Digitale Ausgabe – Transversalkommentar

Transversalkommentar 3

Schrift und Material

Textproduktion und -materialität bei Humboldt

Während zur Entstehung seiner Monographien mitunter zahlreiche Zeugnisse vorliegen und einzelne Vorstufen wie Manuskripte und Korrekturbögen teilweise erhalten geblieben sind, ist die Datenlage für Humboldts unselbständige Veröffentlichungen deutlich schmaler. Studien zum „Schreib- und Druckmenschen“ Humboldt, wie er sich kurz vor seinem Tod wohl selbst titulierte,1 müssen daher speziell für seine kleinen Schriften zum Teil spekulativ bleiben. So ist nur zu vermuten, dass Humboldt wie bei seinen Büchern auch bei seinen unselbständigen Publikationen die verwendeten Schrifttypen, Formate, vielleicht sogar Papiere und Bindungsvarianten nicht gleichgültig waren. Spätestens bei der Zusammenarbeit mit den Druckereien in Paris bei der Herstellung der Vues des Cordillères (1810–1813) und der Relation historique (1814–1831) war Humboldt in der Lage, tiefe Einsichten in die Druckvorstufe und den Produktionsprozess zu nehmen, was grundsätzlich auch seine Arbeitsweise bei allen späteren Publikationen beeinflusst haben mag. Kurt Schleucher gelten die großen französischen Buchpublikationen nach der Amerika-Reise sogar als Indikator für einen Wandel in Humboldts publizistischem Selbstverständnis, für „eine unerwartete Metamorphose: aus dem Wissenschaftler war der Buchkünstler hervorgetreten“. Zur Voyage aux régions équinoxiales du nouveau continent (1805–1838) führt er aus, sie sei „der Höhepunkt von Humboldts literarischer Produktion. Er verwirklichte dieses bibliophile Jahrhundertereignis durch seine einmaligen Berichte wie durch die organisatorische Meisterleistung, die tüchtigsten wissenschaftlichen Mitarbeiter, Kupferstecher, Zeichner, Maler, Drucker, Buchbinder, Verleger in kluger Regie beieinanderzuhalten – 29 Jahre hindurch. So entstanden von 1805 bis 1834 die dreißig großformatigen Bände. Text, Illustration, Druck, Papier, Einband verbanden sich harmonisch zu einem der kostbaren Kunstwerke des Buchdrucks. […] Er prüfte jedes Manuskript, korrigierte, komplettierte es mit den Autoren. Er las jede Druckfahne, kontrollierte jeden Farbton des Klischees, ob sie mit den Vorlagen bis in die Nuancen übereinstimmten. Er kümmerte sich um die Schrifttypen, um die Wahl des Papiers, um Farbe, Material und Aufdruck der Einbanddecken.“2 Solche Ausführungen wirken angesichts der langjährigen hocharbeitsteiligen Verwirklichung der Voyage durchaus hagiographisch. Nichtsdestotrotz ist davon auszugehen, dass Humboldt schon früh bei der Herstellung seines Amerika-Werks an wesentlichen gestalterischen und typographischen Entscheidungen beteiligt war. Dass er sie in seinem Sinne traf und die Voyage als Realisierung seiner gestalterischen Wünsche anzusehen ist, scheint unstrittig, zumal er selbst erhebliche finanzielle Mittel aufwandte, um deren prächtige Ausführung zu ermöglichen. Auch in die Zusammenarbeit mit Zeitschriftenredaktionen, Setzereien, Druckereien und nicht zuletzt mit seinen deutschen Verlegern, allen voran Cotta, der u. a. die deutsche Ausgabe des Essai sur la géographie des plantes (1807), die Ansichten der Natur (drei Auflagen 1808, 1826 und 1849) und den Kosmos (1845–1862) herausbrachte, wird Humboldts Wissen um zeitgenössische typographische Gestaltungsmöglichkeiten eingegangen sein. Dass er Wünsche und Forderungen äußerte, kann nur implizit vorausgesetzt werden, da Humboldt sich zu Fragen der Buchgestaltung generell bzw. zur Gestaltung eigener oder fremder Texte selten äußerte. Entsprechende Briefe sind nicht erhalten; die vorliegenden eigenhändig korrigierten Druck- oder Korrekturfahnen zu seinen Texten enthalten dazu keine Angaben. Zur Publikation des Kosmos, Humboldts in Berlin entstandenem Alterswerk, zu dem so viele Materialien erhalten sind wie sonst nirgends, sind zwar Überlegungen zum Wortlaut des Titels dokumentiert, nennenswerte Gestaltungsvorgaben etwa zu Titelblatt, Format oder Ähnlichem sind jedoch auch hier nicht überliefert. Eine Ausnahme bildet ein handschriftlicher Entwurf zur Bandaufteilung der Voyage, der sich im Nachlass erhalten hat.3 Humboldt legte darin neben den Titeln der Bände auch deren typographische Einrichtung fest. Er zeichnete dafür die Buchrücken sowohl einer Quart- als auch einer Folioausgabe und berücksichtigte bei deren Beschriftung auch die (Schmuck-)Bünde der Bindung. Nicht nur Humboldts Gestaltungswille kommt hier zum Ausdruck, sondern auch seine Kenntnis der materiellen Merkmale des Mediums Buch und seiner Herstellung.
Abb. 1: Entwurf zur Bandeinteilung des amerikanischen Reisewerks [Bildnachweis]
Aus typographiehistorischer Perspektive ist das weitgehende Fehlen von Selbstzeugnissen zur Gestaltung von Humboldts Veröffentlichungen verschmerzbar. Schriftbild und Ausstattung arbeitsteilig produzierter Drucksachen sind selbst dann beschreibbar, wenn es zu Intentionen und Einschätzungen der geplanten wie fertigen Bücher von Seiten ihrer Autoren, Verleger oder Gestalter keine Auskünfte gibt; sie können anhand der vorliegenden Objekte selbst erfasst werden. Im Fall von Humboldts Schriften ist außerdem zu berücksichtigen, dass der Mitbestimmung oder Kollaboration von Autoren bei der Gestaltung und Herstellung von Monographien in der Regel mehr Bedeutung zukommt als bei unselbständigen Veröffentlichungen. Äußere Gestaltungsvorgaben und typographische Dispositive,4 wie sie sich durch publizistische Konventionen, Verlag, Druckerei etc. ergeben, sind bei periodischen Publikationen rigider als bei belletristischen Buchpublikationen in einem Literaturverlag. Anders als Humboldts selbstreflexive Äußerungen zu seiner Schreibweise und zum Stil seiner Texte ist sein Vorgehen bei der Abfassung und Veröffentlichung seiner Texte kaum in eigenen Aussagen dokumentiert. Zum Teil kann es aus den Manuskripten und Zettel-Collagen seines Nachlasses rekonstruiert werden,5 zum Teil aus seinen Briefen: Karl August Varnhagen von Ense (1785–1858), mit dem sich Humboldt in Stil- und Publikationsfragen in seiner Berliner Zeit ab Ende der 1820er Jahre eng austauschte, gibt in der Ausgabe seiner Korrespondenz mit Humboldt einen Brief vom 28. März 1836 wieder, der einen Einblick in Humboldts Arbeitsweise erlaubt. Kurz vor Abschluss der Vorrede 6 zu Über die Kawi-Sprache auf der Insel Java seines verstorbenen Bruders Wilhelm bittet Humboldt Varnhagen darin um Unterstützung bei der Redaktion, offenbar als die Herstellung in der Druckerei bereits begonnen hatte: „Darf ich Sie bitten, einen kritischen Blick auf die beiliegenden Blätter zu werfen. […] Ich bitte Sie, mir zu erlauben, Sie heute besuchen zu dürfen, um die Blätter, mit denen man in der Druckerei sehr eilt, sammt Ihren mündlichen Bemerkungen abzuholen. Ich ändere, falls es nöthig ist, sous votre dictée bei Ihnen selber.“7 Unter dem 28. Oktober 1834 referiert Varnhagen auch folgende Äußerung Humboldts zum Arbeitsprozess des Korrigierens und Reinschreibens: „Ihre Bemerkungen haben einen Grad der Feinheit, des Geschmacks und des Scharfsinns, der mir das Verbessern zum angenehmsten Geschäft macht. Ich habe alles, fast alles benutzt, über 19/20, einiger Eigensinn bleibt dem ersten Redakteur immer. Ich bitte tausendmal um Verzeihung, dass ich Ihnen Blätter gesandt, in denen ich (gegen das Ende der Rede) das Neu-Angeklebte nicht durchgesehen. Einige Phrasen waren ganz embrouillirt.“8 Einschlägig sind in diesem Zusammenhang auch die Überlegungen zu Wilhelms Sonette-Ausgabe, die Alexander nach dessen Tod ebenfalls herausgab und mit einem Vorwort versah.9 Hinsichtlich der Frage, wie Humboldt als Editor einzuordnen ist, gibt der auf den 24. April 1837 datierte Brief an Varnhagen Aufschluss: „Doch in wenigen Tagen […] zeige ich Ihnen die Liste aller hinterlassenen Werke meines verewigten Bruders, die ich mühsam angefertigt, und die Sie vielleicht vermehren, Cotta wird alles drucken, auch die achthundert Sonette und geistliche – ebenfalls ungedruckte – Gedichte aus Spanien. Ich arbeite mit Pietät an den Einrichtungen zu dieser Ausgabe, damit ich beruhigt vor der Vollendung hinsterben kann.“10 Humboldt erstellte eine Bibliographie aller gedruckten wie unpublizierten Texte seines Bruders und sah es auch als Totendienst an, diese Sammlung bei seinem eigenen Verleger unterzubringen. Es sollte jedoch nach Wilhelms Tod 1835 dauern, bis 1853 zumindest eine kleine Auswahlausgabe der Sonette erschien, nicht bei Cotta, sondern in Berlin bei Georg Reimer. Humboldt musste sich letztlich offenbar recht dazu überwinden; am 15. August 1853 schreibt er an Varnhagen: „Durch die Verlängerung meines langweiligen Aufenthalts in Potsdam von Ihnen getrennt, mein theurer geistreicher Freund, ist meine erste Annäherung eine Bitte. Sie, Sie allein sind mein litterarischer Rathgeber, der Tiefe der Gefühle mit einem so wunderbar harmonischen Sprachtalente verbindet. In meinem Uralter nimmt Zaghaftigkeit über mich selbst krankhaft zu. Es erscheint als ein besonderes Bändchen die Auswahl der Sonette meines Bruders, in denen Stoff und Form nicht immer in glücklichem Einklang stehen. Ich flehe, daß ich morgen, Dienstags, um 1 Uhr zu Ihnen kommen darf, um Ihnen eine mir abgedrungene Vorrede vorzulesen!