her.17 Diesen naturphilosophischen Annahmen Humboldts ist das positivistische 19. Jahrhundert nicht gefolgt. Mit „Naturgemälde“ ist nicht jene Zusammenschau gemeint, die nur die „Hauptresultate der Beobachtung“, „von der Phantasie entblößt“, resümiert und mithin „der reinen Objectivität wissenschaftlicher Naturbeschreibung“ angehört.18 Im zweiten Band des Kosmos, einem Werk, aus dem zahlreiche Passagen gleichsam als Miniatur-Essays separat veröffentlicht wurden,19 schildert Humboldt vielmehr „den Reflex der Natur auf die Einbildungskraft und das Gefühl, als Anregungsmittel zum Naturstudium durch begeisterte Schilderungen ferner Himmelsstriche und naturbeschreibende Poesie (einen Zweig der modernen Litteratur), durch veredelte Landschaft-Malerei, durch Anbau und contrastirende Gruppirung exotischer Pflanzenformen“.20 Die Evokation innerer Bilder von Flora, Fauna und Landschaften, woraus sich im Effekt der „denkenden Betrachtung“21 physiognomische Wissens-Landschaften bilden, ist voraussetzungsreich: Humboldt ist überzeugt, dass zwischen den Figurationen der Natur und dem Gemütsleben des Menschen eine Korrespondenz bestehe. Er nennt sie auch die „geheimnisvolle Analogie zwischen den Gemüthsbewegungen und den Erscheinungen der Sinnenwelt“.22 Kant würde hier von „Passung“ zwischen Natur und menschlichen Vermögen sprechen.23 Nur darum kann – und das gilt für Kant, Goethe oder Humboldt gleichermaßen – ein Natursegment sinnlich erlebt, emotional besetzt und semantisch bedeutsam werden. Es handelt sich dabei nicht um eine ontologische Zuschreibung, sondern um die Potentialität einer „Passung“ zwischen Seiendem und betrachtendem Menschen. Durchaus zeigen auch tote Felsformationen ‚Charaktere‘ und ‚Ausdruck‘. Diese Bildwerdung ist nach Humboldts Überzeugung uralt und universal, ein großer Bogen von den einfachsten bis zu den entwickelten Kulturen: „Ein dumpfes, schauervolles Gefühl von der Einheit der Naturgewalten, von dem geheimnißvollen Bande, welches das Sinnliche und Uebersinnliche verknüpft, ist allerdings […] selbst wilden Völkern eigen. Die Welt, die sich dem Menschen durch die Sinne offenbart, schmilzt, ihm selbst fast unbewußt, zusammen mit der Welt, welche er, inneren Anklängen folgend, als ein großes Wunderland, in seinem Busen aufbaut. Diese aber ist nicht der reine Abglanz von jener; denn so wenig auch noch das Aeußere von dem Inneren sich loszureißen vermag, so wirkt doch schon unaufhaltsam, bei den rohesten Völkern, die schaffende Phantasie und die symbolisirende Ahndung des Bedeutsamen in den Erscheinungen. Was bei einzelnen mehr begabten Individuen sich als Rudiment einer Naturphilosophie, gleichsam als eine Vernunft-Anschauung darstellt, ist bei ganzen Stämmen das Product instinctiver Empfänglichkeit. Auf diesem Wege, in der Tiefe und Lebendigkeit dumpfer Gefühle, liegt zugleich der erste Antrieb zum Cultus, die Heiligung der erhaltenden wie der zerstörenden Naturkräfte.“24 Phantasie, Symbole, Cultus schaffen eine bilderreiche Welt, die aufgrund ihres Verschmelzungs-Charakters keine Sonderung von Einbildungskraft, Anschauung, Verstand und Urteilskraft kennt. Sie unterscheidet nicht zwischen subjektiver und objektiver Welt. Humboldt sieht dies durchaus negativ. Er folgt nicht einer idealisierenden Verklärung der sogenannten Ursprünge und des Wilden; darin ist er ein Gegner Rousseaus. In der „ursprünglichen natürlichen Rohheit“ liegt kein Vorzug. Sie markiert vielmehr einen Zustand, der kulturell überschritten werden muss. So macht Humboldt die Bedingungen klar, an die eine in epistemischen Bildern differenzierte Natur-Totalität geknüpft ist: „Ein naher Umgang mit diesen sogenannten Naturmenschen lehrt nichts von dem, was die Liebe zum Wunderbaren von einer gewissen Ueberlegenheit roher Völker in der Kenntniß der Erdkräfte gefabelt hat. Allerdings steigt ein dumpfes, schauervolles Gefühl von der Einheit der Naturgewalten in dem Busen des Wilden auf: aber ein solches Gefühl hat nichts mit den Versuchen gemein den Zusammenhang der Erscheinungen unter Ideen zu fassen. Wahrhaft kosmische Ansichten sind erst Folge der Beobachtung und ideeller Combination, Folge eines lange dauernden Contacts der Menschheit mit der Außenwelt: auch sind sie nicht das Werk eines einzigen Volkes: sie sind die Frucht gegenseitiger Mittheilung; eines, wo nicht allgemeinen, doch großen Völkerverkehrs.“25 Es ist bei Humboldt keineswegs so, dass jedwedes bildhafte Denken Anerkennung findet, nur weil es als ursprünglich erscheint. Vielmehr müssen „ein frühes Ahnden und ein wirkliches Wissen scharf voneinander getrennt werden“.26 Zu den sozialen Voraussetzungen für ein wissenschaftliches Welt-Bild gehören nicht nur Experimental-Ordnungen, sondern auch Kommunikationsnetzwerke des Wissens. Auf höherer Ebene kann dann eine anfängliche Ahnung von Naturtotalität wieder in ihr Recht treten.

Fiktive Gemälde und ihre naturphilosophische Auslegung: „Die Lebenskraft oder der rhodische Genius“

„Nicht ein todtes Aggregat ist die Natur“, formuliert Humboldt im Kosmos.27 Das erinnert an seinen fünfzig Jahre zurückliegenden Brief an Schiller vom 6. August 1794, worin er gegen die „elenden Registratoren der Natur“ in den Wissenschaften polemisiert.28 Sie ähneln einem Kataster des Toten mehr als dass sie die Lebendigkeit allen Seins zum Bild werden lassen. Davon hebt Humboldt den romantischen Naturphilosophen Schelling ab, wenn er zustimmend aus dessen Schrift „Ueber das Verhältniß der bildenden Künste zu der Natur“ zitiert:29 die Natur sei „dem begeisterten Forscher […] die heilige, ewig schaffende Urkraft der Welt, die alle Dinge aus sich selbst erzeugt und werkthätig hervorbringt.“30 Nach Jahrzehnten empirischer Forschung positioniert sich Humboldt hier nahe der Schrift, mit der er sich 1795 einen Zugang zur gelehrten Welt in Jena und Weimar eröffnen wollte: In Schillers Zeitschrift Die Horen publizierte der 26jährige die naturphilosophische Etüde „Die Lebenskraft oder der rhodische Genius“.31 Ganz à la mode, nämlich im antiken, „halb mythischen Gewand“, wie Humboldt später sagt,32 erzählt er von zwei komplementären Gemälden, die zu verschiedener Zeit aus Rhodos in die griechische Kolonie Syrakus auf Sizilien gelangen. Ihre Provenienz ist unklar. Ursprünglich als Kultbilder im Tempel aufgestellt, sind sie für die Syrakuser nunmehr rätselhaft und ein Anlass für angestrengte Sinnentschlüsselung. Eine gewagte Konstruktion des jungen Humboldt, denn man weiß um 1800 wenig über griechische Malerei. Indes geht es auch nicht um historische Authentizität, sondern um ein Problem der Naturphilosophie, das Anknüpfungen an die Vorsokratiker aufweist: insofern ist die antike Gewandung vertretbar. Worum geht es? Um das seit 1600 bis zum Vitalismus und zur Romantik diskutierte Konzept der Lebenskraft. Wodurch wird eine Sache lebendig und wodurch erhält sie sich? Was heißt es, von res vivens zu reden?33 Auf dem ersten Gemälde strebt eine Gruppe kraftvoller Figuren beiderlei Geschlechts kummervoll und vergeblich danach, sich zu vereinigen. Daran werden sie von einem beherrschenden Genius gehindert. Auf dem zweiten Gemälde ist die (prometheische?) Fackel des Genius erloschen, der Schmetterling verschwunden – kraftlos sind die beiden Attribute der Vitalkraft. Der vormals schwebende Genius ist erschöpft. „[D]er Kreis der Jünglinge und Mädchen“ indes „stürzte in mannigfachen Umarmungen gleichsam über ihm zusammen“: ein „Zustand wilder Entfesselung, die Befriedigung lang genährter Sehnsucht“.34 Ein Naturphilosoph, der den Kräften des Lebens und den Gesetzen des Mikro- wie Makrokosmos nachforscht, enträtselt den allegorischen Sinn der Bilder. Im ersten Gemälde organisiert die Lebenskraft (der Genius) die polaren Strebungen der Materie, so dass eine beherrschte Organisation entsteht. Das zweite Gemälde schildert den Tod als Verlöschen der vitalen Einheit, die nunmehr in ein Chaos antagonistischer Kräfte zerfällt: ein Exzess der entfesselten Triebkräfte von Attraktion und Repulsion, durch die, bei Empedokles und den Atomisten, die Dynamik der Materie und aller Lebewesen charakterisiert wird. Humboldt versucht sich hier an dem um 1800 verbreiteten Genre der Gemäldebeschreibung, von realen oder auch von fiktiven Werken.35 Davon versteht er kaum mehr als das, was er im Zeichenunterricht gelernt hat, will sagen: er schildert das disegno, die Szene. Worte sollen Bildevidenz gewinnen: Szenographie. Das Bild soll ebenso lesbar wie rätselhaft, es soll ein Faszinosum sein. Damit werden das Enigma der Kunst und die Bild-Hermeneutik betont. Das zweite Gemälde ist kein Bildkommentar des ersten. Sondern es verstärkt den Rätselcharakter. Dem entspricht, dass das Rätsel des res vivens und der Lebenskraft zwar vieldiskutiert, aber ungelöst ist. Nun tritt die autoritative Interpretation des Weisheitslehrers auf, der vorgibt, das Geheimnis der Bilder und damit der Lebenskraft habe sich ihm enthüllt. Das aber ist Schein: denn, genau betrachtet, gehen die allegorischen Gleichungen nicht auf. Die Deutung des Epicharmus, der nach Verkündung seiner Exegese stirbt, tritt zwar als das große Finale auf. Doch sie ist nur eine Collage aus Elementen der vorsokratischen Naturphilosophie (oder was man sich um 1800 darunter vorstellte). Erfundenen Gemälden wird eine erfundene Philosophie beigesellt. Beides aber ist – wie das allegorische Verfahren – arbiträr. Ohne Absicht zeigt Humboldt im Verhältnis von Bild-Allegorie und ikonologischer Deutung, dass das Problem der Lebenskraft ungelöst bleibt. So zeigt sich bereits hier, was Humboldt in seinen späteren Zusätzen erläutert: nämlich dass er das Konzept einer Lebenskraft aufgegeben habe.36 Im 19. Jahrhundert gilt ‚Lebenskraft‘ dann als ein Mystizismus der romantischen Naturphilosophie. Die fiktiven Gemälde bleiben opak und sprechend zugleich, sie verhüllen durch antikisierende Camouflage, was ein modernes Problem ist, das Humboldt bis ins Alter bewegt: die Frage nach dem Zusammenhang der vielfältigen Natur, die unter dem Leitbild eines organisierten Ganzen stehen soll. Dabei zeigt sich eine eigenartige Persistenz der Bilder: während das, was sie als allegorisches Wissen transportieren sollen, von Humboldt aufgegeben wird, sehen wir doch, dass die elementare Faszination durch die lebendige Natur der unverwüstliche Antrieb dieses Gelehrten bleibt. Er bewahrt eine eigentümliche Treue zu den Überzeugungen der 1790er Jahre.

