Digitale Ausgabe – Transversalkommentar

Transversalkommentar 15

Geschichte und Geschichten

Geschichte im Denken und Schreiben von Humboldt

Alexander von Humboldt hat nicht das eine große Geschichtswerk geschrieben, bezeichnet sich selbst in der Relation historique und in anderen Werken aber durchaus als ‚Historiker‘.1 Humboldt versucht, die Dinge zusammen zu denken. Das Signum vieler seiner Studien wie auch seines Gesamtwerks ist Multiperspektivität. Hinzu kommt ein immer wieder aufscheinendes Interesse an Entwicklungen, egal in welchem Metier der Natur- oder Kulturwissenschaften er gerade arbeitet. Deswegen kann Humboldt historische Zusammenhänge im weitesten Sinne nicht ausblenden. Dies gilt umso mehr, als er in einer Zeit lebte, die mit mehreren Revolutionen, der Epochengestalt Napoleon und dem Wandel von der alten Stände- zur modernen Bürgergesellschaft – unter Einschluss kräftiger Gegenbewegungen – enorm geschichtsträchtig war. Im Hinblick auf sein historisches Denken sind zum einen große kohärente Analysen zu nennen, insbesondere der Examen critique de l’histoire de la géographie du Nouveau Continent (1834) und die in Band 2 des Kosmos integrierte „Geschichte der physischen Weltanschauung“ (1847). Zum anderen finden sich historiographische Aspekte in Humboldts kleinen Texten und Aperçus zu sehr verschiedenen Themen.2 Auf diese zweitgenannten Texte, die in den Schriften der Berner Ausgabe zusammengefasst sind, richtet sich im Folgenden der Fokus. Der Reiz einer synthetischen Betrachtung von Texten unterschiedlicher Provenienz auf historische Denkansätze hin liegt gerade in der Heterogenität des Corpus. In mancher Hinsicht bieten diese Schnipsel aus Humboldts Denkwerkstatt kein geschlossenes Bild, gestatten aber gerade dadurch Einblicke in die multiplen, unterschiedliche Pfade verfolgenden Ideen des Globalhistorikers Humboldt. Grosso modo interessiert sich Humboldt für Geschichte unter dem Gesichtspunkt ihres Erklärungswerts für Phänomene der Gegenwart. Die Neigung zur Historisierung aller denkbaren Phänomene war um 1800 durchaus neuartig.3 Sie korrespondierte mit der einschneidenden Erfahrung von politischen Umbrüchen und soziokulturellem Wandel während der ‚Sattelzeit‘ (Reinhart Koselleck), die auch den Diskurs über die Vergangenheit grundlegend veränderte. Der Akzent in Humboldts historischem Denken liegt auf Ursachenforschung und Entwicklungen. Er untersucht spezifische Phänomene und hat doch stets das große Ganze, den Wandel von Formationen, im Blick. Keineswegs wird man ihn als einen schematisch vorgehenden ‚Modernisierer‘ verstehen dürfen, der mit normativer Messlatte und dickem Pinsel simple lineare Perspektiven zwischen archaischer und moderner Welt nachzeichnet. Vielmehr geht es um die Generierung von Wissen zur Feststellung von Wirkungsrelationen in Natur, Kultur und Gesellschaft, die als ein Zusammenhang begriffen werden, egal aus welcher Epoche. So konnte Humboldt sich während seiner Amerikareise auch immer wieder für Praktiken relativ archaischer Kulturen begeistern, die den unter europäischen Gelehrten gängigen Vorstellungen und Geschichtsmodellen widersprachen. Erkenntnisse zur Geschichte waren notwendig, um die von der Aufklärung angestoßenen, von den Reiseberichten des 18. Jahrhunderts befeuerten großen Debatten um das Wesen des Menschen und seine Lebensformen weiter zu verfolgen.4 Auch bei Humboldts naturwissenschaftlichen Texten finden im Rahmen einer umfassenden Analyse historische Aspekte als Ausgangspunkt oft Berücksichtigung. Im Einzelnen erfüllt der Hinweis auf Geschichte dabei verschiedene Zwecke. So geht es Humboldt in seinem Text „Über die Chinawälder in Südamerika“ darum, „die abentheuerlichsten Vorurtheile“5 und die unlautere Geschäftemacherei mit der Chinarinde zu bekämpfen, indem er die Geschichte der Entdeckung der Pflanze und ihrer Heilkraft skizziert. Bei der Suche nach den Ursachen des Gelbfiebers in Mittelamerika greift er auf Berichte von Chronisten und Ärzten bis in die prähispanische Zeit zurück, um das wiederholte Auftreten und die Wirkungskontexte der Seuche besser verstehen zu können.6 Der Verweis auf Geschichte hat aber auch eine diskursive Funktion. Indem Humboldt auf die – bis in die Antike zurückreichende – Geschichte eines Forschungsfelds, z. B. in der Chemie oder der Mineralogie, und die Ahnengalerie der auf diesem Gebiet verdienstvoll wirkenden Forscher hinweist, trägt er zur Selbstvergewisserung und damit zur Autonomisierung fachwissenschaftlicher Diskurse bei.7 Umgekehrt unterstreicht dieses Vorgehen den Stellenwert der Wissenschaftsgeschichte bereits in der Ära der entstehenden Naturwissenschaften.

