Digitale Ausgabe – Transversalkommentar

Transversalkommentar 13

Kolonialismus

Alexander von Humboldt ist wahrscheinlich der deutsche Autor, der sich am intensivsten mit dem Kolonialismus auseinandersetzte. Er tat dies aus eigener Anschauung, in fächerübergreifender Forschung und jahrzehntelanger publizistischer Aktivität. Am Ausgangspunkt der Expedition nach Amerika (1799–1804), welche seinen Ruhm begründete und die Voraussetzungen für sein ebenso umfangreiches wie thematisch vielfältiges Werk schuf, stand ein imperiales Unternehmen, das in Edward Saids Theorie des Orientalismus das Paradigma bildet: Napoleons Ägypten-Feldzug im Jahr 1798, den Orientalisten als Fachleute begleiteten.1 Humboldt hätte an dieser Kampagne beinahe teilnehmen und sich als Wissenschaftler in den Dienst der Eroberung stellen können. Stattdessen vereitelte sie seine Pläne, unabhängig in den Orient zu reisen, und er ging in die ‚Neue Welt‘.2 Mit der ungewöhnlichen Vollmacht des spanischen Königs, Carlos IV, bereiste der preußische Forscher fünf Jahre lang (1799–1804) die Kolonien in Amerika, während sich dort bereits die Unabhängigkeitsbewegung andeutete. Zusammen mit dem kreolischen Revolutionär Carlos Montúfar, den die Spanier später hinrichteten, bestieg er den Chimborazo. Nicht ohne Grund verweigerte Portugal dem Sympathisanten der Revolution die Einreise nach Brasilien.3 Während er zweimal Kuba besuchte (1800, 1804), kämpften auf der benachbarten Insel Hispaniola die Sklaven gegen ihre französischen Kolonialherren (1791–1804). Diese erste erfolgreiche Sklavenrevolution in einer europäischen Kolonie, die weithin spürbare Schockwellen auslöste, erkämpfte 1804 die Unabhängigkeit Haitis.4 Auf der Rückfahrt besuchte Humboldt im selben Jahr jedoch nicht diese aufständische Insel, sondern eine ehemalige Kolonie, die sich schon drei Jahrzehnte früher (1776) von ihrem ‚Mutterland‘ befreit und seitdem eine demokratische Verfassung gegeben (1787–1789) hatte: die Vereinigten Staaten von Amerika. Er traf Präsident Thomas Jefferson und berichtete der Regierung der USA aus dem (noch bis 1821) spanischen Mexiko. Von seiner Rückkehr aus den Amerikas (1804) bis zu seiner ‚Heimkehr‘ nach Berlin (nach einem kürzeren Aufenthalt 1805–1807 endgültig 1827) lebte Humboldt in Paris, der Metropole des französischen Kolonialreiches. Dessen Besitz umfasste damals immerhin bereits Guayana, Guadeloupe, Martinique, Réunion, Mauritius, Äquatorialafrika und Französisch-Indien. Ab 1830 wurde Algerien erobert.5 Als er ihm in Paris begegnete, soll der ‚Zweite Entdecker‘ den späteren ‚Befreier‘ Südamerikas, Simón Bolívar, zur Revolution inspiriert haben.6 Während er in Europa an seinem vielbändigen Reisewerk arbeitete, verfolgte er dessen Unabhängigkeitskriege (1809–1825). Bei Humboldts zweiter Weltreise, der asiatischen, wiederholte sich das Muster der ersten, der amerikanischen. So wie die Franzosen ihm 1798 den Weg in den Orient und die Portugiesen 1800 den Weg nach Brasilien versperrt hatten, sollen ihm 1829 die Engländer die Einreise nach Indien verweigert haben. Humboldt bereiste stattdessen das kontinentale Kolonialreich des Zaren. In Zentral-Asien bewegte er sich im Konfliktfeld dreier Imperien: des russischen, des britischen und des chinesischen. Auch außereuropäische Imperialismen konnte er also aus eigener Anschauung in seinen Schriften berücksichtigen.7 Noch zu Humboldts Lebzeiten bildeten sich deutsche Kolonialgesellschaften. Deutsche Kolonien wurden aber erst nach seinem Tod in Besitz genommen. Den ersten staatlichen Versuch, ein Territorium in Übersee zu erwerben, nämlich die chinesische Insel Formosa (Taiwan), unternahm Preußen in Humboldts Todesjahr. Die Ostasien-Expedition unter Graf Friedrich zu Eulenburg stach 1859 in See – aber man brach sie erfolglos ab.8 Humboldts Leben stand im Zeichen des Kolonialismus – und von dessen Überwindung. Ebenso wie Humboldts Schreiben.

Gesamtwerk

Seine Expedition durch die spanischen Kolonien in der ‚Neuen Welt‘ schildert Humboldt unmittelbar in seinem Reisetagebuch9 und in seinen Reisebriefen10 sowie anschließend im dreibändigen Reisebericht, der Relation historique du Voyage aux régions équinoxiales du Nouveau Continent (1814–1831). Vor allem die illustrierten Vues des Cordillères et monumens des peuples indigènes de l’Amérique (1810–1813) und die Ansichten der Natur (1808) enthalten zahlreiche Schilderungen vom Leben, von der Kultur und von der Geschichte der kolonisierten Völker. Im Essai politique sur le royaume de la Nouvelle-Espagne (1808–1811) beschreibt Humboldt eine Kolonie auf dem Weg zur Unabhängigkeit. Er beklagt ihren gesellschaftlichen Zustand und bezeichnet Neu-Spanien als „das Land der Ungleichheit“: „Le Mexique est le pays de l’inégalité.“11 Im Essai politique sur l’île de Cuba (1826) betrachtet er eine weitere Kolonie, die bis 1898 Spaniens letzte in Amerika bleiben wird. Ihre gesellschaftliche Analyse gipfelt in einem Plädoyer für die Abschaffung der Sklaverei.12 Im Examen critique de l’histoire de la géographie du Nouveau Continent (1834–1838) schreibt Humboldt eine Geschichte der Entdeckung und Kolonisierung Amerikas.13 Der Kosmos (1845–1862) schließlich enthält eine buchlange Abhandlung zur „Geschichte der physischen Weltanschauung“ in globaler Perspektive (Band 2, 1847).14 Humboldt spricht hier indes nicht mehr nur als Historiker des Kolonialismus. Er entwickelt Ansätze postkolonialer Theorie im Sinne eines systematischen, konzeptionellen, kritischen Nachdenkens über die Erschließung, Eroberung und Kolonisierung der Welt und die mit ihr verbundenen Diskurse, Ideologien und Fremdbilder in Kultur, Literatur und Wissenschaft.15 Diese Ansätze betreffen die Kontinuität eines antiken Paradigmas der Fremdwahrnehmung und die Dialektik von Kolonialismus und Wissenschaft.
Abb. 1: Ausschnitt des Frontispizes von Humboldts Atlas du Nouveau Continent (1815) [Bildnachweis]