Monumente von Kultur und Natur in Bild und Text

In der Schrift „Ueber die Urvölker von Amerika, und die Denkmäler welche von ihnen übrig geblieben sind“ (1806), einer Vorarbeit für die Vues des Cordillères et monumens des peuples indigènes de l’Amérique (1810–1813), macht Humboldt eine interessante Beobachtung: überall dort, wo dichte Besiedlungen und architektonische Zeugnisse ins Auge fallen, rücken die Völker und ihre Kulturgeschichte in die Aufmerksamkeit. So entstehen Geschichtsschreibung(wenn die Kulturen schriftliche Dokumente hinterlassen haben), Kulturanthropologie(wenn es sich um schriftlose Stammeskulturen handelt), sowie Archäologie und Kunstgeschichte (insofern Monumente oder Ruinen Aufschlüsse über Religion, Sitten, Herrschaftsformen, Lebenswelten geben).37 Dort aber, wo der Reisende nur gelegentlich auf verstreute, schriftlose Ethnien, dafür um so intensiver auf eine überwältigende Natur stößt, rücken naturbeschreibende Verfahren in den Mittelpunkt. Die These, dass dort, wo Natur dominiert, die Kulturgeschichte nur kursorisch aufmerken lässt, während dort, wo Kultur dominiert, die Geschichtsschreibung blüht, bestätigt Humboldt durch global gestreute Vergleiche. Überhaupt ist die Komparatistik bei Humboldt ein Verfahren, über Analogie und Differenz, Verwandtschaft und Fremdheit, Kontrast und Kontinuität die Besonderheit eines Natursegments oder Kultursektors vor Augen zu stellen, also ‚sprechendes Bild‘ werden zu lassen. Es spricht für die Selbstreflexion des Forschers, wenn er das mal kulturelle, mal natürliche Milieu seiner Erfahrungen zu den Bedingungen der Episteme zählt. In den Tagebüchern, der Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents (deutsch 1859/1860) oder in den Ansichten der Natur (zuerst 1808) prävalieren die Phänomene der Natur. So nehmen die Naturschilderungen sowie Erkundungen, Messungen und Analysen ausgewählter Naturobjekte den größten Teil der Schilderungen und Abbildungen ein. Doch sobald Humboldt im Urwald auf Ruinen, Felsbilder, architektonische Relikte oder in Ansiedlungen und Städten auf charakteristische Sozialverhältnisse, Gebräuche, ökonomische Mechanismen, politische und religiöse Herrschaftsformen etc. stößt, wird sogleich der kritische Kulturhistoriker wach. Das drückt sich auch in den Schriften aus, insbesondere zu den vorkolumbianischen Altertümern, und natürlich in den ethnologisch und ökonomisch orientierten Werken über Mexiko (1808–1811) und Kuba (1826). Am ausgewogensten in den Anteilen kulturgeschichtlicher und naturkundlicher Passagen, ausgewogen aber auch im Verhältnis von Schrift und Bild ist das Werk Vues des Cordillères et monumens des peuples indigènes de l’Amérique, dessen illustrierte Essays ihrerseits in zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht wurden.38 Humboldt zeigt sich dabei auch als versierter Archäologe und Ethnograph. Problematisch ist hier wie anderswo zunächst ein eurozentrisches Überlegenheitsbewusstsein, wie man es auch im Aufsatz „Mexicanische Alterthümer“ (1835) findet.39 Indes ist es gerade die an Antike und Klassizismus geschulte Urteilskraft, die Humboldt die Integration exotischer (barbarischer) Kunstformen in die vergleichende Kunstgeschichte und Archäologie erlaubt. In diesem Rahmen ist Humboldt ein Vorläufer des Konzepts einer Weltkunst, welche Zeugnisse fremder Kulturen weder diskriminiert noch ausgrenzt. So heißt es – durchaus ambivalent: „Die bildende Kunst der Völker, die wir Barbaren nennen, kann nicht Anmuth und Schönheit darbieten. Ihr Studium wird nicht empfohlen, weil sie ein inneres höheres Leben in äußern Formen wiedergiebt. Die bildende Kunst, selbst bei den rohesten Nationen, gewährt ein Interesse anderer Art, ein historisches, das mit der Geschichte des Menschengeschlechts, seinen Verzweigungen, der allmäligen Entwickelung des Sinnes für Verhältniß und geometrische Formen, für wirkliche oder symbolisirende Nachbildung des Organischen, für Auffassung des Bedeutungsvollen und Edeln in der menschlichen Gestalt innigst zusammenhängt. Der Zweck eines solchen Studiums mag daher immer ein äußerer genannt werden, er umfasst nicht minder, was in ewigem, befruchtendem Wechselverkehr mit einander steht, den Cultus (das religiöse Leben der Völker) und das mehr oder minder glückliche Schaffen eigenthümlicher Kunstformen; die traditionelle Symbolik und das endliche Erwachen einer freien, aus der innern Empfindungsweise hervorgerufenen, plastischen Thätigkeit. In den Bildwerken der Azteken suchen wir nicht das Heitre und Erfreuliche, so wenig als in der Sculptur der süd- und ostasiatischen Völker, die an Civilisation den amerikanischen weit überlegen sind. Klein erschien von jeher der Erdraum, in dem das Erfreuliche, Edle, Ideale der Form herrschend war.“40 Man erkennt hier die an Winckelmann geschulte Idealisierung der antiken und europäischen Kunst, die den Maßstab der Kunst- und Architektur-Entwicklung der Welt darstellt. Zugleich bemerkt man den kultur-evolutionären Ansatz Herders, der die Integration noch der rohesten Denkmäler in die Kulturgeschichte erlaubt – auf der Grundlage einer Anerkennung des Fremdkulturellen.41 Damit beginnt die im Weltmaßstab vergleichende Kunstgeschichte und Archäologie sowie die Kulturkomparatistik. Sie beruhen bei Humboldt noch auf der Idee der Höherentwicklung. Sie verfängt sich zwar gelegentlich noch in den Widersprüchen des Eurozentrismus und des Entwicklungsmodells, nicht aber erliegt sie rassistischen Stereotypen oder den Aporien des Kulturrelativismus: So bekennt Humboldt vor den Philomatischen Gesellschaft in Berlin 1806, „daß mein diesmaliger Aufenthalt in Italien nicht wenig dazu beigetragen hat, mich zu diesen Untersuchungen zu veranlassen. Ich habe das seltene Glück genossen, innerhalb weniger als einem Jahre nicht bloß die kolossalen Vulkane der Andenkette mit den feuerspeienden Hügeln Europens, sondern auch die kolossalen und vollendeten Denkmähler Römischer Kunst mit den rohen Ueberbleibseln der sich entwickelnden Mexikanischen Kultur vergleichen zu können. Diese Vergleichung entfernter Länder und entfernter Zeitepochen menschlicher Bildung, dieser Kontrast zwischen dem Beginnen der Kunst bei der sich ansiedelnden Menschheit und ihrer hohen Vollendung im goldenen Zeitalter der Griechen und Römer, hat Ideen in mir lebendig gemacht, die ich in den öffentlichen Sitzungen dieser Gesellschaft fragmentarisch zu entwickeln versuchen werde.“42 Klar formuliert Humboldt nicht nur das Privileg, auf zwei Kontinenten Erfahrungen gemacht zu haben. An wenigen Beispielen von Natur- bzw. Kulturdenkmälern des Kordilleren-Buches, die großenteils auch unabhängig erschienen, soll die Valenz der Kupferstiche im Verhältnis zu den schriftlichen Erläuterungen demonstriert werden. 1813 beendete Humboldt die Vues des Cordillères et monumens des peuples indigènes de l’Amérique. Er schreibt über sein Werk an Goethe am 2. Januar 1810: „Natur und Kunst sind in meinem Werke eng verschwistert.“43 Gegenüber den bildlosen Ansichten der Natur von 1808 treten hier sorgfältige Kupferstiche hinzu. Oliver Lubrich und Ottmar Ette sprechen von „Ikonotexten“, einem hybriden Mobile, von unsteten Rhythmen, von multidimensionalen, vielstimmigen und multimedialen Verfahren.44 Das Pittoreske als Stilform entsprach der ästhetischen Schätzung des Wilden und Archaischen. Es wurde rasch auch zur bevorzugten Ästhetik des einsetzenden Alpentourismus. Die Abbildungen der Ansichten der Kordilleren entsprechen im Stil den Reise-Veduten des 18. Jahrhunderts. Nicht nur Landschaften, auch Monumente der alten Kulturen Südamerikas werden abgebildet: architektonische Reste, künstlerische Objekte, Basreliefs, der berühmte aztekische Kalenderstein, sogenannte Hieroglyphen-Gemälde. Vor allem integriert Humboldt auch vorkolumbianische Bilder-Codices, die er in Archiven des Vatikan oder in der Dresdner, Wiener und Berliner Bibliothek studierte. Diese Monumente verwandelt er in „Zeugnisse“, die den hohen Rang der indigenen Kulturen belegen. Wichtig ist, dass Humboldt die vorkolumbianische Kultur unter die Formel setzt: ‚alte Zivilisation des Menschengeschlechts in Amerika‘. Damit werden die indigenen Völker dem aufklärerischen Konzept der Universalgeschichte subsumiert. Darin drückt sich die kolonialismuskritische Haltung Humboldts aus. Er lehnt letztlich jede Abwertung indigener Völker aus einem Superioritätsanspruch heraus ab, ebenso wie deren Subsumtion unter ‚Natur‘. Damit werden die Völker in eine barbarische Natur ein- und aus der Geschichte ausgeschlossen. Im Gegenteil will Humboldt zeigen, dass die vorkolumbianischen Kulturen eine eigene Geschichtlichkeit aufweisen und diese in Mythen, Bilderschriften und Kalenderordnungen dokumentierten. Indigene Völker gehören in den Kreis der Weltkulturen. Zu Beginn bespricht Humboldt die „Büste einer Priesterin“ in Mexico (Stecher: Massard).45 Diese Büste stellt ein Paradigma für die künstlerischen „Gemeinsamkeiten zwischen den Völkern des neuen und des alten Kontinents dar“.46 Sie entstamme dem „Kindheitszustand der Kunst“:47 im 18. Jahrhundert ein Topos der evolutionär verstandenen Kunst- und Weltgeschichte. Humboldt nimmt eine archaische Phase der Kunstentwicklung an, welche die verschiedenen Antiken als Provinzen einer Weltkultur erscheinen lässt.