Historiographische Kontexte zwischen Aufklärung und Historismus

Will man Alexander von Humboldt in der Geschichte der Historiographie einordnen, wird man nicht fehl gehen, ihn ‚vorläufig‘ zwischen Aufklärung und Historismus zu situieren. Mit beiden Richtungen teilt er einige Vorannahmen und Vorgehensweisen, aber auch nicht mehr. Einfacher als eine genaue historiographische Verortung fällt es, Herkunfts- und Verbindungslinien aufzuzeigen. Eine wichtige Spur führt an die Universität Göttingen, wo Humboldt 1789–90 studiert hatte. Schon als 16-Jähriger hatte er in Berlin 1785–86 eine statistisch-politische Vorlesung des preußischen Juristen Christian Wilhelm Dohm (1751–1820) besucht. Dohm war 1781 mit seiner epochemachenden Schrift Über die bürgerliche Verbesserung der Juden hervorgetreten.8 1787–88 hatte sich Humboldt an der Universität Frankfurt/Oder Grundkenntnisse der Kameralistik angeeignet. Seine Vorliebe für Zahlen und für Statistik dürfte dann in Göttingen, wo sie von Gottfried Achenwall (1719–1772) und August Ludwig Schlözer (1735–1809) als Methode einer neuen, aufklärerisch inspirierten Geschichtsforschung gelehrt wurde, einen wegweisenden Impuls erhalten haben. Die ‚Göttinger Schule‘ war in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts der wichtigste Standort der entstehenden – noch nicht wie später im Historismus inhaltlich auf Staatsaktionen und ‚große Männer‘ verengten – deutschen Geschichtswissenschaft.9 Hier lernte der beruflich unentschlossene Humboldt bei dem Altertumsforscher Christian Gottlob Heyne (1729–1812) auch die philologische Methode und Quellenkritik kennen. Abgelehnt wurde jede Art von unkritischer Spekulation, die sich lediglich auf die Wiedergabe von Meinungen anderer Autoren berief. Postuliert wurde die Arbeit mit überprüfbaren Quellen als Grundlage aller Feststellungen. Die offene Kritik an vorherrschenden Meinungen auf der Basis empirisch ermittelter Aussagen sollte späterhin ein Markenzeichen des Humboldt’schen Schreibens werden. In der Präferenz für empirische Forschung trafen sich der Naturforscher, der Sozialwissenschaftler und der Historiker in der Persönlichkeit Humboldts. Neben der florierenden Belletristik und Philosophie war der Wirkungsgrad der Werke deutscher Historiker während der ‚Sattelzeit‘ durchaus bescheiden. Aus der Historikerzunft wurde einmal trocken geurteilt, Herders 1784–91 publizierte Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit seien „in Deutschland das maßgebliche, verbreitetste Werk philosophischer Natur- und Geschichtsbetrachtung [gewesen], das dann wohl weniger von Hegels Geschichtsphilosophie als erst von Alexander von Humboldts ‚Kosmos‘ (1845–62) abgelöst wurde.“10 Humboldt soll Leopold Ranke (1795–1886), den ‚Historiographen des preußischen Staates‘, dem er am Berliner Hof öfter über den Weg lief, wegen dessen restaurativ-konservativen Geistes nicht sehr geschätzt haben.11 In seiner Bibliothek standen sowohl die Werke Rankes als auch diejenigen Johann Gustav Droysens (1808–1884) wie die Geschichte Alexanders des Großen (1833) und der mittlerweile klassisch gewordene Grundriss der Historik (1858).12 Indes ist für Humboldt auch das telelogische Stufenmodell, das die westeuropäische Aufklärung auf die Menschheitsgeschichte projizierte, „eher ein heuristisches Hilfsmittel als eine dogmatische Sicht der Geschichte“.13 Letztlich gilt das Primat des Empirischen. Wäre der Autor eindeutig verortet, so wäre er nicht Alexander von Humboldt. Charakteristisch sind auch und gerade in den Schriften hybride Textstrukturen. Wenn Humboldt etwa von „der traurigen Nacht“ des Abzugs der Spanier aus Tenochtitlan im Jahr 1520 berichtet oder über die Arabienreise von Christian Ehrenberg (1795–1876) und Friedrich Hemprich (1796–1825) ausführt, „[d]ie Karavane [mit den preußischen Forschern] zog fast ununterbrochen fünf Tage und fünf Nächte lang durch die Wüste“, bedient er auch romantische Leseerwartungen.14 Zweifellos ist das Denken und Schreiben Humboldts – darüber hinaus sein Habitus15 – in kritischer Sympathie der westeuropäischen Aufklärung verpflichtet. Zum einen gilt dies für die historischen Entwürfe, die von den philosophes um Voltaire (1694–1778) und Denis Diderot (1713–1784) ausgingen, zum anderen für die angloschottische Aufklärung. Die real erfahrbaren Verhältnisse auf seiner Amerikareise betrachtet er zunächst auf der Folie seiner Kenntnis der Schriften von europäischen Gelehrten wie Georges-Louis Leclerc de Buffon (1707–1788) oder William Robertson (1721–1793). Auf sie nimmt er in den oft umfänglichen Annotationen direkt Bezug. Und versteht man Humboldts Analysen von Geschichte und Gesellschaft als einen Zusammenhang, so tritt ein weiteres Vermächtnis der Aufklärung an den Liberalismus des 19. Jahrhunderts hervor. Letztlich geht es um die Generierung von Wissen als Grundlage für eine weitreichende Reformpolitik, und zwar sowohl in Lateinamerika als auch in Europa.

Das Textcorpus

Die meisten der im Folgenden betrachteten Texte aus dem Corpus der Schriften lassen sich nicht als allein oder primär historische Arbeiten bezeichnen. Neben Artikeln mit eindeutig historischer Perspektive, wie z. B. „Ueber die Urvölker von Amerika, und die Denkmähler welche von ihnen übrig geblieben sind“ (1806), stehen Texte zu Themen aus vielfältigen Gebieten, etwa Geologie, Botanik oder Staatswissenschaft, die Betrachtungen zur Geschichte einschließen. Dementsprechend sind die historischen Aspekte und der Status des Bezugs auf Geschichte im Rahmen der Argumentation vielfältig. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die Texte im Corpus aus verschiedenen Medien stammen und unterschiedliche Adressaten haben. Eine öffentliche Vorlesung in Berlin hatte einen anderen Adressatenkreis als eine Zeitungsmitteilung oder ein Artikel in einem an Naturforscher gerichteten Fachjournal.16