Das antike Paradigma

Der kongolesische Kulturhistoriker V. Y. Mudimbe hat die These entwickelt, in der Antike habe sich ein „griechisches Paradigma“ der Fremdwahrnehmung herausgebildet, welches das westliche Denken langfristig bestimmte. Werke griechischer und lateinischer Autoren, die von Reisen handeln oder Beschreibungen entlegener Kulturen enthalten (Herodot, Diodor, Strabon, Plinius d. Ä.), entwerfen konzentrische Topographien von Andersheiten, die sich mit zunehmendem Abstand vom eigenen Ausgangspunkt (Athen, Rom) verfremden und jenseits der Regionen, über die noch einigermaßen zuverlässige Informationen verfügbar waren (Skythen), in mythische Monstrositäten übergehen (Amazonen).16 Dieses Paradigma sei seit zweieinhalb Jahrtausenden wirksam – eine longue durée kolonialen Denkens. In seinem Examen critique (1834–1838) rekonstruiert Humboldt eine entsprechende Kontinuität europäischer Vorstellungen von der ‚Neuen Welt‘. Denn die Geschichte der Geographie Amerikas beginnt für ihn bereits in der Antike. Der Mythos von Atlantis sowie die Entdeckung der Kanaren und der Azoren, von Madeira und Island hatten die ‚Alte Welt‘ darauf vorbereitet, dass es jenseits der ‚Säulen des Herakles‘ Länder gab und weitere geben konnte. Das Konzept einer ‚Neuen Welt‘ war verfügbar, bevor Kolumbus sie ‚entdeckte‘. Europa hatte bis 1492 die Möglichkeit eines neuen Kontinents längst ins Auge gefasst – und seine kolonialen Ambitionen auf ihn ausgerichtet. Humboldt dokumentiert, dass die Voraussetzungen, die einen Europäer nach Übersee führten, bei griechischen und römischen Autoren belegt sind: 1. die Kugelgestalt der Erde (terra rotunda, sphaera non magna); 2. die Möglichkeit, in westlicher Richtung über den Ozean Asien zu erreichen (ex Hispania in Indiam); und 3. die Hypothese eines anderen Landes, das man unterwegs entdecken würde (álle oikuméne, alter orbis).17 Eine Schlüsselstelle ist die Prophezeiung einer „Neuen Welt“, „novos […] orbes“, in Senecas Medea (II.372–379).18 Kolumbus hat diese Vision auf sich selbst bezogen.19 Humboldt rekonstruiert die Vorgeschichte der ‚Entdeckung Amerikas‘, er beschreibt die Ansätze, die bei Kolumbus wirksam wurden: „[l]es idées qui conduisirent à la découverte de l’Amérique“.20 Und er verallgemeinert ein ideengeschichtliches Prinzip langfristiger Latenz: „de mémorables découvertes ont été dues à des impulsions lointaines et presques inaperçues.“21 So stellt er eine ideengeschichtliche Kontinuität fest, die sehr weit zurückreicht und den modernen Kolonialismus an den antiken anschließt: als „continuité d’opinions“.22 Ideengeschichtlich begann die Kolonisierung Amerikas im gräko-romanischen Altertum.

Die Dialektik des Kolonialismus

Während er die Phantasien von der „Neuen Welt“ Revue passieren lässt, entwickelt Humboldt einen dialektischen Gedanken: „Eroberungen“, erkennt er, sind stets „doppelte“, materielle und geistige: „doubles conquêtes dans le monde physique et dans le monde intellectuel“.23 In seinen Schriften der 1840er Jahre, in den Buchwerken und in entsprechenden Auszügen, entfaltet er die Dialektik von Kolonialismus und Wissenschaft. Humboldts großes Werk zur zweiten Weltreise (1829), Asie centrale (1843),24 handelt vom Vordringen des russischen Reiches im Osten, analog zum spanischen Kolonialismus im Westen. Das Land wurde erobert, erschlossen und besiedelt. Humboldt und seine Reisegefährten bewegten sich im kaiserlichen System von Poststationen und ‚Vorposten‘. An der südlichen Grenze hielten sie sich an die Forts der Kosaken, die quer durch die kirgisische Steppe als „Linie“ der Verteidigung angeordnet waren. Durch ungesichertes Gebiet fuhren sie unter dem Geleitschutz der Armee des Zaren. Die Reise führte nicht nur in den Spannungsraum der russischen, britischen und chinesischen Expansionismen, sondern Humboldt konnte auch deren historische Vorläufer studieren, die europäischen und asiatischen Großreiche der Makedonier, Byzantiner, Araber und Mongolen. An ihnen entwickelte er seine Idee des Zusammenhangs von Entdeckung und Eroberung. „Die Kriege, die das Himmlische Reich viele Jahrhunderte lang gegen die Völker des Westens zu führen hatte“, erklärt er zum Beispiel, „haben die Fortschritte der Geographie begünstigt und den Forschungseifer der Entdecker angeregt“.25 Die Ausdehnung des „Himmlischen Reiches“ vermehrte die topographischen Kenntnisse und verbesserte die Kartographie. Die Notwendigkeit straffer Verwaltung stimulierte Infrastruktur, Sprachkenntnis und Kommunikation. „Von den Eroberungen der Chinesen und Mongolen hat die Geographie Nutzen gezogen“.26 Und auch der russische Kolonialismus hatte ursprünglich ungewollte Neben-Effekte: „Zufällig beförderte die Habsucht den Fortschritt“.27 Das Wissen, hat Humboldt erkannt, ist die Kehrseite der Macht. Dass er diese Einsicht aus seiner russischen Erfahrung ableitete, die ihn als Wissenschaftler im Dienst des Zaren politisch kompromittierte, dürfte kein Zufall sein.28 Im zweiten Band des Kosmos (1847), dessen Publikation an die der Asie centrale anschließt, hat Humboldt diese Überlegungen zu einer globalen Dialektik des Fortschritts weitergeführt und zur ersten postkolonialen Theorie der deutschsprachigen Literatur ausformuliert: zu einer kritischen Wissenschafts- als Kolonialgeschichte.29 Im Kapitel zur „Geschichte der physischen Weltanschauung“ erzählt er auf 385 Seiten die Geschichte der wissenschaftlichen und imperialen Welterkenntnis. Damit die Menschen, so der Grundgedanke, eine Vorstellung von der Erde gewinnen konnten, mussten sie diese räumlich erfahren: durch Migration (Nomadentum, Völkerwanderungen, Auswanderungen, Ansiedelungen), Handel (über Land, über See), auswärtige Berufstätigkeit (von Kaufleuten, Übersetzern, Söldnern), friedliche Entdeckungs- und Forschungsreisen (wie Humboldts eigene) ebenso wie kriegerische Unternehmungen (Überfälle, Feldzüge, Eroberungen). „Die Fortschritte des kosmischen Wissens wurden durch alle Gewaltthätigkeiten und Gräuel erkauft, welche die sogenannten civilisirenden Eroberer über den Erdball verbreiten“.30 Die systematische Engführung von Wissenschafts- und Kolonialgeschichte hat Humboldt sogar in einer Reihe doppelsinniger Vokabeln lesbar gemacht: als „Entdeckung“ natürlicher Phänomene oder neuer Länder, als „Eroberung“ geistiger Sphären oder physischer Räume und als „Einfall“ im Sinne einer Idee oder einer Invasion. Die Bewegungen kolonialer Expansion würden, schreibt Humboldt kurz vor dem Kommunistischen Manifest, quasi marxistisch, „erst Knechtschaft und dann“, indem diese ihre Beseitigung herausfordert, „unwillkührlich Freiheit über eine andere Erdhälfte verbreiten“.31 Selbst der Papst habe, als er die Erdkugel mit einer „Demarcationslinie32 unter Spanien und Portugal aufteilte, „ohne es zu wissen“, da er Anlass zu genaueren Messungen gab, der Nautik und der Physik „wesentliche Dienste“ geleistet33 – gleichsam in einer hegelianischen ‚List der Unvernunft‘. In geradezu klassischer Weise arbeitet der Weltreisende die historische Dialektik des Kolonialismus heraus.34 Dies ist das grand récit des Kosmos: die Geschichte des Wissens als Geschichte der Gewalt.