“11 Varnhagen wurde dann auch damit betraut, kritische Textlesungen zu prüfen bzw. selbst zu leisten. Das Manuskript dieser Vorrede zu Wilhelms Sonetten und eine Reinschrift, die sehr wahrscheinlich direkt dem Satz zugrunde lag, befinden sich heute in der Biblioteka Jagiellońska.12 Vergleicht man die Reinschrift mit der gedruckten Fassung, wird deutlich, dass Humboldt in jener noch relativ viel korrigierte, in den fertigen Korrekturbögen aber wohl nur noch wenig. Aufschlussreich sind auch direkt an den Setzer gerichtete Hinweise mit Gestaltungswünschen in eckigen Klammern, wie etwa gleich zur Verfasserangabe (der Entwurf hebt „Humboldt“ noch nicht hervor, in der Reinschrift ist der Familienname unterstrichen, um im Satz gesperrt zu werden): „Vorwort / von Alexander von Humboldt. [Das zweite von wird durch v. abbreviert]“ (f. 413/1). Zugleich wurden in der Drucklegung bestimmte typographische Normen und Usancen eingehalten und etwa gewünschte Absätze nicht immer realisiert, so wenn Entwurf und Reinschrift in der Datierung „Berlin im Aug. / 1853.“ (f. 411) bzw. „Berlin, im August, / 1853.“ (f. 422/10) vorgeben, im gedruckten Buch aber „Berlin, im August, 1853.“ steht (S. XVI). Humboldts redaktionelle Überlegungen betreffen nicht nur Texte anderer, sondern auch eigene Buchprojekte, etwa die Kosmos-Publikation. Varnhagen überliefert Überlegungen zur Titelfindung, zu denen sich Humboldt am 15. April 1828 folgendermaßen geäußert haben soll, spezifisch typographisch zumindest zum Schriftgrad des Untertitels: „Mein Buch soll heißen: ‚Entwurf einer physischen Weltbeschreibung.‘ [zentriert und abgesetzt] […] Wie soll ich den Titel einrichten. ‚Entwurf einer phys. W. v. A. v. H. (auf Veranlassung von Vorlesungen neubearbeitet‘, oder: ‚theilweise nach Vorlesungen bearbeitet‘)? Alles das scheint mir unbeholfen. Adverbia sind unpassend für Titel. Wie wenn ich mit ganz kleinen Lettern zusetzen ließe: ‚Ein Theil dieser Schrift ist der Gegenstand von Vorlesungen in den Jahren 1827 und 1828 gewesen.‘“13 Humboldt war sich der besonderen sozialen und medialen Vorrangstellung, die erst die Überführung in den Druck für Texte bedeutet, enorm bewusst. Quid non est in libris non creditur, ließe sich in Abwandlung der Maximen quod non legitur non creditur bzw. quod non est in actis non est in mundo zumindest in Bezug auf die gelehrte Kommunikation sagen, an der Humboldt teilhatte. So sehr er bei seinen Forschungen auf möglichst exakte Beobachtung, Messung und Dokumentation setzte, so sehr war er – bei aller Vorsicht vor ungenauen Angaben und Folgerungen anderer, die er entsprechend kritisierte – von einer schriftförmigen Wissenschaftskommunikation überzeugt. Als jemand, der selbst mit der Vergänglichkeit von Beschreibstoffen und Schriftträgern vielfältig zu tun hatte,14 machte sich Humboldt, der bei der Wissensvermittlung regelmäßig auch auf mündliche Medien wie Gespräch, Salon und Vortrag setzte, keine Illusionen darüber, dass Texte (und Konzepte, Forschungsergebnisse, Ideen) im 19. Jahrhundert gedruckt zirkulieren mussten, um von der Mitwelt wahrgenommen und für die Nachwelt aufbewahrt werden zu können. Das Typographeum als soziale und wissenschaftliche Institution, in der ein umfassender gelehrter Diskurs überhaupt erst möglich wurde, war Humboldts Schreib- und Wirkwelt, d. h. er schrieb seine Reisenotate und etwa auch Tagebucheinträge auch darauf hin, sie später im Druck erstmals gültig publizieren zu können, trotz mitunter erheblicher Überarbeitung und Latenz. Die spätere Drucklegung war die diskursive Ordnung, die in der Regel bereits bei der Niederschrift und bei Sammlung und Anordnung handschriftlicher Materialien prägend war, wie sich an Humboldts Nachlass nachvollziehen lässt.15 Dabei ist auch mitzubedenken, dass die Schwelle zum Druck, die ein Manuskript nehmen muss, um nicht dem großen Bereich des Unpublizierten immer zuzugehören, auch vom Vielschreiber und -veröffentlicher Humboldt nicht immer genommen wurde. Selbst bei ihm gab es Publikationsprojekte und -pläne, die nicht realisiert wurden, auch wenn sie vielfältige schriftliche Vorstufen und Vorarbeiten bereits erreicht hatten, aber nie in den Druck gelangten.16 Die Humboldtschen Aufschreibe-, Korrespondenz- und Publikationssysteme waren eng miteinander verzahnt und auch davon abhängig, wie Humboldt selbst als Leser wiederum an Forschungsergebnisse Dritter bzw. publizierte Literatur gelangte und sie systematisch für eigene Arbeiten auswertete. Dazu gehörten neben seinen Korrespondenzen und Freundschaften auch langjährige Geschäftsbeziehungen etwa zu bestimmten Buchhändlern, wie sie anhand eines bislang unveröffentlichten kurzen Briefes an den Pariser Buchhändler Jean-Georges Treuttel (wohl zwischen 1815 und 1822) kürzlich exemplarisch aufgezeigt wurden.17 Dass Humboldts Bibliothek nach seinem Tod nach England verkauft und vermutlich bei einem Lagerbrand vernichtet wurde, bevor sie bei Sotheby’s versteigert werden konnte,18 ist der Hauptgrund dafür, dass eine Analyse seiner Handexemplare heute so gut wie ausgeschlossen ist. Es bleibt nur eine Sichtung seiner eigenen Drucke, die Korrekturen und Verbesserungsvorschläge teilweise enthalten. So nimmt es auch nicht wunder, dass Humboldt nicht nur zeitlebens eine hochaffektive Beziehung zu Büchern hatte, sondern ganz selbstverständlich Bücher als Forschungsobjekte von seinen Reisen mitbrachte, auch wenn er sie selbst gar nicht lesen konnte (z. B. die von seiner Russlandreise 1829 mitgebrachten Bücher u. a. in armenischer, chinesischer und mongolischer Sprache, die von Hartmut Walravens akribisch aufgelistet und kommentiert wurden).19 So ist zudem überliefert, dass Humboldt der Lektüre Zeit seines Lebens einen großen Stellenwert beimaß, auch wenn der Umfang seiner Bibliothek nur grob geschätzt werden kann: „Sie bestand aus etwa 14000 Bänden und 4000 Abhandlungen.“20 Eduard Hildebrandts Portrait des gealterten Gelehrten von 1845 zeigt ihn lesend im Arbeitszimmer der Oranienburger Straße 67. Horst Bredekamp spricht angesichts dieser Darstellung von einer „Kunstkammer im Kleinen, also […] ein Studiolo21 mit allen Konnotationen des gelehrten Heiligen im Gehäus.22
Abb. 2: Eduard Hildebrandt, Alexander von Humboldt in seinem Arbeitszimmer (1847) [Bildnachweis]
So berichtet u. a. Friedrich Althaus über Humboldts Bibliothek: Er „forderte mich auf ihm zu folgen und ging in das anstoßende Bibliothekzimmer. Er zeigte mir dort eine kürzlich in London erschienene, prächtig gedruckte und gebundene, Ausgabe der Vedas. Die Sozietät für indische Alterthumskunde habe 8000 Thlr. zur Herausgabe derselben angesetzt und ein junger Mann wie ich, Max Müller mit Namen, habe dieselbe besorgt. – Ein flüchtiger Blick entlang den hohen Wänden des geräumigen Zimmers, ließ mich die reichen Schätze ahnen welche dies Heiligthum des großen Gelehrten umschloss. Auch den innern Raum füllten schwerbeladene Fächer und Tische […].“23 – und zu Humboldts Lektürepensum etwa im März 1850: „Ich drückte mein Erstaunen aus wie Humboldt auf allen Gebieten der Wissenschaft so unendlich viel habe lesen können und noch lese. ‚Das ist einfach‘, sagte er; [‚]Ich habe immer den Produktionen Anderer ein größeres Interesse gewidmet als meinen eigenen; und da meine Gesundheit mir erlaubt die Nächte durchzuarbeiten, so läßt sich wohl etwas überwinden. An eine Richtung meiner Lektüre denken Sie vielleicht noch gar nicht. Wegen meines Verhältnisses zum König muß ich auch die elende Tagespolitik treiben; denn auf das was man nicht selber liest, kann man wenig geben, man erfährt das Faktum nie rein, immer erst kolorirt von der betreffenden Person. Genaue autoptische Kenntniß dieser Dinge ist daher unerläßlich für mich. Noch die vorige Nacht habe ich bei einer kürzlich erschienenen Schrift über den Bundesstaat zugebracht. Das ist eine besondere Art meiner Lektüre‘. Auf die Frage ob der dritte Theil des ‚Kosmos‘ bald zu erwarten sei, erwiderte er, derselbe befinde sich bereits im Drucke. […] Er holte ein paar Druckbogen aus dem Nebenzimmer und las die ersten Seiten mit ausdrucksvoller kräftiger Stimme vor. Mehrmals unterbrach er sich, um Erklärungen einzuschalten.“ 24 Ein eindeutiger Hinweis auf Humboldts Mitbestimmung bei typographischen Entscheidungen zur Drucklegung auch seiner kleinen Schriften ist aus all dem freilich nicht ableitbar. Zwar brachte er zur Fertigstellung seiner teilweise typographischhochaufwändigen und enorm prächtigen monographischen Publikationen einen beträchtlichen Teil seines Vermögens ein; eine vergleichbare Aufmerksamkeit auf eine besonders sorgfältige Ausführung von Illustrationen und Druckprozessen ist für seine unselbständigen Publikationen aber nicht überliefert.
Abb. 3
Abb. 4
Abb. 3 und 4: Entwürfe auf Druckfahnen zu den Kleineren Schriften [Bildnachweis]