Quellen und Methoden

Vergleicht man Robertsons zehnbändige History of America (1777)17 mit der Vorgehensweise Humboldts, so lässt sich ein Entwicklungssprung in den Standards historischen Arbeitens konstatieren. Humboldt hatte Zugang zu den Archiven in Spanien und Amerika, und er war bemüht, seine Aussagen durch den Bezug auf Quellenmaterial abzustützen, auch wenn die genaue Herkunft dieses Materials – gemessen an heutigen Zitierstandards – oft nicht genau belegt wird. Es stellt sich die Frage, welche Quellentypen er benutzt. Weiter ausgeholt: Wie konstruiert Humboldt in seinen historischen Texten Evidenz? Einige konstitutive Arbeitsschritte entsprechen durchaus dem heutigen sozialwissenschaftlichen Diskurs: Berücksichtigung des Wissensstands und Einbeziehung unterschiedlicher Forschermeinungen, kritischer Quellenbezug und Reflektion über das Zustandekommen der Informationen, Bemühen um Exaktheit anstelle von Spekulation, abwägende Schlussfolgerungen. Der Nachweis von Irrtümern macht auch vor Autoritäten wie Carl Linné (1707–1778) nicht halt.18 Exaktheit heißt hier – sofern machbar und sinnvoll – Zählen, Messen und Vermessen, darüber hinaus Vergleichen und Differenzieren. So ließen sich z. B. mittlere Temperaturen und Sterblichkeitsraten an verschiedenen Orten zur Eruierung der Ursachen des Gelbfiebers, die Anteile von Bevölkerungsgruppen in amerikanischen Gesellschaften oder die Größe und Höhe mexikanischer Pyramiden relativ genau erfassen und quantifizieren.19 Um gängige Stereotypen über die Geschichte Amerikas zu hinterfragen, erwiesen sich differenzierende Vergleiche zwischen Landstrichen, Gesellschaften und Kulturen als eminent wichtig. Auf diese Weise argumentiert Humboldt, dass sich die verschiedenen Ethnien in Amerika nicht über einen einzigen kulturhistorischen Kamm scheren lassen, vielmehr unterschiedliche Entwicklungsgrade aufweisen. Zudem fehlte in den meisten Gesellschaften Amerikas – historisch-empirisch nachweisbar – die im Zivilisationsmodell der Aufklärung zwischen den Kulturstufen Nomadentum und Ackerbau eigentlich vorgesehene Stufe der Weide- und Hirtenwirtschaft.20 Im Hinblick auf die verwendeten Quellen zeichnet sich Humboldts Forschung durch enorme Pluralität aus. Eine Präferenz für ein bestimmtes Quellengenre ist nicht feststellbar, und eigentlich kann alles ‚Zugängliche‘ aus jeder Epoche zur Quelle werden. Typisch ist die Kombination von Indizien und Indikatoren unterschiedlicher Provenienz. Für seine ungenierte Kompilation von Informationen aus heterogenen Quellen kommt Humboldt entgegen, dass sich die wissenschaftlichen Disziplinen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch nicht völlig ausdifferenziert und mit je eigenen Methodenstandards verselbständigt haben. In seinen Ausführungen zur Geschichte des ‚Neuen‘ Kontinents konstruiert der Amerikareisende, kursorisch aufgezählt, anhand folgender Mittel Evidenz: publizierte Berichte anderer Reisender oder Angehöriger der spanischen Kolonialherrschaft im weiteren Sinne; Dokumente aus europäischen oder amerikanischen Archiven; eigene Beobachtungen und empirische Forschungen während seiner Reise; einheimische bzw. indigene Wahrnehmungen und vor Ort kursierende Geschichten. Die Grenzen zwischen diesen Typen sind nicht immer ganz eindeutig zu ziehen. Humboldt ging in Mexiko-Stadt, Lima und Bogotá gezielt ins Archiv. Informationen „aus Aktenstücken“ oder anhand des „in den Archiven vorhandenen Materials“ werden manchmal, aber nicht, wie es heute zu erwarten wäre, durchgängig, explizit und überprüfbar benannt.21 Ältere Briefe und Berichte von Akteuren des spanischen Kolonialregimes stammten auch oft aus Archiven. Eigene Beobachtungen vor Ort implizierten auch in direkter Interaktion eingeholte Auskünfte von Einheimischen unterschiedlicher sozialer und ethnischer Herkunft. Humboldts Kapital der Glaubwürdigkeit beim europäischen Publikum besteht ganz wesentlich in dem Verweis auf seine Anwesenheit und Augenzeugenschaft in Amerika. Dies unterscheidet ihn von den vielen ‚Lehnstuhlreisenden‘ unter Europas Philosophen, die wie Buffon oder Hegel zuhause Reiseberichte lasen. Das Kapital der Präsenz vor Ort setzt er offensiv ein. So erklärt er nach seiner Rückkehr aus Amerika bei einer Vorlesung in Berlin dem bürgerlichen Publikum: „Ich habe das seltene Glück genossen, innerhalb weniger als einem Jahre nicht bloß die kolossalen Vulkane der Andeskette mit den feuerspeienden Hügeln Europens, sondern auch die kolossalen und vollendeten Denkmähler Römischer Kunst mit den rohen Ueberbleibseln der sich entwickelnden Mexikanischen Kultur vergleichen zu können.“22 Den Streit um die Identifikation verschiedener Arten der sogenannten Chinarinde kann für Humboldt „nur der entscheiden, der die Gegenden selbst besucht hat, welche diese drei Pflanzen hervorbringen“.23 Und beim Bericht über die Geschichte des Vulkans Jorullo, der 1759 in Mexiko ausgebrochen war, bemerkt er beiläufig: „Herr Bonpland und ich erreichten den Crater dieses Vulkans am 19. September 1803.“24 Zu dieser Argumentationsstrategie gehören auch die Hinweise auf Kontakte zu einheimischen Experten: „Ich darf hier mehrere meiner entfernten Freunde nennen“, die – sodann namentlich genannt – beste Kenner der amerikanischen Antike seien.25 Indigene Mythen und mündlich kursierende Erzählungen werden von Humboldt nicht etwa einfach abgetan, sondern auf ihren Wahrheitsgehalt hin reflektiert. Der Bericht über den fünfzig Jahre zurückliegenden Ausbruch des Vulkans Jorullo stützt sich auf „le témoignage des Indiens“.26 In der Abhandlung über die Chinarinde interessiert sich Humboldt auch für die Geschichte der Entdeckung ihrer tatsächlich oder angeblich fiebersenkenden Kraft. Nach der Erwägung mehrerer Möglichkeiten resümiert er: „Da unter den Missionairen stets Arzneykundige waren, so hätten, sagt man, diese den Aufguß bei der gewöhnlichen Krankheit der Gegend, dem Tertianfieber, versucht. Diese Sage ist minder unwahrscheinlich, als die Behauptung europäischer Schriftsteller, welche, wie noch neuerlichst Ruiz und Pavon, die Erfindung den Indianern zuschreiben.“27