Corpus

Aber Humboldt setzte sich nicht nur in seinen Buchwerken mit dem Kolonialismus auseinander, sondern auch in Artikeln, Aufsätzen und Essays.35 Sie zeigen die Kontinuität eines leitenden Interesses über sieben Jahrzehnte: von 1789 bis 1859. Schon der allererste Artikel, den der Neunzehnjährige im Revolutionsjahr 1789 veröffentlichte, handelt von einem ostindischen Giftbaum, dem „Bohon-Upas“, dessen Substanz die Indigenen in der Kolonie Niederländisch-Indien, dem heutigen Indonesien, als Pfeilgift gegen die Holländer einsetzten.36 Von einem botanischen Gegenstand gelangt er zu einer Kritik an Kirche und Religion, die ideologisch zur Unterdrückung der Eingeborenen beitrugen. Und noch in seinem letzten Artikel, „Ruf um Hülfe“ (1859), der weltweit mehr als 100 mal nachgedruckt wurde, bittet der beinahe Neunzigjährige, ihn nicht mehr mit „Colonialprojecte[n]“ zu behelligen.37 Der Kolonialismus ist Humboldts Lebensthema. Humboldts Schriften zum Kolonialismus lassen sich – historisch-chronologisch – in vier Gruppen einteilen, die sich gleichwohl auch überschneiden: (1.) Studien zur Geschichte des Kolonialismus – auf der Linie des Examen critique, der Asie centrale und des Kosmos; (2.) Berichte vom Zustand der Kolonien – auf der Linie der Relation historique, der Ansichten der Natur, der Vues des Cordillères und der Essais politiques; (3.) Beiträge über die dekolonisierten Länder – wie über die USA oder über Guatemala; und (4.) Betrachtungen zu den Folgen des Kolonialismus – beziehungsweise in heutigen Begriffen zum ‚Neokolonialismus‘ und zur ‚Globalisierung‘.

Geschichte des Kolonialismus

– „Über den Ursprung von Amerika“ (1829) The supposed recent Origin of America refuted, 1828. – „Die Pflanzstädte der Hellenen“ (1852) Die Pflanzstädte der Hellenen, 1852. – „Ueber die ältesten Karten des Neuen Continents und den Namen Amerika“ (1853) Ueber die ältesten Karten des Neuen Continents und den Namen Amerika, 1853.

Kolonien

– Diverse Reisebriefe und -berichte aus Amerika (1799–1804) – „Ueber die Urvölker von Amerika, und die Denkmähler welche von ihnen übrig geblieben sind“ (1806) Ueber die Urvölker von Amerika, und die Denkmähler welche von ihnen übrig geblieben sind. Vorgelesen in der Philomathischen Gesellschaft. Erstes Fragment, 1806. – „Description du volcan de Jorullo, tirée de l’Essai politique sur le Royaume du Mexique, formant la troisième partie des Voyages d’Alexandre de Humboldt et Aimé Bompland. Troisième livraison“ (1809) Description du volcan de Jorullo, tirée de l’Essai politique sur le Royaume du Mexique, formant la troisième partie des Voyages d’Alexandre de Humboldt et Aimé Bompland. Troisième livraison, 1809. – „Fragmente aus dem neuesten Hefte des v. Humboldt’schen Werkes über den politischen Zustand des Königreichs Neu-Spanien“ (1809) Voyage de MM. Humboldt et Bonpland, 1809.

Entkolonisierte Länder

– „Ueber den neuesten Zustand des Freistaats von Centro-Amerika oder Guatemala“ (1826) Ueber den neuesten Zustand des Freistaats von Centro-Amerika oder Guatemala, 1826. – „Neueste Beschlüsse der mexiko’schen Regierung über einen Handelsweg in der Landenge von Goazacoalco und Tehuantepec“ (1827) Neueste Beschlüsse der mexiko’schen Regierung über einen Handelsweg in der Landenge von Goazacoalco und Tehuantepec, 1827. – Protest gegen die Kürzung des Essai politique in der US-amerikanischen Ausgabe durch Thrasher (1856) Insel Cuba, 1856.