Abb. 1: „Ponts naturels d’Icononzo“ aus den Vues des Cordillères [Bildnachweis]
Die „Natürlichen Brücken von Icononzo“ sind Naturbrücken über einer wild-erhabenen Schlucht (Entwurf: Humboldt; Stecher: W. F. Gmelin). Sie bezeugen eine Kunst, die der Natur immanent ist: Im Zusammenfall von Steinen, die zufällig sich gegenseitig halten und zum Bogen fügen, präsentiert der Stich das Werk einer Natur, welche die Baukunst präformiert: ludus naturae. „Drei ungeheure Felsbrocken sind solcherart herabgefallen, daß sie sich gegenseitig stützen: Der mittlere bildet den Schlußstein des Gewölbes, ein Zufall, der den Eingeborenen die Idee des Bogenbaus hätte eingeben können…“ Humboldt erinnert sich an einen „analogen Zufall“, einen „Unfall im römischen Kolosseum“, „wo man in einer halb eingestürzten Mauer mehrere Steine sieht, die in ihrem Fall aufgehalten wurden, indem sie zufällig einen Bogen bildeten.“48 In der Kombination von Zufall und Fall nähert sich Humboldt hier der Kleist’schen Ästhetik.49 Die Vedute in extremer Untersicht pointiert den erhabenen Eindruck, verstärkt noch durch die Winzigkeit der Staffage-Figuren, wie sie in Prospekten des Erhabenen im 18. Jahrhundert üblich waren. Derart mit dem Ungeheuren konfrontiert, schafft Humboldt mittels Wissenschaft eine Beobachterdistanz. Geophysikalisch vermutet er ein Erdbeben als Ursache der Naturbrücken. Hier kommen Physik, Geognosie und Kunst so zusammen, dass dabei der alle Kultur fundierende Naturbegriff Humboldts evident wird. Welch ein Zufall, dass „die Natur“ zwei Brücken „gebildet“ hat. Die höhere besteht aus einem kompakten Bogen, der „als ununterbrochen fortbestehende Lage“ stehenblieb, als das weichere Umgebungsgestein durch das Erdbeben kollabierte und durch Wassererosion fortgebracht wurde. Ist die eine Brücke das Emblem eines stillgestellten Absturzes, so die andere das Emblem einer stabilen Struktur, die Katastrophen ‚übersteht‘. Als Geognost war Humboldt Anhänger des Vulkanismus, und damit der Katastrophen-Theorie, die er in den Anden verifiziert sah. Doch in den zerstörerischen Kräften der Natur entdeckt er zugleich dasjenige, was mitten im katastrophischen Geschehen Stabilitäten kreiert. Das ist Natur als Kunst, so wie umgekehrt Kunst Zerstörung voraussetzt. Dem Neptunisten Goethe führt er in den Naturbrücken Beispiele dafür vor, dass die Verschwisterung von Natur und Kunst auch dort möglich ist, wo Goethe es für unmöglich hielt: in der Katastrophe. Ja, ästhetische Überwältigung und wissenschaftliche Rationalität halten sich gegenseitig in einem ‚Gewölbebogen‘, der die Katastrophe in Form verwandelt.
Abb. 2: „Passage du Quindiu“ aus den Vues des Cordillères [Bildnachweis]
Dieser Szene folgt der Prospekt vom Quindío-Pass, ein „herrliches Schauspiel“, das an den „Anblick der Schweizer Alpen“ erinnert – „in weit imposanteren Dimensionen“ (Entwurf: Humboldt; Zeichnung: J. A. Koch; Stich: Chr. F. T. Duttenhofer). Die Schweizer Alpen gelten seit Albrecht von Haller als der Raum einer Freiheit, die im Milieu von Gebirgen ihre Heimstatt hat. Der Gipfelblick, den Humboldt immer wieder sucht, das freie Auge wird zum Paradigma der Freiheit überhaupt. Man beachte den stark erhöhten Blickpunkt, der seit dem 17. Jahrhundert in der Raumkomposition von Landschaften üblich ist. Georg Forster hatte seine Schilderungen exotischer Regionen an die Landschafts-Gemälde Salvator Rosas, Nicolas Poussins und Claude Lorrains angeschlossen. Diese Künstler, auf die sich auch Humboldt beruft, gingen ihrerseits auf antike Modelle der heroischen und arkadischen Landschaft zurück und kreierten dadurch den Stil der Veduten im 18. Jahrhundert. Textliche Rückgriffe auf Homer, Horaz oder Vergil bestärkten den Versuch, die unbekannten Naturformen fremder Länder durch Vergleiche mit vertrauten Landschaften nahezubringen. So wie Georg Forster die Antiken-Ästhetik nach Tahiti überträgt und dadurch dem europäischen Geschmack anähnelt, so stilisiert auch Humboldt in Bild und Wort die unbekannte Natur Südamerikas in den vertrauten Formen des Antiken, das freilich nicht nur die klassische Antike, sondern auch die Alte Welt Eurasiens einschließt. Dabei nutzt Humboldt die typische Geste, durch welche die unberührte Natur zur politischen Metapher wird. So zitiert er, kurz nach der Niederlage Preußens gegen Napoleon, in der Vorrede zu den Ansichten der Natur (1808) die Verse 2585–2588 aus Schillers Braut von Messina (1801–1803): Auf den Bergen ist Freiheit! Der Hauch der Grüfte Steigt nicht hinauf in die reinen Lüfte, Die Welt ist vollkommen überall, Wo der Mensch nicht hinkommt mit seiner Qual.50 Ähnlich überschwänglich heißt es noch am Anfang des Kosmos: „Die Natur aber ist das Reich der Freiheit“.51 Bergeshöhen, Erhabenheit und Freiheitspathos fusionieren im deutschen Idealismus, in rousseauistischer Kulturkritik sowie im Lobpreis der Schweizer Demokratie. Dem freien Prospekt vom Quindío-Pass kontrastiert eine kleinformatige Szene, die den Menschen „mit seiner Qual“ zeigt. Fast nackte Einheimische schleppen weiße Reisende in einem Tragsessel über den „beschwerlichsten Pass der gesamten Kordillere“. Nicht zufällig hat Humboldt an die Schweizer Alpen als Freiheits-Topos erinnert: Denn hier in den Kordilleren erblicken wir die Perversion dieser Freiheit. Ausführlich werden die cargueros besprochen, „eine Klasse von Menschen“, die einer kolonialen Versklavung unterworfen werden.52 Die Erhabenheit der Berge wird dem Despotismus der spanischen Kolonialmacht entgegengesetzt. Dabei kann die Kunst jedoch den Schein ihrer Unschuld verlieren: Auf einem Gemälde von Johann Friedrich Waldeck (um 1833) wird jene Szene, die Humboldt kleinformatig ins Bild setzt, bildbeherrschend: ein athletischer carguero schleppt einen weißen Herrn in einem komfortablen, mit Sonnendach versehenen Tragsessel über das schroffe Chiapas-Gebirge in Mexiko. Von diesem Herrn sind nur die Eleganz von Beinkleid und Schuh sowie die linke Hand, entspannt auf der Lehne, zu erkennen: Es ist der Künstler selbst, der sich hier – anders als Humboldt – als Ausbeuter und Nutznießer des quälenden Heroismus der Sklaverei zu erkennen gibt.
Abb. 3: Johann Friedrich Waldeck, The Artist Carried in a Sillero (ca. 1833) [Bildnachweis]
Zur selben Zeit, um 1830, malt Johann Moritz Rugendas, dessen Südamerika-Schilderungen Humboldt als vorbildlich für eine kommende Kunst ansieht, sein berühmtes Gemälde „Navio negreiro“ (Instituto Itaú Cultural, São Paulo, Brasilien). Es zeigt verschleppte Afrikaner unterdecks eines Sklavenhandels-Schiffes. In einem Nu kann die Bildkunst das Elend der versklavten Afrikaner oder Indios vor Augen stellen und damit zum Beispiel dem kolonialkritischen Diskurs Humboldts gegen die Sklaverei Evidenz verleihen. Es spricht für Humboldt, dass er sich nicht über schroffe Pässe hat schleppen lassen (doch ohne die Hilfsdienste der Indios wäre seine Expedition undurchführbar gewesen). Waldecks Gemälde macht selbstkritisch deutlich, dass die Kunst parasitär teilhat am politisch-ökonomischen und zumeist auch rassistischen Ausbeutungssystem der europäischen Herrenschicht.