Wenn auch hier demnach Selbstauskünfte fehlen, kann Humboldts Arbeitsweise doch zumindest zum Teil aus den resultierenden Publikationen und den dokumentierten Produktionsstufen rekonstruiert werden. So liegen zu Humboldts unter dem Titel Kleinere Schriften 1853 bei Cotta publizierter Aufsatz-Sammlung Korrekturfahnen vor, was eine Seltenheit darstellt. Eindeutig Humboldts Buchwerken zuzurechnen, kann diese Sammlung als Bindeglied zwischen den Monographien und den mitunter nur ein einziges Mal entlegen erschienenen unselbständigen Schriften gelten, da sie ausschließlich Wiederveröffentlichungen zuvor zumeist unselbständig erschienener Texte enthält. In der „Vorrede“ äußert sich Humboldt u. a. zur gängigen, deregulierten Nachdruckpraxis, Auszüge und Bearbeitungen durch Dritte zu geben, die ihn zur Herausgabe seiner eigenen Aufsätze veranlasse; er verweist aber auch auf die Möglichkeit, in der erneuten Publikation den aktuellen Wissensstand einarbeiten zu können, dadurch die Entwicklung der Fachgeschichte und ihren epistemischen Wandel sichtbar zu machen und schließlich auch sprachliche Modernisierungen anzustreben. Im Verhältnis zu den zum Teil lange zurückliegenden Veröffentlichungen der darin versammelten Aufsätze erlangen die Kleineren Schriften den Status einer Ausgabe letzter Hand: „Wenn ich mich entschlossen habe, in dieser Sammlung Kleinerer Schriften neueren Arbeiten sehr viel ältere anzuschließen; so ist die nächste Veranlassung dazu der Wunsch gewesen, durch eine eigene Herausgabe das Erscheinen von unerfreulichen Compilationen zu verhindern, in denen Aufsätze, chronologisch geordnet, wiederum abgedruckt würden, welche bei dem jetzigen Zustande der Wissenschaften als veraltet zu betrachten sind […]. Meine Auswahl ist vorzugsweise auf diejenigen gefallen, welche in periodischen Schriften, oder in kostbaren und darum wenig zugänglichen Werken zerstreut waren. Wenn diese Arbeiten, was für die Geschichte specieller Disciplinen Vortheil zu gewähren schien, in ihrer primitiven Form wiedergegeben sind, so habe ich sie durch abgesonderte Nachträge vom jetzigen erweiterten Wissen, wie den neueren Sprachformen anzueignen gesucht.“25
Abb. 5
Abb. 6
Abb. 5 und 6: Druckfahnen des geplanten zweiten Bandes der Kleineren Schriften [Bildnachweis]
Ein geplanter zweiter Band der Kleineren Schriften kam nicht mehr zustande, es liegen aber auch dazu im Nachlass zumindest für die wohl als erste Texte geplanten Aufsätze „Ueber die Haupt-Ursachen der Temperatur-Verschiedenheit auf dem Erdkörper“, der 1827 erstmals erschienen war,26 und „Ueber Meereströmungen im allgemeinen“, ursprünglich publiziert 1837,27 Druckfahnen im Umfang von 144 paginierten Seiten vor, die sich heute in Krakau in der Biblioteka Jagiellońska befinden. Sie machen anschaulich, dass Humboldt auch in der Druckvorstufe relativ viel korrigierte und revidierte:28 Es finden sich handschriftliche Korrekturen, Streichungen und zahlreiche mehr oder weniger umfangreiche Hinzufügungen am Rand der Fahnen; kaum eine Seite ist ohne Eintragungen. An einigen Stellen, wo der Platz auf der Seite nicht reichte, hat Humboldt mit Zusätzen beschriebene Zettel eingeklebt, wie er es in seinen handschriftlichen Materialien zu tun pflegte. Der Meeresströmungen-Aufsatz ist insgesamt stärkerer Überarbeitung unterzogen als der über die Temperaturunterschiede. Die Texte sind „Bd. 2 der Kleineren / Schriften / verglichene / alte Correcturbogen. / [nur wegen Humb’scher Hand aufzuheben]“ betitelt und enthalten eindeutige Korrekturen von beim Satz entstandenen Lesefehlern der Vorlage (etwa „100“ zu „700“ auf S. 32 oder „östlichen Sonnenstande“ zu „örtlichen Sonnenstande“ auf Seite 33), aber auch Korrekturen, die sich vermutlich erst durch eine neuerliche Durchsicht und Reflexion des gedruckten Textes ergeben haben und nicht dem Setzer anzulasten sind (etwa „an der Süd-Küste von China“ zu „an der Südost-Küste von China“ auf S. 35). Solche Änderungen verdeutlichen, wie Humboldt auch die Druckfahnen noch relativ stark überarbeitete. Er nahm dabei auch typographische Auszeichnungen wie Sperrungen und hierarchische Strukturierungen vor. So ist auf S. 35 bei „Aufzählung der Meeresströme“ der freilich nicht realisierte, aber umso interessantere Hinweis an den Setzer zu lesen, einen geringeren Schriftgrad zu wählen; auch die Durchstreichung von Lettern, die nicht richtig gedruckt haben, zeigt Humboldts fortgeschrittenes Verständnis typographischer Korrekturabläufe. Ein späterer Bürstenabzug (Probedruck) zumindest der Seiten 31 bis 145 aus dem Cotta-Archiv, der so vermutlich zur Letztkorrektur dem Autor zugeschickt und retourniert wurde, befindet sich heute im Deutschen Literaturarchiv Marbach.29 Hier sind kaum Korrekturen enthalten, sondern im Gegensatz etwa auf Seite 33 die Ergänzung „Der Bogen ist fehlerlos / und kann ohne weiteres / abgezogen werden / B“ sowie auf Seite 49: „nach der einen Correctur / auf S. 50 kann der Bogen / abgezogen werden B“.30 In einem Fall gibt es eine stark wertende Korrektur: „nach Berichtigung des bösen / Fehlers auf S. 114 kann / der Bogen abgezogen werden / B“ (S. 113). Der böse Fehler wird auf S. 114 gleich zwei Mal korrigiert und als „schändlich“ verurteilt: „in Zeile 8 v. u. des Textes ist durch Correctur / an falscher Stelle der schändliche Fehler: / Ich überhebe entstanden; es soll heißen: / Ich übergehe“ (S. 114, die Handschrift wechselt bei den Zitaten von deutscher Kurrent zu lateinischer Schrift). Allerdings bildete auch dieser Fahnenrücklauf nicht die letzte Stufe vor dem gedruckten Buch, unabhängig von Korrekturen, die in der Cotta’schen Druckerei wohl selbst noch vorgenommen worden wären. Auf der letzten Seite 145 ist vermerkt, dass eine neuerliche Zusendung weiterer Bürstenabzüge erbeten wird, sobald fehlende Manuskripte dem Verlag zugegangen sein würden: „eine neue Correctur wird / später wird, wenn der Bogen durch / neues Manuscript fortgesetzt seyn / wird, erbeten / B“ (S. 145). Es war zu diesem Zeitpunkt offenbar noch nicht entschieden, welche weiteren Texte der zweite Band der Kleineren Schriften hätte enthalten sollen. Es ist möglich, dass Humboldt zuletzt selbst noch einmal eine Korrekturlektüre vorgenommen hätte, um die Druckfahnen abschließend zu prüfen und dann endgültig freizugeben. Diese letzten Korrekturbögen sind aber nicht überliefert und wären, der Herstellungspraxis der Zeit und der Archivlage zu Humboldts anderen Monographien entsprechend, wohl kaum aufbewahrt worden, wäre es tatsächlich zum Druck des Bandes gekommen. Welche Sorgfalt Humboldt für die Korrekturlektüre seiner Werke aufwandte, geht aus einem kleinen Artikel hervor, der 1822 im Pariser Bulletin de la société de géographie veröffentlicht wurde.31 Humboldt weist darin die Kritik eines „M. Bresson, secrétaire de la Légation française aux Etats-Unis“, an einem angeblichen Fehler in seinem Essai politique sur le royaume de la Nouvelle-Espagne (1811) zurück. Die monierte Falschangabe einer geographischen Distanz finde sich laut Humboldt „ni dans l’édition in-4o, qui est l’édition originale, et la seule dont j’ai revu les épreuves, ni dans les différentes traductions anglaises, allemandes ou espagnoles, que j’ai sous les yeux“.32 Humboldt bürgt hier mit der eigenen autoptischen Fahnenkorrektur für die Richtigkeit der Buchausgabe. Außerdem betont er den autoritativen Charakter der Originalfassung, für die allein er Verantwortung trage. Zuletzt weist er auf das Korrekturinstrument der ‚Errata‘ hin, mit dem auch noch während oder nach der Drucklegung erkannte Fehler berichtigt werden können und das bei Übersetzungen seiner Werke zu berücksichtigen sei: „Je profite de cette occasion pour faire observer que, dans la dernière traduction anglaise de mon ouvrage sur le Mexique, on se livre à des conjectures sur des chiffres dont on aurait pu trouver la rectification en jetant les yeux sur l’Errata de l’édition originale.“33 Auf eine Besonderheit im Vergleich mit damals zunehmend gängigen assistierten Schreibweisen und Produktionsverfahren seiner Zeitgenossen hat Humboldt selbst hingewiesen, wenn er in Bezug auf seine Korrespondenz geäußert haben soll: „‚Auch meine wissenschaftliche Korrespondenz ist immer noch im Zunehmen begriffen. Deutschland, Italien, Frankreich, England, Amerika stürzen sich auf mich mit einem wahren Bombardement von Briefen. Ich empfange gegenwärtig jedes Jahr durchschnittlich dreitausend Briefe, und beantworte etwa zweitausend. Meine Ausgaben an Postgeld belaufen sich auf 500–600 Thaler. Nun habe ich mich trotzdem bis auf den heutigen Tag nie entschließen können, einen Sekretär zu nehmen. Es kommt dadurch etwas Steifes, Geschäftsmäßiges in die Korrespondenz, während man durch ein paar einfache selbstgeschriebene Worte so oft erfreuen kann und nicht selten den Gegenstand rascher erledigt. Erinnern Sie sich nur, wie langweilig Goethe’sBriefe werden, nachdem er einen Sekretär genommen hatte. Sie sehen hieraus aber auch, daß ich meine Nächte zur Arbeit nöthig habe.‘“34 Auch in seiner allerletzten Publikation, dem kuriosen „Ruf um Hülfe“ im Mai 1859, berechnet er seine Korrespondenz auf „im Jahresmittel zwischen 1600 und 2000 Nummern (Briefe, Druckschriften über mir ganz fremde Gegenstände, Manuscripte, deren Beurtheilung gefordert wird, Auswanderungs- und Colonialprojekte, Einsendung von Modellen, Maschinen und Naturalien, Anfragen über Luftschifffahrt, Vermehrung autographischer Sammlungen, Anerbietungen, mich häuslich zu pflegen, zu zerstreuen und zu erheitern u. s. w.)“, die ihn von seinen eigentlichen Arbeiten abhalte.35 Obschon er insbesondere bei der späteren Arbeit am Kosmos auf die Hilfe seines Sekretärs Eduard Buschmann zählen konnte, hat Humboldt auch seine wissenschaftlichen Publikationen weitgehend ohne Assistenten verfasst und in den Druck gebracht.