Neokolonialismus und Globalisierung

– „Ueber die künftigen Verhältnisse von Europa und Amerika“ (1826) Ueber die künftigen Verhältnisse von Europa und Amerika, 1826. – „Von den Zweifeln, welche über den Flächeninhalt des jetzigen mexicanischen Gebiets erhoben worden sind“ (1858) Von den Zweifeln, welche über den Flächeninhalt des jetzigen mexicanischen Gebiets erhoben worden sind, 1858.
Als Historiker der „Kolonien“ beginnt Humboldt bei den „Pflanzstädten der Hellenen“ (1852), wobei er mit diesem Begriff die agrikulturell-pflanzengeographische Etymologie des Konzepts (colere) deutlich macht. Er verfasst Studien über „die ältesten Karten des Neuen Continents“ (1853) und die Entstehung des „Namens Amerika“ (1835), welche die Geschichte der Entdeckungsfahrten mit jener der Geographie verbinden. Den Kolonialismus versteht er auch in seinen kleineren Schriften dialektisch – und er verlängert diese Dialektik in die Zukunft. England habe nach Nordamerika nicht nur imperiale Gewalt, sondern auch „den Glanz seiner Literatur, seine Arbeitslust, seine Freyheitsliebe und einen Theil seiner bürgerlichen Institutionen übertragen“ – die letztlich zur Loslösung vom ‚Mutterland‘ führten.38 Das gemeinsame kulturelle Erbe wiederum schaffe eine tiefere Verbindung, welche die politische Abhängigkeit überdauere. „Sprachen sind Denkmale des Nationalruhms, welche alle politischen Revolutionen überleben werden.“39 Die Ergebnisse seiner amerikanischen Expedition hat Humboldt in ethnographischen und anthropologischen Studienveröffentlicht, die sich mit den kolonisierten Völkern befassen. Er beschreibt den Brauch der „Völker, die Erde essen“ (1809), das „Kriegergift“ Curare (1821) und den Abstieg mit indigenen Begleitern in die mythische „Höhle des Guácharo“ (1817). Er sammelt Sagen auf der „Hochebene von Bogota“ (1838) und folgt der Legende von El Dorado durch die „Geographie Guyana’s“ (1841). Er behandelt die Ruinen der „Urvölker“ (1806), mexikanische „Alterthümer“ (1835), „Das alte und neue Mexiko“ (1809). Er beschreibt die Zusammensetzung der kolonialen beziehungsweise nachkolonialen „Bevölkerung von Amerika“ (1825). Anhand statistischer Daten über die „Indierstämme“ in Nordamerika (1827) belegt er, wie diese durch die europäischen Siedler „zerstreut“40 wurden und „erloschen“41 sind oder allenfalls noch „außerhalb des Gebiets der vereinigten Staaten“42 zu finden wären. In einem programmatischen Essay von 1846 proklamiert er gegen rassistische Vorurteile die „Einheit des Menschengeschlechts“: „Alle sind gleichmäßig zur Freiheit bestimmt“.43 Die Studie „Ueber den neuesten Zustand des Freistaats von Centro-Amerika oder Guatemala“ (1826) ist die Miniatur-Fassung eines länderkundlichen Essai politique, dessen Gattung Humboldt in seinen Arbeiten über Kuba und Mexiko ausgeprägt hatte. Sie bietet die umfassende Beschreibung einer unabhängig gewordenen Kolonie: historisch, geographisch, ökonomisch und kulturell. Sie behandelt die Geschichte der Unabhängigkeit, den Namen des jungen Staates, seine Geologie, Geographie und politische Gliederung, Gebietsstreitigkeiten mit dem benachbarten Mexiko, die Sklavenbefreiung, die Hauptstadt, Bevölkerung, Verkehrswege, Landwirtschaft, Ausfuhrprodukte (Indigo, Koschenille, Kakao, Tabak und Holz), Importe, Bodenschätze, den Staatshaushalt, die geostrategische Lage und archäologische Zeugnisse („Ruinen“44). Der Aufsatz preist das Potenzial der neuen Nation als Absatzmarkt für Produkte aus den Metropolen, „dem europa’schen Handel fast noch uneröffnet“,45 und als Reservoir von Arbeitskräften: „Seine Ingebornen, die sogenannten kupferfarbnen Indier, sind arbeitsamer und gebildeter als in irgend einem andern Theile des spanischen Amerika’s.“46 Dabei hat Humboldt durchaus die imperialen Gefahren gesehen, denen die unabhängig gewordenen Nationen ausgesetzt waren. So recherchiert er zur Annexion großer Teile des mexikanischen „Flächeninhalt[s]“ durch die USA im Krieg von 1846–1848 (1858). Er protestiert gegen die Sklaverei auf der „Insel Cuba“ ebenso wie in den Vereinigten Staaten (1856). Aber er interessiert sich auch für Kanal-Infrastrukturprojekte (1827). Denn er denkt über den Kolonialismus hinaus: „Ueber die künftigen Verhältnisse von Europa und Amerika“ (1826). Da er den intellektuellen und den ökonomischen Fortschritt als untrennbar begreift, erkennt Humboldt aber auch, dass „mangelhafte gesellschaftliche Institutionen“ beide zu hemmen pflegen.47 „Die Verwilderung und Versunkenheit der Völker ist eine Folge erlittener Bedrückung, sey es nun, dass einheimischer Despotismus oder ein fremder Eroberer dieselbe ausübt: der Despotismus ist allzeit von fortschreitender Verarmung und Abnahme des öffentlichen Wohlstandes begleitet. Freye und kräftige, dem Vortheile Aller entsprechende Staatseinrichtungen wenden diese Gefahren ab.“48 Kolonialismus und Obrigkeitsstaat sind nicht nur moralisch verwerflich, sondern auch wirtschaftlich verfehlt. Humboldts Vision ist die Überwindung des Kolonialismus in einer transatlantischen Partnerschaft – zwischen alten Imperien und früheren Kolonien auf der Grundlage geteilter Geschichte: „In kurzer Zeit werden wir unabhängige Völkerschaften an beyden Ufergestaden des atlantischen Weltmeeres erblicken, die bey sehr abweichenden Regierungsformen, hinwieder durch die Erinnerung an die gemeinsame Herkunft, durch die gleiche Sprache und durch gleichartige Bedürfnisse, wie sie aus der Gesittung überall hervorgehen, vereinbart erscheinen.“49 In seiner Analyse „Ueber die künftigen Verhältnisse von Europa und Amerika“ hat Humboldt sein liberales Manifest der Globalisierung entworfen. Die Dekolonisation verbindet er, einerseits, mit der humanistisch motivierten Hoffnung auf politische Freiheit und gesellschaftlichen Fortschritt; und, andererseits, mit der ökonomischen Aussicht auf eine Belebung des internationalen Austauschs: auf neue Absatzmärkte, Arbeitskräfte und Rohstoffquellen, aber auch auf einen intensiveren Verkehr von Individuen und Ideen. Globalen Wettbewerb konnte Humboldt als einen „edlen Wetteifer“ begreifen, der in einem freien Welthandel zum allseitigen Fortschritt führt. „Dieser edle Wetteifer in Gesittung, Kunstfleiß und Handelsverkehr wird aber, weit entfernt, (wie vielfältig prophezeiht worden ist) die Verarmung des alten Festlandes zum Vortheil des neuen herbeyzuführen, vielmehr den Verbrauchsbedarf, die Masse der produktiven Arbeit und die Thätigkeit des Tauschverkehrs steigern. […] nach und nach stellt das Gleichgewicht sich her, und es wäre ein verderbliches […] Vorurtheil, im zunehmenden Wohlstand irgend einer andern Gegend unsers Planeten den Untergang oder das Verderben des alten Europa erblicken zu wollen. Die Unabhängigkeit der Kolonien wird keineswegs ihre Trennung und Absonderung befördern, sondern vielmehr sie den Völkern früherer Gesittung annähern. Der Handelsverkehr strebt dasjenige zu vereinbaren, was eine eifersüchtige Staatskunst lange Zeit getrennt hielt. Und mehr noch: es liegt in der Natur der Gesittung, dass sie vorwärts schreitet, ohne darum da zu erlöschen, wo sie zuerst entstanden war.“50 Aus heutiger Sicht war Humboldt zu optimistisch. Die Kehrseite seines Freiheitsdenkens scheint er verkannt zu haben: Ungleichheit, Unterscheidung, Unterwerfung. Die Entwicklungen in Lateinamerika hat er falsch eingeschätzt. Die Befreiung von spanischer Vorherrschaft bedeutete keineswegs, dass die Gesellschaftsordnung gerecht werden würde. Die jungen Republiken fielen in die Hände von warlords, caudillos, Diktatoren. Wenn Humboldt vom Verhältnis zwischen Europa und Amerika spricht, ist dabei durchaus nicht klar, auf welcher Seite er selbst steht. Wenn er Mexiko als „Unser Land“ bezeichnet (1826),51 bleibt mindestens offen, ob das Possessivpronomen ein didaktisches ist oder eine Identifikation anzeigt. Humboldt hat mit den Kulturen, die er bereiste, sympathisiert. Und er erwog sogar, vom Reisenden zum Zuwanderer und vom Europäer zum Amerikaner zu werden. Am 17. Oktober 1822 schrieb er an seinen Bruder Wilhelm:52 „J’ai un grand projet d’un grand établissement central des sciences à Mexico pour toute l’Amérique libre. L’Empereur du Mexique [Agustín de Iturbide, Agustín I, 1822–1823] que je connais personnellement, va tomber, il y aura un gouvernement républicain et j’ai l’idée fixe de terminer mes jours d’une manière la plus agréable et la plus utile pour les sciences dans une partie du monde où je suis extrêmement chéri et où tout me fait espérer une heureuse existence.“ („Ich habe den großen Plan der Einrichtung eines großen Zentrums der Wissenschaften für das gesamte freie Amerika in Mexiko. Der Kaiser von Mexiko [Agustín de Iturbide, Agustín I, 1822–1823], den ich persönlich kenne, wird gestürzt werden, es wird eine republikanische Regierung geben, und ich habe die fixe Idee, meine verbleibenden Tage auf angenehmste und für die Wissenschaften nützlichste Weise in einem Teil der Welt zu verbringen, wo ich außerordentlich geschätzt werde und wo mich alles auf ein glückliches Dasein hoffen läßt.“)