Abb. 4: Johann Moritz Rugendas, Navio negreiro (ca. 1830) [Bildnachweis]
Der Szene am Quindío-Pass lässt Humboldt das Kupfer mit dem „Wasserfall von Tequendama“ folgen (Stecher: Gmelin). Die Vedute zeigt den Stil des 18. Jahrhunderts, als Schilderungen von alpinen Wasserfällen à la mode waren. Humboldt nimmt darauf Bezug, wenn er den Schweizer Staubbach, die Niagara-Fälle, den Rheinfall, weitere Alpen-, Pyrenäen- und Kordilleren-Fälle vergleichend heranzieht. Der Blickpunkt indes ist ungewöhnlich: er liegt auf einer Ebene mit der Abbruchkante des Wassers; die Horizontlinie liegt fast an der oberen Bildkante. Das deutet an, dass es sich hier nicht um den Typ des Wasserfalls an steilen Berghängen handelt. Vielmehr fließt das Wasser aus einer hochgelegenen Ebene in eine tiefliegende Schlucht. Noch bevor man etwas liest, sind dies Elemente des Bildwissens. Der Text erklärt, dass hier „alle Wasser“ des Hochplateaus von Bogotá abfließen, indem sie durch einen „engen Schlund“ einhundertfünfundsiebzig Meter hinunterstürzen.53 Ohne diesen Abfluss wäre das Plateau ein gewaltiger See. Humboldt vermutet, dass auch dieser Wasserablauf durch ein Erdbeben entstanden sei. Doch bemerkenswert für seine Einstellung zur indigenen Kultur ist es, dass er deren mythische „Fabel“ erzählt. Ein Kulturbringer habe einem barbarischen Urvolk Kulturtechniken geschenkt und dieses vor einer Sintflut dadurch behütet, dass er die Felsen an jener Stelle zertrümmerte, wo heute noch die Wasser abfließen. Mythopoetisches Narrativ („Kunst“) und geognostische Erklärungen („Natur“) treten hier zusammen zu einem ‚Bogen‘ der Darstellung, die aus Text und Bild konstruiert ist. Dabei widerfährt dem indigenen Mythos Gerechtigkeit. Die Geologie kann nicht das leisten, was der Mythos vermag: nämlich die Tatsachen in einen Sinnzusammenhang zu bringen, der die Genesis einer Kultur erklärt. Auch hier sehen wir eine Gewalt der Natur ‚kreativ‘ werden, indem sie die landschaftlichen Bedingungen der Kultur erst schafft. Dieses geht nicht aus dem Bild hervor, sondern aus dem Text. Doch weckt das Bild eine Vorstellungskraft, über die der Text allein nicht verfügt. Beide Medien greifen ineinander, sie bilden ein Geflecht. Bilder sind bei Humboldt selten selbsterklärend, sondern auf die Explikation durch Sprache angewiesen. Deren geringerer Evokationskraft wiederum wird durch die Bilder aufgeholfen. Humboldt versteht die Mythologie der „Indianer“ als Zeugnisse einer Überlieferung, in der diese Kulturen ihre Geschichte reflektierten. Er schreibt diesen Völkern eine ‚Antike‘ zu, deren kulturelle Dignität der klassischen Antike Europas entspricht, jenes Europas, das diese Völker unterwirft und einer barbarischen Natur zuschlägt. Die Dokumentation der sogenannten Hieroglyphen-Codices sowie der baulichen und künstlerischen Monumente der vorkolumbianischen Welt zeigen Humboldt als Kulturanthropologen und Archäologen, doch sie sind zugleich als Akte der ‚Wiedererstattung‘ zu sehen. Das geschieht im Rahmen dessen, was für Humboldt ‚Menschheits-Geschichte‘ heißt: nämlich die Koevolution von Wissenschaften, Freiheitsrechten und Freihandel.
Abb. 5: „Relief en basulte représentant le Calendrier Mexicain“ aus den Vues des Cordillères [Bildnachweis]
Das epistemische wie das ikonische Rahmenmodell Humboldts ist europäisch. Für ihn geht von Europa nicht nur koloniale Zerstörung, sondern auch die Idee einer Weltkultur der Differenzen aus. In diese werden die indigenen Kulturen eingeordnet. Humboldt bemerkt an den Hochkulturen der Inkas oder der Azteken aber auch die Züge gnadenloser Herrschaft und barbarischer Riten. Er erkennt diese Züge sozialer Unterdrückung auch in den Bilderschriften, die er in den Vues des Cordillères abbildet. Umso wichtiger sind ihm solche Monumente, an denen er demonstriert, dass die vorkolumbianischen Kulturen bereits über entwickelte Kulturtechniken verfügten und dass diese in einer Analogie zu klassisch-antiken, asiatischen und altorientalischen Kulturen stehen. Die Unterschiede der Völker und Kulturen sind vor diesem Hintergrund nur kontingent. Dies ist der Grund, warum die Abhandlung über das „Basaltrelief, den mexikanischen Kalender darstellend“ das Zentrum des Buches bildet.54 Dieser Stein wurde auch von dem Künstler und Architekten Carl Nebel (1805–1855) abgebildet, der in den Jahren 1829–1834 Mexico bereiste. Humboldt schätzte Nebel sehr und besprach zweimal dessen großes Reisewerk.55
Abb. 6: Carl Nebel, La Piràmide de Papantla (1836) [Bildnachweis]
Der Kalenderstein ist für Laien unlesbar und wird erst durch den Kommentar verständlich. Die steinernen Gravuren enthalten das kosmische und kalendarische Wissen einer alten Kultur, nur haben wir nicht den Schlüssel zur Decodierung der Bildzeichen. Solange es keine ikonologische Entschlüsselung und Übersetzung gibt, bleibt das Bild ein Bilderrätsel, das nur ornamental auf uns wirken kann – und das ist sicher eine krasse Verkennung. In welchem Kontext wird der „Kalenderstein“ für Humboldt zu einem Monument der Kulturgeschichte? Kalender sind weltweit eine fundamentale Kulturtechnik, wodurch Gesellschaften ihre eigene Geschichte syn- und diachronisieren, damit ihre Lebensordnung generieren und stabil halten. Sie stiften in Abstimmung mit kosmischen Abläufen (und Göttern) die Identität von Gemeinschaften, säkulare wie religiöse Ordnungen und Lebensrhythmen.56 In Analysen, die er im Kontext der Kalenderforschung diskutiert, erklärt Humboldt die chrono-topologischen Leistungen der Arithmetik und Symbolik der vorkolumbianischen Kalender. Er zeigt, dass diese Kulturen eine eigene Form von Geschichtsschreibung besaßen. Sie haben nicht nur Geschichte, sondern sie führen und reflektieren sie. Kalender sind mithin Medien der Selbstgestaltung von Kulturen, entgegen der kolonialen Perspektive, worin ihnen weder Geschichtlichkeit noch Reflexivität zukam. In der typischen Weise seiner globalen Vernetzungsstrategien stellt Humboldt die strukturellen Analogien zu den Kalendertechniken asiatischer, orientalischer, ägyptischer und europäischer Kulturen her. Wie globale Komparatistik bei Humboldt funktioniert, soll noch an einem archäologischen Beispiel gezeigt werden, das ihn fasziniert hat: der architekturalen Grundform der Pyramide. Mehrfach begegnet sie dem Reisenden, und so wird die „Pyramide von Cholula“ von Humboldt als Tafel VII ins Kordilleren-Buch aufgenommen und auf dem berühmten Frontispiz „Humanitas. Literae. Fruges“ des Atlas géographique et physique des régions équinoxiales du Nouveau Continent (1814[–1838]) zitiert. An dieser wie an der Pyramide von Teotihuacán macht Humboldt ihre direktionale Anordnung aus, die auf einer Kosmologie gegründet zu sein und einer totenkultischen Bedeutung gedient zu haben scheint. Um über die bauliche Seite Aufschluss zu gewinnen, werden Vergleiche mit pyramidalen Architekturen in Ägypten, Persepolis und Palmyra angestellt. Humboldt kannte auch das großartige Kupfer der Pyramide von Papantla im Werk von Carl Nebel,57 die wie eine gewaltige Epiphanie aus dem Urwald hervortritt.58 Die Rätselhaftigkeit der Bauwerke hat mit der Unklarheit der Provenienz ihrer Bau-Idee zu tun, so dass Humboldt hier nur mit Fragen endet: „Woher hatte dieses tultekische Volk, welches, nach seiner Ankunft auf dem Boden von Mexiko, im siebenten Jahrhunderte, nach einem gleichförmigen Plane mehrere dieser Denkmale von kolossaler Form, diese abgestumpften und in verschiedene Terrassen, wie der Tempel des Belus in Babylon, abgetheilten Pyramiden erbaute, woher hatte es das Vorbild zu diesen Gebäuden erhalten? War es vom mongolischen Stamme? Und war es von demselben Ursprunge wie die Chinesen, die Hiongunu’s und die Japaner?“59 Wie oft so versucht Humboldt auch hier, die Analogie der Formen zu verwenden, um den vorkolumbianischen Kulturen und Künsten einen Platz im Ensemble der alten Hochkulturen zu verschaffen. Als Resümee ist festzuhalten: In keinem Werk finden wir eine so reichhaltiges Spektrum von Abbildungstypen wie im Kordilleren-Buch, von dem Vorstufen und zahlreiche Auszüge in der Berner Ausgabe zu finden sind: Altertümer und Ruinen, Umzeichnungen von Opfer-Darstellungen oder Bilderschriften („Hieroglyphen“), Stadt-Prospekte, Landschaften, Berge, Vulkane, Flüsse, Wasserfälle, Naturdenkmäler, Artefakte, Idole und Götterbilder, architektonische Grundrisse, Kostüm-Studien (wie sie gründlicher Johann Moritz Rugendas betrieb) etc. Damit wird eine anspruchsvolle Repräsentation der indigenen Kulturen wie auch der physiognomischen Besonderheit der Natur erzielt. Die Abbildungen sind nicht Beiwerk, sondern eigenständiges Medium des Wissens. Die Operationen, durch die Humboldt den indigenen Völkern ihre Geschichte zurückerstattet, beruhen vor allem auf dem Nachweis von Strukturverwandtschaften mit alten europäischen, orientalischen und asiatischen Kulturen. Diese Hypothesen werden durch die Abbildungen von Monumenten und Dokumenten gestützt, während umgekehrt den gelehrten Diskursen durch die Bilder Evidenz zuwächst.