Drucktechnik im 19. Jahrhundert

Was Humboldt zusätzlich typographiehistorisch auszeichnet, ist das Umfassen einer ganzen medientechnischen Epoche: Von seiner ersten Publikation 1789 bis zu seiner letzten 1859 umspannt seine Publikationstätigkeit ein Dreivierteljahrhundert an drucktechnologischen Entwicklungen und Innovationen.36 Humboldts frühe Publikationen gehörten noch der Spätzeit des traditionellen Handsatzes zu, die bis zum Ende des 18. Jahrhunderts andauerte, da sich seit der Buchdruck-Revolution zwischen 1450 und 1750 das Druckwesen nicht wesentlich verändert hatte. Um und besonders nach 1800 jedoch kam eine Vielfalt neuer Druck- und Satztechnologien auf, die auch im Bereich der Illustration und der Bildreproduktion gänzlich neue Möglichkeiten boten. So wurde das Drucken während des 19. Jahrhunderts und im Zuge der Industriellen Revolution grundsätzlich billiger, schneller und niederschwelliger.37 Diese rasante Entwicklung des Druckwesens während Humboldts Leben wird z. B. anhand der Effizienzsteigerung und Mechanisierung der Druckerpressen ersichtlich: 1800 erfand Charles Mahon, Third Earl of Stanhope, eine eiserne Hebelpresse, die gegenüber der seit Gutenbergs Zeit mehr oder weniger unverändert verwendeten hölzernen Druckerpresse enorme Vorteile aufwies: Es konnte mit weniger Kraftaufwand, d. h. nur noch mit einem Drucker, deutlich besser und gleichmäßiger gedruckt werden, zudem auf wesentlich größeren Druckformen mit einem gestiegenen Anpressdruck. Nur wenig später erfand Friedrich Koenig eine dampfbetriebene Presse, die in der Stunde fast 1000 Seiten bedrucken konnte, gegenüber der Stanhope-Presse mit ca. 300 Seiten in der Stunde eine erhebliche Steigerung. Spätestens jetzt bestand der Flaschenhals im Druckwesen im Satz, weil deutlich schneller und mehr gedruckt als gesetzt werden konnte.38 1848 erfand Augustus Applegarth eine vertikale Rotationspresse, die es ermöglichte, ca. 4000 Drucke in der Stunde durchzuführen. Diese Presse wurde bis 1850 so weiterentwickelt, dass Papier aus bis zu acht unterschiedlichen Positionen zugeführt werden konnte, mit bis zu 10.000 Seiten in der Stunde. 1858 stellte Richard M. Hoe eine Rotationspresse vor, die bis zu 20.000 Seiten in der Stunde bedrucken konnte; darauf basierten mehr oder weniger alle Pressen, die im Zeitungsdruck später eingesetzt wurden. Daneben wurden nahezu alle handwerklichen Bereiche des Buchbindens und -veredelns ebenfalls nach und nach automatisiert. Schließlich kam auch der Verlegereinband auf, was nicht nur eine ganze Profession nachhaltig veränderte, sondern auch das Aussehen der Bücher maßgeblich beeinflusste.39 Die technischen Reformen des Druckwesens führten auch zu sozialen Veränderungen: Mehr und mehr ungelernte Arbeiter, darunter auch Frauen und Kinder, übernahmen zunehmend Aufgaben in einem Handwerk, das traditionell enorm selbst- und statusbewusst geprägt war, dem der schwarzen Kunst. Innovationen gab es nicht zuletzt in der Papierproduktion: So erfand 1816 Thomas Gilpin eine Zylindermaschine, die Papier erstmals auf großen Rollen produzieren ließ. Bis dahin wurde das maximale Papierformat von den Schöpfrahmen vorgegeben, die bei der händischen Papierherstellung eingesetzt wurden. Gegen 1830 wurde maschinenproduziertes Papier bereits für die Mehrzahl aller Druckprodukte eingesetzt, darunter auch Bücher.40 Allerdings basierte dieses Papier noch lange auf Hadern und Lumpen; die breite Einführung von „Esparto“-Gras und ab den 1880er Jahren von Holzschliff, um günstiger produzieren zu können, erfolgte erst Jahrzehnte später. Für Humboldts Bücher nicht unerheblich waren zudem die Veränderungen der Illustrations- und Reproduktionsverfahren.41 Während ältere Techniken wie Holz- und Stahlstich immer weiter perfektioniert und rationalisiert werden konnten, wurde die Illustration besonders durch die Erfindung der Lithographie durch Alois Senefelder revolutioniert. Farbige Drucke wurden von nun an günstig einsetzbar. 1837 meldete Godefroy Engelmann ein Patent für „Chromolitographie“ an, eine Technik farbigen Steindrucks, die bis ins späte 20. Jahrhundert genutzt wurde. Auch im Bereich des Satzes gab es Innovationen, obschon die wichtigsten – die Erfindungen von integrierten Setz-Gießmaschinen (Linotype durch Ottmar Mergenthaler und Monotype von Tolbert Lanston in den 1880ern) – erst nach Humboldts Tod stattfanden. Die Stereotypie, wenn auch eine ältere Erfindung, fand ab den 1830er Jahren weite Verbreitung und erlaubte es den Druckereien, Druckvorlagen leichter zu lagern und später wiederzuverwenden, sie diente aber auch der internationalen Verbreitung von Abbildungen und Texten. In manchen (satzidentischen) Wiederabdrucken von Humboldts kleinen Schriften kommt sie zum Einsatz. Obwohl der klassische Handsatz immer noch anzutreffen war, kamen mechanische Setzmaschinen wie die Pianotyp oder Kastenbein auf, was Satzkosten und damit Druckkosten erheblich reduzieren half.42 Als Ergebnis dieser neuen Verwendungen schnellerer Druckmaschinen, maschinenproduzierter Papiere, günstigerer Bindungsarten und immer effizienterer Satzmaschinen konnten alle Bereiche des Druckwesens automatisiert und verbilligt werden. Späten Buchpublikationen Humboldts wie den Kleineren Schriften oder dem Kosmos ist anzusehen, dass sie deutlich günstiger produziert wurden als etwa seine selbstfinanzierten Druckwerke wie die Relation historique oder die Vues. Zugleich sorgten erst die rationalisierten Produktionsverfahren dafür, dass ein fünfbändiges Monumentalwerk wie der Kosmos zu einem für breite Leserkreise erschwinglichen Bestseller wurde. Die zweite (quantitative) Leserevolution ist ohne das Aufkommen günstiger Drucke kaum zu erklären; Alphabetisierungsbewegungen und technischer Fortschritt gehen im 19. Jahrhundert Hand in Hand.43 Dass Humboldt ein so populärer Wissenschaftler und Schriftsteller werden konnte, hat also viel mit den technischen Entwicklungen zu tun, was nicht nur seine Bücher betrifft: Der Wandel des Druckwesens ist mediengeschichtlich nicht zuletzt deshalb von Bedeutung, weil er die massenhafte Verbreitung auch von Periodica vorantrieb. Zeitschriften für allgemeine und Fachpublika, besonders aber Tageszeitungen, erlebten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine nie gekannte Konjunktur und erreichten weit größere Leserkreise als der Buchmarkt. Auch Humboldts unselbständige Publikationen profitierten von der Expansion, Vielfalt und Reichweite periodischer Medien, wie sich u. a. in seiner enormen Rezeption in der deutschsprachigen und amerikanischen Tagespresse spätestens ab den 1830er Jahren nachvollziehen lässt.