Geschichte des Wissens und der Wissenschaft

Humboldts Wissenschaftsverständnis ist einerseits geprägt von Erkenntnisoptimismus, andererseits von dem Bewusstsein der Komplexität und der Vorläufigkeit der Ergebnisse: „Jeder Schritt, der den Naturforscher seinem Ziele zu nähern scheint, führt ihn an den Eingang neuer Labyrinthe.“ Deswegen, so Humboldt 1828 in seiner Eröffnungsrede vor der Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte, führe es nicht weiter, über Jahre und Jahrzehnte „dieselben Meynungen zu vertheidigen“. Zur Dynamik, dem „rastlosen Fortschreiten“ der Wissenschaft gehört für ihn die freie Debatte: gelehrte „Divergenz der Meynungen“ und „Stoff“ für „Gegenstände critischer Discussionen“.28 So verwundert es auch nicht, dass Humboldt sein Spätwerk Kosmos explizit als „Entwurf einer physischen Weltbeschreibung“ untertitelt.29 Die Wahrnehmung der rasanten Fortschritte und mannigfachen Innovationen in den Natur- wie auch in den Geisteswissenschaften im 19. Jahrhundert musste – paradoxerweise – im Verbund mit der Erkenntnis der Relativität der erzielten Ergebnisse das Interesse an der Geschichte des Wissens steigern. Charakteristisch für Humboldt ist der Respekt für wissenschaftliche Leistungen, die er bis in die Antike zurückverfolgt. Immer wieder werden auch die Schriften antiker Autoren auf ihren Quellenwert für aktuelle Forschung hin studiert. Darüber hinaus hat Wissenschaft für ihn zwar in den Akademien und Museen der modernen „gebildeten Nationen“ Stützpunkte gefunden,30 genießt aber kein europäisches Copyright. Humboldts Rückblicke in die Wissenschaftsgeschichte ähneln mitunter einer Galerie der Helden und ihrer Heldentaten. In dieser Hinsicht entsprechen einige seiner Texte durchaus dem politikgeschichtlichen Ansatz des Historismus, demzufolge Geschichte die ‚Geschichte großer Männer‘ war. So nutzt der junge Humboldt seinen 1792 in den ‚Chemischen Annalen‘ publizierten „Entwurf zu einer Tafel für die Wärme-leitende Kraft der Körper“, um vor der Auflistung der wärmeleitenden Eigenschaften verschiedener Stoffe eine Textpassage zur Geschichte der Kenntnisse über dieses Phänomen einzufügen. Die Reihe der genannten Forscher reicht dabei von Anaxagoras, Empedokles und Aristoteles über die italienische Renaissance bis in die Gegenwart zu „Herr[n] Mayer“.31 Vor allem bei Vorträgen zu repräsentativen Anlässen wie bei der bereits erwähnten Eröffnung der Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte 1828 in Berlin oder ein Jahr später in der Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg zeigt Humboldt gern anhand von namentlich genannten Forschern den Fortschritt in den Wissenschaften auf.32 Dabei geht es zum einen um eine Art Ehrzuweisung für die individuellen Forscher und damit um symbolisches Kapital, das der Wissenschaft insgesamt gebührt; zum anderen um Wissenschaftspolitik, nämlich den Appell an den modernen Staat und namentlich die Monarchen, die Wissenschaften und Forschungsreisen mit finanziellem Kapital auszustatten.33 Große Forscher gibt es für Humboldt nicht nur im Abendland. Die angestrebte Globalgeschichte des Wissens ist keineswegs ein rein europäisches Unternehmen. Schon lange vor seiner Amerikareise beschäftigt den aufstrebenden Forscher „die Geschichte des menschlichen Wissens überhaupt“.34 Mit dieser – heute ausgesprochen aktuellen – Agenda befragt er nicht nur antike Klassiker und moderne Wissenschaftler, sondern auch Menschen im Urwald und im Hochland der Anden.35 Bei der berühmten Rede vor der Akademie in St. Petersburg finden in einer Langzeitperspektive auch die Forschungen der „école d’Alexandrie et à l’époque brillante des Arabes“ Erwähnung.36 Im Kosmos ging Humboldt dann ausführlich auf die wissenschaftlichen Leistungen der Araber und auch der Inder sowohl in der Antike als auch im Mittelalter ein.37 In puncto Botanik ist für Humboldt der gebürtige Spanier José Celestino Mutis (1732–1808), den er mit Bonpland in Bogotá aufsucht, eine wichtige Referenz.38 Die alten aztekischen und otomitischen Sprachen sollen durch Professuren an der Universität Mexiko erforscht werden.39 Wissenschaft muss für Humboldt auch nicht männlich sein. Bei seiner Würdigung großer Entdeckungen in der St. Petersburger Rede erwähnt er neben Arago und Ampère auch die schottische Mathematikerin und Astronomin Mary Somerville (1780–1872).40 Es ginge also fehl, Humboldts Verständnis der Wissenschaftsgeschichte auf ‚große Männer‘ bzw. europäische Gelehrte reduzieren zu wollen. Im Format der Schriften blieb allerdings oft kein Platz für tiefer gehende Analysen. In seinen Texten zur Geschichte der fatalen Beziehung zwischen dem Kolonialregime und altamerikanischen Kulturen wird deutlich, in welchem Maße die Akkumulation von Wissen mit Herrschaft, Macht und Gewalt verknüpft war. Letztlich blieb, wie Humboldt im Kosmos ausführt, die gesamte Erfolgsgeschichte der Wissenschaft im Abendland seit der Antike verbunden mit der Geschichte politischer Macht.41 In seinen konkreten Analysen greift Humboldt auf verschiedenste, die Reichweite der historistischen Politikgeschichte, weit überschreitende Aspekte der Sozial-, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte, ja sogar der Umweltgeschichte zurück.42
Abb. 1: „Frontispiz von Humboldts Altlas géographique et physique des régions équinoxiales du nouveau continent“ (1815) [Bildnachweis]