Pflanzen, Tiere, Landschaften

Der überwiegende Teil der Bilder im Werk Humboldts ist der Flora und, mit großem Abstand, der Fauna gewidmet. Humboldt war ausgebildeter Botaniker, sein Reisebegleiter Aimé Bonpland war Botaniker und Arzt. Ohne Unterlass sammelten, bestimmten, anatomisierten, beschrieben und pressten die beiden, vor allem aber Bonpland, viele tausend Pflanzen; zahllose waren bis dahin unbekannt. Die botanischen Sammlungen machen einen großen Teil des Wissensertrags der Forschungsreise aus. Es mag überraschen, dass die richtungsweisende Studie Ideen zu einer Geographie der Pflanzen nebst einem Naturgemälde der Tropenländer (1807) – außer einer Titelvignette („An Goethe“) – nur eine, die im Titel genannte Abbildung enthält, während die Publikationen in Zeitschriften ganz ohne Illustrationen erschienen.60 Hingegen stellen die schon 1805 in Angriff genommenen und erst 1834 fertiggestellten fünfzehn botanischen Bände ein gewaltiges Opus Magnum dar, für das Humboldt viele angesehene Zeichner und Stecher beschäftigte. Hinzu kommen zwei reich bebilderte, ebenfalls großformatige Bände über Insekten, Schmetterlinge, Fische, Muscheln u. ä.61 sowie diverse Aufsätze zu einzelnen Tier-Arten, die zum Teil mit Abbildungen erschienen.62 Die Schwierigkeiten des botanischen Groß-Unternehmens waren gewaltig. Auf der Basis handschriftlicher Reise-Notate, flüchtiger Vorzeichnungen (die verloren sind) sowie gepresster Pflanzen-Originale entstand, unter Anleitung Humboldts, in Paris, Rom und Berlin ein Werk, das in den Zeichnungen und Stichen, in der Kolorierung und Druckqualität den epistemologischen Ansprüchen einer modernen Pflanzenwissenschaft entsprechen sollte. Zu dieser hatten Humboldt und Bonpland systematische Impulse ebenso wie umfangreiches empirisches Wissen beizutragen. Die mäandernde Geschichte der über drei Jahrzehnte sich hinziehenden Publikationen zur Botanik sowie ihrer wichtigsten Akteure hat Walter H. Lack rekonstruiert.63
Abb. 7: Friedrich Georg Weitsch, Humboldt im Urwald (1806) [Bildnachweis]
Es ging weder in den Tropen noch in Paris oder Rom zu wie auf dem berühmten Berliner Gemälde von Friedrich Georg Weitsch (1806): Man sieht den adrett gekleideten Humboldt, wohlgelaunt auf den Betrachter blickend, unter dem schützenden Dach tropischer Bäume auf einem Felsen sitzen; hinter sich ein Barometer und der obligate Hut; vor sich einen Folianten, der zur Archivierung getrockneter Pflanzen dient. Offenbar ist er beschäftigt mit der Bestimmung eines frisch geschnittenen Schwarzmundgewächses, der Meriania speciosa, die ihr originales Aussehen noch hergibt.64 Auch sie wird ihr flaches Grab zwischen den Blättern des Herbariums finden. Zurück in Europa muss die Kunst die toten Pflanzen wieder verlebendigen, aber auch die exotischen Insekten, Schmetterlinge oder Fische, die keiner der beteiligten Künstler je gesehen hatte. Im Falle von Abwesenheit oder Tod des Objekts tritt die Reanimation durch Kunst an die Stelle mimetischer Abbildung der lebendigen Pflanze (oder des Schmetterlings, Käfers etc.). Dabei herrschten Standards wissenschaftlicher Abbildungen: Es wird auf jeder Abbildung nur ein Zweig mit Blättern und Blüte dargestellt, während am unteren Bildrand eine Zeile mit pflanzenanatomisch relevanten Teilen wie Stempel, Staubgefäße, Samenkapsel, Frucht etc. Platz findet. Größtes Gewicht liegt auf dem feinen Disegno, durch das Form, Struktur, Gliederung, ja auch Stofflichkeit des dargestellten Zweigs erfasst werden. In den meisten Fällen bleiben die Pflanzen silhouettenhaft flach. Die Abbildungen entwickeln keinen Ehrgeiz auf suggerierte Dreidimensionalität, will sagen: es fehlt durchweg der Eindruck plastischer Körperlichkeit der Präparate. Das mag ihrer Herkunft aus dem Zweidimensionalen geschuldet sein: der gepressten Form in Sammlungsalben. Gegenüberstellungen von Beispielen aus dem „Herbier Humboldt & Bonpland“ und daraus hervorgegangenen Illustrationen von Pierre Jean François Turpin (1775–1840) legen diese Vermutung nahe.65 Indes findet sich dieselbe Flachheit auch bei den Tierabbildungen, so dass dies dem Stil der Illustrationen zuzurechnen ist; er entsprach der ästhetischen Absicht Humboldts. Die Bilder konzentrieren sich auf Information, aber nicht auf die Simulation räumlicher Plastizität. Jeder trompe-l’œil-Effekt wird vermieden. Kaum je wird eine ganze Pflanze oder gar eine Pflanze in ihrem Milieu gezeigt. Es herrscht die Geste der räumlichen Isolation des Präparats, wie sie in den beobachtenden Wissenschaften des 18. Jahrhunderts mit ihrer Konzentration auf Nomenklatur, Taxonomie und Merkmalanalyse üblich war. Dieser Bild-Stil ist erstaunlich. Denn im Kosmos setzt Humboldt sich ab von den taxonomischen „Natur-Systemen“ und „systematisch geordneten Verzeichnisse[n] aller organischen Gestaltungen“, die biologische Entitäten nur unter zwei Aspekten ordneten: „nach inneren Beziehungen der Form-Aehnlichkeit (Structur), nach Vorstellungsweisen von allmäliger Entfaltung (Evolution) in Blatt und Kelch, in farbigen Blüthen und Früchten“.66 Gerade dies aber tut Humboldt in den botanischen Abbildungen. Die Hauptsache jedoch sei, so wiederholt es Humboldt bis in den Kosmos, die „Verkettung nach räumlicher Gruppirung, d. i. nach Erdstrichen, nach der Höhe über der Meeresfläche, nach Temperatur-Einflüssen, welche die ganze Oberfläche des Meeres erleidet. Der höchste Zweck der physischen Erdbeschreibung ist aber […] Erkenntniß der Einheit in der Vielheit, Erforschung des Gemeinsamen und des inneren Zusammenhanges in den tellurischen Erscheinungen. Wo der Einzelheiten erwähnt wird, geschieht es nur, um die Gesetze der organischen Gliederung mit denen der geographischen Vertheilung in Einklang zu bringen.“67 Seine jahrzehntelange Arbeit an den Abbildungen und Merkmalsbestimmungen von Pflanzen und Tieren zählt Humboldt hier zu den faktographischen Hilfswissenschaften, zur „beschreibenden Botanik und Zoologie“,68 während doch seine Pointe die Pflanzengeographie ist. Der Stil der Humboldt’schen Abbildungen, so ästhetisch hochwertig sie sind, hat sich auch weit entfernt von der niederländischen veristischen Pflanzen- und Tiermalerei, die größten Wert legte auf Licht- und Schattenregie sowie auf nuancierte Kolorierung, um die plastische Körperlichkeit der Entität herauszuarbeiten. Das gilt auch für die bedeutende Tradition der Darstellung von Insekten, Schmetterlingen, Vögeln, Fischen, Schnecken und Muscheln, die für den Abbildungsstil bei Humboldt kein Vorbild mehr sind. Bei Humboldt geht es vielmehr um Schema und Typus, um die Erkennbarkeit des Ideals (végétale type) der jeweiligen Pflanze, also ihrer charakteristischen Formen und Merkmale. Der Pariser Künstler Pierre Jean François Turpin, mit dem Humboldt und Carl Sigismund Kunth (dem wichtigsten Mitarbeiter am Projekt der Nova Genera) eng kooperierten, – Turpin also hat durch seine nuancierende Farbverteilung der herrschenden Flachheit und der Dominanz des Disegno entgegengearbeitet. Das trifft auf jene Blätter zu, wo Turpin zum Beispiel die um einen Stengel geordneten Blätter und Dolden in eine dreidimensional wirkende Körperlichkeit zu bringen versteht.69 Auch ungewöhnliche Kompositionen stammen von Turpin.70 Eine stärker malerische und damit stofflichere Wirkung schaffen etwa auch Turpin und Louis Sellier.71 Bei aller Schätzung der hochrangigen Gestaltung ist festzuhalten, dass durch den immer gleichen Kompositionstypus, durch die Abstraktion von Ganzheit und Milieu der Pflanzen, durch das Zurücktreten von Physiologie und Stofflichkeit sowie durch die Reduktion auf die biologisch relevanten Informationen eben das nicht eingelöst werden kann, was zur Idee der Humboldtschen Pflanzen-Geographie gehört: ihre Einbettung in Umgebungen und Milieus, ihr physiognomisches Sprechen, wodurch die Pflanze nicht nur ihre visuelle Charakteristik gewinnt, sondern, in ihrer Masse und räumlichen Verteilung, auch zum bestimmenden Agenten der Physiognomien von Landschaften wird.