Zur Gestaltung von Humboldts Büchern

Humboldts umfangreiches und vielgestaltiges Buchwerk besteht – neben lateinischen Frühwerken – zum Großteil aus frankophonen Publikationen, die den Vergleich zwischen deutsch- und französischsprachiger Typographie-Tradition ermöglichen. Seine Bücher erschienen außerdem in verschiedenen Verlagen, Schriftarten und Formaten und wurden mit unterschiedlichem ökonomischen Aufwand realisiert. Sie unterscheiden sich zudem in ihrer inhaltlichen Ausrichtung: Das Frühwerk vor der Amerikareise (1799–1804) zeichnet sich durch Forschungsmonographien aus, die sich an ein hochspezialisiertes Publikum vor allem in Deutschland richteten. Später wurde die Leserschaft durch französische Veröffentlichungen und Übersetzungen in zahlreiche weitere Sprachen internationaler, hinzu kamen weitere Formate und Gattungen: an die breite Öffentlichkeit gerichtete, z. T. illustrierte Reiseberichte mit hohem literarischem und künstlerischem Anspruch, populärwissenschaftliche Sachbuch-Bestseller im Taschenbuchformat, prachtvolle Farb-Bildbände in teilweise ausladenden Ausmaßen sowie präzise Atlanten bzw. Kartenwerke. Nachdem der junge Humboldt zunächst eine mineralogische und eine höhlenkundlich-botanische Monographie veröffentlicht hatte, erschienen 1797/99 seine zweibändigen Versuche über die gereizte Muskel- und Nervenfaser, eine Studie zur Physiologie und Elektrobiologie anhand eigener Experimente. Zum Erscheinungszeitpunkt war die Antiqua–Fraktur-Debatte auf einem Höhepunkt, vor diesem Hintergrund ist zunächst die Wahl einer Antiqua als Satzschrift bemerkenswert: Belletristische deutschsprachige Texte zu dieser Zeit waren fast ausschließlich aus Fraktur gesetzt (und im Bereich wissenschaftlicher Werke, die bis kurz zuvor noch regelmäßig auf Latein verfasst waren, gab es keine festen Konventionen für den deutschsprachigen Satz).44 Die Wiedergabe in Fraktur hätte also auch für die Versuche nahegelegen. Dass sie in Antiqua erschienen, kann als Signal aufgefasst werden: Die Versuche richten sind nicht ausschließlich an ein deutsches Publikum, sondern verorten sich in einer internationalen Forschungsgemeinschaft (starken Einfluss auf Humboldt hatten z. B. die Elektrizitäts-Experimente des Italieners Luigi Galvani). Entsprechend breit sollten sie ohne das Lesehemmnis der Fraktur auch außerhalb Deutschlands rezipiert werden können. Die Gestaltung der Versuche weist zahlreiche orientierende und erläuternde Elemente auf: eine durchgehende Abschnitts-Gliederung (mithilfe von Überschriften und Zierlinien), zusammenfassende Stichworte am Beginn jeden Kapitels, Fußnoten mit Anmerkungen und Verweisen, ein Sachregister sowie ein Verzeichnis der Errata und Druckfehler. Die größte Anschaulichkeit wird gewonnen durch zahlreiche Kupferstiche, die die durchgeführten physiologischen Versuche bildlich darstellen.45 Statt im Text als Abbildungen eingefügt zu sein, sind sie als Falttafeln in die Innenseite des hinteren Buchdeckels eingeklebt. Dasselbe Verfahren ist in der 1843 erschienenen Asie centrale zu finden, in der Humboldt von seiner Russland-Reise 1829 berichtet. Am Ende des dritten Bands des Asien-Werks ist eine detaillierte Landkarte der bereisten Gebiete eingeklebt, die aufgeklappt stattliche 37,5 x 57 cm misst und weit über das Oktavformat des Buchs hinausragt. So können die Tafeln während der Lektüre unabhängig von der gelesenen Stelle geöffnet und konsultiert werden; sie sind – gleichsam als nicht-lineares Hypertext-Element – ein dauerhaft präsentes Informationsangebot, das zur Verständlichkeit des Texts beiträgt. 1807 erschienen in Paris bei Schœll und in Tübingen bei Cotta kurz nacheinander die französische und die deutsche Ausgabe von Humboldts Pflanzengeographie: Essai sur la géographie des plantes bzw. Ideen zu einer Geographie der Pflanzen. Beide Ausgaben stammen vom zweisprachigen Autor selbst. Um ihre Gleichwertigkeit auch gestalterisch zum Ausdruck zu bringen, vollziehen sie eine bemerkenswerte typographische Verbrüderung: Sie sind – bis auf minimale Unterschiede – fast identisch gestaltet. Format, Satzspiegel, Schrifttype, Schriftgrad, Zeilenfall, Grauwert, Titelblatt, Vorrede, Haupttext, Tabellen – es herrscht eine nahezu mimetische Typographie. Beide Ausgaben lösen die vermeintliche Konkurrenz, in der sie wahrgenommen werden könnten, gleichsam dadurch auf, dass sie sich bis zur Ununterscheidbarkeit typographisch anähneln. Diese Gestaltung vermittelt die Ebenbürtigkeit beider Ausgaben und der in ihnen enthaltenen Texte. Die allein noch verbleibende sprachliche Differenz wird dadurch nivelliert. Vor dem historischen Hintergrund des Veröffentlichungszeitraums wird die Gestaltung politisch, denn um 1807 waren große Teile Deutschlands und insbesondere das vernichtend geschlagene Preußen vom napoleonischen Frankreich besetzt. Der kosmopolitische Preuße Humboldt, der damals in Berlin und Paris gleichermaßen lebte, nutzte die Veröffentlichung seines pflanzengeographischen Werks somit für eine egalitaristische Botschaft. Die Ansichten der Natur sind Humboldts wohl populärstes Werk: eine Sammlung mit Naturschilderungen der Amerika-Reise. Sie erschienen in drei stetig vermehrten und überarbeiteten Auflagen 1808, 1826 und 1849 ebenfalls bei Cotta. Die beiden ersten Auflagen ähneln einander typographisch stark: Sie sind im kleinen Sedez-Format gehalten (8 x 12,5 cm) und haben Taschenbuch-Charakter. Das Buch ist so gestaltet, dass man es als ‚Vademecum‘ auf Exkursionen in die Natur mitnehmen kann; es lädt zum Vergleich seines Inhalts mit eigenen empirischen Beobachtungen ein, denen es standzuhalten verspricht. Es ist bewusst als Gegensatz zum repräsentativen Gelehrten-Folianten konzipiert und richtet sich in seiner allgemeinverständlichen Darstellung und literarischen Sprache an ein breites Publikum. Zugleich enthält es „wissenschaftliche Erläuterungen“ (so der Untertitel), verzichtet also nicht auf akademischen Anspruch. Wie schon die Versuche und die Pflanzengeographie-Bücher sind die Ansichten aus Antiqua gesetzt. Humboldt hat diese Gestaltung selbst vorgeschlagen, in Anlehnung an die bei Göschen erschienene zweite Auflage von Hermann und Dorothea, wo auf Goethes Wunsch hin Antiqua verwendet worden war.46 Es handelt sich also um eine bewusste Positionierung innerhalb des Schriftstreits. Umso erstaunlicher ist es daher, dass die dritte Auflage der Ansichten die typographisch-ästhetischen Entscheidungen ihrer Vorgänger nicht beibehält: Sie ist aus Fraktur gesetzt und als Oktav-Ausgabe erschienen. Allerdings waren damals bereits fast 40 Jahre seit der Erstausgabe vergangen, die Antiqua–Fraktur-Debatte merklich abgeklungen und Humboldt selbst inzwischen hochbetagt und weltberühmt. Der gestalterische Unterschied zwischen den Auflagen kann in Bezug zu Humboldts darin zum Ausdruck kommender Eigendarstellung als Naturforscher gesetzt werden: In der ersten und zweiten Auflage ist die „Vorrede“ (1808, S. V–VIII; 1826, S. V–VI) aus einem kleineren Schriftgrad gesetzt als die darauffolgenden Naturbeschreibungen. Humboldt spricht darin nicht als weltgewandter Reisender und etablierter Forscher, sondern als jemand, der sein Werk dem Urteil der Leserschaft überlässt: Er beginnt mit den zurückhaltenden Worten „Schüchtern übergebe ich dem Publikum…“, räumt eigene „Fehler“ ein und drückt den Wunsch aus, die Leser mögen nachsichtig sein und dennoch Gefallen an den Texten finden. Diese rhetorische Demutsgeste wird typographisch durch den verringerten Schriftgrad angezeigt: Der Autor nimmt sich selbst weniger wichtig als sein Werk. Solches Understatement hätte gegen Ende von Humboldts Lebens aufgrund seines weltweiten Ruhms unangemessen gewirkt; in der dritten Auflage ist eine zusätzliche, etwas gravitätischere Vorrede enthalten und auf den Schriftgradunterschied wird verzichtet (1849, S. XI–XVIII). Humboldts prächtigstes Buchwerk sind die Vues des Cordillères et monumens des peuples indigènes, die 1810–1813 veröffentlicht wurden und Beschreibungen von Naturerscheinungen und kulturellen Artefakten enthalten, denen Humboldt auf seiner Reise durch Hispanoamerika begegnet war. Sie bestehen aus zwei Elementen: Eine Reihe von Essays und Reisebeschreibungen wird von insgesamt 69 imposanten Bildtafeln veranschaulicht. Diese innovative Konzeption eines erläuterten Bildbands wird buchgestalterisch mit enormem Aufwand inszeniert: Das Format der Bände ist in Folio gehalten, aufgeklappt hat der Bildband beeindruckende Dimensionen (rund 83 x 57 cm). Die Besitzer der teuren Erstausgabe ließen sich auch die individuelle Bindung ihrer Exemplare etwas kosten und den Einband z. B. aus marmoriertem Karton fertigen und mit goldenen Lettern und Zierrat dekorieren sowie Buchrücken und Ecken zum Schutz vor Abrieb mit Leder bespannen.47 In der Typographie der Vues setzt sich diese verschwenderische Ausstattung fort: Der Satzspiegel ist so gering bemessen, dass etwa drei Fünftel jeder Seite unbedruckt sind; die Seiten – aus starkem, festem, sehr hellem Papier – werden von großzügigem Weißraum dominiert. Die klassizistische Antiqua ist in großem Schriftgrad und mit äußerster Präzision gesetzt. Die Bandbreite des zeitgenössischen Schriftsatzes wird durch Dekor, komplexe Tabellen, Fußnoten, handschriftliche Sonderzeichen (aztekische Hieroglyphen) und ein reich verziertes Widmungsblatt annähernd ausgeschöpft. Die Kupferstiche des Bildbands, die auf Humboldts eigene Entwürfe zurückgehen, sind vielfarbig koloriert, bis ins Detail präzise ausgeführt und haben teils enorme Ausmaße.48 Die Buchgestaltung der Vues sendet auf allen Ebenen Prestige-Signale aus: Für die Verwirklichung dieser Ausgabe wurde kein ökonomischer Aufwand gescheut, die Materialien sind hochwertig, die Anmutung prächtig, die Satz- und Illustrationsqualität herausragend. Die Wertschätzung für das Objekt Buch – so die medienästhetische Botschaft – überträgt sich auch auf dessen Gegenstand: War solch prachtvolle Darstellung zuvor vor allem den Kulturschätzen der griechisch-römischen Antike vorbehalten, setzt Humboldt durch die typographisch-buchgestalterische Aufwertung auch außereuropäische Kunst und die indigenen Zivilisationen der ‚Neuen Welt‘ in ihr Recht. Die technische Qualität der Abbildungen der Vues wird noch übertroffen von denen im zweibändigen Recueil d’observations de zoologie et d’anatomie comparée (erschienen 1811/33). Darin beschreibt Humboldt die während seiner Amerika-Reise erstellte zoologische Sammlung, von Säugetieren über Vögel und Insekten bis hin zu Schnecken und Muscheln. Zahlreiche Tiere sind auf exzellenten Kupferstichen am Ende beider Bände abgebildet.49 Die Abbildungsqualität ist überragend, Farbwiedergabe, Plastizität und Detailliertheit erreichen annähernd fotorealistisches Niveau. Dadurch lassen sich Humboldts Ausführungen gleichsam in natura nachvollziehen. Die präzise Visualisierung ist umso wichtiger, als Humboldt von seiner Reise aufgrund logistischer Schwierigkeiten kaum Tiere oder Präparate mitgebracht hatte und die europäischen Leser die amerikanische Fauna selten aus eigener Anschauung kannten. Humboldts letztes Buch ist der fünfbändige Kosmos (1845–62). Von allen seinen Monographien (abgesehen von der Aufsatz-Sammlung der Kleineren Schriften, 1853) ist einzig der Kosmos von der ersten Auflage an in Fraktur erschienen. Der Schriftstreit, in dem Humboldt zuvor eher zur Antiqua geneigt hatte, war Mitte des 19. Jahrhunderts nicht mehr virulent. Und der greise Humboldt verbrachte seine letzten Jahre vor allem in Berlin, schrieb also vorrangig für die heimische Leserschaft. Die Vorrede zum Kosmos setzt dementsprechend ein mit den Worten: „Ich übergebe am späten Abend eines vielbewegten Lebens dem deutschen Publikum ein Werk…“ (statt „dem Publikum“, wie es in den Ansichten der Natur 40 Jahre zuvor gelautet hatte). Typographische Gestaltung und Zielgruppe stimmen überein. Humboldt konnte den Kosmos nicht beenden, er starb 1859 während der Arbeit am fünften und letzten Band. Der Text endet unvermittelt nach 98 Seiten am Ende eines Zitats. Um anzuzeigen, dass dieser Abbruch endgültig ist, wurden im direkten Anschluss vier Zeilen mit Geviertstrichen gesetzt. Der Rest der Seite bleibt, bis auf einen Finis-Strich auf der unteren Seitenhälfte, unbedruckt. Erst auf der nächsten Seite beginnt Eduard Buschmanns Nachwort mit der Erläuterung: „Der Tod hat den großen Autor seinem Werke vor dessen Vollendung entrissen.“50