Demographie, Kartographie, Archäologie

In seiner Studie über Nationen als„imaginierte Gemeinschaften“, Imagined Communities (1983, 1991), hat Benedict Anderson beschrieben, wie Strukturen kolonialer Macht paradoxerweise die Selbstentwürfe dekolonisierter Länder bestimmten. Dabei hat er drei Formate hervorgehoben, die auch für Humboldt eine wichtige Rolle spielten: Volkszählungen, Landkarten und archäologische Museen („Census, Map, Museum“).53 In ihnen kommen die Vorstellungen der europäischen Kolonialherren von der beherrschten Bevölkerung, dem eroberten Territorium und der indigenen Vergangenheit zum Ausdruck. Als Institutionen der Macht, so Andersons These, bedeuten sie restlose Erfassung, vollständige Überwachung, ideologische Repräsentation. Ein archäologisches Museum zeigt die Kolonialmacht als Bewahrerin des einheimischen Erbes, aus dem sie Legitimation und Prestige gewinnt. Ruinen werden als Zeugnisse einer vergangenen Hochkultur inszeniert, die im Sinne einer Dekadenz-Theorie der zeitgenössischen Bevölkerung überlegen ist und mit dieser in keinem Verhältnis mehr steht, aus dem sich ein historischer Anspruch ableiten ließe. Eine Landkarte ist nicht nur ein geographischer Informationsträger, sondern auch eine abstrakte Form, die europäische Besitztümer entlang eindeutiger Grenzen als lückenlos farbige Flächen zeigt und die Kolonien in vollständig besetzte Gebilde verwandelt. Ihre monochromen Formen können sogar eine ikonische Qualität annehmen, wenn sie sich auf Plakaten oder Flaggen zu Zeichen verselbständigen, die nach der Unabhängigkeit als Logos postkolonialer Nationalstaaten wiederkehren. Und auch ein Zensus beruht auf der Annahme, er sei allumfassend und eindeutig. Jeder Mensch wird nach europäischen Kriterien klassifizierbar gemacht und in ein hierarchisches System eingeordnet. Die Kategorien der Identität sehen vom Selbstverständnis und von den Selbstbeschreibungen der Eingeborenen ab und bestimmen diese stattdessen mit europäischen Maßstäben: zunächst nach sozialen (hidalgos, esclavos) und religiösen (katholisch, protestantisch), im neunzehnten Jahrhundert dann immer stärker nach rassi(sti)schen (schwarz, weiß; mestizo, mulato). Auch die Statistiken, die Humboldt in seinen Studien zusammenstellt, unterscheiden die Menschen sowohl ethnisch wie auch konfessionell nach europäischen Kategorien, nach ihrer Zugehörigkeit zu den großen Imperien, nach deren Sprachen und nach dem sozialen Stand, wie ihn das Kolonialsystem festlegte. Die Zugehörigkeit zu den indigenen Völkern spielt dagegen nur selten eine Rolle. Demographie, Kartographie und Archäologie – keine dieser Disziplinen ist neutral und unschuldig. Stets stellt sich die Frage: Welche ideologischen Annahmen sind in die Konzeption der Bevölkerung, des Landes und der Vergangenheit eingegangen? Welche Eigenschaften werden markiert? Wie definieren Europäer ihre kolonialen Subjekte, deren Territorium und deren Historie? Erhebungen haben Konsequenzen. Auf ihrer Grundlage werden Verwaltungseinheiten bemessen und Stimmbezirke abgeteilt, Abgaben eingetrieben und Soldaten gemustert. Gerichtsakten, Wahlunterlagen, Steuerlisten, Wehrpflichtverzeichnisse und Volkszählungen geben Aufschluss darüber, wie die Kolonialmacht ‚ihre‘ Bevölkerung ‚erfand‘ und erfasste. Und die koloniale Praxis wirkte nach in die postkoloniale Wirklichkeit. Humboldt gibt an, im Jahr 1813 seien „die ersten Deputirten-Wahlen der mexicanischen Republik nach den Populations-Angaben meines Manuscripts“ durchgeführt worden.54