Die Geschichte der Erde

Alexander von Humboldt historisiert die Natur. Die erfolgreiche Biographie von Andrea Wulf konstatiert sogar die „Erfindung der Natur“, was indes nicht dasselbe ist.43 Historisierung der Natur betrifft zum einen die Auswirkungen der natürlichen Umwelt auf menschliche Gesellschaft, zum anderen die Auswirkungen menschlichen Handelns auf die Natur. Drittens interessiert sich Humboldt für den Gestaltwandel von Pflanzen, Tieren, Gesteinen: „die Anfänge der Vegetation […], welche wir mit dem Namen der Pilze und Algen bezeichnen“; die historischen „Veränderungen“ der Säugetiere „nach Geschlecht, Alter und Jahreszeit“, und zwar im Vergleich zu den „Angaben alter Schriftsteller“.44 Von herausragender Bedeutung in puncto Naturgeschichte ist eine Frage, die Humboldt zeitlebens beschäftigt und unter den Zeitgenossen als Debatte zwischen den sogenannten Plutonisten und den Neptunisten prominent wurde: Wie entsteht und verändert sich die Erdkruste? Bereits während der Frühaufklärung war es, angestoßen von den Physikotheologen in England und dem Zürcher Arzt Johann Jakob Scheuchzer (1672–1733), zu einer paradigmatischen Debatte um die Entstehung der Welt gekommen.45 Vor diesem Hintergrund ist es keineswegs selbstverständlich, dass Theologie und biblische Annahmen – von der Schöpfung der Welt in sieben Tagen oder von einer großen Sintflut – in den ‚geognostischen‘ Texten Humboldts keine Rolle mehr spielen. Die empirisch arbeitenden Naturwissenschaften hatten sich langsam aus den für die Physikotheologie noch evidenten heilsgeschichtlichen Hülsen emanzipiert. Übrig blieb das nackte Interesse an der Geschichte der Erde als solcher. Die noch relativ neue Perspektive, dass es eine Geschichte der Erde vor der Geschichte des Menschen und dazu ohne göttliche Interventionen gibt, birgt für Humboldt keinen Schrecken. Indes zeigt eine vorläufige Bestandsaufnahme des 22-jährigen Studenten Spuren einer Ästhetik des Erhabenen: „Die natürliche Gestalt gewisser Länder ist seit ein Paar Jahrtausenden mannichfaltig verändert. Meeresfluthen, Vulcane und Erdbeben haben ihre verheerende Macht ausgeübt. Berge sind zersplittert, Thäler ausgefüllt, Inseln aus dem Wasser emporgetrieben worden.“46 Angesichts der ‚Tiefenzeit‘, der Jahrmillionen alten Geschichte der Erde, und solcher machtvollen Umbrüche wirkt die Geschichte der Menschheit in ihrer Bedeutung gleichsam reduziert.47 Humboldt interessiert sich dabei weniger für das Gleichbleibende als für Wandel und Eruptionen. Wiederholt konstatiert er mit Blick auf die Geschichte der Erde „Revolutionen“ oder sogar „diese gewaltsamen Revolutionen“.48 Der Ausbruch des Vulkans Jorullo 1759 in Mexiko ist, wie er 1809 enthusiastisch mitteilt, „vielleicht eine der merkwürdigsten physischen Revolutionen, welche uns die Geschichte unseres Planeten kennen gelernt hat.“49 Kontextualisiert man Humboldt in der Politischen Kulturgeschichte der ‚Sattelzeit‘, so kann weder der Ansatz noch die Wortwahl überraschen. Der größte Teil seiner Lebenszeit fällt in die Epoche, die der anglomarxistische Sozialhistoriker Eric Hobsbawm in seinem einflussreichen Buch The Age of Revolution: 1789–1848 genannt und Reinhard Koselleck aus einer eher deutschen Perspektive als Epoche der „Beschleunigung“ des sozialen Wandels und der Zeitwahrnehmung skizziert hat.50 Hier gibt es deutliche Rückkoppelungen zwischen Zeiterfahrung, Politik und Historisierung der Natur. 1829, noch in der politischen Windstille der Ära Metternich und nur ein Jahr vor der Pariser Juli-Revolution, vergleicht Humboldt die Vulkantätigkeit in Europa und Amerika. Er warnt: „Die Meinung, daß in den ältern Himmelsstrichen [d. h. in Europa] ein gewisser Friede in der Natur herrschen müsse, gründet sich bloß auf ein Spiel unserer Einbildung.“51