Zur Gestaltung von Humboldts Schriften

Eine typographische Gesamtsichtung und quantitative Auswertungen des in der Berner Ausgabe verfügbaren Corpus kleiner Schriften von rund 3570 Drucken (davon rund 2820 Wiederabdrucke bzw. Übersetzungen und Bearbeitungen) ergeben folgendes Bild: Analog zur Sprachenverteilung, bei der deutschsprachige Erstveröffentlichungen überwiegen, verhält sich die regionale Verteilung der Druckereien, in denen Humboldts Publikationen entstehen, vor allem auf Preußen, Frankreich, das restliche Europa und die USA. Daraus ergibt sich insgesamt ein kleinerer Anteil gebrochener Schriften im Vergleich mit Antiquaschriften, zumal auch zahlreiche deutschsprachige Texte aus Antiqua gesetzt wurden. Eine Stellungnahme oder Positionierung Humboldts im Fraktur-Antiqua-Streit lässt sich aus dieser Gesamtschau kaum ableiten, zumal die Periodica, in denen er publizierte, in aller Regel nicht die Wahl zwischen verschiedenen Schriften boten.51 Hinsichtlich der Verwendung von Sonderzeichen, nichtlateinischen Schriftzeichen und typographischen Besonderheiten sind Humboldts unselbständig erschienene Schriften – entsprechend ihrem medialen Kontext in Fach- und Publikumsperiodica – eher unauffällig: Es gibt zwar relativ viele Tabellen und darin, weil sie Messergebnisse enthalten, häufig auch Bruchziffern, sonst aber lediglich astronomische oder mathematische Sonderzeichen. Neben griechischen Zeichen, die hier aber auch viel seltener anzutreffen sind als in Humboldts von Klassiker-Zitaten durchsetzten Büchern, und der Kyrillica der russischen Drucke, werden fast alle Sprachen mittels lateinischer Schriftzeichen transliteriert, mit zwei Ausnahmen: Übersetzungen von Humboldt-Texten ins Hebräische52 und, was das außergewöhnlichste Vorkommnis hinsichtlich linguistischer Sonderzeichen darstellt, mehrere Cherokee-Wiedergaben in eigenen Cherokee-Lettern.53 Innerhalb der typischen Gestaltungsdispositive von Publikationen in Periodica des 19. Jahrhunderts weisen Humboldts Schriften im Detail ein recht breites Spektrum auf: Sie erscheinen einerseits als prominent in Szene gesetzte Fachbeiträge in Wissenschaftszeitschriften, deren typographische Prestigesignale z. B. in der Titelgestaltung (Hervorhebung von Humboldts Namen u. a. durch Zierschriften, Ornamente und verschwenderische Dimensionen) und im Textsatz (z. B. mit umfangreichem Weißraum) mit Humboldts disziplinärem Renommee korrespondieren. Sie erscheinen andererseits aber auch denkbar unscheinbar in Tageszeitungen, wo die Rationalisierung der Produktion und die Bewirtschaftung des Seitenraums in extrem sparsamem Spaltensatz mitunter weder überhaupt einen Titel noch die Absetzung von anderen Artikeln zulässt. Der typographische Befund in den Einführungskommentaren gibt zu jedem Druck der Berner Ausgabe Auskunft über die wichtigsten Schriftbildmerkmale der Originale, die in einer transliterierenden Neusatz-Edition nicht sämtlich wiedergegeben werden können.54 Neben den typographischen Merkmalen der Originaldrucke ist auch deren materieller Erhaltungszustand zu berücksichtigen. Er variiert ebenfalls je nach technischem und wirtschaftlichem Aufwand ihrer ursprünglichen Veröffentlichung und je nach den regionalen, klimatischen und logistischen Bedingungen ihrer seitherigen Aufbewahrung in Sammlungen, Bibliotheken und Archiven. Eine Vielzahl der Originale ist durch die Digitalisierung vorerst vor dem Verfall gerettet; der damit einhergehende Medienwechsel verändert allerdings die Bedingungen ihrer Rezeption.55