Zur Ästhetik der Landschaft

Zur Landschaft gehören die selten zueinander passenden Dimensionen, die in der Etymologie des Begriffs angelegt sind:72 Zum einen ist Landschaft die durch produktive Gestaltung umgrenzte und kultivierte regio, wobei ‚gestaltend‘ nicht nur der Mensch, sondern auch Tiere, Pflanzen und Naturkräfte sind. Zum anderen ist Landschaft die Bezeichnung für einen Bildtypus der Kunstgeschichte oder für einen künstlerisch choreographierten Naturausschnitt (Parks u. ä.): Hier entscheiden ästhetische Kriterien darüber, welche Objekte, Farben, Formen, Stimmungen in einer Landschaft ihren Auftritt haben. Sodann können Gestaltungsformen zu Prinzipien der Wahrnehmung werden, so dass in jedweder Gegend durch selektive Wahrnehmung Ausschnitte gebildet werden, die einen Erlebenswert aufweisen (schön, erhaben, pittoresk, wild, harmonisch etc.). Die ‚Wahrnehmungsgestalt‘ von Natursegmenten kann durchaus kommun sein, also nicht nur individuell, sondern auch von Gruppen, Kollektiven, Epochen gewürdigt werden. Schließlich wird, besonders in der naturromantischen Bewegung, unter Landschaft auch die unberührte Ordnung einer Gegend angesehen. Ursprüngliche Natur hingegen – dieses Konzept wird heute von niemandem mehr vertreten, sie gilt als Ideal kulturkritischer Schwärmer. Humboldt aber hat in den tropischen Zonen Südamerikas eine von Menschen unberührte Natur tatsächlich noch erlebt. Bei Humboldt dominieren zwei schwer zu vereinbarende Einstellungen: zum einen die geologische, klimatische und biologische Versammlung von Daten, kausalen Zusammenhängen sowie die netzartigen Wechselwirkungen in einem Natur-Kompartiment; diese zu einem ‚tableau physique‘, einem ‚Naturgemälde‘ zu fügen, ist Aufgabe der beschreibenden Wissenschaften. Die zweite Einstellung ist künstlerisch, sowohl produktions- wie rezeptionsästhetisch. Das „Gefühl für die landschaftliche Schönheit“ ist ein „modernes Gefühl“.73 Es wurde erst seit der Neuzeit, parallel zum Aufstieg der Naturwissenschaften, durch Reisen und Expeditionen, in Naturdichtungen, Malerei und Landschaftskunst (in Parks und Gärten) kultiviert.74 Diese Geschichte wird von Humboldt für den literarischen, den bildkünstlerischen und den landschaftsarchitektonischen Strang entwickelt.75 Diese auf Künstler und ihre Werke bezogene Wirkung der Landschaft entspricht einer rezeptiven Empfänglichkeit, insofern die „äußeren Erscheinungen […] der Natur […] sich im Inneren des Menschen“ abspiegeln.76 Hier nun wird die Physiognomik der Natur zentral. Sie umfasst beide Seiten, die gegenständliche, objektive Charakteristik und den gestalthaften Ausdruck von Entitäten und Kompartimenten, aber auch Wahrnehmung und Genuss eben jener Physiognomien. Beide Seiten zu vereinigen, und damit Subjekt und Objekt zu versöhnen, ist Humboldts großes Ziel. Diesem Ziel näher zu kommen, erhofft er sich durch die Synthese von Wissen und Kunst, scientia et ars. Doch diese liegen weit auseinander. „Wenn die Kunst innerhalb des Zauberkreises der Einbildungskraft, recht eigentlich innerhalb des Gemüthes liegt, so beruhet dagegen die Erweiterung des Wissens vorzugsweise auf dem Contact mit der Außenwelt.“77 Im 19. Jahrhundert treten Natur- und Geisteswissenschaften radikal auseinander. Aber sie sollen bei Humboldt zur Komplementarität von zwei Genuss-Typen verflochten werden: „In diesen beiden Epochen der Weltansicht, dem ersten Erwachen des Bewußtseins der Völker und dem endlichen, gleichzeitigen Anbau aller Zweige der Cultur, spiegeln sich zwei Arten des Genusses ab. Den einen erregt, in dem offenen kindlichen Sinne des Menschen, der Eintritt in die freie Natur und das dunkle Gefühl des Einklangs, welcher in dem ewigen Wechsel ihres stillen Treibens herrscht. Der andere Genuss gehört der vollendeteren Bildung des Geschlechts und dem Reflex dieser Bildung auf das Individuum an: er entspringt aus der Einsicht in die Ordnung des Weltalls und in das Zusammenwirken der physischen Kräfte.“78 Für diese Vermittlung spielen die Bilder – von der Autopoiesis des physiognomischen Ausdrucks jedes Gegenstands über die Illustration bis zum Landschaftsbild – eine zentrale Rolle. Doch werden an ihnen auch die Aporien der Versöhnung deutlich, die den Bildern aufgelastet bzw. zugetraut wird. Der paradigmatische Bild-Typus für Daten-Ensembles, die zu einem Naturgemälde komponiert werden, ist die vielzitierte Kupfertafel, die den Ideen zu einer Geographie der Pflanzen nebst einem Naturgemälde der Tropenländer (1807) als komplexes Resümee beigegeben wurde. Der großformatige Stich ist betitelt als „Geographie der Pflanzen in den Tropenländern; ein Naturgemälde der Anden […]“, nach einem Entwurf von Humboldt gezeichnet von Lorenz Adolf Schönberger (1768–1847) und Turpin, gestochen und gedruckt von Louis Bouquet (1765–1814) und Claude Beaublé (ca. 1775–1817). Bei Humboldt sind Bilder fast immer das Werk vieler Hände. Die Form des Kontinentalprofils (angeregt von geognostischen Querschnitten) nutzt er von nun an öfters, besonders im Atlas géographique et physique des régions équinoxiales (1814–1838).79 Dieser Bildtypus des Naturgemäldes hat nichts mit Naturnachahmung oder genießender Wahrnehmung zu tun. Was hier vor Augen gestellt wird, ist in der Natur gerade nicht zu sehen. Aus welcher Perspektive und mit welchen optischen Geräten auch immer, es ist ein visuell unmögliches Bild, ein Bild des Wissens. Es ist ein systematisch organisiertes, empirisch unterlegtes, multifaktorelles Vorstellungsbild einer Naturzone. Ein Artefakt aus Bild, Schrift, Diagramm und Zahl. Ein ‚Naturgemälde‘ unterscheidet sich von mimetischen Darstellungen, dokumentarischen Aufnahmen, literarischen Schilderungen, empirischen Diagrammen und zahlenmäßigen Berechnungen – und weist doch von jedem dieser Verfahren etwas auf. Man kann sagen: wenn man das Kupfer zur Geographie der Pflanzen gesehen hat, dann hat man die ‚Idee‘ der von vielen Agenten beeinflussten Verteilung von Pflanzenarten auf dem südamerikanischen Kontinent ‚gesehen‘. Mit diesem Wissensbild in die Natur zurückkehrend, wird für den ‚denkenden Betrachter‘ die Landschaft anders erlebbar, nämlich wissensbereichert. Und für den Maler ist das Kupfer eine Handreichung, die er für eine auf Nachahmung, Naturgenuss und Erlebniswert abgestellte Darstellung eines Naturausschnitts nutzen kann. Tatsächlich hat sich Humboldt gewünscht, dass seine Abbildungen für eine künftige Landschaftsmalerei hilfreich sein mögen. Das gilt auch für seine Schrift Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse (1806).80 Humboldt verwahrt sich öfters dagegen, dass eine epistemische Aufladung des ‚Naturgemäldes‘ den Naturgenuss erkalten lasse. Im Gegenteil, dem Kenntnisreichen „gewähren die Himmelsräume, wie die blüthenreiche Pflanzendecke der Erde, gewiss einen großartigeren Anblick als dem Beobachter, dessen Natursinn noch nicht durch die Einsicht in den Zusammenhang der Erscheinungen geschärft ist.“81 Je differenzierter das Wissen, je reicher die empirische Erfahrung, um so intensiver der Genuss und um so freier der Geist: so läuft die Reihenfolge bei Humboldt. Unverkennbar reicht die Wertskala vom Rohen zum Differenzierten, von der dumpfen Ahnung zum „Naturgenuß, der aus Ideen entspringt“.82 Hierfür spielt die Geschichte der Landschaftsmalerei eine vermittelnde Rolle, deren ersten Höhepunkt im 17. Jahrhundert Humboldt im Sinne seiner harmonikalen Rezeptionsästhetik enthusiastisch überhöht: „[…] so ist die Epoche der größten Landschafter das 17te Jahrhundert. Bei dem immer mehr erkannten und sorgsamer beobachteten Reichthum der Natur konnte das Kunstgefühl sich über eine größere Mannigfaltigkeit von Gegenständen verbreiten; auch vermehrte sich zugleich die Vollkommenheit der technischen Darstellungsmittel. Beziehungen auf die Stimmung des Gemüths wurden inniger: und durch sie erhöhte sich der zarte und milde Ausdruck des Naturschönen, wie der Glaube an die Macht, mit welcher die Sinnenwelt uns anregen kann. Wenn diese Anregung, dem erhabenen Zwecke aller Kunst gemäß, die wirklichen Gegenstände in ein Object der Phantasie verwandelt, wenn sie harmonisch in unserm Inneren den Eindruck der Ruhe erzeugt: so ist der Genuss nicht ohne Rührung; sie ergreift das Herz, so oft wir in die Tiefen der Natur oder der Menschheit blicken. In ein Jahrhundert finden wir zusammengedrängt Claude Lorrain, den idyllischen Maler des Lichts und der duftigen Ferne, Ruysdael's dunkele Waldmassen und sein drohendes Gewölk, die heroischen Baumgestalten von Gaspard und Nicolaus Poussin; die naturwahren Darstellungen von Everdingen, Hobbema und Cuyp.“83 Franz Post (1612–1680) und Albert van der Eeckhout (1607–1665/1666) nennt Humboldt als weitere Vorläufer. Beide Künstler waren Begleiter der achtjährigen Brasilien-Expedition von Johann Moritz von Nassau-Siegen. Die Qualität und Genauigkeit ihrer Zeichnungen und Gemälde exotischer Gegenstände und tropischer Natur, vom Stillleben bis zur Landschaft, sind auch zu Humboldts Lebenszeit nicht übertroffen worden. Im 18., vor allem dann im 19. Jahrhundert treten solche Landschafter hinzu, die oft selbst Reisen in exotische Zonen unternommen hatte: Carl Nebel, William Hodges, Ferdinand Bauer, Eduard Hildebrandt, Jean Frédéric de Waldeck, Frederic Edwin Church, Daniel Thomas Egerton, Thomas Ender, Frédéric de Clarac, Johann Baptist Spix und Carl Friedrich Philipp Martius, Ferdinand Konrad Bellermann, Heinrich von Kittlitz – und vor allem Johann Moritz Rugendas (1802–1858), der, wie auch Frédéric de Clarac, vorbildliche Gemälde des inneren, üppigen, die perspektivische Raumordnung verwirrenden Urwalds anfertigte; das war nach Humboldts Geschmack. Er kannte die Maler, von denen die meisten mehrere Jahrzehnte nach ihm auf Reisen gingen, fast alle. Sie interessierten ihn hinsichtlich des malerischen „Totaleindrucks der tropischen Zone“84 und der allgemeinen Landschaftsästhetik. Sie boten ihm den Hintergrund für seine Studie über Landschafts-Kunst im Kosmos und für die Hoffnung, „daß die Landschaftsmalerei zu einer neuen, nie gesehenen Herrlichkeit erblühen werde“.85
Abb. 8: Frédéric de Clarac, Forêt vierge du Brésil (1819) [Bildnachweis]
Das sollte sich nicht erfüllen. Bellermann, der in Öl wie mit der Feder stets um eine ortsspezifische, vom Stil der europäischen Landschaftsmalerei unabhängige Ästhetik von Urwald und tropischen Landschaften bemüht war; Rugendas, insbesondere in seinen Öl-Studien, die mit bemerkenswert freiem Pinsel und modern anmutender Dynamik gemalt waren;86 Vertreter der Hudson River School wie Church, der durch Humboldt beeinflusst war und u. a. eine im Duktus moderne Öl-Skizze des „Chimborazo mit aufsteigenden Nebel und Wolken“ anfertigte – dies sind Künstler, die der überlieferten Landschaftskunst tropische Geomorphologien, Vegetationsformen und Raumordnungen hinzufügten, verbunden mit innovativen Malweisen, die nicht dem Kanon des 18. Jahrhunderts entstammten. Dennoch kann man auch bei Church und anderen Malern fremdartiger Natur beobachten, dass in der tropischen Landschaftskunst sich eine innovative Entwicklung nicht durchsetzt. Vielmehr herrschen ästhetischer Exotismus, Idyllisierung oder symbolische Überhöhung in den als fremd und urtümlich inszenierten Landschaften. Zudem wurden diese nur allzu oft aus den üblichen Kompositionsmustern der europäischen Malerei collagiert.