Die Geschichte Amerikas im kolonial-postkolonialen Perspektivenwechsel

Bemerkenswerterweise stellt sich Humboldt mit dieser vieldeutigen Einschätzung in dem Artikel „Ueber den Ursprung von Amerika“ auf einen strikt naturwissenschaftlichen Standpunkt: Naturgesetze müssen überall auf der Welt in gleicher Weise wirken. Die Vorstellung, das amerikanische Festland sei wesentlich jünger und neuer als der Kontinent Europa, ist „den allgemein anerkannten Gesetzen der Physik widersprechend“.52 Humboldt interveniert mit diesem Statement zum wiederholten Mal in dem ‚Streit um Amerika‘, eine Debatte, die im Europa der Aufklärung über die angebliche Inferiorität und Rückständigkeit der amerikanischen Kreaturen und Kulturen wie auch sogar der Landmasse Amerikas im geologischen Sinne geführt wurde.53 Auch Buffon und Hegel vertraten solche Positionen. Mit mehr als einer Prise Ironie belustigt sich Humboldt, der während seiner Reise die Üppigkeit des Regenwalds und die Differenziertheit der amerikanischen Kulturen aus nächster Nähe studiert hatte, über „mit Recht belobte Schriftsteller“, denen zufolge „die stets erbebende noch nicht ganz abgetrocknete Erde dort dem chaotischen Primordialzustande näher, als im alten Kontinent, sei.“54 Derartige Diskurse einer Identitätskonstruktion durch simple Abgrenzung von ‚den Anderen‘ ohne eingehende Überprüfung sind dem Empiriker und interkulturellen Mediator Humboldt fremd.55 Amerika bleibt für Humboldt ein Lebensthema. Dies gilt in vieler Hinsicht, eben auch für die Themenfelder Geschichte und Geographie.56 Nimmt man den ‚Streit um Amerika‘ als geistesgeschichtlichen Rahmen, so zielt sein Vorgehen auf eine Versachlichung und Verwissenschaftlichung der Einschätzungen. Dies beginnt bei der Überprüfung der Herkunft des Namens ‚Amerika‘. Indem Humboldt zur Klärung der Frage, warum sich als Bezeichnung für den ‚neuen‘ Kontinent ‚Amerika‘ nach Amerigo Vespucci und nicht die Bezugnahme auf Kolumbus durchgesetzt hat, mit Originaldokumenten in Bibliotheken und Archiven arbeitet, schlüpft er in die Rolle des modernen Historikers. Er argumentiert quellenorientiert, auf Exaktheit bedacht und vergleichend. Er kritisiert ältere Meinungen der Forschung und kontextualisiert seine Befunde.57 Die Ironie bei der Angelegenheit: Der Name ‚Amerika‘ beruht auf Zufall und „einem blossen Irrthum“.58 Ein humanistisch gebildeter Lehrer aus Freiburg im Breisgau namens Martin Waldseemüller (Martinus Ilacomylus) veröffentlichte 1507, ein Jahr nach Kolumbus’ Tod, eine Cosmographiae Introductio, in der er – Vespucci als Entdecker annehmend – den Namen ‚America‘ kreierte. Einmal in die Welt der humanistischen Gelehrten gesetzt, ließ sich dieser Irrtum, wie Humboldt aufzeigt, nicht mehr berichtigen. Humboldt weist zwar darauf hin, dass Kolumbus’ Reise strictu sensu nur „ein Wiederauffinden des Neuen Continents“ bewirkt habe,59 bezieht sich dabei allerdings auf die Fahrten der Wikinger zwischen Norwegen, Grönland und dem späteren Nordamerika um das Jahr 1000. Jene Kontakte hätten weder für die Lage „Amerikanischer Urvölker“ noch weltgeschichtlich etwas verändert.60 Die aus heutiger Sicht eurozentrische Wahrnehmung der ‚Entdeckung‘ des ‚neuen‘ Kontinents wird nicht korrigiert. Humboldt weiß zwar um die Einwanderung von Volksgruppen aus Asien nach Amerika lange vor 1492. Kolumbus’ Leistung ist für ihn jedoch – anders als die Namensgebung – kein Zufall und auch nicht folgenlos, sondern eröffnet eine neue Etappe der Geschichte. Die dauerhafte Erweiterung der Kenntnisse über die Welt durch Entdeckungsfahrten, Experimente und Beobachtungen der Himmelskörper machen die Epoche um 1500 für Humboldt – nach der aus seiner Sicht relativ innovationsarmen Epoche des europäischen Mittelalters – zu einer eminent wichtigen ‚Sattelzeit‘ der Weltgeschichte.61 Während an Humboldts Sympathie und Eintreten für außereuropäische indigene Kulturen im Allgemeinen kein Zweifel besteht, weisen seine Texte durchaus Interpretamente auf, die eurozentrisch und eher kolonialgeschichtlich als postkolonial konfiguriert sind. Es ist hier notwendig, Humboldt im Kontext seiner Zeit zu sehen. Auch im ‚Age of Revolution‘ war Europa, sogar durchgängiger als in der Frühen Neuzeit, als es mächtige Stadtrepubliken gab, ein Europa der Monarchien. Das monarchische Prinzip wurde ab 1815 restauriert, entwickelte sich aber mit verschiedenen Geschwindigkeiten in Richtung Konstitutionalismus. In Paris gab es wiederholt Revolutionen, in Preußen bis 1848 keine Verfassung. Humboldt, der sich dem intellektuellen Paris verbunden fühlt, aber Mitglied des preußischen Staatsrats ist, pendelt quasi zwischen beiden Städten und beiden Sphären.62 Zudem kommt es in Südamerika zwar bald nach seiner Rückkehr zu einem Prozess der Dekolonisation durch lange Unabhängigkeitskriege. Das eigentliche Zeitalter des Hochimperialismus steht in Asien und Afrika aber erst noch bevor. Insoweit war das 19. Jahrhundert politisch ambivalent und nicht postkolonial. In seiner Rolle als Forschungsförderer nimmt Humboldt keinen Anstoß daran, dass sein Freund und Wegbegleiter Ehrenberg 1825 von seiner Reise durch arabische Länder tausende Artefakte – Pflanzen, Tiere, Mineralien, Handschriften usw. – mit nach Preußen bringt. Im Gegenteil: „Für die königl. Sammlungen sind viele Menschen- und Thier-Mumien, zwei griechische Papyrus-Rollen in Aegypten gefunden, sieben arabische Manuskripte und eine habessinische Bibel […] wichtige Bereicherungen geworden.“63 Allerdings hat Humboldt im Hinblick auf die Herkunft der Artefakte – anders als manche moderne Museen – ein hohes Provenienz- und Kontextbewusstsein. Sonst würde seine Methode des differenzierenden Kulturvergleichs, die immer wieder von Beobachtungen am konkreten Gegenstand ausgeht, nicht funktionieren. Im Unterschied zu zahlreichen Texten, in denen Humboldt den Kolonialismus deutlich kritisiert, wird in den 1809 publizierten „Fragmenten“ aus Humboldts Essay über „den politischen Zustand des Königreichs Neu-Spanien“ auf der Basis spanischer Quellen der Eroberungszug der Konquistadoren durch Mexiko lakonisch und kritiklos abgehandelt. Deren Massaker unter den Azteken finden keine Erwähnung, dafür aber recht anschaulich die Menschenopfer der „Aztekischen Priester […] in ihrem grausamen Götterdienste“.64 Diese Drastik relativiert sich zugunsten eines insgesamt für Humboldt charakteristischen Bemühens um Ausgewogenheit, wenn man mehrere der Schriften nebeneinander hält. So fügt er in seinem erstmals 1806 in der Neuen Berlinischen Monatschrift gedruckten Text „Ueber die Urvölker von Amerika“ einen Zusatz hinzu: „Tenochtitlan, wo noch vor drei Jahrhunderten Priester sich an dem Anblick der geschlachteten Menschen weideten, und wo christlicher Fanatismus manchmal oft ähnlichen Blutdurst geäußert hat“.65 Zwei Ansätze vermögen es, die Perspektivenwechsel in Humboldts Schreiben über altamerikanisch-indigene Kulturen heuristisch zu überspannen. Für Oliver Lubrich beginnt Humboldt seine kulturanthropologischen Studien zu prähispanischen Kunstwerken mit einer eurozentrischen Hypothese, falsifiziert diese aber im Lauf seiner Untersuchung. Ein zunächst „kolonialer Diskurs“ wird im Hinblick auf den ästhetischen Wert der amerikanischen Kunst „schließlich revidiert“.66 Die Historiker betonen, dass die gegebenen Entwicklungsmöglichkeiten der indigenen Gesellschaften aus Humboldts Sicht nicht erst durch das Zerstörungswerk des Kolonialismus, sondern bereits durch die ‚Despotien‘ der Inkas und Azteken blockiert wurden.67 Die Überreste alter Kulturen, „Spuren einer alten Civilisation“,68 die er während seiner Reise allenthalben vorfindet, sind für ihn Indikatoren eines für die Geschichte Lateinamerikas fatalen Rückfalls ‚in Barbarei‘, der mehrere Ursachen hat.