Fallstudie zum Chimborazo-Aufsatz

Für die Erforschung unselbständig erschienener Schriften im Unterschied zu Monographien ergeben sich grundsätzliche methodische Probleme: So ist der Autorisierungsgrad durch die Autoren bei Journalliteratur in aller Regel geringer (oft werden Eingriffe von Redaktionen ohne vorherige Rücksprache vorgenommen). Äußere Umstände wie Zeitdruck aufgrund der periodischen Erscheinungsweise oder erschwerte Kommunikation über räumliche Distanzen hinweg führen zu Fehlern und Versäumnissen bei der Textkonstitution, die Korrekturtiefe ist gewöhnlich niedriger als bei Monographien. Bei Wiederabdrucken bereits publizierter Texte in anderen Periodica stellt sich das Autorisierungsproblem verschärft, weil eine Genehmigung der wiederholten Veröffentlichung, geschweige denn ungehemmter Zirkulation, durch die Autoren in der Regel nicht vorliegt. Fahnenkorrekturen werden in Zeitungs- und Zeitschriftenredaktionen üblicherweise nicht aufbewahrt, sondern noch während des Drucks umgehend makuliert, sodass die Materialbasis zur Erforschung des Herstellungsprozesses immer schmal ist. Auch die Analyse der Humboldtschen Schriften unterliegt diesen Schwierigkeiten. Die folgende Fallstudie soll dennoch einen Eindruck davon vermitteln, welche vielfältigen Transformationen Humboldts Texte durchlaufen haben, bis sie gedruckt und eventuell nachgedruckt wurden. „Ueber zwei Versuche, den Chimborazo zu besteigen“ erschien erstmals im Jahrbuch für 1837, einem im Cotta-Verlag von Heinrich Christian Schumacher (1780–1850) herausgegebenen astronomischen Jahrbuch (mit der Schlussformel „Berlin, im September 1836“ versehen).56 Oliver Lubrich hat in der Edition der zugrundeliegenden Tagebuchaufzeichnungen die Merkwürdigkeiten dieser Publikation beschrieben, die zeitliche Verschiebung von 35 Jahren nach dem Ereignis, die auffällige Titelgebung, die rhetorischen Demutsbezeigungen wie auch den unspektakulären Publikationsort: „Es hat den Anschein, Humboldt habe seinen Text bewusst versteckt.“57 Gleichwohl befand er sich im Jahrbuch in guter Gesellschaft. Schumacher, der 1815 zum ordentlichen Professor für Astronomie in Kopenhagen ernannt wurde und 1821 die Astronomischen Nachrichten gründete, die älteste auch heute noch erscheinende astronomische Fachzeitschrift der Welt, versammelte im zweiten seiner erstmalig 1836 (und bis 1844 durchgehend) publizierten Jahrbücher neben Humboldts Text nicht nur eine Barometertafel seines Göttinger Lehrers Carl Friedrich Gauß, sondern auch Beiträge namhafter Astronomen wie Heinrich Wilhelm Olbers oder Friedrich Wilhelm Bessel. Zugleich trifft freilich zu, dass Humboldt im Sinne einer größeren Sichtbarkeit die Schilderung der berühmtesten Episode seiner Reisen auch an prominenterer Stelle hätte publizieren können – was auch umgehend geschah. So folgten u. a. in rascher Folge ein Abdruck bei Reimer in den Annalen der Erd-, Völker- und Staatenkunde (Nr. 3:3), in der Isis (Nr. 5). 1838 erfuhr der Text im Morgenblatt für gebildete Leser (Nr. 32:183–190) seinen wohl prominentesten Wiederdruck im deutschsprachigen Raum. Noch im Erscheinungsjahr erschien eine von dem britischen Arzt Martin Barry besorgte englische Übersetzung (Edinburgh New Philosophical Journal 23), im Folgejahr eine anonyme französische (Annales de chimie et de physique 69) sowie eine ungarische Fassung (Athenæum 2:5); 1839 folgte eine Übersetzung ins Spanische (El Correo Nacional 524/527). Daneben erschien der Text in zahlreichen mehr oder weniger bedeutenden internationalen Zeitungen und Zeitschriften, darunter renommierte Zeitungen wie The New-Yorker (Nr. 4:18) und Journale wie The Athenaeum (Nr. 524), aber auch John Limbirds Londoner twopenny-Wochenblatt The Mirror of literature, amusement, and instruction (Nr. 31:878–883) und weniger anspruchsvolle Sammelmedien wie das Brünner Magazin Jurende’s Vaterländischer Pilger (Nr. 29). Zuletzt, rund 20 Jahre nach seinem Erstdruck, fand der Chimborazo-Aufsatz Eingang in Meyer’s Volksbibliothek für Länder-, Völker- und Naturkunde (Band 75/102). Rezeptionshistorisch ließe sich diese Abfolge als Trickle-down-Prozess bezeichnen: von Fachzeitschriften erst in allgemeinere Journale und nach der auch fremdsprachigen Verbreitung schließlich in populäre Medien. Insgesamt wurde der Text zu Humboldts Lebzeiten 17 Mal gedruckt (womit er in der Liste der am häufigsten wiederveröffentlichten Texte Humboldts aber nur einen mittleren Rang einnimmt). Zugleich kamen während dieser Wanderung durch die Medien auch paratextuelle Anreicherungen und Abänderungen hinzu. So lautete der Titel des Teildrucks in den Annalen der Erd-, Völker- und Staatenkunde unter der Rubrik „Geologie“ folgendermaßen: „Auszug / aus einer / Abhandlung / des / Herrn Alexander von Humboldt / über zwei Versuche / den Chimborazo zu besteigen. / (Aus Schumacher’s Jahrbuch für 1837.)“58 Die Annalen der Erd-, Völker- und Staatenkunde wurden 1830 von Heinrich Berghaus (1797–1884) gegründet, dem mit Humboldt eng vertrauten Kartographen, von 1825 bis 1829 auch Mitherausgeber der Vorgängerzeitschrift Hertha, der Humboldt vom ersten Jahrgang an verbunden gewesen war. Die Annalen stellten für Humboldt also eine Art publizistisches Heimspiel dar; das Heft enthält auch Abdrucke etlicher an Humboldt gerichteter Briefe, seine Arbeiten wurden dort seit 1831 publiziert. Anschließend beginnt der Auszug unvermittelt wie in Schumachers Jahrbuch und enthält die beiden ersten Absätze wie im Erstdruck, dann aber wesentliche Teile gerade nicht und stattdessen eine eingeklammerte Herausgebererklärung (die erste bibliographische Fußnote mit Hinweis auf Poggendorffs Annalen der Physik wurde gestrichen, andere blieben aber erhalten): „(Herr von Humboldt bemerkt hier, daß es seine Absicht sei, hier nur die einfache Erzählung einer Bergreise aus dem noch ungedruckten Theile seiner Tagebücher auszuziehen und verweist wegen des Details der von ihm bei Neu-Riobamba in der Ebene von Tapia angestellten trigonometrischen Messung auf die Einleitung zu dem ersten Bande seiner astronomischen Beobachtungen, so wie wegen der Geographie der Pflanzen an dem Abhange des Chimborazo und dem ihm nahen Gebirge auf eine Tafel des geographischen und physikalischen Atlasses von Südamerika.)“59 Aus der im Jahrbuch noch (einer wissenschaftlichen Publikation entsprechend) aus Antiqua gesetzten Abhandlung wird im ersten Wiederdruck ein Frakturtext. Berghaus wird seinen Teil dazu beigetragen haben, so rasch nachdrucken zu können. Die vollständige englische Übersetzung wurde von Humboldt selbst vermittelt, wenn man ihrem Titel Glauben schenken mag: „On Two Attempts to ascend Chimborazo […] Translated from the German, and communicated, at the request of the Author, by Dr. Martin Barry“. Das Edinburgh New Philosophical Journal, dessen zusätzlicher Titel Exhibiting a View of The Progressive Discoveries and Improvements in the Sciences and the Arts lautete, war der optimale Ort für eine solche Übersetzung; 1835 war auch Boussingaults Bericht über seine Chimborazo-Besteigung darin veröffentlicht worden, worauf in einer Fußnote hingewiesen wird. Ungekürzt erschien der Text auch in den Annales de chimie et de physique, einer von Joseph Louis Gay-Lussac und François Arago herausgegebenen Fachzeitschrift, allerdings ohne Angabe eines Übersetzers unter dem Titel „Notice sur deux tentations d’Ascension du Chimborazo“ (Verlag Crochard, Druckerei Bailly). Es ist von allen Publikationsmedien, in denen „Ueber zwei Versuche, den Chimborazo zu besteigen“ erschien, sicherlich das am stärksten naturwissenschaftliche, Humboldts Beitrag wird gerahmt durch die „Recherches chimiques sur la Phlorizine“ des Chemikers Jean Servais Stas und den „Examen chimique des Sporules de l’Agrarius atramentarius“ des Chemikers Henri Braconnot und ist einer der wenigen Texte dieser Zeitschrift ohne physikalische oder chemische Formelnotationen. Gestaltung und Buchausstattung sind typisch für die klassizistische französische Typographie dieser Zeit, mit einer großzügig gesetzten Didot-Antiqua. Der Ort für die Publikation auf Französisch ergab sich ebenso fast zwangsläufig: Wie im Fall des Edinburgh New Philosophical Journal war (Humboldt zufolge auf seine Veranlassung hin)60 1835 Boussingaults Bericht dort erstmals erschienen.61 Humboldt hat also sowohl die englische als auch die französische Übersetzung seines Texts bewusst gesteuert und jenen Publikationsorganen zugewiesen, die durch Boussingaults vorangehenden Chimborazo-Bericht ideal dafür ausgewiesen waren. Darin offenbart sich Humboldts zugleich bescheidene und ironische Strategie einer absichtlichen Nachträglichkeit und -rangigkeit, hatte doch Boussingault am Chimborazo Humboldts über 30 Jahre lang bestehenden Höhenweltrekord knapp übertroffen. Seine eigene Rekordgeschichte veröffentlichte Humboldt also erst, nachdem sie historisch geworden war. Beim Wiederabdruck im Morgenblatt wurde Humboldts Text prominent auf der Titelseite des Hefts plaziert, vorangestellt ist ein Byron-Motto: „Paläste der Natur, die ihre Kronen, / Mit Schnee bedeckt, hoch in den Wolken tragen! / Hier haus’t die Ewigkeit auf Eisesthronen“. Dem Titel folgt zunächst ein Herausgebertext, der um Verständnis für den ungewöhnlichen Wiederabdruck wirbt (im Morgenblatt wurden sonst fast nur außergewöhnlich gut honorierte Originaltexte publiziert); die Publika der Zeitschriften seien verschieden genug: „Das von Schumacher herausgegebene, in der J. G. Cotta’schen Buchhandlung erscheinende Jahrbuch gibt seit drei Jahren allen, welche sich mit Astronomie und Physik beschäftigen, die willkommensten Hülfsmittel und daneben Aufsätze der ausgezeichnetsten Männer des Faches. Auch Alexander v. Humboldt hat das Unternehmen durch einen werthvollen Beitrag, einen Auszug aus seinen noch ungedruckten Reisetagebüchern, wohlwollend unterstüzt. […] Da nun das Publikum des Jahrbuchs von dem dieser Blätter ganz verschieden ist, so glauben wir auf den Dank unserer Leser rechnen zu dürfen, wenn wir Humboldts ‚Versuch einer Besteigung des Chimborazo‘ denselben unverkürzt mittheilen.“62 Der Abdruck wurde aber gestückelt, d. h. schon auf der Folgeseite abgebrochen („Fortsetzung folgt“) und im nächsten Heft wiederaufgenommen; auf diese Weise wurde der relativ lange Text auf insgesamt acht aufeinanderfolgende Hefte verteilt (Nr. 183–190). Am 4. August beginnt der vierte Teil wieder plakativ auf der Titelseite, abermals mit einem vorgeschalteten literarischen Motto, diesmal von Goethe: „Den erathmenden Schritt / Mühsam Berg hinauf! / Strebend und hoffend hinan!“ Dabei ist nicht unwichtig, dass das Morgenblatt für gebildete Leser (das von 1807 bis 1865 erschien, seit 1851 als Wochenzeitschrift, und vor 1837 den Titel für gebildete Stände trug) ebenfalls eine Cotta-Zeitschrift war. Der Verlag konnte daher in einer seiner erfolgreichsten literarischen Zeitschriften, der wohl wichtigsten deutschen Kulturzeitschrift während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts überhaupt, einen bedeutenden Autor zweitverwerten, der ohnehin nicht selten dort auftauchte: Texte von Humboldt erschienen im Morgenblatt erstmalig im Ersterscheinungsjahr 1807 (Nr. 241) und letztmalig 1854 (Nr. 2) in insgesamt 97 Nummern (vgl. Fischer 2000, S. 313; Bruder Wilhelm kommt lediglich auf sechs Nummern, allesamt 1830 erschienen). Dabei vertrat das Organ ein trotz seines hohen Preises sehr erfolgreiches „aufklärerisches, neuhumanistisch inspiriertes Programm. Im Zeichen einer allgemeinen ‚Bildung‘ und ‚Humanität‘ richtete es sich an ein Publikum jenseits der akademischen Gelehrtenrepublik, das weniger belehrt als unterhalten sein wollte.“63 Neben seinen unselbständigen Veröffentlichungen wurde der Chimborazo-Text auch in einem Buch Humboldts veröffentlicht. 1853 wählte er ihn für den ersten, einzigen publizierten Band seiner Kleineren Schriften aus und versah ihn mit einem umfangreichen Anmerkungsapparat.64 Diese Aufsatz-Sammlung wurde ein Jahr später noch einmal ins Französische übertragen (darin „Chapitre VI. Première ascension au Chimborazo (1802)“). Für die Kleineren Schriften wurde nicht nur der Text überarbeitet, sondern auch der Titel in „Versuch den Gipfel des Chimborazo zu ersteigen“ geändert. Im Fall dieser monographischen Veröffentlichung der Kleineren Schriften ist nun relativ genau zu rekonstruieren, wie Humboldt vorging, um seine Druckvorlage zu erstellen: Er verfasste eine „Vorrede“, zu der im Nachlass ein handschriftlicher Entwurf überliefert ist („Vorrede zu den Kleinen Schriften“), der der späteren Druckfassung bereits sehr nah kommt.65 Daraus wird eine Reinschrift entstanden sein, die als Satzvorlage für Cotta nach Stuttgart geschickt worden ist. Anstatt aber von den bereits gedruckten einzelnen Beiträgen, die für die Kleineren Schriften vorgesehen waren, noch einmal Reinschriften anzufertigen (oder in Auftrag zu geben), griff Humboldt auf die Zeitschriftendrucke zurück, die er mit neuen Titeln und mit handschriftlichen Korrekturen und Verbesserungen versah. Zusätzlich zur „Vorrede“ gibt es im Nachlass eine Mappe mit dem Titel „vorläufig / aufzuheben / altes Druckmanuskript“, das einige Texte enthält, die später in die gedruckte Fassung der Kleineren Schriften eingehen sollten.66 Für „Ueber zwei Versuche, den Chimborazo zu besteigen“ griff Humboldt nun aber nicht auf den Erstdruck in Schumachers Jahrbuch zurück, sondern auf einen weiteren, nicht identifizierbaren (paginiert mit den Seitenzahlen 3–31). Er ist wie eine Buchpublikation eingerichtet und weist viel weniger Korrekturen auf als Humboldts Überarbeitungen der Zeitschriftendrucke, die den anderen Beiträgen zu den Kleineren Schriften zugrunde liegen. Außerdem trägt er keinen Titel, der Raum über dem Textbeginn ist freigelassen. Ob es sich bereits um einen Abzug von Cotta handelt, also die nächste Stufe im Produktionsprozess? Die Staatsbibliothek Berlin besitzt zu den Kleineren Schriften bzw. zum Chimborazo-Text in der Kartographischen Abteilung ein gebundenes Druckfahnenkonvolut, das einen Stempel der „Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin“ trägt. 67 Die Provenienz dieses Exemplars ist ungeklärt, aber für die hier angestellten Überlegungen sind diese Korrekturfahnen von größter Bedeutung, weil sie tiefe Einsichten in Humboldts Arbeitsweise und Korrekturvorgänge ermöglichen. So trägt die Berliner Druckfahne noch den gedruckten Titel „Ueber zwei Versuche, den Chimborazo zu besteigen.“, der handschriftlich durchgestrichen und durch den Titel „Versuch den Gipfel des Chimborazo zu ersteigen, am 22 Junius 1802“ ersetzt wurde. Diese Datumsangabe wurde später wieder durchgestrichen. Auch alle anderen Korrekturen wurden umgesetzt und zeigen sich in der später gedruckten Fassung von „Versuch den Gipfel des Chimborazo zu ersteigen“ in den Kleineren Schriften. Es scheint fast, als ob Humboldt erst im Angesicht der Korrekturfahnen in die Lage versetzt worden sei, auch den Titel so stark zu verändern.
Abb. 7
Abb. 8
Abb. 7 und 8: Korrekturen Humboldts am Druckfahnenkonvolut der Kleinen Schriften [Bildnachweis]
Das aufgebundene Druckfahnenexemplar enthält zudem eine Reihe von Vakat-Seiten, die Humboldt teilweise mit Notizen versah. Auf der Seite vor dem bereits gesetzten Titelblatt ist eine handschriftliche Skizze mit einem eigenen Titelblattentwurf zu sehen: „Vorschlag zum Titel, noch lieber / anders abzutheilen: / Kleinere Schriften / von / Alexander von Humboldt / [Schmucklinie] / Geognostische und physikalische / Erinnerungen / Erster Band / mit / Umrissen von Vulkanen aus / den Cordilleren von Quito und / Mexico. [Schmucklinie]“. Die Abweichungen vom Titelblatt der Korrekturbögen sind gering und die Titelansetzung wurde später ohnehin gänzlich anders ausgeführt, aber im Rahmen der handschriftlichen Möglichkeiten zeigte Humboldt doch an, wie er sich die typographische Gestaltung zumindest eines wichtigen Teils seines Buches vorstellte. Dies alles ergibt als Textbefund zu Humboldts berühmtem „Chimborazo“-Text eine beeindruckende Fülle an Material, um die Transformationen von der Handschrift zum Druck sowie zu den diversen Wiederdrucken zu rekonstruieren: Neben Tagebucheinträgen, handschriftlichen Vorstufen und Erwähnungen in der Korrespondenz, die noch am weitesten entfernt sind vom späteren Text, gibt es in den 1810 veröffentlichten Vues des Cordillères die ersten gedruckten Texte Humboldts zum Chimborazo, 68 hierauf erst 27 Jahre später einen deutschen, unselbständig erschienenen Erstdruck seines Berichts, der mit den Tagebucheintragungen, die deutlich spektakulärer sind, aber nur lose verknüpft ist, von dem eine englische, eine französische, eine ungarische und eine spanische Übersetzung abgehen, ihrerseits mit Nachdrucken; zahlreiche deutsche Wiederdrucke, teilweise gekürzt; eine stark revidierte Buch-Fassung letzter Hand sowie davon abzweigend wiederum eine zweite französische Übersetzung. Eine Mitwirkung Humboldts an der typographischen Gestaltung der Texte wird es nur im Falle der selbstmitfinanzierten Monographie Vues des Cordillères und der Kleineren Schriften gegeben haben, bei den Publikationen in den Periodika aber höchstwahrscheinlich nicht.