Abb. 9: Frederic Edwin Church, Chimborazo (1864) [Bildnachweis]
Es versteht sich, dass geomorphologische sowie klimatische Verhältnisse zu den formativen Bedingungen von Landschaften gehören. Sie werden bei Humboldt stets berücksichtigt. Humboldts Punkt indes ist, dass er das Pflanzenkleid zu den physiognomisch ausdrucksstärksten Faktoren von Landschaften zählt. Die solitären wie die geselligen Pflanzen sind zwar abhängige Variablen von Klima und Wetter, Wasser, Licht, Luft, Höhenlage, Bodenbeschaffenheit, Temperatur, aber auch von anthropogenen Faktoren wie Ackerbau, Viehhaltung und Landkultivierung. Doch Pflanzen sind durch komplexe Interaktionen auch vernetzt mit der Tierwelt – von Mikrolebewesen über Insekten bis zu Großsäugern. Aus diesen Wechselwirkungen entwickelt Humboldt die Ideen zur Pflanzengeographie. In dieser geht es nicht nur um statistische und raumspezifische Verteilungen, sondern auch um globale wie regionale Ausbreitungs- oder Schrumpfungsbewegungen von Pflanzenarten. Oft ziehen kulturelle Transfers auch Wanderungsbewegungen von Pflanzenarten nach sich. Pflanzen aber wirken umgekehrt, wie Humboldt erkennt, auch auf Kulturen und Sitten der Menschen ein. Pflanzen sind also selbst kulturelle Faktoren: Die Kultur der Menschen bildet sich (auch) durch die metabolistischen Symbiosen und sinnlichen Eindrücke, denen die Menschen im Umgang mit Pflanzen unterliegen. Bemerkenswert also ist, dass Pflanzen nicht nur als Effekt von Umweltbedingungen, sondern auch als wirkmächtige Agenten begriffen werden. Das ändert Bild und Physiognomie der Pflanzen. Das stille und unbeweglich scheinende Pflanzenkleid der Erde ist, recht betrachtet, nur eine historische Augenblicksaufnahme globaler Migrationsprozesse. Pflanzen sind vernetzt, inner- und zwischenartlich sowie ökologisch: das macht sie zu einem autopoietischen System. Umwelt und Pflanzenausbreitung stehen in Wechselwirkung. Die Gestalt der Erde ist auch ein Ergebnis der Millionen Jahre währenden Bildungsarbeit der Pflanzen. Zeit und Alter sind eine wirksame Gestaltungskraft ebenso wie der Boden, in dessen Innerem „Denkmäler der Vorzeit“ geborgen sind, die „Grabstätte der ersten Vegetation unseres Planeten“87: ein Archiv der Natur. Damit gelingt es Humboldt, die Naturgeschichte als einen Wechselwirkungs-Zusammenhang vorzustellen. Das ist nicht mehr die statische Naturgeschichte des 18. Jahrhunderts. Bei Humboldt bereitet sich das Konzept vor, dass Pflanzen nicht nur Produkt ihrer Umwelt sind, sondern auch deren materieller und semiotischer Mitgestalter, wie dies Jakob von Uexküll in seiner schon postdarwinistischen Umwelt-System-Biologie entwickeln wird.88 Für die Landschaftsmalerei sind dies, so glaubt Humboldt, wichtige Anregungen. In seinen Ideen zu einer Geographie der Pflanzen entwirft er das Konzept einer Globalgeschichte des Pflanzenkleids; soll man sagen: eine Kostümkunde der Erde? Dafür entwickelt er siebzehn pflanzenmorphologische Typen, „deren Studium dem Landschaftsmahler besonders wichtig seyn muß“.89 Sie sind die eigentlichen ‚Macher‘ von Landschaften. Ihre mal sparsame, mal üppige Verteilung schafft den Ausdruck einer Landschaft, hier ihre Einförmigkeit (Steppen und Wüsten), dort ihr überwältigender Artenreichtum (Tropen). Jeder Pflanzentyp weist ein Cluster von Aussehensmerkmalen auf, Kontraste und Differenzen zu anderen Typen, von winzigen Flechten und Moosen bis zu riesigen Palmarten. So bildet sich aus der Fülle von geologischen und biologischen Elementen bei Humboldt langsam ein integrales biotisches und anthropogenes Landschaftskonzept heraus. Es soll seinerseits Vorbild für eine Landschaftsmalerei sein: „Jede Vegetations-Zone hat außer den ihr eigenen Vorzügen auch ihren eigenthümlichen Charakter, ruft andere Eindrücke in uns hervor. Wer fühlt sich nicht, um an uns nahe vaterländische Pflanzenformen zu erinnern, anders gestimmt in dem dunklen Schatten der Buchen, auf Hügeln, die mit einzelnen Tannen bekränzt sind, und auf der weiten Grasflur, wo der Wind in dem zitternden Laube der Birken säuselt? So wie man an einzelnen organischen Wesen eine bestimmte Physiognomie erkennt, wie beschreibende Botanik und Zoologie im engeren Sinne des Worts Zergliederung der Thier- und Pflanzenformen sind: so giebt es auch eine gewisse Naturphysiognomie, welche jedem Himmelsstriche ausschließlich zukommt. Was der Künstler mit den Ausdrücken: Schweizernatur, italiänischer Himmel bezeichnet, gründet sich auf das dunkle Gefühl eines localen Naturcharakters. Himmelsbläue, Wolkengestaltung, Duft, der auf der Ferne ruht, Saftfülle der Kräuter, Glanz des Laubes, Umriss der Berge sind die Elemente, welche den Total-Eindruck einer Gegend bestimmen. Diesen aufzufassen und anschaulich wiederzugeben ist die Aufgabe der Landschaftsmalerei.“90
Abb. 10: „Le Chimborazo vu depuis le Plateau de Tapia“ aus den Vues des Cordillères [Bildnachweis]
Die landschaftlichen Abbildungen in den Werken Humboldts bleiben indes hinter den komplexen Ordnungen seiner diskursiven Naturgemälde zurück. Dafür einige Beispiele aus dem Kordilleren-Werk: Das nach einer (verlorenen) Vorzeichnung Humboldts von Thibaut entworfene und von Bouquet gestochene kolorierte Kupfer „Le Chimborazo vu depuis le Plateau de Tapia“ zeigt im Hintergrund, wie der Vulkan-Kegel in einen wolkenlosen, in der Höhe immer tiefblaueren Himmel ragt.91 Man mag an Humboldts Cyanometer, den Himmelsblaumesser denken.92 In den dunklen Schichtungen im unteren Drittel des gewaltigen Berges ahnt man die Klimazonen, welche die Stratigraphie des Pflanzenbewuchses regulieren. Darüber beginnt die Zone der Vergletscherung; schneeweiß ragt der Gigant ins Himmelblau. Vor dem Vulkan ist das weite Plateau de Tapia, eine Steppe, ausgebreitet. Auf der linken Seite sind, tiefengestaffelt, ein paar Lamas aufgestellt, rechts in rätselhafter Anordnung eine sich in der Ferne verlierende Linie von herumstehenden Indios. Die bunte Tracht der vorderen ist gut erkennbar: man mag an Humboldts Interesse an der Folklore von Kleidung denken. Über die Ebene verstreut ein paar Findlinge, deren zunehmende Undeutlichkeit die Raumtiefe andeuten soll – genauso wie die verloren platzierten Agaven und Kakteen. Auch sie dienen lediglich als Marker der gewaltigen Raumdimension. Der dunklere Vordergrund wird von präzise ausgeführten Kakteen, Felsen und zwei Lamas fast geometrisch gegliedert. Die Kandelaber-förmige Kaktee links und die Fächer-Agave bilden den üblichen Begrenzungsrahmen einer Landschaft. Indios, Pflanzen, Findlinge sind Staffage. In ihrem bühnenhaften Arrangement bleiben sie stereotyp und hinsichtlich des von Humboldt geforderten Wissensgehalts der Bilder inhaltsleer. Die Komposition erinnert stark an das Gemälde „Alexander von Humboldt und Aimé Bonpland am Fuß des Vulkans Chimborazo“ von Friedrich Georg Weitsch (1806). Weitsch benötigte gewiss viele Hinweise von Humboldt: er hat Deutschland nie verlassen. Die Ebene vor dem Chimborazo-Massiv wird auch hier von einer folkloristischen Indio-Szene und von unmotiviert verteilten Figuren und Kakteen gegliedert. Die Indios sind dabei, ein Feuer zu entfachen und ein Mahl für den Abend vorzubereiten; das Maultier darf schon fressen. Immerhin aber gehen der Blick der Sitzenden und der Zeigefinger des beherrschenden Indios in Richtung auf die Humboldt-Gruppe. Das von rechts flach einfallende Licht deutet auf einen nahen Sonnenuntergang. Die Nacht wird in den Tropen schnell hereinbrechen. Rechts im Vordergrund sitzt Bonpland unter einem aus Decken improvisierten Dach, das für seine botanische Arbeit Schatten spendet: aus einer Botanisiertrommel entnimmt er soeben eine Pflanze, die er mit der Lupe untersuchen und dem Herbarium auf seinen Knien einverleiben wird. Ein Gewehr und ein Barometer hängen an Baum und Kaktee. Humboldt steht in europäischer Kleidung und Schuhen vor einem barfüßigen, nur mit einem ponchoartigem Gewand gekleideten, devot blickenden Indio, der dem Gelehrten vielleicht assistieren soll bei Vermessungen: mittels eines Sextanten, den Humboldt in der Hand hält. Vorerst aber schaut er uns und nicht seinen Lieblings-Berg an. Das tut eher der dorthin blickende Hund. Der obligate Zylinder Humboldts trohnt auf zwei beschrifteten Kisten. Zu Füßen der Gruppe ein mächtiger Condor (wurde die Majestät der Anden mit dem Gewehr abgeschossen?). Jedenfalls: ein Hinweis auf die zoologischen Studien. Die tiefen Wolken am Fuß des Chimborazo regnen ab. Zart markiert sind die pflanzengeographischen Zonen des Chimborazo. Hoch oben Haufenwolken.