Fortschrittsidee und autochthone Praktiken

Humboldts Werk durchzieht die Polarität zwischen einem Fortschrittsnarrativ und einem Respekt – oftmals einer Faszination – für autochthone Praktiken und Wahrnehmungen. Seine Rede vor der Akademie von St. Petersburg liest sich wie ein Manifest des Glaubens an den Fortschritt durch Wissenschaft zum Wohle der Menschheit. Direkt anknüpfend an den Diskurs der Aufklärung, gelten frühere Jahrhunderte hier als „siècles de barbarie“. Auf der Höhe seiner internationalen Reputation angekommen, beschwört Humboldt, der hier auch Politiker ist, eine über alle politisch-kulturellen und religiösen Unterschiede hinweg sich ausbildende internationale Gemeinschaft der aufgeklärten Völker („les peuples éclairés“): vereint durch das Interesse an den Natur- und Geisteswissenschaften sowie den Künsten, erhoben über die „besoins vulgaires de la société“.69 Dieses optimistische Bild einer zivilisierten Moderne ist auch als Utopie eines liberalen Reformers zu lesen, die allerdings einiges von ihrem affirmativen Duktus verliert, wenn man bedenkt, dass sie in der Hauptstadt des zaristischen Russland dargelegt wird. Ob die Zuhörer diesen gewollten Widerspruch bemerkten, darüber kann man nur Mutmaßungen anstellen. Unabhängig von programmatischen Verlautbarungen musste das aufklärerische Stufenmodell des Fortschritts Einbußen an Evidenz erleiden, sobald sich das auf Differenzierung angelegte, den eigenen Standort mitreflektierende Denken Humboldts der Empirie der von ihm untersuchten Gesellschaften annäherte. Die Beschäftigung mit soziokulturellen Realitäten in der Gegenwart wie in der Geschichte lieferte für die Kritik an einem quasi-normativen linear-teleologischen Entwicklungsmodell viel Stoff. So wurde das inhärente Fortschrittspotenzial archaischer Gesellschaften immer wieder gehemmt. Wenn der Fortschritt von außen kam, dann oft durch militärische Gewalt, mithilfe zweifelhafter Glaubensideen oder auf äußerst menschenverachtende Weise mittels Sklaverei. Es war denkbar, dass es nicht den einen, sondern verschiedene Entwicklungswege gab. Dafür lieferte die amerikanische Geschichte zahlreiche Belege. Hinzu kam bei Stufenmodellen das Problem der (zeitlichen) Synchronizität. Menschenleere Landschaften gab es nicht nur in Südamerika, sondern auch in Skandinavien. Der Feudalismus wurde auch im modernen Mitteleuropa erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts überwunden, in Russland bestand er bis über den Tod Humboldts hinaus fort. Trotz seines optimistischen Festhaltens an einem Fortschrittsdispositiv und der Vorstellung von bestimmten Zivilisationsstufen kann Humboldt mit der spekulativ-universalistischen Geschichtsphilosophie Hegels nicht viel anfangen. Hegels Grundidee von der Weltgeschichte als eines „göttlichen, absoluten Prozesses des Geistes“,70 den die jeweiligen menschlichen Akteure in ihrer Epoche nur begreifen und umsetzen müssen, ist ihm völlig fremd. Bei Humboldt gibt es weder ‚Weltgeist‘ noch ‚Volksgeister‘. Vor allem postuliert er eine ganz andere Methode, und hier sind sich der Naturforscher und der Historiker (bemerkenswerterweise) einig. In einem Brief an Varnhagen von Ense führt Humboldt 1837 aus: „Für einen Menschen, der, wie ich, insektenartig an den Boden und seine Naturverschiedenheit gebannt ist, wird ein abstraktes Behaupten rein falscher Tatsachen und Ansichten über Amerika und die indische Welt freiheitberaubend und beängstigend.“71 Humboldt geht – buchstäblich ‚down-to-earth‘ – vom Primat des Empirischen aus, und er nimmt sich die Freiheit, die empirisch wahrnehmbaren Phänomene auf die eine oder die andere Weise, oft ad hoc und versuchsweise, nicht aber gemäß einem vorab definierten Modell zusammenzusetzen.72 Der Fokus auf die Praktiken und das Ernstnehmen der Akteure, egal welcher Provenienz, macht Humboldt zu einem Ethnologen und Kulturhistoriker.73 Wenn er nur an den Faktoren des Fortschritts interessiert wäre, müsste er sich nicht für die Erfahrung und die ‚soziale Logik‘ der Akteure interessieren. Das Gegenteil ist der Fall. Die ‚Perspektive der Eingeborenen‘ (Clifford Geertz) findet Berücksichtigung, auch wenn sie kritisch hinterfragt wird. Um den Gründen für das Absinken des Wasserspiegels eines Sees in Guyana auf die Spur zu kommen, lohnt es, die sagenähnlichen Geschichten der Indigenen in der Gegend zu studieren.74 Die Meinung der um den Vulkan Jorullo wohnhaften Dorfbewohner, Grund für dessen Ausbruch sei eine Verfluchung der Landschaft durch die anwesenden Kapuzinermönche gewesen, ist wenig überzeugend. Aber Humboldt protokolliert sie, um noch zu ergänzen, diese Geschichte sei den gutgläubigen Einwohnern von den Mönchen eingeflüstert worden, um ihnen Angst zu machen.75 Unwissen und Einfältigkeit sind kein Privileg der Indigenen. Humboldt bemerkt, dass noch im Jahr 1775 bei einer spanischen Expedition auf der Suche nach dem sagenhaften Goldland El Dorado in Guyana mehrere hundert Menschen ihr Leben verloren.76 Und dann – so Humboldt – gibt es in Vera Cruz noch einen Friseur, der bei der Rasur am Eintrocknen der Seife im Gesicht sieht, ob jemand das Gelbfieber bekommen wird oder nicht. Die Einheimischen benutzen eine „Schneepost (Posta de nieve)“ für den schnellstmöglichen Transport von Schnee von einem Vulkan nach Vera Cruz, um den Erkrankten Kühlung zu verschaffen.77 Solche und ähnliche Geschichten finden sich immer wieder sowohl in den Tagebüchern als auch in den publizierten Schriften. Als Empiriker ist Humboldt primär an überprüfbarem Wissen interessiert. Aber indem er die Denkweisen des indigenen ‚pensée sauvage‘ (Claude Lévi-Strauss) notiert, honoriert er sie gewissermaßen auch. Mythen, wie sie später auch der Magische Realismus erzählen sollte, bilden die Antithese zu wissenschaftlicher Ratio. Humboldts Haltung dazu changiert zwischen Falsifikation und Faszination.