Kritik

Humboldt hat den Kolonialismus ebenso konkret wie kategorisch kritisiert.55 Mit größter Entschiedenheit hat er seine Haltung schon im Reisetagebuch pointiert – etwa in einer Abhandlung mit der Überschrift „Colonies“ vom Frühjahr 1803 aus Guayaquil: „l’idée de la Colonie même est une idée immorale.“56 Gegen die europäische Geringschätzung indigener Kulturen verweist er auf ihre Unterdrückung und Zerstörung, und er fordert seine europäischen Leser auf, empathisch die Perspektive zu wechseln: „[C]omment juger, d’après ces restes misérables d’un peuple puissant, et du degré de culture auquel il s’étoit élevé depuis le douzième au seizième siècle, et du développement intellectuel dont il est susceptible? Si de la nation françoise ou allemande il ne restoit un jour que les pauvres agriculteurs, liroit-on dans leurs traits qu’ils appartenoient à des peuples qui ont produit les Descartes […] et les Leibnitz.“57 Dabei soll nicht unterschlagen werden, dass Humboldts Schriften ihrerseits nicht frei sind von zeittypischen Denkmustern, die wir aus heutiger Sicht als ‚kolonial‘ bezeichnen würden. So hat er die ‚Neue Welt‘ in seinen Reisewerken durchaus nach europäischen, eurozentrischen Maßstäben zu erfassen und zu bewerten versucht, etwa indem er sie ‚antikisierte‘ oder ‚orientalisierte‘ und davon ausging, indigene Zeugnisse seien lediglich von historischem und nicht von ästhetischem Interesse – bevor er solche Annahmen im Verlauf seiner Texte dann allerdings selbst in Frage stellte und (mehr oder weniger weitgehend) überwinden konnte.58