Abb. 11: Friedrich Georg Weitsch, Alexander von Humboldt und Aimé Bonpland am Fuß des Vulkans Chimborazo (1806) [Bildnachweis]
So erhaben das Gebirge ins Bild gesetzt wird, so dominiert doch ein idyllischer Eindruck, der die Realitäten der Natur und die Strapazen der Expedition unsichtbar macht. Die amerikanische Situation wird überlagert von malerischen Verfahren harmonisierender Idylle und einer diskreten Heroisierung Humboldts.93 Die Kölner Ausstellung „Heroismus und Idylle“ (1984) hat diese für die europäische Landschaftsmalerei um 1800 bezeichnende Dipoligkeit der landschaftlichen Repräsentation verdeutlicht. Das Gemälde von Weitsch hätte hier gut Platz gefunden. Es übermittelt kein Wissen über Südamerika. Der Chimborazo-Stich im Kordilleren-Buch dagegen gehört zum Bildtypus ‚Bergprofil‘, wie er auf Basis von (verlorenen) Zeichnungen Humboldts in den „Umrissen von Vulkanen aus den Cordilleren von Quito und Mexico“ noch einmal prominent wurde – gezeichnet von Stock, Hildebrandt und Schinkel, gestochen von Riegel und Poppel.94 Auch diese Serie von Vulkan-Prospekten bezeugt die Schulung an Alpen-Veduten des 18. Jahrhundert. Der Ertrag vulkanistischen und geognostischen Wissens ist gering. Beeindruckend aber ist die entrückte Ruhe und solitäre Lagerung dieser Kette von Vulkanen. Vorzeichen der „Herrlichkeit“ einer kommenden Landschaftskunst sind sie nicht. Beim Stich der „Passage du Quindiu“ wies Humboldt im Text auf die Ähnlichkeit mit dem „Anblick der Schweizer Alpen“ hin.95 Es mag aber auch umgekehrt sein: die Alpen-Veduten sind so sehr zum ästhetischen Modell geworden, dass sie auch den Stil südamerikanischer Gebirgs-Landschaften bestimmen. In der Tat sind es oft nur Details von Staffage-Figuren, Tieren oder Pflanzen, die die Lokalisierung des Prospekts in Südamerika erlauben. Die hergebrachte Wahrnehmungsästhetik lässt auch in fremder Natur oft nur das sehen, was zu sehen man gewohnt ist. Dies beeinträchtigt den Anspruch auf wissensgenerierende Landschaftsbilder. Nehmen wir abschließend den kolorierten Stich „Volcans d’air de Turbaco“, gezeichnet von Marchais, gestochen von Bouquet.96 Von einem erhöhten Standpunkt aus blicken wir über einen dunkleren Vordergrund, der von rahmenden Pflanzen besetzt ist, hinweg auf zwei Staffage-Figuren: ein fast nackter Indio, dem ein Europäer mit Hut (es wird Humboldt sein) etwas zeigt: eine Ansammlung kaum übermannshoher Schlamm und Gas auswerfender Vulkane. Humboldt findet sie vulkanologisch zu wenig beachtet.97 Von der Fächerpalme vorn rechts führt eine Diagonal-Linie über die Vulkane hinweg zu linear aufgereihten Palmen. Der Horizont ist geschlossen durch eine Front von Bäumen, deren Gestalt und Laub im Stil traditioneller Veduten ausgeführt ist. Der Stich führt ein seltenes Naturphänomen vor Augen, was als Unterstützung der von Humboldt beigebrachten Erklärungen von Wert ist. Beherrschend aber ist die europäische Bildregie von Parklandschaften. „Das Wissen der Künste“ ist bei Humboldt ein großes Thema. Wir finden in seinen diskursiven Abhandlungen, aber auch in seinen literarischen Schilderungen dazu sehr viel theoretisch Erhellendes und sprachlich Überzeugendes. Die von Humboldt inspirierte Bildkunst indes bleibt hinter den naturphilosophischen, wissenschaftlichen und sprachlich-literarischen ‚Naturgemälden‘ seiner eigenen Werke zurück.

Abbildungen

  • Abb. 1: Tafel 4, „Ponts naturels d’Icononzo“. Dessiné d’après une esquisse de M.r de Humboldt, et Gravé par Gmelin à Rome. De l’Imprimerie de Langlois. [Schwarzweiß.] Wie alle nachfolgenden Abbildungen aus Humboldts Vues des Cordillères photographiert von Hans Grunert, Bern.
  • Abb. 2: Tafel 5, „Passage du Quindiu, dans la Cordillère des Andes“. Dessiné d’après une Esquisse de M.r de Humboldt par Koch à Rome. Gravé par Duttenhofer à Stuttgard. De l’Imprimerie de Langlois. [Querformat, schwarzweiß.], Vues des Cordillères.
  • Abb. 3: Johann Friedrich Waldeck, The Artist Carried in a Sillero Over the Chiapas from Palenque to Ocosingo, Mexico, Ca. 1833, Öl auf Holz, Princeton University Art Museum.
  • Abb. 4: Johann Moritz Rugendas, Negres a fond de calle (Navio negreiro), Ca. 1830, 35.50 x 51.30 cm, Museo Itaú Cultural, São Paolo, Brasil.
  • Abb. 5: Tafel 23, „Relief en basulte représentant le Calendrier Mexicain. Gravé par Cloquet à Paris. De l’Imprimerie de Langlois. [Eigentlich: basalte.] [Schwarzweiß.], Vues des Cordillères.
  • Abb. 6: Carl Nebel, La Piràmide de Papantla, Lithographie von Lemercier und Frederic Mialhe, 25, 2 x 36,3 cm, aus Carl Nebel, Voyage pittoresque et archéologique dans la partie la plus intéressante du Mexique par C. Nebel, Architecte. 50 Planches Lithographiées avec texte explicatif, Paris: Chez M. Moench, imprimé chez Paul Renouard; 1836.
  • Abb. 7: Friedrich Georg Weitsch, Humboldt im Urwald, 1806, Öl auf Leinwand, 126 x 92,5 cm, Alte Nationalgalerie, Berlin.
  • Abb. 8: Frédéric de Clarac, Comte de Clarac, Forêt vierge du Brésil, 1819, Aquarell und Feder, Musée du Louvre, Paris, aus Jenns E. Howoldt, und Uwe M. Schneede (Hrsg.), Expedition Kunst. Die Entdeckung der Natur von C.D. Friedrich bis Humboldt, Hamburg: Dölling und Galitz 2002, S. 198.
  • Abb. 9: Frederic Edwin Church, Chimborazo, 1864, Öl auf Leinwand, 121,9 x 213,4 cm, Huntington Library and Art Gallery, San Marino, CA, USA.
  • Abb. 10: Tafel 25, „Le Chimborazo vu depuis le Plateau de Tapia”. Dessiné par Thibaut, d’après une esquisse de M.r de Humboldt. Gravé par Bouquet. De l’Imprimerie de Langlois. [Doppelseite.], Vues des Cordillères.
  • Abb. 11: Friedrich Georg Weitsch, Alexander von Humboldt und Aimé Bonpland am Fuß des Vulkans Chimborazo, 1806, Öl auf Leinwand, 163 x 226 cm, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg.

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