Forschungsperspektiven

Erkennt man Humboldt als Historiker, so liefert das Textcorpus der Schriften zahlreiche Bausteine, mit denen offene Forschungsfragen der Wissenschaftsgeschichte angegangen werden können. Dies betrifft zuvorderst die schwierige Frage der Situierung Humboldts in der Historiographie des ausgehenden 18. und des 19. Jahrhunderts und die konkreten Praktiken historiographischer Methode. Anhand der Texte lassen sich die Modi der Hervorbringung und der argumentative Stellenwert historischen Wissens studieren. Humboldt ist ein Feldforscher und ‚teilnehmender Beobachter‘. Zugleich sucht er in Südamerika wie auch in Europa Archive und Bibliotheken auf, um mit Originalquellen zu arbeiten. Er inspiziert Artefakte direkt vor Ort und quantifiziert Befunde anhand offizieller Erhebungen. Er befragt sowohl die Schriften der ältesten Chronisten als auch lebende Akteure. Seine Methoden und sein Erkenntnisinteresse in puncto Geschichte gehen weit über diejenigen des Historismus hinaus. Obwohl er die Leistungen klassisch gewordener Forscher und Entdecker preist, ist sein historisches Denken nicht auf die berühmt-berüchtigten ‚großen Männer‘ der Politikgeschichte verengt. Seine Denkansätze kommen weitgehend ohne das typisch historistische ‚Verstehen‘ aus. Indem er – botanisch geschult – beobachtet, differenziert, typisiert und vergleicht, schlägt Humboldts Vorgehensweise eine Brücke von den Natur- zu den Sozialwissenschaften. Hier lassen sich mehrere Anschlussfragen stellen: Inwiefern knüpfen seine Denk- und Arbeitsweisen an Vorbilder aus dem 18. Jahrhundert an: z. B. an die Weltgeschichtsschreibung im Zeitalter der Aufklärung, an das seit dem Humanismus blühende Genre der Reisebeschreibung oder an die neue, in Göttingen gelehrte statistische Landesbeschreibung? Und wie wirkte sein Denken weiter auf die historisch arbeitenden Sozial- und Kulturwissenschaften in statu nascendi? Obwohl sich der politische Liberalismus auf Humboldt berief, standen dessen ‚ganzer‘, d. h. vollumfänglicher, Rezeption im Zeitalter von Nationalstaat und Imperialismus mächtige ‚Kulturwertideen‘ (Max Weber) entgegen.78 Der Wandel der politischen Großwetterlage zwischen Vormärz und Wilhelminismus dürfte ein wichtiger Grund dafür sein, dass Humboldts in nuce post-koloniale Denkansätze in Vergessenheit gerieten und er zunehmend auf die Rolle als Gallionsfigur der Naturwissenschaften festgelegt wurde. Nebenbei erleichterte dies auch die wissenschaftshistorisch praktische Abgrenzung von seinem Bruder Wilhelm.79 Man kann abschließend die Frage stellen, inwiefern Humboldts Ansätze auf aktuelle Konzepte der Geschichtswissenschaft vorausweisen. In mancher Hinsicht erweist sich sein Denken als zeittypisch und aus heutiger Sicht altmodisch. So verweist er – in der Denktradition Johann Gottfried Herders – hin und wieder auf die „Eigenthümlichkeit des Nationalcharakters“ oder die „inneren geistigen Anlagen“80 von Völkern. Gegen diese essenzialistische Idee könnte man seine eigenen, argumentativ dominanten Erklärungsmuster – quasi Humboldt gegen Humboldt – in Stellung bringen. Denn in mancher Hinsicht betreibt Humboldt moderne und sehr aktuelle Kulturwissenschaft. Er dekonstruiert gängige Stereotypen (‚edle Wilde‘) und Theoreme (Unterlegenheit des ‚jungen Kontinents‘ Amerika). Er betont die Relevanz von Austausch und Kommunikation für den Fortschritt des Wissens. Er exotisiert nicht, sondern nimmt als ‚teilnehmender Beobachter‘ direkt Kontakt mit den Akteuren vor Ort auf. Er analysiert die Praktiken und Vorstellungen der Indigenen und würdigt sie auf diese Weise. Er geht induktiv vom konkreten Objekt aus, anstatt vorschnell auf die Erklärungskraft übergreifender Theorien und einheitlicher Narrative zu setzen. Zweifellos ist Humboldts global orientiertes Erkenntnisinteresse ein weiteres Merkmal der Unterscheidung gegenüber dem Historismus. Der „Kosmos im Kopf“81 lässt ihn alle nur denkbaren Dinge registrieren und komparativ reflektieren: eben nicht nur Vegetationsformen und Gesteinsformationen, sondern in historischer Perspektive auch etwa den Straßenbau bei den Inkas und den Römern, altamerikanische und griechische Kunstwerke, Besitzrechte und feudale Entrechtung von Bauern, mythische Vorstellungen von der Entstehung der Welt und vom Reich der Toten etc. Am entschiedensten ein Globalhistoriker ist Humboldt wahrscheinlich im zweiten Band (1847) des Kosmos, aus dem dann in den späteren Schriften oft zitiert wird. Konstitutiv für Humboldts Forschungsdesign in dem Kosmos-Kapitel über die „Geschichte der physischen Weltanschauung“ sind zwei Fragen: 1. Wie und wo entsteht der für Fortschritt notwendige Wissensaustausch zwischen den Völkern? 2. Wie entsteht dauerhaftes Wissen über die Welt, das nicht wieder verloren geht? Bei seiner in der Antike ansetzenden Wissensgeschichte schaut Humboldt weit über die Grenzen Europas hinaus, ohne aber die faktisch zunehmende Macht und die Expansion Europas aus der Geschichte herausschreiben zu wollen. Humboldts Geschichte beginnt nicht in Europa, und sie endet nicht in Europa. In der großen Analyse wie bei der kleinen Begebenheit denkt Humboldt global.

Abbildung

  • Abb. 1: „Frontispiz von Humboldts Altlas géographique et physique des régions équinoxiales du nouveau continent“ (1815). © Universitätsbibliothek Bern, Signatur PW 79: 1:2; photographiert von Hans Grunert.

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