Forschung

In einem einflussreichen Beitrag über die„Neuerfindung Amerikas“ trug Mary Louise Pratt die seither viel zitierte Kritik vor, Humboldt habe das iberische Amerika als Pionier einer „kapitalistischen Vorhut“ mit „imperialem Blick“ ausgekundschaftet. Im Interesse „euro-expansionistischer Teleologie“ habe er die fernen Länder als ‚reine Natur‘ dargestellt und indigene Kulturen allenfalls archäologisch „abgetötet“. Diese „ideologische Neuerfindung Südamerikas“ habe dazu gedient, den Kontinent als verfügbaren Raum zu präsentieren, der auswärtige Zugriffe geradezu einlud. Darüber hinaus habe er den weißen Eliten der Independencia einen „Humboldtianischen Euromythos von Amerika“ angeboten, der es ihnen erlaubte, „ihre Kulturen und Gesellschaften zu dekolonisieren und dabei die europäisch orientierten Werte und eine weiße Vorherrschaft beizubehalten“ („white supremacy“).59 Abgesehen davon, dass diese pointierten Thesen von der ‚Naturalisierung‘ und der ‚Archäologisierung‘ Amerikas in ihrer Pauschalität kaum haltbar sind, da Humboldts Gesamtwerk voll ist nicht nur von kolonialismuskritischen Betrachtungen, sondern auch von ethnographischen Studien, so ist doch die Frage berechtigt, inwiefern der preußische Beobachter, womöglich uneingestanden, teil hatte an ökonomischen und politischen Praktiken oder Denkweisen, die Europas und Nordamerikas Hegemonie zu verfestigen halfen. Der Herausgeber der mexikanischen Ausgabe des Ensayo político sobre el reino de la Nueva España, Juan Ortega y Medina, ging mit seiner Kritik wohl am weitesten (1965). Er sah nicht nur eine diskursive oder unbewusste, sondern auch eine direkte und aktive Mittäterschaft. Humboldt habe in Mexiko als „Spion“ der USA gewirkt. „Der Essay und der Atlas über Neuspanien“, schreibt Ortega y Medina in der einleitenden Studie zu seiner Edition, hätten den „strategischen Charakter militärischer Aufklärung“ („un carácter estratégico de inteligencia militar“).60 Als er sich auf seinem Rückweg nach Europa in Philadelphia und Washington aufhielt (im Mai und Juni 1804), habe der Mexiko-Reisende das Interesse seiner Gastgeber, insbesondere des Präsidenten, für die Reichtümer des Nachbarlandes bedient. „Begeistert folgte Jefferson den Worten seines Informanten, der ihm die geheimnisvolle, bis dahin halbverschlossene Welt der spanischen Kolonien eröffnete“. Diese Begegnung soll weitreichende Konsequenzen gehabt haben: „Sein expansionistischer Traum fand bei Humboldt Beifall und Anerkennung.“ Und mit dem Kartenmaterial, das er in ‚Neu-Spanien‘ zusammengestellt hatte, habe Humboldt den Vereinigten Staaten die Mittel verschafft, sich diese Reichtümer anzueignen. „Mit Humboldts Landkarte erlangten die Nordamerikaner ein erstklassiges Instrument für ihre imperialistischen Pläne.“ Die Wissenschaft diente einmal mehr der Macht. Das landeskundliche Werk begünstigte den kolonialen Krieg und die neokoloniale Hegemonie. „Die europäische und nordamerikanische Bourgeoisie bekam mit Humboldts Politischem Essay die Informationen, deren sie bedurfte, um ihre Investitionen zu steuern und ihre wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Einflusssphären kurz- und langfristig abzustecken.“ Der deutsche Forscher war, in den Augen seines Anklägers, mitverantwortlich für das Debakel des Krieges von 1846–1848, in dessen Folge die junge mexikanische Nation die Hälfte ihres Territoriums an den nach Westen vordringenden Nachbarn verlor: Texas, Neu-Mexiko, Arizona, Kalifornien, Nevada und Utah sowie Teile von Colorado und Wyoming. Die Vorwürfe, die Ortega y Medina erhob, wirken umso provokativer, als Humboldts Verdienste gerade um Mexiko vielfach geehrt worden sind. Humboldt beförderte die Erschließung des Landes, er inspirierte das nationale Selbstbewusstsein, und er gab wichtige Impulse für die Aufarbeitung der vorspanischen Geschichte. Präsident Benito Juárez erklärte ihn 1859 postum zum „Wohltäter des Vaterlandes“ (Benemérito de la Patria).61 Der mexikanische Historiker Enrique Krauze bezeichnete anderthalb Jahrhunderte später das Verhältnis zwischen seiner Nation und dem deutschen Geographen als eine „wechselseitige Liebesbeziehung“.62
Abb. 2: „Carte du Mexique“ aus Humboldts Atlas de la Nouvelle-Espagne (1808–1811) [Bildnachweis]
In seinem Aufsatz über den Flächeninhalt der an die USA verlorenen Provinzen, „Von den Zweifeln, welche über den Flächeninhalt des jetzigen mexicanischen Gebiets erhoben worden sind“, kommt der fast neunzigjährige Humboldt 1858 auf seine Mexiko-Karte aus dem Jahr 1803/1804 zurück. Auf ihrer Grundlage unternimmt er es sorgfältig, das Verhältnis des durch die USA eroberten zum verbleibenden mexikanischen Staatsgebiet zu berechnen, und er gelangt zu dem Ergebnis, dass Mexiko in der Tat die Hälfte seiner Fläche abtreten musste. Den Friedensvertrag von 1848 (Tratado de Guadalupe Hidalgo) beklagt er ausdrücklich, indem er von „dem unglücklichen Tractate“ spricht. Dass seine eigenen Forschungen, die er in den Archiven des Vizekönigreichs trieb, zu diesem Unglück beigetragen haben könnten, ist ihm wohl nicht in den Sinn gekommen. Von „der im Jahr 1804 in dem Staats-Secretariat zu Washington niedergelegten Skizze meiner Karte“ von Neu-Spanien spricht Humboldt selbst in seinem Plagiatsvorwurf gegen Aaron Arrowsmith, ohne dass er, als er dies 1812 schrieb, Mexikos Konflikt mit den USA hätte voraussehen können. Gemeint ist seine „Carte générale du Royaume de la Nouvelle-Espagne depuis le Parallèle de 16° jusqu’au Parallèle de 38° (Latitude Nord), dressée sur des Observations Astronomiques et sur l’ensemble des Matériaux qui existoient à Mexico, au commencement de l’année 1804“, gezeichnet 1803/1804 vor Ort, bearbeitet 1809, gestochen und veröffentlicht in Paris.63 Auf ihr sind Gebirgszüge und Verwaltungseinheiten für das Territorium von Mexiko einschließlich Texas und der anderen Provinzen nördlich des Río Grande eingetragen. Arrowsmith hätte die Reproduktion dieser Karte in Humboldts Atlas von Neu-Spanien oder aber die Kopie ihrer Vorlage im State Department einsehen können, um sie seiner eigenen Publikation zugrunde zu legen: A New Map of Mexico and Adjacent Provinces, compiled from original documents (1810).64 Aber Humboldt erhielt auch seinerseits Material von seinen nordamerikanischen Gesprächspartnern. In den USA begegnete er neben Präsident Thomas Jefferson unter anderem dem damaligen Staatssekretär im Finanzministerium, Albert Gallatin. Ihm gestattete er, Kopien seiner Karten anzufertigen. Später schickte Gallatin dem Forscher die Aufstellung der vielfältigen Sprachen und der schwindenden Bevölkerungszahl von 102 indigenen Völkern, die Humboldt kommentiert veröffentlichte:„Albert Gallatin’s tabellarische Uebersicht der Indierstämme in den vereinigten Staaten von Nordamerika, ostwärts von den Felsgebirgen (Stony Mountains), nach den Sprachen und Dialekten geordnet. 1826“. Die Statistik dokumentiert einen Völkermord.