Forschungsstand

Das Bewusstsein der Literaturwissenschaft für die Materialität von Texten hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten stark gesteigert.69 Während speziell Humboldts sogenannte „Amerikanische Reisetagebücher“ seit dem Ankauf durch die Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz zu Berlin 2013 in den Mittelpunkt etlicher Forschungsvorhaben gerückt sind und dazu in den letzten Jahren vielfältig, auch unter Berücksichtigung ihrer Materialität, publiziert wurde,70 blieben die Transformationen vom Manuskript zum fertigen Druckobjekt bzw. vom Erstdruck in weitere Druckproduktionen sowie die Frage, wie stark auch daran ihr Autor Anteil nahm, im Fall Humboldts bislang weitgehend unerforscht. Ebensowenig ist das breite medien- und kunsthistorische Interesse an Humboldts Buchillustrationen oder am besonderen Stellenwert von Abbildungen in seinen Publikationen, wie es in den letzten Jahren vielfältig zum Ausdruck kam,71 bisher auf den Bereich der Schrift und besonders auf den der Typographie ausgeweitet worden. Was Bredekamp als Desiderat einer bildwissenschaftlichen Beschäftigung mit dem graphischen Gesamtwerk von Humboldt, also dem kompletten Material von vor Ort verfertigten Zeichnungen bis hin zu arbeitsteilig hergestellten und teilweise nachkolorierten Kupferstichen oder Radierungen ausweist und als „Transformationen zum Druck“ anhand von Humboldts Manati-Zeichnungen skizziert, ist für die vielfältigen Produktionsprozesse der Humboldtschen Texte von handschriftlichen Notaten zu gedruckten Veröffentlichungen ebenso grundsätzlich einzufordern: „Es dürfte für das Humboldt-Forscherteam eine ebenso riesige wie lohnende Aufgabe sein, die Stadien der Zeichnungen zwischen Tagebuch, Feldbuch, Zeichnungsheften und Druckwerk zu erschließen und damit den dynamischen Weg von der in situ getätigten Zeichnung bis zu ihrer Druckfassung zu verfolgen.“72 Mit Ausnahme eines neueren Aufsatzes, in dem die Humboldtschen Buchwerke unter typographischer Perspektive untersucht und mit zeitgenössischen buchgestalterischen Paradigmen um 1800 in Beziehung gesetzt werden,73 liegen Forschungen, die sich dem Weg vom Manuskript zum Druck oder dem Einarbeiten von Korrekturen in Druckfahnen im Rahmen des typographischen Systems widmen, nicht einmal ansatzweise vor (der dafür von Martin Boghardt 1990 definierte Terminus des „typographischen Kreislaufs“ wäre noch um Probedrucke, Korrekturlektüren, Korrekturgänge etc. zu erweitern).74 Trotz akribischer bibliographischer Erfassung zumindest der Buchwerke (Horst Fiedler und Ulrike Leitner 2000) ist damit bisher auch die Frage unbeantwortet geblieben, welche typographischen Entscheidungen bei der Drucklegung seiner selbständigen und unselbständigen Veröffentlichungen Humboldt eventuell mitgetragen bzw. sogar bestimmt hat. Dabei hat sich gerade in den letzten Jahren die Verfügbarkeit von Digitalisaten sowohl von Humboldts Nachlassmaterialien als auch seiner gedruckten Texte im Internet enorm verbessert;75 sie wird durch die digitalen Volltexte der Berner Ausgabe noch einmal auf eine neue Grundlage gestellt. Ein Modell für Humboldts Schreibweisen und Arbeitsmethoden, wie es etwa Ottmar Ettes Konzept eines „Humboldtian Writing“ darstellt, steht für die deutlich weiterreichenden Fragen eines zu beschreibenden „Humboldtian Publishing“ als hochkomplexen arbeitsteiligen, nur partiell der Kontrolle des Autors unterliegenden Publikationsverfahrens noch aus. Es reicht vom handschriftlichen Verfertigen einer Vorlage über das Setzen, Abziehen, mehrmalige Korrigieren und abschließende Drucken zur Distribution, neuerlichen Lektüre und Überarbeitung des ursprünglichen Texts bis hin schließlich zu Übersetzungen und zu mitunter ungebremst zirkulierenden Wiederveröffentlichungen, ggf. ohne Humboldts Kenntnis. Es wäre entsprechend zu fragen, inwieweit hier ein sehr spezifischer blinder Fleck der Humboldt-Forschung zu situieren ist. Diese hat sich zwar noch mit der zeitgenössischen Ikonographie des datensammelnden Aufschreibers bis in Körperhaltungen hinein intensiv befasst,76 sich Fragen nach den typographischen und medialen Voraussetzungen der Erzeugung von Wissen und der Produktion wissenschaftlicher Evidenz im Publikationsprozess bislang aber kaum gestellt. Dabei wurde etwa auf die unmittelbare und realistische Darstellung in Humboldts Schreiben und ihre medialen Voraussetzungen durchaus differenziert hingewiesen: „Bislang wurden die Schriften Alexander von Humboldts überwiegend so gelesen, als ob das Schreiben, die Form ihrer Präsentation, gleichsam transparent wäre und uns eine unmittelbare Kommunikation mit den von ihm jeweils dargestellten Inhalten erlauben könnte. Humboldts eigene Schreibstrategien trugen viel zu dieser Fiktion von Direktheit und Unmittelbarkeit bei […]. Humboldt versuchte, den Artefaktcharakter seiner Veröffentlichungen mit Hilfe literarischer Techniken zu verbergen, die – ähnlich wie die Kodes der europäischen Realisten des 19. Jahrhunderts – auf einen ‚Realitätseffekt‘, einen effet de réel, abstellten. Dem wissenschaftlichen Charakter seiner Schriften tat dies keinen Abbruch. Gegenstände, Inhalte und Ergebnisse seines Denkens wie der von ihm betriebenen Wissenschaften nehmen wir aber nur durch seine Schriften und damit als Ergebnisse überaus komplexer Schreib- und Leseprozesse wahr. Zu lange, so scheint mir, hat die Humboldt-Forschung die Gläser nicht gesehen, durch die sie auf Humboldts Werk blickte.“77 Dieses Desiderat einer Reperspektivierung auf den Produktionsprozess trifft freilich auch auf den zitierten Text selbst zu, da es zugleich um die medialen, technischen und typographischen Fragestellungen zu erweitern wäre, die den vorliegenden Transversalkommentar bestimmen.

Perspektiven

Der vorliegende Beitrag ist als erster allgemeiner Überblick zur materiellen Entstehung von Humboldts unselbständigen Veröffentlichungen zu verstehen, d. h. zum Prozess von deren Niederschrift, Überarbeitung, Gestaltung, Herstellung und Publikation. An diesen groben Problemaufriss könnten sich in der Folge wesentlich genauere Studien u. a. zu den verwendeten Drucktypen und -verfahren anschließen (z. B. als druckanalytischer Vergleich einer größeren Anzahl von Exemplaren, gegebenenfalls auch aus verschiedenen Auflagen), außerdem Analysen der etwaigen Bindungs-, Beschnitt- und Ausstattungsvarianten einzelner Drucke der Schriften. Es werden vorerst deutlich mehr Fragen gestellt, als hier und jetzt zu beantworten sind, damit aber bereits Fährten gelegt und gleichsam Untersuchungspisten erschlossen, wie sich das umfangreiche und typographisch sehr heterogene Corpus einordnen und klassifizieren ließe, nicht zuletzt hinsichtlich generischer Überlegungen zur Textsorte ‚wissenschaftliche Publikation‘ und ihrer typographischen Dispositive im langen 19. Jahrhundert.78 So kann unter der hier eingenommenen typographischen und druckhistorischen bzw., allgemeiner gefasst, unter einer medienästhetischen und -theoretischen Perspektive auch analysiert werden, wie im Sinne einer Entwicklung von Argumentationsformen und Publikationsstrategien wissenschaftliche Evidenz im 18. und 19. Jahrhundert im und durch den Druck produziert und auch quantitativ verbreitet wird.79 Im Corpus der Berner Ausgabe kann außerdem untersucht werden, wie Humboldts Schriften und deren thematische Schwerpunkte auch schriftbildlich und drucktechnisch gruppier- und bündelbar werden und dadurch neue Zugehörigkeitsverhältnisse und Bezüge sichtbar werden können. Die exemplarischen Fallstudien dieses Beitrags zeigen anhand der sukzessiven Texttransformationen vom Manuskript zum Erstdruck und zum Wiederdruck, welche Erkenntnisse mit typographischem Blick auf Humboldts Schriften gewonnen werden können, insbesondere in Hinsicht auf ihre durchaus nicht allein von ihrem Autor bestimmte Produktion und Distribution. Die Berücksichtigung der Textmaterialität – im Entstehungs- und Herstellungsprozess wie in den daraus hervorgehenden Textzeugen – aus Perspektive u. a. der Schriftgeschichte, Typographieforschung und Buchwissenschaft ist nicht zuletzt Kennzeichnen einer materialitätssensiblen Editionsphilologie.80

Abbildungen

Abb. 1: Entwurf zur Bandeinteilung des amerikanischen Reisewerks, der Voyage aux régions équinoxiales du Nouveau Continent. SBB-PK IIIA Nachlass Alexander von Humboldt, gr. Kasten 1, Mappe 8, Nr. 32 Bl. 2r, resolver.staatsbibliothek-berlin.de (03.05.2021). Abb. 2: Eduard Hildebrandt, Alexander von Humboldt in seinem Arbeitszimmer (1847). Photographie public domain via Wikimedia Commons. Abb. 3–4: Entwürfe auf Druckfahnen zu den Kleineren Schriften (ca. 1849), S. 123 [PDF S. 91] (Beginn des Chimborazo-Textes von Humboldt) und S. 138 [PDF S. 121] (Beginn des Chimborazo-Textes von Boussingault). BJ, Berol. Ms., Nachlass von Alexander von Humboldt 9/2, Online unter jbc.bj.uj.edu.pl (03.05.2021). Abb. 5–6: Druckfahnen des geplanten zweiten Bandes der Kleineren Schriften (ca. 1849), S. 18 [PDF S. 34] (Beginn des Artikels über die Meeresströmungen) und S. 29 [PDF S. 55]. BJ, Berol. Ms., Nachlass von Alexander von Humboldt, 9/2, Online unter jbc.bj.uj.edu.pl (03.05.2021). Abb. 7–8: Korrekturen Humboldts am Druckfahnenkonvolut der Kleinen Schriften bzw. zum Chimborazo-Text in der Kartographischen Abteilung der Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Signatur Allg 6 A 53/1a.

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