Rezeption

Den Konflikt zwischen selbstloser Forschung und ungewollter Mittäterschaft brachte Hans Magnus Enzensberger in seinem Gedicht „A. v. H. (1769–1859)“ (1975) literarisch in das Bild der unerkannten Infektion: „Ein Gesunder war er, der mit sich die Krankheit / ahnungslos schleppte, ein uneigennütziger Bote der Plünderung, ein Kurier, / der nicht wußte, daß er die Zerstörung dessen zu melden gekommen war, / was er, in seinen Naturgemälden, bis daß er neunzig war, liebevoll malte.“65 Humboldts Verhältnis zum Kolonialismus wurde historisch sehr unterschiedlich bewertet. In Hispanoamerika wurde er als Vordenker der Befreiung gefeiert,66 in Deutschland hingegen für einen zunächst imaginären und dann tatsächlichen Kolonialismus67 und sogar für den Angriffskrieg der Nationalsozialisten68, aber auch für die Außenpolitik der DDR missbraucht.69
Abb. 3: Humboldt-„Feldpostausgabe“ von 1942 [Bildnachweis]
Und auch sein Verhältnis zum Neokolonialismus ist ambivalent. Eckermann überliefert ein Gespräch mit Goethe vom 21. Februar 1827, das sich um Humboldts Vision eines Panamakanals dreht: „Er sprach viel und mit Bewunderung über Alexander von Humboldt, dessen Werk über Cuba und Columbien er zu lesen angefangen, und dessen Ansichten über das Projekt eines Durchstiches der Landenge von Panama für ihn ein ganz besonderes Interesse zu haben schienen.“70 Goethe hatte Humboldt mehr als drei Jahrzehnte zuvor kennengelernt und als naturforschender Dichter zu dem poetischen Naturforscher eine Wahlverwandtschaft entdeckt. Nicht nur dessen Pflanzengeographie, sondern auch die Kanalidee verfolgte er mit großem Interesse: „gelänge ein Durchstich der Art, dass man mit Schiffen von jeder Ladung und jeder Größe durch solchen Kanal aus dem Mexikanischen Meerbusen in den Stillen Ocean fahren könnte, so würden daraus für die ganze civilisierte und nichtcivilisierte Menschheit ganz unberechenbare Resultate hervorgehen.“71 Der greise Verfasser des Faust II, dessen letzter Akt von einer aufwändigen Landgewinnung handelt, beschließt das Gespräch über Humboldts Projekt mit einem melancholischen Gedanken: „Dieses möchte ich erleben; aber ich werde es nicht.“72 Erst 1914 konnte der Panama-Kanal eröffnet werden. Humboldt sprach in seinem Memorandum zu einem „Handelsweg in der Landenge von Goazacoalco und Tehuantepec“ (1827) vom „höchsten Interesse“, das ein interozeanischer Kanal „für die europa’sche handelnde Welt“ habe.73 Der ehemalige Student der Hamburger Handelsakademie zeigte sich auch als Infrastruktur-Planer in Fragen der Betriebs- und Volkswirtschaft gut unterrichtet. Sogar die zeitgenössische Finanzspekulation hat er berücksichtigt, etwa wenn er in einer Nebenbemerkung feststellte, in Europa sei „man nur mit dem transitorischen Sinken der Bergwerks-Aktien und mit der momentanen Finanz-Verwirrung einiger amerika’schen Regierungen beschäftigt“.74 Das imperiale beziehungsweise neokoloniale Potenzial seines Lieblingsprojekts scheint er indes nicht wirklich erkannt zu haben. Als Goethe von Humboldts Kanalprojekt sprach, kamen ihm immerhin politische Zweifel: „Wundern sollte es mich aber, wenn die Vereinigten Staaten es sich sollten entgehen lassen, ein solches Werk in ihre Hände zu bekommen.“75 Edmundo O’Gorman hat die Leistung der Reisenden, Kartographen und Geschichtsschreiber in einen noch weiteren ideengeschichtlichen Kontext gestellt. In seiner Studie über Die Erfindung Amerikas (La invención de América, 1958) schildert der mexikanische Historiker, wie Europa das Auftauchen einer ‚Neuen Welt‘ nach der ‚Entdeckung‘ durch Kolumbus geistig verarbeitete.76 Das christlich-mittelalterliche Weltbild ließ (anders als das antike) nur einen zusammenhängenden orbis terrarum zu und vermochte die Existenz getrennter ‚Kontinente‘ nicht mit dem biblischen Schöpfungsmythos in Einklang zu bringen. Von der bewussten ‚Entdeckung‘ einer gegebenen Größe, so O’Gormans Theorie, könne daher keine Rede sein; es handelte sich vielmehr um den Prozess einer ‚Erfindung‘. Humboldt kommt dabei die Rolle zu, von der Intention und dem Selbstverständnis der Akteure abzusehen und den vermeintlichen ‚Entdecker‘ Kolumbus – gleichsam im Sinne eines Hegelianischen ‚Weltgeistes‘ – geschichtsphilosophisch als unbewussten Sachwalter eines Interesses der Menschheit begriffen zu haben.
Abb. 4
Abb. 5
Abb. 6 [Bildnachweis]
Abb. 4–6: Humboldt als Werbeträger von Kolonialwaren (Vorder- und Rückseite einer Zigarettenpackung; Schokoladenwerbung) [Bildnachweis]

Perspektiven

Humboldts empirische, historische, theoretische und programmatische Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus ist fruchtbar für Postkoloniale Studien: als Gegenstand kritischer Analyse und als Quelle konzeptueller Anregung. Das problematische Verhältnis von Wissen und Macht hat Humboldt sowohl symptomatisiert wie auch reflektiert. So lässt sich in der Kontroverse um das Berliner ‚Humboldt-Forum‘ und die Initiative „No Humboldt 21“77 der Vorwurf der Komplizenschaft der Forschung mit dem Kolonialismus aus Humboldts Schriften sowohl be- wie auch widerlegen. Gerade als Forscher, der den Kolonialismus ablehnte, sich ihm aber doch nicht entziehen konnte, ist Alexander von Humboldt ein widersprüchlicher Fall, an dem sich aktuelle Diskussionen über das koloniale Erbe europäischer Wissenschaft und die Restitution ethnographischer Sammlungsobjekte beispielhaft führen lassen. Humboldts Feldforschung in den Kolonien bildet, darüber hinaus, ein Paradigma für Reisen in Diktaturen:78 für die Ambivalenz des Beobachters, der unter erschwerten Bedingungen arbeitet, als Ausländer aber auch Privilegien genießt, der sich mit dem herrschenden System arrangieren muss, um über dessen Wirklichkeit aufklären zu können – sei es 1800 in Havanna und 1829 in Irkutsk, 1936 in Berlin oder 2019 in Peking.

Abbildungen

  • Abb. 1: Ausschnitt des Frontispizes von Humboldts Altlas géographique et physique des régions équinoxiales du Nouveau Continent (1815). © Universitätsbibliothek Bern, Signatur PW 79: 1:2; fotografiert von Hans Grunert.
  • Abb. 2: „Carte du Mexique et des Pays Limitrophes situés au nord et à l’est […]“ aus Humboldts Atlas géographiqe et physique du royaume de la Nouvelle-Espagne (1808–1811). © Universitätsbibliothek Bern, Signatur MUE Kp I 50:3; fotografiert von Hans Grunert.
  • Abb. 3: Titel „Feldpostausgabe“ Alexander von Humboldt, In den Urwäldern und Llanos von Südamerika, Köln: Schaffstein 1942.
  • Abb. 4: Schokoladenwerbung (Chocolat Poulain. Goûtez et comparéz – qualité sans rivale, mit Porträt von Humboldt.
  • Abb. 5–6: Zigarettenpackung (Vorder- und Rückseite) der Marke F.& J. Smith’s, Nr. 41/50 aus der Serie Famous Explorers (1911) mit Porträt und Kurzvita von Humboldt. © Digital Collections, New York Public Library, Online unter digitalcollections.nypl.org (03.05.2021).

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